SlideShare uma empresa Scribd logo
1 de 1
Baixar para ler offline
36 FEUILLETON                                                                                           Frankfurter Rundschau Donnerstag, 15. November 2012 68. Jahrgang Nr. 267 D/SB/R1/R2/R3/R4/R5/S




                                                                                                                       ALLESKÖNNER I
                                                                                                                       Gute Laune an der Bohrmaschine

                                                                                                                       W      ir müssen endlich einmal
                                                                                                                              über das Altern sprechen,
                                                                                                                       genauer: über das Altern in Wür-
                                                                                                                                                                meidliche überschallschnelle Sai-
                                                                                                                                                                tengeschreddere, indem er seiner
                                                                                                                                                                Gitarre mit einer Bohrmaschine zu
                                                                                                                       de. Das ist kein kleines, vor allem      Leibe rückte, an der statt eines
                                                                                                                       kein leichtes Thema. Auch für            Bohrers allerdings einige Plektren
                                                                                                                       Männer nicht. Und für Gitarre            rotierten. Schneller kann nie-
                                                                                                                       spielende Männer schon gar nicht.        mand. Auf seinem neuen Solo-Al-
                                                                                                                       Gerade seine elektrifizierten und        bum „Vibrato“ geht es ähnlich aus-
                                                                                                                       rockistischen Spielarten belegen         gelassen zu. Die Platte ist kein ganz
                                                                                                                       dieses Instrument mit einem              großer Wurf, aber sie erfreut doch
                                                                                                                       schrecklichen Fluch – sie ver-           mit einigen hübschen Cover-Ver-
                                                                                                                       pflichten den Saitengreifer zu           sionen, etwa „Go Down“ von
                                                                                                                       ewig-viriler, omnipotent-athleti-        AC/DC und „Roundabout“ von
                                                                                                                       scher, juvenil-poserhafter Super-        Yes, und erweist dem großen Ironi-
                                                                                                                       spannkraft. Ganze Generationen           ker Frank Zappa mit „Atmosphere
                                                                                                                       von Gitarristen sind daran schon         On The Moon“ seine klanglich-spi-
                                                                                                                       zerbrochen. Paul Gilbert zum             rituelle Reverenz. Gilbert plündert
                                                                                                                       Glück nicht. Der Amerikaner (Ra-         die Musikgeschichte und hat ein-
Ein Revolutionär der brasilianischen Literatur, ein Weltliterat: Luiz Ruffato.                                 IMAGO   cer X, Mr. Big) ist jetzt beinahe 30     fach Spaß dabei. (schl)
                                                                                                                       Jahre im Geschäft und hat sich sei-
                                                                                                                       ne Unbekümmertheit ganz zwang-

Das ist der Wahnsinn                                                                                                   los erhalten. Der Mann besitzt
                                                                                                                       nämlich Humor, eine unter Rock-
                                                                                                                       Gitarristen fast unbekannte Eigen-
                                                                                                                       schaft. So ironisierte er schon früh
                                                                                                                                                                                   Paul Gilbert:
                                                                                                                                                                                   Vibrato
                                                                                                                                                                                   (Mascot Records/
Der große Roman „Es waren viele Pferde“ von Luiz Ruffato                                                               das in seinem Gewerbe unver-                                Rough Trade).

       Von Mathias Schnitzler              Im nächsten Jahr ist Brasilien       Dos Passos hat Ruffato die Tech-
                                        Gastland der Frankfurter Buch-          nik der Montage und Collage
                                                                                                                       ALLESKÖNNER II
K    akerlaken, Ratten, Köter ha-
     ben in diesem Buch einen ge-
wissen Stellenwert. Nicht, weil
                                        messe. Der vielleicht wichtigste
                                        brasilianische Roman der letzten
                                        Jahre – Kritiker sagen, Ruffato
                                                                                übernommen. Neben kurzen Be-
                                                                                schreibungen und Handlungsfet-
                                                                                zen in verschiedenen Erzählper-        Hypernervöses Geräuschgewitter
der Autor ein schräger Tierliebha-      hätte die brasilianische Literatur      spektiven gibt es innere Monologe
ber wäre, sondern weil ein Teil der
Menschen von São Paulo wie Ka-
kerlaken, Ratten, Köter lebt. „Auf-
                                        revolutioniert – ist jetzt schon auf
                                        Deutsch erschienen, im Berliner
                                        Verlag Assoziation A. In Frankfurt
                                                                                und reale Selbstgespräche, Nach-
                                                                                richten auf Anrufbeantwortern.
                                                                                Das Geschrei während eines Über-
                                                                                                                       A   uch David Torn merkt man
                                                                                                                           sein Alter nicht an. Unglaub-
                                                                                                                       lich, aber wahr: Der Mann hat
                                                                                                                                                                ry“ (1986). Sie seien hier deswe-
                                                                                                                                                                gen erwähnt, da Torn immer
                                                                                                                                                                noch zu den großen Unbekann-
recht auf ihren Hinterpfoten nagt       wird auch von der unglaublichen         falls, Zuggespräche, Junkiege-         längst graue Haare, zählt immer-         ten seines Fachs gehört. Vollkom-
eine Ratte an einer Brotkruste,         brasilianischen Wirtschaftskraft        stammel, Ehestreit, Halluzinatio-      hin 59 Jahre und klingt so frisch        men zu Unrecht! Denn niemand
den Blick auf die anderen gerich-       die Rede sein. Ruffato zeigt in sei-    nen der Trinker und Schnüffler,        wie am ersten Tag. Wir wollen an         entlockt seinem Instrument so
tet, die nervös über den Abfall hu-     nem Roman neben den Gewin-              die gepflegte Frühstücksunterhal-      dieser Stelle allerdings festhal-        unerhörte Töne. Auf dem Album
schen. Eine andere wagt sich an         nern der brasilianischen Moder-         tung einer wohlhabenden Vater-         ten, dass er zwar auch Gitarre           „Upper Extremities“ ist es genau
einen Stoff mit frischem Kot drauf      nisierung vor allem die Verlierer.      Mutter-Kind-Familie.                   spielt, aber kein Rocker, sondern        so: Bill Bruford spielt Schlag-
und berührt unversehens etwas           Und nirgendwo in Südamerika                Ruffatos Romanprojekt be-           ein Jazzer ist. Im Jazz spielt das       zeug, Tony Levin zupft Bass,
Weiches, Warmes, das sich be-           gibt es mehr davon auf einem            gann mit einem praktischen Plan.       Alter keine so prekäre Rolle, vor        Chris Botti bläst Trompete – alles
wegt. Sie erschrickt. Dann schlägt      Haufen als in Sampa.                    Einen ganzen Tag, von morgens          allem stehen die Instrumentalis-         toll, aber dann David Torn, ja, der
sie ihre Zähnchen in das zarte             Sampa, wie die Stadt genannt         bis in die Nacht, rannte er durch      ten hier nicht unter so einem gro-       traktiert seine Gitarre, was zu-
Fleisch und fiepst. Aufgeregt und       wird, ist zum Symbol des Aufstei-       São Paulo und hat alles regis-         tesk olympionikischen Leistungs-         verlässig daran zu erkennen ist,
in Wellen huscht die ganze Bande        gers Brasilien geworden. Die Ein-       triert, aufgelesen, was sich ihm       druck. Torn hat sein musikali-           dass es nicht nach Gitarre klingt,
heran.“ Das Weiche, Warme ist           wohnerzahl der Metropolregion,          darbot. Neben den Bildern und          sches Handwerk bei Leonard               sondern wie hypernervös zu-
ein Baby. Der schmutzige Schnul-                                                Straßenszenen, die er sich ein-        Bernstein und bei den Granden            ckende Geräuschgirlanden aus
ler fällt aus seinem Mund auf die                                               prägte, neben den mündlichen           der Jazz-Gitarre, John Aberc-            einer anderen Welt. Was für ein
dreijährige Schwester, aus deren                          Luiz Ruffato:         Äußerungen der Menschen, den           rombie und Pat Martino, gelernt.         Klangerfinder! (schl)
Brust ein Pfeifen tönt. Sie friert im                     Es waren viele        Radio- und Fernsehergüssen sam-        Davon ist allerdings schon lange
Schlaf, weil ihr Bruder, der zwei                         Pferde. Aus dem       melte er Zeitungen mit Stellen-        nichts mehr zu hören. Denn früh-
Jahre älter ist, sich die einzige De-                     Portugiesischen       und Sexanzeigen, Menükarten,           zeitig ließ sich der Amerikaner                             Bill Bruford, Tony
cke gekrallt hat. Der nächste Bru-                        von Michael Keg-      Werbeflyer, Plakate, gedruckte         von Punk und Noise inspirieren.                             Levin feat. David
der, acht, hat die Krätze am Rü-                          ler. Assoziation A,   Gebete. Das Inventar einer Küche       Nach wie vor hörenswert sind                                Torn, Chris Botti:
cken, am Bauch, an den Beinen:                            Berlin 2012,          wird geschildert; die Bücher auf       seine Alben „Best Laid Plans“                               Upper Extremities
eine einzige Wunde. Die Drei-                             158 S., 18 Euro.      dem Regal eines besoffenen Leh-        (1984) und „Cloud About Mercu-                              (Discipline/Indigo).
zehnjährige treibt sich rum, ver-                                               rers; der Brief einer Mutter an ih-
schwindet für Tage, für Nächte;         Deutschlands größter Industrie-         ren Sohn, der den Kontakt abge-
da ist die Elfjährige verantwor-        standort im Ausland, hat sich in        brochen hat. Warum? Man kann
tungsvoller, kümmert sich um die        den letzten 40 Jahren verdoppelt.       nur spekulieren.
                                                                                                                       ALLESKÖNNER III
Kleinen, macht sie zur Armen-           Der Reichtum der Reichen,                  Der stetige Wechsel der Form
speisung fertig. Und die Mutter?        Prachtvillen, Mode, Kultur, alles       und der Sprachebenen lässt ein         Acht auf einen Streich
Hat den Penis ihres Freundes mit        wächst und boomt. Gleichzeitig          nervöses, hektisches Bild der Me-
Benzin übergossen und ein
Streichholz angezündet, als er
sich an der Ältesten vergriff. Das
                                        versiegt der Strom von mittello-
                                        sen Zuzüglern nicht. Die Armut
                                        explodiert in den Favelas, den
                                                                                gastadt entstehen, eine Kakopho-
                                                                                nie aus Schmatzen, Stöhnen und
                                                                                Schreien, in der die Erste und die
                                                                                                                       D    as Erfinden neuer Klänge ist
                                                                                                                            selbstverständlich kein Privi-
                                                                                                                       leg des Alters. Wäre ja noch schö-
                                                                                                                                                                schönes Album veröffentlich
                                                                                                                                                                („Weightless“), jetzt erfreut er
                                                                                                                                                                uns in einem neuen Bandprojekt,
Feuer hat die ganze Nachbar-            Slums. Gewalt, Drogen, Kinder-          Dritte Welt Nachbarn sind. Dabei       ner! Aber halten wir uns nicht           es heißt nach seinen Mitgliedern
schaft niedergebrannt.                  prostitution, Organhandel. Eine         spielt Ruffato keinesfalls Reich       länger mit Äußerlichkeiten auf,          Adrian Terrezas (Saxofon), Ja-
   Vielleicht wäre man doch bes-        Mauer der Ungleichheit zieht sich       und Arm gegeneinander aus. Es          kommen wir endlich zur Sache:            vier Reyes und Abasi Tosin (Gi-
ser eine Ratte? Oder eine Kakerla-      durch São Paulo.                        geht um eine Art Panorama, das         Tosin Abasi. Wer diesen Namen            tarre) sowie Eric Moore (Schlag-
ke? Die Geschichte der unheilvol-           Das Leben dieses Molochs            sich nur in Einzelperspektiven,        noch nicht gehört hat, muss jetzt        zeug) ganz schlicht T.R.A.M. Die
len Familie in ihrem Verschlag aus      größtmöglicher Gegensätze in ei-        Momentaufnahmen, Realitäts-            nicht traurig sein, denn hier gibt       musikalische Reise führt nicht
Pappe bildet eines von 69 Kapi-         nen Roman zu packen, ist eine höl-      partikeln erahnen lässt. Ein fettes    es etwas zu entdecken. Dem ame-          ins Geräuschige, nicht in Rich-
teln in Luiz Ruffatos Roman „Es         lische Aufgabe. Ruffato, Jahrgang       Mädchen, das mit ihrer Mutter in       rikanischen Gitarristen gehört           tung progressiver Metalcore wie
waren viele Pferde“. Keines der         1961, der einst als Mechaniker mit      der Wohnung alte Kleider ver-          die Zukunft im experimentell ori-        bei Animals as Leaders, sondern
Kapitel hat mit den anderen zu          dem Schreiben begann, ist es ge-        kauft, wird für ein paar Münzen        entierten Saitensegment – um             ins Kammermusikalische, beina-
tun, außer dass sie in São Paulo        lungen: auf nicht einmal 160 Sei-       erschossen. Eine Gruppe saturier-      Steve Vai zu zitieren, den amtie-        he Besinnliche. Aber bloß nicht
spielen, das mit über 20 Millionen      ten, außerordentlichen Seiten. Die      ter Mittfünfziger, einst in der Stu-   renden Gottvater der elektrifi-          Erbauliche! Nennen wir die Stim-
Einwohnern die größte Stadt La-         Umwälzungen Brasiliens und die          dentenbewegung aktiv, kommt            zierten Gitarre. Wir könnten es          mung auf diesem Album der Ein-
teinamerikas ist. Und man kann          Folgen für die Menschen haben           heute erbärmlich egoistisch da-        nicht besser sagen, denn für Aba-        fachheit halber: aggressive Ge-
eigentlich auch nicht von Ge-           Ruffato auch an die Bewusstseins-       her. Politiker, Penner, Taxifahrer,    si passt keine Schublade. Das            lassenheit. So klingt der Mann
schichten reden, von Kapiteln,          revolution zu Beginn des 20. Jahr-      Dealer, Taschendiebe, Manager,         fängt schon bei seinem Instru-           von heute. Christian Schlüter
weil das einen viel zu geordneten,      hunderts erinnert. So hat er sich in    Straßenhändler, Architekten tref-      ment an, es hat acht Saiten. Acht!
einen balzacschen Eindruck ver-         Aufbau und Form an einigen              fen wir, meist nur für Sekunden.       Auf diesem Achtling zupft, pickt,
mittelt. Shortcuts wäre ein Aus-        Hauptwerken der literarischen           Eine 14-jährige Prostituierte be-      slapt und sweept sich der 29-jäh-
druck, der jedoch inzwischen            Moderne orientiert.                     kommt von ihrem Freier ein Mit-        rige durch alle gängigen und                                T.R.A.M.: Lingua
ziemlich abgenutzt ist, was wie-            Wie im „Ulysses“ von Joyce          tagessen spendiert und scheint         nicht-gängigen Stilarten. Mit sei-                          Franca
derum die Lage vieler Menschen          spielt die Handlung an einem Tag,       glücklich. São Paulo, das ist der      ner Band Animals as Leaders hat                             (Sumerian/Soul-
im Buch ganz gut trifft.                dem 9. Mai 2000. Von Döblin und         babylonische Wahnsinn.                 er im letzten Jahr ein wunder-                              food).

Mais conteúdo relacionado

Mais de Laeticia Jensen Eble

Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...
Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...
Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...Laeticia Jensen Eble
 
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...Laeticia Jensen Eble
 
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira ContemporâneaIV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira ContemporâneaLaeticia Jensen Eble
 
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014Laeticia Jensen Eble
 
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014Laeticia Jensen Eble
 
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der Spiegel
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der SpiegelEntrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der Spiegel
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der SpiegelLaeticia Jensen Eble
 
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.Laeticia Jensen Eble
 
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014Laeticia Jensen Eble
 
Chamada para publicação na revista Krypton
Chamada para publicação na revista KryptonChamada para publicação na revista Krypton
Chamada para publicação na revista KryptonLaeticia Jensen Eble
 
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaIII Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaLaeticia Jensen Eble
 
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.Laeticia Jensen Eble
 
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga Lopes
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga LopesLuiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga Lopes
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga LopesLaeticia Jensen Eble
 
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad Laeticia Jensen Eble
 
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaIII Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaLaeticia Jensen Eble
 
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 201310 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013Laeticia Jensen Eble
 

Mais de Laeticia Jensen Eble (20)

Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...
Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...
Primer Encuentro Internacional de Editores LATINOAMERICANA Asociación de Revi...
 
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...
V Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea - Buenos A...
 
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira ContemporâneaIV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea
IV Colóquio Internacional sobre Literatura Brasileira Contemporânea
 
Os desterrados de Luiz Ruffato
Os desterrados de Luiz RuffatoOs desterrados de Luiz Ruffato
Os desterrados de Luiz Ruffato
 
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no jornal Nordbayerischer Kurier - Junho de 2014
 
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato no Corriere del Ticino, 19 de maio de 2014
 
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der Spiegel
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der SpiegelEntrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der Spiegel
Entrevista com Luiz Ruffato na revista alemã Der Spiegel
 
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Hoje em Dia de 27 de abril de 2014.
 
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014
Entrevista com Luiz Ruffato na Revista do Brasil, abril de 2014
 
Chamada para publicação na revista Krypton
Chamada para publicação na revista KryptonChamada para publicação na revista Krypton
Chamada para publicação na revista Krypton
 
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaIII Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
 
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.
Matéria sobre Luiz Ruffato no jornal Il Mattino, de Nápoles.
 
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga Lopes
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga LopesLuiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga Lopes
Luiz Ruffato em entrevista a Luiz Gonzaga Lopes
 
Novo time em campo
Novo time em campoNovo time em campo
Novo time em campo
 
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad
Convocatoria Congreso Poéticas de la Oralidad
 
Luiz Ruffato - Lo Straniero
Luiz Ruffato - Lo StranieroLuiz Ruffato - Lo Straniero
Luiz Ruffato - Lo Straniero
 
O efeito ruffato nas letras
O efeito ruffato nas letrasO efeito ruffato nas letras
O efeito ruffato nas letras
 
Em 2007 lancei um livro
Em 2007 lancei um livroEm 2007 lancei um livro
Em 2007 lancei um livro
 
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporâneaIII Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
III Colóquio internacional sobre literatura brasileira contemporânea
 
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 201310 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013
10 poemas de Luiz Ruffato_Papeles literarios 1 dez 2013
 

Luiz Ruffato no jornal alemão Frankfurter Rundschau

  • 1. 36 FEUILLETON Frankfurter Rundschau Donnerstag, 15. November 2012 68. Jahrgang Nr. 267 D/SB/R1/R2/R3/R4/R5/S ALLESKÖNNER I Gute Laune an der Bohrmaschine W ir müssen endlich einmal über das Altern sprechen, genauer: über das Altern in Wür- meidliche überschallschnelle Sai- tengeschreddere, indem er seiner Gitarre mit einer Bohrmaschine zu de. Das ist kein kleines, vor allem Leibe rückte, an der statt eines kein leichtes Thema. Auch für Bohrers allerdings einige Plektren Männer nicht. Und für Gitarre rotierten. Schneller kann nie- spielende Männer schon gar nicht. mand. Auf seinem neuen Solo-Al- Gerade seine elektrifizierten und bum „Vibrato“ geht es ähnlich aus- rockistischen Spielarten belegen gelassen zu. Die Platte ist kein ganz dieses Instrument mit einem großer Wurf, aber sie erfreut doch schrecklichen Fluch – sie ver- mit einigen hübschen Cover-Ver- pflichten den Saitengreifer zu sionen, etwa „Go Down“ von ewig-viriler, omnipotent-athleti- AC/DC und „Roundabout“ von scher, juvenil-poserhafter Super- Yes, und erweist dem großen Ironi- spannkraft. Ganze Generationen ker Frank Zappa mit „Atmosphere von Gitarristen sind daran schon On The Moon“ seine klanglich-spi- zerbrochen. Paul Gilbert zum rituelle Reverenz. Gilbert plündert Glück nicht. Der Amerikaner (Ra- die Musikgeschichte und hat ein- Ein Revolutionär der brasilianischen Literatur, ein Weltliterat: Luiz Ruffato. IMAGO cer X, Mr. Big) ist jetzt beinahe 30 fach Spaß dabei. (schl) Jahre im Geschäft und hat sich sei- ne Unbekümmertheit ganz zwang- Das ist der Wahnsinn los erhalten. Der Mann besitzt nämlich Humor, eine unter Rock- Gitarristen fast unbekannte Eigen- schaft. So ironisierte er schon früh Paul Gilbert: Vibrato (Mascot Records/ Der große Roman „Es waren viele Pferde“ von Luiz Ruffato das in seinem Gewerbe unver- Rough Trade). Von Mathias Schnitzler Im nächsten Jahr ist Brasilien Dos Passos hat Ruffato die Tech- Gastland der Frankfurter Buch- nik der Montage und Collage ALLESKÖNNER II K akerlaken, Ratten, Köter ha- ben in diesem Buch einen ge- wissen Stellenwert. Nicht, weil messe. Der vielleicht wichtigste brasilianische Roman der letzten Jahre – Kritiker sagen, Ruffato übernommen. Neben kurzen Be- schreibungen und Handlungsfet- zen in verschiedenen Erzählper- Hypernervöses Geräuschgewitter der Autor ein schräger Tierliebha- hätte die brasilianische Literatur spektiven gibt es innere Monologe ber wäre, sondern weil ein Teil der Menschen von São Paulo wie Ka- kerlaken, Ratten, Köter lebt. „Auf- revolutioniert – ist jetzt schon auf Deutsch erschienen, im Berliner Verlag Assoziation A. In Frankfurt und reale Selbstgespräche, Nach- richten auf Anrufbeantwortern. Das Geschrei während eines Über- A uch David Torn merkt man sein Alter nicht an. Unglaub- lich, aber wahr: Der Mann hat ry“ (1986). Sie seien hier deswe- gen erwähnt, da Torn immer noch zu den großen Unbekann- recht auf ihren Hinterpfoten nagt wird auch von der unglaublichen falls, Zuggespräche, Junkiege- längst graue Haare, zählt immer- ten seines Fachs gehört. Vollkom- eine Ratte an einer Brotkruste, brasilianischen Wirtschaftskraft stammel, Ehestreit, Halluzinatio- hin 59 Jahre und klingt so frisch men zu Unrecht! Denn niemand den Blick auf die anderen gerich- die Rede sein. Ruffato zeigt in sei- nen der Trinker und Schnüffler, wie am ersten Tag. Wir wollen an entlockt seinem Instrument so tet, die nervös über den Abfall hu- nem Roman neben den Gewin- die gepflegte Frühstücksunterhal- dieser Stelle allerdings festhal- unerhörte Töne. Auf dem Album schen. Eine andere wagt sich an nern der brasilianischen Moder- tung einer wohlhabenden Vater- ten, dass er zwar auch Gitarre „Upper Extremities“ ist es genau einen Stoff mit frischem Kot drauf nisierung vor allem die Verlierer. Mutter-Kind-Familie. spielt, aber kein Rocker, sondern so: Bill Bruford spielt Schlag- und berührt unversehens etwas Und nirgendwo in Südamerika Ruffatos Romanprojekt be- ein Jazzer ist. Im Jazz spielt das zeug, Tony Levin zupft Bass, Weiches, Warmes, das sich be- gibt es mehr davon auf einem gann mit einem praktischen Plan. Alter keine so prekäre Rolle, vor Chris Botti bläst Trompete – alles wegt. Sie erschrickt. Dann schlägt Haufen als in Sampa. Einen ganzen Tag, von morgens allem stehen die Instrumentalis- toll, aber dann David Torn, ja, der sie ihre Zähnchen in das zarte Sampa, wie die Stadt genannt bis in die Nacht, rannte er durch ten hier nicht unter so einem gro- traktiert seine Gitarre, was zu- Fleisch und fiepst. Aufgeregt und wird, ist zum Symbol des Aufstei- São Paulo und hat alles regis- tesk olympionikischen Leistungs- verlässig daran zu erkennen ist, in Wellen huscht die ganze Bande gers Brasilien geworden. Die Ein- triert, aufgelesen, was sich ihm druck. Torn hat sein musikali- dass es nicht nach Gitarre klingt, heran.“ Das Weiche, Warme ist wohnerzahl der Metropolregion, darbot. Neben den Bildern und sches Handwerk bei Leonard sondern wie hypernervös zu- ein Baby. Der schmutzige Schnul- Straßenszenen, die er sich ein- Bernstein und bei den Granden ckende Geräuschgirlanden aus ler fällt aus seinem Mund auf die prägte, neben den mündlichen der Jazz-Gitarre, John Aberc- einer anderen Welt. Was für ein dreijährige Schwester, aus deren Luiz Ruffato: Äußerungen der Menschen, den rombie und Pat Martino, gelernt. Klangerfinder! (schl) Brust ein Pfeifen tönt. Sie friert im Es waren viele Radio- und Fernsehergüssen sam- Davon ist allerdings schon lange Schlaf, weil ihr Bruder, der zwei Pferde. Aus dem melte er Zeitungen mit Stellen- nichts mehr zu hören. Denn früh- Jahre älter ist, sich die einzige De- Portugiesischen und Sexanzeigen, Menükarten, zeitig ließ sich der Amerikaner Bill Bruford, Tony cke gekrallt hat. Der nächste Bru- von Michael Keg- Werbeflyer, Plakate, gedruckte von Punk und Noise inspirieren. Levin feat. David der, acht, hat die Krätze am Rü- ler. Assoziation A, Gebete. Das Inventar einer Küche Nach wie vor hörenswert sind Torn, Chris Botti: cken, am Bauch, an den Beinen: Berlin 2012, wird geschildert; die Bücher auf seine Alben „Best Laid Plans“ Upper Extremities eine einzige Wunde. Die Drei- 158 S., 18 Euro. dem Regal eines besoffenen Leh- (1984) und „Cloud About Mercu- (Discipline/Indigo). zehnjährige treibt sich rum, ver- rers; der Brief einer Mutter an ih- schwindet für Tage, für Nächte; Deutschlands größter Industrie- ren Sohn, der den Kontakt abge- da ist die Elfjährige verantwor- standort im Ausland, hat sich in brochen hat. Warum? Man kann tungsvoller, kümmert sich um die den letzten 40 Jahren verdoppelt. nur spekulieren. ALLESKÖNNER III Kleinen, macht sie zur Armen- Der Reichtum der Reichen, Der stetige Wechsel der Form speisung fertig. Und die Mutter? Prachtvillen, Mode, Kultur, alles und der Sprachebenen lässt ein Acht auf einen Streich Hat den Penis ihres Freundes mit wächst und boomt. Gleichzeitig nervöses, hektisches Bild der Me- Benzin übergossen und ein Streichholz angezündet, als er sich an der Ältesten vergriff. Das versiegt der Strom von mittello- sen Zuzüglern nicht. Die Armut explodiert in den Favelas, den gastadt entstehen, eine Kakopho- nie aus Schmatzen, Stöhnen und Schreien, in der die Erste und die D as Erfinden neuer Klänge ist selbstverständlich kein Privi- leg des Alters. Wäre ja noch schö- schönes Album veröffentlich („Weightless“), jetzt erfreut er uns in einem neuen Bandprojekt, Feuer hat die ganze Nachbar- Slums. Gewalt, Drogen, Kinder- Dritte Welt Nachbarn sind. Dabei ner! Aber halten wir uns nicht es heißt nach seinen Mitgliedern schaft niedergebrannt. prostitution, Organhandel. Eine spielt Ruffato keinesfalls Reich länger mit Äußerlichkeiten auf, Adrian Terrezas (Saxofon), Ja- Vielleicht wäre man doch bes- Mauer der Ungleichheit zieht sich und Arm gegeneinander aus. Es kommen wir endlich zur Sache: vier Reyes und Abasi Tosin (Gi- ser eine Ratte? Oder eine Kakerla- durch São Paulo. geht um eine Art Panorama, das Tosin Abasi. Wer diesen Namen tarre) sowie Eric Moore (Schlag- ke? Die Geschichte der unheilvol- Das Leben dieses Molochs sich nur in Einzelperspektiven, noch nicht gehört hat, muss jetzt zeug) ganz schlicht T.R.A.M. Die len Familie in ihrem Verschlag aus größtmöglicher Gegensätze in ei- Momentaufnahmen, Realitäts- nicht traurig sein, denn hier gibt musikalische Reise führt nicht Pappe bildet eines von 69 Kapi- nen Roman zu packen, ist eine höl- partikeln erahnen lässt. Ein fettes es etwas zu entdecken. Dem ame- ins Geräuschige, nicht in Rich- teln in Luiz Ruffatos Roman „Es lische Aufgabe. Ruffato, Jahrgang Mädchen, das mit ihrer Mutter in rikanischen Gitarristen gehört tung progressiver Metalcore wie waren viele Pferde“. Keines der 1961, der einst als Mechaniker mit der Wohnung alte Kleider ver- die Zukunft im experimentell ori- bei Animals as Leaders, sondern Kapitel hat mit den anderen zu dem Schreiben begann, ist es ge- kauft, wird für ein paar Münzen entierten Saitensegment – um ins Kammermusikalische, beina- tun, außer dass sie in São Paulo lungen: auf nicht einmal 160 Sei- erschossen. Eine Gruppe saturier- Steve Vai zu zitieren, den amtie- he Besinnliche. Aber bloß nicht spielen, das mit über 20 Millionen ten, außerordentlichen Seiten. Die ter Mittfünfziger, einst in der Stu- renden Gottvater der elektrifi- Erbauliche! Nennen wir die Stim- Einwohnern die größte Stadt La- Umwälzungen Brasiliens und die dentenbewegung aktiv, kommt zierten Gitarre. Wir könnten es mung auf diesem Album der Ein- teinamerikas ist. Und man kann Folgen für die Menschen haben heute erbärmlich egoistisch da- nicht besser sagen, denn für Aba- fachheit halber: aggressive Ge- eigentlich auch nicht von Ge- Ruffato auch an die Bewusstseins- her. Politiker, Penner, Taxifahrer, si passt keine Schublade. Das lassenheit. So klingt der Mann schichten reden, von Kapiteln, revolution zu Beginn des 20. Jahr- Dealer, Taschendiebe, Manager, fängt schon bei seinem Instru- von heute. Christian Schlüter weil das einen viel zu geordneten, hunderts erinnert. So hat er sich in Straßenhändler, Architekten tref- ment an, es hat acht Saiten. Acht! einen balzacschen Eindruck ver- Aufbau und Form an einigen fen wir, meist nur für Sekunden. Auf diesem Achtling zupft, pickt, mittelt. Shortcuts wäre ein Aus- Hauptwerken der literarischen Eine 14-jährige Prostituierte be- slapt und sweept sich der 29-jäh- druck, der jedoch inzwischen Moderne orientiert. kommt von ihrem Freier ein Mit- rige durch alle gängigen und T.R.A.M.: Lingua ziemlich abgenutzt ist, was wie- Wie im „Ulysses“ von Joyce tagessen spendiert und scheint nicht-gängigen Stilarten. Mit sei- Franca derum die Lage vieler Menschen spielt die Handlung an einem Tag, glücklich. São Paulo, das ist der ner Band Animals as Leaders hat (Sumerian/Soul- im Buch ganz gut trifft. dem 9. Mai 2000. Von Döblin und babylonische Wahnsinn. er im letzten Jahr ein wunder- food).