Kooperation und Kollaboration werden beim Lernen großgeschrieben, da sie beispielsweise Kommunikationsprozesse in Gang bringen oder das Engagement der Studierenden fördern und dadurch den Lernerfolg positiv beeinflussen können. Im Online-Event (https://www.e-teaching.org/siaedlmdm), zu dem diese Slides gehören, wurden derartige soziale Wirkmechanismen fokussiert, psychologische Erkenntnisse zur sozialen Interaktion im Lernprozess betrachtet und anhand des Projekts „IKARion“ erläutert, wie Kleingruppenarbeit unterstützt werden kann.
Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.) an der Universität Duisburg Essen
Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens mit digitalen Medien
1. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
SOZIALE INTERAKTION
ALS ERFOLGSFAKTOR DES LERNENS
MIT DIGITALEN MEDIEN
Nikol Rummel (Ruhr Universität Bochum)
&
Nicole Krämer (Universität Duisburg-Essen)
2. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Gliederung
• Grundlagen: Soziale Interaktion im Lernprozess
• Projekt IKARION und Bezüge zu sozialen Wirkfaktoren
3. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
GRUNDLAGEN:
SOZIALE INTERAKTION IM LERNPROZESS
4. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Lehren/Lernen und soziale Interaktion
• Lehr- und Lernprozesse sind mit sozialer Interaktion und
Kommunikation verwoben (Rummel & Krämer, 2010)
• Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden
• Interaktionen zwischen den Lernenden
• Hier Fokus auf Interaktion zwischen den Lernenden: Kooperatives
Lernen
5. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Kooperatives Lernen
„[…] a situation in which two or more people learn or attempt to learn
something together” (Dillenbourg, 1999, S 1)
“[… ]a variety of educational practices in which interactions among peers
constitute the most important factor in learning, although without
excluding other factors such as the learning materials and interactions
with teachers.”
(Dillenbourg, Järvelä & Fischer, 2009, S. 3)
6. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Kooperatives vs. kollaboratives Lernen
• Einige Autoren (v.a. im englischsprachigen Raum) unterscheiden
zwischen kooperativen (cooperative) Lernen und kollaborativem
(collaborative) Lernen
• Kooperation: strenge Arbeitsteilung: jedes Mitglied erledigt
Unteraufgabe, am Ende werden die Ergebnisse zum Endergebnis
zusammengesetzt
• Kollaboration: Ziel wird gemeinsam erreicht. Synchrone Ko-
Konstruktion
• Abgrenzung aber oft schwierig
7. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Was macht kooperatives Lernen effektiv?
Es gibt unterschiedliche theoretische Annahmen dazu, wie soziale
Interaktion individuelles Lernen verbessern kann (Renkl, 2007; Slavin, 1996)
• Perspektive der sozialen Kohäsion
• Motivationale Perspektive
• Neo-piagetische Perspektive
• Neo-vygotskische Perspektive
• Perspektive der kognitiven Elaboration und Metakognition
8. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Perspektive der sozialen Kohäsion
• Individuen helfen Gruppenmitgliedern, weil ihnen die Gruppe an sich
wichtig ist und sie sich umeinander „sorgen“
• Soziale Kohäsion kann durch teambildende Maßnahmen erzeugt
werden
9. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Motivationale Perspektive
• Durch positive Interdependenz zwischen den Gruppenmitgliedern
werden die Einzelnen motiviert, den anderen Gruppenmitgliedern zu
helfen
• Instruktionale Maßnahmen zielen auf Implementierung
entsprechender Ressourcen- bzw. Zielstrukturen
10. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Neo-piagetische Perspektive
• Bezieht sich auf Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung
• Durch unterschiedliche Sichtweisen (sozio-kognitive Konflikte) der
Kooperationspartner werden Interaktionen notwendig, die Lernen
erzeugen:
• Diskussion, Rechtfertigung, Argumentation
• Gegenseitiges Feedback
• Kognitive Konflikte können durch Verteilen divergierender
Informationen erzeugt werden
11. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Neo-vygotskische Perspektiv
• Bezieht sich auf Vygotskis Konzept der “Zone der proximalen
Entwicklung”
• Kooperatives Lernen ist erfolgreich,
wenn die an Gruppen gestellte
Aufgabe nur durch Kooperation
gelöst werden kann
Vorwissen
Inhalte, die
individuell nicht
zu meistern
sind, jedoch mit
Unterstützung
Nicht-
Wissen
Lernen
12. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Perspektive der kognitiven Elaboration und Metakognition
• Lernende in kooperativen Lernarrangements werden angeregt, durch
gegenseitige Erklärungen ihre Wissensbestände und -lücken zu
verbalisieren, ihre unterschiedlichen Sichtweisen diskursiv zu
kontrastieren und ihr Wissen so in gegenseitigen
Aushandlungsprozessen gemeinsam weiter zu entwickeln
(z.B. Chi, 2009; Herrmann & Kienle 2008)
• Individuelles Lernen wird gefördert, da durch Austausch mit anderen
eine aktive Verarbeitung und Überprüfung von Wissensbeständen
stattfindet
13. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Kooperatives Lernen: Schwächen
• Motivationsverluste (Renkl, 2007)
• Der-Hans-der-macht‘s-dann-eh-Phänomen (social loafing)
• Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen (sucker-effect)
• Da-mach-ichs-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen (Matthäus-Effekt)
• Kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen
• Ohne Unterstützung finden oft keine fruchtbaren, lernförderlichen
Interaktionen zwischen den Lernenden statt (Barron, 2000; Rummel & Spada,
2005; Salomon & Globerson, 1989)
• Wie kann produktive Kooperation angestoßen und damit Lernen
gefördert werden?
14. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Unterstützung von Kleingruppenarbeit
• Geeignete Gruppenzusammensetzung (Slavin, 2010)
• Strukturierungshilfen, sogenannte Kooperationsskripts
(Kollar, Fischer & Hesse, 2006; Rummel & Spada, 2007)
15. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Strukturierung von Kooperation durch Skripts
• Durch Kooperationsskripts wird das kooperative Lernen gesteuert:
• Verteilung von konkreten Lernaktivitäten und Rollen (z.B. Zuhörer &
Frager) unter den Lernenden
• Sequenzierung der Lernaktivitäten
• Koordination von Prozessen auf unterschiedlichen sozialen Ebenen
(Individuum, Gruppe, Klasse,…)
• Skripts sollen die Auftretenswahrscheinlichkeit produktiver
Interaktionen erhöhen (z.B. Fragen stellen, Erklären, Elaboration,
Diskussion, Perspektiven vereinen) (King, 2007)
16. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Gruppenpuzzle (Jigsaw) (Aronson, 1978)
• Verteilen von Ressourcen, Wissen, Rollen
• Bildung von Expertenteams, anschließend Teilen der Informationen
mit anderen Experten und Bearbeitung einer Aufgabe
• Nutzung verteilter Informationen in der Gruppe
(Ressourceninterdependenz)
• Intensivere Auseinandersetzung
mit Lernstoff durch den
Expertenstatus
17. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
CSCL-Skript (Rummel, Spada & Hauser, 2009)
Instruktionen für die
Arbeitsphase (Rollen,
Aufgaben, Zeit)
Phasen
Blau: kooperativ
Gelb: individuell
18. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Effektivität von Skripts: Empirische Evidenz
• Meta-Analyse zur Wirkung von Kooperationskripts in CSCL Settings
(Vogel, Wecker, Kollar & Fischer, 2016)
• 22 Artikel (publiziert zwischen 2005 und 2012)
• insgesamt 2825 Teilnehmer*innen (M = 101; SD = 99.85)
• Durchnittsalter bei 20 Jahren (M = 20.17; SD = 4.85)
• Effekt auf domänspezifisches Wissen (d = 0.20)
• Effekt auf Kooperationsfertigkeit (d = 0.65)
19. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
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Problem: Over- & Underscripting
• Ziel von Skripts aber gleichzeitig Problem: Externe Strukturierung der
Kooperation (Dillenbourg & Jermann, 2007)
• Overscripting:
• Unterdrückung „natürlich“ auftretender Interaktionen
• Erhöhte kognitive Belastung (cognitive load) durch Verarbeitung der
zusätzlichen Anforderungen des Skripts. Vor allem, wenn bereits
funktionierende Skripts internalisiert wurden (expertise reversal effect)
• Underscripting:
• Lernende mit schwach entwickelten internalisierten
Kooperationsskripten erreichen keine produktive Interaktion
Lösung: Adaptive Kooperationsunterstützung
20. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Neue Möglichkeiten in CSCL
• Neue Möglichkeiten in computergestützten Lernumgebungen:
• Verhalten der Gruppe bzw. der einzelnen Mitglieder wird geloggt
• Schritte der Gruppenarbeit können (automatisiert) nachvollzogen
werden
• Hohe Datenmengen stehen zur Verfügung, die mithilfe innovativer
Analysemethoden („Learning Analytics“-Verfahren) eine intelligente
Orchestrierung kooperativer Lernprozesse ermöglichen (z.B. geeignete
Gruppenzuordnung)
• Herausforderung: Erkennung von Problemen/Fehlern in der
Kooperation
21. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
PROJEKT IKARION UND BEZÜGE ZU SOZIALEN
WIRKFAKTOREN
22. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Das Projekt IKARion
Verbundspartner
• Fachhochschule Lübeck, Kompetenzzentrum CoSA / Institut für
Lerndienstleistungen
• Prof. Dr. Monique Janneck, Prof. Dr. Horst Hellbrück
• Ruhr-Universität Bochum, Pädagogische Psychologie
• Prof. Dr. Nikol Rummel
• Universität Duisburg-Essen, Sozialpsychologie / COLLIDE
• Prof. Dr. Nicole Krämer, Prof. Dr. Heinz-Ulrich Hoppe
Laufzeit: März 2017 bis Februar 2020
http://www.ikarion-projekt.de
23. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Grundidee
• Online-gestützte Kleingruppenarbeit kann Verständnis und Motivation
in großen Online-Kursen erleichtern
• Online-gestützte Gruppenarbeit funktioniert nicht immer problemlos
• Entwicklung von technologiebasierter, intelligenter Unterstützung von
Kleingruppenarbeit in der Online-Lehre
• Entlastung von Lehrenden und Gruppenmitgliedern durch
automatisierte prompts, die der jeweiligen diagnostizierten
Problemsituation angemessen sind
24. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Szenario
Susan freut sich, dass in diesem Semester die Veranstaltung „Grundlegende
Programmiertechniken“ als Blended-Learning-Kurs angeboten wird. Nach vier Wochen
sind ihr Verständnis und ihre Motivation auf einem Tiefpunkt. Sie setzt ihre Hoffnung
auf die nun startende Phase der Online-Gruppenarbeit. Bei der Bearbeitung der
gemeinsamen Aufgabe ergeben sich dann aber neue Hürden: Ein Kommilitone meldet
sich innerhalb der ersten fünf Tage der 10tägigen Bearbeitungszeit gar nicht, ein zweiter
kopiert ausschließlich große Stücke des vorgegebenen Lehrbuchs in das gemeinsame
Dokument. Bevor Susan zu einem Entschluss gekommen ist, wie es zu schaffen ist, dass
die Gruppe am Ende der Zeit eine sinnvolle Lösung der Aufgabe präsentiert, erhält sie
Hilfe vom im Kurs eingesetzten Automatischen Moodle-Tutor (AMT). Dieser gibt an die
gesamte Gruppe gerichtet Hinweise darauf, dass als Lösung der Aufgabe nicht
ausschließlich eine Re-Iteration der Lehrbuchinhalte in Frage kommt und bietet einen
Ansatzpunkt, von dem aus die Gruppe weiterarbeiten kann. Auch der bislang nicht tätig
gewordene Kommilitone hat eine gesonderte Nachricht erhalten und meldet sich mit
Entschuldigungen und ersten Vorschlägen aus dem Off. Nach zehn Tagen hat die Gruppe
eine gute Lösung erarbeitet, und Susan freut sich über die Bonuspunkte.
25. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Funktionsweise der geplanten Automatisierten Unterstützung
• automatische Diagnose von Beeinträchtigungen der
Gruppeninteraktion
• Automatisierte Identifikation von geeigneten Interventionen
• Verbesserung der Kleingruppenarbeit durch medial vermittelte
Eingaben einer automatisierten Unterstützung
26. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Zwei Unterstützungsaspekte
1) Unterstützungsmechanismen, die im Vorfeld der eigentlichen
Gruppenarbeit greifen und eine produktive Zusammenarbeit
vorbereiten bzw. ermöglichen wollen
2) Unterstützungsmechanismen, die während der Gruppenarbeit
bereitgestellt werden und die auf einer automatischen Auswertung
von Lernerdaten und Interaktionsmustern beruhen
a) Zurückspiegeln des momentanen Stands der Gruppenarbeit anhand
von Kennzahlen oder inhaltsbezogene Indikatoren (Group Awareness)
b) Generierung intelligenter Prompts, die auf Basis gezielter Diagnose
passgenau erstellt werden
27. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Schritte im Projekt
• Theoriebasierte Zusammenstellung von Problemen in Gruppenarbeit
• Identifikation von diagnostischen Kriterien zur Erkennung der
Probleme
• Implementierung der Kriterien zur Ermöglichung der automatisierten
Erkennung
• Identifikation von passenden Interventionen
• Implementierung der Interventionen
• Erprobung der Maßnahmen in verschiedenen Online- und Blended-
Learning Kursen
28. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Theoriebasierte Zusammenstellung von Problemen in Gruppenarbeit &
Identifikation von diagnostischen Kriterien
• Erstellung einer Fehlerbibliothek top-down aus pädagogisch
psychologischer und sozialpsychologischer Literatur
• Dimensionen: Communication, Joint Information Processing,
Coordination, Interpersonal Relationships, Motivation: Individual task
orientation
• Bottom-up Prüfung, inwieweit diese Probleme in Online Kursen
tatsächlich auftauchen
29. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Theoriebasierte Zusammenstellung von Problemen in Gruppenarbeit &
Identifikation von diagnostischen Kriterien
• Bisheriges Ergebnis: Tabelle mit ca. 80 Einträgen
• Beispiel: Coordination wird aufgeteilt in structuring the problem
solving process, task division, time management, technical
coordination
Literatur:
Walther & Bunz
(2005)
Structuring the
problem solving
process
Ensure a timely &
orderly solution to the
given problem by
coordinating the
collaboration
Group members
stuck in plans
instead of doing
substantive
work
30. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Literatur
• Aronson, E. (1978). The jigsaw classroom. Beverly Hills: Sage
• Barron, B. (2000). Achieving coordination in collaborative problem-solving groups. Journal of the Learning
Sciences, 9, 403–436.
• Chi, M. T. H. (2009). Active-Constructive-Interactive: A conceptual framework for differentiating learning
activities. Cognitive Science, 1, 73–105.
• Dillenbourg, P. (1999). What do you mean by ‚collaborative‘ learning? In P. Dillenbourg (Ed), Collaborative
learning: Cognitive and computational approaches (pp- 1-19). Oxford: Elsevier.
• Dillenbourg, P., Järvelä, S., & Fischer, F. (2009). The evolution of research on computer-supported
collaborative learning. In N. Balacheff et al. (Eds.), Technology-enhanced learning: Principles and products (pp.
3-19). Dordrecht: Springer.
• Dillenbourg, P. & Jermann, P. (2007). Designing Integrative Scripts. In F. Fischer, I. Kollar, H. Mandl &, J. Haake
(Eds.), Scripting computer-supported communication of knowledge. Cognitive, computational, and educational
perspectives (pp. 275-301). New York: Springer.
• Herrmann, T., & Kienle, A. (2008). Context-oriented communication and the design of computer-supported
discursive learning. International Journal of Computer-Supported Collaborative Learning, 3(3), 273-299.
• King, A. (2007). Scripting collaborative learning processes: A cognitive perspective. In F. Fischer, I. Kollar, H.
Mandl &, J. Haake (Eds.), Scripting computer-supported communication of knowledge. Cognitive,
computational, and educational perspectives (pp. 13-37). New York: Springer.
31. Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens
mit digitalen Medien
Literatur
• Kollar, I., Fischer, F., & Hesse, F. W. (2006). Collaboration scripts—A conceptual analysis. Educational
Psychology Review, 18(2), 159–185.
• Renkl, A. (2007). Kooperatives Lernen. In W. Schneider & M. Hasselhorn (Hrsg.), Handbuch Psychologie, Bd.
Pädagogische Psychologie (S. 84-94). Göttingen: Hogrefe.
• Rummel, N., & Krämer, N. (2010). Computer-supported instructional communication. A multidisciplinary
account of relevant factors. Introduction to the special issue. Educational Psychology Review, 22(1), 1-7.
• Rummel, N., & Spada, H. (2005). Learning to collaborate: an instructional approach to promoting
collaborative problem solving in computer-mediated settings. Journal of the Learning Sciences, 14(2), 201–
241.
• Rummel, N., & Spada, H. (2007). Can people learn computer-mediated collaboration by following a script? In
F. Fischer, I. Kollar, H. Mandl &, J. Haake (Eds.), Scripting computer-supported communication of knowledge.
Cognitive, computational, and educational perspectives (pp. 39-55). New York: Springer.
• Rummel, N., Spada, H., & Hauser, S. (2009). Learning to collaborate from being scripted or from observing a
model. International Journal of Computer-Supported Collaborative Learning, 4(1), 69-92.
• Salomon, G. & Globerson, T. (1989).When teams do not function the way they ought to. International Journal
of Educational Research, 13, 89–99.
• Slavin, R. E. (1996). Research on Cooperative Learning and Achievement: What we know, what we need to
know. Contemporary Educational Psychology, 21(1), 43-69.
• Vogel, F., Wecker, C., Kollar, I., & Fischer, F. (2016). Socio-Cognitive Scaffolding with Computer-Supported
Collaboration Scripts: a Meta-Analysis. Educational Psychology Review, 1–35.
• Walter, J. B. & Bunz, U. (2005). The rules of virtual groups: Trust, liking, and performance in computer-
mediated communication. Journal of Communication, 55(4), 828–846.
Notas do Editor
Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens mit digitalen Medien:
Angesprochen ist hier der das kooperative Lernen, insbesondere das kooperative Lernen in Kleingruppen
Two or more: 3-5 oder 20-30? Eine ganze Gesellschaft?
Learn something: Was auf welche Weise lernen; einen Kurs machen? Etwas Lesen, Problemlösen, implizites Lernen im Alltag?
Together: F2F? computer mediated, synchron oder asynchron?
Methoden/Disziplin je nach Konfiguration der Situation und Forschungsinteresse :
Psychologie: kleine Gruppen/Dyaden
Sozialpsychologie: Gruppen
Soziologie/ Ethnologie: sehr große Gruppen/Gesellschaften
- Auswahl an Theorien, um individuelles Lernen in kooperativen Lernsituationen zu erklären
Diese Perspektive ist eng mit der motivationalen Perspektive verbunden.Im Unterschied zur motivationalen Perspektive besteht der Anreiz sich um die anderen Gruppenmitglieder zu „sorgen“ in sich selbst (intrinische Motivation), und nicht, weil Fürsorge/Motivation der anderen Mitglieder lediglich einer Zielerreichung (der eigenen) dient (extrinsische Motivation)
Perspektive kommt NICHT im Renkl Text vor.
In diesem Ansatz sind motivationale Anreize zentral für das Gelingen der Kooperation. Instruktionale Maßnahmen zielen auf Implementierung entsprechender Zielstrukturen (vgl. Renkl 2007: 84 f)
Anreizsysteme (Belohnungen/Ziele) schaffen Situationen in denen die individuelle Zielerreichung vom Erfolg der gesamten Gruppe abhängt
Ressourceninterdependenz: Informationen müssen kombiniert werden, um Ziele zu erreichen
Zielinterdependenz: jedes Gruppenmitglied muss gelernt haben, damit die Gruppe ihr Ziel erreicht
Individuelle Verantwortlichkeit: es wird deutlich, welches Mitglied welchen Beitrag erbracht hat
(vgl. Renkl 2007: 85)
In der Zone der proximalen (nächsthöheren) Entwicklung liegen Problemlöseprozesse, die von einem Individuum nicht eigenständig geleistet werden können – jedoch mit Hilfe anderer Personen
Durch Hilfe/Unterstützung von Experten (aber auch von Peers) können Individuen die Zone der proximalen Entwicklung erreichen. Durch Internalisierung der Problemlösung können die Individuen das Problem von nun an eigenständig lösen; diese vorherige Zone der proximalen Entwicklung wird zum neuen Ausgangspunkt für weitere Lernprozesse.(vgl. Renkl 2007: 85)
(eine Auswahl von Motivationsverlusten)
Der-Hans-der-macht‘s-dann-eh-Phänomen (social loafing): Einzelne Gruppenmitglieder spielen „Trittbrettfahrer“ und überlassen anderen die Arbeit. Es lernen nur einige aus der Gruppe substanziell etwas dazu. Die Gefahr für social loafing steigt mit zunehmender Gruppengröße.
Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen (sucker-effect): Kann als Folge von social loafing auftreten. Lernende, die die Hauptlast der Gruppenarbeit tragen (müssen), verlieren zunehmend an Arbeitsmotivation. Sie wollen nicht mehr „die ganze Arbeit machen“, dies ist abträglich für die Motivation aller Gruppenmitglieder
Da-mach-ichs-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen (Matthäus-Effekt): Lernende mit hoher Motivation und höherer kognitiver Leistungsfähigkeit übernehmen die Hauptteile der Arbeit, da ihnen die Beiträge der anderen Gruppenmitglieder nicht gut genug sind, oder weil die Gruppenarbeit zu zäh verläuft. Fähigere Lernende arbeiten in der Folge mehr und lernen somit auch mehr, also weniger fähige Lernende in der Gruppe.
Kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen: In der Gruppenarbeit vermeiden Individuen die Aufgaben, die sie nicht so gut können, bzw. machen wollen, z.B. muss immer die gleiche Person die Ergebnisse vorstellen. In der Folge ist diese Person aufmerksamer (weil sie später vorstellen soll) und übt das Präsentieren. Die anderen Gruppenmitglieder lernen weniger.
(vgl. Renkl 2007: 87)
- Skripte sind instruktionale Maßnahmen, um Lernprozesse zu steuern
- They result from the effort to engineer collaborative learning. Scripting is some
compromise between the constraints usually induced by instructional design and the
freedom of collaborative learning
- In short, scripts are tools for enhancing the probability that productive
interactions occur in the group. The key issue in the design of a CSCL script is: which
type of peer interactions does the teacher want to foster to reach educational objectives?(vgl. Dillenbourg et al 2003: 7)
Not only we found benefits of supporting CSCL with collaboration scripts.
In a recent meta-analysis Vogel and colleagues looked at 22 articles (published between 2005 and 2012) and found benefits for scripted collaboration on both domain-specific knowledge and collaboration skills (again this second effect was particularly strong)
Vogel, F., Wecker, C., Kollar, I., & Fischer, F. (2016). Socio-Cognitive Scaffolding with Computer-Supported Collaboration Scripts: a Meta-Analysis. Educational Psychology Review, 1–35.
The 22 articles (published between 2005 and 2012) that were finally included
comprised 24 studies containing 34 comparisons, from which 45 effect sizes were estimated.
Overall, the studies included had 2,825 participants (MN = 101; SDN = 99.85), whose mean
age was on average 20 years (Mage = 20.17; SDage = 4.85).
In 21 of the articles, personal computers were used as electronic devices and in only one article mobile devices were used
(Huang, Wu, & Chen 2012). The average time that the participants worked with support from
the treatment was about four hours (Mduration = 239.08 minutes; SDduration = 341.45). The
shortest overall learning time supported by the treatment in a study was 12 minutes (Molinari
et al. 2009), and the longest was about 24 hours (Haake & Pfister 2010). The studies included
represent a certain bandwidth of further characteristics, such as the educational background of
the participant or the subject discipline in which the study was conducted, as shown in
Table 1.
The chosen index of effect size was the unbiased estimate of the standardized mean
difference between experimental and control conditions with pooled standard deviations
across groups (Hedges 1981; Hedges & Olkin 1985). Following Cohen’s (1988) suggestion,
effect sizes of d = 0.20‒0.49 are considered as small effects, effect sizes of d = 0.50‒0.79 as
medium effects, and effect sizes of d = .80 and higher as large effects (Cohen 1988).
effect on collaboration skills significantly greater than on domain-specific knowledge (ZDiff = 3.24; p < .01, two-tailed).
Durch Scripting geht Flexibilität im Lernprozess verloren. Zwar ist es genau die Aufgabe von Skripts, Komplexität durch Selektionen zu reduzieren (Handlungen, Rollen, Koordination, Zeitabläufe), jedoch können durch Skripts Einschränkungen resultieren, die dem pädagogischen Ziel entgegenstehen (Dillenbourg & Jermann: 287; Fisher et al. 2010: 3)
Overscripting:
spontane/natürliche Interaktionen/Problemlöseprozesse werden durch zu rigide Skripts eingeschränkt/verhindert
Erhöhung des Extraneous Cognitive Load durch zusätzliche Anforderungen durch das Skript (Verstehen, Internalisieren, Ausführen)
„genuine“ Kooperation wird einschränkt
Das Ziel wird durch das Skript vorgegeben, jedoch nicht von den Lernenden selbst. Kollaboration ist von einem geteilten Ziel bestimmt; es kann passieren, dass Lernende das Ziel des Skripts nicht als ihr eigenes annehmen(Dillenbourg & Jermann 2007: 288)
Underscripting:
- For students with little collaboration experience, on the other hand, weak interaction support will not produce the expected interactions. Providing adaptive collaboration support that responds to the individual needs of students may therefore be
an improvement over fixed approaches (e.g. Dillenbourg and Tchounikine 2007; Rummel and Weinberger 2008). (vgl. Diziol et al. 2009:91)
Folge von Over- und Underscripting: niedrige Motivation
Although empirical evidence on the positive effects of classical CSCL scripts on individual knowledge and skill acquisition is ample, scripting approaches have also been criticized for being coercive and not allowing students to self-regulate their learning (Diziol, Walker, Rummel, & Koedinger, 2010). […] In order to meet individual learners’ needs for instructional support and their needs for freedom within a CSCL environment, adaptable instruction is a promising approach which may improve the fit between learner and learning environment. (vgl. Wang et al. 2001: 382)