SlideShare uma empresa Scribd logo
1 de 1
Baixar para ler offline
MONTAG
20. FEBRUAR 2012                                                                                              Thema                                                                                                                              3
             WELTREPORTER: DEUTSCHE JOURNALISTEN BERICHTEN VON DEN WICHTIGSTEN PUNKTEN DER ERDE

                                                     Reporter, die die Welt erklären
Für Zeitungen und Zeitschriften, für On-                                                                                                                                                               Großereignissen für Telefonschalten auf
lineportale, Radio- und Fernsehsender ist                                                                                                                                                              die Kollegen zurück, auch Enzyklopädien
die Korrespondentenvereinigung „Weltre-                                                                                                                                                                wie der Brockhaus bestellen Beiträge bei
porter.net“ zu einem Segen geworden.                                                                                                                                                                   den Weltreportern. Zudem sind einige der
Was einst als Idee von Journalistenschü-                                                                                                                                                               Korrespondenten Buchautoren, liefern Hin-
lern begann, hat sich zu einem hochkaräti-                                                                                                                                                             tergrundberichte für deutsche und interna-
gen Netzwerk entwickelt, das die Welt um-                                                                                                                                                              tionale Magazine. „Nur mit seinem eige-
spannt. Außerhalb von Deutschland kann                                                                                                                                                                 nen Namen in den Redaktionen bekannt
heute nur noch wenig passieren, ohne                                                                                                                                                                   zu sein, ist schwierig. Das Netzwerk hilft
dass ein kompetenter, landeskundiger                                                                                                                                                                   enorm, die Wahrnehmung zu erweitern“,
Journalist vor Ort wäre.                                                                                                                                                                               sagt Jürgen Stryjak, Weltreporter in Kairo.
                                                                                                                                                                                                       Mittlerweile stehe Weltreporter.net für
        VON K LAUS E HRINGFELD                                                                                                                                                                         höchste Qualität in der Auslandsberichter-
                                                                                                                                                                                                       stattung. Doch die Bedingungen dafür wer-
        hilipp Hedemann saß gerade mit ei-                                                                                                                                                             den zunehmend schwieriger, weil die Me-



P       nem Kollegen in einem Restaurant,
        als der Anruf kam. „Fünf Touristen
        in der Danakil-Wüste im Nordosten
        Äthiopiens erschossen. Vielleicht
Deutsche unter den Opfern“, teilte eine auf-
geregte Informantin mit. Der gemütliche
Abend Mitte Januar in der äthiopischen
                                                        Klaus Ehringfeld                       Gerd Braune                        Susanne Güsten                      Philipp Hedemann
                                                                                                                                                                                                       dien kaum noch bereit sind, für gute Arbeit
                                                                                                                                                                                                       angemessenes Geld zu zahlen. Im Gegen-
                                                                                                                                                                                                       teil: Während die Honorare klein bleiben,
                                                                                                                                                                                                       werden die Ansprüche immer größer.
                                                                                                                                                                                                        „Konflikte fallen nicht vom Himmel“
                                                                                                                                                                                                        Die Stärke der Reporter ist es, vor Ort zu
Hauptstadt Addis Abeba endete, bevor er                                                                                                                                                                 sein, wenn irgendwo etwas passiert. So wie
richtig begonnen hatte. Und es folgten die                                                                                                                                                              Hedemann in Äthiopien oder die fünf Welt-
arbeitsreichsten 24 Stunden im Leben des                                                                                                                                                                reporter, die den arabischen Frühling er-
Afrika-Korrespon-                                                                                                                                                                                                           lebt und darüber berich-
denten Hedemann.                                                                                                                                                                                                            tet haben. „Konflikte fal-
   Die Entführung                                                                                                                                                                                                           len nicht vom Himmel“,
bedeutete für den                                                                                                                                                                                                           sagt Karim El-Gawhary,
Journalisten     und                                                                                                                                                                                                        einer    der     wenigen
sein Berichtsgebiet,                                                                                                  Stockholm                                                                                             deutschsprachigen Jour-
einen kurzen Augen-                                                                                               Oslo                                                                                                      nalisten, die aus Tunis,
blick der Zeitge-                                                                                         Kopenhagen         Moskau                                                                                         Kairo, Bengasi und Tri-
schichte im Zentrum                                                                                     London               Warschau                                                                                       polis von den Aufstän-
der medialen Auf-                                                                                           Paris          Prag                                                                                             den gegen die Autokra-
                                                                      Ottawa
merksamkeit zu stehen. Trotz gekentertem                                                                                   Belgrad                                                                      ten berichtet haben. Doch Auslandsbericht-
                                                                                                                                                 Almaty
Kreuzfahrtschiff, Euro-Krise und Theater                                                               Barcelona        Istanbul                                                                        erstattung sei zunehmend Feuerwehrar-
um den Bundespräsidenten wollten die           Los                         New York                                                                                                                     beit – Medien sendeten ihre Leute erst,
                                                                                                                                                                               Peking
deutschen Medien Hintergründe der Ver-         Angeles                Washington DC                                                                                                                     wenn es brenne. „Die Weltreporter hinge-
schleppung wissen, Ursachen und Auswir-                                                                                          Tel Aviv Bagdad                                                        gen kennen sich in ihren Berichtsgebieten
kungen erklärt haben. Hedemann rief                                                                                         Kairo                                                 Shanghai              gut aus, sprechen die Landessprache, ha-
noch nachts den äthiopischen Regierungs-                                                                                                                                          Taipei                ben Kontakte und kennen die Hinter-
sprecher an, setzte erste Meldungen ab,                                                                                                                                                                 gründe. Daher können sie die Ereignisse
                                                        Mexiko-
und das große Nachrichtenrad begann sich                                                                                                                                                                einordnen“, betont El-Gawhary.
                                                        Stadt
zu drehen.                                                                                                                                                   Bangkok              Manila                   In den vergangenen Jahren war fast im-
   „Am nächsten Morgen meldeten sich un-                                                                                         Addis Abeba                                                            mer einer von ihnen dort, wohin gerade die
ter anderem ARD, Phoenix, ORF, Funk-                                                                                                                                                                    Welt schaute: 2004 beim Tod von Jassir Ara-
haus Europa und N24 bei mir und wollten                       ÄQUATOR                                                                                                                                   fat, beim großen Tsunami im Indischen
Live-Schalten zu den Hintergründen des                                                                                                  Nairobi                                                         Ozean im gleichen Jahr, 2007 in Kenia bei
Anschlags“, sagt Hedemann. Neben Ra-                                                      Recife                                                                                                        den Unruhen nach den Wahlen, beim Erd-
dio- und Fernsehsendern bestellten auch                                                                                                                                   Jakarta                       beben in Haiti und der Rettung der chileni-
zahlreiche Zeitungen und Onlineportale                                                                                                                                                                  schen Minenarbeiter 2010, beim Erdbeben
wie „Welt“, „Spiegel Online“ und der „We-                                                                                                                                                               in Neuseeland und dem Tsunami in Japan
ser-Kurier“ Texte bei ihm. Der 32-Jährige                                                                                                                                                               2011, bei den Moskauer Massendemonstra-
ist einer der wenigen deutschsprachigen        Weltstädte, Wirtschafts-                                                                                                                                 tionen im vergangenen Dezember.
Korrespondenten im Osten Afrikas. Die          zentren, Krisenherde –                                                             Johannesburg                                                             Die Korrespondenten stehen auch für die
Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat eine         zusammen decken                                                                     Durban                                                               Kollegen ein: Marcus Bensmann, Weltre-
Mitarbeiterin in Äthiopien, aber die großen    40 Weltreporter die                Buenos Aires                                                                                                                              porter in Zentralasien,
elektronischen und Printmedien sitzen in       wichtigsten Orte der                                                                                                                                  Sydney                 wurde vor vier Jahren in
Südafrika, Uganda oder Kenia. Weit weg         Erde ab.                                                                                                                                                       Christ-       der kasachischen Haupt-
also.                                                                                                                                                                                                         church        stadt Astana bei den Vor-
                                                        FOTOS: FR, PRIVAT
   Wie die meisten freien Journalisten war                                                                                                                                                                                  bereitungen zu Drehar-
auch Hedemann Einzelkämpfer, bis er vor                                                                                                                                        © WESER-KURIER · JUNG                        beiten für den „Weltspie-
zehn Monaten beim Korrespondentennetz-                                                                                                                                                                                      gel“ der ARD überfal-
werk „Weltreporter.net“ Mitglied wurde.                                                                                                                                                                                     len, bewusstlos geschla-
In den Stunden und Tagen der Entführung                                                                                                                                                                                     gen und ohne Schuhe,
hat er erfahren, wie hilfreich ein Netzwerk    sind – so wie Philipp Hedemann in Äthio- portervereinigung dann offiziell. In den fol- net statt. Einmal im Jahr gibt es ein Treffen                     Handschuhe und Jacke bei minus 25 Grad
sein kann: „Nachdem ich die ersten Mel-        pien oder die Kollegen im kanadischen Ot- genden Wochen und Monaten berichteten                    in Deutschland. Wer Mitglied werden                   ausgesetzt. Seine Hände und Füße waren
dungen geschrieben hatte, habe ich unsere      tawa, im kasachischen Almaty oder mitten          zahlreiche Medien über das erste Netz            möchte, muss sich bewerben. Genommen                  schwarz gefroren, das Gesicht zerschmet-
Geschäftsstelle in Hamburg kontaktiert.        in Bagdad. Eines haben alle 40 gemeinsam:         freier Auslandskorrespondenten deutscher         werden aber längst nicht alle, die Aufnah- tert, der Körper mit Trittwunden übersät.
Obwohl es bereits mitten in der Nacht war,     Sie arbeiten freiberuflich. Das heißt: im We- Sprache. In den ersten acht Wochen bewar- mekriterien sind streng: Ist der Bewerber                        Der WDR half dabei, dass er unverzüglich
verschickte unsere Geschäftsführerin ei-       sentlichen ohne festes Einkommen. Sie le- ben sich 60 freie Korrespondenten. „Trotz                ein guter Schreiber? Wie lange ist er schon           in ein Spezialkrankenhaus nach Deutsch-
nen aktuellen Newsletter an die deutschen      ben von den Aufträgen, die sie bekommen.          Globalisierung und Internationalisierung         vor Ort? All das fließt in die Entscheidung           land geflogen wurde. Finger und Zehen
Redaktionen.“ So wussten Zeitungen, Ma-        Die Mitglieder unterstützen sich zwar, ar- schlossen damals immer mehr Medien ihre                 ein. Am Ende stimmen alle 40 ab.                      konnten gerettet werden. „Die Weltrepor-
gazine, Radio- und Fernsehsender in            beiten aber unabhängig. Jeder legt seine          Auslandsbüros. Wir waren uns deshalb si-           Das Netzwerk ist dynamisch. Jedes Jahr              ter haben mir ein festes Solidaritätsnetz ge-
Deutschland, Österreich, Luxemburg und         Konditionen individuell fest.                     cher, dass unsere Dienste gefragt sein wür- kommen mehrere neue Reporter dazu, an- sponnen, das mir erlaubte, mich auf meine
der Schweiz, wie sie auch ohne einen eige-        Die Idee zu dem Netzwerk hatten vor            den. Vernetzt und mit einer gemeinsamen          dere verlassen den Verbund, mal aus per- Genesung zu konzentrieren, ohne Angst
nen Korrespondenten an zuverlässige Infor-     acht Jahren vier Absolventen der Deut- Plattform kommt man einfach weiter denn                     sönlichen Gründen, mal aus beruflichen.               vor dem wirtschaftlichen Ruin zu haben“,
mationen kommen konnten.                       schen Journalistenschule in München, die          als Einzelkämpfer“, sagt Silvia Feist.           Ein Weltreporter ging vor Kurzem als Re- sagt Bensmann. Im Herbst 2009 kehrte er
                                               als Freie Reporter in Südafrika, Russland,           An den Start gingen die Weltreporter zu- dakteur zur „Zeit“. Andere arbeiten heute                  wieder nach Zentralasien zurück.
   Dort sein, wo andere nicht sind             El Salvador und wie Janis Vougioukas in           nächst mit knapp 20 Mitgliedern. Seither         für Stiftungen oder Forschungseinrichtun-                Sein Fall zeigt, wie wichtig es ist, sich zu
Fast überall sitzt ein Korrespondent des       Shanghai, China, saßen. Von dort schrieb          wächst der Zusammenschluss ständig. Neu- gen. Auch von den Gründern sind manche                        organisieren. „Wenn sich die Redaktionen
Netzwerks. Weltreporter, das sind 40 freie     Vougioukas auf der Suche nach Mitstrei- linge im Korrespondentengeschäft sind                      nur noch Ehemalige. Silvia Feist ist heute            immer weniger feste Korrespondenten leis-
Journalisten, die von Los Angeles bis          tern E-Mails in die Welt, rief Korresponden- ebenso dabei wie Arrivierte, Aussteiger               stellvertretende Chefredakteurin beim                 ten, lagern sie damit auch Risiken an die
Christchurch und von Buenos Aires bis          ten in Ägypten und New York an. Silvia            aus Festverträgen, ehemalige ARD-Korres- Frauenmagazin „emotion“ in Hamburg. Ja- Freien aus“, sagt Marc Engelhardt, Vor-
Stockholm aus der ganzen Welt berichten.       Feist, damals Autorin in den USA, erinnert        pondenten, Ex-Zeitungs- und Magazinre- nis Vougioukas ist noch immer in China, ar- standschef des Netzwerks. Und gerade die
Jeder Kontinent ist abgedeckt, jedes Me-       sich: „Ich bekam im Frühjahr 2004 eine            dakteure sowie Journalisten, die ihr Glück       beitet aber seit drei Jahren fest als Ost- Weltreporter arbeiten auch in Ländern, die
dium wird bedient. Dabei sind nicht nur die    E-Mail von Janis. An dem Tag gingen fast          im Ausland probieren wollen. Viele sind          asien-Korrespondent für den „stern“.                  wie Mexiko und Irak zu den gefährlichsten
klassischen Korrespondentenplätze wie          30 E-Mails zwischen New York und Shang- von allem ein bisschen was. Das Netz funk-                   In den acht Jahren ihres Bestehens ha- für Medienschaffende zählen. „Sie garan-
Washington, Paris oder Moskau besetzt.         hai hin und her. Mitten in der Nacht haben        tioniert im Wesentlichen virtuell. Längst        ben sich die Weltreporter in den Redaktio- tieren auch unter schwierigsten Bedingun-
Die Stärke der Weltreporter besteht gerade     wir dann erstmals miteinander telefoniert.“       nicht alle kennen sich persönlich, fast die      nen einen Namen erarbeitet. Viele Fernseh- gen verlässlichen und guten Inhalt aus
darin, auch dort zu sein, wo andere nicht      Im September 2004 gründete sich die Re- gesamte Kommunikation findet übers Inter- sender greifen bei Naturkatastrophen oder                              dem Ausland.“




         Hier fehlen Werder                                                  Im weiten                                                Ein Land mit                                         Von Oyten auf den
          und Currywurst                                                   Eisbärenland                                              Widersprüchen                                        schwarzen Kontinent
      Mexiko-Stadt. Für den „Weser-Kurier“ und an-              Ottawa. Ich wollte noch einmal etwas ganz ande-              Istanbul. Ich habe in Westafrika, den USA, Bonn             Addis Abeba. „Geschichten aus Afrika verkaufen
      dere Zeitungen berichte ich seit gut zehn Jahren          res machen, nachdem ich Lokalredakteur,                      und Berlin gelebt – und nun seit 15 Jahren in Istan-        sich nicht. Was willst Du da?“ Als ich im März
      über die Vorkommnisse in Lateinamerika. Von A             AP–Korrespondent für Hessen und Rheinland-                   bul. In diesen Jahren habe ich die Türkei kreuz             2010 als freier Korrespondent nach Äthiopien
      wie Argentinien bis V wie Venezuela betreue ich           Pfalz und Nachrichtenredakteur bei der „Frank-               und quer durchstreift auf meinen Recherchen:                zog, waren die meisten meiner Kollegen skep-
      dabei gut 20 Staaten und schreibe über alles Be-          furter Rundschau“ war. Ich wollte den Traum vie-             von Knidos bis Kars, von Antakya bis Edirne und             tisch. Auch ich wusste nicht, ob es funktioniert.
      richtenswerte: über den Drogenkrieg in Mexiko,            ler Journalisten verwirklichen und als Auslands-             von Bozcaada bis Van. Ich habe Katastrophen mit-            Nach fast zwei Jahren kann ich sagen: Es funktio-
      das Erdbeben in Haiti, das Ölfieber der kubani-           korrespondent arbeiten. Infrage kam nur eine frei-           erlebt wie das Erdbeben 1999, den Kurdenkon-                niert. Mit dem Arabischen Frühling im Norden,
      schen Regierung und die chilenischen Studenten-           berufliche Tätigkeit in einem Land, wo sich Kor-             flikt von den härtesten Kriegsjahren über die Er-           der Fußballweltmeisterschaft im Süden, der
      proteste. Dabei bediene ich nicht nur die klassi-         respondenten nicht auf die Füße treten: Kanada.              greifung von PKK-Chef Öcalan und die Reform-                schlimmsten Dürre seit 60 Jahren im Osten und
      schen Korrespondenten-Ressorts Politik, Ver-                Meine persönliche Bindung an Kanada will ich               phase bis zur erneuten Eskalation. Und ich habe             politischen Unruhen im Westen bin ich zudem
      mischtes und Wirtschaft, sondern schreibe auch            nicht verschweigen: Meine Eltern lebten in den               den Kulturkampf zwischen den alten kemalisti-               auch in einer spannenden Zeit gekommen. Aller-
      für die Kultur über Drogenliteratur und für den           50er-Jahren in Toronto. Dort wurde ich 1954 gebo-            schen Eliten und der neuen fromm-konservativen              dings bietet der Kontinent auch sonst spannende
      Sport über die WM-Qualifikation in Südamerika.            ren und habe daher die deutsche und die kanadi-              Mittelschicht von Anfang an begleitet.                      Geschichten. Ich ging mit der somalischen Küsten-
         Ich bin zum Teil in Bremen aufgewachsen,               sche Staatsangehörigkeit. 1997 zog ich mit mei-                 Dabei rede ich mit allen Menschen in der Tür-            wache auf Piratenjagd und machte Urlaub an den
      habe dort Abitur gemacht und Jura studiert.               ner Frau und unseren damals 17 und 14 Jahre al-              kei – von kurdischen Milizionären in Südostanato-           Stränden der international nicht anerkannten Re-
      Heute lebe ich mit 22 Millionen anderen in Me-            ten Kindern nach Ottawa. Seitdem berichte ich                lien und konservativen Ministern in Ankara bis zu           publik. Ich diskutierte mit einem Philosophen, der
      xiko-Stadt und vermisse dort eigentlich nur eine          für den „Weser-Kurier“ aus dem zweitgrößten                  armenischen Erstklässlern und arabischen Zweit-             weder lesen noch schreiben kann, aber eine Philo-
      gute Currywurst und ab und zu, ein Spiel von Wer-         Land der Erde – über Politik, Wirtschaft, Umwelt             frauen. Heute erlebe ich stärker denn je, wie sehr          sophie erfand, auf die Karl Marx stolz gewesen
      der live zu sehen.                                        und Buntes. Kanada stellt mit 35 Millionen Ein-              die Türkei mit ihrem EU-Streben die Gemüter in              wäre. Das somalische Supermodel Waris Dirie be-
         Das journalistische Handwerkzeug habe ich als          wohnern zwar nur 0,5 Prozent der Weltbevölke-                Deutschland und in anderen europäischen Län-                gleitete ich auf der Flucht vor ihrer eigenen Ver-
      Volontär beim Kölner Stadt-Anzeiger erlernt und           rung, aber etwa zwei Drittel der weltweit rund               dern erhitzt – und wie wichtig es ist, dieses Land          gangenheit und spielte Fußball mit Albinos, die
      später bei der französischen Nachrichtenagentur           25 000 Eisbären leben hier. Auch daher hat mich              zwischen Ost und West in all seinen Widersprü-              von Mörderbanden verfolgt werden.
      AFP. Mit Lateinamerika beschäftige ich mich seit          ein Thema in den vergangenen Jahren immer stär-              chen zu verstehen.                  SUSANNE GÜSTEN             Ich komme aus Oyten und habe vor 16 Jahren
      gut 20 Jahren.                    KLAUS EHRINGFELD        ker beschäftigt: die Arktis. Durch Klimawandel                                                                           mein erstes Praktikum beim „Achimer Kurier“ ge-
                                                                und Rohstoff-Nachfrage ist sie zu einem politisch                                                                        macht. Daher freue ich mich, dass meine Ge-
                                                                und wirtschaftlich interessanten Raum gewor-                                                                             schichten heute unter anderem im „Weser-Ku-
                                                                den.                                  GERD BRAUNE                                                                        rier“ erscheinen.                  PHILIPP HEDEMANN

Mais conteúdo relacionado

Destaque

Boe a-2012-3919
Boe a-2012-3919Boe a-2012-3919
Boe a-2012-3919blog11
 
Propuesta_Universidades_AIESEC
Propuesta_Universidades_AIESECPropuesta_Universidades_AIESEC
Propuesta_Universidades_AIESECNathielli Zart
 
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]Arianna Crachiolo
 
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26Yachting.vg
 
Guía del trabajo de titulación
Guía del trabajo de titulaciónGuía del trabajo de titulación
Guía del trabajo de titulaciónWilson Toaquiza
 
Finance data model
Finance data modelFinance data model
Finance data modelsridhark1981
 
Arnold Classic Europe 2011
Arnold Classic Europe 2011Arnold Classic Europe 2011
Arnold Classic Europe 2011Carlos Garcia
 
Productividad colectiva en el Thyssen
Productividad colectiva en el ThyssenProductividad colectiva en el Thyssen
Productividad colectiva en el ThyssenNacho Muñoz
 
HLU Presentation.Email.Secure
HLU Presentation.Email.SecureHLU Presentation.Email.Secure
HLU Presentation.Email.SecureTad Krafft, CEBS
 
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal Development
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal DevelopmentThe extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal Development
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal DevelopmentPeople Development Network
 
Experimentación beneficio mar2014-2
Experimentación beneficio mar2014-2Experimentación beneficio mar2014-2
Experimentación beneficio mar2014-2CamiloMonroyGomez
 
Celebraciones de bodas Malaga Marbella Antequera
Celebraciones de bodas Malaga Marbella AntequeraCelebraciones de bodas Malaga Marbella Antequera
Celebraciones de bodas Malaga Marbella AntequeraMalaga
 
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Roma
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di RomaOrdine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Roma
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Romauniversitaeuropeadiroma
 
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...Senter for IKT i utdanningen, redaksjon
 
Presentation for UMass Workshop
Presentation for UMass WorkshopPresentation for UMass Workshop
Presentation for UMass WorkshopDaisy LaFlamme
 
IMARIS - a comprehensive image processing toolbox
IMARIS - a comprehensive image processing toolboxIMARIS - a comprehensive image processing toolbox
IMARIS - a comprehensive image processing toolboxandortech
 
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...Playbuzz
 
Ofertas Publicas Iniciales Opas
Ofertas Publicas Iniciales OpasOfertas Publicas Iniciales Opas
Ofertas Publicas Iniciales OpasGestioPolis com
 

Destaque (20)

Boe a-2012-3919
Boe a-2012-3919Boe a-2012-3919
Boe a-2012-3919
 
Propuesta_Universidades_AIESEC
Propuesta_Universidades_AIESECPropuesta_Universidades_AIESEC
Propuesta_Universidades_AIESEC
 
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]
2010 tema 01 patología de esófago [modo de compatibilidad]
 
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26
Yachts Docks & Slips Management for Joomla By Latitude 26
 
Guía del trabajo de titulación
Guía del trabajo de titulaciónGuía del trabajo de titulación
Guía del trabajo de titulación
 
Finance data model
Finance data modelFinance data model
Finance data model
 
Arnold Classic Europe 2011
Arnold Classic Europe 2011Arnold Classic Europe 2011
Arnold Classic Europe 2011
 
Productividad colectiva en el Thyssen
Productividad colectiva en el ThyssenProductividad colectiva en el Thyssen
Productividad colectiva en el Thyssen
 
HLU Presentation.Email.Secure
HLU Presentation.Email.SecureHLU Presentation.Email.Secure
HLU Presentation.Email.Secure
 
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal Development
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal DevelopmentThe extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal Development
The extra mile magazine june 2013, Leadership, HR and Personal Development
 
Experimentación beneficio mar2014-2
Experimentación beneficio mar2014-2Experimentación beneficio mar2014-2
Experimentación beneficio mar2014-2
 
Celebraciones de bodas Malaga Marbella Antequera
Celebraciones de bodas Malaga Marbella AntequeraCelebraciones de bodas Malaga Marbella Antequera
Celebraciones de bodas Malaga Marbella Antequera
 
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Roma
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di RomaOrdine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Roma
Ordine degli Studi - Ambito di PSICOLOGIA - Università Europea di Roma
 
Chef-Hisham2
Chef-Hisham2Chef-Hisham2
Chef-Hisham2
 
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...
Avdekking, håndtering og oppfølging av digital mobbing: Fandrem og Larsen #di...
 
Presentation for UMass Workshop
Presentation for UMass WorkshopPresentation for UMass Workshop
Presentation for UMass Workshop
 
IMARIS - a comprehensive image processing toolbox
IMARIS - a comprehensive image processing toolboxIMARIS - a comprehensive image processing toolbox
IMARIS - a comprehensive image processing toolbox
 
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...
[Webinar] How to Use Interactive Elements in Your Articles to Maximize Engage...
 
KM Case Study - Texaco
KM Case Study - TexacoKM Case Study - Texaco
KM Case Study - Texaco
 
Ofertas Publicas Iniciales Opas
Ofertas Publicas Iniciales OpasOfertas Publicas Iniciales Opas
Ofertas Publicas Iniciales Opas
 

Reporter, die die Welt erklären

  • 1. MONTAG 20. FEBRUAR 2012 Thema 3 WELTREPORTER: DEUTSCHE JOURNALISTEN BERICHTEN VON DEN WICHTIGSTEN PUNKTEN DER ERDE Reporter, die die Welt erklären Für Zeitungen und Zeitschriften, für On- Großereignissen für Telefonschalten auf lineportale, Radio- und Fernsehsender ist die Kollegen zurück, auch Enzyklopädien die Korrespondentenvereinigung „Weltre- wie der Brockhaus bestellen Beiträge bei porter.net“ zu einem Segen geworden. den Weltreportern. Zudem sind einige der Was einst als Idee von Journalistenschü- Korrespondenten Buchautoren, liefern Hin- lern begann, hat sich zu einem hochkaräti- tergrundberichte für deutsche und interna- gen Netzwerk entwickelt, das die Welt um- tionale Magazine. „Nur mit seinem eige- spannt. Außerhalb von Deutschland kann nen Namen in den Redaktionen bekannt heute nur noch wenig passieren, ohne zu sein, ist schwierig. Das Netzwerk hilft dass ein kompetenter, landeskundiger enorm, die Wahrnehmung zu erweitern“, Journalist vor Ort wäre. sagt Jürgen Stryjak, Weltreporter in Kairo. Mittlerweile stehe Weltreporter.net für VON K LAUS E HRINGFELD höchste Qualität in der Auslandsberichter- stattung. Doch die Bedingungen dafür wer- hilipp Hedemann saß gerade mit ei- den zunehmend schwieriger, weil die Me- P nem Kollegen in einem Restaurant, als der Anruf kam. „Fünf Touristen in der Danakil-Wüste im Nordosten Äthiopiens erschossen. Vielleicht Deutsche unter den Opfern“, teilte eine auf- geregte Informantin mit. Der gemütliche Abend Mitte Januar in der äthiopischen Klaus Ehringfeld Gerd Braune Susanne Güsten Philipp Hedemann dien kaum noch bereit sind, für gute Arbeit angemessenes Geld zu zahlen. Im Gegen- teil: Während die Honorare klein bleiben, werden die Ansprüche immer größer. „Konflikte fallen nicht vom Himmel“ Die Stärke der Reporter ist es, vor Ort zu Hauptstadt Addis Abeba endete, bevor er sein, wenn irgendwo etwas passiert. So wie richtig begonnen hatte. Und es folgten die Hedemann in Äthiopien oder die fünf Welt- arbeitsreichsten 24 Stunden im Leben des reporter, die den arabischen Frühling er- Afrika-Korrespon- lebt und darüber berich- denten Hedemann. tet haben. „Konflikte fal- Die Entführung len nicht vom Himmel“, bedeutete für den sagt Karim El-Gawhary, Journalisten und einer der wenigen sein Berichtsgebiet, Stockholm deutschsprachigen Jour- einen kurzen Augen- Oslo nalisten, die aus Tunis, blick der Zeitge- Kopenhagen Moskau Kairo, Bengasi und Tri- schichte im Zentrum London Warschau polis von den Aufstän- der medialen Auf- Paris Prag den gegen die Autokra- Ottawa merksamkeit zu stehen. Trotz gekentertem Belgrad ten berichtet haben. Doch Auslandsbericht- Almaty Kreuzfahrtschiff, Euro-Krise und Theater Barcelona Istanbul erstattung sei zunehmend Feuerwehrar- um den Bundespräsidenten wollten die Los New York beit – Medien sendeten ihre Leute erst, Peking deutschen Medien Hintergründe der Ver- Angeles Washington DC wenn es brenne. „Die Weltreporter hinge- schleppung wissen, Ursachen und Auswir- Tel Aviv Bagdad gen kennen sich in ihren Berichtsgebieten kungen erklärt haben. Hedemann rief Kairo Shanghai gut aus, sprechen die Landessprache, ha- noch nachts den äthiopischen Regierungs- Taipei ben Kontakte und kennen die Hinter- sprecher an, setzte erste Meldungen ab, gründe. Daher können sie die Ereignisse Mexiko- und das große Nachrichtenrad begann sich einordnen“, betont El-Gawhary. Stadt zu drehen. Bangkok Manila In den vergangenen Jahren war fast im- „Am nächsten Morgen meldeten sich un- Addis Abeba mer einer von ihnen dort, wohin gerade die ter anderem ARD, Phoenix, ORF, Funk- Welt schaute: 2004 beim Tod von Jassir Ara- haus Europa und N24 bei mir und wollten ÄQUATOR fat, beim großen Tsunami im Indischen Live-Schalten zu den Hintergründen des Nairobi Ozean im gleichen Jahr, 2007 in Kenia bei Anschlags“, sagt Hedemann. Neben Ra- Recife den Unruhen nach den Wahlen, beim Erd- dio- und Fernsehsendern bestellten auch Jakarta beben in Haiti und der Rettung der chileni- zahlreiche Zeitungen und Onlineportale schen Minenarbeiter 2010, beim Erdbeben wie „Welt“, „Spiegel Online“ und der „We- in Neuseeland und dem Tsunami in Japan ser-Kurier“ Texte bei ihm. Der 32-Jährige 2011, bei den Moskauer Massendemonstra- ist einer der wenigen deutschsprachigen Weltstädte, Wirtschafts- tionen im vergangenen Dezember. Korrespondenten im Osten Afrikas. Die zentren, Krisenherde – Johannesburg Die Korrespondenten stehen auch für die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat eine zusammen decken Durban Kollegen ein: Marcus Bensmann, Weltre- Mitarbeiterin in Äthiopien, aber die großen 40 Weltreporter die Buenos Aires porter in Zentralasien, elektronischen und Printmedien sitzen in wichtigsten Orte der Sydney wurde vor vier Jahren in Südafrika, Uganda oder Kenia. Weit weg Erde ab. Christ- der kasachischen Haupt- also. church stadt Astana bei den Vor- FOTOS: FR, PRIVAT Wie die meisten freien Journalisten war bereitungen zu Drehar- auch Hedemann Einzelkämpfer, bis er vor © WESER-KURIER · JUNG beiten für den „Weltspie- zehn Monaten beim Korrespondentennetz- gel“ der ARD überfal- werk „Weltreporter.net“ Mitglied wurde. len, bewusstlos geschla- In den Stunden und Tagen der Entführung gen und ohne Schuhe, hat er erfahren, wie hilfreich ein Netzwerk sind – so wie Philipp Hedemann in Äthio- portervereinigung dann offiziell. In den fol- net statt. Einmal im Jahr gibt es ein Treffen Handschuhe und Jacke bei minus 25 Grad sein kann: „Nachdem ich die ersten Mel- pien oder die Kollegen im kanadischen Ot- genden Wochen und Monaten berichteten in Deutschland. Wer Mitglied werden ausgesetzt. Seine Hände und Füße waren dungen geschrieben hatte, habe ich unsere tawa, im kasachischen Almaty oder mitten zahlreiche Medien über das erste Netz möchte, muss sich bewerben. Genommen schwarz gefroren, das Gesicht zerschmet- Geschäftsstelle in Hamburg kontaktiert. in Bagdad. Eines haben alle 40 gemeinsam: freier Auslandskorrespondenten deutscher werden aber längst nicht alle, die Aufnah- tert, der Körper mit Trittwunden übersät. Obwohl es bereits mitten in der Nacht war, Sie arbeiten freiberuflich. Das heißt: im We- Sprache. In den ersten acht Wochen bewar- mekriterien sind streng: Ist der Bewerber Der WDR half dabei, dass er unverzüglich verschickte unsere Geschäftsführerin ei- sentlichen ohne festes Einkommen. Sie le- ben sich 60 freie Korrespondenten. „Trotz ein guter Schreiber? Wie lange ist er schon in ein Spezialkrankenhaus nach Deutsch- nen aktuellen Newsletter an die deutschen ben von den Aufträgen, die sie bekommen. Globalisierung und Internationalisierung vor Ort? All das fließt in die Entscheidung land geflogen wurde. Finger und Zehen Redaktionen.“ So wussten Zeitungen, Ma- Die Mitglieder unterstützen sich zwar, ar- schlossen damals immer mehr Medien ihre ein. Am Ende stimmen alle 40 ab. konnten gerettet werden. „Die Weltrepor- gazine, Radio- und Fernsehsender in beiten aber unabhängig. Jeder legt seine Auslandsbüros. Wir waren uns deshalb si- Das Netzwerk ist dynamisch. Jedes Jahr ter haben mir ein festes Solidaritätsnetz ge- Deutschland, Österreich, Luxemburg und Konditionen individuell fest. cher, dass unsere Dienste gefragt sein wür- kommen mehrere neue Reporter dazu, an- sponnen, das mir erlaubte, mich auf meine der Schweiz, wie sie auch ohne einen eige- Die Idee zu dem Netzwerk hatten vor den. Vernetzt und mit einer gemeinsamen dere verlassen den Verbund, mal aus per- Genesung zu konzentrieren, ohne Angst nen Korrespondenten an zuverlässige Infor- acht Jahren vier Absolventen der Deut- Plattform kommt man einfach weiter denn sönlichen Gründen, mal aus beruflichen. vor dem wirtschaftlichen Ruin zu haben“, mationen kommen konnten. schen Journalistenschule in München, die als Einzelkämpfer“, sagt Silvia Feist. Ein Weltreporter ging vor Kurzem als Re- sagt Bensmann. Im Herbst 2009 kehrte er als Freie Reporter in Südafrika, Russland, An den Start gingen die Weltreporter zu- dakteur zur „Zeit“. Andere arbeiten heute wieder nach Zentralasien zurück. Dort sein, wo andere nicht sind El Salvador und wie Janis Vougioukas in nächst mit knapp 20 Mitgliedern. Seither für Stiftungen oder Forschungseinrichtun- Sein Fall zeigt, wie wichtig es ist, sich zu Fast überall sitzt ein Korrespondent des Shanghai, China, saßen. Von dort schrieb wächst der Zusammenschluss ständig. Neu- gen. Auch von den Gründern sind manche organisieren. „Wenn sich die Redaktionen Netzwerks. Weltreporter, das sind 40 freie Vougioukas auf der Suche nach Mitstrei- linge im Korrespondentengeschäft sind nur noch Ehemalige. Silvia Feist ist heute immer weniger feste Korrespondenten leis- Journalisten, die von Los Angeles bis tern E-Mails in die Welt, rief Korresponden- ebenso dabei wie Arrivierte, Aussteiger stellvertretende Chefredakteurin beim ten, lagern sie damit auch Risiken an die Christchurch und von Buenos Aires bis ten in Ägypten und New York an. Silvia aus Festverträgen, ehemalige ARD-Korres- Frauenmagazin „emotion“ in Hamburg. Ja- Freien aus“, sagt Marc Engelhardt, Vor- Stockholm aus der ganzen Welt berichten. Feist, damals Autorin in den USA, erinnert pondenten, Ex-Zeitungs- und Magazinre- nis Vougioukas ist noch immer in China, ar- standschef des Netzwerks. Und gerade die Jeder Kontinent ist abgedeckt, jedes Me- sich: „Ich bekam im Frühjahr 2004 eine dakteure sowie Journalisten, die ihr Glück beitet aber seit drei Jahren fest als Ost- Weltreporter arbeiten auch in Ländern, die dium wird bedient. Dabei sind nicht nur die E-Mail von Janis. An dem Tag gingen fast im Ausland probieren wollen. Viele sind asien-Korrespondent für den „stern“. wie Mexiko und Irak zu den gefährlichsten klassischen Korrespondentenplätze wie 30 E-Mails zwischen New York und Shang- von allem ein bisschen was. Das Netz funk- In den acht Jahren ihres Bestehens ha- für Medienschaffende zählen. „Sie garan- Washington, Paris oder Moskau besetzt. hai hin und her. Mitten in der Nacht haben tioniert im Wesentlichen virtuell. Längst ben sich die Weltreporter in den Redaktio- tieren auch unter schwierigsten Bedingun- Die Stärke der Weltreporter besteht gerade wir dann erstmals miteinander telefoniert.“ nicht alle kennen sich persönlich, fast die nen einen Namen erarbeitet. Viele Fernseh- gen verlässlichen und guten Inhalt aus darin, auch dort zu sein, wo andere nicht Im September 2004 gründete sich die Re- gesamte Kommunikation findet übers Inter- sender greifen bei Naturkatastrophen oder dem Ausland.“ Hier fehlen Werder Im weiten Ein Land mit Von Oyten auf den und Currywurst Eisbärenland Widersprüchen schwarzen Kontinent Mexiko-Stadt. Für den „Weser-Kurier“ und an- Ottawa. Ich wollte noch einmal etwas ganz ande- Istanbul. Ich habe in Westafrika, den USA, Bonn Addis Abeba. „Geschichten aus Afrika verkaufen dere Zeitungen berichte ich seit gut zehn Jahren res machen, nachdem ich Lokalredakteur, und Berlin gelebt – und nun seit 15 Jahren in Istan- sich nicht. Was willst Du da?“ Als ich im März über die Vorkommnisse in Lateinamerika. Von A AP–Korrespondent für Hessen und Rheinland- bul. In diesen Jahren habe ich die Türkei kreuz 2010 als freier Korrespondent nach Äthiopien wie Argentinien bis V wie Venezuela betreue ich Pfalz und Nachrichtenredakteur bei der „Frank- und quer durchstreift auf meinen Recherchen: zog, waren die meisten meiner Kollegen skep- dabei gut 20 Staaten und schreibe über alles Be- furter Rundschau“ war. Ich wollte den Traum vie- von Knidos bis Kars, von Antakya bis Edirne und tisch. Auch ich wusste nicht, ob es funktioniert. richtenswerte: über den Drogenkrieg in Mexiko, ler Journalisten verwirklichen und als Auslands- von Bozcaada bis Van. Ich habe Katastrophen mit- Nach fast zwei Jahren kann ich sagen: Es funktio- das Erdbeben in Haiti, das Ölfieber der kubani- korrespondent arbeiten. Infrage kam nur eine frei- erlebt wie das Erdbeben 1999, den Kurdenkon- niert. Mit dem Arabischen Frühling im Norden, schen Regierung und die chilenischen Studenten- berufliche Tätigkeit in einem Land, wo sich Kor- flikt von den härtesten Kriegsjahren über die Er- der Fußballweltmeisterschaft im Süden, der proteste. Dabei bediene ich nicht nur die klassi- respondenten nicht auf die Füße treten: Kanada. greifung von PKK-Chef Öcalan und die Reform- schlimmsten Dürre seit 60 Jahren im Osten und schen Korrespondenten-Ressorts Politik, Ver- Meine persönliche Bindung an Kanada will ich phase bis zur erneuten Eskalation. Und ich habe politischen Unruhen im Westen bin ich zudem mischtes und Wirtschaft, sondern schreibe auch nicht verschweigen: Meine Eltern lebten in den den Kulturkampf zwischen den alten kemalisti- auch in einer spannenden Zeit gekommen. Aller- für die Kultur über Drogenliteratur und für den 50er-Jahren in Toronto. Dort wurde ich 1954 gebo- schen Eliten und der neuen fromm-konservativen dings bietet der Kontinent auch sonst spannende Sport über die WM-Qualifikation in Südamerika. ren und habe daher die deutsche und die kanadi- Mittelschicht von Anfang an begleitet. Geschichten. Ich ging mit der somalischen Küsten- Ich bin zum Teil in Bremen aufgewachsen, sche Staatsangehörigkeit. 1997 zog ich mit mei- Dabei rede ich mit allen Menschen in der Tür- wache auf Piratenjagd und machte Urlaub an den habe dort Abitur gemacht und Jura studiert. ner Frau und unseren damals 17 und 14 Jahre al- kei – von kurdischen Milizionären in Südostanato- Stränden der international nicht anerkannten Re- Heute lebe ich mit 22 Millionen anderen in Me- ten Kindern nach Ottawa. Seitdem berichte ich lien und konservativen Ministern in Ankara bis zu publik. Ich diskutierte mit einem Philosophen, der xiko-Stadt und vermisse dort eigentlich nur eine für den „Weser-Kurier“ aus dem zweitgrößten armenischen Erstklässlern und arabischen Zweit- weder lesen noch schreiben kann, aber eine Philo- gute Currywurst und ab und zu, ein Spiel von Wer- Land der Erde – über Politik, Wirtschaft, Umwelt frauen. Heute erlebe ich stärker denn je, wie sehr sophie erfand, auf die Karl Marx stolz gewesen der live zu sehen. und Buntes. Kanada stellt mit 35 Millionen Ein- die Türkei mit ihrem EU-Streben die Gemüter in wäre. Das somalische Supermodel Waris Dirie be- Das journalistische Handwerkzeug habe ich als wohnern zwar nur 0,5 Prozent der Weltbevölke- Deutschland und in anderen europäischen Län- gleitete ich auf der Flucht vor ihrer eigenen Ver- Volontär beim Kölner Stadt-Anzeiger erlernt und rung, aber etwa zwei Drittel der weltweit rund dern erhitzt – und wie wichtig es ist, dieses Land gangenheit und spielte Fußball mit Albinos, die später bei der französischen Nachrichtenagentur 25 000 Eisbären leben hier. Auch daher hat mich zwischen Ost und West in all seinen Widersprü- von Mörderbanden verfolgt werden. AFP. Mit Lateinamerika beschäftige ich mich seit ein Thema in den vergangenen Jahren immer stär- chen zu verstehen. SUSANNE GÜSTEN Ich komme aus Oyten und habe vor 16 Jahren gut 20 Jahren. KLAUS EHRINGFELD ker beschäftigt: die Arktis. Durch Klimawandel mein erstes Praktikum beim „Achimer Kurier“ ge- und Rohstoff-Nachfrage ist sie zu einem politisch macht. Daher freue ich mich, dass meine Ge- und wirtschaftlich interessanten Raum gewor- schichten heute unter anderem im „Weser-Ku- den. GERD BRAUNE rier“ erscheinen. PHILIPP HEDEMANN