1. PHILOSOPHIE UND DIGITALE SPIELE:
Final Fantasy
Zelda
World of Warcraft
<<OH SNAP!>>
THIS IS DEEP THINKING
2. AGENDA
1. Vorstellung des Referenten
2. Philosophie und digitale Spiele
3. What is Karl‘s Final Fantasy?
4. Zelda‘s Minish Cap im Utopie-Check
5. Beware of Ninjas in World of Warcraft!
6. Q&A
3. SPIELBEZIEHUNGEN VON RUDOLF INDERST
Digitale
Spiele
Privatleben
(Spieler seit ca.
30 Jahren)
Publizistisches
(Autor & Hrsg.)
Berufliches
(Ausbildung und
Arbeit als PR-
Manager)
Wissenschaft
(Promotion
Game Studies)
4. DER BEGRIFF „DIGITALES SPIEL“
• Ein digitales Spiel ist ein formales, zeichenausgebendes System.
• Spieler begeben sich in einen Spielrahmen, interpretieren diese Zeichen
und agieren im Rahmen der vom System gegeben
Handlungsmöglichkeiten.
• Eine so entstehender Feedback-Loop (Input-Output-Circle) kreiert das so
genannte „Gameplay“.
5. WORAN SIND PHILOSOPHEN BEI DIGITALEN
SPIELEN INTERESSIERT?
• Analytisch denken und Spiel-Texte genau lesen
• Argumentationsstrukturen kritisch zu analysieren
• Eigene Argumente kreativ zu entwickeln
• Neue Themenfelder selbstständig zu erarbeiten
• Komplexe Sachverhalte zu präsentieren
• Weiterfragen und lernen, sich nicht einfach mit dargebotenen
Lösungen zufrieden zu geben.
6. WHAT IS KARL‘S FINAL FANTASY?
Karl Marx 1818 - 1883 Final Fantasy 1987 - heute
7. EINSTIEG ZU EINER REISE ERSTER KLASSE?
Die, die nur auf Dächern Theater in Alexandria sehen: „Proletariat Patrons‘ Movement“
8. HINTERGRUND: DIE KLASSENGESELLSCHAFT
• Gesellschaft und Geschichte sind gekennzeichnet vom Klassenkampf
• Im Klassenkampf tritt das Proletariat gegen die Bourgeoisie an,
nachdem sich beide Parteien ihrer Klasse bewusst geworden sind
• Der Klassenkampf wird um die Verteilung von Produktionsmittel
geführt
• Proletarier verkaufen ihre Arbeitskraft
• Kapitalisten (Bourgeoisie) sammeln Reichtum an
• Der Klassenkampf endet mit der Einführung des Kommunismus
• Kommunismus bedeutet eine klassenlose Gesellschaft
11. DIALEKTISCHE MATERIALISMUS DURCH GAMEPLAY
• Gesellschaften ändern sich durch Klassenkämpfe um ökonomische
Interessen von Kollektiven
• Übertragen auf Final Fantasy bedeutet das: Spieler verändern durch
ihre Führen der Heldengruppe die soziale und gesellschaftliche
Realität der Spielwelt
• Diese Lesart unterstützend: Oftmals ziehen die zu Beginn
unterlegenen Helden gegen einen übermächtigen ökonomischen,
politischen oder religiösen Widersacher ins Feld
• Nicht immer ist der finale Sieg im Spiel auch eine Eintrittskarte in ein
klassenloses Zeitalter, aber auch Marx beschreibt unterschiedliche
Epochen bis zur sozialen Utopie
12. ÄNDERUNG? JA! STRUKTURÄNDERUNG? NEIN!
• Viele der Helden aus Final Fantasy (z.B. Zidane oder Vaan) sind im
Herzen nobel, aber keine marxistischen Vorreiter
• Statt einer strukturellen Änderung des politischen Systems machen
sie Änderungen an Personen oder Institutionen fest (Austausch des
korrupter Herrschers)
• Der Grund: Ihr Klassenbewusstsein hat sich noch nicht entwickelt.
• Das bedeutet: Die nächste historische Entwicklungsstufe mit Ziel
Kommunismus kann noch nicht stattfinden.
13. DIE FINALE FANTASIE BLEIBT BISHER UTOPIE
• Keiner der Final-Fantasy-Teile hat bisher die marxistischen
Entwicklungsstufen bis hin zur klassenlosen Gesellschaft durch
exerziert:
• Die Spielewelt hat noch kaum industrielle Ansätze
• Die Spielewelt lehnt die Industrialisierung ab (Final Fantasy X)
• Die Spielewelt steht kurz davor, industriell richtig loszulegen (Final
Fantasy IX)
• Die Spielewelt entdeckt die Industrialisierung wieder für sich (Final
Fantasy X2)
16. DIE KLEINE UTOPIE-GESCHICHTE
• Begriffsprägung: Roman „Utopia“ von Thomas Morus 1516
• Utopia = wörtlich: kein Ort, nirgends
• Utopia = heute begriffen als der beste aller Plätze
• Denker bastelten ideale Orte schon früher, z.B. Platon in seiner
Politeia
• Platons Utopia ist ein dreiständiger Stadtstaat: Führer – Wächter -
Arbeiter
17. THE MINISH CAP DURCH PLATONS AUGEN
• Die Gemeinsamkeiten sind überschaubar:
• Die Königsfamilie und der innere Zirkel stellen Führer dar
• Wächter sind ebenfalls anwesend
• Produktivkräfte sind auch vorhanden: Markthändler / Handwerker
• Bildung spielt eine große Rolle – Schulen sind vorhanden
• Hyrule ist aber mehr als das platonische Ideal: keine Sklaverei,
absolute Gleichberechtigung von Mann und Frau, durchlässige soziale
Klassen und Ansätze von demokratischen Entscheidungsprozessen
18.
19. ARISTOTELES GEFÄLLT‘S AUCH!
• Aristoteles wäre begeistert von der Stadtgestaltung und Lage.
• In seiner Politik äußert er sich über die perfekte Polis.
• Meine Mutmaßung: Zeldas Stadtplaner müssen das Werk studiert
haben
• In Minish Cap erleben eine Hyrule-Stadt, die groß genug ist, um
unabhängig bestehen zu können, aber klein genug ist, um
Gemeinschaftlichkeit zu fördern und pflegen
• Die Stadt ist nah genug am Wasser um Handel über Häfen zu
ermöglichen
• Die Verteidigung der Gemeinde ist ebenso gut möglich
20. SPRICH MICH ÄSTHETISCH AN, ZELDA!
• „Durch Schönheit gelangen wir zur Freiheit!“ (Schiller)
• Allgemeiner Anspruch: Der beste aller Plätze muss ein „schöner“ sein.
• Vorbild: Garten Eden
• Hyrule ist das Echo der Schriften von Theocritus, Virgil und Cattullus
• Das Konzept: Mensch und Natur im Einklang
• The Minish Cap – ein Land in ewigem Sonnenschein, fast unberührt,
Warenkreisläufe wirken lokalharmonischst
• Auch die Zelda-Geographie steckt voller zeitloser, entrückter
Ortsbezeichnungen – The Trilby Highlands, The Castor Wilds oder
Veil Falls
22. NINJAS...I HATE THOSE GUYS!
• Ninjas sind „Diebe“ in virtuellen Spielwelten
• Sie entwenden Gegenstände, die entweder bereits anderen
zugesprochen wurden oder noch nicht von einer Gruppe inspiziert
werden konnten
• Ninjas zu identifizieren ist schwierig: Namens- oder Serverwechsel
erschweren die „Jagd“
23.
24. KEINER MAG NINJAS...AUSSER IM FILM
• Ninjas sind aufgrund ihrer als asozial wahrgenommenen Spielweise
unbeliebt
• Moralphilosophen kümmern sich aber nicht um Fragen der Beliebtheit
• Moralphilosophen fragen nach moralisch richtigem oder falschem
Verhalten
• Ist Ninja-Verhalten in MMORPGs eine moralisch falsche Handlung?
• Die einfache Antwort: Ja (Stehlen ist moralisch falsch).
• Die einfache Antwort: Nein (Es ist ein Spiel. Virtuelle Items sind keine
echten Items. Es KANN also nicht gestohlen, was nicht echt ist).
25.
26. CHALLENGE ACCEPTED!
Die Herausforderung lautet:
• Wir wollen eine Ethik-Theorie finden, die besagt, dass Ninja-Verhalten
in MMORPGS moralisch falsch ist.
• Werfen wir dazu zunächst einen Blick auf die beiden ethischen
Schwergewichte Utilitarismus und Deontologie
27. UTILITARISMUS
• Begründer: der britische Philosoph John Stuart Mill
• Unterscheidung zwischen Handlungs- und Regel-Utilitarismus
• Handlungs-Utilitarismus: Die Moralität einen Handlung bemisst sich
ausschließlich an ihren Konsequenzen.
• Ergibt die Handlung für eine Mehrheit ein Wohlergehen, ist die
Handlung moralisch gut.
• WoW-Beispiel: Medivh öffnet Dunkles Portal mit guten Absichten,
bringt aber über Mehrheit der Beteiligten Leid – ergo eine moralisch
falsche Handlung.
28. UTILITARISMUS
• Regel-Utilitarismus erweitert den Zusammenhang von der Tat auf die
Regel
• Bsp: Diebstahl von Napoleons Sarg für die eigene Bibliothek macht
Mehrheit unglücklich. Ersetze ich das Original aber mit
originalgetreuen Fälschung, ist die Mehrheit glücklich – ergo moralisch
richtig.
• Regel-Utilitaristen erklären nun die Regel zu klauen als moralisch
falsch, da sie die Mehrheit in ihrem Wohlergehen beeinträchtig.
29. DEONTOLOGIE
• Hier zählt die Handlung selbst, nicht die Konsequenz
• Zurückführbar auf Immanuel Kant und seinen Kategorischen Imperativ
• Zwei Aspekte des Kategorischen Imperativs zählen für uns:
• 1. Aus unserem Handeln müssen sich universelle Gesetze entwickeln
lassen
• 2. Wir dürfen einen moralischen Agenten (vernunftbegabter Mensch)
nicht für unsere Absichten / Ziele missbrauchen
30. DEONTOLOGIE
• Stehlen ist für Deontologen moralisch falsch.
• Aus dem Akt des Stehlens kann erstens kein universelles Gesetz
entwickelt werden, privates Eigentum würde so ad absurdum geführt
werden. Für das Konzept „Stehlen“ ist dies aber notwendig –
inkonsistent
• Zweitens behandelt man den Bestohlenen nicht als moralischen
Agenten, der selbst hätte entscheiden können, dem Dieb das Gut
auszuhändigen.
31.
32. AUF ZUM ENDSPURT:
DIGITALE GÜTER VS VIRTUELLE GÜTER
• Digitale Güter: WoW-Accounts, MP3, Filme – können außerhalb der
Spielwelt benutzt werden
• Sowohl Regel-Utilitaristen als auch Deontologen beurteilen Software-
Piraterie übrigens als moralisch falsch.
• Virtuelle Güter: Items, Spielwährung – können außerhalb der
Spielewelt nicht benutzt werden bzw. sind auf die Existenz der
virtuellen Welt angewiesen
• Auf virtuelle Güter von extern einwirken hat einen Namen: Cheating
• Weder die Spielfigur noch der Spieler besitzen virtuelle Güter; der
Besitzer heißt Blizzard.
34. DES RÄTSELS LÖSUNG 01
• Wäre Ninja-Verhalten ein nicht-virtuelles Phänomen, wäre die
Einschätunz klar: Sowohl Regel-Utilitaristen als auch Deontologen
hielten das Verhalten aus den erklärten Gründen für moralisch falsch.
• Das Problem: In digitalen Spielen fehlt der moralische Agent.
• Es gibt nur zwei potentielle moralische Agenten: der Spieler und sein
Charakter
35. DES RÄTSELS LÖSUNG 02
• Der Spieler kann nicht als moralischer Agent herangezogen werden,
schließlich müsste er sonst für jede moralische Handlung Agent sein,
z.B. das „Töten“ von PC und NPC gleichermaßen.
• Der Charakter des Spielers ist ebenso kein moralischer Agent, da er
keine autonomen Entscheidungen fällt.
• Ninja-Verhalten muss aus moralischer Sicht wie eine Naturkatastrophe
behandelt werden – nicht mehr, nicht weniger.