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FAU-Proseminar: Die Copernicanische Wende – Ein Motiv zur Entstehung der
neuzeitlichen Naturwissenschaft, 15. Sitzung, Do 09.02.12, Pierre Leich
_________________________________________________________________



„Rehabilitation“
Bereits Leibniz bemühte sich um eine Rehabilitation der Copernicanischen Theorie
und notiert im Jahr 1699:
      Als ich in Rom war, habe ich mit verschiedenen bedeutenden und einflußreichen
      Männern gesprochen und sie gebeten, sich doch in dieser ganz ungefährlichen Sache
      der Freiheit der Wissenschaft anzunehmen und dafür zu sorgen, daß das Verbot der
      Lehre von der Bewegung der Erde entweder aufgehoben oder doch außer Gebrauch
      gesetzt wird. Ich zeigte, daß es im eigensten Interesse der Römischen Kirche läge,
      sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie beschütze die Unwissenheit und den Irrtum.
      Da jene meine Ratschläge höflich anhörten, so hoffe ich, daß die alte Freiheit
      wiedergewonnen werden kann, deren Unterdrückung so sehr die ausgezeichneten
      Talente unter den Italienern schädigt.1
Erst am 14. Juni 1734 befasst sich das Hl. Offizium wieder mit Galilei wegen der
Beurteilung eines Denkmals in der Kirche Santa Croce für Galilei. Bestellte Gutachter
wollten dem Vorhaben kein Hindernis in den Weg legen, sofern nur die Inschrift der
heiligen Kongregation rechtzeitig bekanntgegeben würde, damit diese darüber
entscheiden könne. Die Kongregation des heiligen Offiziums bestätigte dieses
Gutachten am 16. Juni 1734.2
Am 12. März 1737 wurden die Überreste Galileis mit großer Feierlichkeit und
kirchlichem Gepränge in das neue Mausoleum verlegt3 und mit jenen seines letzten
Schülers Viviani vereinigt, der seinen Erben testamentarisch die Errichtung eines
Denkmals auferlegt hatte.
1744 wurde mit kirchlicher Zustimmung in Padova eine Neuausgabe4 der Werke
Galileis veranstaltet, die neben Urteil und Schwur den Aufsatz „Über das Weltsystem
der alten Hebräer“ des Paters Calmet enthielt, worin die auf unsere Weltordnung sich
beziehenden Stellen der Heiligen Schrift in der herkömmlichen katholischen
Auslegungsweise interpretiert wurden. Im Dialogo wurden stark behauptende
Passagen hypothetisch gefasst.
Am 10.5.1757 beschließt die Indexkongregation, das Dekret von 1616 wegzulassen,
was durch Papst Benedict XIV. am 11. Mai 1757 bestätigt wird. Einige namentlich
aufgeführten Bücher von Copernicus, Kepler, Galilei, Foscarini u.a. bleiben allerdings
verboten bzw. nur mit Verbesserung publizierbar.
1765 gelang es bei seinem Aufenthalt in Rom selbst dem berühmten französische
Astronomen Lalande5 nicht, die Wegstreichung des Galilei’schen Werkes von der
Liste der verbotenen Bücher zu erwirken. Der Kardinal-Präfekt der lndex-Kongregation


1 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 139.
2 Vgl. Karl von Gebler, Galileo Galilei und die römische Curie. Nach den authentischen Quellen, hg.
  v. G. Peers, Essen (erstmals erschienen als Die Acten des Galilei’schen Processes, Stuttgart
  1877), Anhang Dokument XXVIII.
3 Siehe die Exhumationsurkunde, Op. XV. S. 407-409.
4 Opere di Galileo Galilei divise in quattro Tomi, in questa nuova edizione accresciute di molte cose
  inedite, hg. v. Abbate Toaldo, Padova 1744.
5 Vgl. Jérôme de Lalande, Traité d’astronomie, Paris 1792, S. 421.
wandte ein, es liege gegen Galilei ein Urteilsspruch der Kongregation des heiligen
Offiziums vor, der zuerst abgeändert werden müsste. Papst Clemens XIII. schien
zwar geneigt, aber es geschah nichts und so waren selbst bei der Ausgabe des
Index von 1819 jene fünf namentlich genannten Werke aufgeführt.
1820 wendet sich der Priester und Professor der Optik und Astronomie am
Römischen Archivgymnasium Joseph Settele an Papst Pius VII. um Druckerlaubnis
für sein Werk über Optik und Astronomie, welches in seinem zweiten Band die
Bewegung der Erde als Tatsache darstellt. Er führt in seiner Eingabe aus:
      Das kopernikanische System bietet sich heute anders dar als zu der Zeit Galileis, da
      es verurteilt wurde. Seit die Schwere der Luft [durch Torricelli 1643] entdeckt wurde,
      braucht man von der Annahme der Erdbewegung nicht mehr die Absurditäten zu
      befürchten, an die man seinerzeit dachte. Da die Sonne im Brennpunkt  der
      elliptischen Planetenbahnen steht, befindet sie sich nicht im Mittelpunkt der Welt. Da
      sie eine Rotation und vielleicht auch eine Translationsbewegung besitzt, ist sie nicht
      unbeweglich. Bald nach der Verurteilung wurde gestattet, die Lehre des Kopernikus als
      eine Hypothese anzunehmen. […] Nach Galilei sind viele Bücher über die kopernika-
      nische Lehre erschienen, insbesondere die Naturphilosophie Newtons. Sie wurden
      aber nicht verboten. Man müßte also jetzt sagen, daß die Päpste durch anderthalb
      Jahrhunderte hin den Irrtum hätten weiter schleichen lassen, ohne ihm entgegenzutreten.
      Die Nutation, die Aberration, die jährliche Parallaxe der Fixsterne, die Ostabweichung
      beim Fall der schweren Körper sind Tatsachen zugunsten des Kopernikus.6
Der Papst überwies die Appellation an das heilige Offiziums, das in der Sitzung
vom 16. August 1820 entschied, dass Settele in seinem Buch die copernicanische
Meinung als bestimmt aufstellen und behaupten dürfe. Pius VII. approbierte den
Beschluss daraufhin anstandslos. Der Palastmeister Philipp Anfossi wies jedoch
energisch auf den Widerspruch zu dem Dekret vom 5. März 1616 hin.
Dies veranlasste das Kardinalskollegium die Einstellung der Kirche zum wissen-
schaftlich längst etablierten Heliozentrismus zu überdenken. Am 11. September 1822
beschloss das heilige Offizium das folgende Dekret, dem der Papst Pius VII. am 25.
September 1822 seine Zustimmung gab:
      Die erlauchten Kardinäle beschlossen, daß im Sinne der Dekrete der Indexkongre-
      gation von 1757 und 1820, jetzt und künftig der Palastmeister nicht mehr die Pflicht
      hat, die Erlaubnis zum Druck und zur Veröffentlichung solcher Werke zu verweigern,
      welche die Bewegung der Erde und die Ruhe der Sonne gemäß der heute bei
      Astronomen allgemein üblichen Auffassung behandeln, wofern nichts anderes gegen
      diese Werke vorliegt.7
Seit 1835 entfielen im Indexkatalog sämtliche diese Frage behandelnden Schriften
(auch De Revolutionibus und der Dialogo). Ohne Galilei zu erwähnen anerkannte
Papst Leo XIII. am 18.11.1893 in der Enzyklika Providentissimus Deus dessen
Argumente über die Beziehung von Wissenschaft und Offenbarung der Bibel:
      Da eine Wahrheit unmöglich einer anderen Wahrheit widersprechen kann, darf man
      sicher sein, daß ein Irrtum in der Deutung der heiligen Worte oder bei einem anderen
      Diskussionsgegenstand nur behauptet wurde.8



6 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 116f.
7 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 121.
8
  Leonis XIII Pont. Max., Acta, vol. XIII, 1894, S. 361; zitiert nach: Johannes Paul II., Ansprache an
  die Päpstliche Akademie der Wissenschaften am 31. Oktober 1992; in: Johann Dorschner, Der
  Kosmos als Schöpfung, Plauen 1994, S. 221 (erstmals erschienen in L’Osservatore Romano [dt.
  Wochenausgabe], 22. Jg., Nr. 46 vom 13. November 1992, Beitrag XXXVIII, 1992).
Im Jahr 1965 hob Paul VI. beim Zweiten Vatikanischen Konzil den Index librorum
prohibitorum auf.
Kurz nach seinem Amtsantritt bekannte Papst Johannes Paul II. (Wojtyla) am 10.
November 1979, „Galilei hatte – das kann nicht bestritten werden – von Männern und
Einrichtungen der Kirche viel zu leiden“.
In der Gedenkfeier zu Ehren Einsteins 100. Geburtsjahr sagte er weiter:
      Galilei hat wichtige Regeln von erkenntnistheoretischem Charakter formuliert, die sich
      als unentbehrlich erweisen, wenn man die Heilige Schrift und die Wissenschaft in
      Einklang bringen will. In seinem Brief an die Großherzoginmutter von Toskana,
      Christine von Lothringen, bekräftigt er noch einmal die Wahrheit der Schriften: „Nie
      kann die Heilige Schrift lügen, vorausgesetzt allerdings, wir erfassen ihre wahre
      Bedeutung. Letztere ist – wiewohl nicht zu leugnen – sehr verborgen und sehr
      verschieden von jener Bedeutung, die der reine Wortlaut verkündet.“ (Edizione
      Nazionale der Werke Galileo Galilei, Bd. V, S. 315.)
      Galilei führt das Prinzip einer Interpretation der heiligen Bücher ein, die zwar über den
      buchstäblichen Sinn hinausgeht, aber mit der Absicht und der literarischen Art des
      jeweiligen Buches in Übereinstimmung steht. Es sei notwendig, so versichert er, daß
      „die klugen Männer, die sie erläutern“, ihre wirkliche Bedeutung darlegten.
      Die kirchliche Lehre erkennt die Pluralität der Auslegungsregeln für die Heilige Schrift
      an. Seit Pius’ XII. Enzyklika Divino afflante Spiritu lehrt sie sogar ausdrücklich das
      Nebeneinander verschiedener literarischer Stile in den heiligen Büchern und deshalb
      die Notwendigkeit, sie entsprechend des besonderen Charakters eines jeden
      auszulegen.9
Bei einem naturwissenschaftlichen Symposium bemerkte der Papst 1983:
      Der Beistand des Heiligen Geistes garantiert keinerlei Erklärungen über die physische
      Beschaffenheit der Welt.10
Um das gestörte Verhältnis von Wissenschaft und Glauben aufzuarbeiten, wurde auf
Initiative des Papstes am 3.7.1981 eine ‘Kommission zum Studium der Ptolemäisch-
Kopernikanischen Kontroverse im 16. und 17. Jahrhundert’ eingesetzt, die zu einer
Revision des „Falles Galilei“ führen sollte. In vier Arbeitsgruppen wurden die
exegetischen, kulturellen, wissenschaftlichen und rechtsgeschichtlichen Aspekte
beleuchtet.11
Das Abschlusskommuniqué überreichte der Koordinator, Kardinal Paul Poupard,
dem Papst im Rahmen der jährlichen Arbeitstagung der Päpstlichen Akademie der
Wissenschaften am 31. Oktober 1992.
In seiner folgenden Ansprache stellte Johannes Paul II. dem naturwissenschaftlichen
Wissen das Offenbarungswissen gegenüber und empfiehlt in der „hermeneutischen
Frage“ – wie dieses Wissen in Einklang zu bringen sei – Galileis Position wie sie in
den Briefen an Castelli und Christina von Lothringen zum Ausdruck kam: In der
Auslegung der Heiligen Schriften ist ein Irrtum möglich. Hinsichtlich der „pastoralen
Frage“ – wie sich die Kirche Neuem gegenüber verhalten soll, wenn die Botschaft
Gottes berührt scheint – bittet er die Öffentlichkeit um Nachsicht, betrachtet es aber


9 Zitiert nach Emilio Segrè, Die großen Physiker und ihre Entdeckungen. Von den fallenden Körpern
   zu den Quarks, München/Zürich 1997 (erstmals erschienen als From Falling Bodies to Radio
   Waves. Classical Physicists and Their Discoveries, New York 1984), S. 52.
10 Zitiert nach: Hansjakob Strehle, Die Kirche dreht sich doch. Der Fall Galilei - eine verspätete
   Revision, Die Zeit, Nr. 46 (6.11.1992), Hamburg 1992, S. 57, Sp. 1.
11 Paul Poupard, Galileo Galilei: 350 ans d’histoire, Tournai 1983; Galileo Galilei: Toward a
   Resolution of 350 Years of Debate, 1633-1983, Pittsburgh 1987.
als „eine Pflicht der Theologen, sich regelmäßig über die wissenschaftlichen
Ergebnisse zu informieren, um eventuell zu prüfen, ob sie diese in ihrer Reflexion
berücksichtigen oder ihre Lehre anders formulieren müssen.“12 Für die Beziehung
beider Bereiche entwirft er das Bild einer horizontalen Entfaltung in Kultur,
Wissenschaft und Technik sowie eine vertikale Richtung, in der der Mensch die Welt
transzendiere und seine Beziehung zu Gott gestalte.
      Die vom kopernikanischen System hervorgerufene Umwälzung machte also eine
      Reflexion darüber notwendig, wie die biblischen Wissenschaften zu verstehen sind, ein
      Bemühen, das später überreiche Früchte für die modernen exegetischen Arbeiten
      bringen sollte, die ferner in der Konzilskonstitution Dei Verbum eine Bestätigung und
      neuen Impuls erhalten haben. […]
      Wenn die heutige Kultur von einer Tendenz der Wissenschaftsgläubigkeit gekenn-
      zeichnet ist, war der kulturelle Horizont der Zeit des Galilei einheitlich und von einer
      besonderen philosophischen Bildung geprägt. Dieser einheitliche Charakter einer
      Kultur, der an sich auch heute positiv und wünschenswert wäre, war einer der Gründe
      für die Verurteilung des Galilei. Die Mehrheit der Theologen vermochte nicht formell
      zwischen der Heiligen Schrift und ihrer Deutung zu unterscheiden, und das ließ sie
      eine Frage der wissenschaftlichen Forschung unberechtigterweise auf die Ebene der
      Glaubenslehre übertragen.13




12 Johannes Paul II., Schmerzliches Mißverständnis im “Fall Galilei” überwunden, Forschung & Lehre,
   1 (1994), Heft 3, S. 94 (gekürzte Übersetzung aus L’Osservatore Romano, 22. Jg., Nr. 46, Beitrag
   XXXVIII, 13. November 1992).
13 Johannes Paul II., Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften am 31. Oktober
   1992; in: Johann Dorschner, Der Kosmos als Schöpfung, Plauen 1994, S. 219f. (erstmals
   erschienen in L’Osservatore Romano [dt. Wochenausgabe], 22. Jg., Nr. 46 vom 13. November
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Angewandte Philosophie an der Universität Duisburg-Essen.
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Leich fau-ps-copernicanische-wende-handout-15

  • 1. FAU-Proseminar: Die Copernicanische Wende – Ein Motiv zur Entstehung der neuzeitlichen Naturwissenschaft, 15. Sitzung, Do 09.02.12, Pierre Leich _________________________________________________________________ „Rehabilitation“ Bereits Leibniz bemühte sich um eine Rehabilitation der Copernicanischen Theorie und notiert im Jahr 1699: Als ich in Rom war, habe ich mit verschiedenen bedeutenden und einflußreichen Männern gesprochen und sie gebeten, sich doch in dieser ganz ungefährlichen Sache der Freiheit der Wissenschaft anzunehmen und dafür zu sorgen, daß das Verbot der Lehre von der Bewegung der Erde entweder aufgehoben oder doch außer Gebrauch gesetzt wird. Ich zeigte, daß es im eigensten Interesse der Römischen Kirche läge, sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie beschütze die Unwissenheit und den Irrtum. Da jene meine Ratschläge höflich anhörten, so hoffe ich, daß die alte Freiheit wiedergewonnen werden kann, deren Unterdrückung so sehr die ausgezeichneten Talente unter den Italienern schädigt.1 Erst am 14. Juni 1734 befasst sich das Hl. Offizium wieder mit Galilei wegen der Beurteilung eines Denkmals in der Kirche Santa Croce für Galilei. Bestellte Gutachter wollten dem Vorhaben kein Hindernis in den Weg legen, sofern nur die Inschrift der heiligen Kongregation rechtzeitig bekanntgegeben würde, damit diese darüber entscheiden könne. Die Kongregation des heiligen Offiziums bestätigte dieses Gutachten am 16. Juni 1734.2 Am 12. März 1737 wurden die Überreste Galileis mit großer Feierlichkeit und kirchlichem Gepränge in das neue Mausoleum verlegt3 und mit jenen seines letzten Schülers Viviani vereinigt, der seinen Erben testamentarisch die Errichtung eines Denkmals auferlegt hatte. 1744 wurde mit kirchlicher Zustimmung in Padova eine Neuausgabe4 der Werke Galileis veranstaltet, die neben Urteil und Schwur den Aufsatz „Über das Weltsystem der alten Hebräer“ des Paters Calmet enthielt, worin die auf unsere Weltordnung sich beziehenden Stellen der Heiligen Schrift in der herkömmlichen katholischen Auslegungsweise interpretiert wurden. Im Dialogo wurden stark behauptende Passagen hypothetisch gefasst. Am 10.5.1757 beschließt die Indexkongregation, das Dekret von 1616 wegzulassen, was durch Papst Benedict XIV. am 11. Mai 1757 bestätigt wird. Einige namentlich aufgeführten Bücher von Copernicus, Kepler, Galilei, Foscarini u.a. bleiben allerdings verboten bzw. nur mit Verbesserung publizierbar. 1765 gelang es bei seinem Aufenthalt in Rom selbst dem berühmten französische Astronomen Lalande5 nicht, die Wegstreichung des Galilei’schen Werkes von der Liste der verbotenen Bücher zu erwirken. Der Kardinal-Präfekt der lndex-Kongregation 1 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 139. 2 Vgl. Karl von Gebler, Galileo Galilei und die römische Curie. Nach den authentischen Quellen, hg. v. G. Peers, Essen (erstmals erschienen als Die Acten des Galilei’schen Processes, Stuttgart 1877), Anhang Dokument XXVIII. 3 Siehe die Exhumationsurkunde, Op. XV. S. 407-409. 4 Opere di Galileo Galilei divise in quattro Tomi, in questa nuova edizione accresciute di molte cose inedite, hg. v. Abbate Toaldo, Padova 1744. 5 Vgl. Jérôme de Lalande, Traité d’astronomie, Paris 1792, S. 421.
  • 2. wandte ein, es liege gegen Galilei ein Urteilsspruch der Kongregation des heiligen Offiziums vor, der zuerst abgeändert werden müsste. Papst Clemens XIII. schien zwar geneigt, aber es geschah nichts und so waren selbst bei der Ausgabe des Index von 1819 jene fünf namentlich genannten Werke aufgeführt. 1820 wendet sich der Priester und Professor der Optik und Astronomie am Römischen Archivgymnasium Joseph Settele an Papst Pius VII. um Druckerlaubnis für sein Werk über Optik und Astronomie, welches in seinem zweiten Band die Bewegung der Erde als Tatsache darstellt. Er führt in seiner Eingabe aus: Das kopernikanische System bietet sich heute anders dar als zu der Zeit Galileis, da es verurteilt wurde. Seit die Schwere der Luft [durch Torricelli 1643] entdeckt wurde, braucht man von der Annahme der Erdbewegung nicht mehr die Absurditäten zu befürchten, an die man seinerzeit dachte. Da die Sonne im Brennpunkt  der elliptischen Planetenbahnen steht, befindet sie sich nicht im Mittelpunkt der Welt. Da sie eine Rotation und vielleicht auch eine Translationsbewegung besitzt, ist sie nicht unbeweglich. Bald nach der Verurteilung wurde gestattet, die Lehre des Kopernikus als eine Hypothese anzunehmen. […] Nach Galilei sind viele Bücher über die kopernika- nische Lehre erschienen, insbesondere die Naturphilosophie Newtons. Sie wurden aber nicht verboten. Man müßte also jetzt sagen, daß die Päpste durch anderthalb Jahrhunderte hin den Irrtum hätten weiter schleichen lassen, ohne ihm entgegenzutreten. Die Nutation, die Aberration, die jährliche Parallaxe der Fixsterne, die Ostabweichung beim Fall der schweren Körper sind Tatsachen zugunsten des Kopernikus.6 Der Papst überwies die Appellation an das heilige Offiziums, das in der Sitzung vom 16. August 1820 entschied, dass Settele in seinem Buch die copernicanische Meinung als bestimmt aufstellen und behaupten dürfe. Pius VII. approbierte den Beschluss daraufhin anstandslos. Der Palastmeister Philipp Anfossi wies jedoch energisch auf den Widerspruch zu dem Dekret vom 5. März 1616 hin. Dies veranlasste das Kardinalskollegium die Einstellung der Kirche zum wissen- schaftlich längst etablierten Heliozentrismus zu überdenken. Am 11. September 1822 beschloss das heilige Offizium das folgende Dekret, dem der Papst Pius VII. am 25. September 1822 seine Zustimmung gab: Die erlauchten Kardinäle beschlossen, daß im Sinne der Dekrete der Indexkongre- gation von 1757 und 1820, jetzt und künftig der Palastmeister nicht mehr die Pflicht hat, die Erlaubnis zum Druck und zur Veröffentlichung solcher Werke zu verweigern, welche die Bewegung der Erde und die Ruhe der Sonne gemäß der heute bei Astronomen allgemein üblichen Auffassung behandeln, wofern nichts anderes gegen diese Werke vorliegt.7 Seit 1835 entfielen im Indexkatalog sämtliche diese Frage behandelnden Schriften (auch De Revolutionibus und der Dialogo). Ohne Galilei zu erwähnen anerkannte Papst Leo XIII. am 18.11.1893 in der Enzyklika Providentissimus Deus dessen Argumente über die Beziehung von Wissenschaft und Offenbarung der Bibel: Da eine Wahrheit unmöglich einer anderen Wahrheit widersprechen kann, darf man sicher sein, daß ein Irrtum in der Deutung der heiligen Worte oder bei einem anderen Diskussionsgegenstand nur behauptet wurde.8 6 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 116f. 7 Zitiert nach Ludwig Bieberbach, Galilei und die Inquisition, München 1938, S. 121. 8 Leonis XIII Pont. Max., Acta, vol. XIII, 1894, S. 361; zitiert nach: Johannes Paul II., Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften am 31. Oktober 1992; in: Johann Dorschner, Der Kosmos als Schöpfung, Plauen 1994, S. 221 (erstmals erschienen in L’Osservatore Romano [dt. Wochenausgabe], 22. Jg., Nr. 46 vom 13. November 1992, Beitrag XXXVIII, 1992).
  • 3. Im Jahr 1965 hob Paul VI. beim Zweiten Vatikanischen Konzil den Index librorum prohibitorum auf. Kurz nach seinem Amtsantritt bekannte Papst Johannes Paul II. (Wojtyla) am 10. November 1979, „Galilei hatte – das kann nicht bestritten werden – von Männern und Einrichtungen der Kirche viel zu leiden“. In der Gedenkfeier zu Ehren Einsteins 100. Geburtsjahr sagte er weiter: Galilei hat wichtige Regeln von erkenntnistheoretischem Charakter formuliert, die sich als unentbehrlich erweisen, wenn man die Heilige Schrift und die Wissenschaft in Einklang bringen will. In seinem Brief an die Großherzoginmutter von Toskana, Christine von Lothringen, bekräftigt er noch einmal die Wahrheit der Schriften: „Nie kann die Heilige Schrift lügen, vorausgesetzt allerdings, wir erfassen ihre wahre Bedeutung. Letztere ist – wiewohl nicht zu leugnen – sehr verborgen und sehr verschieden von jener Bedeutung, die der reine Wortlaut verkündet.“ (Edizione Nazionale der Werke Galileo Galilei, Bd. V, S. 315.) Galilei führt das Prinzip einer Interpretation der heiligen Bücher ein, die zwar über den buchstäblichen Sinn hinausgeht, aber mit der Absicht und der literarischen Art des jeweiligen Buches in Übereinstimmung steht. Es sei notwendig, so versichert er, daß „die klugen Männer, die sie erläutern“, ihre wirkliche Bedeutung darlegten. Die kirchliche Lehre erkennt die Pluralität der Auslegungsregeln für die Heilige Schrift an. Seit Pius’ XII. Enzyklika Divino afflante Spiritu lehrt sie sogar ausdrücklich das Nebeneinander verschiedener literarischer Stile in den heiligen Büchern und deshalb die Notwendigkeit, sie entsprechend des besonderen Charakters eines jeden auszulegen.9 Bei einem naturwissenschaftlichen Symposium bemerkte der Papst 1983: Der Beistand des Heiligen Geistes garantiert keinerlei Erklärungen über die physische Beschaffenheit der Welt.10 Um das gestörte Verhältnis von Wissenschaft und Glauben aufzuarbeiten, wurde auf Initiative des Papstes am 3.7.1981 eine ‘Kommission zum Studium der Ptolemäisch- Kopernikanischen Kontroverse im 16. und 17. Jahrhundert’ eingesetzt, die zu einer Revision des „Falles Galilei“ führen sollte. In vier Arbeitsgruppen wurden die exegetischen, kulturellen, wissenschaftlichen und rechtsgeschichtlichen Aspekte beleuchtet.11 Das Abschlusskommuniqué überreichte der Koordinator, Kardinal Paul Poupard, dem Papst im Rahmen der jährlichen Arbeitstagung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften am 31. Oktober 1992. In seiner folgenden Ansprache stellte Johannes Paul II. dem naturwissenschaftlichen Wissen das Offenbarungswissen gegenüber und empfiehlt in der „hermeneutischen Frage“ – wie dieses Wissen in Einklang zu bringen sei – Galileis Position wie sie in den Briefen an Castelli und Christina von Lothringen zum Ausdruck kam: In der Auslegung der Heiligen Schriften ist ein Irrtum möglich. Hinsichtlich der „pastoralen Frage“ – wie sich die Kirche Neuem gegenüber verhalten soll, wenn die Botschaft Gottes berührt scheint – bittet er die Öffentlichkeit um Nachsicht, betrachtet es aber 9 Zitiert nach Emilio Segrè, Die großen Physiker und ihre Entdeckungen. Von den fallenden Körpern zu den Quarks, München/Zürich 1997 (erstmals erschienen als From Falling Bodies to Radio Waves. Classical Physicists and Their Discoveries, New York 1984), S. 52. 10 Zitiert nach: Hansjakob Strehle, Die Kirche dreht sich doch. Der Fall Galilei - eine verspätete Revision, Die Zeit, Nr. 46 (6.11.1992), Hamburg 1992, S. 57, Sp. 1. 11 Paul Poupard, Galileo Galilei: 350 ans d’histoire, Tournai 1983; Galileo Galilei: Toward a Resolution of 350 Years of Debate, 1633-1983, Pittsburgh 1987.
  • 4. als „eine Pflicht der Theologen, sich regelmäßig über die wissenschaftlichen Ergebnisse zu informieren, um eventuell zu prüfen, ob sie diese in ihrer Reflexion berücksichtigen oder ihre Lehre anders formulieren müssen.“12 Für die Beziehung beider Bereiche entwirft er das Bild einer horizontalen Entfaltung in Kultur, Wissenschaft und Technik sowie eine vertikale Richtung, in der der Mensch die Welt transzendiere und seine Beziehung zu Gott gestalte. Die vom kopernikanischen System hervorgerufene Umwälzung machte also eine Reflexion darüber notwendig, wie die biblischen Wissenschaften zu verstehen sind, ein Bemühen, das später überreiche Früchte für die modernen exegetischen Arbeiten bringen sollte, die ferner in der Konzilskonstitution Dei Verbum eine Bestätigung und neuen Impuls erhalten haben. […] Wenn die heutige Kultur von einer Tendenz der Wissenschaftsgläubigkeit gekenn- zeichnet ist, war der kulturelle Horizont der Zeit des Galilei einheitlich und von einer besonderen philosophischen Bildung geprägt. Dieser einheitliche Charakter einer Kultur, der an sich auch heute positiv und wünschenswert wäre, war einer der Gründe für die Verurteilung des Galilei. Die Mehrheit der Theologen vermochte nicht formell zwischen der Heiligen Schrift und ihrer Deutung zu unterscheiden, und das ließ sie eine Frage der wissenschaftlichen Forschung unberechtigterweise auf die Ebene der Glaubenslehre übertragen.13 12 Johannes Paul II., Schmerzliches Mißverständnis im “Fall Galilei” überwunden, Forschung & Lehre, 1 (1994), Heft 3, S. 94 (gekürzte Übersetzung aus L’Osservatore Romano, 22. Jg., Nr. 46, Beitrag XXXVIII, 13. November 1992). 13 Johannes Paul II., Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften am 31. Oktober 1992; in: Johann Dorschner, Der Kosmos als Schöpfung, Plauen 1994, S. 219f. (erstmals erschienen in L’Osservatore Romano [dt. Wochenausgabe], 22. Jg., Nr. 46 vom 13. November 1992, Beitrag XXXVIII 1992).