1. Online-Skript
MOOC „Grundlagen des Marketing“
Prof. Dr. Marc Oliver Opresnik
1. Philosophie und Grundlagen
Marketing im originären Sinne ist zunächst einmal nicht als (r)eine Unternehmensfunktion
neben Einkauf, Produktion, Personal, Finanzen etc. zu sehen. Vielmehr ist es als übergeordnete
Philosophie für die ganzheitliche Führung des Unternehmens aufzufassen. Eine rein
funktionale Sicht des Marketing beschränkt dieses auf das Gestalten der Austauschbeziehungen
zwischen Unternehmen und Nachfragern. Demgegenüber umfasst die Sichtweise auf das
Marketing im Sinne der oben stehenden Definition die marktorientierte Koordination aller
betrieblichen Funktionsbereiche eines Unternehmens.
Konkretisierend ist Marketing – im Sinne einer unternehmerischen Denkhaltung – zu
definieren als Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher
Unternehmensaktivitäten, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung des
eigenen Leistungsprogramms an den Wünschen der Kunden, die absatzmarktorientierten
Unternehmensziele zu erreichen.
Die wesentlichen Merkmale des Marketing lassen sich vor dem Hintergrund dieser Definition
wie folgt zusammenfassen:
• Markt- und kundenorientierte Unternehmensführung
• Ausrichtung am Kundennutzen
• Systematischer Planungs- und Entscheidungsprozess
• Suche nach kreativen und innovativen Problemlösungen
• Integration sämtlicher Marketingaktivitäten
Versucht man die verschiedenen Grundhaltungen der Unternehmen gegenüber dem
Absatzmarkt zu verstehen, so hilft ein Blick auf die Entwicklung des Marketing seit den 50er
Jahren:
• Die Produktionsorientierung basiert auf der Marktform des Verkäufermarktes – die
Nachfrage nach einem Produkt übersteigt das Angebot. Es ist zugleich die älteste
Einstellung einer unternehmerischen Grundhaltung gegenüber dem Absatzmarkt. Die
Unternehmen gehen hier davon aus, dass die Abnehmer jene Produkte bevorzugen, die
verfügbar und kostengünstig sind. Im Mittelpunkt der unternehmerischen
Zielsetzungen stehen eine hohe Fertigungseffizienz sowie ein flächendeckendes
Distributionssystem. Ein solches Verhalten konnte man in den 50er Jahren bis in die
70er Jahre in vielen Branchen beobachten. Auch heute gebärden sich Unternehmen vor
allem in Konsumgütermärkten noch so. Ein herausragendes Beispiel hierfür stellen die
Märkte für Konsumelektronik dar. Insbesondere japanische Unternehmen fokussieren
ihre Anstrengungen auf eine Effizienzsteigerung durch Massenproduktion und –absatz
sowie die Senkung der Preise für die Abnehmer.
• Bei der Produktorientierung steht das Produkt als solches im Mittelpunkt der
unternehmerischen Anstrengungen. Es geht darum, Wettbewerbsvorteile und
Absatzerfolg durch eine überragende und fortlaufend verbesserte Qualität zu erzeugen.
Die Gefahr dieser Grundhaltung besteht darin, dass die Produkte „am Markt vorbei“
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entwickelt und verbessert werden. Zu teure oder mit unnötigen, vom Käufer nicht
akzeptierten Merkmalen versehene Produkte können zu einem Verlust von
Wettbewerbsvorteilen führen.
• Die Verkaufsorientierung findet sich in der Marktform des Käufermarktes – die
Nachfrage nach einem Produkt ist geringer als das Angebot. Die Käufer können aus
einer Vielzahl nahezu gleichwertiger Produkte auswählen. Die Anstrengungen des
Unternehmens sind daher auf eine aggressive Vermarktung der Produkte gerichtet.
Intensive Werbung mit plakativen Werbeversprechen sowie persönlicher Verkauf
stehen im Mittelpunkt der Marketingaktivitäten. Die Gefahr einer solchen Grundhaltung
besteht in der Unzufriedenheit der zum Kauf „überredeten“ Kunden. Diese
unzufriedenen Kunden werden gegebenenfalls kein weiteres Mal bei dem
Unternehmen kaufen und geben häufig ihre schlechten Erfahrungen an andere
potentielle Kunden weiter.
• Bei der Grundhaltung der Marketingorientierung stehen – entsprechend der bereits
vorgestellten Definition – die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden im Mittelpunkt des
unternehmerischen Handelns. Im Sinne des unternehmerischen Erfolges gilt es, diese
zu ermitteln und das Angebot unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten darauf
auszurichten.
Der Marketing-Mix, auch als absatzpolitisches Instrumentarium bezeichnet besteht aus den
nachfolgenden Elementen:
• Innerhalb der Produktstrategie werden Entscheidungen im Hinblick auf das Qualitäts-
und Serviceniveau sowie den angestrebten Innovationsgrad der Produkte getroffen. So
wird man im Rahmen einer Präferenz- oder Differenzierungsstrategie qualitativ
hochwertige, stark differenzierte Produkte (Produktdifferenzierungs- und –
variationsstrategien) in Verbindung mit einem hohen Serviceniveau und einem hohen
Innovationsgrad (Pionier-Strategie) anbieten. Wird eine Preis-Mengenstrategie bzw.
Kostenführerschaft verfolgt, werden die Produkte eine durchschnittliche Qualität
aufweisen, das Serviceniveau niedrig und der Innovationsgrad sehr gering sein. Man
wird eher eine Me-too-Strategie (Strategie des späten Folgers) verfolgen.
• In Anhängigkeit von der Positionierung der Produkte geht es im Rahmen der
Preisstrategie um die Festlegung der Preislage bzw. des Preisniveaus. Zu den
Preisstrategien zählen auch Entscheidungen im Hinblick auf die Höhe des Preises bei
Neuprodukten bzw. bei Einstieg in einen neuen Markt sowie die Veränderung des
Preises im Zeitverlauf (Skimming- oder Penetrationsstrategien) bzw. bei Eintritt neuer
Wettbewerber. Es ist auch zu entscheiden, inwieweit in unterschiedlichen Märkten
oder für unterschiedliche Marktsegmente/Zielgruppen unterschiedliche Preise zu
setzen (Preisdifferenzierungsstrategie) oder im Zeit-/Saisonverlauf anzupassen sind
(Preisvariationsstrategie).
• Im Rahmen der Distributionsstrategie ist zunächst zu entscheiden, ob direkte oder
indirekte Vertriebswege bzw. Kombinationen aus beiden genutzt werden sollen. In
Abhängigkeit vom angestrebten Qualitäts- und Serviceniveau sind bei indirektem
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Vertrieb Fragen nach der Auswahl und ggf. qualitativen Förderung von Absatzmittlern
(Selektions- und Entwicklungsstrategien) zu klären.
• Auch die Kommunikationsstrategie wird durch die Ausrichtung auf Qualität oder
Kostenvorteile geprägt. Sie wird bei einer Qualitätsstrategie eher hochwertig und auf
den Aufbau von echten Präferenzen (Markenstrategie) ausgerichtet sein, während eine
Kostenführerschaftsstrategie sehr kostengünstige, grundnutzen- und Kommunikation
bevorzugt.
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