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Berlin/Goslar, 23. Januar 2013
                                                                                  VGT 2/13


51. Deutscher Verkehrsgerichtstag
23. bis 25. Januar 2013 in Goslar


Arbeitskreis II: Minderjährigenschutz versus Schutz der anderen
Unfallbeteiligten – zwei sich ausschließende Prinzipien?


Anwälte: Kinder müssen auch über das 10. Lebensjahr hinaus
besser geschützt werden
Erwachsene Geschädigte können selbst Vorsorge für den Ersatz ihres
Schadens treffen


Goslar/Berlin (DAV). Der Gesetzgeber hat mit der Reform im Jahre 2002 den Schutz der
Kinder bei Unfällen im Straßenverkehr anerkannt und diese im Wesentlichen von einer
Haftung oder Mitverschulden bis zu ihrem 10. Lebensjahr ausgenommen. Kinder können die
Gefahren des Straßenverkehrs als hochkomplexen Vorgang aufgrund ihrer Entwicklung
nicht abschätzen. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen
Anwaltvereins (DAV) sollten der Gesetzgeber und die Rechtsprechung Kinder auch über das
10. Lebensjahr hinaus im Straßenverkehr schützen. Die Überprüfung der Einsichtsfähigkeit
durch das Gericht muss auch über das 10. Lebensjahr hinaus sorgfältig erfolgen und ist in
der Regel durch ein entwicklungspsychologisches Gutachten zu unterstützen. Der
geschädigte Unfallgegner hat selbst die Möglichkeit, sich über Vollkasko- und
Fahrerschutzversicherung den eigenen Sach- und Personenschaden abzusichern.

„Kinder werden mit dem Erreichen des 10. Lebensjahres nicht gleich über Nacht vernünftig“,
erläutert Rechtsanwalt Christian Funk von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.
Warum das sogenannte Stichtagsprinzip gelten solle, dass Kinder unter zehn Jahren nicht
haften, darüber schon, sei nicht nachvollziehbar. Es werde aus den Augen verloren, dass
gerade bei Kindern über zehn Jahren besonders darauf zu achten sei, ob diese die
erforderliche Einsicht zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit hatten. Sie also in der Lage
wären, zum Zeitpunkt des Unfalls die Gefahren und Folgen ihres Handelns zu überblicken.
Die volle Haftung eines Elf- oder Zwölfjährigen, wie manche Richter entscheiden, sei sicher
falsch.

Eine Ausweitung der Verantwortlichkeit der Eltern im Rahmen der Aufsichtspflicht lehnt der
DAV ab, da diese nicht weiterhelfen. Das Risiko der Unfallverursachung durch ein Kind sollte
gerade aus dem Kreis der Familie genommen werden. Bei solchen Überlegungen würde das
Risiko der Unfallversicherung wieder in dem Kreis der Familie landen. Der Schutz des
Kindes erstreckt sich letztlich auch auf den Schutz der Familie.
Der geschädigte Unfallgegner beim Kinderunfall geht schadensrechtlich leer aus, wenn das
Kind noch nicht zehn Jahre ist oder über zehn Jahre nicht die erforderliche Einsichtsfähigkeit
hatte. Er hat allerdings die Möglichkeit, sich selbst über Vollkasko- und
Fahrerschutzversicherung den eigenen Sach- und Personenschaden abzusichern. Auch
bieten private Haftpflichtversicherer Eltern Schutz, indem sie sich nicht auf die
Deliktsunfähigkeit des Kindes berufen, allerdings muss dies in der Regel besonders
vereinbart werden. Daneben treten Sozialleistungsträger für einen Teil der Schäden ein. In
der Diskussion hinsichtlich eines Bedürfnisses, den Geschädigten noch weiter zu schützen,
weist der DAV darauf hin, dass in der Regel der Schaden des Kindes weitaus größer ist als
der Schaden durch das Kind. Eine zusätzliche Absicherung des Geschädigten – sei es durch
eine Verkehrsopferhilfe oder die eigene Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung – kann geprüft
werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass dies immer einen Systembruch darstellt: Es
würde eine Entschädigung geschaffen, wo kein Schadensersatzanspruch nach dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers besteht.

Verkehrsteilnehmer müssen sich darüber bewusst sein, dass sie nach einem Unfall mit
einem Kind ihren Schaden selbst tragen müssen und für diesen Fall im Rahmen der
bestehenden Möglichkeiten Vorsorge treffen. In diesem Zusammenhang weist der DAV
nochmal ausdrücklich darauf hin, dass dies nicht gilt, wenn das Kind vorsätzlich handelt.

Rechtsanwalt Christian Funk ist vor Ort erreichbar unter: 0170 3424026.

Vor Ort mobil erreichbar: Pressesprecher Swen Walentowski, 0177 2111189.

Radio-O-Töne sind unter http://www.davblog.de abzurufen!
__________________________________________________________________________
Für Rückfragen steht Ihnen gerne zur Verfügung: Pressesprecher: Swen Walentowski,
Tel. 0177 2111189, Sekretariat: Katrin Schläfke, Tel.: 030 726152-149,
Fax 030 72615-193, schlaefke@anwaltverein.de
Pressemitteilungen auch im Internet: www.anwaltverein.de

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  • 2. Der geschädigte Unfallgegner beim Kinderunfall geht schadensrechtlich leer aus, wenn das Kind noch nicht zehn Jahre ist oder über zehn Jahre nicht die erforderliche Einsichtsfähigkeit hatte. Er hat allerdings die Möglichkeit, sich selbst über Vollkasko- und Fahrerschutzversicherung den eigenen Sach- und Personenschaden abzusichern. Auch bieten private Haftpflichtversicherer Eltern Schutz, indem sie sich nicht auf die Deliktsunfähigkeit des Kindes berufen, allerdings muss dies in der Regel besonders vereinbart werden. Daneben treten Sozialleistungsträger für einen Teil der Schäden ein. In der Diskussion hinsichtlich eines Bedürfnisses, den Geschädigten noch weiter zu schützen, weist der DAV darauf hin, dass in der Regel der Schaden des Kindes weitaus größer ist als der Schaden durch das Kind. Eine zusätzliche Absicherung des Geschädigten – sei es durch eine Verkehrsopferhilfe oder die eigene Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung – kann geprüft werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass dies immer einen Systembruch darstellt: Es würde eine Entschädigung geschaffen, wo kein Schadensersatzanspruch nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers besteht. Verkehrsteilnehmer müssen sich darüber bewusst sein, dass sie nach einem Unfall mit einem Kind ihren Schaden selbst tragen müssen und für diesen Fall im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten Vorsorge treffen. In diesem Zusammenhang weist der DAV nochmal ausdrücklich darauf hin, dass dies nicht gilt, wenn das Kind vorsätzlich handelt. Rechtsanwalt Christian Funk ist vor Ort erreichbar unter: 0170 3424026. Vor Ort mobil erreichbar: Pressesprecher Swen Walentowski, 0177 2111189. Radio-O-Töne sind unter http://www.davblog.de abzurufen! __________________________________________________________________________ Für Rückfragen steht Ihnen gerne zur Verfügung: Pressesprecher: Swen Walentowski, Tel. 0177 2111189, Sekretariat: Katrin Schläfke, Tel.: 030 726152-149, Fax 030 72615-193, schlaefke@anwaltverein.de Pressemitteilungen auch im Internet: www.anwaltverein.de