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Helaba Volkswirtschaft/Research



                                                   Länderfokus                                                                                         31. Mai 2012




                                                   Irland: Referendum kein Todesstoß für den Euro
                                      Autor:

                        Patrick Franke                Heute stimmt die irische Bevölkerung über den europäischen Fiskalpakt ab. Umfragen lassen
       Telefon: 0 69/91 32-47 38                      erwarten, dass die Iren mehrheitlich zustimmen werden. Selbst im Falle eines „Neins“ würde
              research@helaba.de                      aber lediglich Irland dem Pakt und damit dem dauerhaften Hilfsmechanismus ESM fernblei-
                                                      ben, die Gültigkeit des Pakts im Rest der EU wäre nicht davon betroffen. Trotz der aktuellen
                                                      Nervosität an den Finanzmärkten wären die Iren wohl die Hauptleidtragenden einer Ableh-
                                                      nung. Während die konjunkturelle Lage des Landes nach wie vor schwierig ist, bleibt Irland
                              Redaktion:
                                                      auf seinem erfolgreichen fiskalpolitischen Konsolidierungskurs.
            Dr. Stefan Mitropoulos


                                                   Der Fiskalpakt sieht vor, dass die teilnehmenden EU-Länder ihre Finanzpolitik stärker koordinie-
                          Herausgeber:             ren, sich auf eine nachhaltige Sanierung der Staatshaushalte festlegen und im Zuge dessen Souve-
                                                   ränität abtreten. Obwohl der Fiskalpakt in Irland sehr kontrovers diskutiert wird, werden die Iren
               Dr. Gertrud R. Traud
                                                   seiner Einführung wohl zustimmen. Unter denjenigen Umfrageteilnehmern, die angeben, am Refe-
Chefvolkswirt/Leitung Research
                                                   rendum teilnehmen zu wollen, überstieg zuletzt die Zahl derer, die zustimmen wollen, die der
Landesbank Hessen-Thüringen
                                                   Neinsager um fast zehn Prozentpunkte. Ein „Ja“ zum Fiskalpakt ist in der aktuellen angespannten
                        MAIN TOWER
                                                   Situation an den Finanzmärkten zu begrüßen, denn zusätzliche Störimpulse aus Irland würden die
         Neue Mainzer Str. 52-58
                                                   allgemeine Verunsicherung noch vergrößern.
        60311 Frankfurt am Main
       Telefon: 0 69/91 32-20 24
                                                   Ein irisches „Nein“ würde nicht dazu führen, dass dem Land der Zugriff auf das aktuelle Hilfspro-
       Telefax: 0 69/91 32-22 44
                                                   gramm gesperrt würde. Allerdings könnte Irland dann in Zukunft nicht auf Hilfsmittel des ESM
                                                   zugreifen, der mittelfristig den EFSF als Rettungsfonds ablösen soll. Dies könnte eine negative
                                                   Reaktion der Rating-Agenturen nach sich ziehen und würde die für die kommenden zwölf Monate
                                                   geplante eingeschränkte Rückkehr Irlands an den Rentenmarkt erschweren, wenn nicht unmöglich
                                                   machen. Ein „Nein“ der Iren würde die Implementierung des Fiskalpaktes in den anderen Ländern
                                                   nicht verhindern, da er in Kraft tritt, sobald ihn zwölf Mitglieder der Eurozone ratifiziert haben.
                                                   Die unmittelbaren praktischen Folgen für den Rest Europas wären also überschaubar – allerdings
                                                   würde eine klare Zustimmung der Iren aus psychologischen Gründen helfen, die Situation im Eu-
                                                   roraum zu stabilisieren.

                                                   Klare Führung für das „Ja“-Lager
                                                   Resultat einer Umfrage zum voraussichtlichen Abstimmungsverhalten zum Fiskalpakt, % der Befragten (23. Mai 2012)

                                                                                           Werde mich
                                                                                         nicht beteiligen
                                                                                                9


        Die Publikation ist mit größter Sorgfalt
                                                                              Unentschlossen/                                      Ja
                                                                               Keine Meinung                                       39
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich
                                                                                     22
  unverbindliche Analysen und Prognosen zu
   den gegenwärtigen und zukünftigen Markt-
     verhältnissen. Die Angaben beruhen auf
    Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
 deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-
 lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön-                                                  Nein
 nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-                                                30
     nen Angaben dienen der Information. Sie
 dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für      Quellen: Irish Times/Ipsos MRBI, Helaba Volkswirtschaft/Research
  Anlageentscheidungen verstanden werden.
Länderfokus: Irland




                                   Unter den wichtigsten politischen Gruppierungen setzt sich nur die sozialistische Sinn Féin Partei
                                   – der ehemalige politische Arm der IRA – klar für ein „Nein“ ein. Sie konnte dadurch zwar in
                                   Umfragen von der Unzufriedenheit vieler Iren mit der jahrelangen Austeritätspolitik profitieren.
                                   Ein „Nein“ im Referendum ist aber dennoch unwahrscheinlich. Irische Buchmacher geben einem
                                   „Ja“ derzeit „Odds“ von 1/25, einem „Nein“ von 8/1 (d.h. ein Wetteinsatz von €1 auf eine Zu-
                                   stimmung würde beim Eintreffen eine Auszahlung von €1,04 bringen, eine erfolgreiche Wette auf
                                   eine Ablehnung des Paktes hingegen eine Auszahlung von €9).

                                   Schwache Binnenkonjunktur, weniger Impulse aus dem Ausland

                                   Ob die konjunkturelle Lage derzeit eher eine Zustimmung oder Ablehnung des Fiskalpaktes för-
                                   dert, ist nicht eindeutig. Einerseits herrscht verbreitete Unzufriedenheit mit der hohen Arbeitslo-
                                   sigkeit, die auch der Sparpolitik der Regierung angelastet wird. Andererseits führt die labile Lage
                                   den Iren vor Augen, dass dies kein guter Zeitpunkt wäre, so wie 2008 ein Referendum als politi-
                                   sches Statement gegenüber der EU insgesamt zu benutzen. Hinzu kommt, dass eine klare Aussage
                                   über die konjunkturelle Dynamik in Irland aktuell schwierig ist. Nach den Jahresdaten kehrte das
                                   Land 2011 mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,7 % in die Wachs-
                                   tumszone zurück. Aber die irischen Zahlen zum BIP auf Quartalsbasis sind zu volatil und zu revi-
                                   sionsanfällig, als dass man auf ihrer Basis eine klare Situationsbestimmung vornehmen könnte.
                                   Die Aussage, Irland habe im ersten Halbjahr 2011 kräftiges Wachstum verzeichnet, um im zweiten
                                   Halbjahr „in die Rezession zurückzufallen“ ist daher mit Vorsicht zu genießen. Andere Indikato-
                                   ren, wie zum Beispiel die Einkaufsmanagerindizes, bestätigen zwar, dass sich die Lage im zweiten
                                   Halbjahr tendenziell wieder eingetrübt hat. Dies folgt aber lediglich dem allgemeinen konjunktu-
                                   rellen Muster in der Eurozone und von den Niveaus her deuten z.B. die Einkaufsmanagerindizes
                                   derzeit eher auf Stagnation als auf Rezession hin. Der Dienstleistungssektor verzeichnete im April
                                   sogar Wachstum – eine Entwicklung, die auch ein neuer Indikator des staatlichen Statistikamtes
                                   CSO für den Dienstleistungsoutput (ohne Finanzsektor) bestätigt, der im März seinen höchsten
                                   Stand seit 2009 erreichte. Die irischen Exporte leiden jedoch unter der schleppenden konjunkturel-
                                   len Entwicklung in Großbritannien und in der Eurozone. Für das Jahr 2012 erwarten wir insgesamt
                                   ein verhaltenes, aber positives BIP-Wachstum von etwa 0,5 %.

                                   Verzerrt werden die Konjunkturdaten zum Teil von der zum 1. Januar 2012 erhöhten Mehrwert-
                                   steuer. Vorzieheffekte führten zu einem vergleichsweise kräftigen Anstieg des Konsums Ende
      Mehrwertsteuererhö-
                                   2011. Anfang 2012 folgte eine Korrektur. Insgesamt bleibt das Umfeld für die Binnennachfrage
   hung belastet Anfang
                                   schwach. Der Staat muss weiter sparen. Die Unsicherheit über die Zukunft des Euro belastet die
        2012 den Konsum
                                   Investitionstätigkeit. Höhere Löhne sind im aktuellen Umfeld kaum durchzusetzen, doch profitie-
                                   ren die verfügbaren Einkommen der Haushalte davon, dass der Beschäftigungsabbau der vergan-
                                   genen Jahre zumindest zum Stillstand gekommen ist. Vom Hochpunkt 2007 sind bis 2011 in Ir-

Aktuell eher Stagnation als Rezession                                             Arbeitsmarkt: Unterer Wendepunkt erreicht?
Einkaufsmanagerindizes                                                            Beschäftigte, Mio.

 65                                                                    65           1,8                                                           1,8
                                         Dienstleistungssektor
 60                                                                    60           1,7                                                           1,7

 55                                                                    55
                                                                                    1,6                                                           1,6
 50                                                                    50
                      Verarbeitendes                                                1,5                                                           1,5
 45                   Gewerbe                                          45
                                                                                    1,4                                                           1,4
 40                                                                    40

 35                                                                    35           1,3                                                           1,3

 30                                                                    30           1,2                                                           1,2
   2001        2003         2005      2007       2009        2011                      2004   2005     2006   2007   2008   2009    2010   2011

Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research                               Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research




                                   Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba                                                             2
Länderfokus: Irland




                                      land per Saldo rund 378.000 Stellen verlorengegangen (-21 %). Zum Vergleich: Auf die Größe des
                                      deutschen Arbeitsmarktes übertragen, würde dies einem Verlust von mehr als 8,6 Mio. Stellen
                                      entsprechen. Im Jahresendquartal 2011 wies die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung in Irland
                                      sogar wieder ein leichtes Plus aus. Mehr als ein Lichtstreifen am Horizont ist dies aber noch nicht.

                                      Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte wirkt temporär inflationstreibend.
                                      Nachdem es zunächst so aussah, als würden die Unternehmen die Steuer nur zu einem kleinen Teil
                                      auf die Konsumenten überwälzen, stieg der Verbraucherpreisindex im März und April massiv an.
                                      Infolge dieses Effekts wird die jahresdurchschnittliche Teuerung 2012 in Irland mit prognostizier-
                                      ten 2,1 % näher am Eurozonendurchschnitt (2,4 %) liegen als 2011 (Irland: 1,2 %, Eurozone:
                                      2,7 %). Sie bleibt aber niedriger als in der Eurozone insgesamt, was sich positiv auf die preisliche
                                      Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

                                      Sparprogramm 2011 übererfüllt

                                      Im vergangenen Jahr hat die irische Regierung ihr ambitioniertes Sparziel leicht übererfüllt. Die
                                      Ausgaben 1 gingen gegenüber 2010 um 5,7 % zurück. Sie blieben damit leicht hinter den Ansätzen
                                      des Haushaltsplans und der Vereinbarung mit der Troika von IWF, EZB und EU-Kommission
                                      zurück. Die Steuereinnahmen lagen (bereinigt um einen Periodisierungseffekt) praktisch genau auf
                                      dem Zielwert. Das Primärdefizit – also ohne Zinszahlungen – war rund 1 Mrd. Euro kleiner als mit
                                      der Troika vereinbart. Gemessen am BIP lag das Gesamtdefizit bei etwa 10 % und damit unterhalb
                                      des Ziels von 10,6 %.

                                      Dass Irland nun jedoch ein offizielles Defizit von 13,1 % für 2011 ausweist, liegt daran, dass die
                                      Statistiker von Eurostat die von Irland gemeldeten Zahlen entgegen den Erwartungen korrigiert
  Offizielles Defizit 2011
                                      haben. So wurden einmal Beihilfen an den Bankensektor in voller Höhe als Staatsausgaben ver-
      durch Bankenhilfen
                                      bucht, weil der Rekapitalisierungsprozess formell noch nicht abgeschlossen ist. Da diesen Zahlun-
           „aufgeblasen“
                                      gen wie bei den vergleichbaren deutschen Maßnahmen aber auch zum Teil Forderungen des Staa-
                                      tes gegenüber den Banken gegenüberstehen, sind sie eigentlich keine laufenden Ausgaben. Ähnli-
                                      ches gilt für den zweiten Punkt: Eurostat betrachtet die Abwicklungsagentur („Bad Bank“) NAMA
                                      nach der Verstaatlichung eines privaten Anteileigners nun als Teil des Staatssektors.

                                      Im laufenden Haushaltsjahr (Stand: Ende April) liegen Ausgaben und Einnahmen des irischen
                                      Staates leicht höher als der Zielwert. Die Abweichung vom Defizitziel insgesamt ist bislang ver-
                                      nachlässigbar. Damit zeichnet sich ab, dass Irland den für das Jahr 2012 anvisierten Fehlbetrag

Staatshaushalt: Noch nicht über den Berg                                                Haushalt 2012: Im Plan
Öffentliche Finanzen, % am BIP (2012: Prognose)                                         Öffentliche Finanzen, kumulative Größen, Mio. €

 35                                                                               140    16000                                                              16000

 30                                                  Schuldenstand (RS)           120    14000                                                              14000

 25             Def izit einschl.                                                 100    12000                                                       Soll   12000
                Beihilf en f ür die
 20             Banken (LS)                                                       80     10000                Ausgaben - Ist                                10000

 15                                                         Def izit ohne         60      8000                                                              8000
                                                            Beihilf en f ür die
 10                                                         Banken (LS)           40      6000                                                              6000

  5                                                                               20      4000                                                              4000
                                                                                                             Steuereinnahmen - Ist
  0                                                                               0       2000                                                              2000
         2008           2009          2010           2011           2012                            Jan 12          Feb 12           Mrz 12     Apr 12

Quellen: IWF, Eurostat, Helaba Volkswirtschaft/Research                                 Quellen: Department of Finance/Ireland, Helaba Volkswirtschaft/Research




                                      1
                                          Adjustiert für die Reklassifizierung der Universal Service Charge und ohne Rekapitalisierung des Bankensystems.




                                      Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba                                                                      3
Länderfokus: Irland




                    von 8,6 % des BIP wohl erreichen wird. Die Regierung bleibt auf Kurs, bis zum Jahr 2015 das
                    vorgegebene Defizitziel von 3 % zu erreichen. Damit unterscheidet sich Irland von anderen Kri-
                    senländern, in denen die Defizitziele zuletzt angepasst werden mussten, weil die Sparerfolge hinter
                    der Planung zurückblieben.

                    Auch was die institutionellen Reformen angeht, gibt der IWF in seiner letzten Überprüfung vom
                    März 2012 Irland durchweg gute Noten. Dies steht im Gegensatz zu den anhaltenden Problemen
                    auf diesem Gebiet in Griechenland und Portugal. Ebenso positiv hebt sich Irland von den anderen
                    „PIIGS“ ab, was den Leistungsbilanzsaldo angeht. Im laufenden Jahr wird ein Überschuss von
                    1 bis 2 % des BIP erwartet (Griechenland: -7,8 %, Portugal: -3,6 %, Spanien: -2,0 %). 2

                    Ausblick: It’s a long way to Tipperary

                    Trotz der bisherigen Erfolge der Sparpolitik liegt noch ein langer steiniger Weg vor den Iren. Zwar
                    profitiert Irland von seiner guten internationalen Wettbewerbsfähigkeit, seiner exportorientierten
                    Wirtschaftsstruktur und seiner im europäischen Vergleich positiven Demografie. Das nach wie vor
                    hohe Primärdefizit, der noch immer steigende Schuldenberg, der schwache Immobilienmarkt und
                    die Unsicherheit über die Zukunft des Finanzsektors stellen aber erhebliche Herausforderungen
                    dar.

                    Das größte kurzfristige Risiko für Irland liegt in der Möglichkeit einer nicht selbstverschuldeten
                    Eskalation der Schuldenkrise, die eine Aufnahme von Mitteln zu einem bezahlbaren Zins durch
                    das irische Finanzministerium verhindern könnte. Geplant sind derzeit eine sehr beschränkte
                    Rückkehr an den Finanzmarkt Ende 2012 (laut IWF die Aufnahme von 3,9 Mrd. Euro, nach
                    1,3 Mrd. Euro 2011) und Anleiheemissionen in etwas größerem Umfang 2013 (14,2 Mrd. Euro).
                    Sollte sich dies als unmöglich erweisen, wären zusätzliche Finanzhilfen aus EFSF oder ESM er-
                    forderlich.

                    Mittelfristig bleibt die Stabilität des irischen Bankensystems ein Damoklesschwert, das auf abseh-
                    bare Zeit über dem Land schweben wird. Da die Immobilienpreise noch immer fallen, ist weiterhin
Bleibendes Risiko
                    nicht abzusehen, in welchem Umfang sich die Aktiva der verstaatlichten Finanzinstitute und der
 „Bankensystem“
                    NAMA letztlich als werthaltig erweisen werden, auch wenn sich derzeit kein konkreter zusätzli-
                    cher Rekapitalisierungsbedarf abzeichnet.

                    Im Vergleich zu anderen Krisenländern zeigt sich die irische Bevölkerung bislang aber in überra-
                    schendem Umfang bereit, zähneknirschend die Folgekosten der vergangenen Blase zu tragen und
                    dafür auch weitere Einschnitte bei staatlichen Leistungen bzw. eine höhere Steuerbelastung zu
                    akzeptieren. Die Mehrheit der Iren sieht, dass die Vorteile der Mitgliedschaft im Euro deren Nach-
                    teile weiterhin übersteigen und dass man von den Partnern nur dann eine dauerhafte Bereitschaft
                    zur Hilfe erwarten kann, wenn man erkennbar alles aus eigener Anstrengung Mögliche tut, die
                    Krise zu überwinden.




                    2
                        Prognosen der EU-Kommission vom Mai 2012.




                    Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba                                             4

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  • 1. Helaba Volkswirtschaft/Research Länderfokus 31. Mai 2012 Irland: Referendum kein Todesstoß für den Euro Autor: Patrick Franke Heute stimmt die irische Bevölkerung über den europäischen Fiskalpakt ab. Umfragen lassen Telefon: 0 69/91 32-47 38 erwarten, dass die Iren mehrheitlich zustimmen werden. Selbst im Falle eines „Neins“ würde research@helaba.de aber lediglich Irland dem Pakt und damit dem dauerhaften Hilfsmechanismus ESM fernblei- ben, die Gültigkeit des Pakts im Rest der EU wäre nicht davon betroffen. Trotz der aktuellen Nervosität an den Finanzmärkten wären die Iren wohl die Hauptleidtragenden einer Ableh- nung. Während die konjunkturelle Lage des Landes nach wie vor schwierig ist, bleibt Irland Redaktion: auf seinem erfolgreichen fiskalpolitischen Konsolidierungskurs. Dr. Stefan Mitropoulos Der Fiskalpakt sieht vor, dass die teilnehmenden EU-Länder ihre Finanzpolitik stärker koordinie- Herausgeber: ren, sich auf eine nachhaltige Sanierung der Staatshaushalte festlegen und im Zuge dessen Souve- ränität abtreten. Obwohl der Fiskalpakt in Irland sehr kontrovers diskutiert wird, werden die Iren Dr. Gertrud R. Traud seiner Einführung wohl zustimmen. Unter denjenigen Umfrageteilnehmern, die angeben, am Refe- Chefvolkswirt/Leitung Research rendum teilnehmen zu wollen, überstieg zuletzt die Zahl derer, die zustimmen wollen, die der Landesbank Hessen-Thüringen Neinsager um fast zehn Prozentpunkte. Ein „Ja“ zum Fiskalpakt ist in der aktuellen angespannten MAIN TOWER Situation an den Finanzmärkten zu begrüßen, denn zusätzliche Störimpulse aus Irland würden die Neue Mainzer Str. 52-58 allgemeine Verunsicherung noch vergrößern. 60311 Frankfurt am Main Telefon: 0 69/91 32-20 24 Ein irisches „Nein“ würde nicht dazu führen, dass dem Land der Zugriff auf das aktuelle Hilfspro- Telefax: 0 69/91 32-22 44 gramm gesperrt würde. Allerdings könnte Irland dann in Zukunft nicht auf Hilfsmittel des ESM zugreifen, der mittelfristig den EFSF als Rettungsfonds ablösen soll. Dies könnte eine negative Reaktion der Rating-Agenturen nach sich ziehen und würde die für die kommenden zwölf Monate geplante eingeschränkte Rückkehr Irlands an den Rentenmarkt erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Ein „Nein“ der Iren würde die Implementierung des Fiskalpaktes in den anderen Ländern nicht verhindern, da er in Kraft tritt, sobald ihn zwölf Mitglieder der Eurozone ratifiziert haben. Die unmittelbaren praktischen Folgen für den Rest Europas wären also überschaubar – allerdings würde eine klare Zustimmung der Iren aus psychologischen Gründen helfen, die Situation im Eu- roraum zu stabilisieren. Klare Führung für das „Ja“-Lager Resultat einer Umfrage zum voraussichtlichen Abstimmungsverhalten zum Fiskalpakt, % der Befragten (23. Mai 2012) Werde mich nicht beteiligen 9 Die Publikation ist mit größter Sorgfalt Unentschlossen/ Ja Keine Meinung 39 bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich 22 unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Markt- verhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua- lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön- Nein nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe- 30 nen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Quellen: Irish Times/Ipsos MRBI, Helaba Volkswirtschaft/Research Anlageentscheidungen verstanden werden.
  • 2. Länderfokus: Irland Unter den wichtigsten politischen Gruppierungen setzt sich nur die sozialistische Sinn Féin Partei – der ehemalige politische Arm der IRA – klar für ein „Nein“ ein. Sie konnte dadurch zwar in Umfragen von der Unzufriedenheit vieler Iren mit der jahrelangen Austeritätspolitik profitieren. Ein „Nein“ im Referendum ist aber dennoch unwahrscheinlich. Irische Buchmacher geben einem „Ja“ derzeit „Odds“ von 1/25, einem „Nein“ von 8/1 (d.h. ein Wetteinsatz von €1 auf eine Zu- stimmung würde beim Eintreffen eine Auszahlung von €1,04 bringen, eine erfolgreiche Wette auf eine Ablehnung des Paktes hingegen eine Auszahlung von €9). Schwache Binnenkonjunktur, weniger Impulse aus dem Ausland Ob die konjunkturelle Lage derzeit eher eine Zustimmung oder Ablehnung des Fiskalpaktes för- dert, ist nicht eindeutig. Einerseits herrscht verbreitete Unzufriedenheit mit der hohen Arbeitslo- sigkeit, die auch der Sparpolitik der Regierung angelastet wird. Andererseits führt die labile Lage den Iren vor Augen, dass dies kein guter Zeitpunkt wäre, so wie 2008 ein Referendum als politi- sches Statement gegenüber der EU insgesamt zu benutzen. Hinzu kommt, dass eine klare Aussage über die konjunkturelle Dynamik in Irland aktuell schwierig ist. Nach den Jahresdaten kehrte das Land 2011 mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,7 % in die Wachs- tumszone zurück. Aber die irischen Zahlen zum BIP auf Quartalsbasis sind zu volatil und zu revi- sionsanfällig, als dass man auf ihrer Basis eine klare Situationsbestimmung vornehmen könnte. Die Aussage, Irland habe im ersten Halbjahr 2011 kräftiges Wachstum verzeichnet, um im zweiten Halbjahr „in die Rezession zurückzufallen“ ist daher mit Vorsicht zu genießen. Andere Indikato- ren, wie zum Beispiel die Einkaufsmanagerindizes, bestätigen zwar, dass sich die Lage im zweiten Halbjahr tendenziell wieder eingetrübt hat. Dies folgt aber lediglich dem allgemeinen konjunktu- rellen Muster in der Eurozone und von den Niveaus her deuten z.B. die Einkaufsmanagerindizes derzeit eher auf Stagnation als auf Rezession hin. Der Dienstleistungssektor verzeichnete im April sogar Wachstum – eine Entwicklung, die auch ein neuer Indikator des staatlichen Statistikamtes CSO für den Dienstleistungsoutput (ohne Finanzsektor) bestätigt, der im März seinen höchsten Stand seit 2009 erreichte. Die irischen Exporte leiden jedoch unter der schleppenden konjunkturel- len Entwicklung in Großbritannien und in der Eurozone. Für das Jahr 2012 erwarten wir insgesamt ein verhaltenes, aber positives BIP-Wachstum von etwa 0,5 %. Verzerrt werden die Konjunkturdaten zum Teil von der zum 1. Januar 2012 erhöhten Mehrwert- steuer. Vorzieheffekte führten zu einem vergleichsweise kräftigen Anstieg des Konsums Ende Mehrwertsteuererhö- 2011. Anfang 2012 folgte eine Korrektur. Insgesamt bleibt das Umfeld für die Binnennachfrage hung belastet Anfang schwach. Der Staat muss weiter sparen. Die Unsicherheit über die Zukunft des Euro belastet die 2012 den Konsum Investitionstätigkeit. Höhere Löhne sind im aktuellen Umfeld kaum durchzusetzen, doch profitie- ren die verfügbaren Einkommen der Haushalte davon, dass der Beschäftigungsabbau der vergan- genen Jahre zumindest zum Stillstand gekommen ist. Vom Hochpunkt 2007 sind bis 2011 in Ir- Aktuell eher Stagnation als Rezession Arbeitsmarkt: Unterer Wendepunkt erreicht? Einkaufsmanagerindizes Beschäftigte, Mio. 65 65 1,8 1,8 Dienstleistungssektor 60 60 1,7 1,7 55 55 1,6 1,6 50 50 Verarbeitendes 1,5 1,5 45 Gewerbe 45 1,4 1,4 40 40 35 35 1,3 1,3 30 30 1,2 1,2 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba 2
  • 3. Länderfokus: Irland land per Saldo rund 378.000 Stellen verlorengegangen (-21 %). Zum Vergleich: Auf die Größe des deutschen Arbeitsmarktes übertragen, würde dies einem Verlust von mehr als 8,6 Mio. Stellen entsprechen. Im Jahresendquartal 2011 wies die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung in Irland sogar wieder ein leichtes Plus aus. Mehr als ein Lichtstreifen am Horizont ist dies aber noch nicht. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte wirkt temporär inflationstreibend. Nachdem es zunächst so aussah, als würden die Unternehmen die Steuer nur zu einem kleinen Teil auf die Konsumenten überwälzen, stieg der Verbraucherpreisindex im März und April massiv an. Infolge dieses Effekts wird die jahresdurchschnittliche Teuerung 2012 in Irland mit prognostizier- ten 2,1 % näher am Eurozonendurchschnitt (2,4 %) liegen als 2011 (Irland: 1,2 %, Eurozone: 2,7 %). Sie bleibt aber niedriger als in der Eurozone insgesamt, was sich positiv auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Sparprogramm 2011 übererfüllt Im vergangenen Jahr hat die irische Regierung ihr ambitioniertes Sparziel leicht übererfüllt. Die Ausgaben 1 gingen gegenüber 2010 um 5,7 % zurück. Sie blieben damit leicht hinter den Ansätzen des Haushaltsplans und der Vereinbarung mit der Troika von IWF, EZB und EU-Kommission zurück. Die Steuereinnahmen lagen (bereinigt um einen Periodisierungseffekt) praktisch genau auf dem Zielwert. Das Primärdefizit – also ohne Zinszahlungen – war rund 1 Mrd. Euro kleiner als mit der Troika vereinbart. Gemessen am BIP lag das Gesamtdefizit bei etwa 10 % und damit unterhalb des Ziels von 10,6 %. Dass Irland nun jedoch ein offizielles Defizit von 13,1 % für 2011 ausweist, liegt daran, dass die Statistiker von Eurostat die von Irland gemeldeten Zahlen entgegen den Erwartungen korrigiert Offizielles Defizit 2011 haben. So wurden einmal Beihilfen an den Bankensektor in voller Höhe als Staatsausgaben ver- durch Bankenhilfen bucht, weil der Rekapitalisierungsprozess formell noch nicht abgeschlossen ist. Da diesen Zahlun- „aufgeblasen“ gen wie bei den vergleichbaren deutschen Maßnahmen aber auch zum Teil Forderungen des Staa- tes gegenüber den Banken gegenüberstehen, sind sie eigentlich keine laufenden Ausgaben. Ähnli- ches gilt für den zweiten Punkt: Eurostat betrachtet die Abwicklungsagentur („Bad Bank“) NAMA nach der Verstaatlichung eines privaten Anteileigners nun als Teil des Staatssektors. Im laufenden Haushaltsjahr (Stand: Ende April) liegen Ausgaben und Einnahmen des irischen Staates leicht höher als der Zielwert. Die Abweichung vom Defizitziel insgesamt ist bislang ver- nachlässigbar. Damit zeichnet sich ab, dass Irland den für das Jahr 2012 anvisierten Fehlbetrag Staatshaushalt: Noch nicht über den Berg Haushalt 2012: Im Plan Öffentliche Finanzen, % am BIP (2012: Prognose) Öffentliche Finanzen, kumulative Größen, Mio. € 35 140 16000 16000 30 Schuldenstand (RS) 120 14000 14000 25 Def izit einschl. 100 12000 Soll 12000 Beihilf en f ür die 20 Banken (LS) 80 10000 Ausgaben - Ist 10000 15 Def izit ohne 60 8000 8000 Beihilf en f ür die 10 Banken (LS) 40 6000 6000 5 20 4000 4000 Steuereinnahmen - Ist 0 0 2000 2000 2008 2009 2010 2011 2012 Jan 12 Feb 12 Mrz 12 Apr 12 Quellen: IWF, Eurostat, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Department of Finance/Ireland, Helaba Volkswirtschaft/Research 1 Adjustiert für die Reklassifizierung der Universal Service Charge und ohne Rekapitalisierung des Bankensystems. Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba 3
  • 4. Länderfokus: Irland von 8,6 % des BIP wohl erreichen wird. Die Regierung bleibt auf Kurs, bis zum Jahr 2015 das vorgegebene Defizitziel von 3 % zu erreichen. Damit unterscheidet sich Irland von anderen Kri- senländern, in denen die Defizitziele zuletzt angepasst werden mussten, weil die Sparerfolge hinter der Planung zurückblieben. Auch was die institutionellen Reformen angeht, gibt der IWF in seiner letzten Überprüfung vom März 2012 Irland durchweg gute Noten. Dies steht im Gegensatz zu den anhaltenden Problemen auf diesem Gebiet in Griechenland und Portugal. Ebenso positiv hebt sich Irland von den anderen „PIIGS“ ab, was den Leistungsbilanzsaldo angeht. Im laufenden Jahr wird ein Überschuss von 1 bis 2 % des BIP erwartet (Griechenland: -7,8 %, Portugal: -3,6 %, Spanien: -2,0 %). 2 Ausblick: It’s a long way to Tipperary Trotz der bisherigen Erfolge der Sparpolitik liegt noch ein langer steiniger Weg vor den Iren. Zwar profitiert Irland von seiner guten internationalen Wettbewerbsfähigkeit, seiner exportorientierten Wirtschaftsstruktur und seiner im europäischen Vergleich positiven Demografie. Das nach wie vor hohe Primärdefizit, der noch immer steigende Schuldenberg, der schwache Immobilienmarkt und die Unsicherheit über die Zukunft des Finanzsektors stellen aber erhebliche Herausforderungen dar. Das größte kurzfristige Risiko für Irland liegt in der Möglichkeit einer nicht selbstverschuldeten Eskalation der Schuldenkrise, die eine Aufnahme von Mitteln zu einem bezahlbaren Zins durch das irische Finanzministerium verhindern könnte. Geplant sind derzeit eine sehr beschränkte Rückkehr an den Finanzmarkt Ende 2012 (laut IWF die Aufnahme von 3,9 Mrd. Euro, nach 1,3 Mrd. Euro 2011) und Anleiheemissionen in etwas größerem Umfang 2013 (14,2 Mrd. Euro). Sollte sich dies als unmöglich erweisen, wären zusätzliche Finanzhilfen aus EFSF oder ESM er- forderlich. Mittelfristig bleibt die Stabilität des irischen Bankensystems ein Damoklesschwert, das auf abseh- bare Zeit über dem Land schweben wird. Da die Immobilienpreise noch immer fallen, ist weiterhin Bleibendes Risiko nicht abzusehen, in welchem Umfang sich die Aktiva der verstaatlichten Finanzinstitute und der „Bankensystem“ NAMA letztlich als werthaltig erweisen werden, auch wenn sich derzeit kein konkreter zusätzli- cher Rekapitalisierungsbedarf abzeichnet. Im Vergleich zu anderen Krisenländern zeigt sich die irische Bevölkerung bislang aber in überra- schendem Umfang bereit, zähneknirschend die Folgekosten der vergangenen Blase zu tragen und dafür auch weitere Einschnitte bei staatlichen Leistungen bzw. eine höhere Steuerbelastung zu akzeptieren. Die Mehrheit der Iren sieht, dass die Vorteile der Mitgliedschaft im Euro deren Nach- teile weiterhin übersteigen und dass man von den Partnern nur dann eine dauerhafte Bereitschaft zur Hilfe erwarten kann, wenn man erkennbar alles aus eigener Anstrengung Mögliche tut, die Krise zu überwinden. 2 Prognosen der EU-Kommission vom Mai 2012. Helaba Volkswirtschaft/Research · 31. Mai 2012· © Helaba 4