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Branchenfokus 19. Dezember 2011
Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Autor:
Dr. Stefan Mütze
Nach dem Boom der letzten beiden Jahre wird die deutsche Industrieproduktion 2012 mit
Tel.: 0 69/91 32-38 50
1,5 % nur noch leicht expandieren. Die wichtigen Investitionsgüterbranchen sind wettbe-
research@helaba.de
werbsfähig und dürften deswegen auch in Zukunft am weltweiten Nachfragezuwachs partizi-
pieren können. Die Rahmenbedingungen für den Bau haben sich verbessert, so dass auf mitt-
lere Sicht ein moderates Wachstum zu erwarten ist.
Redaktion:
Dr. Stefan Mitropoulos
Die deutsche Industriekonjunktur verlief 2011 nochmals sehr lebhaft: Einschließlich Bau dürfte
die Produktion um 8 % zulegen. Bereits 2010 war nach dem Absturz im Jahr zuvor ein Zuwachs
von einem Zehntel erreicht worden. Jetzt allerdings scheint die Industrie vor einen deutlichen
Herausgeber:
Tempoverlust zu stehen.
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/Leitung Research Beruhigung in der Industrie
Indizes: 2005 = 100
Landesbank Hessen-Thüringen
130 130
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58 120 120
60311 Frankfurt am Main
110 110
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44 100 100
Produktion des
Verarbeitenden Gewerbes
90 90
80 Auftragseingänge 80
70 70
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research
So sind die Industrieaufträge zwischen August und Oktober um rund 4 % gegenüber den drei Mo-
naten zuvor gesunken. Dies dürfte sich im vierten Quartal auch bei der Erzeugung negativ be-
merkbar machen. Eine Ursache hierfür ist die Euro-Schuldenkrise, die in vielen Ländern weitrei-
chende Sparmaßnahmen in öffentlichen Haushalten notwendig macht und für eine erhebliche
Verunsicherung sorgt. Daneben schwächt sich das Wachstum in den Schwellenländern ab und der
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt Aufschwung in den USA ist nicht stark genug, um den deutschen Exporten dorthin Schwung zu
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich verleihen. Hinzu kommt die Zurückhaltung der industriellen Abnehmer: Bei Erwartung sinkender
unverbindliche Analysen und Prognosen zu
den gegenwärtigen und zukünftigen Markt-
Produktpreise für Grundstoffe und Vorprodukte werden Läger teilweise zurückgefahren. Nach
verhältnissen. Die Angaben beruhen auf einer schwachen Phase um die Jahreswende 2011/12 sollte die Dynamik im weiteren Verlauf des
Quellen, die wir für zuverlässig halten, für nächsten Jahres allerdings wieder zunehmen. Trotzdem dürfte die Industrieproduktion 2012 nur
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-
um 1,5 % ansteigen, ohne Nachholeffekte eine durchaus passable Rate. Voraussetzung ist jedoch,
lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön-
nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-
dass eine Eskalation der Euro-Schuldenkrise vermieden werden kann.
nen Angaben dienen der Information. Sie
dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für
Anlageentscheidungen verstanden werden.
2. Branchenfokus: Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Deutliche zyklische Abschwächung in der Chemieindustrie
Besonders stark hat sich die Situation in der chemischen Industrie eingetrübt. Aktuell liegen die
Auftragseingänge hier um rund 9 % unter dem Höchstwert im Frühjahr 2011. Die Produktion ist
Industrielle Nachfrager dem erst teilweise gefolgt, so dass weitere Rückgänge zu erwarten sind. Die Branche ist im beson-
ordern weniger
deren Maße von lagerzyklischen Schwankungen geprägt. Die Verbraucher von chemischen
Grundstoffen haben zuletzt aufgrund zahlreicher Unsicherheiten und mittlerweile auf hohem Ni-
veau stagnierender Preise ihre Warenbestände reduziert. Zudem geht die Dynamik in den Abneh-
merbranchen zurück. Die Erzeugung chemischer Produkte liegt deswegen schon seit drei Monaten
unter Vorjahresniveau. Bereits im ersten Halbjahr 2012 dürfte der Lageraufbau jedoch bei dann
niedrigeren Erzeugerpreisen erneut beginnen, so dass die Chemieproduktion (ohne Pharma) im
nächsten Jahr um rund 1 % und die nominalen Umsätze um 2 % zulegen werden. Die Pharmain-
dustrie hat in diesem Jahr mit einem Produktionszuwachs von schätzungsweise 6 % einen deutli-
chen Schub erlebt. Da die Preise in dieser Sparte allerdings sinken, werden die nominalen Umsätze
nur um rund 3 % zulegen. Ausgehend von diesem hohen Niveau dürfte der Pharmaumsatz 2012
nur stagnieren.
Chemieindustrie: Wo ist der Boden? Konsumnahe Sparten stabilisieren
Indizes: 2005 = 100 Produktionsindex: Januar 2005 = 100
115 115 140 140
Pharmaindustrie
110 110 130 130
105 Produktion 105
120 120
100 100 Chemieindustrie
110 110
95 95
100 100
90 90
90 90
85 85
Auf tragseingänge Seif en, Wasch- u.
80 80 80 Körperpf legemittel, Durf tstoffe 80
75 75 70 70
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research
In der EU27 wird nur noch knapp ein Fünftel des Weltchemieumsatzes abgesetzt, während das
hohe Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern auch deren Chemiemärkte immer wichtiger
werden lässt. Bereits heute liegt der asiatische Markt mit knapp 47 % des Weltchemieumsatzes an
der Spitze, wobei fast ein Viertel allein auf China entfällt. Diese divergierende Entwicklung
zwischen Industrie- und Schwellenländern wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Da
die deutsche Chemieindustrie über den Außenhandel und ihre Produktion vor Ort stark inter-
national ausgerichtet ist, dürfte sie von diesem Strukturwandel weiterhin profitieren. 2012 lässt
allerdings auch die Dynamik in einzelnen Schwellenländern wie China, Indien und Russland nach.
Für China wird aber mit einem Zuwachs der Chemieproduktion von 8,5 % immer noch ein
deutlich stärkerer Anstieg als in den Industrieländern erwartet.
Autoboom flaut ab
Weniger ausgeprägt ist die Wachstumsabschwächung bislang in den Investitionsgüterbranchen.
Trotzdem wird sich in der Automobilbranche, dem umsatzstärksten deutschen Wirtschaftszweig,
Neuzulassungen in EU die schwierige wirtschaftliche Lage in den europäischen Partnerländern bemerkbar machen. So
dürften vorerst dürften beispielsweise der spanische und der italienische Markt weiter schrumpfen. Verunsicherte
weiter sinken Konsumenten halten sich dort bei hohen Kreditzinsen mit Autokäufen zurück. Trotz eines starken
Zuwachses von 10 % in Deutschland liegen die Pkw-Neuzulassungen in der EU um 1,2 % unter
dem entsprechenden Vorjahresniveau.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 19. Dezember 2011· © Helaba 2
3. Branchenfokus: Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Pkw-Märkte in Südeuropa bleiben schwierig Dynamische Automobilproduktion in Deutschland
Pkw-Neuzulassungen in Tausend pro Monat* Produktionsindizes: Januar 2005 = 100
350 350
140 140
Deutschland
300 300 Deutschland
120 120
250 250
100 EU 100
200 200
150 Frankreich 150 80 80
Italien USA
100 100 Japan
60 60
Spanien
50 50
2000 2002 2004 2006 2008 2010 40 40
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
*saisonbereinigt und geglättet, Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research
Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research
Auch der Autoboom in China flaut zur Zeit ab. Im neuen Jahr dürfte aber ein einstelliger Zuwachs
möglich sein. Impulse sollten auch aus den USA kommen, so dass die deutsche Automobil-
industrie einen in Stückzahlen gemessenen kleinen Produktionszuwachs von 1 % erreichen kann.
Dies setzt allerdings weitere Marktanteilsgewinne der wettbewerbsstarken Branche voraus. Der
Produktionsindex der Branche dürfte mit 2 % etwas höher ausfallen, da er den wachstumsstärkeren
Nutzfahrzeugmarkt und positive Struktureffekte wie die steigende Werthaltigkeit der Fahrzeuge
erfasst. Die Automobilproduktion in Deutschland hat sich seit der Krise deutlich günstiger als in
den USA oder gar in Japan entwickelt, was u.a. auf die hohe Wettbewerbsfähigkeit der Branche
hindeutet.
Die verbesserte Ertragslage erleichtert es, die notwendige Investitionsoffensive zu finanzieren.
Sowohl die Kunden als auch die Politik fordern eine neue Generation von Fahrzeugen, die den
Energieverbrauch noch weiter zurückführt und Emissionen einspart. Damit müssen gleichzeitig die
bestehenden Antriebstechniken verbessert und neue Techniken wie die Elektromobilität oder die
Brennstoffzelle entwickelt werden. Dies ist nicht nur eine Herausforderung für die Branche,
sondern wird auch die Entwicklungs- und Absatzmöglichkeiten der Zulieferer vergrößern.
Maschinenbau: Auf mittlere Sicht weiteres Wachstumspotenzial
Auch im Maschinenbau ist eine konjunkturelle Abschwächung festzustellen. Stabilisierend wirkt
sich allerdings der immer noch relativ hohe Auftragsbestand von nahezu sechs Monaten aus. 2012
Maschinenbau noch
dürfte die Produktion deswegen um nochmals 3 % zulegen nach 14 % in diesem Jahr. Die Exporte
mit reichlichem
sind in den ersten drei Quartalen um nominal gut 16 % gestiegen, wobei die vier größten Absatz-
Auftragsbestand
märkte China, die USA, Frankreich und Russland deutlich darüber lagen. Die schwierige Situation
in einzelnen Ländern der Eurozone zeigt sich beispielsweise an den deutschen Maschinenexporten
nach Italien und Spanien, die nur mit niedrigen einstelligen Raten zulegten.
Die mittelfristigen Perspektiven der Branche bleiben günstig, da wichtige Trends wie Ressourcen-
effizienz und Fertigungsautomation innovative Lösungen des Maschinenbaus erfordern. Dabei
dürfte es notwendig sein, die F&E-Ausgaben, die aktuell nur gut 5 Mrd. € jährlich betragen, weiter
zu steigern. Die mittelständisch geprägte Branche liegt hierbei – auch auf den Umsatz bezogen –
unter den Werten vergleichbarer Wirtschaftszweige aus der Investitionsgüter herstellenden Indust-
rie. Intensivere Innovationsanstrengungen sind auch deswegen von Nöten, weil China als welt-
größter Maschinenbauproduzent immer häufiger wettbewerbsfähige Produkte auf den Markt
bringt. Bislang hat es die Branche trotz alledem immer vermocht, ihren Status als Exportweltmeis-
ter mit einem aktuellen Anteil von 17 % an den weltweiten Maschinenausfuhren zu halten, auch
wenn dieser Wert zuletzt leicht gesunken ist.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 19. Dezember 2011· © Helaba 3
4. Branchenfokus: Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Maschinenbau: Deutschland auf Platz 4 Deutliche Exportsteigerungen nach Russland und China
Weltmaschinenumsatz nach Ländern, 2010 Deutsche Maschinenbauexporte, Januar bis September 2011 gg. Vj.*
Sonstige (1 %)
Restl. Asien (9 %) Deutschland (11 %) Russland (5,3 %)
China (13,4 %)
USA (8,4 %)
Frankreich (6,5 %)
Rest EU27 (18 %)
Polen (2,9 %)
China (27 %) Umsatz: Österreich (3,6 %)
1 780 Mrd. € UK (3,7 %)
Sonstiges Europa Schweiz (3,3 %)
(4 %)
Niederlande (3,4 %)
USA (13 %) Italien (4,0 %)
Rest Nordamerika (1 %)
Japan (13 %) Lateinamerika (3 %) 0 5 10 15 20 25 30 35 40
Quellen: VDMA, Helaba Volkswirtschaft/Research *Anteile der Ausfuhren in die zehn wichtigsten Märkte am deutschen Maschi-
nenexport in Klammern Quellen: VDMA, Helaba Volkswirtschaft/Research
Mittelfristige Wachstumschancen bestehen beispielsweise im Werkzeugmaschinenbau, der von der
hohen Investitionstätigkeit des Fahrzeugbaus profitiert. Auch die Hersteller von Landmaschinen
dürften weiteres Wachstum verbuchen können, denn die hohen Preise für Nahrungsmittel haben
die Ertragslage der Landwirte verbessert. Dies erlaubt es ihnen, verstärkt ihren landwirtschaftli-
chen Maschinenpark zu erneuern, um die bei wachsender Weltbevölkerung notwendigen Produk-
tivitätserhöhungen zu erzielen. Die Hersteller von Nahrungsmittelmaschinen dürften als quasi
nachfolgende Produktionsstufe von den gleichen Rahmenbedingungen profitieren.
Elektrotechnik geprägt durch Preisdruck
Die stärksten Produktionszuwächse unter den Investitionsgüterbranchen dürfte 2012 die Elektro-
technik mit etwa 4 % erzielen. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass durch den star-
Hoher statistischer
ken Anstieg in diesem Jahr von etwa 15 % auch der statistische Überhang hoch ausfällt. Dies be-
Überhang
deutet, dass die Elektroproduktion um die Jahreswende rückläufig ist und im ersten Halbjahr 2012
eine Trendwende nach oben vollzieht. In vielen Bereichen dieses Wirtschaftszweiges beteht ein
erheblicher Preisdruck. Dies gilt insbesondere für Halbleiter und DV-Geräte, bei denen es zuletzt
zu einer deutlichen Verschärfung des Preisrückgangs gekommen ist. Die nominalen Umsätze in
der Branche fallen damit verhaltener aus als die Produktion.
Auftragseingänge in der Elektrotechnik zuletzt rückläufig Teilweise deutliche Preisrückgänge in der Elektroindustrie
Indizes: Januar 2006 = 100 Erzeugerpreise in % gg. Vj.
140 140 20 20
Reale Aufträge
Produktion Elektroindustrie
130 Elektrotechnik 130 10 10
120 120 Elektrische Ausrüstungen
0 0
110 110
100 100 -10 Telekommunikationstechnik -10
90 Nominaler 90
Umsatz -20 -20
80 (WZ 27*) 80 DV-Geräte
Nominaler Umsatz -30 -30
70 70
(WZ 26*) Bauelemente
60 60 -40 -40
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2006 2007 2008 2009 2010 2011
*WZ 26: DV-Geräte, elektronische u. optische Geräte; WZ 27: Elektrische Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ausrüstungen; Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Produktionsentwicklung der Branche ist extrem heterogen: An den Sparten Telekommunikati-
onstechnik und DV-Technik ist der Aufschwung hierzulande vorbeigegangen, da diese Produkt-
gruppen in Deutschland kaum mehr wettbewerbsfähig hergestellt werden können. Positiver ist die
Helaba Volkswirtschaft/Research · 19. Dezember 2011· © Helaba 4
5. Branchenfokus: Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Situation bei den Bauelementen. Wettbewerbsfähig ist die deutsche Elektroindustrie in der Medi-
zintechnik, wobei die Diskrepanz zwischen Aufträgen und Produktion auch in diesem Segment
zuletzt auf Produktionsverlagerungen hindeutet. Der Kernbereich der deutschen Elektrotechnik ist
die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen, die u.a. die Zulieferungen für die Automobilin-
dustrie und die Energiewirtschaft umfassen. Nach starken Produktionszuwächsen hat sich die
Schrittfolge hier zuletzt allerdings verlangsamt.
Die Elektroindustrie ist gut gerüstet für die Zukunft: 40 % des Umsatzes werden mit Produkt- und
Sortimentsneuheiten erzielt und rund 80 % der Unternehmen tätigen regelmäßig Innovationen. Die
Elektroindustrie: Innova-
F&E-Ausgaben liegen mit 12 Mrd. € jährlich bei rund 7 % des Umsatzes. Die Branche profitiert
tiv und wettbewerbsfähig
vom zunehmenden Einsatz ihrer Produkte in der Automobilindustrie. Die zunehmende Bedeutung
der Elektromobilität könnte es der Branche zudem ermöglichen, weitere Wertschöpfungsanteile im
Fahrzeugbau zu gewinnen. Auch das Megathema „Steigerung der Energieeffizienz“ kommt der
Elektroindustrie zugute. Umsatzsteigerungen können sich hiervon Sparten wie die Automatisie-
rung, die Messtechnik oder die Haushaltsgeräteindustrie versprechen. Nicht zuletzt dürfte der
angestrebte Umbau der Energiewirtschaft für Impulse sorgen.
Weiteres verhaltenes Wachstum der Bautätigkeit
Die Bauinvestitionen dürften 2011 mit etwa 4 % sogar stärker ansteigen das das gesamtwirtschaft-
liche Wachstum mit rund 3 %. Deutliche Impulse gehen von allen drei Sparten aus, also dem
Wohnungs-, dem Wirtschafts- und dem öffentlichen Bau. Witterungsverhältnisse haben hierzu
beigetragen. So hatte der frühe Wintereinbruch im vierten Quartal 2010 die Produktion massiv
behindert. Im ersten Quartal 2011 kam es bei verhältnismäßig milder Witterung dann zu erhebli-
chen Nachholeffekten. Bereits jetzt lässt sich zudem absehen, dass das vierte Quartal 2011 zu
keinen ähnlich gelagerten Produktionseinschränkungen wie im Jahr zuvor führt.
Öffentlicher Bau stabiler als gedacht Deutsche Wohnungsbaugenehmigungen steigen wieder
Nominale Auftragseingänge, Indizes: Januar 2005 = 100 Pro Monat, saisonbereinigt
20000 20000
150 150
17500 17500
Öf f entlicher
140 140
Bau 15000 15000
130 130 Einfamilienhäuser
Wirtschaf tsbau 12500 12500
120 120 10000 10000
110 110 7500 7500
100 100 5000 5000
90 90 2500 Mehrfamilienhäuser 2500
Wohnungsbau
Zweifamilienhäuser
80 80 0 0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Wohnungsbaugenehmigungen liegen in den ersten neun Monaten 2011 um gut ein Fünftel
über Vorjahresniveau, so dass mehr als 200.000 Wohnungen genehmigt werden dürften. Dies wird
2011 mehr als 200.000
auch 2012 noch für Impulse sorgen und die Zahl der Fertigstellungen auf 200.000 Einheiten he-
Wohnungen genehmigt
ben, nach schätzungsweise 180.000 in diesem Jahr. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung wird das Wohnungsbauvolumen mittlerweile allerdings zu 78 % vom
Ausbau getragen und allein gut ein Drittel des Ausbauvolumens in Deutschland besteht heute aus
energetischen Sanierungen. Schon seit langem wird die Entwicklung im Wohnungsbau vom Aus-
bau bestimmt. Und in diesem Bereich sind die Bedingungen zur Zeit ambivalent. Zwar sind die
Hypothekenzinsen weiterhin auf Rekordtief und der Arbeitsmarkt hat sich bis zuletzt verbessert.
Allerdings sind die KfW-Förderkredite insbesondere für Sanierungen 2011 deutlich zurückgegan-
gen. Bauherren halten sich u.a. auch deswegen zurück, weil sich die angekündigte zusätzliche
Helaba Volkswirtschaft/Research · 19. Dezember 2011· © Helaba 5
6. Branchenfokus: Deutsche Industrie mit Tempoverlust
Förderung der energetischen Sanierung durch die Einwände des Bundesrates zumindest verzögert.
Dies dürfte die Investitionstätigkeit im nächsten Jahr belasten. 1 Zusätzlich gilt für den Wohnungs-
bau wie für alle anderen Bausparten, dass der positive Witterungseffekt im Jahr 2011 das Wachs-
tum 2012 belastet, da das Ausgangsniveau nun sehr hoch ist. In der Summe dürften die Woh-
nungsbauinvestitionen 2012 nur noch um 1,5 % ansteigen, nach etwa 4 % in diesem Jahr.
Ein geringeres Wachstum ist 2012 auch im Wirtschaftsbau zu erwarten. Angesichts der sich ein-
trübenden Konjunktur und der anhaltend hohen Unsicherheit bezüglich der Schuldenkrise wird
Konjunkturprogramme
sich die Investitionstätigkeit der Unternehmen abschwächen. Zwar haben sich auch die gewerbli-
endgültig ausgelaufen
chen Genehmigungen 2011 positiv entwickelt. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob auch alle Pro-
jekte umgesetzt werden. Für den öffentlichen Bau muss 2012 sogar mit Rückgang der Bautätigkeit
gerechnet werden. Die Konjunkturpakete hatten verteilt über die letzten drei Jahre einen Investiti-
onsimpuls von insgesamt über 10 Mrd. € zur Folge. Da diese positiven Effekte für die öffentlichen
Haushalte 2012 wegfallen, kommt es im nächsten Jahr trotz einer verhältnismäßig günstigen Steu-
erentwicklung zu einem Rückprall. Trotz alledem dürften die gesamten deutschen Bauinvestitio-
nen – ausgehend von dem hohen Niveau in diesem Jahr – 2012 um etwa 1 % zulegen.
Schwache Dynamik auf hohem Niveau
Nettoproduktion
real
Veränderung gegenüber Vorjahr in %
2010 2011s 2012p
Produzierendes Gew erbe 10,1 8,0 1,5
Verarbeitendes Gew erbe 11,7 9,0 1,7
Ernährungsindustrie 1,5 1,0 1,0
Nahrungs- u. Futtermittel 1,5 0,7 1,0
Getränke 1,0 3,0 0,8
Chemieindustrie (ohne Pharma) 17,3 2,5 1,0
Pharmaindustrie 0,3 6,0 2,0
Stahlindustrie 31,4 6,0 1,0
Maschinenbau 10,2 14,0 3,0
Elektroindustrie 14,7 15,0 4,0
DV-Gertäte, elktr./opt. Geräte 15,7 20,0 5,0
Elektr. Ausrüstungen 17,2 6,0 3,0
Automobilindustrie 24,8 14,0 2,0
Bauhauptgew erbe 0,2 9,0 1,0
Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research
1
Vgl. hierzu: DIW-Wochenbericht Nr. 48, 20011; Bauwirtschaft: Stagnation nach starkem Wachstum, S. 3-13, hier S. 7
Helaba Volkswirtschaft/Research · 19. Dezember 2011· © Helaba 6