Big Data verändert auch die Medizin. Diego Kuonen, Professor für Datenwissenschaft, weiss, wie.
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A Swiss Statistician's 'Big Tent' View on Big Data and Data Science (Version 10)
WB-Interview vom 14. November 2018
1. WALLIS6 Walliser Bote
Mittwoch, 14. November 2018
Technologie | Big Data verändert auch die Medizin. Diego Kuonen, Professor für Datenwissenschaft, weiss, wie
«Politiker denken, es reiche, wenn
man alle Daten irgendwo speichert»
WALLIS | Wie eigentlich
alle Bereiche, verändern
Digitalisierung und Big
Data auch die Medizin.
Wie das vonstattengehen
könnte, skizziert Prof.
Dr. Diego Kuonen morgen
Donnerstag in Susten
(siehe Kasten). Der «Walli-
ser Bote» hat beim Big-
Data-Spezialisten nach-
gefragt.
Diego Kuonen, das Wich-
tigste zuerst: Welche
Chancen hält Big Data –
also die Erhebung und
Auswertung riesiger
Datenmengen – für die
Medizin bereit?
«Chancen ergeben sich überall
dort, wo man Abläufe automa-
tisieren kann. Im Bereich Ge-
sundheit könnte dies beispiels-
weise bei der Diagnostik sein.
Etwa, indem eine künstliche
Intelligenz die Symptome eines
Patienten mit zahlreichen an-
deren Patientenakten ver-
gleicht und so einen Diagnose-
vorschlag machen kann. Oder
indem sie bei MRI-Bildern auto-
matisch bestimmte Muster er-
kennt. Natürlich ist es schluss-
endlich immer noch der Arzt,
der die Diagnose stellen muss,
aber mit Big Data könnte er
eine extreme Effizienzsteige-
rung seiner Arbeit erzielen.
Und so mehr Zeit für seine Pa-
tienten haben: mehr Zeit, um
menschlich zu sein.»
Je mehr Daten vorliegen,
desto mehr Wissen kann
generiert werden?
«Nein! Klar ist es das Ziel, dass
die Daten einen Mehrwert ge-
nerieren. Nur Daten zu sam-
meln bringt aber nichts. Statt-
dessen geht es darum, sich
erstens zu fragen: Was mache
ich mit diesen Daten und wel-
che Erkenntnisse können sie
liefern? Und zweitens natür-
lich, dann auch die richtigen
Daten in hoher Qualität zu
sammeln. Daten, denen man
vertraut.»
«Dank Big Data
könnte der Arzt
mehr Zeit für
seine Patienten
haben»
Ist das denn heute
oftmals nicht der Fall?
«Nehmen wir zum Beispiel die
Idee des elektronischen Patien-
tendossiers. Politiker haben oft
das Gefühl, es reiche, wenn
man einfach alle Gesundheits-
daten irgendwo zentral spei-
chert. Richtig wäre aber, dass
man aus den Daten auch etwas
lernen kann. Das bedingt na-
türlich einen Kulturwechsel:
Der Nutzer der Technologie
muss bereit sein, sich kontinu-
ierlich zu verbessern. Dass die
Menschen damit Mühe haben,
ist nicht nur in der Medizin so,
sondern betrifft alle Bereiche.
Dennoch: Bevor man einfach
einen Datenfriedhof schafft,
sollte man sich fragen, wie die
Ärzte und die Patienten zum
elektronischen Dossier stehen,
und welchen Mehrwert diese
Daten bringen werden.»
Nun, die künstliche Intel-
ligenz könnte die Patien-
tendaten vergleichen und
den Arzt so bei der Diag-
nostik unterstützen, wie
Sie erläutert haben…
«Natürlich, aber man muss den
Daten vertrauen können. Ein
Beispiel: Je mehr Käse eine Per-
son in den USA verzehrt, desto
mehr verheddert sie sich in
ihrem Bettlaken und stirbt. Ein
zufälliger Zusammenhang, der
sich bei grossen Datenmengen
immer finden lässt.»
Google, Apple oder Face-
book sammeln bekannt-
lich fleissig Daten über
uns. Vertraut denn Apple
den Gesundheitsdaten, die
mein Smartphone ihren
Rechnern liefert?
«Tatsächlich misst ein Smart-
phone vielleicht meine Schrit-
te. Es kann sogar hören, wenn
ich huste, und registriert, dass
ich nach ‹Erkältung› google. Je
nachdem erscheint bei mir
dann irgendwo eine Werbung
für Turnschuhe oder einen
Hustensaft. Dabei stützen sich
diese Firmen auf Sekundär-
daten, also das Geräusch des
Hustens und meine Internet-
suche. Das sind zwar keine Pri-
märdaten – was in diesem Fall
die Diagnose durch einen Arzt
wäre. Das ist im Werbekon-
text aber auch nicht weiter
schlimm. Allenfalls erhalte ich
eine Werbung für etwas, das
ich nicht benötige.»
«Meinen Kin-
dern versuche
ich beizubrin-
gen, sich immer
zu fragen, wo-
her eine Zahl
stammt»
Dennoch fühlt man sich
nicht wohl dabei, wenn
man sich überlegt, was
diese Unternehmen alles
über die eigene Person
wissen.
«Das ist nun mal ihr Geschäfts-
modell. Anhand von Sekundär-
daten suchen sie nach werbe-
technisch sinnvollen Zusam-
menhängen. Der Nutzer macht
das Spiel mit und erhält auf ihn
zugeschnittene Werbung, wo-
durch Google und Co. riesige
Umsätze erzielen. Man darf al-
lerdings nicht vergessen, dass
sich diese Unternehmen nicht
für die Person Diego Kuonen
interessieren. Stattdessen stel-
len sie Zusammenhänge her
für Männer in meinem Alter,
mit meinen Interessen und mit
derselben körperlichen Betäti-
gung usw. Und was den Daten-
schutz angeht, so ist dieser eine
Top-Priorität dieser Unterneh-
men. Schliesslich leben sie vom
Vertrauen der Öffentlichkeit in
ihre Produkte.»
Zurück zur ursprüngli-
chen Frage: Wie kann
Big Data die Gesundheit
der Menschen ausserdem
verbessern?
«Grosse Chancen sehe ich etwa
in Ländern mit wenig Primär-
daten, also vor allem in Ent-
wicklungsländern. Diese wis-
sen beispielsweise oftmals
nicht, wie viele Menschen im
Land Hunger leiden. Hier gibt
es ein riesiges Potenzial, sich
dem Problem mittels Sekun-
därdaten zu nähern. Etwa, in-
dem mit Satellitenbildern Dür-
reperioden und Trockenheit
gemessen werden. Big Data
kann so relativ schnell ein gro-
bes Bild der Lage zeichnen
und helfen, faktenbasierte
Entscheidungsgrundlagen zu
generieren.»
Vor einiger Zeit gab es die
Hoffnung, dass Google an-
hand der Häufigkeit der
Suchanfragen beispiels-
weise die Entwicklung von
Grippeepidemien sozusa-
gen in Echtzeit anzeigen
kann. Das hat sich nicht
bewahrheitet.
«Nein, wobei das Thema vor
allem von Medien und Politi-
kern aufgebauscht wurde. Goo-
gle selbst wusste immer um die
Grenzen der Idee. Das Problem
ist: Wenn beispielsweise im
Fernsehen von einer grossen
Grippeepidemie in Asien die
Rede ist, steigen die Suchanfra-
gen nach Grippe auch im Wal-
lis. Zudem hat auch nicht jeder
eine Grippe, der danach sucht,
sondern vielleicht nur eine Er-
kältung. Auch hier bräuchte
man also verlässliche Primär-
daten, um wirklich eine aussa-
gekräftige Statistik machen zu
können.»
«Was es bräuch-
te, wäre ein Fach
Datenkunde, um
früh einen intui-
tiven Umgang
mit Daten zu
erlernen»
Wie sieht es aus, wenn in
der Zeitung steht, dass die
Krankheit XY im letzten
Jahr um zehn Prozent öf-
ters aufgetreten ist?
Vertrauen Sie solchen
Zahlen?
«Meinen Kindern versuche ich
beizubringen, sich immer zu
fragen, woher eine Zahl
stammt. Wer behauptet, dass
die Krankheit XY um zehn Pro-
zent zugenommen hat? Und
wie klar ist die Krankheit defi-
niert? Wie viele erkrankte Per-
sonen bedeuten diese zehn
Prozent? Wurde im Vorjahr
nach denselben Kriterien ge-
messen? Meiner Meinung
nach lassen die Menschen die-
ses Hinterfragen, das Auf-den-
Grund-Gehen heute leider et-
was vermissen. Daran schuld
sind einerseits die Medien, die
vielleicht eine gute Story se-
hen und die Nachricht mit
einem knackigen Titel mit
einer ‹unglücklichen› Grafik
versehen.»
Und andererseits?
«Zweitens ist auch die Politik
gefordert. Überall soll heute
digitale Kompetenz gelehrt
werden. Um die Technologie
kennenzulernen, erhalten die
Kinder ein Tablet oder einen
Laptop. Was es bräuchte, wäre
aber auch ein Fach ‹Datenkun-
de›, um früh einen intuitiven
Umgang mit Daten zu erler-
nen. Für viele Junge sind Goo-
gle und Wikipedia die ganze
Wahrheit. Einmal etwas zu-
sätzlich im Brockhaus nachzu-
schlagen, käme ihnen nicht in
den Sinn.»
Interview: Fabio Pacozzi
Spezialist. Diego Kuonen referiert morgen im Zentrum Sosta über den Zusammenhang von Big Data und Medizin. FOTO WB
Jubiläumsanlass 175 Jahre VSÄG
Anlässlich ihres 175-Jahr-Jubiläums lädt die Walliser Ärztegesellschaft morgen Don-
nerstag alle interessierten Personen ins Sustner Zentrum Sosta. Unter dem Motto
«Iischi Gschicht isch ewi Gschicht – 175 Jahre VSÄG im Spiegel des gesellschaftlichen
Wandels» werden den Besuchern zwischen 13.30 und 19.00 Uhr interaktive Vorträge
sowie eine Debatte über die Entwicklungen in der Gesundheitspolitik geboten. Im
Anschluss wird ein Apéro riche serviert.
ZUR PERSON
Prof. Dr. Diego Kuonen (45) ist
Inhaber des Beratungsunter-
nehmens Statoo Consulting.
Der geborene Zermatter hat
ausserdem ein strategisches
Mandat beim Bundesamt für
Statistik inne und ist Professor
für Datenwissenschaft an der
Universität Genf. Kuonen war
zwischen 2009 und 2015 Prä-
sident der Schweizerischen
Gesellschaft für Statistik und
gilt weltweit als eine der be-
deutendsten Kapazitäten auf
seinem Gebiet. Der Mathema-
tiker und promovierte Statisti-
ker lebt mit seiner Familie in
Bern.
2. Redaktion Telefon 027 948 30 00 | Aboservice Telefon 027 948 30 50 | Mediaverkauf Telefon 027 948 30 40www.1815.ch Auflage 20 001 Expl.
AZ 3930 Visp | Mittwoch, 14. November 2018
Nr. 263 | 178. Jahrgang | Fr. 3.00
Bern/Wallis | Lötschberg-Komitee wirbt für seinen Basistunnel
Für einen raschen Ausbau
«Wir brauchen die Kapazitäten». Viola Amherd, Geschäftsführerin des Lötschberg-Komitees. FOTO KEYSTONE
Naters | Mitglieder der Schulkommission werfen Handtuch
Rücktrittswelle
Das Verhältnis zwischen
den Mitgliedern der
Natischer Schulkommis-
sion und Schulpräsident
Bruno Lochmatter war
seit Monaten kein ein-
faches. Nach einer Eska-
lation der Situation sind
inzwischen fünf Kommis-
sionsmitglieder zurück-
getreten.
Was fällt konkret in den
Aufgabenbereich einer Schul-
kommission? Eine Frage, auf
die die Verantwortlichen
in Naters seit Monaten keine
für beide Seiten akzeptable
Antwort finden konnten. Die
verhärteten Fronten führten
schliesslich zur Eskalation.
| Seite 9
Vakant. Die Schulen in Naters brauchen neue Kommissions-
mitglieder. FOTO WB
Raron | Spatenstich für Eishalle erfolgt
Durchstarten
Planskizze. So soll sich die neue Halle künftig innen
präsentieren. GRAFIK ZVG
KOMMENTAR
Entscheidende
Aussensicht
Die Aufgaben der Schulkommis-
sionen haben sich in den ver-
gangenen Jahren stark verän-
dert. Spielten sie beispielsweise
früher bei der Besetzung von
Lehrerstellen noch eine entschei-
dende Rolle, hat sich ihr Mit-
spracherecht inzwischen deut-
lich reduziert. Die Kommissions-
mitglieder dürfen bestenfalls
noch zustimmend nicken. Denn
verständlicherweise freut es
professionelle Schulleitungen
wenig, wenn ihnen Kommis-
sionsmitglieder ohne Bezug zur
Bildungsbranche Empfehlungen
zu Stellenbesetzungen abgeben
können. Aus dem einfachen
Grund, dass professionell aufge-
stellte Schulleitungen auf quasi
alle schulspezifischen Fragen
kompetentere Antworten finden
dürften, als es Berufslaien in der
Lage sind. Umso mehr wird es
Schulleitungen ärgern, dass die
Kommissionen in der Hierarchie
über ihnen stehen. Folglich wäre
es logisch, Kommissionsmitglie-
der mit so wenig Entscheidungs-
kompetenzen wie möglich aus-
zustatten und sie an der kurzen
Leine zu halten, möchte man
denken.
Dabei geht jedoch ein wichtiger
Punkt vergessen. Die unvorein-
genommene Sicht eines Aussen-
stehenden. Genauso wie Politi-
ker gut daran tun, sich Meinun-
gen von nicht politisch denken-
den Menschen anzuhören,
können Lehrer davon profitie-
ren, wenn beispielsweise einmal
ein Kommissionsmitglied bei
ihnen im Unterricht sitzt und
Dynamiken wahrnimmt, die
vom geschulten Lehrerauge sys-
tematisch übersehen werden.
Martin Schmidt
9 7 7 1 6 6 0 0 6 5 0 0 5
3 0 0 4 6
Wallis
Big Data
Die Digitalisierung wird
auch die Medizin verän-
dern.Wie, erklärt Diego
Kuonen. | Seite 6
INHALT
Wallis 2 – 14
Traueranzeigen 12
Sport 15 – 19
Ausland 21/22
Schweiz 23/25
Wirtschaft/Börse 24
TV-Programme 26
Wohin man geht 27
Wetter 28
Wallis
56 Millionen
Brig-Glis mit Stadtpräsi-
dent Louis Ursprung will
bis 2022 gut 56 Millionen
investieren. | Seite 8
Sport
Unfertig schön
Schöner Moment, aber
unfertiges Bild. Interview
mit Bruno Aegerter über
den EHC Visp. | Seite 15
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Verkauf ab05.11.2018
CHF 117.–
Schnupperabo
pro Person
ab
Der Traum des EHC
Raron beginnt Gestalt
anzunehmen. Gestern
hat auf dem Gelände im
Moos der Spatenstich
stattgefunden.
Derweil man das rund 4,8 Mil-
lionen Franken teure Werk nun
endlich in Angriff nehmen
kann, sind die Verantwortlichen
des EHC Raron hinter den Kulis-
sen immer noch daran, von
Gönnern und Spendern fleissig
Geld zu sammeln. Schliesslich
soll das Fremdkapital so tief wie
möglich gehalten werden, da-
mit die neue Eishalle so schnell
wie möglich amortisiert werden
kann. | Seite 11
Ein rascher Ausbau des
Lötschberg-Basistunnels
auf Doppelspur ist für
das Lötschberg-Komitee
unabdingbar. Geht alles
nach Plan, könnte die
Realisierung Ende 2028
abgeschlossen sein.
Bis dahin ist der Weg aber noch
lang. Und hat nach der Aufnah-
me des Basistunnels in den
Ausbauschritt 2035 noch man-
che Hürde zu nehmen. «Ein
Zurücklehnen wäre deshalb
jetzt ein falsches Signal», zeigte
sich Nationalrätin Viola Am-
herd gestern tief im Berg bei
einer Ortsschau überzeugt. Als
Geschäftsführerin des Lötsch-
berg-Komitees moderierte sie
eine Medienorientierung mit
den Verantwortlichen von Poli-
tik und BLS. | Seite 3
| Aboservice Telefon 027 948 30 50 | Mediaverkauf Telefon
Heute mit
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