1. Imageanalyse (1): Autobauer
Crashtest fürs Image
Welche Autohersteller Die Gesamtreputation der Hersteller
genießen die beste
Qualität
Reputation im Netz? �
Kuhn, Kammann &
Kuhn und Hidden mangelhaft
nachlässig
Qualität
ohne Mängel
praktisch
Images nahmen für unpraktisch
weitsichtig sehr bekannt
Empfehlung
das prmagazin misslungen
schlechter Service
unsolide
positiv
Skoda
Peugeot
erreichbar
hochwertig
deutsche Foren,
schlecht wertvoll
Opel bekannt
offen verlässlich
Blogs, Webseiten unzufrieden
Renault
hervorragend fehlerlos
viele Extras
Porsche
und Onlinemedien minderwertig
fair
Vertrauen
Verständnis
distanziert
Mercedes positives Bild Erfahrung
einzigartig
unter die Lupe. negativ �
schlechtes Image
kalt
Toyota
Audi
VW Anerkennung
Respekt
attraktiv
exzellent
� positiv
gutes Image
Ergebnis: Die Franzosen
Perfektion
unzuverlässig negativ BMW
billig
fahren den Deutschen abgewertet
Misstrauen
unattraktiv
dynamisch
entgegenkommend
zumindest in Sachen Ford
unerfahren
Design
repräsentativ
Interesse
höflich
Ökologie und Nach unsympathisch behaftet
unglaubwürdig
altmodisch
haltigkeit weit voraus.
freundlich
sympathisch
unfreundlich Unverständnis ehrlich
unbekannt
schlechtes Bild
Die Nähe eines Begriffs
zur Marke zeigt, wie
�
häufig er online mit ihr
Emotion verbunden wird.
F
rankreich hat sich im Umwelt und Klimaschutz Und die Deutschen? Offenbar haben die einheimi
bisher wenig hervorgetan. Ein Land, das so stark schen Qualitätsmarken das Thema Nachhaltigkeit den
auf Atomstrom setzt, dürfte es auch schwer haben, Franzosen überlassen. Kommunikativ stehen sie vor ty
ein grünes Image aufzubauen. Als ÖkoEuropameister pischen Ingenieursproblemen: „Bluetec“ (Mercedes) und
kämen eher Atomaussteiger Deutschland sowie die skan „EfficientDynamics“ (BMW) sind Vokabeln, die stark
dinavischen Länder in Frage. den technischen und damit rationalen Aspekt betonen.
Doch weit gefehlt: In der Automobilindustrie haben
französische Hersteller beim Thema Nachhaltigkeit die Nachhaltigkeit braucht Emotion Die Nachhaltig
europäische Konkurrenz abgehängt. Das zeigt die Unter keitsdiskussion ist aber sehr emotional, sie hat viel mit
suchung ihrer Onlinereputation von Kuhn, Kammann & bürgerlichen Werten und der Rückbesinnung auf eine
Kuhn und Hidden Images. Allen davon fährt Peugeot. grundsätzliche Bescheidenheit ohne allzu große Show
Die Marke wird mit Begriffen wie „Erhalt“, „Schutz“, effekte zu tun, wie die aktuelle Diskussion um den so
„Zukunft“ und „Sicherung“ verbunden (siehe Grafik genannten „Lohas“ zeigt (Lifestyle of Health and
Seite n) – pathetischen Schlagwörtern, die stark Sustainability). In diesem Klima fährt man eher mit
profilbildend wirken. Renault, fast genauso präsent, brin einem Peugeot zum Ökomarkt als mit einem Audi über
gen die Quellen mit denselben Vokabeln in Verbindung. die Autobahn ins Designeroutlet.
30 prmagazin 7 2008
2. Imageanalyse (1): Autobauer
Im Feld „Produktqualität“ gibt es ebenfalls über
raschende Ergebnisse: Renault ist zur Stil und Niveau
marke emporgestiegen – auf Augenhöhe mit Mercedes. „Hidden Images“
Die Qualität der DaimlerFahrzeuge wird eher kritisch Der elektronische Meinungsforscher
gesehen, doch „Schönheit“, „Genuss“ und „Eleganz“
sind immer noch die Stärken der Marke.
Audi steht fast ausschließlich für Spaß und Lebens Im Internet gibt es unzählige Websites, Foren, Blogs und
gefühl, ist „geil“, „cool“ und schlägt als Sportmarke Plattformen – und überall wird über Unternehmen und
BMW und Porsche deutlich. Die Schattenseite: Die Marken diskutiert. Die Software „Hidden Images“ versucht,
Sprache wirkt teilweise pubertär, und von „Klasse“ und die Quellen systematisch auszuwerten.
„Perfektion“ ist die Marke weit entfernt (siehe Grafik
Seite n).
Porsche ist Kunst PorscheProdukte dagegen haben
D ie vorliegende Untersuchung umfasst die zehn in Deutschland nach
Zulassungszahlen führenden Automarken sowie Porsche. In der
Studie wurden Felder wie Nachhaltigkeit, Reputation und Produktquali
in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch mit einem tät analysiert. Spitzenreiter bei den Trefferzahlen war am Tag des Zu
Auto zu tun – sie werden eher als Kunstgegenstände be griffs (17. Mai 2008) BMW mit 2,1 Millionen Nennungen, Schlusslicht
trachtet, als „einzigartig“, „ergreifend“ und „faszinie Škoda kam immerhin auf knapp 400.000.
rend“. Bei Škoda erkennt man „Qualität“ und „Hoch Angesichts der Zahlen führt an einer automatisierten Auswertung der
wertigkeit“ an und registriert das Drängen in die Funde kein Weg vorbei. Die Software „Hidden Images“ erledigt diese
Oberklasse. Die Kehrseite: Viele Quellen verbinden Fleißarbeit. Zunächst trägt ein so genannter Metacrawler mithilfe von
Škoda auch mit „teuer“. Suchmaschinen sämtliche online verfügbaren Texte zusammen, in denen
Toyota – lange weltweit das Vorbild in Sachen Zuver die untersuchten Marken im Zusammenhang mit bestimmten, vorab
lässigkeit und Qualität – wird in diesem Zusammenhang definierten Begriffen erwähnt werden. Beispielsweise enthält der Wort
gar nicht wahrgenommen. Themen der japanischen schatz zum Thema Nachhaltigkeit rund 120 Begriffe plus deren
Marke sind nur noch Technologie und der Hybrid Synonyme. Die Palette reicht von „Abgase“ bis „zukunftsfähig“. Bei der
antrieb. Sympathie, Emotionen oder gar Leidenschaft? Suche berücksichtigt die Software Onlinemedien und die Websites von
Fehlanzeige. Selbst Opel scheint durch die Anstrengun TVSendern ebenso wie Beiträge in Foren und Weblogs. Printmedien
gen der vergangenen Jahre mehr positive Aufmerksam werden vor allem über ihre Onlineausgaben erfasst. Tabu sind nur die
keit auf sich zu ziehen als die Japaner – zumindest im Homepages der untersuchten Unternehmen: Eigenlob wird ignoriert.
Hinblick auf die vermutete Qualität und das generelle Hat der Metacrawler die Fundstellen zusammengetragen und zentral
Image. gespeichert, kommt „Hidden Images“ zum Einsatz. Zuerst werden abso
Ausschlaggebend für die Reputation eines Herstel lute Trefferzahlen ermittelt – je öfter ein Unternehmen im Zusammen
lers sind die Aspekte Qualität, Stil und Praktikabilität. hang mit einem Begriff auftaucht, desto wichtiger ist dieser. In der gra
Corporate Social Responsibility spielt weder als Begriff fischen Darstellung drückt sich die Bedeutung durch den Abstand aus:
noch inhaltlich eine Rolle – offenbar erwartet das Wichtige Begriffe liegen näher am Markennamen, irrelevante bleiben auf
Publikum, dass ein Autohersteller in erster Linie über Distanz. Bei den Abbildungen in diesem Beitrag wurden die Ergebnisse
seine Produkte Anerkennung erwirbt. Auch das Quali zur besseren Verständlichkeit zusätzlich in vier Quadranten sortiert.
tätsthema liegt heute gefühlt eher bei den Franzosen, Die Auswertung der absoluten Zahlen erlaubt noch keinen Rück
allen Pannenstatistiken zum Trotz. Peugeot ist hier ein schluss darauf, wie stark ein Unternehmen im betrachteten Feld profiliert
deutig profiliert über „Empfehlung“, „Zuverlässigkeit“ ist. Grund: Ein Hersteller, der eine Million mal genannt und bei jedem
und „Qualität“. zehnten Treffer im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit erwähnt wird,
bringt es auf dieselbe Zahl von Nennungen wie der Mitbewerber, der nur
Ford schmiert online ab Beim Punkt „Werterhalt“ halb so oft zu finden ist, aber bei jedem fünften Eintrag mit dem Begriff
ist Peugeot ähnlich präsent wie Mercedes. Volkswagen verbunden wird. Um eine Rangfolge zu ermitteln, greifen die Statistiker
steht für Begriffe wie „Verständnis“, „Anerkennung“, auf Erwartungswerte zurück: Aus den Daten leiten sie ab, mit wie vielen
„Erfahrung“ – die guten alten Vertrauenswerte. Unter Nennungen ein durchschnittlich profiliertes Unternehmen rechnen kann.
den stärksten Reputationstreibern der Wolfsburger ist Dann lässt sich ermitteln, wer öfter als erwartbar mit Nachhaltigkeit in
allerdings auch „altmodisch“. Unterrepräsentiert ist VW Verbindung gebracht wird, also in diesem Bereich hohe Reputation
bei „Zukunftsfähigkeit“ und „Dynamik“. genießt, und wer hinter den statistischen Erwartungen zurückbleibt.
Ganz am Ende der Skala steht Ford: Die Marke ist Die softwaregestützte Auswertung ist relativ immun gegen Manipula
stigmatisiert durch Begriffe wie „schadhaft“, „proble tionsversuche oder Verzerrungen, die bei Befragungen entstehen kön
matisch“, „billig“. Kein anderer Autobauer ist so negativ nen. Auch gelingt es, einmalige Ereignisse – etwa eine Preisverleihung –
besetzt. Carsten Rossi/Mathias Bucksteeg n sinnvoll in den gesamten Kommunikationszusammenhang einzuordnen:
Löst das Ereignis Diskussionen und Erwähnungen im Internet aus, steigt
damit automatisch seine Relevanz. Bleibt es ohne Echo, verschwindet es
– zu Recht – in der Masse der Nennungen. n
prmagazin 7 2008 31
3. Imageanalyse (1): Autobauer
Nachhaltigkeit:
Deutsche Automarken in der Imagefalle
Mit sportlichen Komparativen à la schneller, höher, weiter ist in Sachen Nachhaltigkeit
kein Blumentopf zu gewinnen. Statt Ökologie als bloßes Ausstattungmerkmal zu verkaufen,
sollten sich die Hersteller konsequent darauf ausrichten.
S tuttgart, Zuffenhausen, Ingolstadt und München
werden in absehbarer Zeit kaum der Nabel der
Nachhaltigkeitswelt sein. Zu lange haben die dort an
jedenfalls zeichnet sich der potentielle Abstieg schon
ab. Die wirklich wichtigen Player kommen von jen
seits des Rheins.
sässigen Autobauer Imagefaktoren und eine Marken
politik gepflegt, die in den aktuellen Diskussionen Franzosen passen zum Zeitgeist Dass ausge
um CO2Ausstoß, Klimawandel und hohe Spritpreise rechnet die französische Konkurrenz in diesem Punkt
kaum Punkte bringen. Die Olympioniken des „sport an den deutschen Herstellern vorbeizieht, ist aller
licher, schneller, exklusiver“ könnten sich angesichts dings weniger deren aktives Verdienst als vielmehr
der globalen Trends schnell als Hobbysportler ent der Gunst der Stunde geschuldet. Peugeot und Re
puppen. In der im Internet veröffentlichten Meinung nault haben ein – viele Jahre lang eher nachteiliges –
Markenguthaben, das heute perfekt in den
Zeitgeist passt. Sie gelten nicht als sport
Das Image der Automobile lich, dafür aber als wendig. Sie sind nicht
exklusiv, sondern haben Stil. Fahrer eines
Niveau
�
Renaults oder Peugeots schwimmen eher
Spitzenklasse mit, als dass sie drängeln. Kurz: Diese
erstklassig
Leistung hochwertig Marken sind sozial, umwelt und zudem
Individualität Sorgfalt Fahrfreude Klasse
originell noch geldbeutelverträglich. Mit diesen
Effizienz Freiheit verlässlich Genuss
Kreativität alltagstauglich agil dynamisch Markenattributen lässt sich momentan gut
Auszeichnung
elitär
ausdrucksvoll
Oberklasse wuchern.
teuer faszinierend
Risiko
Effektivität Um dem Paroli bieten zu können, ge
Lebensgefühl
Entwicklung Skoda nügt es nicht, Umweltverträglichkeit als
Pannen Perfektion
Peugeot
rücksichtslos exklusiv Opel
luxuriös einzigartig
Ausstattungsdetail zu verkaufen. Selbst
edel
langsam
Angeber Design aktiv aufregend
anziehend
Toyota, als Anbieter von Hybridfahrzeu
nicht alltagstauglich Renault stark beeindrucken
Alltag exzellent niveauvoll gen eigentlich Anwärter auf eine Top
MercedesVW repräsentativ
Ford elegant platzierung, spielt im Onlinediskurs
negativ � Porsche
super
� positiv
riskant
BMW Phantasie Rennen Sport
überraschend keine wichtige Rolle: Die
zweitklassig nicht alltäglich Freude Deutschen sehen den Hybridantrieb offen
alt High Tech kundig mittlerweile als technische Spie
Toyota spannend
preiswert lerei und diskutieren immer seltener
Innovation darüber.
uncool
einfallsreich Audi fesselnd Das zeigt, dass technische Features kaum
Performance Lifestyle
Reiz Imagegewinn bringen. Und deshalb fährt
No Limits Neugier
Speed
auch Mercedes mit seinem bunten und
Adrenalin geil
ziemlich unüberschaubaren Konglomerat
herausfordernd
von Aggregaten und Maßnahmen unter
�
mehreren Labels ohne klare Positionie
Reiz rung zumindest kommunikativ eher an die
Wand als in die Zukunft.
32 prmagazin 7 2008
4. Imageanalyse (1): Autobauer
Als bester deutscher Autobauer kann in diesem Um demonstrieren und die Marke neu zu positionieren,
feld Volkswagen gelten. Bei allen Defiziten beweisen braucht es mehr als technische Vokabeln: Gefordert
die Wolfsburger mit dem „Blue Motion“Label wenigs sind stattdessen starke Botschaften, sichtbare Verän
tens ansatzweise ein gutes Gespür für kommunikative derungen und ein aktiv kommuniziertes und gelebtes
Trends und eine deutliche Positionierung.
Zum einen erscheint das „Blue“ in Ver
bindung mit „Motion“ sinnvoller als das Die Reputation der Hersteller im Bereich Nachhaltigkeit
„Blue“ in Kombination mit den Schlag
wörtern „Hybrid“, „Efficiency“ oder „Tec“ Technik
bei Mercedes. Denn obwohl der zweite �
„MAP Report“ von Getty Images recht
Innovation
deutlich zeigt, dass weltweit „grün“ mit
sauber
Umwelt assoziiert wird, ist es ein konse Toyota
Hybrid
quenter Schachzug, eine der Primärfarben
clean
des Unternehmens mit Nachhaltigkeit
aufzuladen. 3-Liter
Zum anderen zeigt VW mit der Einfüh neue Technologie
rung einer ganzen Linie unter dem Label veraltet
Porsche solide
„BlueMotion“, was Nachhaltigkeit bedeu ineffizient unökologisch
alte Technik Umweltverschmutzung Effizienz
tet – nämlich Konsequenz. Umso mehr, als
Ford dreckig Einsparung
Volkswagen darüber hinaus offensiv auf negativ � Renault � positiv
Audi BMW emissionsarm
allen Ebenen und zu allen Themen der VW sparsam
Verschwendung Opel wenig Abgase
Nachhaltigkeit kommuniziert und agiert. zerstören
Mercedes Peugeot rein
Skoda beständig
rücksichtslos
Biodiversity, Wasserverbrauch, Erdgas viel CO2
langfristig verbessern
ökologisch reduzieren
Verschlechterung
fahrzeuge – als Roadshow, Umweltprä Rückschritt weiter verringern dauerhaft
dikat und Webspecial. Volkswagen spielt verschmutzen
Verantwortung
zukunftsfähig
schaden erhalten
kommunikativ auf allen Kanälen und
hochwertig
steht damit immerhin am Anfang einer Klimaschutz
Schutz Umweltschutz
Veränderung. Übermorgen
Deutsche zu techniklastig Das ist
im Prinzip der richtige Weg, wenn auch �
ein langer. Denn noch wird VW eher mit Verantwortung
abgrenzenden Begriffen verbunden, mit
„Belastung“ und „Vergangenheit“. Und
die Strategie, auf Produktebene Umweltfreundlich Engagement jenseits des klassischen Markenkerns.
keit quasi als Sonderausstattung anzubieten, ist ris Warum nicht die vorhandenen Sponsoringressourcen
kant, denn die Deutschen messen die Umweltfreund neu verteilen und mit gespendeten Geländewagen
lichkeit von Marken nicht an einzelnen Produkten, den Regenwald retten, statt in Monaco die Leit
sondern am Gesamtbild. planken zu ruinieren?
Da wundert es nicht, dass Audi am Ende der Skala Es mag sein, dass manche Veränderungen das Aller
steht und in Sachen Nachhaltigkeit vollkommen ohne heiligste einer Marke berühren. Aber wie auch der
Profil bleibt. BMWs „EfficientDynamics“ besitzt als 13. Deutsche Trendtag in diesem Jahr ergab: Eine
(ingenieurs)technischer Hintergrundbegriff eine we Marke darf kein statisches Bild mehr sein. Es geht
sentlich geringere Sichtbarkeit als das Volkswagen vielmehr um fortwährendes und aktives Identitäts
Label. management. Die Markenidentät ist in Interaktion
Wollen die deutschen Marken die Gunst der Stunde mit den Erwartungen der Kunden zu leben. Ein
für sich nutzen, müssen sie Nachhaltigkeit konse facher gesagt: Es überlebt, wer sich verändert – und
quent beweisen. Um einen deutlichen Wechsel zu die Veränderung kommuniziert. n
prmagazin 7 2008 33