Überlegungen zur Verringerung der Distanz Redaktion - Leser. Vortrag bei der DJV-Fachtagung "Besser Online 2012" Prof. Dr. Martin Welker (Universität Leipzig)
3. Bisher: Zunehmend aktives,
aber machtloses Publikum
Mehrheit deutscher Chefredakteure: Leserbeiträge werden zukünftig
keinen Bedeutungsgewinn erfahren (Mast 2007)
Einschätzung des Einflusses des Publikums durch Journalisten:
sinkend (Vergl. 1993 zu 2005: 34% auf 23%) (Weischenberg, Malik,
Scholl 2006)
Immerhin: Bei Lokal- und Regionaljournalisten wird der Einfluss des
Publikums aktuell etwas höher eingeschätzt (33%)
Aber: Offenbar steigende Reaktionsfreudigkeit des Publikums
Wahrgenommene Publikumsreaktionen (65% auf 85%) (dies.)
D.h.: Mehr Reaktionen der Öffentlichkeit auf die journalistische Arbeit
– aber offenbar sinkender Einfluss des Publikums auf Journalisten
2
4. Kommunikationsdistanz
Abgleich zwischen
den Erwartungen und Interessen des Publikums
mit den Erwartungs- bzw. Umsetzungsmöglichkeiten
der Journalisten
= Kommunikationsdistanz (Scholl 2004)
3
5. Methodensteckbrief
Die Zeitungsmacher (Weichert/Kramp/Welker)
Befragung aller Zeitungsvollredaktionen in Deutschland
Vollerhebung – Rücklauf 73 Redaktion = 56,2 Prozent
N = 127 Redakteure;
Anzahl je geschichtet nach großen, mittleren und kleinen
Redaktionen
Feldzeit Jan./Feb. 2012 & Juni 2012 (Nachbefragung)
Mixed-Mode: telefonisch und schriftlich
Felddienstleister: YouGov AG, Köln
4
6. Einschätzung Kommunikations-
distanz Redaktion - Leser
1 2 3 4 5
ganz nah ganz weit
dran µ Stand. weg
Abw. Varianz
2,6 ,72071 ,519 N= 126
Bildquelle: ZMG
Quelle: Die Zeitungsmacher, 2012 5
7. Formen von Lesernähe:
Ebenen der Leserbeteiligung
Rezipienten Redakteure
-Leserbriefe -Bürgerperspektive in Texten
-Einsendung v. Fotos -Leserfreundlichkeit der Texte
-Anrufe in der Redaktion -Bürger als Quellen
-Redaktionsbesuche -Bürgerthemen im Blatt
-Gastbeiträge -Umfragen
-Besuch v. Leserstammtischen -Orga. v. Leserstammtischen
Zusammenarbeit von Laien und Redakteuren
- Direkte Beteiligung der Leser an den redaktionellen Leistungen wie
bspw. bei der Recherche
6
8. Laien werden aktiver:
Wahrnehmung als Bedrohung?
„Hilfe, die Laien
Kommen!“
-> Laien sind
auch Leser
-> Laien können
auch Quelle sein
-> Zusammenarbeit
mit Laien: „Pro-Am-
Projekte“
N = 127
Quelle: Die Zeitungsmacher, 2012
10. Beteiligung Leser an den
redaktionellen Leistungen
Wie hoch fällt Ihrer Einschätzung nach die Beteiligung Ihrer
Leser an den redaktionellen Leistungen Ihres Hauses aus?
1 (sehr hoch) bis 5 (sehr niedrig)
Mitwirkung an Texten, also bei der Erstellung von Texten 127 4,1 ,92034 ,847
Mitwirkung am Redigieren 127 4,7 ,71156 ,506
Mitwirkung an Redaktionskonferenzen 127 4,5 ,83429 ,696
Mitwirkung an der Recherche
127 3,6 ,94321 ,890
Stellen Sie sich vor, Sie recherchieren an einem wichtigen
Thema: Würden Sie den Leser in die Recherche und in die
123 3,0 1,07011 1,145
Publikation des Themas mit einbeziehen?
1 (auf keinen Fall) bis 5 (auf jeden Fall)
Quelle: Die Zeitungsmacher, 2012 9
11. Methodensteckbrief
Die Zeitungsmacher (Weichert/Kramp/Welker)
Befragung aller Zeitungsvollredaktionen in Deutschland
Vollerhebung – Rücklauf 73 Redaktion = 56,2 Prozent
N = 127 Redakteure;
Anzahl je geschichtet nach großen, mittleren und kleinen
Redaktionen
Feldzeit Jan./Feb. 2012 & Juni 2012 (Nachbefragung)
Mixed-Mode: telefonisch und schriftlich
Felddienstleister: YouGov AG, Köln
10
14. Funktionen von Laien bei
Recherchebeteil.: Modell
Themen-
findung und Ideengeber
Relevanz-
bewertung
Ideenbewerter
Interviewer
Über-
Quelle
prüfung
Vor-Ort-Reporter
und Fakten-
Fakten-
prüfer
check
Quellen-
sucher
Erweiterung
und Invest- Analyst
igation
Komplexität und Beteiligung 13
Quelle: Welker/Hochhaus
15. Fazit
Aktivität von Laien wird nicht als Bedrohung wahrgenommen
Distanz zum Leser ist noch verbesserbar
Unter den partizipativen Beteiligungsformen nimmt
Recherche eine Sonderstellung ein
Praktikabel ist diese über das Internet in Kombination mit
dem Web 2.0
Voraussetzungen für Recherchebeteiligung muss
redaktionell geschaffen werden
14
16. Literatur, Quellen 1/2
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (Hrsg.)(2008): Medien- und
Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008. Online:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/__Anlagen/BKM/2009-01-12-medienbericht-
teil1-barrierefrei,property=publicationFile.pdf vom 02.11.10
Esch, Nico (2008): Leserbeteiligung in Lokalredaktionen. Anspruch und Wirklichkeit.
Leipzig, Diplomarbeit
Habermas, Jürgen (2008): Hat die Demokratie noch eine epistemische Dimension?
Empirische Forschung und normative Theorie. In: Habermas, Jürgen: Ach, Europa.
Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag, 138-191
Hochhaus, Jenifer (2012): Crowdsourcing: Formen der Beteiligung von Lesern an
Rechercheprozessen – untersucht am Beispiel deutscher Tageszeitungen. Leipzig, Dipl.-
Arbeit
Lippmann,Walter (1922/1946): Public opinion. New York: Macmillan/Pelican books.
Mast, Claudia (2007): Chefredakteure auf Leserfang. In: Zeitungen 2007. Bundesverband
Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.), Berlin: BDZV, S. 136 - 147
17. Literatur, Quellen 2/2
Rosen, Jay (2000): Public Journalism. In: Journalism Studies, Vol. 1, No. 4, 679-694.
Scholl, Armin (2004): Die Inklusion des Publikums – Theorien zur Analyse der
Beziehungen von Journalismus und Publikum. In: Löffelholz, Martin (Hrsg.): Theorien des
Journalismus, Wiesbaden: VS-Verlag, 2. Auflage, 517-536.
Weischenberg, Siegfried/Malik, Maja/Scholl, Armin (2006): Die Souffleure der
Mediengesellschaft. Konstanz: UVK Verlag.
Weichert, Stephan/Kramp, Leif/Welker, Martin (2012): Die Zeitungsmacher. Befragung,
Teil-Auswertung [Projektbericht wird 2013 veröffentlicht]
18. Danke für Ihre
Aufmerksamkeit!
PD Dr. phil. habil. Martin Welker
Universität Leipzig
Fakultät für Sozialwissenschaften und Phiosophie
welker@uni-leipzig.de
www.martin-welker.de