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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020 / 20MINUTEN.CH24 Kino
Stevenson (Michael B. Jordan, r.) versucht McMillian (Jamie Foxx) vor dem elektrischen Stuhl zu retten.
Ein junger Anwalt setzt
sich für zu Unrecht
Verurteilte im Todestrakt
ein und macht sich gegen
Rassismus stark.
Seit Jahrzehnten kämpft der af-
roamerikanische Jurist Bryan
Stevenson gegen den struktu-
rellen Rassismus der amerika-
nischen Justiz. Seine Erlebnis-
se hat er im Bestseller «Just
Mercy» aufgeschrieben, nun
kommt das gleichnamige Dra-
ma über den Beginn seiner
Karriere ins Kino.
Nach dem Harvard-Jurastu-
dium will Bryan Stevenson
(Michael B. Jordan) sich in Ala-
bama für Menschen einsetz-
ten, die sich keinen Rechtsbei-
stand leisten können. Gemein-
sam mit Anwältin Eva Ansley
(Brie Larson) vertritt er Klien-
ten, die zu Unrecht zum Tode
verurteilt wurden. Darunter
auch Walter McMillian (Jamie
Foxx), der für den Mord an
einer 18-jährigen weissen Frau
verurteilt wurde. Stevenson
ahnt rassistische Motive des
Sheriffs, denn der einzige Zeu-
ge der angeblichen Tat ist ein
Unschuldig Verurteilter
kämpft gegen US-Justiz
Häftling, der dafür eine Straf-
erleichterung erhielt. Es be-
ginnt ein jahrelanger Kampf
gegen das Todesurteil.
Wie Bryan Stevenson
«Vibe» erklärt, bedeutet ihm
der von Michael B. Jordan pro-
duzierte Film viel, denn er zei-
ge die Menschlichkeit und
Würde der Verurteilten: «Es
sollte wütend machen, wie all
das zerschlagen wird. Ich hof-
fe, dieser Film motiviert Zu-
schauende, selbst dagegen
«Just Mercy»
«The Gentlemen»«Von der Rolle»
«The Invisible
Man»
Gangster streiten um Marihuana-Imperium
Mickey Pearson (Matthew
McConaughey) will aus dem
Weed-Business aussteigen und
findet in Matthew Berger (Jere-
my Strong) einen vermeintlich
idealen Käufer für die unterir-
disch versteckten Hanfplanta-
gen. Pearsons Assistent Ray-
mond (Charlie Hunnam) wird
von Privatdetektiv Fletcher
(Hugh Grant) besucht, der be-
hauptet, dass Pearson in Ge-
In Guy Ritchies neuem Actionstreifen gerät das Londoner Gangstermilieu um Pearson (M.) in Rage.
Neue
Familienmodelle
Verfolgt vom
verstorbenen Ex
Der Schweizer Dokumentar-
film zeigt den Alltag von drei
Familien, die nicht im klassi-
schen Rollenmodell leben. Da-
bei sind Väter, die mehr Be-
treuungsarbeit der Kinder
übernehmen, und Mütter, die
das Geld nach Hause bringen.
Mit humorvollen Animations-
sequenzen parodiert Regisseu-
rin Verena Endtner das tradi-
tionelle Familienmodell und
zeigt, wie Eltern in der Schweiz
sich von klassischen Rollenbil-
dern lösen. AFA
Cecilia (Elisabeth Moss) flüch-
tet aus einer gewaltvollen Be-
ziehung mit Griffin (Oliver Jack-
son-Cohen) und kommt bei
ihrer Schwester (Harriet Dyer)
unter. Als ihr Ex sich das Leben
nimmt und sie daraufhin sein
ganzes Vermögen erbt, bedro-
hen ab diesem Zeitpunkt un-
heimliche Zufälle ihr Leben.
Cecilia ahnt, dass ihr Ex noch
lebt und nun Jagd auf sie
macht – sie versucht, zu be-
weisen, dass sie von einem Un-
sichtbaren verfolgt wird. AFA
Die Doku bricht mit Klischees.
Cecilia fühlt sich beobachtet.
fahr ist: Medienmogul Big
Dave (Eddie Marsan), Gangster
Dry Eye (Henry Golding) und
ein Streetfighter-Coach (Colin
Farrell) haben es auf ihn und
sein Drogen-Imperium abgese-
hen und überbieten sich mit
Bestechungen.
In «The Gentlemen» wer-
den Witze über Asiaten und Ju-
den gerissen – Kritik daran
lässt Guy Ritchie kalt, wie er
der Deutschen Presse-Agentur
erklärt: «Du kannst dich in
deiner Arbeit nicht von einem
politischen Zeitgeist beeinflus-
sen lassen.»
Das meint 20 Minuten: Es
fliegen ordentlich die Fäuste
und kein Trick ist den Män-
nern zu schmutzig – ein bluti-
ger Konkurrenzkampf. AFA
bislang
keine
Angaben
7,2 7,5
8,1
bislang keine
Angaben
88% 83%
73%
­aktiv zu werden.»
Das meint 20 Minuten:
Das Justizdrama wühlt auf und
hinterlässt die Hoffnung auf
Gerechtigkeit. ALISA FÄH
annabelle 2/20
K U L T U R
MUSIK — Neues aus dem
Herzschmerz-Labor
Die kleine Küche in Malmö, in der
die Singer-Songwriterin Alice ­Boman
ihre Songs erfindet, stellt man
sich gern als Herzschmerz-­Labor vor.
Doch so schwer diese Beschreibung
tönt – ihre Musik ist ganz
leicht. ­Bomans verträumte, von
­Slow-Country angehauchte Stücke
packen das schwere Herz unter
eine kuschelige Decke. Da will man
sich gern dazugesellen! (mak)
Alice Boman: Dream On
annabelle: Ihr neues Album heisst
«Myopia», also Kurzsichtigkeit. Worum
geht es? Agnes Obel: Datenflut und
politische Unsicherheit konfrontieren
uns mit grossen Fragen. Manchmal
fühle ich mich wie gelähmt von den
vielen Optionen, aber auch von all dem,
was wir vermeintlich tun sollten. Das
endet oft damit, dass ich gar nichts tue.
Sind Sie perfektionistisch veranlagt?
Wenn es um meine Musik geht, schon.
Eigentlich bin ich aber ein sehr ent-
spannter und fröhlicher Mensch, eher
gedankenverloren und unorganisiert.
Mit welcher dieser beiden Seiten von
sich selbst fühlen Sie sich wohler?
­Obsessiv zu sein, ist anstrengend. Man
verliert sich leicht in Neurosen. Die
Arbeit an meinem Album hat mir aber
auch gezeigt, dass es völlig okay ist,
seinen Verstand in Frage zu stellen. Es
gibt ja nichts Gefährlicheres, als davon
auszugehen, dass die eigene Wahr­
nehmung objektiv sei. Wir sollten im-
mer bedenken, dass wir manipulierbar
sind. Wenn wir uns dessen bewusst
sind, sind wir viel weniger empfänglich
für Hass gegenüber anderen Menschen.
Worauf können wir uns denn heute
noch verlassen? In den meisten Fällen
können wir uns selbst schon trauen.
Aber die Aufgabe von Kunst und Musik
ist es, daran zu erinnern, dass die Welt
ambivalent ist. Und der menschliche
Verstand ist es eben auch. Bestimmt
haben Sie sich auch schon gefragt, war-
um Sie sich damals ausgerechnet in
diesen einen Typen verliebt haben? Oft
hat es bloss mit der Situation zu tun,
in der man steckt. Mit etwas Abstand
sieht man die Dinge meist klarer.
Agnes Obel: Myopia.
Konzert: 5. 3., Samsung Hall, Zürich
MUSIK —
«Wir sind alle
manipulierbar»
FILM — Nicht so der Muttertyp
Dokumentation über drei Paare, die mit dem klassischen, von
achtzig Prozent aller Schweizer Familien bevorzugten
­Rollen­modell brechen: Papa verdient Geld, Mama kümmert
sich um Kinder und Haushalt und arbeitet bestenfalls Teilzeit.
­Inspirierende Lebensentwürfe, ehrlich geschildert. (hey)
Ab 27. 2.: «Von der Rolle» von Verena Endtner
Film —
Ausbrechen
Andrea Štakas
Spielfilm über
eine Frau, die mit
Mann und vier
Kindern in einem
Provinznest in
Kroatien lebt –
und sich eines
­Tages in eine
­Affäre stürzt. Die
Inszenierung
macht daraus
kein grosses Dra-
ma, sondern eine
schöne, wenn-
gleich ­etwas
spannungsarme
naturalistische
Erzählung. (hey)
Ab 12. 3.: «Mare» von Andrea Štaka
(«Das Fräulein», «Cure»)
Die Musikerin Agnes Obel (39)
über unsere Welt, die viel
komplizierter ist, als sie aussieht
Fotos:AlexBrüelFlagstad(1),MärtaThisner(1);Kunst:EricaPedretti,Doppelflügel_1981,©2019,ProLitteris,Zürich
KontextDer zweite Bund des Bieler Tagblatts
Bieler Tagblatt | Donnerstag, 20.02.2020 17
Was war eure Motivation mitzuma-
chen?
Martin: Angefangen hat es mit dem
«Teilzeitmann». Da gibt es ein Online-
Portrait von mir. So ist die Regisseurin
Verena Endtner auf mich gekommen.
Kathrin: Es sei tatsächlich schwierig, Fa-
milien zu finden, in welchen die Frau
mehr arbeitet als der Mann. So war rela-
tiv schnell klar, dass wir da mitmachen.
Es ist ein wichtiges und aktuelles
Thema, die Arbeitsteilung zwischen
Mann und Frau, zwischen Mutter und
Vater. Für uns ist es ja eigentlich nicht
weltbewegend, wie wir es machen. Wir
machen es einfach.
Eine Selbstverständlichkeit?
Interview: Vera Urweider
Kathrin, Sie haben den Film «Von der
Rolle» bereits gesehen. Wie war das
für Sie?
Kathrin: Der Film ist tatsächlich fertig!
Ich spürte Erleichterung. Dann die
Rückversetzung in die Zeit mit ganz
kleinen Kids. Schliesslich Überlegun-
gen zu mir, dem gezeigten Bild von mir
und ob es der damaligen Realität ent-
sprach.
Und? Tut es das?
Kathrin: Es sind Momentaufnahmen.
Wären sie jeweils einen Tag früher oder
später filmen gekommen, hätte ich an-
dere Dinge gesagt. Aber grundsätzlich
ja. Als Mutter und arbeitende Frau ist
man häufig zwischen Stuhl und Bank
und als der Kleinere kam und ich danach
wieder zu arbeiten anfing, das war eine
sehr strenge Zeit. Und das sieht man gut
im Film.
Martin, Sie lassen sich an der Vorpre-
miere überraschen?
Martin: Genau. Ich bereite mich für das
Podiumsgespräch vor und bin sehr ge-
spannt, wie das alles wird. Kathrin hat
mir ein wenig erzählt. Die Comic-Se-
quenzen interessieren mich.
Psst...! Wer sollte sich den Film
ansehen?
Kathrin: Grundsätzlich alle. Aber vor al-
lem Jüngere, am Anfang des Berufsle-
bens, und sich nicht nur Gedanken ma-
chen sollen …
Martin: ... wo verdiene ich am meisten …
Kathrin: ... oder wann kann ich endlich
zuhause bleiben und habe Kinder, son-
dern dass es eben verschiedene Wege
und Möglichkeiten gibt.
Anatol: D’Ovi isch immer no heiss. …
weisch was das isch? (zeigt eine Spielfi-
gur)
Gegen Ende des Filmes kommt Anatol
als zweites Kind von Kathrin und Martin
zur Welt. Heute ist er vier Jahre alt und
sitzt mit den Eltern zusammen am Inter-
view-Tisch. Er beobachtet viel. Spielt mit
seiner Figur. Und wartet, bis die Ovomal-
tine etwas lauwarmer ist.
Im Film geht es um Familien, in
denen die Mütter auch arbeiten. Ein
Rollentausch des klassischen Fami-
lienmodells. Oder eine Alternative.
Titelgeschichte
«Ah. Weiterbildung?
Und ich so: Nein. Kind.»Kathrin ist Juristin, Martin Polymechaniker. Beide arbeiten je 60 Prozent und sind Teilzeiteltern. Zusammen mit Maxim und Anatol
sind die Nidauer eine von drei Familien im Dokumentarfilm «Von der Rolle». Ein Film über alternative Rollenverteilungen.
Fortsetzung auf Seite 18
Teilzeitarbeit ermöglicht es Kathrin und Martin (die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen), gleich viel am Leben ihrer beiden Söhne Anatol (links) und Maxim teilzunehmen. MATTIA CODA
«Wir haben uns nie
Gedanken gemacht,
wir hätten eine
Pionierrolle.»
Kathrin
Weshalb die Löcher wachsen
Seine Löcher machen den Emmentaler weltberühmt.
Wie die Löcher in den Käse kommen und was das mit
Mineralwasser zu tun hat, steht im Kinderblatt.
Seite 22
Wie aus sauer süss wird
In der englischsprachigen Welt gehört Lemon Curd
zum Frühstück dazu. Die süsse Zitronencreme lässt
sich gut selber machen – das BT hat das Rezept.
Seite 23
Wo sich die Besten treffen
Musiker Landro stört sich daran, dass Rapmusik in
den Medien häufig auf Klischees reduziert wird. Man
müsse genauer hinhören – zum Beispiel beim Cypher.
Seite 21
Kathrin: Ich hatte 80 Prozent gearbeitet
und Dinu hat dann beim ersten Kind von
100 auf 60 reduziert. Seit dem zweiten
Kind sind wir beide auf 60. Wir haben
uns nie Gedanken gemacht, wir hätten
eine Pionierrolle oder würden die
Rechte der Frauen vorantreiben oder
so. Ich konnte mir schlicht nicht vorstel-
len, niedrigprozentig zu arbeiten oder
ganz aufzuhören.
Warum?
Kathrin: Es ist wichtig, dass beide raus-
kommen. Dass man nicht immer zu-
hause ist, im Arbeitsleben bleibt, nicht
abgehängt wird. Arbeitgeber anerken-
nen Skills wie Organisieren, Kinderbe-
treuung, 24 Stunden verfügbar sein, fle-
xibel reagieren können, Nerven aus
Stahl haben nicht. Die kann man nicht in
den Lebenslauf schreiben. Es gibt Jobs,
wenn du da zehn Jahre weg bist, bis du
raus! Und ausserdem ist die Arbeit zu-
hause ohnehin die anstrengendste und
schwierigste überhaupt. Das ist ein Kno-
chenjob. Da sollte jeder und jede mal
eine Pause bekommen davon ...
Martin: ... dem persönlichen Interesse
nachgehen können …
Kathrin: ... die Abwechslung. Die ist ele-
mentar.
Und doch waren Sie froh, reduziert zu
haben? Sie arbeiten ja aktuell noch
immer 60 Prozent.
Kathrin: Maxim kam in den Kindergar-
ten damals und da erschrak ich. Wow,
schon eingeschult – bekomme ich über-
haupt etwas mit?
Martin: Die Betreuungssituation hatte
sich auch geändert.
Kathrin: Plötzlich muss man sich an ge-
setzten Stundenplänen orientieren. So
habenwirallesüberdenkenmüssen.Wir
haben das Glück, dass die Grosseltern
auch noch mithelfen. Aber wir wollten
ihnen dann auch nicht zu viel aufhalsen.
Zwei Kinder, den einen bringen, den an-
deren behalten, wieder holen, wieder
ein Baby, also nochmals alles von vorne
… 60 stimmte damals für mich.
Und heute?
Fortsetzung von Seite 17
Kathrin: Immer noch. Aber nun kommt
im Sommer Anatol in den Kindergarten,
da geht mir schon manchmal durch den
Kopf: Wann erhöhe ich wieder?
Martin: Oder wer?
Kathrin: Man muss einfach gemeinsam
immer wieder neue Lösungen suchen.
Mit Kindern verändert sich alles immer
sehr schnell.
Macht es etwas mit der Beziehung,
wenn nicht einer immer draussen ist
und einer immer drin?
Martin: Definitiv! Da ist eine grosse
Wertschätzung gegenüber dem ande-
ren. Man versteht den anderen besser
und sieht, wie viel es zuhause zu tun
gibt. Aber am Ende ist es eine Frage der
Organisation. Als Kathrin noch 80 arbei-
tete, war einer meiner freien Tage der
Waschtag. Sie sollte nicht an ihrem ein-
zigen freien Tag auch noch waschen
müssen.
Kathrin: Maxim war es dann plötzlich
gewohnt, dass ich, wenn ich zuhause
bin, für ihn da bin. Und nicht nur für den
Haushalt. Das ist nicht selbstverständ-
lich und man muss aufpassen, dass nicht
alles am Partner hängen bleibt, der we-
niger Prozente arbeitet.
Aber man spürt schon, dass beide
wieder mehr arbeiten wollen?
Martin: Ich arbeite jetzt seit fast sieben
Jahren 60 Prozent und ja, wenn die Kin-
der dann beide in der Schule sind, hast
du plötzlich wieder Zeit. Was mach ich
dann mit dieser Zeit? Einmachgläser,
das ist noch nicht so meins (lacht).
Arbeiten ist da das Naheliegendste und
ich mag meine Arbeit.
Anatol: Hallo!
Die Grosseltern kommen rein. Montag,
Dienstag ist Mama-Tag, Mittwoch, Don-
nerstag Papa-Tag, Freitag ist Grosseltern-
Tag. Das Ovo-Pulver hat sich mittlerweile
überall verteilt, die Tasse ist leer. Zusam-
men mit dem Grosi geht Anatol die klebri-
gen Hände waschen, danach setzen sie sich
zu dritt an einen anderen Tisch.
Martin, als Polymechaniker hatten
«Ein Vaterschaftsurlaub wäre
finanziellmöglich. DerSchweiz
geht es gut genug und es gäbe
unserer Gesellschaft sehr viel
zurück.»
Martin
Für Sohn Maxim
ist klar: Wenn
seine Mutter zu-
hause ist, ist sie
für ihn da, und
nicht in erster
Linie für den
Haushalt.
BILDER: ZVG
Sie Zweifel, ob Sie reduzieren konn-
ten.
Martin: Handwerkliche Berufe sind
noch heute meistens entweder 100 oder
0 Prozent. So wusste ich nicht, ob es er-
laubt und funktionieren würde.
Warum?
Martin: Es ist nicht ganz einfach zu koor-
dinieren. Aber es ist offensichtlich
machbar. Ich arbeite Teilzeit. Aber ja, es
gibt nicht viele bei uns.
Kathrin: Es ist wohl in handwerklichen
Berufen noch nicht etabliert. Ein steife-
res Rollenbild vielleicht.
Martin: Es gibt halt wenig Frauen, die
solche Berufe machen. So sprach man
noch nicht oft über Reduktionen, was
das bedeuten würde und so.
Wie reagierten Ihre Berufskollegen?
Martin: Das war kein Problem. Aber lus-
tig war, als ich meinen damaligen Chef
gefragt hatte, war die erste Reaktion:
Ah. Weiterbildung? Und ich so: Nein.
Kind.
Und in Ihrem Umfeld?
Martin: Mir fällt zwar keiner ein, der 60
Prozent arbeitet, aber schön ist, die
meisten meiner Freunde arbeiten 80
und nicht 100.
Sprechen Sie mit Ihren Kollegen oder
Freunden auch über Windeln und
Brei?
Martin: Nein, nicht wirklich. Aber vor
Kurzem haben wir über Schliesssyteme
von Häusern gesprochen...
... da landen wir aber wieder im tech-
nischen Bereich …
Martin: ... aber es geht um die Sicherheit
deines Zuhauses. Um die Familie. Und
nicht mehr ums beste Bier oder irgend-
welche Sportergebnisse. Das hat mich
selbst also schon etwas überrascht.
Seit der Film abgedreht ist, sind vier
Jahre vergangen. Gibt es bald drittes
Kind?
Kathrin: Uh nein.
Martin: Ich wollte drei.
Kathrin: Ich wollte gar keins. Als wir zu-
sammengekommen waren, hab ich
Dinu gesagt, wenn du Familie willst,
dann musst du eine Andere suchen. Das
war nicht in meinem Lebensplan.
Und dann?
Kathrin: Plötzlich wollte ich doch ein
Kind. Das kam einfach so. Da geschah
irgendwas. Ganz überraschend. Mir
musste es erst einmal selber klar wer-
den, bevor ich Dinu sagen konnte, Du,
ich will nun doch ein Kind.
Martin: Da war also auch ich kurz etwas
durcheinander. Aber natürlich zog ich
mit! … Du, wer holt ihn ab?
Der mittlerweile siebenjährige Maxim
muss abgeholt und den Grosseltern überge-
ben werden. Er geht in die Primarschule.
Martin: Ich gehe. Du sprichst eh mehr.
(lachen)
Kathrin, wie gehen Sie mit Rollenkli-
schees um?
Kathrin: Damit habe ich total Mühe. So
Klischees, Mütter haben Nestdrang und
so, da bin ich voll dagegen. Aber ja, als
arbeitende Mutter wirst du keinem ge-
recht. Auf der Arbeit dachte ich an zu-
hause und umgekehrt. Dadurch, dass
nun auch ich zwei Folgetage zuhause
Kathrin wollte ursprünglich gar keine Kinder. Doch plötzlich änderte sich das.
Martin ist froh, konnte er von Anfang an bei der Betreuung seiner Söhne mithelfen.
Kontext
Donnerstag, 20.02.2020 | Bieler Tagblatt
Titelgeschichte
18
Der Blick in den Spiegel
Filmkritik Mit «Von der Rolle» trifft die
Berner Filmemacherin Verena Endtner
einen Nerv unserer Zeit. Ein Nerv, der
nicht selten blank liegt: Wie soll das ge-
hen mit der Rollenaufteilung in heuti-
gen Familien? Wie kann die Kinderbe-
treuung trotz Arbeitspensum gelingen?
Wer verzichtet? Wie wird das ausgehan-
delt? Oder, verdichtet auf einen Satz (so
steht es auf dem Filmplakat): Wer hat
die Hosen an und wer wäscht sie?
Endtner begleitet drei Paare durch
ihren Alltag: Maja und Theo mit ihrem
kleinen Sohn. Sie haben sich Arbeit und
Kinderbetreuung hälftig aufgeteilt. Oli-
via macht Karriere, Sandro ist zu 100
Prozent Hausmann und schaut zu den
drei Söhnen. Kathrin will nicht weniger
als 80 Prozent arbeiten, Martin redu-
ziert, um mehr für seine Söhne da zu
sein (siehe Haupttext).
Endtner schaut zu und lässt die Men-
schen erzählen. Ihre Meinung bringt sie
einzig in den animierten Zwischense-
quenzen ein, die mit witzigen Ideen und
schönen Details die Zwänge und Mög-
lichkeiten visuell abbilden.
«Von der Rolle» packt die zentralen
Fragen an und thematisiert die Wider-
sprüche der Gegenwart: Die Dauer der
Babypause, die beruflichen Ambitionen
nach einer Geburt, die Fremdbetreu-
ung oder die Schwierigkeiten der Män-
ner, wenn es um Pensenreduktionen
geht. Moral spielt dabei ebenso eine
Rolle wie Ökonomie. Die Selbstwahr-
nehmung prallt auf die Sicht von aussen.
Das ist abwechslungsreich erzählt.
Schön wäre gewesen, wenn die Gleich-
berechtigung, eigentlich das Zentrum
des Films, auch bei der Auswahl gegrif-
fen hätte und ein Paar vorgekommen
wäre, das Mädchen hat. Ebenso
wünschte man sich etwas mehr Vertie-
fung bei der Betrachtung, was es aus den
Menschen macht, wenn sie von Mann
und Frau zu Eltern werden. Wie beein-
flusst die Geburt eines Kindes die Paar-
dynamik, die ja untrennbar mit Rollen-
definitionen zusammenhängt?
Diese Einwände schmälern aber das
Verdienst dieses Dokumentarfilms
nicht: die Spiegelung. Wir schauen die-
sen drei Paaren zu und obwohl jede Ge-
schichte einzigartig ist und jede Bezie-
hung per se unvergleichbar, so wird
doch so etwas wie eine Metaebene sicht-
bar und wir schauen in einen Spiegel:
Wie ist das mit uns und unseren Rollen-
bildern? Sind wir so offen, wie wir es zu
sein glauben, oder ist da noch ganz viel
Kruste um unser Wissen, dass wir für
neue Arbeits- und Betreuungsmodelle
und mehr partnerschaftliche Aufteilung
einen progressiveren und kreativeren
Zugang finden müssen?
Denn, so wird es einmal im Film ein-
geblendet: In der Schweiz leben nach
wie vor 80 Prozent in einem traditionel-
len Familienmodell. Heisst: Der Mann
sorgt primär fürs Einkommen, die Frau
für die Familie. Und: Noch immer wird
Sandro seltsam angeschaut, wenn er
sagt, dass er Vollzeit-Hausmann ist.
Raphael Amstutz
Info: Der Film läuft ab dem 27. Februar in
den Schweizer Kinos.
Viele wollen, wenige machen
• Die Schweiz ist europaweit das einzige Land,
das weder den Vaterschaftsurlaub noch den
Elternurlaub kennt
• Neun von zehn Männern geben an, dass sie
gerne Teilzeit arbeiten möchten, um mehr Zeit
für die Familie zu haben. Einer von zehn macht
es wirklich.
• 80 Prozent der Frauen arbeiten, aber 90 Pro-
zent davon weniger als 50 Prozent. Gerade ein-
mal eine von zehn trägt gleich viel oder mehr
zum Familieneinkommen bei wie der Mann.
• Frauen investieren dreimal mehr Zeit für Kin-
der und Haushalt als Männer. Fast ausschliess-
lich machen sie die Wäsche, bleiben zuhause,
wenn die Kinder krank sind, und stehen in der
Nacht auf, um die Kinder zu beruhigen. Unab-
hängig davon, wie viel sie arbeiten.
• Nur gerade bei 15 Prozent der Paare besteht
eine partnerschaftliche Aufteilung von Kinder-
betreuung und Hausarbeit sowie eine gleichwer-
tige Einbindung in die Erwerbsarbeit. raz
Quelle: Presseheft, Bundesamt für Statistik
bin, können wir eine Kontinuität bieten.
Zwei ich, zwei Dinu. Das tut den Kin-
dern gut.
Inwiefern?
Kathrin: Maxim begann plötzlich zu fra-
gen: Warum gehst du jetzt arbeiten und
nicht Papa? Die Jungs merkten schon,
dass es bei anderen Kindern zuhause an-
ders lief. Sie verstanden nicht, warum
andere Papas nie zuhause sind. Solche
Fragen haben sich nun gelegt.
Würden Sie es nochmals so machen?
Kathrin: Für uns war und ist das die
richtige Lösung. Immer im Wissen, dass
es nicht fix bleiben muss und immer in
Bewegung ist. Wenn ich sehe, wie viel
Dinu weiss über die Jungs, wo sie ste-
cken in ihrer Entwicklung, weiss, was sie
brauchen, nur, weil er mehrere Tage die
Woche mit ihnen verbringen kann, dann
ist das definitiv die richtige Lösung ge-
wesen.
Was kam zu kurz?
Kathrin: Die Beziehung. Der Partner.
Aber das ist, glaub ich, rollenunabhän-
gig. Wenn du Kinder hast, stehen die im
Mittelpunkt. Vielleicht besprechen wir
das mehr als jene, die eine 100-zu-0-
Teilung haben. Als Teilzeit-Elternpaar,
musst du viel über die Kinder reden. Wir
müssen uns immer abstimmen.
Martin kommt mit Maxim zurück. Der
Siebenjährige ist in den vier Jahren seit
DrehschlussindieHöhegestängelt.Schüch-
ternsagterkurzhalloundwendetsichsofort
den Grosseltern und Anatol zu.
Kathrin: Wir haben unglaublich Glück.
Dieser fixe Grosseltern-Tag am Freitag
hilft uns enorm. So können wir uns gut
einteilen mit je 60 Prozent.
Martin, würden Sie es nochmals
gleich machen?
Martin: Ja. Aber ich würde grundsätzlich
alles machen für die Familie. Mehr
arbeiten, weniger, Kathrin mehr Platz
geben zum Arbeiten, einfach so, das es
für alle stimmt. Und ich bin sehr gerne
zuhause. Da ich nah dran bin an den
Kindern. Dass ich sehe, wie sie älter
werden. Dass ich dabei bin, wenn sie
laufen lernen, sprechen lernen, Ent-
scheidungen treffen.
Schneiden wir es zum Schluss doch
noch an: Thema Vaterschaftsurlaub.
Martin: Ja puh! Ich war damals schon zu-
frieden, dass ich flexibel Ferien einge-
ben konnte. Aber ja, ich musste Ferien
nehmen, um bei der Geburt und den
ersten Lebenstagen meiner Söhne dabei
zu sein.
Kathrin: Das Modell in Deutschland ist
grossartig. Da heisst es ja auch Eltern-
zeit. Also für beide.
Martin: Ich bin überzeugt, es wäre fi-
nanziell möglich. Der Schweiz geht es
gut genug und es gäbe unserer Gesell-
schaft sehr viel zurück. Bei und nach
der Geburt dabei zu sein ist grossartig.
Gerade auch, wenn man danach Teil-
zeit arbeitet und eben auch zuhause
ist, ist es umso wichtiger, von Anfang an
dabei zu sein.
Gratis ins Kino
• Zur Premiere von «Von der Rolle»
wird in Biel ein Spezialanlass unter der
Schirmherrschaft von Zonta, dem
Netzwerk berufstätiger Frauen mit Füh-
rungsverantwortung in Wirtschaft, Ver-
waltung und Wissenschaften, durchge-
führt. Ein Teil der Einnahmen der Kino-
tickets geht an das Bieler Informati-
ons- und Beratungszentrum Frac.
• Nach dem Film diskutieren Verena
Endtner (Regie), Silvia Steidle (Bieler
Gemeinderätin), Annina Feller (Präsi-
dentin Verein Frac) und Martin (Prota-
gonist im Film) mit dem Publikum.
• Die Vorstellung findet am
Donnerstag, 27. Februar, um 18 Uhr
im Kino Rex statt.
• Das BT verlost 5x2 Tickets. Wer die
Freikarten gewinnen möchte, der
schreibt bis Montag, 24. Februar, eine
Mail an verlosungen@bielertagblatt.ch.
Nicht vergessen: den eigenen Namen
und das Stichwort «Rolle». raz
Kontext
Bieler Tagblatt | Donnerstag, 20.02.2020
Titelgeschichte
19
Ein ganz
normaler
Hausmann
Sandro Bucher bekommt das Maximum
vom Leben seiner drei Söhne mit,
denn er ist Hausmann aus Leidenschaft.
Und somit der perfekte Protagonist für den
Dokumentarfilm «Von der Rolle».
TEXT FABIAN KERN FOTOS MISCHA CHRISTEN
Plötzlich kommt Schwung in den ruhigen Don-
nerstagnachmittag: Noel (9) und Nik (7) kommen
von der Schule nach Hause und bewundern den
Turm, den Robin (4) gebaut hat. «Papi hat den
unteren Teil gemacht und ich den Turm darauf»,
erklärt das Nesthäkchen. Papi? An einem Don-
nerstag? Ja, seit über neun Jahren, seit dem
Ende des ersten Mutterschaftsurlaubs seiner
Frau Olivia (36), ist Sandro Bucher Hausmann.
Zu100Prozent.«AmAnfang mussteichmichda-
ran gewöhnen, dass ich mir meine Arbeit kom-
plett selbst einteilen konnte», sagt der Luzerner,
während er Früchte und Guetzli für den Zvieri
auftischt. Doch bald erkannte er die Vorteile.
Die Bereitschaft, seinen Beruf aufzugeben,
hatte der gelernte Lagerist schon bald nach dem
Kennenlernen von Olivia vor 17 Jahren. «Für uns
war klar, dass, falls wir eine Familie gründen, je-
ner mit dem grösseren Lohn arbeiten gehen
würde», erzählt Sandro. Das ist bei den Buchers
Controllerin Olivia. Teilzeitarbeit war für die
beiden nie ein Thema – also drehten sie die tra-
ditionelle Rollenverteilung einfach um.
Die veränderte Wahrnehmung
Die Buchers aus Emmenbrücke LU sind eine
von drei Familien, die Verena Endtner (43) in ih-
LIFESTYLE
REPORTAGE
rem Dokumentarfilm «Von der Rolle» vorstellt.
Die Berner Filmemacherin hatte dafür eine ganz
persönliche Motivation: «Ich lebte eine gleichbe-
rechtigte Partnerschaft. Doch kaum war ich
schwanger, wurde ich in das traditionelle Rollen-
verständnis gedrängt.» Sie sah sich mit Fragen
konfrontiert wie «Und was machst du jetzt?
Hörst du auf mit Arbeiten oder reduzierst du?»
Fragen, wie sie einem angehenden Vater nie ge-
stellt werden. Aus ihrer eigenen Frustration he-
raus beschloss sie, einen Film über Familien zu
machen, welche die Rollen bewusst vertauscht
haben. «Mich interessierte, wie es in diesen
Haushalten aussieht, in denen der Vater mehr-
«Wer hat die
Hosen an und wer
wäscht sie?»,
fragt Verena
Endtner (Bild) in
ihrem neuen
Dokumentarfilm.
82 Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020
heitlich zu Hause zu Kindern und Haushalt
schaut», erklärt Verena Endtner.
Sandro Bucher musste sich für seine Rollen-
wahl in seinem engeren Umfeld nie rechtferti-
gen. «Meine Familie sagte von Anfang an, sie
könnten sich mich als Hausmann vorstellen»,
sagt er. Und auch von seinen Kollegen bei der
Feuerwehr, in der er sehr engagiert ist, erntete
er nie faule Sprüche. Aber bei Männern, die er
noch nicht so gut kennt, hat er ein sich wieder-
holendes Muster festgestellt: «Wenn ich erzähle,
dass ich Hausmann bin, finden das viele toll und
sagen: Das möchte ich auch einmal.» Im weite-
ren Verlauf des Gesprächs finden die meisten
den Rollentausch dann aber doch nicht mehr so
erstrebenswert, um ihn nachhaltig weiterzuver-
folgen. Bucher hat eine Tendenz zu regelmässi-
gen Papi-Tagen festgestellt, aber mehr Haus-
männer sind in seinem Umfeld nicht in Sicht.
Der vorwurfsvolle Ton
Negative Reaktionen gehören dafür zum Alltag
seiner Frau. «Olivia hört immer wieder den Satz:
‹Was, du hast drei Kinder? Was machst du mit
denen?›», erzählt Sandro Bucher. Weil sie neben
ihrem Job auchnoch politisch engagiert ist, folgt
oft der Zusatz: «Wie schaffst du das alles?» «Da-
bei ist sie mindestens gleich viel
Die Männer
unter sich:
Sandro Bucher
mit seinen
Söhnen Nik,
Robin und Noel
(von links).
Seite 85
Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020 83
Als Verena Endtner mit ihrer Idee auf die Buchers
zukam, da waren diese noch zu viert. «Wir wollten die
Paare über eine längere Zeit begleiten», sagt die Fil-
memacherin. Neben den Buchers sind das Tänzerin
Maja (37) und Musiker Theo (37) mit Sohn Nino (3)
sowie Juristin Kathrin (36) und Polymechaniker Mar-
tin (36) mit Sohn Maxim (4). Sie alle gehören zu jenen
20 Prozent der Schweizer Familien, die sich bewusst
gegen das traditionelle Modell entschieden haben, in
dem der Mann fürs Haupteinkommen sorgt. Doch
auch wenn der Dokumentarfilm zurzeit aktiv in der
Diskussion um den Vaterschaftsurlaub eingesetzt
wird, ist «Von der Rolle» kein Plädoyer für das Umdre-
hen der Rollen, sondern für Toleranz: Jede Familie soll
jenes Modell leben können, das für sie stimmt.
«Von der Rolle» im Kino: ab 27. Februar in Zürich, ab 5. März in der
ganzen Schweiz.
www.von-der-rolle.ch
LANGZEIT-PROJEKT
Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie?
LIFESTYLE
REPORTAGE
zu Hause wie ein Mann, der hundert Prozent
arbeitet», hält Sandro Bucher fest. «Und für die
Jungs ist sie ganz normal das Mami.»
Dieses Vorurteil war die Ausgangslage für den
Film. «Einem Mann wird es positiv ausgelegt,
wenn er neben dem Job noch in einem Verein
und in der Politik engagiert ist», sagt Verena
Endtner. «Bei einer aktiven Frau hingegen
schwingt immer der Vorwurf mit, ihre Kinder zu
vernachlässigen.» Sie selbst versucht mit ihrem
Partner dem Sohn vorzuleben, dass es für beide
Geschlechter möglich ist, sich in Beruf und Fa-
milie zu verwirklichen: Sie führen gemeinsam
eine Produktionsfirma, arbeiten gleich viel, ver-
dienen gleich viel, teilen sich den Haushalt auf
und sind gleichermassen für die Kinderbetreu-
ung zuständig.
Die berufliche Zukunft
Für Hausmann Sandro stimmt seine Rolle im Le-
ben. Er fühlt sich nicht weniger als Mann, nur
weil sein Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung
ist und sein Job aus Kochen, Putzen, Waschen
und Kinderbetreuung besteht. Für Ausgleich
sorgte in den letzten Jahren das Engagement in
der Feuerwehr, für die er auch kleinere adminis-
trative Arbeiten erledigte.
Im Sommer werden sich die Umstände än-
dern: Robin kommt in den Kindergarten, womit
zumindest am Morgen alle Kinder aus dem Haus
sein werden. Dann möchte Sandro Bucher mit
einem Teilzeitjob wieder ins Berufsleben einstei-
gen, mit 30 bis 40 Prozent Pensum. Nach über
neun Jahren als Vollzeit-Hausmann.○
Ob bei den Hausaufgaben oder beim Anziehen für draussen: Papi
Sandro hat immer eine helfende Hand.
Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020 85
27Donnerstag, 27. Februar 2020
Berner Woche
DaskritischeAusgehmagazin
27. Februar bis 4. März
Tom Gsteiger
Wagen wir zu Beginn eine unseriöse
Umschreibung der Geschichte. Hätten
die tapferen Eidgenossen den eingebil-
deten Habsburgern nicht regelmässig
eins auf den Deckel gegeben, dann wä-
ren wir heute unter Umständen West-
Österreicher.Und dannwäreWien unse-
re Hauptstadt. Und wen hat Wien im
Jazz hervorgebracht? Josef «Joe» Zawi-
nul! DieserArbeiterbub aus dem dritten
Wiener Bezirk Erdberg hat die Entwick-
lung des Jazz so nachhaltig geprägt wie
kein anderer Europäer.
Doch zurück in die profane Gegen-
wart. Im Café Sperl in Wien sitzt Peter
Rom gegenüber. Nachdem der Kellner
eine Mélange und einen «überstürzten
Neumann» serviert hat, gibt sich Rom
als Zawinul-Bewunderer zu erkennen.
Wobei es ihm nicht nur um die Musik
geht (ein Favorit ist dasAlbum «My Peo-
ple»), sondern auch um das Selbstbe-
wusstsein Zawinuls und dessen Integ-
rität.Wie Zawinul ist auch Rom ein mu-
sikalischer Omnivore. Seit er sich mit «a
bisserl» Schuldgefühl Spotify zugelegt
hat, kreiert er Playlist um Playlist – er
hört Pop und Hip-Hop, die neuen Sa-
chen von Prince und Richard Strauss
und mehr. Besonders angetan haben es
im langsame Balladen. Und so hat nun
auch das Programm «Herz unter Null»,
das er an der Jazzwerkstatt Bern als
Weltpremiere aufführen wird, eine me-
lancholisch-balladenlastige Schlagsei-
te, wobei Rom betont: «Melancholie ist
keine Traurigkeit für mich.»
Sein Quartett wird Stücke spielen re-
spektive transformieren, die von einer
noch unveröffentlichten CD stammen,
für die Rom ganz unterschiedliche Be-
setzungen ins Studio geholt hat.Zu Roms
Quartett gehört ein 1A-Groove-Gespann
mit Manu Mayr (Bass) und Julian Sarto-
rius (Schlagzeug). Vervollständigt wird
die Band durch Pamelia Stickney,die ihre
Hände um die zwei Antennen des 1920
erfundenen Theremin bewegen wird.
Eine Zeitlang wurde dieses ungewöhn-
liche Instrument gerne für Soundtracks
von Horrorfilmen eingesetzt.Und selbst-
verständlich wird Rom sein gitarristi-
sches Alleskönnertum wieder herunter-
brechen auf subversive Schmankerl und
fadengerade Ansagen.
Vom Fussball zur Gitarre
Bis im Alter von 15 Jahren war der 1972
geborene Rom auf dem Weg zum Profi-
fussballer, doch dann hat er umge-
schwenkt,um sich intensivermit derGi-
tarre zu befassen. Er verbrachte ein Jahr
in Los Angeles und träumte davon, Stu-
diomusikerzuwerden.Als ermit 30 Jah-
ren nach Wien zurückkehrte, tauchte er
in die junge Szene ein,die dann 2004 mit
einem riesigen Jazzwerkstatt-Festival so
richtig auf die Pauke haute undviele Leu-
te aus den Socken haute. Seit zwischen
den Werkstätten von Bern und Wien ein
regerAustausch besteht,warRom bereits
mehrmals hierzulande zu Gast. Zuletzt
mit derfurios zwischen zerhackstückel-
ten Overdrive-Beats und labyrinthischen
Melodien oszillierenden Gruppe Synest-
hetic 4, die er und der Klarinettist und
Surrealismus-Rapper Vincent Pongracz
gemeinsam leiten und von der kürzlich
die CD «Pickedem» erschienen ist.
Auch heuer gehen Rom und Pongracz
amJazzwerkstatt-Festivalwiedergemein-
samaufdieBühne,beimAuftrittdesJazz-
orchesters Vorarlberg (JOV). Für diese
Band hat Pongracz ein Werk für Gesang
(SisterRaie)undOrchestergeschaffen,bei
dem auch das Libretto von ihm stammt.
Geleitet wird das JOV vom vorarlbergi-
schenWahlwienerMartin Eberle,derüb-
rigens das Jazzwerkstatt-Gedankengut
nach Bern gebracht hat.
Bei einem Schnitzel- und Schweine-
braten-Essen in der Gastwirtschaft Kopp
im 20. Wiener Bezirk erzählt Eberle, das
diesereine Zawinul-Biografie besitzt,die
derMeisterhöchstpersönlich signiert hat
mit den Worten: «Bist ein leiwand Musi-
kant». Im Mittelalter wurde im Wiener
Bürgerspital das «Leiwandbier» ausge-
schenkt, das einen ausgezeichneten Ruf
hatte. Und so wird das Wort «leiwand»
in Wien noch heute gebraucht, wenn
man etwas besonders loben will.
Er serviert subversive Schmankerl
Sounds  Auch heuer nehmen wieder mehrere Musiker aus Felix Austria am Festival der Jazzwerkstatt Bern teil.
Unter ihnen der famose Gitarrist Peter Rom, der ein balladeskes Programm uraufführt.
Der Gitarrist Peter Rom bringt Wiens pulsierende Jazzszene nach Bern.  Foto: Palma Fiacco
Turnhalle im Progr
«Herz Unter Null»: Mi, 4. März, 20.15 Uhr
Jazzorchester Vorarlberg & Sister Ray:
Do, 5. März, 22.30 Uhr
Wenn es um Fragen der Gleichstellung
und derVereinbarkeit von Beruf und
Familie geht, bekommen Diskussio-
nen oft etwas Gehässiges. Nehmen Sie
das auch so wahr?
Ja. Das Thema ist halt sehr persönlich.
Wer will schon vorgeschrieben bekom-
men, wie er oder sie zu leben hat? Dar-
um vermeide ich es in meinem Film,
dogmatisch zu werden,wenn es um Fa-
milienmodelle geht.Ichwollte möglichst
locker an die Thematik herangehen.
Was hat Sie angetrieben?
Es ist ja so: Bevor Kinder da sind, lebt
man relativ selbstbestimmt in einer
Partnerschaft. Kaum wird man eine Fa-
milie, tendieren viele dazu, in traditio-
nelle Rollenmuster zurückzufallen: Die
Frau bleibt zu Hause oder reduziert ihr
Pensum. Die meisten sagen zwar, sie
möchten es anders machen als ihre El-
tern, aber es gelingt ihnen nicht, und
das führt zu einem Frust. Ich erlebe der-
zeit viele Frauen und Männer in diesem
Zwiespalt.Und darumwerdenviele auch
so emotional bei diesen Fragen.
Familienmodelle gibt es ja so viele,wie
es Familien gibt.Wie haben Sie die
drei Paare für den Film ausgewählt?
Wir nahmen die drei gängigsten Model-
le, die in der Schweiz gelebt werden –
aber mit umgekehrten Rollen: Familien,
in denen die Frau gleich viel oder mehr
zum Erwerbseinkommen beiträgt als
der Mann.
Wie schwierig war es, ein Paar zu
finden, bei dem der Mann zu hundert
Prozent für Kinder und Haushalt
zuständig ist?
Gar nicht so einfach. Vor allem, jeman-
den zu finden, der aus freien Stücken
Hausmann ist und nicht aufgrund von
äusseren Umständen.
Gerade bei dieser Familie zeigt sich im
Film, dass die Gesellschaft immer
noch argwöhnisch ist,wenn eine Frau
Vollzeit ausser Haus arbeitet.
Ja, und es ist kein Zufall, dass es auch
hier die Frau ist, die sich rechtfertigen
muss. Das traf übrigens auf alle unsere
Paare zu, egal,welches Modell sie leben.
Wird eine berufstätige Frau schwanger,
fragt der Arbeitgeber sie, wie sie sich
künftig organisiert. Männerwerden das
nicht gefragt. Die primäre Verantwor-
tung für die Familie scheint immer noch
bei der Frau zu liegen. Männer werden
schon gelobt,wenn sie einen halben Tag
in der Woche zu Hause sind.
Im Film sagt eine Frau einmal, sie
könne zwar mit Werkzeug umgehen,
möchte aber trotzdem manchmal
Prinzessin sein.Wie stark sind
herkömmliche Rollenbilder auch bei
emanzipierten Menschen verankert?
Die stecken noch stark in den Köpfen.
Letzthin sprach ich mit einem Kollegen
und erwähnte nebenbei mein Kind. Er
meinte, man sehe mir gar nicht an, dass
ich Mutter sei.Ja,wie soll denn eine Mut-
ter aussehen? Offensichtlich hat der
grösste Teil der heutigen Erwachsenen
die traditionellen Familienstrukturen
mit der Muttermilch eingesogen.
Wie sieht Ihr eigenerAlltag als berufs-
tätige Mutter aus?
Mein Partner und ich haben gemeinsam
eine Produktionsfirma – und wir arbei-
ten gleich viel, wir schauen gleich viel
zum Kind, machen gleich viel im Haus-
halt und verdienen gleich viel. Das stand
schon fest, bevor wir Eltern wurden.
Regula Fuchs
«Männer werden schon gelobt, wenn sie einen halben Tag zu Hause sind»
Sieben Fragen an Verena Endtner
Kino Traditionelle Rollenbilder
steckten noch fest in den Köpfen,
sagt die Bernerin Verena Endtner.
Darum porträtiert sie im Film
«Von der Rolle» Familien,
bei denen die Frau die­
Haupternährerin ist.
Foto: zvg
Vorpremiere: Kino Club, heute, 20 Uhr, mit
Podium. Ab 5.3. im regulären Programm
Die Internationale des Jazz
Die Musikerinnen und Musiker am 13.
Festival der Jazzwerkstatt Bern in der
Turnhalle im Progr vom 4. bis 8. März
kommen aus ganz unterschiedlichen
Ecken der Welt. Neben der starken Frak-
tion aus Österreich wird etwa auch ein
grosses Kontingent aus Chicago erwartet
– besonders geballt am Eröffnungsabend
mit Michael Zerang & the Blue Lights.
Am Freitag schliessen sich bei O Cyclist
Deutschland und die Schweiz zusammen,
und bei einer von Risen Rylander Löve
geleiteten Band wird diese Kombination
um Schweden erweitert. Der in Biel
wohnhafte afro-amerikanische Trompeter
Jalalu-Kalvert Nelson bringt sein Trio mit
einem Streichquartett zusammen. Und bei
Bänz Oester’s Old Europe kommt ein
Teil der Band aus Mazedonien. (tom)
www.jazzwerkstatt.ch
«Melancholie ist keine
Traurigkeit für mich.»
Peter Rom 
«Die Klischees, denen man als Mutter
begegnet, sind enorm»
Verena Endtner hat mit «Von der Rolle» einen Dokfilm über Rollenmuster gedreht. Bei ihr
daheim wird alles 50/50 aufgeteilt. Klappt das echt?
13 FEB 2020
FR AG EN — REDAK T ION KL EINSTADT
BILDER — DAN RIE SEN (Z VG)
Die Berner Filmemacherin Verena Endtner hat für ihren neuen Dok-Film «Von der Rolle» drei
Familien begleitet, die sich die Familienarbeit anders aufteilen, als dies traditionell der Fall ist:
eine Tänzerin und ein Musiker, eine Businessfrau und ein Hausmann sowie eine Juristin und ein
Polymechaniker. Der Film unterhält und inspiriert, hält einem aber auch immer wieder den
Spiegel vor. Endtner hat an Filmschulen in London und Vancouver Regie studiert. Sie ist Mutter
eines 8-jährigen Sohnes und führt mit ihrem Partner Dan Riesen die Werbeagentur Aloco in
Bern.
Auf den Bildern zu diesem Artikel ist sie mit ihrem Sohn an verschiedenen Drehorten zu sehen –
für «Die Frau mit den Bluthunden» reiste Endtner beispielsweise in den Kongo. Die Berner
Vorpremiere von «Von der Rolle» findet am 27. Februar 2020 statt, ab 5. März 2020 läuft der Film
Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-...
1 von 6 23.02.20, 20:02
Verena Endtner, Ihr Film «Von der Rolle» bietet einen tiefen Einblick ins Privatleben
von drei Paaren mit Kindern. Sie sind selber Mutter eines achtjährigen Sohnes und als
Filmemacherin auf der ganzen Welt unterwegs. Wie sind die Rollen bei Ihnen
aufgeteilt?
Mein Partner und ich teilen uns alle Arbeit auf. Wir arbeiten beide 80%, betreuen unseren Sohn
zu gleichen Teilen und waschen und putzen auch gemeinsam, wobei er wohl beim Letzteren
eher mehr Hand anlegt, wenn ich ehrlich bin. Wer gut hinschaut, kann im Film unseren Sohn
erkennen.
War Ihr Sohn beim Dreh dabei?
Manchmal darf er mitkommen auf einen Dreh, wenn gerade keine Betreuung möglich ist. Da
sind wir als selbständig Arbeitende flexibel. Es ist gut, dass mein Sohn mitbekommt, was ich
arbeite. Das erweitert seinen Horizont. Er kommt so an Orte und mit Menschen in Kontakt, die
er sonst nie kennenlernen würde.
Demnächst
01:31
Sie sagen, Sie teilen sich die Familienarbeit 50/50 auf. Funktioniert diese Aufteilung in
Ihrem Haushalt wirklich? Gibt es keine Reibungsflächen?
Doch, Reibungsflächen gibt es immer. Jeder hat andere Vorstellungen in Bezug aufs Erziehen,
auf den Haushalt oder die Karriere. In jeder Partnerschaft muss das ausgehandelt werden, auch
bei uns. Wichtig ist, auf den anderen einzugehen, Bedürfnisse zu artikulieren und auch mal
nachzugeben. In unserer Beziehung gab es diese Stereotypen – ich, die Frau, bin für das Putzen,
Kochen und Kinderbetreuen zuständig, mein Partner ist der Geldverdiener, Handwerker und
Biertrinker – nie. Nur beim Autofahren haben wir das Muster, dass immer er fährt, wenn wir
zusammen unterwegs sind. Wohl, weil er es einfach lieber macht und ich das Fahren eher als
notwendiges Übel ansehe.
«Die Paare müssen aufhören, die Arbeitsteilung nach
den Geschlechterrollen zu definieren und unabhängig
von Klischees nach Ideen, Vorlieben und Fähigkeiten
fragen.»
Was braucht es Ihrer Erfahrung nach, damit die Aufgabenteilung funktioniert? Haben
Sie Tipps?
Die Paare müssen aufhören, die Arbeitsteilung nach den Geschlechterrollen zu definieren und
unabhängig von Klischees zuerst sich und dann den Partner fragen, was die Ideen, Vorlieben und
Fähigkeiten sind. Eine ideale, offene Gesellschaft macht keinen Unterschied zwischen Mann
und Frau. Das ist vielleicht etwas aufwändiger, aber sicher befriedigender auf Dauer. Es gibt nun
Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-...
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ergänzen sich die Paare. Bei Reibungsflächen hilft Humor und Gelassenheit!
Das klingt so leicht. Aber im Alltag fällt es doch manchmal sehr schwer, humorvoll und
gelassen zu bleiben. Ihnen nicht?
Doch, sicher gibt es auch stressige Situationen. Dann heisst es: Einfach mal tief durchatmen und
eine kurze Pause einlegen. Im Film gibt es auch «brenzlige» Situationen, die wir bewusst drin
gelassen haben, sie gehören halt zum Leben dazu. Im Nachhinein sind alle schlauer und würden
es besser machen.
Sie arbeiten mit Ihrem Partner auch noch sehr eng zusammen, Sie haben eine
gemeinsame Agentur. Wird das nicht manchmal zu eng?
Das wir zusammen arbeiten, hat viele Vorteile. Wir können uns flexibel absprechen. Oft kommt
noch etwas Dringendes rein und dann geht halt derjenige, der gerade nicht unter Zeitdruck
steht, nach Hause kochen. Zudem betreuen wir unsere eigenen Bereiche: Ich mache die freien
Kino- und TV-Produktionen, mein Partner ist für kommerzielle Filmprojekte, Fotografie,
Webdesign und Grafik zuständig. Wichtig ist auch, dass wir in getrennten Räumen arbeiten, so
hat jeder etwas Ruhe, um konzentriert arbeiten zu können.
«Noch schlimmer wird es in der Regel nach der Geburt.
Mit Stillen fängt es an, und du wirst gnadenlos in die
Mutterrolle gedrängt.»
Was hat Sie dazu bewegt, einen Film über Rollenbilder zu machen?
Es waren vor allem die Rollenbilder und Erwartungen, mit denen ich konfrontiert wurde, als ich
Mutter wurde. Ich dachte bis dahin, dass in der Schweiz Frauen doch relativ selbstbestimmt
leben können. Die Klischees und Rollenzuweisungen, die eine Mutter schon in der
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mich nicht ins Flugzeug steigen lassen wollten. Auch Skifahren und Velofahren wurde mir
teilweise verboten, dabei weisst du doch als schwangere Frau am besten, was dir guttut. Noch
schlimmer wird es in der Regel nach der Geburt. Mit Stillen fängt es an, und du wirst gnadenlos
in die Mutterrolle gedrängt. Und werden Männer, die eben Vater geworden sind, von der
Personalabteilung zum Gespräch eingeladen, um zu besprechen, wie das mit der Teilzeitarbeit
nun weitergehe?
Was haben Sie bei den Dreharbeiten von den Paaren gelernt?
Es war sehr spannend zu sehen, wie diese doch sehr unterschiedlichen Paare im Privaten die
Hausarbeit aufteilen. Nicht immer war ich einverstanden, aber ich habe gelernt, dass es 1000
richtige Möglichkeiten gibt, Dinge anzupacken. Sich im Privaten so zu exponieren, braucht Mut,
und dafür bin ich allen Protagonisten dankbar, die sich für «Von der Rolle» zur Verfügung gestellt
haben. Immerhin zeigen sie nicht nur die heile Welt, und es krachte auch ab und zu.
Welche Botschaft möchten Sie den Frauen und Männern, die den Film sehen, auf den
Weg geben?
Leute, habt mehr Vertrauen in eure Fähigkeiten, ihr macht das schon richtig! Intuitiv machen
Frauen und Männer meistens das Richtige mit den Kindern. Ich persönlich bin ruhiger geworden
und mache mir weniger Stress, wenn etwas gerade nicht so läuft, wie ich es mir wünsche. Zudem
bin ich etwas abgehärtet gegen Kritik von aussen und lasse mir nicht mehr so leicht ein
Frauenbild aufdrängen. Wichtig im Business sind zudem die Seilschaften. Wenn sie von Frauen
auch nicht in der Rekrutenschule geknüpft werden, so ist es doch wichtig, Unterstützung zu
haben, nicht zuletzt bei der Vermarktung eines Filmes. So ist zum Beispiel mein ganzes
Netzwerk aufgefordert, in der ersten Kinowoche, ab dem 5. März, die Säle zu stürmen, um «Von
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STICHWORTE
Film Kultur Kunst Rollenbilder Rollenteilung Selbständigkeit Vereinbarkeit
KOMMENTAR SCHREIBEN
14. FE BRUAR 2020
STEFF I
Wir tun immer so, dass es keine Rollenbilder mehr gibt. Fakt ist, dass es Frauen schwerer in so
vielen Aspekten haben! Deshalb chapeaux, dass ihr das so gut hinbekommt.
13. FEBRUAR 202 0
LIN I
Passend zum Thema ist auch die Ausstellung "Ich Mann. Du Frau. Feste Rollen seit Urzeiten" im
Neuen Museum Biel. Sehr zu empfehlen!
Weiterlesen
MENSCHEN
«KÖRPERRESPEKT
MENSCHEN
«ALS NANNY HABE ICH
EINE ENGE BINDUNG ZU
Kooperation
Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-...
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GEWALTPRÄVENTION»
Melanie Dellenbach setzt sich mit der
Organisation Yes2Bodies für mehr
Körperrespekt ein. Mit ihrer Tochter spricht
sie nie über Diäten. mehr
Überhaupt nicht. Die superflexible
Betreuungsform ist im Kommen. Wir haben
mit einer Nanny geredet. mehr
Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-...
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15
Debatte
Mittwoch, 12. Februar 2020
Sandro Benini
Letzte Woche flog der Schreibende
von Tuxtla Gutiérrez im südmexikani-
schen Bundesstaat Chiapas nach
Mexiko-Stadt. Kurz vor dem Boarding
sagte eine Angestellte der Fluggesell-
schaft Aeroméxico über Lautsprecher:
«In unserer Maschine fliegt der
mexikanische Präsident mit.» Die
Wartenden nahmen die Information
ohne das geringste Anzeichen von
Erstaunen zur Kenntnis.
Tatsächlich hat sich Mexikos Öffent-
lichkeit längst daran gewöhnt: Der seit
Dezember 2018 regierende Andrés
Manuel López Obrador, wegen seiner
Initialen oft Amlo genannt, nimmt
auf seinen zahlreichen Reisen immer
Linienflüge, und zwar Economy.
Amlo hat kein besonders gutes Jahr
hinter sich: Das Land ist in eine Rezes-
sion gerutscht, die Drogenmafia
mordet mehr denn je, die Umfrage-
werte der linken Regierungspartei
Morena sinken. Amlos Popularität
hingegen ist nach wie vor hoch. Das
liegt auch daran, dass die Bevölkerung
von der persönlichen Integrität und
authentischen Bescheidenheit des
66-jährigen Politikers überzeugt ist.
Bisweilen erlebt Amlo auf seinen
Reisen aber Unangenehmes. Einmal
hat eine vierköpfige Familie darauf
bestanden, aus der startklaren­
Maschine wieder auszusteigen. Mit
dem Präsidenten zu fliegen, lehne er
aus Sicherheitsgründen ab, sagte der
Vater, der darauf den unvermeidlichen
Shitstorm in sozialen Medien über
sich ergehen lassen musste. Ein an-
dermal forderte der Pilot Amlo über
Lautsprecher auf, gefälligst dafür zu
sorgen, dass Mexiko-Stadt einen
neuen Flughafen erhalte.
Das komplexe Verhältnis des mexika-
nischen Präsidenten zu Flugzeugen
zeigt sich auch an der Komödie um die
ehemalige Präsidentenmaschine.
Schon an seinem zweiten Amtstag
hatte Amlo versprochen, die Boeing
Dreamliner 787-8 zu verkaufen. Darin
herumzufliegen, wie es sein Vorgänger
Enrique Peña Nieto getan hatte, sei in
einem Land mit so vielen Armen «eine
Beleidigung».
Tatsächlich gehört die Maschine mit
dem Namen «José María Morelos y
Pavón» zu den luxuriösesten der Welt:
Sofas und Ledersessel, marmorver-
kleidete Bäder und Toiletten, Schlaf-
gemächer, Büros und Sitzungsräume,
eine Küche, Internet, ein Satelliten-
telefon. Kaufen wollte den fliegenden
Palast allerdings bis heute niemand.
In einem komplizierten Verfahren
soll die Maschine darum nun verlost
werden –aber nicht das konkrete
Flugzeug, sondern dessen Gegenwert.
Von den hundert Gewinnern erhält
jeder eine Million Dollar. Der Erlös,
den der Staat durch die Lotterie zu
erzielen hofft, soll sozialen Projekten
zugutekommen. Und dazu verwendet
werden, die Präsidentenmaschine
zwei weitere Jahre lang in Schuss zu
halten, auf dass sie vielleicht doch
noch jemand kaufe.
In Mexiko würdigen viele die gute
Absicht, die hinter der ganzen Aktion
stecke. Mindestens ebenso viele fragen
sich, ob der Präsident nichts Wichtige-
res zu tun habe.
Den Flug von Chiapas in die
Hauptstadt hat López Obrador
dann übrigens doch nicht genommen.
Vielleicht hat ihn die Vorbereitung
zur grossen Präsidentenmaschinen-
verlosung aufgehalten.
Der Präsident, der sein Flugzeug verlost
Andrés Manuel López Obrador  Mexikos Staatschef hat ein spezielles Verhältnis zum Fliegen.
Kopf des Tages
Gleichwertig, aber nicht gleichartig
Was die Bildungsdirektion des Kantons
Zürich vorschlägt, um dem Mangel an
Heilpädagogen zu begegnen, kann in
gutem Zürichdeutsch als «Pfläschterli-
Politik» bezeichnet werden. Nicht-
Heilpädagogisches Personal soll die
verbliebenen Heilpädagoginnen unter-
stützen. Es ist zu vermuten, dass mit
dieser Aufstockung des Personals das
Chaos noch lange kein Ende hat. Es
wird damit eher weiter angeheizt. Die
Schulleiter werden sich dafür bedan-
ken, die Eltern werden sich betrogen
fühlen, weil sie unter sonderpädagogi-
schem Förderbedarf etwas anderes
erwartet haben, und dies zu Recht.
Wann kommt man zu der Einsicht,
dass alle Menschen, hier Schüler und
Schülerinnen, gleichwertig, aber nicht
gleichartig sind? Kleine Klassen, früher
Kleinklassen genannt, wären hier die
wesentlich sinnvollere Lösung, als alle
paar Monate wieder mit einer­
originellen Lösung alle Betroffenen
weiter zu verunsichern.
Riccardo Bonfranchi, Wolfhausen
Teurer und sicher nicht besser
Die Ausnahmeregelung betreffend
Schulassistenz ist das Eingeständnis
der Bildungsdirektion, dass der son-
derpädagogische Sektor völlig auf
Grund gelaufen ist. Die schönen Ver-
sprechungen über heilpädagogische
Betreuung integrierter Kinder kann
man an vielen Orten nicht halten. Die
betroffenen Eltern fühlen sich betro-
gen, denn diese bunte Gesellschaft von
Assistenzpersonen ist mangels Aus­
bildung nicht befugt, das einzelne
Kind zu therapieren. Sie macht sich
zwar vielleicht ganz allgemein ein
wenig nützlich, kompliziert aber das
ganze System und das Geschehen im
Schulzimmer zusätzlich. Die Einfüh-
rung einer Schulassistenz ist ein
Mittelding zwischen Verzweiflungstat
und faulem Trick. Zudem verschlingt
die ganze sonderbare Übung wohl
bedeutend mehr Finanzen, als alle
Kleinklassen zusammen kosten
würden. Die Politiker sind gefordert,
diesem Spuk ein Ende zu bereiten.
Hans-Peter Köhli, Zürich
Integration lässt die Kinder im Stich
Die Verordnung über sonderpädagogi-
sche Massnahmen schafft ein Durch-
einander in den Schulen. Es gibt keine
stabilen Verhältnisse mehr. Die Schul-
kinder und besonders die schwäche-
ren sind jedoch auf dauerhafte, lang-
fristige Beziehungen zu den Lehrern
angewiesen. Deshalb kann man Heil-
pädagogen nicht temporär mit Aushil-
fen ersetzen und schon gar nicht mit
fachfremden Assistenten. Wie sollen
die Klassenassistentinnen und nicht
ausgebildete Personen die schwieri-
gen, untragbaren und vielfach chaoti-
schen Verhältnisse in den Klassen
auffangen können? Damit die Schüler
wirklich lernen können, brauchen sie
eine ruhige Lernsituation, die damit
nicht mehr gegeben ist. Den Eltern hat
man versprochen, dass ihre Kinder in
den Regelklassen von pädagogisch gut
ausgebildeten Fachkräften gefördert
würden, so, wie es früher in den
mittlerweile abgeschafften zwei­
jährigen Sonder-A-Kleinklassen der
Fall war, wo sich die Kinder unter
Anleitung einer heilpädagogischen
Fachlehrperson in der Lehrer-Kind-
Beziehung aufgehoben fühlten und sich
schulisch weiterentwickeln konnten.
Peter Aebersold, Zürich
Leserbriefe
«Das Chaos hat noch kein Ende»
Ausnahmeregelung  Mangel an Heilpädagogen spitzt
sich zu, TA vom 8. 2.
Mamablog  Väter wie ich erhalten
Beachtung. Wir werden zu Podien
eingeladen, von Medien befragt und
mit Anerkennung beschenkt. Ich warte
nur noch darauf, dass auf dem Märit-
platz meines Heimatorts eine Statue
von mir enthüllt wird. Und das alles
nur, weil ich und ein paar andere Väter
tun, was für die meisten Mütter Alltag
ist: Wir kümmern uns um unsere
Kinder und machen den Haushalt.
Dafür reduzieren wir die Erwerbs-
arbeit oder geben sie ganz auf. Lob
haben wir dafür sicher nicht verdient.
Ich wünsche mir aber, dass sich die
Gesellschaft ein Stück in unsere Rich-
tung bewegt. Nicht jeder Vater muss
zum Hausmann konvertieren, nicht
jede Mutter voll berufstätig bleiben.
Aber solche Modelle sollten Eltern
wählen können, ohne gleich zum
Dorfgespräch zu werden. Und natür-
lich auch, ohne gleich eine eigene
Sonderbriefmarke zu erhalten.
In der Realität dominiert das klassi-
sche Familienmodell hartnäckig.
Um andere Modelle interessant zu
machen, müssen sie sichtbarer­
werden. Ich möchte in den Medien
mehr Väter sehen, die zu Hause
Kinderkotze von den Ficusblättern
waschen, und Mütter, die Säcke voller
Sesterzen heimbuckeln.
Anfang März kommt ein Dokumentar-
film in die Kinos, der mir deshalb sehr
am Herzen liegt. Die Berner Filme­
macherin Verena Endtner hat
drei Familien begleitet, die nicht das
klassische Modell leben. «Von der
Rolle» zeigt den Alltag dieser Familien
und die Gedanken, die sich die Eltern
zu ihrer Aufgabenteilung machen.
Ein Film für werdende Eltern, die sich
bald auf eine Rollenaufteilung einigen
müssen. Aber auch für Lehrer, Ärztin-
nen, Arbeitgeber und Gemeindepräsi-
dentinnen. Der ganzen Gesellschaft
tut so ein Perspektivenwechsel gut.
Im Prinzip ist eine Familie ja wie eine
kleine Filterblase. Man sieht vor allem
die eigene. Ich weiss nicht, wie es
Ihnen geht, aber ich schaue wahn­
sinnig gerne anderen Familien in die
Stube. Schon die SRF-Serie «Achtung
Väter!» hatte es mir angetan.
«Von der Rolle» gefällt mir noch
besser, weil der Film weniger Show
bietet. Kein Fernsehteam, das für
einen Tag ins Haus platzt, keine
Kommentare. Verena Endtner beglei-
tete ihre drei Familien teilweise bis zu
drei Jahre und verzichtet auf eine
Off-Stimme.
Das Resultat erinnert mich an meinen
Lieblings-Dokumentarfilm «Unser
täglich Brot». Er zeigt die Lebens­
mittelproduktion in Europa, und zwar
ausschliesslich in Bildern und Geräu-
schen, ohne ein gesprochenes Wort.
Nichts wird beschönigt, nichts skan-
dalisiert. Als Zuschauer muss ich mir
meine eigene Meinung bilden. So ist
es auch bei «Von der Rolle». Der Film
zeigt inhaltlich nichts Extremes,
Revolutionäres, und doch können
aufmerksame Zuschauer*innen viel
entdecken. Nicht nur im Film selber,
sondern vor allem im eigenen Kopf.
Ich sah drei seltene Familienmodelle.
Drei Väter, die Betreuungsarbeit
leisten, und drei Mütter, die mehr
Erwerbsarbeit verrichten als ihre
Männer. Drei Familien, die auf mich
verschieden wirkten, mit denen ich
mich unterschiedlich stark identifizie-
ren konnte. Ich habe genickt und den
Kopf geschüttelt. Aber am Ende­
fühlten sich die gezeigten Familien
sehr normal an. Dieses «Normal» ist
natürlich subjektiv. Und überhaupt,
was ist an einem Familienalltag schon
normal?
Entsprechend eine Bitte an meine
Heimatgemeinde: Erstellt mir kein
überlebensgrosses Reitermonument.
Zeigt mich so normal, wie ich im
Alltag aussehe. Mit Zylinder, Gehrock
und Monokel – und einem Baby im
Tragetuch. Und die Bitte an Sie: Gehen
Sie doch mal wieder ins Kino.
Ein Film über seltene,
normale Familien
blogs.tagesanzeiger.ch
Ich wünsche mir, dass
sich die Gesellschaft
ein Stück in unsere
Richtung bewegt.
Markus Tschannen 
Freier Autor
Herausgeberin  Tamedia Publikationen
Deutschschweiz AG Werdstrasse 21, 8004 Zürich,
Tel. 044 248 44 11
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Verbreitete Auflage: 140’800 Ex. (WEMF 2017)
Davon verkaufte Exemplare: 122’849 Ex.
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In Zusammenarbeit mit der «Süddeutschen Zeitung»
Bern (sda) -
20.02.2020 11:00 bsd096 3 ACE, CIN Einzelmeldung Kritik kud sda/zm jc Bern
Neuer Film - "Von der Rolle" von Verena Endtner
"Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie?". Eine der Fragen, die die Berner Filmemacherin
Verena Endtner in "Von der Rolle" stellt. Ihr Dokumentarfilm gibt Einblick in drei unterschiedliche
Familienmodelle - das ist meistens spannend, manchmal langweilig und vor allem nicht sehr ergiebig.
Der Ansatz ist interessant. "Von der Rolle" will anhand von drei Paaren und deren Kinder zeigen, wie
unterschiedlich sich die (Haus-)Arbeit aufteilen und der Familienalltag gestalten lassen. Tänzerin Maja und
Musiker Theo etwa sind beide selbstständig und geben ihren Sohn in die Kita.
Juristin Kathrin arbeitet 80 Prozent, Polymechaniker Martin 60 Prozent, sie wollte nie Kinder, er eine
Grossfamilie - nun haben sie ein Kind, das zweite ist unterwegs und irgendwie wirken sie alle nie ganz
zufrieden.
Olivia und Sandro wollen ihre drei Kinder ohne Fremdbetreuung grossziehen. Deshalb hat sich der Vater
entschieden, Vollzeithausmann zu sein, während seine Frau 100 Prozent arbeitet und "das Geld nach Hause
bringt". Familienintern funktioniert das bestens, von aussen wird Olivia oft kritisiert.
Es ist unterhaltsam, witzig, wenn teilweise auch ein bisschen langatmig, die Familien bei der
Alltagsbewältigung zu beobachten. Wenn das alles ist, was der Film will, dann ist er gut. Um eine
differenzierte Diskussion über Gleichstellung und unterschiedliche Lebensformen anzukurbeln, fehlt im
allerdings das Fleisch am Knochen. Oder anders gesagt: Er zeigt zu viel Normalität und stellt zu wenig Fragen,
um zu provozieren, zu berühren oder inspirieren.
Notiz:
Deutschschweizer Kinostart: 27. Februar Verfasserin: Miriam Lenz,
Keystone-SDA
sda Basic in deutsch 26.02.2020
von 01.01.20 bis 26.02.20 Seite 1 von 1
23Donnerstag, 27. Februar 2020
Magazin
Okay, da ist erwieder. Normaler-
weise denkt man das, wenn der
Kater nach vier Minuten im Re-
gen schon wieder an der Türe
kratzt. Letzte Woche werden je-
doch einige diesen Satz gedacht
haben, als sie durch die Websei-
te derTurnhalle im Berner Progr
scrollten: «Tim Fite und Bona-
parte», steht da. Bonaparte? Je-
ner Bonaparte, der îm November
im Bierhübeli ein wild-ver-
schwitztes Abschiedskonzert
schmiss? Das Bedauern war
gross, als Tobias Jundt,wie er im
normalen Leben heisst,seineAb-
schiedstournee ankündigte:
Dank diesem bunten, krähenden
Wesen hatte Punkmusik von
einer Überlebenschance im 21.
Jahrhundert heimlich träumen
dürfen. Bonaparte hatte es ge-
schafft, Performancekunst ge-
tarnt als Konzerte auf die gros-
sen Festivalbühnen zu bringen.
Und nun wollte erverschwin-
den – für wie lange und inwie-
fern, wusste niemand so genau.
Verabschiedete sich nur Jundts
Kunstfigur Bonaparte? Trennte
er sich von der Band? Oder wür-
de er der Musik endgültig den
Rücken kehren, sich die Haare
schneiden und Steuerberater
oder Buschauffeur werden? Die
Befürchtungen waren fast gleich
gross wie die Hoffnungen, dass
alles nur eine Laune war.
«Wir sehen uns», meinte To-
bias Jundt im Bierhübeli – und
ja, man sieht sich wieder. Schnel-
ler als gedacht. Auf Facebook
schreibt er salopp: «Was tun
nach der Pensionierung? Freun-
de treffen.» Am Freitagabend
steht Bonaparte mit seinem
Freund, dem NewYorker Künst-
ler und Grafiker Tim Fite auf der
Bühne. Neu ist das nicht.
Schon früher sind die beiden
in der BernerTurnhalle gemein-
sam aufgetreten – oder, je nach
Anlass, gegeneinander angetre-
ten. 2016 bekriegten sich die bei-
den in einem Karaoke-Battle.
Dieses Jahr wollen Tobias Jundt
und Tim Fite «Lieder singen und
Fragen beantworten». Das ist
wohl die Gelegenheit zu fragen:
«Schon wieder da, Bonaparte?»
Und zu hoffen, dass Bonapar-
te (42) einer dieser rüstigen Rent-
ner ist, die einfach genau so wei-
termachen wie vorher.
Andrea Knecht
Konzert «Tim Fite und Bonaparte:
Alone Together», Freitag, 28. Feb-
ruar 2020; Türen: 20:00, Konzert:
21:00. Tim Fite stellt ab 3. März in
der Galerie Tom Blaess aus.
Bonaparte ist wieder da
Konzert in Bern  Vergeblich die Befürchtungen, Tobias Jundt alias Bonaparte werde nach seiner Abschiedstournee Steuerberater.
Vorläufiger Abschied: Bonaparte 2019 im Bierhübeli.  Foto: Susanne Keller
Tina Huber
Theo, Sandro und Martin sind
keine Väter, die «ein wenig mit-
helfen» im Haushalt. Keine mo-
dernen Papa Molls, die es kaum
schaffen, ihren Kindern zwei
gleichfarbige Socken anzuziehen
und ein Chaos veranstalten,
wenn die Frau mal aus dem Haus
ist. Die drei Männer sind das,was
man heutzutage unter «enga-
gierten Vätern» versteht: Sie ste-
hen nachts auf, wenn das Kind
weint, gehen mit ihm auf den
Spielplatz und erledigen zuhau-
se die Wäsche. Und sie sind nicht
diejenigen, die das ganze Geld
nach Hause bringen, ihre Part-
nerinnen tragen ebenso viel oder
mehr zum Familieneinkommen
bei. Das ist noch immer so
aussergewöhnlich, dass es Stoff
für einen ganzen Dokumentar-
film hergibt. Theo, Sandro und
Martin sind die Protagonisten im
Film «Von der Rolle». Darin be-
gleitet die Berner RegisseurinVe-
rena Endtner drei junge Familien
und bringt uns Familienkonstel-
lationen näher,die in unsererGe-
sellschaft selten sind.
Seltene Familien
Theo und Maja sind ein Künst-
lerpaar, er Musiker, sie Tänzerin,
beide teilen sich Haushalt und
Lohnarbeit zu gleichen Teilen;
Maja hätte zwar gerne, dass Theo
sich öfter um die Schmutzwä-
sche kümmert,aberweil sie nicht
mag,wie er die Kleider aufhängt,
macht sies dann doch selber. Bei
Sandro und Olivia bringt nur ein
Elternteil Geld nach Hause: sie.
Sandro ist Hausmann und Voll-
zeitvater und bäckt seinen Söh-
nen Geburtstagstorten,während
seine Frau trotz Kaderjobvon Be-
kannten manchmal gefragt wird,
warum sie denn nicht mehr im
Haushalt tue. Und da sind Kath-
rin und Martin; sie arbeitet vier
Tage die Woche auswärts und
fragt sich, ob es besser wäre,
wenn sie mehr zuhause wäre,
weil sie ihren Erziehungsstil ins-
geheim geeigneter findet als den
ihres Mannes, der das Kind mehr
betreut als sie. Als sie nach dem
zweiten Kind den Wunsch ver-
spürt, ihr Pensum zu reduzieren,
empfindet sie das als persönli-
che «Schlappe» für sich als
emanzipierte Frau.
Die drei Paare haben sich of-
fensichtlich einige Gedanken ge-
macht, als sie vom Liebespaar zu
Eltern wurden, und sie sind
überzeugt, dass die klassische
Rollenverteilung nicht ihr Ding
ist. Und doch ist der Alltag mit
Kindern, diesen Eindruck ge-
winnt man im Film, offenbar ein
ständiger Kampf gegen die Tra-
ditionalismusfalle. Passen die
jungen Eltern einen Moment
nicht auf, so scheint es, überrol-
len althergebrachte Rollenmus-
ter wie eine Walze all die schö-
nen Überzeugungenvom moder-
nen Familienideal.
Plötzlich ganz konventionell
Tatsächlich ist es statistisch er-
wiesen, dass die meisten Paare
in traditionelle Rollenmuster zu-
rückfallen,sobald Kinder da sind.
Heisst: Er bringt das Geld nach
Hause, sie kümmert sich um
Kind, Haushalt,Teilzeitjob. Inte-
ressanterweise passiert das auch
jenen, die sich für progressiv hal-
ten und egalitäre Geschlechter-
rollen befürworten. Die Soziolo-
gie kennt für solche Paare den
Begriff «Gender Legacy Cou-
ples»: In Befragungen geben sie
an, dass sie die Arbeitsteilung
gleichberechtigt und gemeinsam
vornehmen, doch bei genauem
Hinschauen stellt sich heraus,
dass diese Entscheidungen den
Bedürfnissen der Männer stär-
ker entgegenkommen. Und so
finden sich diese Paare dann in
konventionellen Konstellationen
wieder, mit der Mutter als mul-
titaskender und allumsorgender
Part.
Was eine Studie zeigt
Interessant in diesem Zusam-
menhang ist eine deutsche­
Studie, die das Magazin «Gehirn
& Geist» kürzlich zitierte: For-
scherinnen haben in Befragun-
gen mit Eltern aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz he-
rausgefunden, dass das Rollen-
verständnis des Mannes mitbe-
stimmt, wie lange Frauen nach
der Geburt des Kindes zuhause
bleiben und ob sie danach ihr
Pensum reduzieren. Je tradi­
tioneller der Mann, umso später
und mit weniger Wochenstun-
den kehrt die Partnerin an den
Arbeitsplatz zurück. Umgekehrt
aber lassen sich Männer von
einer progressiven Partnerin viel
weniger beeinflussen, sie ent-
scheiden unabhängig, ob und
wie oft sie das Kind nach der­
Geburt betreuen.
Wenn der Mann nicht will
Wenn der Mann nicht wolle, kön-
ne die Frau wenig ausrichten mit
ihrem Wunsch nach einem
emanzipierten Leben, sagt im
Film sinngemäss eine der Prot-
agonistinnen. Vielleicht ist dies
die Erkenntnis. Vielleicht aber
muss man es auch anders deu-
ten:Wünschenswert wären nicht
nur Männer, die mehr als «mit-
helfen» im Haushalt. Sondern
auch Frauen, die mehr als «mit-
entscheiden».
«Von der Rolle», von Verena Endt-
ner, CH/2020, 88 min., Filmstart
Zürich 27. Februar, übrige
Deutschschweiz 5. März.
Mehr als ein moderner Papa Moll
«Von der Rolle»  Ein neuer Film zeigt, wie Schweizer Paare zwischen Wäschekorb und Wickeltisch die
traditionellen Rollenmodelle zu überwinden suchen.
Der Alltag mit Kindern ist im Film ein ständiger Kampf gegen die Traditionalismusfalle.  Foto: pd
Passen die jungen
Eltern einen
Moment nicht auf,
überrollen
althergebrachte
Muster wie eine
Walze all die schö-
nen Überzeugun-
gen vom modernen
Familienideal.
Obwohl Stephan Eicher morgen
an den 13. Swiss Music Awards
mit dem Outstanding Achieve-
ment Award ausgezeichnet wird,
steht der Berner Musiker derVer-
anstaltung kritisch gegenüber.
Aber: «Ich nehme den Preis ger-
ne an und werde sicher Merci sa-
gen.»
Es werde ein ehrliches Merci
sein, fügt der Berner Musiker, der
heuer sein 40-jähriges Bühnen-
jubiläum feiert.Denn es gebevie-
le Leute, denen er es verdanke,
dass er überhaupt so einen Preis
bekomme. «Doch für mich sel-
ber ist er etwas peinlich.»
Musik ist kein Sport!
Eicher kann sich nicht mit dem
Gedanken anfreunden, dass Mu-
sik wie eine Sportart funktionie-
ren soll. «Ich finde es eine dum-
me Idee, dass man sie hierarchi-
siert wie einen Wettbewerb»,
sagt er. «Das ist nicht der Grund,
warum ich Musik mache.» Im
Weiteren sei der Preis von der
Plattenindustrie finanziert,
gegenüber welcher er sowieso
«nicht so eine gute Haltung»
habe.
Das war nicht immer seine
Meinung: Als die Swiss Music
Awards ins Leben gerufen wor-
den sind, stand Stephan Eicher
der Veranstaltung jedoch noch
positiv gegenüber. Er habe es da-
mals als wichtig erachtet, dass
die Schweizer Musik Beachtung
erhalte. «Ich schätze die Idee,
doch was daraus geworden ist –
deshalb komme ich nicht.»
Mehr ist mehr
Hauptverantwortlich dafür, dass
Stephan Eicher nach Luzern rei-
sen und den Pflasterstein in
Empfang nehmen wird, sind
letztlich zwei Faktoren. Zum
einen freut er sich auf die neue
SMA-Moderatorin Hazel Brug-
ger. Als er gehört habe, dass die
Satirikerin «denAbend wie einen
Bus an die Wand reiten würde,
dachte ich, da wäre ich gerne im
Zimmer».
Mit dem Versprechen, dass er
am Vorabend der Swiss Music
Awards («SMA live») auftreten
und das Programm frei gestalten
dürfe, habe man ihn ebenfalls
verführt. «Man kann mich schon
kaufen», so Eicher. An seiner
«Chilbi Revue» am 27. Februar
im KKL wird Stephan Eicher be-
freundete Musikerinnen und
Musiker um sich scharen. (sda)
Eicher ist der
Award etwas
peinlich
Preisverleihung  Morgen wird
Stephan Eicher in Luzern
mit einem Swiss Music
Award geehrt.
Dokumentiert wird der Alltag von engagierten Vätern.  Foto: pd
Viele Frauen fallen in die konventionelle Rolle zurück.  Foto: pd

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Pressemappe «Von der Rolle»

  • 1. DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020 / 20MINUTEN.CH24 Kino Stevenson (Michael B. Jordan, r.) versucht McMillian (Jamie Foxx) vor dem elektrischen Stuhl zu retten. Ein junger Anwalt setzt sich für zu Unrecht Verurteilte im Todestrakt ein und macht sich gegen Rassismus stark. Seit Jahrzehnten kämpft der af- roamerikanische Jurist Bryan Stevenson gegen den struktu- rellen Rassismus der amerika- nischen Justiz. Seine Erlebnis- se hat er im Bestseller «Just Mercy» aufgeschrieben, nun kommt das gleichnamige Dra- ma über den Beginn seiner Karriere ins Kino. Nach dem Harvard-Jurastu- dium will Bryan Stevenson (Michael B. Jordan) sich in Ala- bama für Menschen einsetz- ten, die sich keinen Rechtsbei- stand leisten können. Gemein- sam mit Anwältin Eva Ansley (Brie Larson) vertritt er Klien- ten, die zu Unrecht zum Tode verurteilt wurden. Darunter auch Walter McMillian (Jamie Foxx), der für den Mord an einer 18-jährigen weissen Frau verurteilt wurde. Stevenson ahnt rassistische Motive des Sheriffs, denn der einzige Zeu- ge der angeblichen Tat ist ein Unschuldig Verurteilter kämpft gegen US-Justiz Häftling, der dafür eine Straf- erleichterung erhielt. Es be- ginnt ein jahrelanger Kampf gegen das Todesurteil. Wie Bryan Stevenson «Vibe» erklärt, bedeutet ihm der von Michael B. Jordan pro- duzierte Film viel, denn er zei- ge die Menschlichkeit und Würde der Verurteilten: «Es sollte wütend machen, wie all das zerschlagen wird. Ich hof- fe, dieser Film motiviert Zu- schauende, selbst dagegen «Just Mercy» «The Gentlemen»«Von der Rolle» «The Invisible Man» Gangster streiten um Marihuana-Imperium Mickey Pearson (Matthew McConaughey) will aus dem Weed-Business aussteigen und findet in Matthew Berger (Jere- my Strong) einen vermeintlich idealen Käufer für die unterir- disch versteckten Hanfplanta- gen. Pearsons Assistent Ray- mond (Charlie Hunnam) wird von Privatdetektiv Fletcher (Hugh Grant) besucht, der be- hauptet, dass Pearson in Ge- In Guy Ritchies neuem Actionstreifen gerät das Londoner Gangstermilieu um Pearson (M.) in Rage. Neue Familienmodelle Verfolgt vom verstorbenen Ex Der Schweizer Dokumentar- film zeigt den Alltag von drei Familien, die nicht im klassi- schen Rollenmodell leben. Da- bei sind Väter, die mehr Be- treuungsarbeit der Kinder übernehmen, und Mütter, die das Geld nach Hause bringen. Mit humorvollen Animations- sequenzen parodiert Regisseu- rin Verena Endtner das tradi- tionelle Familienmodell und zeigt, wie Eltern in der Schweiz sich von klassischen Rollenbil- dern lösen. AFA Cecilia (Elisabeth Moss) flüch- tet aus einer gewaltvollen Be- ziehung mit Griffin (Oliver Jack- son-Cohen) und kommt bei ihrer Schwester (Harriet Dyer) unter. Als ihr Ex sich das Leben nimmt und sie daraufhin sein ganzes Vermögen erbt, bedro- hen ab diesem Zeitpunkt un- heimliche Zufälle ihr Leben. Cecilia ahnt, dass ihr Ex noch lebt und nun Jagd auf sie macht – sie versucht, zu be- weisen, dass sie von einem Un- sichtbaren verfolgt wird. AFA Die Doku bricht mit Klischees. Cecilia fühlt sich beobachtet. fahr ist: Medienmogul Big Dave (Eddie Marsan), Gangster Dry Eye (Henry Golding) und ein Streetfighter-Coach (Colin Farrell) haben es auf ihn und sein Drogen-Imperium abgese- hen und überbieten sich mit Bestechungen. In «The Gentlemen» wer- den Witze über Asiaten und Ju- den gerissen – Kritik daran lässt Guy Ritchie kalt, wie er der Deutschen Presse-Agentur erklärt: «Du kannst dich in deiner Arbeit nicht von einem politischen Zeitgeist beeinflus- sen lassen.» Das meint 20 Minuten: Es fliegen ordentlich die Fäuste und kein Trick ist den Män- nern zu schmutzig – ein bluti- ger Konkurrenzkampf. AFA bislang keine Angaben 7,2 7,5 8,1 bislang keine Angaben 88% 83% 73% ­aktiv zu werden.» Das meint 20 Minuten: Das Justizdrama wühlt auf und hinterlässt die Hoffnung auf Gerechtigkeit. ALISA FÄH
  • 2. annabelle 2/20 K U L T U R MUSIK — Neues aus dem Herzschmerz-Labor Die kleine Küche in Malmö, in der die Singer-Songwriterin Alice ­Boman ihre Songs erfindet, stellt man sich gern als Herzschmerz-­Labor vor. Doch so schwer diese Beschreibung tönt – ihre Musik ist ganz leicht. ­Bomans verträumte, von ­Slow-Country angehauchte Stücke packen das schwere Herz unter eine kuschelige Decke. Da will man sich gern dazugesellen! (mak) Alice Boman: Dream On annabelle: Ihr neues Album heisst «Myopia», also Kurzsichtigkeit. Worum geht es? Agnes Obel: Datenflut und politische Unsicherheit konfrontieren uns mit grossen Fragen. Manchmal fühle ich mich wie gelähmt von den vielen Optionen, aber auch von all dem, was wir vermeintlich tun sollten. Das endet oft damit, dass ich gar nichts tue. Sind Sie perfektionistisch veranlagt? Wenn es um meine Musik geht, schon. Eigentlich bin ich aber ein sehr ent- spannter und fröhlicher Mensch, eher gedankenverloren und unorganisiert. Mit welcher dieser beiden Seiten von sich selbst fühlen Sie sich wohler? ­Obsessiv zu sein, ist anstrengend. Man verliert sich leicht in Neurosen. Die Arbeit an meinem Album hat mir aber auch gezeigt, dass es völlig okay ist, seinen Verstand in Frage zu stellen. Es gibt ja nichts Gefährlicheres, als davon auszugehen, dass die eigene Wahr­ nehmung objektiv sei. Wir sollten im- mer bedenken, dass wir manipulierbar sind. Wenn wir uns dessen bewusst sind, sind wir viel weniger empfänglich für Hass gegenüber anderen Menschen. Worauf können wir uns denn heute noch verlassen? In den meisten Fällen können wir uns selbst schon trauen. Aber die Aufgabe von Kunst und Musik ist es, daran zu erinnern, dass die Welt ambivalent ist. Und der menschliche Verstand ist es eben auch. Bestimmt haben Sie sich auch schon gefragt, war- um Sie sich damals ausgerechnet in diesen einen Typen verliebt haben? Oft hat es bloss mit der Situation zu tun, in der man steckt. Mit etwas Abstand sieht man die Dinge meist klarer. Agnes Obel: Myopia. Konzert: 5. 3., Samsung Hall, Zürich MUSIK — «Wir sind alle manipulierbar» FILM — Nicht so der Muttertyp Dokumentation über drei Paare, die mit dem klassischen, von achtzig Prozent aller Schweizer Familien bevorzugten ­Rollen­modell brechen: Papa verdient Geld, Mama kümmert sich um Kinder und Haushalt und arbeitet bestenfalls Teilzeit. ­Inspirierende Lebensentwürfe, ehrlich geschildert. (hey) Ab 27. 2.: «Von der Rolle» von Verena Endtner Film — Ausbrechen Andrea Štakas Spielfilm über eine Frau, die mit Mann und vier Kindern in einem Provinznest in Kroatien lebt – und sich eines ­Tages in eine ­Affäre stürzt. Die Inszenierung macht daraus kein grosses Dra- ma, sondern eine schöne, wenn- gleich ­etwas spannungsarme naturalistische Erzählung. (hey) Ab 12. 3.: «Mare» von Andrea Štaka («Das Fräulein», «Cure») Die Musikerin Agnes Obel (39) über unsere Welt, die viel komplizierter ist, als sie aussieht Fotos:AlexBrüelFlagstad(1),MärtaThisner(1);Kunst:EricaPedretti,Doppelflügel_1981,©2019,ProLitteris,Zürich
  • 3. KontextDer zweite Bund des Bieler Tagblatts Bieler Tagblatt | Donnerstag, 20.02.2020 17 Was war eure Motivation mitzuma- chen? Martin: Angefangen hat es mit dem «Teilzeitmann». Da gibt es ein Online- Portrait von mir. So ist die Regisseurin Verena Endtner auf mich gekommen. Kathrin: Es sei tatsächlich schwierig, Fa- milien zu finden, in welchen die Frau mehr arbeitet als der Mann. So war rela- tiv schnell klar, dass wir da mitmachen. Es ist ein wichtiges und aktuelles Thema, die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, zwischen Mutter und Vater. Für uns ist es ja eigentlich nicht weltbewegend, wie wir es machen. Wir machen es einfach. Eine Selbstverständlichkeit? Interview: Vera Urweider Kathrin, Sie haben den Film «Von der Rolle» bereits gesehen. Wie war das für Sie? Kathrin: Der Film ist tatsächlich fertig! Ich spürte Erleichterung. Dann die Rückversetzung in die Zeit mit ganz kleinen Kids. Schliesslich Überlegun- gen zu mir, dem gezeigten Bild von mir und ob es der damaligen Realität ent- sprach. Und? Tut es das? Kathrin: Es sind Momentaufnahmen. Wären sie jeweils einen Tag früher oder später filmen gekommen, hätte ich an- dere Dinge gesagt. Aber grundsätzlich ja. Als Mutter und arbeitende Frau ist man häufig zwischen Stuhl und Bank und als der Kleinere kam und ich danach wieder zu arbeiten anfing, das war eine sehr strenge Zeit. Und das sieht man gut im Film. Martin, Sie lassen sich an der Vorpre- miere überraschen? Martin: Genau. Ich bereite mich für das Podiumsgespräch vor und bin sehr ge- spannt, wie das alles wird. Kathrin hat mir ein wenig erzählt. Die Comic-Se- quenzen interessieren mich. Psst...! Wer sollte sich den Film ansehen? Kathrin: Grundsätzlich alle. Aber vor al- lem Jüngere, am Anfang des Berufsle- bens, und sich nicht nur Gedanken ma- chen sollen … Martin: ... wo verdiene ich am meisten … Kathrin: ... oder wann kann ich endlich zuhause bleiben und habe Kinder, son- dern dass es eben verschiedene Wege und Möglichkeiten gibt. Anatol: D’Ovi isch immer no heiss. … weisch was das isch? (zeigt eine Spielfi- gur) Gegen Ende des Filmes kommt Anatol als zweites Kind von Kathrin und Martin zur Welt. Heute ist er vier Jahre alt und sitzt mit den Eltern zusammen am Inter- view-Tisch. Er beobachtet viel. Spielt mit seiner Figur. Und wartet, bis die Ovomal- tine etwas lauwarmer ist. Im Film geht es um Familien, in denen die Mütter auch arbeiten. Ein Rollentausch des klassischen Fami- lienmodells. Oder eine Alternative. Titelgeschichte «Ah. Weiterbildung? Und ich so: Nein. Kind.»Kathrin ist Juristin, Martin Polymechaniker. Beide arbeiten je 60 Prozent und sind Teilzeiteltern. Zusammen mit Maxim und Anatol sind die Nidauer eine von drei Familien im Dokumentarfilm «Von der Rolle». Ein Film über alternative Rollenverteilungen. Fortsetzung auf Seite 18 Teilzeitarbeit ermöglicht es Kathrin und Martin (die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen), gleich viel am Leben ihrer beiden Söhne Anatol (links) und Maxim teilzunehmen. MATTIA CODA «Wir haben uns nie Gedanken gemacht, wir hätten eine Pionierrolle.» Kathrin Weshalb die Löcher wachsen Seine Löcher machen den Emmentaler weltberühmt. Wie die Löcher in den Käse kommen und was das mit Mineralwasser zu tun hat, steht im Kinderblatt. Seite 22 Wie aus sauer süss wird In der englischsprachigen Welt gehört Lemon Curd zum Frühstück dazu. Die süsse Zitronencreme lässt sich gut selber machen – das BT hat das Rezept. Seite 23 Wo sich die Besten treffen Musiker Landro stört sich daran, dass Rapmusik in den Medien häufig auf Klischees reduziert wird. Man müsse genauer hinhören – zum Beispiel beim Cypher. Seite 21
  • 4. Kathrin: Ich hatte 80 Prozent gearbeitet und Dinu hat dann beim ersten Kind von 100 auf 60 reduziert. Seit dem zweiten Kind sind wir beide auf 60. Wir haben uns nie Gedanken gemacht, wir hätten eine Pionierrolle oder würden die Rechte der Frauen vorantreiben oder so. Ich konnte mir schlicht nicht vorstel- len, niedrigprozentig zu arbeiten oder ganz aufzuhören. Warum? Kathrin: Es ist wichtig, dass beide raus- kommen. Dass man nicht immer zu- hause ist, im Arbeitsleben bleibt, nicht abgehängt wird. Arbeitgeber anerken- nen Skills wie Organisieren, Kinderbe- treuung, 24 Stunden verfügbar sein, fle- xibel reagieren können, Nerven aus Stahl haben nicht. Die kann man nicht in den Lebenslauf schreiben. Es gibt Jobs, wenn du da zehn Jahre weg bist, bis du raus! Und ausserdem ist die Arbeit zu- hause ohnehin die anstrengendste und schwierigste überhaupt. Das ist ein Kno- chenjob. Da sollte jeder und jede mal eine Pause bekommen davon ... Martin: ... dem persönlichen Interesse nachgehen können … Kathrin: ... die Abwechslung. Die ist ele- mentar. Und doch waren Sie froh, reduziert zu haben? Sie arbeiten ja aktuell noch immer 60 Prozent. Kathrin: Maxim kam in den Kindergar- ten damals und da erschrak ich. Wow, schon eingeschult – bekomme ich über- haupt etwas mit? Martin: Die Betreuungssituation hatte sich auch geändert. Kathrin: Plötzlich muss man sich an ge- setzten Stundenplänen orientieren. So habenwirallesüberdenkenmüssen.Wir haben das Glück, dass die Grosseltern auch noch mithelfen. Aber wir wollten ihnen dann auch nicht zu viel aufhalsen. Zwei Kinder, den einen bringen, den an- deren behalten, wieder holen, wieder ein Baby, also nochmals alles von vorne … 60 stimmte damals für mich. Und heute? Fortsetzung von Seite 17 Kathrin: Immer noch. Aber nun kommt im Sommer Anatol in den Kindergarten, da geht mir schon manchmal durch den Kopf: Wann erhöhe ich wieder? Martin: Oder wer? Kathrin: Man muss einfach gemeinsam immer wieder neue Lösungen suchen. Mit Kindern verändert sich alles immer sehr schnell. Macht es etwas mit der Beziehung, wenn nicht einer immer draussen ist und einer immer drin? Martin: Definitiv! Da ist eine grosse Wertschätzung gegenüber dem ande- ren. Man versteht den anderen besser und sieht, wie viel es zuhause zu tun gibt. Aber am Ende ist es eine Frage der Organisation. Als Kathrin noch 80 arbei- tete, war einer meiner freien Tage der Waschtag. Sie sollte nicht an ihrem ein- zigen freien Tag auch noch waschen müssen. Kathrin: Maxim war es dann plötzlich gewohnt, dass ich, wenn ich zuhause bin, für ihn da bin. Und nicht nur für den Haushalt. Das ist nicht selbstverständ- lich und man muss aufpassen, dass nicht alles am Partner hängen bleibt, der we- niger Prozente arbeitet. Aber man spürt schon, dass beide wieder mehr arbeiten wollen? Martin: Ich arbeite jetzt seit fast sieben Jahren 60 Prozent und ja, wenn die Kin- der dann beide in der Schule sind, hast du plötzlich wieder Zeit. Was mach ich dann mit dieser Zeit? Einmachgläser, das ist noch nicht so meins (lacht). Arbeiten ist da das Naheliegendste und ich mag meine Arbeit. Anatol: Hallo! Die Grosseltern kommen rein. Montag, Dienstag ist Mama-Tag, Mittwoch, Don- nerstag Papa-Tag, Freitag ist Grosseltern- Tag. Das Ovo-Pulver hat sich mittlerweile überall verteilt, die Tasse ist leer. Zusam- men mit dem Grosi geht Anatol die klebri- gen Hände waschen, danach setzen sie sich zu dritt an einen anderen Tisch. Martin, als Polymechaniker hatten «Ein Vaterschaftsurlaub wäre finanziellmöglich. DerSchweiz geht es gut genug und es gäbe unserer Gesellschaft sehr viel zurück.» Martin Für Sohn Maxim ist klar: Wenn seine Mutter zu- hause ist, ist sie für ihn da, und nicht in erster Linie für den Haushalt. BILDER: ZVG Sie Zweifel, ob Sie reduzieren konn- ten. Martin: Handwerkliche Berufe sind noch heute meistens entweder 100 oder 0 Prozent. So wusste ich nicht, ob es er- laubt und funktionieren würde. Warum? Martin: Es ist nicht ganz einfach zu koor- dinieren. Aber es ist offensichtlich machbar. Ich arbeite Teilzeit. Aber ja, es gibt nicht viele bei uns. Kathrin: Es ist wohl in handwerklichen Berufen noch nicht etabliert. Ein steife- res Rollenbild vielleicht. Martin: Es gibt halt wenig Frauen, die solche Berufe machen. So sprach man noch nicht oft über Reduktionen, was das bedeuten würde und so. Wie reagierten Ihre Berufskollegen? Martin: Das war kein Problem. Aber lus- tig war, als ich meinen damaligen Chef gefragt hatte, war die erste Reaktion: Ah. Weiterbildung? Und ich so: Nein. Kind. Und in Ihrem Umfeld? Martin: Mir fällt zwar keiner ein, der 60 Prozent arbeitet, aber schön ist, die meisten meiner Freunde arbeiten 80 und nicht 100. Sprechen Sie mit Ihren Kollegen oder Freunden auch über Windeln und Brei? Martin: Nein, nicht wirklich. Aber vor Kurzem haben wir über Schliesssyteme von Häusern gesprochen... ... da landen wir aber wieder im tech- nischen Bereich … Martin: ... aber es geht um die Sicherheit deines Zuhauses. Um die Familie. Und nicht mehr ums beste Bier oder irgend- welche Sportergebnisse. Das hat mich selbst also schon etwas überrascht. Seit der Film abgedreht ist, sind vier Jahre vergangen. Gibt es bald drittes Kind? Kathrin: Uh nein. Martin: Ich wollte drei. Kathrin: Ich wollte gar keins. Als wir zu- sammengekommen waren, hab ich Dinu gesagt, wenn du Familie willst, dann musst du eine Andere suchen. Das war nicht in meinem Lebensplan. Und dann? Kathrin: Plötzlich wollte ich doch ein Kind. Das kam einfach so. Da geschah irgendwas. Ganz überraschend. Mir musste es erst einmal selber klar wer- den, bevor ich Dinu sagen konnte, Du, ich will nun doch ein Kind. Martin: Da war also auch ich kurz etwas durcheinander. Aber natürlich zog ich mit! … Du, wer holt ihn ab? Der mittlerweile siebenjährige Maxim muss abgeholt und den Grosseltern überge- ben werden. Er geht in die Primarschule. Martin: Ich gehe. Du sprichst eh mehr. (lachen) Kathrin, wie gehen Sie mit Rollenkli- schees um? Kathrin: Damit habe ich total Mühe. So Klischees, Mütter haben Nestdrang und so, da bin ich voll dagegen. Aber ja, als arbeitende Mutter wirst du keinem ge- recht. Auf der Arbeit dachte ich an zu- hause und umgekehrt. Dadurch, dass nun auch ich zwei Folgetage zuhause Kathrin wollte ursprünglich gar keine Kinder. Doch plötzlich änderte sich das. Martin ist froh, konnte er von Anfang an bei der Betreuung seiner Söhne mithelfen. Kontext Donnerstag, 20.02.2020 | Bieler Tagblatt Titelgeschichte 18
  • 5. Der Blick in den Spiegel Filmkritik Mit «Von der Rolle» trifft die Berner Filmemacherin Verena Endtner einen Nerv unserer Zeit. Ein Nerv, der nicht selten blank liegt: Wie soll das ge- hen mit der Rollenaufteilung in heuti- gen Familien? Wie kann die Kinderbe- treuung trotz Arbeitspensum gelingen? Wer verzichtet? Wie wird das ausgehan- delt? Oder, verdichtet auf einen Satz (so steht es auf dem Filmplakat): Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie? Endtner begleitet drei Paare durch ihren Alltag: Maja und Theo mit ihrem kleinen Sohn. Sie haben sich Arbeit und Kinderbetreuung hälftig aufgeteilt. Oli- via macht Karriere, Sandro ist zu 100 Prozent Hausmann und schaut zu den drei Söhnen. Kathrin will nicht weniger als 80 Prozent arbeiten, Martin redu- ziert, um mehr für seine Söhne da zu sein (siehe Haupttext). Endtner schaut zu und lässt die Men- schen erzählen. Ihre Meinung bringt sie einzig in den animierten Zwischense- quenzen ein, die mit witzigen Ideen und schönen Details die Zwänge und Mög- lichkeiten visuell abbilden. «Von der Rolle» packt die zentralen Fragen an und thematisiert die Wider- sprüche der Gegenwart: Die Dauer der Babypause, die beruflichen Ambitionen nach einer Geburt, die Fremdbetreu- ung oder die Schwierigkeiten der Män- ner, wenn es um Pensenreduktionen geht. Moral spielt dabei ebenso eine Rolle wie Ökonomie. Die Selbstwahr- nehmung prallt auf die Sicht von aussen. Das ist abwechslungsreich erzählt. Schön wäre gewesen, wenn die Gleich- berechtigung, eigentlich das Zentrum des Films, auch bei der Auswahl gegrif- fen hätte und ein Paar vorgekommen wäre, das Mädchen hat. Ebenso wünschte man sich etwas mehr Vertie- fung bei der Betrachtung, was es aus den Menschen macht, wenn sie von Mann und Frau zu Eltern werden. Wie beein- flusst die Geburt eines Kindes die Paar- dynamik, die ja untrennbar mit Rollen- definitionen zusammenhängt? Diese Einwände schmälern aber das Verdienst dieses Dokumentarfilms nicht: die Spiegelung. Wir schauen die- sen drei Paaren zu und obwohl jede Ge- schichte einzigartig ist und jede Bezie- hung per se unvergleichbar, so wird doch so etwas wie eine Metaebene sicht- bar und wir schauen in einen Spiegel: Wie ist das mit uns und unseren Rollen- bildern? Sind wir so offen, wie wir es zu sein glauben, oder ist da noch ganz viel Kruste um unser Wissen, dass wir für neue Arbeits- und Betreuungsmodelle und mehr partnerschaftliche Aufteilung einen progressiveren und kreativeren Zugang finden müssen? Denn, so wird es einmal im Film ein- geblendet: In der Schweiz leben nach wie vor 80 Prozent in einem traditionel- len Familienmodell. Heisst: Der Mann sorgt primär fürs Einkommen, die Frau für die Familie. Und: Noch immer wird Sandro seltsam angeschaut, wenn er sagt, dass er Vollzeit-Hausmann ist. Raphael Amstutz Info: Der Film läuft ab dem 27. Februar in den Schweizer Kinos. Viele wollen, wenige machen • Die Schweiz ist europaweit das einzige Land, das weder den Vaterschaftsurlaub noch den Elternurlaub kennt • Neun von zehn Männern geben an, dass sie gerne Teilzeit arbeiten möchten, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Einer von zehn macht es wirklich. • 80 Prozent der Frauen arbeiten, aber 90 Pro- zent davon weniger als 50 Prozent. Gerade ein- mal eine von zehn trägt gleich viel oder mehr zum Familieneinkommen bei wie der Mann. • Frauen investieren dreimal mehr Zeit für Kin- der und Haushalt als Männer. Fast ausschliess- lich machen sie die Wäsche, bleiben zuhause, wenn die Kinder krank sind, und stehen in der Nacht auf, um die Kinder zu beruhigen. Unab- hängig davon, wie viel sie arbeiten. • Nur gerade bei 15 Prozent der Paare besteht eine partnerschaftliche Aufteilung von Kinder- betreuung und Hausarbeit sowie eine gleichwer- tige Einbindung in die Erwerbsarbeit. raz Quelle: Presseheft, Bundesamt für Statistik bin, können wir eine Kontinuität bieten. Zwei ich, zwei Dinu. Das tut den Kin- dern gut. Inwiefern? Kathrin: Maxim begann plötzlich zu fra- gen: Warum gehst du jetzt arbeiten und nicht Papa? Die Jungs merkten schon, dass es bei anderen Kindern zuhause an- ders lief. Sie verstanden nicht, warum andere Papas nie zuhause sind. Solche Fragen haben sich nun gelegt. Würden Sie es nochmals so machen? Kathrin: Für uns war und ist das die richtige Lösung. Immer im Wissen, dass es nicht fix bleiben muss und immer in Bewegung ist. Wenn ich sehe, wie viel Dinu weiss über die Jungs, wo sie ste- cken in ihrer Entwicklung, weiss, was sie brauchen, nur, weil er mehrere Tage die Woche mit ihnen verbringen kann, dann ist das definitiv die richtige Lösung ge- wesen. Was kam zu kurz? Kathrin: Die Beziehung. Der Partner. Aber das ist, glaub ich, rollenunabhän- gig. Wenn du Kinder hast, stehen die im Mittelpunkt. Vielleicht besprechen wir das mehr als jene, die eine 100-zu-0- Teilung haben. Als Teilzeit-Elternpaar, musst du viel über die Kinder reden. Wir müssen uns immer abstimmen. Martin kommt mit Maxim zurück. Der Siebenjährige ist in den vier Jahren seit DrehschlussindieHöhegestängelt.Schüch- ternsagterkurzhalloundwendetsichsofort den Grosseltern und Anatol zu. Kathrin: Wir haben unglaublich Glück. Dieser fixe Grosseltern-Tag am Freitag hilft uns enorm. So können wir uns gut einteilen mit je 60 Prozent. Martin, würden Sie es nochmals gleich machen? Martin: Ja. Aber ich würde grundsätzlich alles machen für die Familie. Mehr arbeiten, weniger, Kathrin mehr Platz geben zum Arbeiten, einfach so, das es für alle stimmt. Und ich bin sehr gerne zuhause. Da ich nah dran bin an den Kindern. Dass ich sehe, wie sie älter werden. Dass ich dabei bin, wenn sie laufen lernen, sprechen lernen, Ent- scheidungen treffen. Schneiden wir es zum Schluss doch noch an: Thema Vaterschaftsurlaub. Martin: Ja puh! Ich war damals schon zu- frieden, dass ich flexibel Ferien einge- ben konnte. Aber ja, ich musste Ferien nehmen, um bei der Geburt und den ersten Lebenstagen meiner Söhne dabei zu sein. Kathrin: Das Modell in Deutschland ist grossartig. Da heisst es ja auch Eltern- zeit. Also für beide. Martin: Ich bin überzeugt, es wäre fi- nanziell möglich. Der Schweiz geht es gut genug und es gäbe unserer Gesell- schaft sehr viel zurück. Bei und nach der Geburt dabei zu sein ist grossartig. Gerade auch, wenn man danach Teil- zeit arbeitet und eben auch zuhause ist, ist es umso wichtiger, von Anfang an dabei zu sein. Gratis ins Kino • Zur Premiere von «Von der Rolle» wird in Biel ein Spezialanlass unter der Schirmherrschaft von Zonta, dem Netzwerk berufstätiger Frauen mit Füh- rungsverantwortung in Wirtschaft, Ver- waltung und Wissenschaften, durchge- führt. Ein Teil der Einnahmen der Kino- tickets geht an das Bieler Informati- ons- und Beratungszentrum Frac. • Nach dem Film diskutieren Verena Endtner (Regie), Silvia Steidle (Bieler Gemeinderätin), Annina Feller (Präsi- dentin Verein Frac) und Martin (Prota- gonist im Film) mit dem Publikum. • Die Vorstellung findet am Donnerstag, 27. Februar, um 18 Uhr im Kino Rex statt. • Das BT verlost 5x2 Tickets. Wer die Freikarten gewinnen möchte, der schreibt bis Montag, 24. Februar, eine Mail an verlosungen@bielertagblatt.ch. Nicht vergessen: den eigenen Namen und das Stichwort «Rolle». raz Kontext Bieler Tagblatt | Donnerstag, 20.02.2020 Titelgeschichte 19
  • 6. Ein ganz normaler Hausmann Sandro Bucher bekommt das Maximum vom Leben seiner drei Söhne mit, denn er ist Hausmann aus Leidenschaft. Und somit der perfekte Protagonist für den Dokumentarfilm «Von der Rolle». TEXT FABIAN KERN FOTOS MISCHA CHRISTEN Plötzlich kommt Schwung in den ruhigen Don- nerstagnachmittag: Noel (9) und Nik (7) kommen von der Schule nach Hause und bewundern den Turm, den Robin (4) gebaut hat. «Papi hat den unteren Teil gemacht und ich den Turm darauf», erklärt das Nesthäkchen. Papi? An einem Don- nerstag? Ja, seit über neun Jahren, seit dem Ende des ersten Mutterschaftsurlaubs seiner Frau Olivia (36), ist Sandro Bucher Hausmann. Zu100Prozent.«AmAnfang mussteichmichda- ran gewöhnen, dass ich mir meine Arbeit kom- plett selbst einteilen konnte», sagt der Luzerner, während er Früchte und Guetzli für den Zvieri auftischt. Doch bald erkannte er die Vorteile. Die Bereitschaft, seinen Beruf aufzugeben, hatte der gelernte Lagerist schon bald nach dem Kennenlernen von Olivia vor 17 Jahren. «Für uns war klar, dass, falls wir eine Familie gründen, je- ner mit dem grösseren Lohn arbeiten gehen würde», erzählt Sandro. Das ist bei den Buchers Controllerin Olivia. Teilzeitarbeit war für die beiden nie ein Thema – also drehten sie die tra- ditionelle Rollenverteilung einfach um. Die veränderte Wahrnehmung Die Buchers aus Emmenbrücke LU sind eine von drei Familien, die Verena Endtner (43) in ih- LIFESTYLE REPORTAGE rem Dokumentarfilm «Von der Rolle» vorstellt. Die Berner Filmemacherin hatte dafür eine ganz persönliche Motivation: «Ich lebte eine gleichbe- rechtigte Partnerschaft. Doch kaum war ich schwanger, wurde ich in das traditionelle Rollen- verständnis gedrängt.» Sie sah sich mit Fragen konfrontiert wie «Und was machst du jetzt? Hörst du auf mit Arbeiten oder reduzierst du?» Fragen, wie sie einem angehenden Vater nie ge- stellt werden. Aus ihrer eigenen Frustration he- raus beschloss sie, einen Film über Familien zu machen, welche die Rollen bewusst vertauscht haben. «Mich interessierte, wie es in diesen Haushalten aussieht, in denen der Vater mehr- «Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie?», fragt Verena Endtner (Bild) in ihrem neuen Dokumentarfilm. 82 Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020
  • 7. heitlich zu Hause zu Kindern und Haushalt schaut», erklärt Verena Endtner. Sandro Bucher musste sich für seine Rollen- wahl in seinem engeren Umfeld nie rechtferti- gen. «Meine Familie sagte von Anfang an, sie könnten sich mich als Hausmann vorstellen», sagt er. Und auch von seinen Kollegen bei der Feuerwehr, in der er sehr engagiert ist, erntete er nie faule Sprüche. Aber bei Männern, die er noch nicht so gut kennt, hat er ein sich wieder- holendes Muster festgestellt: «Wenn ich erzähle, dass ich Hausmann bin, finden das viele toll und sagen: Das möchte ich auch einmal.» Im weite- ren Verlauf des Gesprächs finden die meisten den Rollentausch dann aber doch nicht mehr so erstrebenswert, um ihn nachhaltig weiterzuver- folgen. Bucher hat eine Tendenz zu regelmässi- gen Papi-Tagen festgestellt, aber mehr Haus- männer sind in seinem Umfeld nicht in Sicht. Der vorwurfsvolle Ton Negative Reaktionen gehören dafür zum Alltag seiner Frau. «Olivia hört immer wieder den Satz: ‹Was, du hast drei Kinder? Was machst du mit denen?›», erzählt Sandro Bucher. Weil sie neben ihrem Job auchnoch politisch engagiert ist, folgt oft der Zusatz: «Wie schaffst du das alles?» «Da- bei ist sie mindestens gleich viel Die Männer unter sich: Sandro Bucher mit seinen Söhnen Nik, Robin und Noel (von links). Seite 85 Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020 83
  • 8. Als Verena Endtner mit ihrer Idee auf die Buchers zukam, da waren diese noch zu viert. «Wir wollten die Paare über eine längere Zeit begleiten», sagt die Fil- memacherin. Neben den Buchers sind das Tänzerin Maja (37) und Musiker Theo (37) mit Sohn Nino (3) sowie Juristin Kathrin (36) und Polymechaniker Mar- tin (36) mit Sohn Maxim (4). Sie alle gehören zu jenen 20 Prozent der Schweizer Familien, die sich bewusst gegen das traditionelle Modell entschieden haben, in dem der Mann fürs Haupteinkommen sorgt. Doch auch wenn der Dokumentarfilm zurzeit aktiv in der Diskussion um den Vaterschaftsurlaub eingesetzt wird, ist «Von der Rolle» kein Plädoyer für das Umdre- hen der Rollen, sondern für Toleranz: Jede Familie soll jenes Modell leben können, das für sie stimmt. «Von der Rolle» im Kino: ab 27. Februar in Zürich, ab 5. März in der ganzen Schweiz. www.von-der-rolle.ch LANGZEIT-PROJEKT Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie? LIFESTYLE REPORTAGE zu Hause wie ein Mann, der hundert Prozent arbeitet», hält Sandro Bucher fest. «Und für die Jungs ist sie ganz normal das Mami.» Dieses Vorurteil war die Ausgangslage für den Film. «Einem Mann wird es positiv ausgelegt, wenn er neben dem Job noch in einem Verein und in der Politik engagiert ist», sagt Verena Endtner. «Bei einer aktiven Frau hingegen schwingt immer der Vorwurf mit, ihre Kinder zu vernachlässigen.» Sie selbst versucht mit ihrem Partner dem Sohn vorzuleben, dass es für beide Geschlechter möglich ist, sich in Beruf und Fa- milie zu verwirklichen: Sie führen gemeinsam eine Produktionsfirma, arbeiten gleich viel, ver- dienen gleich viel, teilen sich den Haushalt auf und sind gleichermassen für die Kinderbetreu- ung zuständig. Die berufliche Zukunft Für Hausmann Sandro stimmt seine Rolle im Le- ben. Er fühlt sich nicht weniger als Mann, nur weil sein Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung ist und sein Job aus Kochen, Putzen, Waschen und Kinderbetreuung besteht. Für Ausgleich sorgte in den letzten Jahren das Engagement in der Feuerwehr, für die er auch kleinere adminis- trative Arbeiten erledigte. Im Sommer werden sich die Umstände än- dern: Robin kommt in den Kindergarten, womit zumindest am Morgen alle Kinder aus dem Haus sein werden. Dann möchte Sandro Bucher mit einem Teilzeitjob wieder ins Berufsleben einstei- gen, mit 30 bis 40 Prozent Pensum. Nach über neun Jahren als Vollzeit-Hausmann.○ Ob bei den Hausaufgaben oder beim Anziehen für draussen: Papi Sandro hat immer eine helfende Hand. Coopzeitung Nr. 9 vom 25. Februar 2020 85
  • 9. 27Donnerstag, 27. Februar 2020 Berner Woche DaskritischeAusgehmagazin 27. Februar bis 4. März Tom Gsteiger Wagen wir zu Beginn eine unseriöse Umschreibung der Geschichte. Hätten die tapferen Eidgenossen den eingebil- deten Habsburgern nicht regelmässig eins auf den Deckel gegeben, dann wä- ren wir heute unter Umständen West- Österreicher.Und dannwäreWien unse- re Hauptstadt. Und wen hat Wien im Jazz hervorgebracht? Josef «Joe» Zawi- nul! DieserArbeiterbub aus dem dritten Wiener Bezirk Erdberg hat die Entwick- lung des Jazz so nachhaltig geprägt wie kein anderer Europäer. Doch zurück in die profane Gegen- wart. Im Café Sperl in Wien sitzt Peter Rom gegenüber. Nachdem der Kellner eine Mélange und einen «überstürzten Neumann» serviert hat, gibt sich Rom als Zawinul-Bewunderer zu erkennen. Wobei es ihm nicht nur um die Musik geht (ein Favorit ist dasAlbum «My Peo- ple»), sondern auch um das Selbstbe- wusstsein Zawinuls und dessen Integ- rität.Wie Zawinul ist auch Rom ein mu- sikalischer Omnivore. Seit er sich mit «a bisserl» Schuldgefühl Spotify zugelegt hat, kreiert er Playlist um Playlist – er hört Pop und Hip-Hop, die neuen Sa- chen von Prince und Richard Strauss und mehr. Besonders angetan haben es im langsame Balladen. Und so hat nun auch das Programm «Herz unter Null», das er an der Jazzwerkstatt Bern als Weltpremiere aufführen wird, eine me- lancholisch-balladenlastige Schlagsei- te, wobei Rom betont: «Melancholie ist keine Traurigkeit für mich.» Sein Quartett wird Stücke spielen re- spektive transformieren, die von einer noch unveröffentlichten CD stammen, für die Rom ganz unterschiedliche Be- setzungen ins Studio geholt hat.Zu Roms Quartett gehört ein 1A-Groove-Gespann mit Manu Mayr (Bass) und Julian Sarto- rius (Schlagzeug). Vervollständigt wird die Band durch Pamelia Stickney,die ihre Hände um die zwei Antennen des 1920 erfundenen Theremin bewegen wird. Eine Zeitlang wurde dieses ungewöhn- liche Instrument gerne für Soundtracks von Horrorfilmen eingesetzt.Und selbst- verständlich wird Rom sein gitarristi- sches Alleskönnertum wieder herunter- brechen auf subversive Schmankerl und fadengerade Ansagen. Vom Fussball zur Gitarre Bis im Alter von 15 Jahren war der 1972 geborene Rom auf dem Weg zum Profi- fussballer, doch dann hat er umge- schwenkt,um sich intensivermit derGi- tarre zu befassen. Er verbrachte ein Jahr in Los Angeles und träumte davon, Stu- diomusikerzuwerden.Als ermit 30 Jah- ren nach Wien zurückkehrte, tauchte er in die junge Szene ein,die dann 2004 mit einem riesigen Jazzwerkstatt-Festival so richtig auf die Pauke haute undviele Leu- te aus den Socken haute. Seit zwischen den Werkstätten von Bern und Wien ein regerAustausch besteht,warRom bereits mehrmals hierzulande zu Gast. Zuletzt mit derfurios zwischen zerhackstückel- ten Overdrive-Beats und labyrinthischen Melodien oszillierenden Gruppe Synest- hetic 4, die er und der Klarinettist und Surrealismus-Rapper Vincent Pongracz gemeinsam leiten und von der kürzlich die CD «Pickedem» erschienen ist. Auch heuer gehen Rom und Pongracz amJazzwerkstatt-Festivalwiedergemein- samaufdieBühne,beimAuftrittdesJazz- orchesters Vorarlberg (JOV). Für diese Band hat Pongracz ein Werk für Gesang (SisterRaie)undOrchestergeschaffen,bei dem auch das Libretto von ihm stammt. Geleitet wird das JOV vom vorarlbergi- schenWahlwienerMartin Eberle,derüb- rigens das Jazzwerkstatt-Gedankengut nach Bern gebracht hat. Bei einem Schnitzel- und Schweine- braten-Essen in der Gastwirtschaft Kopp im 20. Wiener Bezirk erzählt Eberle, das diesereine Zawinul-Biografie besitzt,die derMeisterhöchstpersönlich signiert hat mit den Worten: «Bist ein leiwand Musi- kant». Im Mittelalter wurde im Wiener Bürgerspital das «Leiwandbier» ausge- schenkt, das einen ausgezeichneten Ruf hatte. Und so wird das Wort «leiwand» in Wien noch heute gebraucht, wenn man etwas besonders loben will. Er serviert subversive Schmankerl Sounds  Auch heuer nehmen wieder mehrere Musiker aus Felix Austria am Festival der Jazzwerkstatt Bern teil. Unter ihnen der famose Gitarrist Peter Rom, der ein balladeskes Programm uraufführt. Der Gitarrist Peter Rom bringt Wiens pulsierende Jazzszene nach Bern.  Foto: Palma Fiacco Turnhalle im Progr «Herz Unter Null»: Mi, 4. März, 20.15 Uhr Jazzorchester Vorarlberg & Sister Ray: Do, 5. März, 22.30 Uhr Wenn es um Fragen der Gleichstellung und derVereinbarkeit von Beruf und Familie geht, bekommen Diskussio- nen oft etwas Gehässiges. Nehmen Sie das auch so wahr? Ja. Das Thema ist halt sehr persönlich. Wer will schon vorgeschrieben bekom- men, wie er oder sie zu leben hat? Dar- um vermeide ich es in meinem Film, dogmatisch zu werden,wenn es um Fa- milienmodelle geht.Ichwollte möglichst locker an die Thematik herangehen. Was hat Sie angetrieben? Es ist ja so: Bevor Kinder da sind, lebt man relativ selbstbestimmt in einer Partnerschaft. Kaum wird man eine Fa- milie, tendieren viele dazu, in traditio- nelle Rollenmuster zurückzufallen: Die Frau bleibt zu Hause oder reduziert ihr Pensum. Die meisten sagen zwar, sie möchten es anders machen als ihre El- tern, aber es gelingt ihnen nicht, und das führt zu einem Frust. Ich erlebe der- zeit viele Frauen und Männer in diesem Zwiespalt.Und darumwerdenviele auch so emotional bei diesen Fragen. Familienmodelle gibt es ja so viele,wie es Familien gibt.Wie haben Sie die drei Paare für den Film ausgewählt? Wir nahmen die drei gängigsten Model- le, die in der Schweiz gelebt werden – aber mit umgekehrten Rollen: Familien, in denen die Frau gleich viel oder mehr zum Erwerbseinkommen beiträgt als der Mann. Wie schwierig war es, ein Paar zu finden, bei dem der Mann zu hundert Prozent für Kinder und Haushalt zuständig ist? Gar nicht so einfach. Vor allem, jeman- den zu finden, der aus freien Stücken Hausmann ist und nicht aufgrund von äusseren Umständen. Gerade bei dieser Familie zeigt sich im Film, dass die Gesellschaft immer noch argwöhnisch ist,wenn eine Frau Vollzeit ausser Haus arbeitet. Ja, und es ist kein Zufall, dass es auch hier die Frau ist, die sich rechtfertigen muss. Das traf übrigens auf alle unsere Paare zu, egal,welches Modell sie leben. Wird eine berufstätige Frau schwanger, fragt der Arbeitgeber sie, wie sie sich künftig organisiert. Männerwerden das nicht gefragt. Die primäre Verantwor- tung für die Familie scheint immer noch bei der Frau zu liegen. Männer werden schon gelobt,wenn sie einen halben Tag in der Woche zu Hause sind. Im Film sagt eine Frau einmal, sie könne zwar mit Werkzeug umgehen, möchte aber trotzdem manchmal Prinzessin sein.Wie stark sind herkömmliche Rollenbilder auch bei emanzipierten Menschen verankert? Die stecken noch stark in den Köpfen. Letzthin sprach ich mit einem Kollegen und erwähnte nebenbei mein Kind. Er meinte, man sehe mir gar nicht an, dass ich Mutter sei.Ja,wie soll denn eine Mut- ter aussehen? Offensichtlich hat der grösste Teil der heutigen Erwachsenen die traditionellen Familienstrukturen mit der Muttermilch eingesogen. Wie sieht Ihr eigenerAlltag als berufs- tätige Mutter aus? Mein Partner und ich haben gemeinsam eine Produktionsfirma – und wir arbei- ten gleich viel, wir schauen gleich viel zum Kind, machen gleich viel im Haus- halt und verdienen gleich viel. Das stand schon fest, bevor wir Eltern wurden. Regula Fuchs «Männer werden schon gelobt, wenn sie einen halben Tag zu Hause sind» Sieben Fragen an Verena Endtner Kino Traditionelle Rollenbilder steckten noch fest in den Köpfen, sagt die Bernerin Verena Endtner. Darum porträtiert sie im Film «Von der Rolle» Familien, bei denen die Frau die­ Haupternährerin ist. Foto: zvg Vorpremiere: Kino Club, heute, 20 Uhr, mit Podium. Ab 5.3. im regulären Programm Die Internationale des Jazz Die Musikerinnen und Musiker am 13. Festival der Jazzwerkstatt Bern in der Turnhalle im Progr vom 4. bis 8. März kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken der Welt. Neben der starken Frak- tion aus Österreich wird etwa auch ein grosses Kontingent aus Chicago erwartet – besonders geballt am Eröffnungsabend mit Michael Zerang & the Blue Lights. Am Freitag schliessen sich bei O Cyclist Deutschland und die Schweiz zusammen, und bei einer von Risen Rylander Löve geleiteten Band wird diese Kombination um Schweden erweitert. Der in Biel wohnhafte afro-amerikanische Trompeter Jalalu-Kalvert Nelson bringt sein Trio mit einem Streichquartett zusammen. Und bei Bänz Oester’s Old Europe kommt ein Teil der Band aus Mazedonien. (tom) www.jazzwerkstatt.ch «Melancholie ist keine Traurigkeit für mich.» Peter Rom 
  • 10. «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind enorm» Verena Endtner hat mit «Von der Rolle» einen Dokfilm über Rollenmuster gedreht. Bei ihr daheim wird alles 50/50 aufgeteilt. Klappt das echt? 13 FEB 2020 FR AG EN — REDAK T ION KL EINSTADT BILDER — DAN RIE SEN (Z VG) Die Berner Filmemacherin Verena Endtner hat für ihren neuen Dok-Film «Von der Rolle» drei Familien begleitet, die sich die Familienarbeit anders aufteilen, als dies traditionell der Fall ist: eine Tänzerin und ein Musiker, eine Businessfrau und ein Hausmann sowie eine Juristin und ein Polymechaniker. Der Film unterhält und inspiriert, hält einem aber auch immer wieder den Spiegel vor. Endtner hat an Filmschulen in London und Vancouver Regie studiert. Sie ist Mutter eines 8-jährigen Sohnes und führt mit ihrem Partner Dan Riesen die Werbeagentur Aloco in Bern. Auf den Bildern zu diesem Artikel ist sie mit ihrem Sohn an verschiedenen Drehorten zu sehen – für «Die Frau mit den Bluthunden» reiste Endtner beispielsweise in den Kongo. Die Berner Vorpremiere von «Von der Rolle» findet am 27. Februar 2020 statt, ab 5. März 2020 läuft der Film Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 1 von 6 23.02.20, 20:02
  • 11. Verena Endtner, Ihr Film «Von der Rolle» bietet einen tiefen Einblick ins Privatleben von drei Paaren mit Kindern. Sie sind selber Mutter eines achtjährigen Sohnes und als Filmemacherin auf der ganzen Welt unterwegs. Wie sind die Rollen bei Ihnen aufgeteilt? Mein Partner und ich teilen uns alle Arbeit auf. Wir arbeiten beide 80%, betreuen unseren Sohn zu gleichen Teilen und waschen und putzen auch gemeinsam, wobei er wohl beim Letzteren eher mehr Hand anlegt, wenn ich ehrlich bin. Wer gut hinschaut, kann im Film unseren Sohn erkennen. War Ihr Sohn beim Dreh dabei? Manchmal darf er mitkommen auf einen Dreh, wenn gerade keine Betreuung möglich ist. Da sind wir als selbständig Arbeitende flexibel. Es ist gut, dass mein Sohn mitbekommt, was ich arbeite. Das erweitert seinen Horizont. Er kommt so an Orte und mit Menschen in Kontakt, die er sonst nie kennenlernen würde. Demnächst 01:31 Sie sagen, Sie teilen sich die Familienarbeit 50/50 auf. Funktioniert diese Aufteilung in Ihrem Haushalt wirklich? Gibt es keine Reibungsflächen? Doch, Reibungsflächen gibt es immer. Jeder hat andere Vorstellungen in Bezug aufs Erziehen, auf den Haushalt oder die Karriere. In jeder Partnerschaft muss das ausgehandelt werden, auch bei uns. Wichtig ist, auf den anderen einzugehen, Bedürfnisse zu artikulieren und auch mal nachzugeben. In unserer Beziehung gab es diese Stereotypen – ich, die Frau, bin für das Putzen, Kochen und Kinderbetreuen zuständig, mein Partner ist der Geldverdiener, Handwerker und Biertrinker – nie. Nur beim Autofahren haben wir das Muster, dass immer er fährt, wenn wir zusammen unterwegs sind. Wohl, weil er es einfach lieber macht und ich das Fahren eher als notwendiges Übel ansehe. «Die Paare müssen aufhören, die Arbeitsteilung nach den Geschlechterrollen zu definieren und unabhängig von Klischees nach Ideen, Vorlieben und Fähigkeiten fragen.» Was braucht es Ihrer Erfahrung nach, damit die Aufgabenteilung funktioniert? Haben Sie Tipps? Die Paare müssen aufhören, die Arbeitsteilung nach den Geschlechterrollen zu definieren und unabhängig von Klischees zuerst sich und dann den Partner fragen, was die Ideen, Vorlieben und Fähigkeiten sind. Eine ideale, offene Gesellschaft macht keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Das ist vielleicht etwas aufwändiger, aber sicher befriedigender auf Dauer. Es gibt nun Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 2 von 6 23.02.20, 20:02
  • 12. ergänzen sich die Paare. Bei Reibungsflächen hilft Humor und Gelassenheit! Das klingt so leicht. Aber im Alltag fällt es doch manchmal sehr schwer, humorvoll und gelassen zu bleiben. Ihnen nicht? Doch, sicher gibt es auch stressige Situationen. Dann heisst es: Einfach mal tief durchatmen und eine kurze Pause einlegen. Im Film gibt es auch «brenzlige» Situationen, die wir bewusst drin gelassen haben, sie gehören halt zum Leben dazu. Im Nachhinein sind alle schlauer und würden es besser machen. Sie arbeiten mit Ihrem Partner auch noch sehr eng zusammen, Sie haben eine gemeinsame Agentur. Wird das nicht manchmal zu eng? Das wir zusammen arbeiten, hat viele Vorteile. Wir können uns flexibel absprechen. Oft kommt noch etwas Dringendes rein und dann geht halt derjenige, der gerade nicht unter Zeitdruck steht, nach Hause kochen. Zudem betreuen wir unsere eigenen Bereiche: Ich mache die freien Kino- und TV-Produktionen, mein Partner ist für kommerzielle Filmprojekte, Fotografie, Webdesign und Grafik zuständig. Wichtig ist auch, dass wir in getrennten Räumen arbeiten, so hat jeder etwas Ruhe, um konzentriert arbeiten zu können. «Noch schlimmer wird es in der Regel nach der Geburt. Mit Stillen fängt es an, und du wirst gnadenlos in die Mutterrolle gedrängt.» Was hat Sie dazu bewegt, einen Film über Rollenbilder zu machen? Es waren vor allem die Rollenbilder und Erwartungen, mit denen ich konfrontiert wurde, als ich Mutter wurde. Ich dachte bis dahin, dass in der Schweiz Frauen doch relativ selbstbestimmt leben können. Die Klischees und Rollenzuweisungen, die eine Mutter schon in der Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 3 von 6 23.02.20, 20:02
  • 13. mich nicht ins Flugzeug steigen lassen wollten. Auch Skifahren und Velofahren wurde mir teilweise verboten, dabei weisst du doch als schwangere Frau am besten, was dir guttut. Noch schlimmer wird es in der Regel nach der Geburt. Mit Stillen fängt es an, und du wirst gnadenlos in die Mutterrolle gedrängt. Und werden Männer, die eben Vater geworden sind, von der Personalabteilung zum Gespräch eingeladen, um zu besprechen, wie das mit der Teilzeitarbeit nun weitergehe? Was haben Sie bei den Dreharbeiten von den Paaren gelernt? Es war sehr spannend zu sehen, wie diese doch sehr unterschiedlichen Paare im Privaten die Hausarbeit aufteilen. Nicht immer war ich einverstanden, aber ich habe gelernt, dass es 1000 richtige Möglichkeiten gibt, Dinge anzupacken. Sich im Privaten so zu exponieren, braucht Mut, und dafür bin ich allen Protagonisten dankbar, die sich für «Von der Rolle» zur Verfügung gestellt haben. Immerhin zeigen sie nicht nur die heile Welt, und es krachte auch ab und zu. Welche Botschaft möchten Sie den Frauen und Männern, die den Film sehen, auf den Weg geben? Leute, habt mehr Vertrauen in eure Fähigkeiten, ihr macht das schon richtig! Intuitiv machen Frauen und Männer meistens das Richtige mit den Kindern. Ich persönlich bin ruhiger geworden und mache mir weniger Stress, wenn etwas gerade nicht so läuft, wie ich es mir wünsche. Zudem bin ich etwas abgehärtet gegen Kritik von aussen und lasse mir nicht mehr so leicht ein Frauenbild aufdrängen. Wichtig im Business sind zudem die Seilschaften. Wenn sie von Frauen auch nicht in der Rekrutenschule geknüpft werden, so ist es doch wichtig, Unterstützung zu haben, nicht zuletzt bei der Vermarktung eines Filmes. So ist zum Beispiel mein ganzes Netzwerk aufgefordert, in der ersten Kinowoche, ab dem 5. März, die Säle zu stürmen, um «Von Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 4 von 6 23.02.20, 20:02
  • 14. STICHWORTE Film Kultur Kunst Rollenbilder Rollenteilung Selbständigkeit Vereinbarkeit KOMMENTAR SCHREIBEN 14. FE BRUAR 2020 STEFF I Wir tun immer so, dass es keine Rollenbilder mehr gibt. Fakt ist, dass es Frauen schwerer in so vielen Aspekten haben! Deshalb chapeaux, dass ihr das so gut hinbekommt. 13. FEBRUAR 202 0 LIN I Passend zum Thema ist auch die Ausstellung "Ich Mann. Du Frau. Feste Rollen seit Urzeiten" im Neuen Museum Biel. Sehr zu empfehlen! Weiterlesen MENSCHEN «KÖRPERRESPEKT MENSCHEN «ALS NANNY HABE ICH EINE ENGE BINDUNG ZU Kooperation Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 5 von 6 23.02.20, 20:02
  • 15. Newsletter © 2020 Kleinstadt Design: CinCin | Code: Roger Burkhard GEWALTPRÄVENTION» Melanie Dellenbach setzt sich mit der Organisation Yes2Bodies für mehr Körperrespekt ein. Mit ihrer Tochter spricht sie nie über Diäten. mehr Überhaupt nicht. Die superflexible Betreuungsform ist im Kommen. Wir haben mit einer Nanny geredet. mehr Kleinstadt - «Die Klischees, denen man als Mutter begegnet, sind ... https://kleinstadt.ch/die-klischees-denen-man-als-mutter-begegnet-... 6 von 6 23.02.20, 20:02
  • 16. 15 Debatte Mittwoch, 12. Februar 2020 Sandro Benini Letzte Woche flog der Schreibende von Tuxtla Gutiérrez im südmexikani- schen Bundesstaat Chiapas nach Mexiko-Stadt. Kurz vor dem Boarding sagte eine Angestellte der Fluggesell- schaft Aeroméxico über Lautsprecher: «In unserer Maschine fliegt der mexikanische Präsident mit.» Die Wartenden nahmen die Information ohne das geringste Anzeichen von Erstaunen zur Kenntnis. Tatsächlich hat sich Mexikos Öffent- lichkeit längst daran gewöhnt: Der seit Dezember 2018 regierende Andrés Manuel López Obrador, wegen seiner Initialen oft Amlo genannt, nimmt auf seinen zahlreichen Reisen immer Linienflüge, und zwar Economy. Amlo hat kein besonders gutes Jahr hinter sich: Das Land ist in eine Rezes- sion gerutscht, die Drogenmafia mordet mehr denn je, die Umfrage- werte der linken Regierungspartei Morena sinken. Amlos Popularität hingegen ist nach wie vor hoch. Das liegt auch daran, dass die Bevölkerung von der persönlichen Integrität und authentischen Bescheidenheit des 66-jährigen Politikers überzeugt ist. Bisweilen erlebt Amlo auf seinen Reisen aber Unangenehmes. Einmal hat eine vierköpfige Familie darauf bestanden, aus der startklaren­ Maschine wieder auszusteigen. Mit dem Präsidenten zu fliegen, lehne er aus Sicherheitsgründen ab, sagte der Vater, der darauf den unvermeidlichen Shitstorm in sozialen Medien über sich ergehen lassen musste. Ein an- dermal forderte der Pilot Amlo über Lautsprecher auf, gefälligst dafür zu sorgen, dass Mexiko-Stadt einen neuen Flughafen erhalte. Das komplexe Verhältnis des mexika- nischen Präsidenten zu Flugzeugen zeigt sich auch an der Komödie um die ehemalige Präsidentenmaschine. Schon an seinem zweiten Amtstag hatte Amlo versprochen, die Boeing Dreamliner 787-8 zu verkaufen. Darin herumzufliegen, wie es sein Vorgänger Enrique Peña Nieto getan hatte, sei in einem Land mit so vielen Armen «eine Beleidigung». Tatsächlich gehört die Maschine mit dem Namen «José María Morelos y Pavón» zu den luxuriösesten der Welt: Sofas und Ledersessel, marmorver- kleidete Bäder und Toiletten, Schlaf- gemächer, Büros und Sitzungsräume, eine Küche, Internet, ein Satelliten- telefon. Kaufen wollte den fliegenden Palast allerdings bis heute niemand. In einem komplizierten Verfahren soll die Maschine darum nun verlost werden –aber nicht das konkrete Flugzeug, sondern dessen Gegenwert. Von den hundert Gewinnern erhält jeder eine Million Dollar. Der Erlös, den der Staat durch die Lotterie zu erzielen hofft, soll sozialen Projekten zugutekommen. Und dazu verwendet werden, die Präsidentenmaschine zwei weitere Jahre lang in Schuss zu halten, auf dass sie vielleicht doch noch jemand kaufe. In Mexiko würdigen viele die gute Absicht, die hinter der ganzen Aktion stecke. Mindestens ebenso viele fragen sich, ob der Präsident nichts Wichtige- res zu tun habe. Den Flug von Chiapas in die Hauptstadt hat López Obrador dann übrigens doch nicht genommen. Vielleicht hat ihn die Vorbereitung zur grossen Präsidentenmaschinen- verlosung aufgehalten. Der Präsident, der sein Flugzeug verlost Andrés Manuel López Obrador  Mexikos Staatschef hat ein spezielles Verhältnis zum Fliegen. Kopf des Tages Gleichwertig, aber nicht gleichartig Was die Bildungsdirektion des Kantons Zürich vorschlägt, um dem Mangel an Heilpädagogen zu begegnen, kann in gutem Zürichdeutsch als «Pfläschterli- Politik» bezeichnet werden. Nicht- Heilpädagogisches Personal soll die verbliebenen Heilpädagoginnen unter- stützen. Es ist zu vermuten, dass mit dieser Aufstockung des Personals das Chaos noch lange kein Ende hat. Es wird damit eher weiter angeheizt. Die Schulleiter werden sich dafür bedan- ken, die Eltern werden sich betrogen fühlen, weil sie unter sonderpädagogi- schem Förderbedarf etwas anderes erwartet haben, und dies zu Recht. Wann kommt man zu der Einsicht, dass alle Menschen, hier Schüler und Schülerinnen, gleichwertig, aber nicht gleichartig sind? Kleine Klassen, früher Kleinklassen genannt, wären hier die wesentlich sinnvollere Lösung, als alle paar Monate wieder mit einer­ originellen Lösung alle Betroffenen weiter zu verunsichern. Riccardo Bonfranchi, Wolfhausen Teurer und sicher nicht besser Die Ausnahmeregelung betreffend Schulassistenz ist das Eingeständnis der Bildungsdirektion, dass der son- derpädagogische Sektor völlig auf Grund gelaufen ist. Die schönen Ver- sprechungen über heilpädagogische Betreuung integrierter Kinder kann man an vielen Orten nicht halten. Die betroffenen Eltern fühlen sich betro- gen, denn diese bunte Gesellschaft von Assistenzpersonen ist mangels Aus­ bildung nicht befugt, das einzelne Kind zu therapieren. Sie macht sich zwar vielleicht ganz allgemein ein wenig nützlich, kompliziert aber das ganze System und das Geschehen im Schulzimmer zusätzlich. Die Einfüh- rung einer Schulassistenz ist ein Mittelding zwischen Verzweiflungstat und faulem Trick. Zudem verschlingt die ganze sonderbare Übung wohl bedeutend mehr Finanzen, als alle Kleinklassen zusammen kosten würden. Die Politiker sind gefordert, diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Hans-Peter Köhli, Zürich Integration lässt die Kinder im Stich Die Verordnung über sonderpädagogi- sche Massnahmen schafft ein Durch- einander in den Schulen. Es gibt keine stabilen Verhältnisse mehr. Die Schul- kinder und besonders die schwäche- ren sind jedoch auf dauerhafte, lang- fristige Beziehungen zu den Lehrern angewiesen. Deshalb kann man Heil- pädagogen nicht temporär mit Aushil- fen ersetzen und schon gar nicht mit fachfremden Assistenten. Wie sollen die Klassenassistentinnen und nicht ausgebildete Personen die schwieri- gen, untragbaren und vielfach chaoti- schen Verhältnisse in den Klassen auffangen können? Damit die Schüler wirklich lernen können, brauchen sie eine ruhige Lernsituation, die damit nicht mehr gegeben ist. Den Eltern hat man versprochen, dass ihre Kinder in den Regelklassen von pädagogisch gut ausgebildeten Fachkräften gefördert würden, so, wie es früher in den mittlerweile abgeschafften zwei­ jährigen Sonder-A-Kleinklassen der Fall war, wo sich die Kinder unter Anleitung einer heilpädagogischen Fachlehrperson in der Lehrer-Kind- Beziehung aufgehoben fühlten und sich schulisch weiterentwickeln konnten. Peter Aebersold, Zürich Leserbriefe «Das Chaos hat noch kein Ende» Ausnahmeregelung  Mangel an Heilpädagogen spitzt sich zu, TA vom 8. 2. Mamablog  Väter wie ich erhalten Beachtung. Wir werden zu Podien eingeladen, von Medien befragt und mit Anerkennung beschenkt. Ich warte nur noch darauf, dass auf dem Märit- platz meines Heimatorts eine Statue von mir enthüllt wird. Und das alles nur, weil ich und ein paar andere Väter tun, was für die meisten Mütter Alltag ist: Wir kümmern uns um unsere Kinder und machen den Haushalt. Dafür reduzieren wir die Erwerbs- arbeit oder geben sie ganz auf. Lob haben wir dafür sicher nicht verdient. Ich wünsche mir aber, dass sich die Gesellschaft ein Stück in unsere Rich- tung bewegt. Nicht jeder Vater muss zum Hausmann konvertieren, nicht jede Mutter voll berufstätig bleiben. Aber solche Modelle sollten Eltern wählen können, ohne gleich zum Dorfgespräch zu werden. Und natür- lich auch, ohne gleich eine eigene Sonderbriefmarke zu erhalten. In der Realität dominiert das klassi- sche Familienmodell hartnäckig. Um andere Modelle interessant zu machen, müssen sie sichtbarer­ werden. Ich möchte in den Medien mehr Väter sehen, die zu Hause Kinderkotze von den Ficusblättern waschen, und Mütter, die Säcke voller Sesterzen heimbuckeln. Anfang März kommt ein Dokumentar- film in die Kinos, der mir deshalb sehr am Herzen liegt. Die Berner Filme­ macherin Verena Endtner hat drei Familien begleitet, die nicht das klassische Modell leben. «Von der Rolle» zeigt den Alltag dieser Familien und die Gedanken, die sich die Eltern zu ihrer Aufgabenteilung machen. Ein Film für werdende Eltern, die sich bald auf eine Rollenaufteilung einigen müssen. Aber auch für Lehrer, Ärztin- nen, Arbeitgeber und Gemeindepräsi- dentinnen. Der ganzen Gesellschaft tut so ein Perspektivenwechsel gut. Im Prinzip ist eine Familie ja wie eine kleine Filterblase. Man sieht vor allem die eigene. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich schaue wahn­ sinnig gerne anderen Familien in die Stube. Schon die SRF-Serie «Achtung Väter!» hatte es mir angetan. «Von der Rolle» gefällt mir noch besser, weil der Film weniger Show bietet. Kein Fernsehteam, das für einen Tag ins Haus platzt, keine Kommentare. Verena Endtner beglei- tete ihre drei Familien teilweise bis zu drei Jahre und verzichtet auf eine Off-Stimme. Das Resultat erinnert mich an meinen Lieblings-Dokumentarfilm «Unser täglich Brot». Er zeigt die Lebens­ mittelproduktion in Europa, und zwar ausschliesslich in Bildern und Geräu- schen, ohne ein gesprochenes Wort. Nichts wird beschönigt, nichts skan- dalisiert. Als Zuschauer muss ich mir meine eigene Meinung bilden. So ist es auch bei «Von der Rolle». Der Film zeigt inhaltlich nichts Extremes, Revolutionäres, und doch können aufmerksame Zuschauer*innen viel entdecken. Nicht nur im Film selber, sondern vor allem im eigenen Kopf. Ich sah drei seltene Familienmodelle. Drei Väter, die Betreuungsarbeit leisten, und drei Mütter, die mehr Erwerbsarbeit verrichten als ihre Männer. Drei Familien, die auf mich verschieden wirkten, mit denen ich mich unterschiedlich stark identifizie- ren konnte. Ich habe genickt und den Kopf geschüttelt. Aber am Ende­ fühlten sich die gezeigten Familien sehr normal an. Dieses «Normal» ist natürlich subjektiv. Und überhaupt, was ist an einem Familienalltag schon normal? Entsprechend eine Bitte an meine Heimatgemeinde: Erstellt mir kein überlebensgrosses Reitermonument. Zeigt mich so normal, wie ich im Alltag aussehe. Mit Zylinder, Gehrock und Monokel – und einem Baby im Tragetuch. Und die Bitte an Sie: Gehen Sie doch mal wieder ins Kino. Ein Film über seltene, normale Familien blogs.tagesanzeiger.ch Ich wünsche mir, dass sich die Gesellschaft ein Stück in unsere Richtung bewegt. Markus Tschannen  Freier Autor Herausgeberin  Tamedia Publikationen Deutschschweiz AG Werdstrasse 21, 8004 Zürich, Tel. 044 248 44 11 Leserschaft: 388’000 Personen (MACH Basic 2018-2) Verbreitete Auflage: 140’800 Ex. (WEMF 2017) Davon verkaufte Exemplare: 122’849 Ex. Jahresabonnement: CHF 576.– Weitere Abonnements-Angebote auf abo.tagesanzeiger.ch Verleger  Pietro Supino Chefredaktion Tages-Anzeiger  Judith Wittwer (jw), Chefredaktorin Chefredaktion Redaktion Tamedia  Arthur Rutishauser, Chefredaktor (ar), Adrian Zurbriggen, Stv. 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Dieses so genannte Native Advertising ist mit dem Layout des Trägertitels identisch und wird mit «Sponsored» gekennzeichnet. Beide Werbeformen werden vom Team Commercial Publishing hergestellt. Die Mitarbeit von Mitgliedern der Tamedia-Redaktionen ist ausgeschlossen. Weitere Sonderwerbeformen oder Formen der Zusammenarbeit mit Kunden, etwa im Bereich Reisen oder Auto, werden gesondert ausgewiesen. In Zusammenarbeit mit der «Süddeutschen Zeitung»
  • 17. Bern (sda) - 20.02.2020 11:00 bsd096 3 ACE, CIN Einzelmeldung Kritik kud sda/zm jc Bern Neuer Film - "Von der Rolle" von Verena Endtner "Wer hat die Hosen an und wer wäscht sie?". Eine der Fragen, die die Berner Filmemacherin Verena Endtner in "Von der Rolle" stellt. Ihr Dokumentarfilm gibt Einblick in drei unterschiedliche Familienmodelle - das ist meistens spannend, manchmal langweilig und vor allem nicht sehr ergiebig. Der Ansatz ist interessant. "Von der Rolle" will anhand von drei Paaren und deren Kinder zeigen, wie unterschiedlich sich die (Haus-)Arbeit aufteilen und der Familienalltag gestalten lassen. Tänzerin Maja und Musiker Theo etwa sind beide selbstständig und geben ihren Sohn in die Kita. Juristin Kathrin arbeitet 80 Prozent, Polymechaniker Martin 60 Prozent, sie wollte nie Kinder, er eine Grossfamilie - nun haben sie ein Kind, das zweite ist unterwegs und irgendwie wirken sie alle nie ganz zufrieden. Olivia und Sandro wollen ihre drei Kinder ohne Fremdbetreuung grossziehen. Deshalb hat sich der Vater entschieden, Vollzeithausmann zu sein, während seine Frau 100 Prozent arbeitet und "das Geld nach Hause bringt". Familienintern funktioniert das bestens, von aussen wird Olivia oft kritisiert. Es ist unterhaltsam, witzig, wenn teilweise auch ein bisschen langatmig, die Familien bei der Alltagsbewältigung zu beobachten. Wenn das alles ist, was der Film will, dann ist er gut. Um eine differenzierte Diskussion über Gleichstellung und unterschiedliche Lebensformen anzukurbeln, fehlt im allerdings das Fleisch am Knochen. Oder anders gesagt: Er zeigt zu viel Normalität und stellt zu wenig Fragen, um zu provozieren, zu berühren oder inspirieren. Notiz: Deutschschweizer Kinostart: 27. Februar Verfasserin: Miriam Lenz, Keystone-SDA sda Basic in deutsch 26.02.2020 von 01.01.20 bis 26.02.20 Seite 1 von 1
  • 18. 23Donnerstag, 27. Februar 2020 Magazin Okay, da ist erwieder. Normaler- weise denkt man das, wenn der Kater nach vier Minuten im Re- gen schon wieder an der Türe kratzt. Letzte Woche werden je- doch einige diesen Satz gedacht haben, als sie durch die Websei- te derTurnhalle im Berner Progr scrollten: «Tim Fite und Bona- parte», steht da. Bonaparte? Je- ner Bonaparte, der îm November im Bierhübeli ein wild-ver- schwitztes Abschiedskonzert schmiss? Das Bedauern war gross, als Tobias Jundt,wie er im normalen Leben heisst,seineAb- schiedstournee ankündigte: Dank diesem bunten, krähenden Wesen hatte Punkmusik von einer Überlebenschance im 21. Jahrhundert heimlich träumen dürfen. Bonaparte hatte es ge- schafft, Performancekunst ge- tarnt als Konzerte auf die gros- sen Festivalbühnen zu bringen. Und nun wollte erverschwin- den – für wie lange und inwie- fern, wusste niemand so genau. Verabschiedete sich nur Jundts Kunstfigur Bonaparte? Trennte er sich von der Band? Oder wür- de er der Musik endgültig den Rücken kehren, sich die Haare schneiden und Steuerberater oder Buschauffeur werden? Die Befürchtungen waren fast gleich gross wie die Hoffnungen, dass alles nur eine Laune war. «Wir sehen uns», meinte To- bias Jundt im Bierhübeli – und ja, man sieht sich wieder. Schnel- ler als gedacht. Auf Facebook schreibt er salopp: «Was tun nach der Pensionierung? Freun- de treffen.» Am Freitagabend steht Bonaparte mit seinem Freund, dem NewYorker Künst- ler und Grafiker Tim Fite auf der Bühne. Neu ist das nicht. Schon früher sind die beiden in der BernerTurnhalle gemein- sam aufgetreten – oder, je nach Anlass, gegeneinander angetre- ten. 2016 bekriegten sich die bei- den in einem Karaoke-Battle. Dieses Jahr wollen Tobias Jundt und Tim Fite «Lieder singen und Fragen beantworten». Das ist wohl die Gelegenheit zu fragen: «Schon wieder da, Bonaparte?» Und zu hoffen, dass Bonapar- te (42) einer dieser rüstigen Rent- ner ist, die einfach genau so wei- termachen wie vorher. Andrea Knecht Konzert «Tim Fite und Bonaparte: Alone Together», Freitag, 28. Feb- ruar 2020; Türen: 20:00, Konzert: 21:00. Tim Fite stellt ab 3. März in der Galerie Tom Blaess aus. Bonaparte ist wieder da Konzert in Bern  Vergeblich die Befürchtungen, Tobias Jundt alias Bonaparte werde nach seiner Abschiedstournee Steuerberater. Vorläufiger Abschied: Bonaparte 2019 im Bierhübeli.  Foto: Susanne Keller Tina Huber Theo, Sandro und Martin sind keine Väter, die «ein wenig mit- helfen» im Haushalt. Keine mo- dernen Papa Molls, die es kaum schaffen, ihren Kindern zwei gleichfarbige Socken anzuziehen und ein Chaos veranstalten, wenn die Frau mal aus dem Haus ist. Die drei Männer sind das,was man heutzutage unter «enga- gierten Vätern» versteht: Sie ste- hen nachts auf, wenn das Kind weint, gehen mit ihm auf den Spielplatz und erledigen zuhau- se die Wäsche. Und sie sind nicht diejenigen, die das ganze Geld nach Hause bringen, ihre Part- nerinnen tragen ebenso viel oder mehr zum Familieneinkommen bei. Das ist noch immer so aussergewöhnlich, dass es Stoff für einen ganzen Dokumentar- film hergibt. Theo, Sandro und Martin sind die Protagonisten im Film «Von der Rolle». Darin be- gleitet die Berner RegisseurinVe- rena Endtner drei junge Familien und bringt uns Familienkonstel- lationen näher,die in unsererGe- sellschaft selten sind. Seltene Familien Theo und Maja sind ein Künst- lerpaar, er Musiker, sie Tänzerin, beide teilen sich Haushalt und Lohnarbeit zu gleichen Teilen; Maja hätte zwar gerne, dass Theo sich öfter um die Schmutzwä- sche kümmert,aberweil sie nicht mag,wie er die Kleider aufhängt, macht sies dann doch selber. Bei Sandro und Olivia bringt nur ein Elternteil Geld nach Hause: sie. Sandro ist Hausmann und Voll- zeitvater und bäckt seinen Söh- nen Geburtstagstorten,während seine Frau trotz Kaderjobvon Be- kannten manchmal gefragt wird, warum sie denn nicht mehr im Haushalt tue. Und da sind Kath- rin und Martin; sie arbeitet vier Tage die Woche auswärts und fragt sich, ob es besser wäre, wenn sie mehr zuhause wäre, weil sie ihren Erziehungsstil ins- geheim geeigneter findet als den ihres Mannes, der das Kind mehr betreut als sie. Als sie nach dem zweiten Kind den Wunsch ver- spürt, ihr Pensum zu reduzieren, empfindet sie das als persönli- che «Schlappe» für sich als emanzipierte Frau. Die drei Paare haben sich of- fensichtlich einige Gedanken ge- macht, als sie vom Liebespaar zu Eltern wurden, und sie sind überzeugt, dass die klassische Rollenverteilung nicht ihr Ding ist. Und doch ist der Alltag mit Kindern, diesen Eindruck ge- winnt man im Film, offenbar ein ständiger Kampf gegen die Tra- ditionalismusfalle. Passen die jungen Eltern einen Moment nicht auf, so scheint es, überrol- len althergebrachte Rollenmus- ter wie eine Walze all die schö- nen Überzeugungenvom moder- nen Familienideal. Plötzlich ganz konventionell Tatsächlich ist es statistisch er- wiesen, dass die meisten Paare in traditionelle Rollenmuster zu- rückfallen,sobald Kinder da sind. Heisst: Er bringt das Geld nach Hause, sie kümmert sich um Kind, Haushalt,Teilzeitjob. Inte- ressanterweise passiert das auch jenen, die sich für progressiv hal- ten und egalitäre Geschlechter- rollen befürworten. Die Soziolo- gie kennt für solche Paare den Begriff «Gender Legacy Cou- ples»: In Befragungen geben sie an, dass sie die Arbeitsteilung gleichberechtigt und gemeinsam vornehmen, doch bei genauem Hinschauen stellt sich heraus, dass diese Entscheidungen den Bedürfnissen der Männer stär- ker entgegenkommen. Und so finden sich diese Paare dann in konventionellen Konstellationen wieder, mit der Mutter als mul- titaskender und allumsorgender Part. Was eine Studie zeigt Interessant in diesem Zusam- menhang ist eine deutsche­ Studie, die das Magazin «Gehirn & Geist» kürzlich zitierte: For- scherinnen haben in Befragun- gen mit Eltern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz he- rausgefunden, dass das Rollen- verständnis des Mannes mitbe- stimmt, wie lange Frauen nach der Geburt des Kindes zuhause bleiben und ob sie danach ihr Pensum reduzieren. Je tradi­ tioneller der Mann, umso später und mit weniger Wochenstun- den kehrt die Partnerin an den Arbeitsplatz zurück. Umgekehrt aber lassen sich Männer von einer progressiven Partnerin viel weniger beeinflussen, sie ent- scheiden unabhängig, ob und wie oft sie das Kind nach der­ Geburt betreuen. Wenn der Mann nicht will Wenn der Mann nicht wolle, kön- ne die Frau wenig ausrichten mit ihrem Wunsch nach einem emanzipierten Leben, sagt im Film sinngemäss eine der Prot- agonistinnen. Vielleicht ist dies die Erkenntnis. Vielleicht aber muss man es auch anders deu- ten:Wünschenswert wären nicht nur Männer, die mehr als «mit- helfen» im Haushalt. Sondern auch Frauen, die mehr als «mit- entscheiden». «Von der Rolle», von Verena Endt- ner, CH/2020, 88 min., Filmstart Zürich 27. Februar, übrige Deutschschweiz 5. März. Mehr als ein moderner Papa Moll «Von der Rolle»  Ein neuer Film zeigt, wie Schweizer Paare zwischen Wäschekorb und Wickeltisch die traditionellen Rollenmodelle zu überwinden suchen. Der Alltag mit Kindern ist im Film ein ständiger Kampf gegen die Traditionalismusfalle.  Foto: pd Passen die jungen Eltern einen Moment nicht auf, überrollen althergebrachte Muster wie eine Walze all die schö- nen Überzeugun- gen vom modernen Familienideal. Obwohl Stephan Eicher morgen an den 13. Swiss Music Awards mit dem Outstanding Achieve- ment Award ausgezeichnet wird, steht der Berner Musiker derVer- anstaltung kritisch gegenüber. Aber: «Ich nehme den Preis ger- ne an und werde sicher Merci sa- gen.» Es werde ein ehrliches Merci sein, fügt der Berner Musiker, der heuer sein 40-jähriges Bühnen- jubiläum feiert.Denn es gebevie- le Leute, denen er es verdanke, dass er überhaupt so einen Preis bekomme. «Doch für mich sel- ber ist er etwas peinlich.» Musik ist kein Sport! Eicher kann sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Mu- sik wie eine Sportart funktionie- ren soll. «Ich finde es eine dum- me Idee, dass man sie hierarchi- siert wie einen Wettbewerb», sagt er. «Das ist nicht der Grund, warum ich Musik mache.» Im Weiteren sei der Preis von der Plattenindustrie finanziert, gegenüber welcher er sowieso «nicht so eine gute Haltung» habe. Das war nicht immer seine Meinung: Als die Swiss Music Awards ins Leben gerufen wor- den sind, stand Stephan Eicher der Veranstaltung jedoch noch positiv gegenüber. Er habe es da- mals als wichtig erachtet, dass die Schweizer Musik Beachtung erhalte. «Ich schätze die Idee, doch was daraus geworden ist – deshalb komme ich nicht.» Mehr ist mehr Hauptverantwortlich dafür, dass Stephan Eicher nach Luzern rei- sen und den Pflasterstein in Empfang nehmen wird, sind letztlich zwei Faktoren. Zum einen freut er sich auf die neue SMA-Moderatorin Hazel Brug- ger. Als er gehört habe, dass die Satirikerin «denAbend wie einen Bus an die Wand reiten würde, dachte ich, da wäre ich gerne im Zimmer». Mit dem Versprechen, dass er am Vorabend der Swiss Music Awards («SMA live») auftreten und das Programm frei gestalten dürfe, habe man ihn ebenfalls verführt. «Man kann mich schon kaufen», so Eicher. An seiner «Chilbi Revue» am 27. Februar im KKL wird Stephan Eicher be- freundete Musikerinnen und Musiker um sich scharen. (sda) Eicher ist der Award etwas peinlich Preisverleihung  Morgen wird Stephan Eicher in Luzern mit einem Swiss Music Award geehrt. Dokumentiert wird der Alltag von engagierten Vätern.  Foto: pd Viele Frauen fallen in die konventionelle Rolle zurück.  Foto: pd