1. Begleiten – Befähigen - Begeistern
Thüringer Fachkongress am
06.Oktober 2005 in Erfurt
Schulleistungsdiagnostik – ein
qualitativer Einstieg in die Förderung
Referentinnen:
Christine Enders, Dipl.-Psych., Beratungsrektorin a.D.
Bärbel Lambert, Schulleiterin
Erlangen
Enders/Lambert 1
2. Schulleistungsdiagnostik – ein
qualitativer Einstieg in die Förderung
Überblick
Schule – Schulleistung – Schulleistungsprobleme
Schulleistungsdiagnostik – Begriffsklärung
Informelle vs. normierte Verfahren
Individuelle Arbeit mit Kindern
Von der Diagnostik zum Förderplan
Und wie geht’s dann weiter?
Enders/Lambert 2
3. Schule - Schulleistung -
Schulleistungsprobleme?
• Rahmenbedingungen in Schule sind i.a. wenig
förderlich für Kinder mit Lern- u. Leistungs-
problemen
• Lerndefizite führen zu schlechten Noten und –
mangels Ressourcen - meist zu sonst nichts
• Defizite in mehreren Fächern ziehen die
Wiederholung einer Klasse nach sich (oder einen
Wechsel der Schulart)
• Leistungsbeurteilung allein zur Selektion?
Enders/Lambert 3
4. Schule hat zu sorgen für ...
Frühzeitige Erkennung
von „Risiko-Schülern“
Steigerung der Förderung von Schülern
diagnostischen Kompetenz mit Problemen in den
bei Lehrkräften Kulturtechniken
Schulleistungsprobleme sind nicht allein Probleme
der Schüler (und deren Eltern) –
sie sind immer auch ein Problem der Schule
Enders/Lambert 4
5. ...
Was Standard sein sollte
Lernprozesse sind interaktiv
Bei Leistungsproblemen: Analyse der Prozesse
Qualität der Lehr- und der durch den Lehrer mit
Lernprozesse analysieren und Fragen zu Ursachen und
optimieren Lösungen
Fehler sind (notwendige)
Zwischenprodukte beim Lernen.
Sie geben Hinweise auf
Denkprozesse
Enders/Lambert 5
6. ...
Was sich Schule leisten sollte
Analyse der Prozesse durch
den Lehrer mit Fragen wie z.B.:
• Wie kann ich die Lernprobleme des Schülers erklären?
• Was wäre von wem zu tun, um die Probleme zu verringern?
• Ist die Wiederholung einer Jahrgangsstufe sinnvoll?
• Wer könnte mit diagnostischem Knowhow helfen?
Enders/Lambert 6
7. Eine Leistung
nach Fehlern zu beurteilen
ist die
Fehlleistung
der Schule
(unbekannt)
Enders/Lambert 7
8. Je früher – desto besser
Je länger Lerndefizite kumulieren,
desto schwieriger die Förderung!
Entstehendes Schulversagen korreliert
mit psychischer Belastung beim Kind:
- gehäufte Misserfolgserlebnisse
- Reaktionen und Repressionen der „Bewerter“ (Eltern, Lehrer ..)
- Angst, Selbstzweifehl, Minderwertigkeitsgefühle
Geringes Selbstwertgefühl
Enders/Lambert 8
9. Schulleistungsdiagnostik
Beurteilung nach
Beurteilung einer Leistung
qualitativen
nach quantitativen
und (individuellen,
(statistischen, gruppen-
fachlichen,
bezogenen)
lehrplanbezogenen)
Bezugsnormen
Bezugsnormen
Qualitative Schulleistungsdiagnostik ist das Bemühen,
• sich an den subjektiven Leistungsprozess eines Schülers
• in seiner schulischen Realität anzunähern
• anhand offener, informeller Verfahren
Enders/Lambert 9
10. Informelle vs. normierte Verfahren
Debatte um quantitative vs. qualitative
Diagnostik ausgelöst durch
- Kritik an der klassischen Testtheorie
- die oft unzureichende Qualität der Befunde für die
Lebenspraxis
- die naive Testgläubigkeit bei manchen Anwendern und
vor allem Adressaten
Kein Entweder – Oder
sondern ein klares „Und“
Enders/Lambert 10
11. Diagnostik in der Schule
Basis: Offen und weit erhobene Daten
Qualitative Bedeutung für ein besseres
Verständnis der individuellen Lernstrategien
eines Kindes
Ziel: Veränderung der didaktisch-
methodischen Förderung
Enders/Lambert 11
12. Qualitative Schulleistungsdiagnostik
Qualitative SLD bedeutet:
Weg von der punktuellen selektiv ausgerichteten
Diagnostik hin zur lernwegbegleitenden Beobachtung
Verzahnung von Diagnostik und Förderung =
Förderdiagnostik
qualitative Prozessdiagnostik = Beobachtung von
Lern- und Leistungsstrategien
Enders/Lambert 12
13. Individuelle Arbeit mit Kindern
SLD III – ein Verfahren zur individuellen Diagnostik mit Kindern
und Jugendlichen bis in die Hauptschulstufe
• im Einzelkontakt
• in den Fächern Deutsch und Mathematik
• sowie mit einem Screening zur Grundschulfähigkeit
• mit theoretischer Untermauerung
• und konkreten Förderhinweisen
Storath, Drechsel, Enders, Lambert (2004),
Informelle Schulleistungsdiagnostik SLD III.
Copyland Druckzentrum: Nürnberg
Enders/Lambert 13
14. Informelle Schulleistungsdiagnostik III
Das Buch ist
kein System zur Auslese!
Kein System zur Benotung!
sondern
ein diagnostisches Instrument zur Feststellung des
Leistungsstandes mit dem Ziel der Förderung
Die grundlegenden Fragen sind:
Was ist? Wie ist es geworden?
Was wird? Was sollte werden?
Wie können die Ziele erreicht werden?
Was ist geworden?
Enders/Lambert 14
15. Der diagnostische Viererschritt
Wahrnehmen – Beobachten – Verstehen – Handeln
ZIEL
Welche operationalisierten Lernziele sind kurz-, mittel-,
langfristig anzustreben?
Förderung durch wen, mit welchen Mitteln? ...
Enders/Lambert 15
16. Der diagnostische Viererschritt 1
Wahrnehmen des individuellen Leistungsstandes
* als Einzelleistung
* als operationalisierte Feststellung der Diskrepanz
* bzw. Übereinstimmung zur Klassenleistung
* sowie zur Leistungsnorm des Lehrplans
Enders/Lambert 16
17. Der diagnostische Viererschritt 2
Beobachten als gezielte Beobachtungen
des Leistungsprozesses bzgl. der im
Wahrnehmungsprozess aufgekommenen Fragen,
Vermutungen und Hypothesen.
Beobachten in der Einzelarbeit
erfolgt durch lautes Mitsprechen-lassen,
im Gedankeninterview,
durch Umsetzen von Lösungsgedanken in
Zeichnungen oder konkretem Handeln
Enders/Lambert 17
18. Der diagnostische Viererschritt 3
Verstehen heißt,
die Leistungssituation bewusst aus den Augen
des Kindes zu sehen,
Verstehen heißt auch,
die Leistungsproblematik in ihrer Ausstrahlung
* auf das Selbstkonzept des Kindes,
* auf Furcht vor Misserfolg
* sowie auf die eigenen wie die familiären
Erwartungen
hin zu betrachten
Enders/Lambert 18
19. Der diagnostische Viererschritt 4
Handeln heißt:
Aufstellen operationalisierter Förderziele bezogen
auf das individuelle Leistungsverhalten eines
Schülers.
Überprüfung der Förderziele
* bzgl. des Zeitaufwandes,
* der Möglichkeiten der inneren und/oder äußeren
Differenzierung,
* der familiären Unterstützung oder
* der außerschulischen Förderung.
Enders/Lambert 19
20. Inhalte der SLD III
Basis-Informationen:
1. Lern- und Leistungsschwierigkeiten als
pädagogische Herausforderung
2. Grundsätzliches zur Aufgabensammlung
Enders/Lambert 20
21. Inhalte der SLD III
Schulbezogene Aufgabengruppen
3. Screening zur Schulfähigkeit
4. Überprüfung des Lesens und des Bereichs
Sprache untersuchen (Jahrgang 1-4)
5. Überprüfung der Rechtschreibleistung
(Jahrgang 1-5+)
6. Überprüfung der Rechenleistung
(Jahrgang 1-7+)
Enders/Lambert 21
22. Inhalte der SLD III
„Nützliches für den Gebrauch“
7. Kasuistik – Hilfen – weitere Checklisten
8. Übersicht zu Einschulungs- und Schulleistungs-
verfahren
9. Glossar
10. Literatur
11. Steckbriefe der AutorInnen
Enders/Lambert 22
23. Von der Diagnostik zum Förderplan 1
Beispiele aus der Arbeit mit der SLD III
=
Mathematik:
• Methode Gedankeninterview
• Sukzessives Auf- oder Absteigen von
Jahrgang zu Jahrgang
• Ziel: die „Lernsprosse“ finden, bei der
der Schüler eine sichere Basis hat
Enders/Lambert 23
24. Von der Diagnostik zum Förderplan 2
• Die diagnostisch erhobenen Ergebnisse
übersichtlich zusammenfassen
• Anschließend in Förderziele umformulieren, d.h.
nicht das Defizit steht im Vordergrund sondern
das Ziel, das es zu erreichen gilt
• Der Förderplan ist für die Hand derjenigen Person
gedacht, die mit dem Kind die Förderung
durchführt – muss also in der „Fachsprache“ so
abgefasst sein, dass Passung entsteht
Enders/Lambert 24
25. Wie entsteht ein Förderplan?
Ergebnisse aus der SLD III für Daraus abgeleitete Förderziele
Felix, 6. Kl.:
• Übungen zur Raumlage mit
Verdrehungen bei Ziffern: nicht-mathematischem Material;
56 – 65 • Übungen an der Hundertertafel
• Aufbau der Mächtigkeit der
• fehlender Überblick über
E/Z/H/T u.a. mit
Zahlenraum > 100
Montessori-Material;
• Stellenwertsystem nicht
• Kombination von Legen
gesichert (E - Z - H - T)
und in Stellenschreibweise
notieren
• Operationen als Handlungen
• Multiplikation u. Division erfahren
als Handlungen nicht
• Größen abschätzen
verstanden
• Der Alltag in Malaufgaben
• Automatisierung von 1x1 • Spielerische Automatisierung
nicht gegeben
Enders/Lambert 25
26. Und wie geht es weiter?
• Wer macht was bis wann mit wem?
• Arbeit mit dem Förderplan
• Evaluation oder: was bringt‘s?
• Überprüfung des Erfolgs
• Anschluss an die Klasse geschafft?
• Die Schleife wiederholen oder Förderung
beenden?
Enders/Lambert 26
27. Wer macht was bis wann mit wem?
Arbeit mit dem Förderplan
Oder ...
variable Möglichkeiten
Klassenlehrerin Eltern, Hort o.a.
Im Rahmen des
oder Förderlehrerin Bezugspersonen
regulären
hat Förderstunden: Klassenunterrichts
werden so weit
Beratungslehrer/in instruiert, dass sie
mit innerer
o.a. Fachpersonen schrittweise zu
Differenzierung –
besprechen Ziele, Hause mit dem Kind
soweit wie möglich;
Methoden etc. arbeiten können –
d.h. evtl. auch
Fortlaufende Rück-
Abkoppelung von
Koppelung ist
Lernzielgleichheit
notwendig
Enders/Lambert 27
28. Wer macht was bis wann mit wem?
Weitere Überlegungen bei offenen Fragen:
Diagnostische Abklärung Hilfestellung durch u.a.
u.a. durch
• Ergotherapie?
• Schulpsychologen,
• Fachlich gute Nachhilfe?
• Kinder- und Jugendärzte
• außerschulische Therapie?
• Kinder- u. Jugendpsychiater ...
(evtl.) Beratungsbedarf für Eltern, Schüler und Lehrer
mit dem Ziel der Konsensbildung
Fachlichkeit von Beratungslehrern, Sonderpädagogen,
Schulpsychologen nutzen!
Enders/Lambert 28
29. Was bringt‘s?
Überprüfung der Wirksamkeit
Dauer der Förderung?
•flexibel? • prozessbegleitend
• Status-Erhebung am Ende
•an Schulhalbjahre
mit Vergleich zum Anfang
gekoppelt?
Gemeinsame Reflexion (evtl. „Runder Tisch“)
• Welche Fortschritte sind zu verzeichnen?
• Anschluss an die Klasse geschafft?
• erneuter Eintritt in die Schleife: Ist-Soll-Diskrepanz; Veränderung
der Förderbedingungen (nicht noch mehr desselben!)
• Überlegungen hinsichtlich des geeigneten Förder-Orts für das
Kind
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