1. Anlegen in „Special Situations“
(M&A, Beherrschungsverträge,
Squeeze-out etc.) –
Rechtliche und wirtschaftliche
Hintergründe
Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Vortrag vor dem Aktienclub München e.V.
am 30. Januar 2018
2. Fragestellungen:
• „Special Situations“ als kurzfristige Tradingchance?
• Die Rolle aktivistischer Aktionäre? (Katalysator oder
Verhinderer? „Elliott & Co.“ als Trendgeber?)
• Langfristige Spekulation mit abgesichertem „Netz“ (der vom
Hauptaktionär angebotenen Barabfindung als Mindestbetrag)
• Anlage in Aktien mit „Garantiedividenden“
(Ausgleichszahlungen aus BuG)
Arendts, „Special Situations“, Folie 2
3. Fragestellungen (Fortsetzung):
• Indirekte Anlage in Special-Situations-Fonds
• Aktiengesellschaften mit Schwerpunkt „Special
Situations“/Spruchverfahren
• Nachbesserungsrechte als (neue) Anlageklasse?
Arendts, „Special Situations“, Folie 3
4. Hintergrund:
• Rechtsanwalt Martin Arendts: seit mehr als 15 Jahren
Vertretung von Minderheitsaktionären in Spruchverfahren,
Rechtsanwaltskanzlei für Kapitalanlagerecht,
Aufsichtsratsmandate
• Disclaimer:
o Keine Anlageberatung, lediglich Aufzeigen von
Anlagemöglichkeiten mit (unverbindlichen) Beispielen
o Keine Rechtsberatung, nur Übersicht und Einschätzung
Arendts, „Special Situations“, Folie 4
5. „Lernziele“:
• Bedeutung der rechtlichen Rahmenbedingungen
erkennen: z.B. Übernahmeregelungen (aktuell: Celesio-
Urteil), Ab wann welche Form des Squeeze-outs möglich?
• Kurzer Überblick über die Unternehmensbewertung in
dominierten Situationen
• Übersicht über den Verfahrensablauf eines
Spruchverfahrens, prozessuale Besonderheiten
Arendts, „Special Situations“, Folie 5
6. Nachbesserungspotentiale bei Spruchverfahren
• Endspiel-Studie 2017 von Solventis:
„Die im Rahmen von Spruchverfahren erzielten Nachbesserungen
(inkl. Nuller) beliefen sich seit unserer letzten Endspiel-Studie auf
33,5 % inklusive Zinsen und damit deutlich oberhalb der Renditen
der letzten Jahre.“
Arendts, „Special Situations“, Folie 6
7. Nachbesserungspotentiale bei Spruchverfahren
(Fortsetzung)
• Weimann, Spruchverfahren nach Squeeze-out (2015):
o Analyse von mehr als 400 Spruchverfahren zwischen 2002 und
2013
o Gesamtnachzahlungen ca. EUR 600 Mio.
o Anhebung der Barabfindung in 70 % aller erstinstanzlich
beendeten Verfahren, dagegen Prüfer in > 99 % der Fälle:
Kompensation angemessen
Arendts, „Special Situations“, Folie 7
10. Rolle von aktivistischen Aktionären und
„Spezialisten“:
• Umbau der AG anstoßen, z.B. Active Ownership bei Stada
(„Die wollen das Thema Corporate Governance und Merger
Value Creation auf den Tisch bringen.“): Corporate
Governance-Mängel als Einstieg (häufig vorgeschoben)
• Höhere Kompensation erkämpfen, z.B. Elliott bei Celesio und
Stada sowie bei Uniper (Börse Online: „Mehr Potential durch
Elliotts Einstieg“, „Elliott kauft und lockt andere Hedgefonds
an“): Spekulation auf Nachgeben des Großaktionärs,
Problem: Sondervorteile (Beispiel: Celesio)
Arendts, „Special Situations“, Folie
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11. Rolle von aktivistischen Aktionären und
„Spezialisten“ (Fortsetzung):
• Sonderprüfungsanträge und aktive Begleitung von
Spruchverfahren, z.B. Spruchverfahren zum BuG Kabel
Deutschland
• Ermöglichung von Strukturmaßnahmen durch Weitergabe
eines Aktienpakets
Arendts, „Special Situations“, Folie
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12. Übernahmeangebot
• Gleichbehandlung der Aktionäre: Urteil des BGH zur Celesio-
Übernahme (Bestätigung des OLG Ffm), keine Sondervorteile
für aktivistische Aktionäre
• Zeitpunkt der Kontrollerlangung: „Acting in Concert“ bei der
Übernahme der Deutschen Postbank AG durch die Deutsche
Bank bereits 2008/2009? (damit deutliche höherer
Übernahmepreis, ca. EUR 57,-)
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13. Übernahme: Außenwirtschaftsrecht
• In Deutschland v.a. Investoren aus China (Kuka, Aixtron,
Biotest u.a.): Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die zu dessen
Umsetzung erlassenen Außenwirtschaftsverordnung (AWV), EU-
Regelungen zu "Dual-Use-Gütern"
• USA: CFIUS Committee on Foreign Investments
o Argument: nationale Sicherheit
o Aixtron-Übernahme gescheitert, aktuell: Freigabe bei Biotest (mit
Auflagen)
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14. Delisting
• Ziel meist: Aktie unattraktiv machen, die meisten Fonds müssen
aussteigen, häufig kombiniert mit Übernahme-/
Rückkaufsangebot
• in der Regel aber weiter Handel im Freiverkehr (Hamburg) bzw. im
„Telefonhandel“ (VEH Valora, Schnigge)
• Neuregelung ab 7. September 2015 durch § 39 Abs. 2 BörsG: „Der
Widerruf darf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen.“
(zuvor: seit 2002 Macroton-Rechtsprechung als Rechtsfortbildung
bis zur Frosta-Entscheidung 2013)
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15. Beherrschungs- und Gewinn-
abführungsvertrag (BuG)
• Schwelle: 75% der Stimmen
• Wahlmöglichkeit der Minderheitsaktionäre zwischen
einmaliger Barabfindung und jährlicher Ausgleichszahlung
(„Garantiedividende“)
• Annahmemöglichkeit bis zwei Monate nach Abschluss des
Spruchverfahrens
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16. Squeeze-out
• Aktienrechtlicher Squeeze-out: Schwelle bei 95%
• Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out (im Rahmen einer
konzernrechtlichen Verschmelzung): Schwelle bei 90%
• Übernahmerechtlicher Squeeze-out
• Sonderfall: Finanzmarktrechtlicher Squeeze-out bei der Hypo
Real Estate Holding AG
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17. Squeeze-out-Kandidaten
• „Endspielstudie“ der Solventis: „Endspiele haben ein
günstigeres Risikoprofil als Aktieninvestments mit vergleichbarer
Rendite.“ – Spekulation mit „Netz“
• Ausgangslage: geringer Streubesitz, häufig bereits
bestehender BuG
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19. Spruchverfahren: Recht & Praxis
Recht
• Gerichtsverfahren:
Verfahren der sog.
freiwilligen Gerichtsbarkeit
(FamFG): „Antragsteller“
und „Antragsgegner“
• Entscheidung durch Richter
• Verfassungsrechtliche
Vorgaben
Wirtschaft
• Unternehmensbewertung, in
der Regel durch
Wirtschaftsprüfer
• Bedeutung des IDW S1
(IDW = privater Verein)
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20. Spruchverfahren: Überprüfung der Angemessenheit
der Kompensation
• Gerichtliche Überprüfung von Abfindung bzw. Ausgleich oder
des Umtauschverhältnisses (Zuzahlung)
• Schätzung durch das Gericht: Bandbreite oder einzelner
Wert? Bagatellgrenze?
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21. Spruchverfahren: Prozessuale Besonderheiten
• Antragstellung innerhalb von drei Monaten ab
Bekanntmachung der Strukturmaßnahme, § 10 HGB
• Eingangsinstanz: Landgericht, häufig konzentriert für einen
OLG-Bezirk (z.B. LG München I für Südbayern)
• funktional: Kammer für Handelssachen (Vorsitzender Richter
mit zwei Handelsrichtern)
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22. Spruchverfahren: Prozessuale Besonderheiten
(Fortsetzung)
• Beschwerde zum OLG: Beschwerdeschrift (von Rechtsanwalt
unterschrieben)
• BGH entscheidet nur bei Vorlagebeschluss durch OLG oder
bei Zulassung der Rechtsbeschwerde
• Reformüberlegung aus Reihen der Großkanzleien: OLG als
Eingangsinstanz
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23. Spruchverfahren: Prozessuale Besonderheiten
(Fortsetzung 2)
• Regional z.T. uneinheitliche Rechtsprechung. Wichtige
Gerichte in München, Frankfurt, Stuttgart, Hamburg und Berlin.
• Abhängigkeit von Richter(persönlichkeiten)
• Problem: überlange Verfahrensdauer,
Spruchverfahren kein „verfahrenstechnisches Schnellboot“
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24. Rechtsgeprägte Unternehmensbewertung
• Prof. Karami: „Deutungshoheit des IDW“, IDW S1 faktisch als
„privates Gesetz“: Bewertung anhand des
Ertragswertverfahrens (idR CAPM-Tax)
• In der Regel Auftragsgutachten eines Wirtschaftsprüfers
• Plausibilisierung durch gerichtlich bestellten Prüfer (ebenfalls
Wirtschaftsprüfer), vom Hauptaktionär vorgeschlagen (3er-
Liste), vom Hauptaktionär bezahlt, Problem: „Parallelprüfung“
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25. Besonderheit: Gemeinsamer Vertreter
• Bestellung eines gemeinsamen Vertreters für die nicht
antragstellenden Minderheitsaktionäre/ausgeschlossenen
Aktionäre, § 6 SpruchG; Kostenerstattung auch bei nicht
erfolgreichem Spruchverfahren
• „Kastrierung“ durch die Stinnes-Entscheidung des BGH: kein
eigenes Beschwerderecht mehr
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27. Unternehmensbewertung: Parameter
• Ausgangslage: Planungen der Gesellschaft, häufig
modifiziert/“bereinigt“ durch Auftragsgutachter, Problem:
„Anlassplanung“
• In der Regel Detailplanungsphase (3, z.T. 5 Jahre), dann sog.
„Ewige Rente“ (Terminal Value) bei „eingeschwungenem
Zustand“ (steady state)
• Basiszinssatz: Mittelung über drei Monate zum Stichtag
(Hauptversammlung) nach der Svensson-Methode, Quelle u.a.:
http://www.basiszinskurve.de, Auf-/Abrundung?
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30. Fonds mit Schwerpunkt „Special
Situations“/Spruchverfahren
• Beispiele: GREIFF „special situations“,
KR Fonds
• Problem: Bewertung der
Nachbesserungsrechte
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31. Nachbesserungsrechte als
(neue) Anlageklasse?
- Problem: z.T. sehr langfristige Bindung
bei Spruchverfahren, Bedürfnis nach
Liquidität/Liquidierbarkeit
- Vorteil: hohe Verzinsung bei
Nachbesserung (5% über dem
Basiszinssatz)
- Unsicherheit: Erfolgsquote?,
Abhängigkeit von gerichtlicher
Entscheidung/Rechtsentwicklung
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32. Nachbesserungsrechte als Anlageklasse?
Situation in Österreich
• Automatisch eigene WKN
für Nachbesserungsrechte
(damit Handelbarkeit)
• Zahlreiche Kaufangebote
für Nachbesserungsrechte
Situation in Deutschland
• Keine WKN, keine
Handelbarkeit
• Kein funktionierender Markt:
Versuch
nachbesserungsrechte.de
gescheitert
• Historisch: FABERA-Zertifikat
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