1. Nr. 3 von 12
März 2012 · 94. Jahrgang
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Wirtschaftspolitisches Mitteilungsblatt
für die Mitglieder der AIHK
M I T T E I L U N G E N
Das Schweizer Berufsbildungssystem stärken
von Peter Lüscher, lic. iur., AIHK-Geschäftsleiter, Aarau
Unser Berufsbildungssystem ist ein Erfolgsmodell. International fehlt es ihm Berufsbildung
aber immer noch an der verdienten Anerkennung, weil es vielerorts zu wenig
bekannt ist. Das wirkt sich für Personen mit einem schweizerischen Berufsbil-
dungsabschluss auf dem internationalen Arbeitsmarkt negativ aus. Mit einem
nationalen Qualifikationsrahmen soll nun die Vergleichbarkeit über die Gren-
zen hinweg verbessert werden. Wir unterstützen die Stossrichtung dieses Vor-
habens.
Unsere Wirtschaft ist auf gut qualifizierte Fachkräfte Erfreulicherweise starten mehr als die Hälfte der Ab-
angewiesen. Die Bedarfsdeckung wird als Folge der gängerinnen und Abgänger der Volksschule mit der
demografischen Entwicklung schwieriger. Allein die Beruflichen Grundbildung in einem Lehrbetrieb und
Rekrutierung von Personen aus dem Ausland wird knapp ein Viertel wechselt in eine Mittelschule. So-
dafür künftig nicht ausreichen. Wir sind darauf an- mit treten rund 80 Prozent der Aargauer Jugendli-
gewiesen, den vorhandenen Bedarf soweit als mög- chen, welche die Volksschule verlassen, direkt in eine
lich im Inland zu decken. nachobligatorische Ausbildung über..
Grafik 1: Entwicklung der Eintritte in allgemeinbildende
Die Volksschule und die nachfolgende Ausbildung Schulen
auf der Sekundarstufe II schaffen dafür die Grundla-
1500 24%
ge. Insbesondere bei sinkenden Schülerzahlen ste-
22%
hen der allgemeinbildende und der Berufsbildungs- 1200
20%
weg in Konkurrenz zueinander. Aus Sicht der 900 18%
Wirtschaft braucht es beides. Die Mittelschulquote
600 16%
darf aber nicht beliebig ansteigen, weil sonst ein
14%
wichtiges Segment an Nachwuchs für die Berufsbil- 300
12%
dung fehlt.
0 10%
2008 2009 2010 2011
Die Befragungen zur Situation der Schulabgän- absolute Zahlen Anteil der Volksschulabgänger/-innen in %
Quelle: STEP I
gerinnen und -abgänger der Aargauer Volksschule
(STEP I) zeigen verschiedene interessante und Die Berufsbildung weist vielerorts ein geringeres Sozi-
zum Teil heikle Entwicklungen auf. Zwei davon alprestige auf als der akademische Bildungsweg. Ge-
scheinen uns besonders erwähnenswert, wie rade Eltern aus dem Ausland fassen für ihre Sprösslin-
die Grafiken 1 und 2 zeigen: 1. Die Quote der Mit- ge vielfach einzig den Besuch einer Mittelschule ins
telschuleintritte steigt an, 2. die Berufsbildung ist Auge. Dabei stehen engagierten Absolventen einer
männlich. Berufslehre mit der Berufsmaturität nahezu alle
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2. Grafik 2: Anschlusslösungen nach der Volksschule, nach Geschlecht 2011
Total der Schulabgänger/-innen 49% 51%
Allgemeinbildende Schulen 63% 37%
Berufliche Vollzeitschulen 34% 66%
Duale berufliche Grundbildung 42% 58%
Brückenangebot/Zwischenlösung 57% 43%
Praktikum/Erwerbstätigkeit 77% 23%
Ohne Anschlusslösung 39% 61%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Schülerinnen Schüler Quelle: STEP I
Bildungswege offen. Die höhere Berufsbildung ebnet rung (vgl. Kasten am Schluss dieses Beitrages). Sie ba-
den Weg in Kaderpositionen und steigert die Chan- siert auf dem schweizerischen Berufsbildungsgesetz.
cen auf dem Arbeitsmarkt markant.
Wie funktioniert das Vergleichssys-
Personen aus dem Ausland, insbesondere aus Län-
tem?
dern ohne duales Berufsbildungssystem, bekunden
häufig Mühe, unser System richtig einzuschätzen. Da Der NQR-CH ist ein aus acht Niveaus bestehender
Schweizer Berufsbildungsabschlüsse im Ausland we- Raster. Jeder Schweizer Berufsbildungsabschluss
nig bekannt sind, stossen Berufsbildungsabsolventin- wird einem dieser acht Niveaus zugeteilt. Für jedes
nen und -absolventen bei Bewerbungen im Ausland Niveau werden Kenntnisse, Fertigkeiten und Trans-
oftmals auf Schwierigkeiten. Arbeitgeber ohne ferkompetenzen analog umschrieben (vgl. Grafik 3).
Kenntnisse des Schweizer Berufsbildungssystems Dank der Referenzierung des NQR-CH zum bereits
können den Wert unserer Berufsbildungsabschlüsse bestehenden europäischen Qualifikationsrahmen für
zu wenig beurteilen und bevorzugen international lebenslanges Lernen (EQR) wird die Vergleichbarkeit
bekannte Hochschul- oder Weiterbildungstitel wie der Schweizer Berufsbildungsabschlüsse mit jenen
beispielsweise einen Bachelor oder Master. Dem anderer Länder hergestellt.
müssen wir entgegenwirken.
Der europäische Qualifikationsrahmen EQR dient als
Referenzinstrument, das den Vergleich und die Über-
Schweizer Berufsbildungsabschlüsse
setzung nationaler Qualifikationen von verschiedenen
international vergleichbar machen
Ländern ermöglicht. Der EQR bezieht sich auf die all-
Das lebenslange Lernen und die berufliche Mobilität gemeine, die Berufs- und die höhere berufliche und
sind heute Realität: Schweizer Fachkräfte erwerben akademische Bildung. Seine acht Referenzniveaus
Qualifikationen im Ausland, bewerben sich auf dem umfassen sämtliche Qualifikationen vom Ende der ob-
globalen Arbeitsmarkt, in der Schweiz ansässige ligatorischen Schulpflicht bis hin zu Qualifikationen,
multinationale Konzerne rekrutieren international. die auf der höchsten Stufe beruflicher oder akademi-
Was aber ist die Bedeutung einer Schweizer Qualifi- scher Aus- und Weiterbildung verliehen werden. In
kation im internationalen Vergleich? diesen Niveaus werden die erforderlichen Kenntnisse,
Fertigkeiten und Kompetenzen ergebnisorientiert be-
In der am 30. Juni 2010 verabschiedeten internatio- schrieben: Es zählt, was jemand kann, und nicht, wie
nalen Strategie der Schweiz im Bereich der Bildung, lange jemand welche Schule besucht hat.
Forschung und Innovation setzte sich der Bundesrat
zum Ziel, die gleichwertige gesellschaftliche Anerken- Um die nationalen Qualifikationen mit dem EQR zu
nung von allgemeinbildenden und berufsbezogenen verbinden und dadurch mit den Qualifikationen von
Bildungswegen zu fördern. Zu diesem Ziel sollen ein anderen Staaten vergleichen zu können, entwickeln
nationaler Qualifikationsrahmen (NQR-CH) und Dip- verschiedene Staaten nationale Qualifikationsrah-
lomzusätze für Berufsbildungsabschlüsse beitragen. men für lebenslanges Lernen (NQR). Ähnlich wie der
Die entsprechende Verordnung ist zurzeit in der Anhö- EQR bildet der NQR einen Raster, der aus verschiede-
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3. Grafik 3: NQR-CH-Raster
Kenntnisse Fertigkeiten Transferkompetenzen
N Wissen: Prozedurale Fertigkeiten: Berufliche Kompetenzen:
Über erweiterte Fach- In der Lage sein, Aufgaben in Durch berufliche Praxiserfahrung führen die auf
kenntnisse des Arbeits- einem Fachgebiet zu erkennen. diesem Niveau geforderten Kenntnisse und
oder Lernbereichs und Basierend auf den betrieblichen Fertigkeiten zur Sicherstellung des reibungslosen
I über Allgemeinbildung Vorgaben oder durch die Ablaufs der eigenen Arbeitsprozesse im Betrieb.
verfügen. Zudem fähig Anwendung bekannter Problem- Die Mitarbeit kann selbständig stattfinden.
sein, sich selbständig lösungsstrategien Aufgaben Routinearbeiten anderer Personen können
fachspezifische Kenntnisse umsetzen können. beaufsichtigt werden.
V zu erschliessen.
Verstehen: Sensomotorische Fähigkeiten: Personale Kompetenzen:
Zusammenhänge im Zur Lösung von ziemlich schwieri- Selbstkompetenzen: In der Lage sein, die
konkreten Arbeits- oder gen Aufgaben in vertrauten geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten in
E Lernkontext und/oder der Situationen aus einem Fachgebiet einem Fachgebiet grösstenteils selbständig
Branche sowie aus fachspezifische Hilfsmittel und anzuwenden. Innerhalb des Fachgebiets
thematisch verwandten Instrumente basierend auf den Verantwortung für klar definierte Aufgaben
Fachgebieten verstehen betrieblichen Vorgaben vorschrifts- übernehmen können und wechselnden An-
A und mit eigenen Worten gemäss oder mit Hilfe bekannter forderungen gerecht werden.
erklären können. Methoden und/oder Werkzeuge Sozialkompetenzen: In der Lage sein, das
anwenden können. Grundlegende Verhalten der Situation und den Bedürfnissen
Kommunikationsmittel anwenden der Mitmenschen anzupassen sowie Infor-
U können. mationen aus dem Fachgebiet mündlich und
schriftlich in angemessener Form zu kommuni-
zieren.
Führungskompetenzen: In der Lage sein,
4 Arbeitskräfte in einen konkreten Aufgabenbe-
reich das Arbeitskontextes einzuführen.
nen Niveaus besteht. Da der NQR das Bildungssys- Informationen zum jeweiligen Abschluss, welche Ar-
tem eines Landes spiegelt, gestaltet ihn jedes Land beitgebenden eine rasche und angemessene Ein-
individuell aus. So können sich die jeweiligen NQR schätzung der fachlichen Kompetenzen ermöglichen.
beispielsweise in der Anzahl der Niveaus oder in den
Beschreibungen der Kategorien unterscheiden. Absolventen der Schweizer Berufsbildung erhalten
damit einen Ausweis über ihre Fähigkeiten, welcher
Gemeinsam sorgen NQR und EQR für einen länderü- ihnen im Ausland dienlich sein wird.
bergreifenden Vergleich von Qualifikationen. Wenn
beispielsweise ein deutscher Arbeitgeber die Anstel-
lung einer Person mit schweizerischem Abschluss er- Bringen Sie Ihre Meinung ein!
wägt, soll der Vergleich Schweizer NQR – EQR – deut- Wir unterstützen die Stossrichtung der Vorlage.
scher NQR (DQR) aufzeigen, wozu die Person mit Während der Vernehmlassungsphase werden wir die
Schweizer Abschluss tatsächlich befähigt ist. Das Auswirkungen der vorgeschlagenen Bestimmungen in
funktioniert natürlich auch in Gegenrichtung. Gleich- der Praxis und ihre Verhältnismässigkeit im Detail
analysieren.
zeitig sollen diese Instrumente Arbeitnehmende darin
unterstützen, ihre durch einen Abschluss erworbenen Sie haben die Möglichkeit, uns Ihre Anliegen zu dieser
Vorlage bis am 17. April 2012 zu melden.
Qualifikationen für Arbeitgeber lesbar zu machen.
Auf unserer Webseite (www.aihk.ch/politik/vernehmlas-
Dieses System ist aufwendig, auf eine einfachere Art sungen) informieren wir neben diesem auch über alle
anderen laufenden Vernehmlassungsverfahren.
und Weise lässt sich aber wohl ein Vergleich zwischen
Interessierte können dort die Unterlagen bestellen. Die
den international sehr unterschiedlich ausgestalteten Geschäftsstelle freut sich über Ihre Rückmeldung und
Berufsabschlüssen kaum realisieren. Die Umsetzung nimmt Beurteilungen aus Firmensicht gerne in die
wird deshalb einige Zeit in Anspruch nehmen. Argumentation der AIHK auf.
Auf unserer Webseite finden Sie auch alle unsere
Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen von Bund und
Diplomzusatz als Ergänzung Kanton, die für die Wirtschaft relevant sind. Besonders
wichtige Geschäfte stellen wir zudem in unseren
Für jeden schweizerischen Berufsbildungsabschluss Mitteilungen vor.
wird zudem ein Diplomzusatz erstellt. Dieser enthält
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4. Sollen Stillpausen bezahlt werden?
von Philip Schneiter, lic. iur., Rechtsanwalt, juristischer Mitarbeiter der AIHK, Aarau
Arbeitsschutz- Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, das Mutterschutzübereinkommen zu
politik ratifizieren. Erforderlich sei nur noch eine geringfügige «Anpassung» des
schweizerischen Rechts. So soll gesetzlich verankert werden, dass Arbeitgeber
stillenden Müttern während der zum Stillen eingelegten Arbeitspausen den
Lohn fortzahlen müssen. Das Gesetzgebungsprojekt erweist sich jedoch als
fragwürdig. Es ignoriert namentlich die hohe Missbrauchsgefahr.
Im Rahmen der jährlichen Konferenz der Internatio- Nur noch eine «Anpassung» des
nalen Arbeitsorganisation (ILO) sind mittlerweile schweizerischen Rechts erforderlich
189 Übereinkommen abgeschlossen worden. Die
Übereinkommen möchten Mindeststandards für Natürlich hat der Bundesrat erkannt, dass die
die Ausgestaltung des Arbeits- und Sozialversiche- Schweiz den sozialen Fortschritt, den das Mutter-
rungsrechts der Mitgliedstaaten der ILO setzen. Die schutzübereinkommen seinen Ratifikationsstaaten
Standards beziehen sich auf die Zwangsarbeit, die abverlangt, noch nicht ganz vollzogen hat. Aber die-
Kinderarbeit, die Höchstarbeitszeit, die Nachtar- ses Hindernis liesse sich ohne weiteres aus dem Weg
beit, die Koalitionsfreiheit, die Arbeitnehmervertre- räumen. Nach einer geringfügigen «Anpassung»
tung im Betrieb, den Mindestlohn, die Ferien, aber des schweizerischen Rechts könnte sich die Schweiz
auch auf die Hafenarbeit oder die Plantagenarbeit. – endlich – in die Reihe der 22 Staaten stellen, die
Nach Abschluss eines Übereinkommens sind die das Mutterschutzübereinkommen bisher ratifiziert
Mitgliedstaaten der ILO verpflichtet, über die Ratifi- haben.
zierung des Übereinkommens zu befinden. Die
Schweiz ist zurzeit an 48 der 189 Übereinkommen Das Mutterschutzübereinkommen sieht insbeson-
gebunden. dere vor, dass die Ratifikationsstaaten die Arbeitge-
ber dazu verpflichten, (brust-)stillenden Müttern
während der zum Stillen eingelegten Arbeitspausen
Bevorstehende Ratifikation des
den Lohn fortzuzahlen. Das schweizerische Arbeits-
Mutterschutzübereinkommens
gesetz sieht zwar vor, dass stillenden Müttern die
Am 15. Juni 2000 hat die Konferenz der ILO das zum Stillen erforderlichen Arbeitspausen gewährt
Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz ab- werden müssen. Das schweizerische Arbeitsgesetz
geschlossen. Noch am 15. Juni 2001 hat sich der und die Verordnungen zum Arbeitsgesetz enthalten
Bundesrat dafür ausgesprochen, das Mutterschutzü- aber keine Bestimmung, welche die Bezahlung von
bereinkommen nicht zu ratifizieren. Ausschlagge- Stillpausen vorsieht. Der Bundesrat schlägt deshalb
bend war damals der Umstand, dass das Mutter- eine entsprechende Änderung der Verordnung 1
schutzübereinkommen einen 14wöchigen bezahlten zum Arbeitsgesetz vor. Wie die neue Bestimmung
Mutterschaftsurlaub vorsieht, die Schweiz im Jahr genau lauten soll, ist derzeit allerdings noch nicht
2001 aber noch nicht über eine obligatorische Mut- bekannt.
terschaftsversicherung verfügte.
Rückgriff auf ein Scheinargument
Seit dem 1. Juli 2005 existiert in der Schweiz eine
obligatorische Mutterschaftsversicherung. Das ist In der Sache rechtfertigt der Bundesrat die vorgese-
für den Bundesrat offenbar Grund genug, um hene Änderung der Verordnung 1 zum Arbeitsge-
dem Parlament jüngst die Ratifizierung des Mut- setz damit, dass eine bestehende Rechtsunsicherheit
terschutzübereinkommens zu empfehlen. Denn beseitigt würde. Es sei zwar klar, dass das geltende
dank der Mutterschaftsversicherung erfülle die Arbeitsgesetz und die Verordnungen zum Arbeitsge-
Schweiz die Anforderungen, die das Mutter- setz keine Lohnfortzahlung während Stillpausen vor-
schutzübereinkommen an die Rechtsordnungen sähen; es sei aber unklar, ob das geltende Obligatio-
der Ratifikationsstaaten stelle, mittlerweile – fast nenrecht eine Lohnfortzahlung während Stillpausen
– vollständig. vorsehe.
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5. Woraus der Bundesrat darauf schliesst, dass eine mer angesichts des Stresses in der heutigen
Rechtsunsicherheit besteht, bleibt offen. Es ist zwar Arbeitswelt an ihre Leistungsgrenzen gestossen
richtig, dass bis heute kein Gerichtsurteil bekannt seien. Aus Sicht der Aargauischen Industrie- und
geworden ist, in dem die Frage der Bezahlung von Handelskammer ergibt sich aus all dem die Not-
Stillpausen entschieden wird. Dass die Gerichte nicht wendigkeit, Gesetzgebungsprojekte, mit denen
angerufen werden, um diese Frage zu klären, weist der Sozialstaat ausgebaut werden soll, in Zukunft
aber auch darauf hin, dass die Rechtsunsicherheit noch stärker unter die Lupe zu nehmen als in der
jedenfalls nicht unerträglich ist. Im Übrigen erweist Vergangenheit.
sich die Argumentation mit der Rechtssicherheit bei
näherer Betrachtung als blosses Scheinargument.
Das Missbrauchsargument
Rechtssicherheit liesse sich nämlich ebenso gut da-
durch herstellen, dass die Bezahlung der Stillpausen Mit jedem Ausbau des Sozialstaats werden Proble-
– beispielsweise im Obligationenrecht – ausdrücklich me nicht nur gelöst, sondern auch geschaffen. In
verneint wird. der letzten Zeit hat sich vor allem gezeigt, dass mit
dem Ausbau des Sozialstaats die Gefahr des Miss-
brauchs paradoxerweise nicht ab-, sondern zu-
Erforderlichkeit eines politischen
nimmt. Die Erkenntnis, dass Missbrauchsgefahr be-
Diskurses
steht, kann gewiss nicht zur Einstellung jedes
Es gibt keinen in der Natur der Sache liegenden Gesetzgebungsprojekts führen. Wo die Überprü-
Grund dafür, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, ir- fung, ob ein gesetzlich eingeräumter Anspruch zu
gendwelche Leistungen bei Mutterschaft zu erbrin- Recht oder zu Unrecht erhoben wird, ganz einfach
gen. Das nahe liegende Argument, dass die vom nicht möglich ist, sollte im Zweifelsfall jedoch darauf
Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmerinnen stets verzichtet werden, den betreffenden Anspruch ge-
Menschen seien und rund die Hälfte der Menschen setzlich zu verankern.
nun einmal gebäre, ist jedenfalls untauglich, zumal
es schlicht nicht erkennen lässt, wo die Grenze der Gerade diese Erkenntnis kann nur dazu führen, auf
Verantwortung des Arbeitgebers für seine gebären- die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung der
den Arbeitnehmerinnen liegt. Das schliesst es natür- Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz zu verzichten.
lich nicht aus, den Arbeitgeber dennoch zu be- Dem Anspruch auf Lohnfortzahlung während Still-
stimmten Leistungen bei Mutterschaft zu pausen ist eine Missbrauchsgefahr nämlich gerade-
verpflichten. Die Leistungspflicht des Arbeitgebers zu inhärent. Woher soll der Arbeitgeber denn wis-
muss dann aber allein mit politischen Gründen ge- sen, wann ein gestilltes Kind entwöhnt ist? Und wie
rechtfertigt werden. soll der Arbeitgeber überprüfen, ob das Kind über-
haupt gestillt wird oder stattdessen mit der Flasche
Die Überzeugungskraft politischer Argumente ernährt wird?
zeigt sich immer erst im Diskurs. Dass dem Arbeit-
geber im Laufe der Zeit immer neue Leistungs-
Erwartungen an den Bundesrat
pflichten auferlegt worden sind – sei es bei Mutter-
schaft oder in anderen Lebenslagen –, ist in der Blosse Scheinargumente können im heutigen wirt-
Vergangenheit fast stereotyp damit gerechtfertigt schaftlichen Umfeld nicht mehr genügen, um eine
worden, dass die Arbeitnehmerschaft durch Stei- Gesetzesänderung zu begründen. Wir können es
gerung der Arbeitsintensität einen wesentlichen uns schlicht nicht mehr leisten, den Sozialstaat lau-
Beitrag zur Erhöhung der Produktivität der Wirt- fend auszubauen, ohne dass sich die Argumente, die
schaft leiste. Ihr stünde deshalb ein Teil des Unter- für den Ausbau sprechen, im Diskurs bewährt ha-
nehmensgewinns zu, und zwar in Form neuer ge- ben. Die Aargauische Industrie- und Handelskammer
setzlicher Ansprüche gegen den Arbeitgeber. Diese erwartet, dass sich der Bundesrat zumindest mit den
Rechtfertigung trägt heute aber immer weniger: Vor- und Nachteilen einer ins Auge gefassten Geset-
Am 11. März 2012 haben Volk und Stände darüber zesänderung intensiv auseinander setzt, bevor ein
abgestimmt, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeit- weiterer Ausbau des Sozialstaats befürwortet wird.
nehmer Anspruch auf sechs Wochen Ferien pro Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung der
Jahr haben sollen. Von den Initianten ist die Volks- Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz lehnen wir deshalb
initiative im Wesentlichen damit begründet wor- – wie die Ratifikation des Mutterschutzübereinkom-
den, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mens – ab.
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6. Kantonales Energiegesetz bleibt unter
Beobachtung
von Jan Krejci, lic. iur., juristischer Mitarbeiter der AIHK, Aarau
Energiepolitik Nach mehrjähriger Arbeit und zahlreichen Beratungsstunden ist das kantonale
Energiegesetz im Ziel. Der Grosse Rat hat die Gesetzesvorlage im Januar verab-
schiedet. Dabei wird das Parlament wie in keinem anderen Kanton in die Pflicht
genommen. Ein Behördenreferendum kam knapp nicht zustande. Das ehemals
wettbewerbsverzerrende Gesetz wurde verbessert und bürokratische Regelungen
wurden gemildert. Die AIHK hat sich dabei unermüdlich für ein wettbewerbsneut-
rales Energiegesetz eingesetzt und wird die weitere Umsetzung kritisch begleiten.
Klimaerwärmung, technischer Fortschritt, Muster- enthält viele Fortschritte und einschneidende Mass-
vorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) nahmen.
sowie zahlreiche Gesetzesänderungen auf Bundes-
ebene hatten den Regierungsrat veranlasst, dem
Zahlreiche Verschärfungen
Grossen Rat Ende 2009 den Entwurf eines überar-
beiteten Energiegesetzes vorzulegen. Der damalige So führt der Kanton Aargau den von den MuKEn
Entwurf sah unter anderem einen obligatorischen vorgeschlagenen Gebäudeenergieausweis ein. Der
«Qualitätsnachweis» für neue und umgebaute Ge- Ausweis wird über die energetische Qualität eines
bäude vor. Dieser hätte die energietechnische Quali- Wohngebäudes Auskunft geben. Gebäudeeigentü-
tät von Gebäuden und die hohe Energieeffizienz von mer können mit diesem Dokument beispielsweise
haustechnischen Anlagen gewährleisten sollen – no- die von ihnen getätigten energetischen Renovatio-
tabene auf Kosten der Gebäudeeigentümer. Statt nen nachweisen, was ihnen beim Verkauf oder Ver-
Energie zu sparen, hätte das vorgeschlagene Gesetz mieten der Liegenschaft behilflich sein wird.
die Bürokratie aufgebläht.
Neu dürfen künftig Heizungen mit fossilen Brenn-
Im Weiteren war ein «Atomrappen» angedacht. stoffen in der Regel nur noch eingebaut werden,
Grössere thermische Kraftwerke, die aus nicht er- wenn keine effizientere Heizmöglichkeit mit gerin-
neuerbaren Energien Strom produzieren, hätten eine gerem CO2-Ausstoss zur Verfügung steht. Besteht
zweckgebundene Abgabe von bis zu einem Rappen eine Alternative, muss diese wirtschaftlich tragbar
pro Kilowattstunde leisten müssen. Die Standortab- sein. Bei dieser Beurteilung werden die Anschaf-
gabe hätte Strom von aargauischen Kernkraftwer- fungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten über die Le-
ken belastet und zu einer Erhöhung der Energieko- bensdauer der Investition betrachtet. Bestehende
sten geführt. Diese und weitere den Aargau als Öl- und Gasheizanlagen dürfen zwar auch in Zu-
Produktionsstandort verschlechternden Normen, kunft durch eine gleichartige Anlage ersetzt werden.
wurden im Laufe des Gesetzgebungsprozesses fallen Die neue Heizanlage muss aber dem neusten Stand
gelassen. Die AIHK hat sich stets für ein wettbe- der Technik entsprechen.
werbsneutrales Energiegesetz zum Wohle der aar-
gauischen Wirtschaft eingesetzt. Das nun vorliegen- Dagegen werden neue fest installierte Elektrohei-
de Gesetz kann die AIHK grundsätzlich unterstützen. zungen verboten. Ausgenommen von diesem Ver-
bot sind nur Komfort- oder Notheizungen in be-
Eine Koalition aus Vertretern von SP, Grünliberalen grenztem Umfang sowie Heizungen für Gebäude,
und SVP wollte dagegen das Behördenreferendum die nicht regelmässig oder nur speziell genutzt wer-
ergreifen. Dieser Versuch scheiterte an einer einzi- den oder einen tiefen Heizungsbedarf aufweisen.
gen Stimme aber hauchdünn. Die Grünen machten Das Verbot zielt gegen die schlechte Energienutzung
nicht mit. Sie sehen im neuen Gesetz zwar eine «ver- von Elektroheizungen. Eine Wärmepumpe benötigt
passte Chance», finden es aber besser als nichts. heute gegenüber einer Elektroheizung bis zu viermal
Dagegen findet die SP, dass der Aargau mit diesem weniger Elektrizität.
Gesetz die Zukunft «verpennt» und spricht vom
«wohl schlechtesten Energiegesetz der Schweiz». Verschärfte Regeln gelten auch für neue Heizungen
Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Revision im Freien. So müssen diese entweder mit erneuerba-
26
7. rer Energie oder aber mit Abwärme betrieben wer- willigung eine Abgeltung vereinbaren. Die Abgel-
den. Bei einem Ersatz oder einem Umbau müssen tung ist auf eine angemessene und für den Betrieb
diesen Anforderungen auch bestehende Heizungen wirtschaftlich tragbare Höhe begrenzt. Entschädi-
genügen. Die Bestimmungen betreffen insbesonde- gungen werden in vielen Gemeinden zwar bereits
re Terrassen, Sitzplätze oder Rampen. Mobile Hei- heute vereinbart. Neu bildet das Energiegesetz aber
zungen im Freien wie Heizpilze oder Heizstrahler die gesetzliche Grundlage für diese Praxis. Treffen
bleiben zwar zulässig, aber nur für kurz befristete kann die Regelung Windparks, Kehrichtverbren-
Einsätze. nungsanlagen, freistehende Solaranlagen oder gros-
se Wärmekraftkopplungsanlagen.
Grossverbraucher, also Endverbraucher mit einem
Wärmeverbrauch von mehr als 5 GWh oder einem
Kantonale Klimapolitik?
Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0,5 GWh pro
Jahr und pro Verbrauchsstätte, werden im Weiteren Die wohl weitreichendste Neuerung betrifft die kan-
zum Energiesparen verknurrt. Sie können von der tonale Energieplanung und deren Zielsetzungen. Vor
zuständigen Behörde verpflichtet werden, ihren der ersten Lesung im Grossen Rat enthielt der Geset-
Energieverbrauch zu untersuchen, zu bewerten und zesentwurf ursprünglich starre Reduktionsziele. Der
zumutbare Massnahmen zur Optimierung des Ener- Regierungsrat wollte eine selbständige Klimapolitik
gieverbrauchs zu treffen. Massnahmen sind dann betreiben. So hätte im Aargau der jährliche CO2-
zumutbar, wenn sie dem Stand der Technik entspre- Ausstoss pro Einwohner bis ins Jahr 2035 von durch-
chen, wirtschaftlich tragbar sind und keine massge- schnittlich 5’400 kg auf maximal 3’500 kg sinken
blichen betrieblichen Nachteile verursachen. Mit die- sollen. Gleichzeitig wollte der Regierungsrat den
ser Regelung gehört der Kanton Aargau im Leistungsbedarf der Aargauer von heute 6’300 Watt
interkantonalen Vergleich zu den Vorreitern. auf maximal 4’500 Watt senken.
Das neue Gesetz gibt den Gemeinden ausserdem die Davon wollte das Parlament aber nichts wissen und
Kompetenz, in ihren Nutzungsplänen in Bezug auf strich den Paragraphen ersatzlos – zum Leidwesen
die Energieeffizenz strengere energetische Anforde- von Sozialdemokraten und Grünen, die den Aargau
rungen an Gebäude mit Wohn-, Dienstleistungs- und am liebsten in eine 2000-Watt-Gesellschaft umbau-
Mischnutzungen festzulegen, als dies das kantonale en würden. Ein entsprechender Antrag von Hansjörg
Energiegesetz verlangt. Damit können Energiestädte Wittwer (Grüne, Aarau) wurde aber zu Recht klar
und -gemeinden in ihren Umweltschutzbemühungen abgelehnt. Stichhaltiges Argument: mit dem Gesetz
weiter gehen, als vom Kanton vorgegeben. Sie kön- müsse vordringlich der Ressourcenverbrauch und die
nen in ihren Nutzungsplänen gar vorsehen, dass Umweltbelastung reduziert werden, statt in abseh-
Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer ver- barer Zeit nicht realisierbare Ziele festzuchreiben. Vi-
pflichtet werden, ihre Heizungsanlage an ein öffentli- sionen gehören nicht in ein Gesetz.
ches Leistungsnetz für Fernwärme, das Abwärme
oder erneuerbare Energien nutzt, anzuschliessen.
«2000-Watt-Gesellschaft»
Die 2000-Watt-Gesellschaft ist eine Vision, die vor zehn
Programm «Energiestadt» Jahren von der ETH entwickelt wurde. Gemäss dem
Modell sollte der Energiebedarf jedes Erdbewohners
«Energiestadt» ist ein Label von EnergieSchweiz und
einer durchschnittlichen Leistung von 2000 Watt
zeichnet Gemeinden für das Vorleben und Umsetzen
entsprechen. Heute beansprucht ein Einwohner in der
einer nachhaltigen kommunalen Energiepolitik aus.
Schweiz rund 6000 Watt, also das Dreifache. Der
Voraussetzung ist, dass die «Energiestadt» erneuerbare
Wandel bedingt eine rigorose Anpassung der Infrastruk-
Energien und umweltverträgliche Mobilität fördert und
tur und eine grundlegende Veränderung unserer
auf eine effiziente Nutzung der Ressourcen setzt. Mit 87
Lebensweise. Gemäss den Fachleuten der ETH sei eine
Massnahmen können die Gemeinden in den Bereichen
2000-Watt-Gesellschaft aber langfrist (100 Jahre) ohne
Raumordnung, kommunale Gebäude und Anlagen,
Komforteinbusse möglich.
Versorgung und Entsorgung, Mobilität sowie interne
Organisation und Kommunikation ihre Energie- und
Umweltbilanz verbessern.
Aargau ist keine Insel!
(Info: www.engergiestadt.ch)
Eigene Reduktionsziele für den Kanton Aargau wä-
ren zwar löblich gewesen, würden beim globalen
Zudem können Standortgemeinden von Energieer- Klimaproblem aber kaum Wirkung zeigen. Sie hät-
zeugungsanlagen mit den Inhabern der Betriebsbe- ten aber für den Kanton eine verheerende Wirkung
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8. gehabt: Unternehmen hätten ihre Produktion in be- derer Kantone hinausgingen. Auch die AIHK ist
nachbarte Kantone, die eine weniger rigide Klima- davon überzeugt, dass das aargauische Parlament die
politik verfolgten, verlagert. Damit wären Arbeits- lokale Wirtschaft in ihrer Entwicklung nicht beein-
plätze weggefallen und es wäre zu Steuerausfällen trächtigen will. Das tragische Ereignis rund um das
gekommen. Kernkraftwerk Fukushima Daiichi in Japan hat aller-
dings gezeigt, wie bedenklich schnell Überzeugun-
Die Verwaltung reagierte auf die Streichung und gen und Ansichten im Energiebereich gekippt wer-
schlug vor, «der Grosse Rat legt mittelfristige Ziele den. Deshalb lehnte die AIHK auch den neuerlichen
und Zielpfade fest, in Anlehnung an die Vorgaben Versuchs eines möglichen kantonalen Alleingangs
des Bundes, an nationale Normen sowie an nationa- ab. Schliesslich wollte dies auch der Grosse Rat nicht
le und internationale Vereinbarungen». Diese wer- und verabschiedete fast einstimmig (110:3) einen Zu-
den vom Regierungsrat in einer Energieplanung für satz: «Die Ziele und Zielpfade sollen die Innovations-
jeweils die nächsten zehn Jahre vorgeschlagen. und Wettbewerbsfähigkeit des Kantons stärken.»
Was man damit erreichen wollte, konnten die Gross- Dieser Zusatz kann ebenfalls unterschiedlich interpre-
räte in der Botschaft nachlesen. «Für den Regie- tiert werden. Schliesslich kann eine Industrie, die we-
rungsrat steht eindeutig fest, dass – unabhängig niger Energie (fossile Brennstoffe, Strom) verbraucht
davon, dass die langfristigen Zielwerte nicht im Ge- langfristig wettbewerbsfähiger sein, vorausgesetzt es
setz aufgeführt sind – bis in etwa 2035 zur Redukti- gibt sie dann überhaupt noch… So könnte dieser Zu-
on des Energieverbrauchs ein Richtwert von 4’500 satz dahingehend ausgelegt werden, dass CO2-Ziele
Watt sowie für den CO2-Ausstoss ein Richtwert von und Energieeffizienz-Ziele strenger als im interkanto-
3’500 kg pro Person und Jahr angestrebt werden nalen Durchschnitt sein müssten, um etwas zu bewir-
muss. Dies ist notwendig, um die Klima- und Ener- ken. So würden sie aber auch die Wettbewerbsfähig-
gieprobleme der Zukunft lösen zu können. Aus heu- keit des Kantons beeinflussen. Dies war aber nicht
tiger Sicht kann nur auf diesem Weg die Klimaerwär- die Absicht des Grossen Rats. Den Gesetzesmateriali-
mung bis 2050 auf 2 Grad gehalten werden en ist nämlich zu entnehmen, dass «die energeti-
(Grundlage Energie Trialog Schweiz).» Deshalb solle schen Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit des
der Grosse Rat auf Antrag des Regierungsrats Ziele Kantons und seiner Wirtschaft nicht negativ beein-
und Zielpfade für eine mittelfristige und überblickba- flussen dürfen» und kein interkantonaler Wettbe-
re Zeitperiode von 10 bis 15 Jahren festsetzen. Der werbsnachteil für die Wirtschaft entstehen darf.
Regierungsrat hegte dabei die Hoffnung, «dass der
Grosse Rat die Ziele und Zielpfade so festlegt, dass
Wille des Gesetzgebers respektie-
die Wettbewerbsfähigkeit der Aargauer Unterneh-
ren!
mer gegenüber den Konkurrenten in anderen Kan-
tonen nicht verschlechtert wird.» Kein anderes kantonales Energiegesetz kennt eine
ähnlich weitreichende Kompetenz des Parlaments,
Der Regierungsrat ist überzeugt, dass nur mit einer sich eigene kantonale Zielsetzungen in der Energie-
drastischen Reduktion des Energieverbrauchs und und Klimapolitik zu geben. Umso mehr hat sich der
des CO2-Ausstosses das Ziel einer durchschnittlichen Regierungsrat bei seiner Energieplanung an die ge-
Erderwärmung von maximal 2 Grad erreichbar ist. setzliche Verpflichtung zu halten und den Willen des
Immer mehr Fachleute zweifeln allerdings daran, Gesetzgebers zu respektieren! Die AIHK wird die
dass dieses Ziel noch erreicht werden kann. Zumin- weitere Umsetzung des Energiegesetzes auf Verord-
dest werden die notwendigen internationalen Mass- nungsstufe und bei der Energieplanung eng und kri-
nahmen laufend verzögert. Diverse Länder wollen tisch begleiten.
nach wie vor nichts von griffigen Massnahmen zum
Klimaschutz wissen und stellen kurzfristige Partikula-
rinteressen über das globale Gemeinwohl. E-Mitteilungen
Möchten Sie die AIHK-Mitteilungen in elektro-
nischer Form erhalten? – Wir stellen Ihnen diese auf
Wettbewerbsverzerrung entschärft
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Trotz diesen entmutigenden internationalen Rah- Bitte benutzen Sie für die Anmeldung das Web-Formu-
lar unter www.aihk.ch/
menbedingungen hätte der Grosse Rat die Kompe- publikationen/e-mitteilungen-abonnement
tenz, Zielvorgaben festzulegen, die gar über jene an-
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