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Architektur 
149 1–4
Für die größte niederländische Privatsammlung zeitge-
nössischer Kunst hat Dirk Jan Postel von Kraaijvanger
Architects ein Museum entworfen, das in einem weit-
läufigen Landschaftspark steht. Über dem Grundriss
aus sechs markanten Scheiben schwebt ein auskra-
gendes Stahldach. In die Dachkonstruktion sind 115000
Röhren integriert, die diagonal angeschnitten sind und
soTageslicht gezielt in die Ausstellungsräume lenken.
LED-Uplights ergänzen bei Bedarf den Lichteinfall.
Licht und Weite
Wiesen, Park, Wald und Dünen prägen das weitläufige
Areal von Voorlinden vor denToren Den Haags. Wenn
man sich dem Gelände über die lange Allee nähert, fällt
zunächst das neogotische Herrenhaus aus dem Jahr 1912
ins Auge, für das der Landschaftspark einst neu angelegt
worden ist. Der Weg führt an dem massiv gemauerten
Anwesen vorbei und lenkt den Blick auf den Neubau.
Sechs lange mit hellem Naturstein verkleidete Mauer-
scheiben liegen in der Landschaft und bilden Räume für
die Kunst, die sich weit zur Natur öffnen. Über allem
schwebt ein filigranes, helles Stahldach, das sich schüt-
zend über die Räume legt. „Wir wollten kein Museum als
‚Ikone‘ schaffen, sondern einen Ort, der nur der Kunst
dient“, erklärt Architekt Dirk Jan Postel vom Büro Kraaij-
vanger Architects aus Rotterdam. Das Prinzip der Schei-
ben habe er bereits bei anderen Projekten angewandt,
wie z.B. beim Museum Kranenburgh im holländischen
Museum Voorlinden,
Wassenaar/NL
Dirk Jan Postel (geb. 1957
in Bussum) hat an der
technischen Universität Delft
Architektur studiert.
Er hat zahlreiche Projekte in
den Niederlanden und im
Ausland realisiert, u.a. das
Rathaus in ’s-Hertogenbosch
und die holländische Bot-
schaft in Peking. Nachhal-
tiges Bauen ist ein wesent-
licher Schwerpunkt seiner
Entwürfe sowieTransparenz
und das Schaffen von Raum-
und Sichtbeziehungen.
Seine Bauten sind mehrfach
international ausgezeichnet.
Postel ist seit 1992 Partner
bei Kraaijvanger Architects.
Foto:©RobNiemantsverdriet
Buurtweg
Lageplan, M 1 :11 500
DBZ 3 | 2018    DBZ.de
 
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Bergen oder bei der holländischen Botschaft in Peking. „Über die
Botschaft in Peking und den Bürgermeister von Rotterdam ist der
Kontakt zum Bauherren entstanden“, beschreibt Postel die Genese
des Projekts. „Er ist Gründer eines weltweit führenden Chemieunter-
nehmens in Rotterdam und sammelt leidenschaftlich zeitgenössische
Kunst. Zunächst planten wir einen Ort für seine Kunstsammlung auf
dem Gelände seines Privathauses. Als er 2011 das Anwesen Voorlin-
den von der niederländischen Postgesellschaft erwerben konnte, die
es zuletzt alsTrainingszentrum für ihre Mitarbeiter genutzt hatte, fin-
gen wir noch einmal mit einem neuen Entwurf für das Museum an“,
fährt der Planer fort.
Klares Konzept für die Kunst
Das Raumprogramm besteht aus Galerieräumen für die private
Sammlung, aus Räumen für Wechselausstellungen und aus der  
Dauerausstellung von InSitu-Objekten, zu denen u. a. die großforma-
tige Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra zählt. Außerdem gibt
es ein Skyspace des Lichtkünstlers JamesTurrel. Dazu kommen ein
Auditorium, eine Bibliothek sowie der Museumsshop und Service-
räume. Die parallel angeordneten Scheiben stehen in einem Abstand
von 8m zueinander und gliedern die Galerieräume zu je einem Drit-
tel in die verschiedenen Bereiche. An den Stirnseiten eröffnen sie
großzügige Blicke zum Herrenhaus und in die Landschaft. Die Besu-
cher betreten das Museum von der Seite im Nordwesten. Vom Foyer
schauen sie geradewegs durch das Museum in die Landschaft und
zugleich nach rechts und links in die Ausstellungsräume. Neben dem
Foyer befinden sich auf der einen Seite der Museumsshop, auf der
anderen die Bibliothek sowie die Garderoben und Serviceräume. Hel-
le weiße Wände, lichte Decken und warme Holztöne prägen die Gale-
rieräume. „Was uns besonders wichtig war, ist, dass wir keinerlei
Technik zeigen wollten. Das war eine große planerische Herausforde-
rung“, betont Dirk Jan Postel. „Ein Beispiel: Wir haben die Schilder für
die Notausgänge unter Putz gelegt. Sie leuchten erst im Notfall auf
und scheinen dann durch den Putz.“
Foto:ChristianRichters
Architektur | Museum Voorlinden Wassenaar/NL
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Licht undTechnik
„Zusammen mit den Ingenieuren von Arup haben wir das Lichtkon-
zept entwickelt“, fährt der Architekt fort. „In die Stahlkonstruktion des
Daches sind 115000 Röhren integriert, die in einem Winkel diagonal
angeschnitten sind und so 20 % desTageslichts in die Räume lenken.
Wir haben uns bewusst für das südlich einfallendeTageslicht ent-
schieden, weil es lebendiger wirkt, ähnlich wie in privaten Räumen.
Schließlich handelt es sich hier um eine Privatsammlung.“ Unter die-
semTeil des Daches, der dasTageslicht filtert, befindet sich der ei-
gentliche Klimaabschluss in Form von flach geneigten Glasdachflä-
chen. In die Längspfosten dieser Glasdächer sind kleine LED-Uplights
integriert, die das weiß lackierte Stahldach bei Bedarf zusätzlich an-
strahlen und so den Lichteinfall verstärken. Dadurch, dass diese
Leuchten außerhalb der Fassade liegen, tragen sie nicht zum Wärme-
bedarf im Museum bei. So konnten die Planer den Energiebedarf
und die Kühllasten erheblich reduzieren. In den Lichtdecken der Pri-
vatsammlung und der Wechselausstellung tragen helleTextilmem-
branen dazu bei, dass das Licht noch gleichmäßiger gestreut wird.
Die Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra war in sechs Segmente zer-
teilt und wurde vor Ort im Museum zusammengeschweißt. Darüber ist die
Dachkonstruktion mit den lichtlenkenden Stahlröhren zu sehen
Foto:RonaldTilleman
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Grundriss M 1 :1 250
Vom Eingang blicken die Besucher geradewegs durch das Museum in das
Grüne. In den Ausstellungsräumen rechts und links sind die Decken mit
transluzenten Textilmembranen (Velum) abgehängt, die das Licht streuen
Foto:RonaldTilleman
Open Ended
Dort, wo die großen Dauerexponate stehen, fällt das Licht direkt
durch die Röhren in die Galerieräume. Besonders spektakulär ist die
Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra, für die ein eigener Raum
geschaffen wurde. Sie ist wie ein Labyrinth aus Corten-Stahl, das
220t wiegt. Eng und bedrohlich wirkt sie beim Durchschreiten und
macht bewusst, wie klein der Mensch ist. Aber wie bei einem histo-
rischen Labyrinth folgt eine Auflösung: „In barocken Gärten gelangt
man am Ende oft auf einen Hochpunkt, von dem man das Labyrinth
von oben betrachten kann“, erinnert sich Dirk Jan Postel. „Das wollte
ich hier auch umsetzen, indem die Besucher nach dem Durchschrei-
ten der Skulptur eine – hinter einer Wandscheibe versteckte –Treppe
entdecken. Geht man diese empor, landet man auf einer Galerie,
von der der Blick über die Skulptur hinweg bis in die Landschaft
schweift.“ Die Überraschung ist gelungen: Blickt man von der Galerie
direkt nach oben, fällt der Blick in die Dachkonstruktion mit den vie-
len, schräg abgeschnittenen Röhren – die Konstruktion als „Licht-
Skulptur“. Susanne Kreykenbohm, Hannover
1 Eingang
2 Museumsshop
3 Bibliothek
4 Sammlung
5 Wechselausstellung
6 Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra
7 „Skyspace“ von JamesTurrel
8 Auditorium
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Der lang gestreckte Neubau mit dem
markanten Stahldach öffnet sich mit
großzügigen Glasflächen zum Land-
schaftspark und bietet so spannende
Ein- und Ausblicke
Foto:RonaldTilleman
Detail Lichtlenkung, M 1 :200
Baudaten
Objekt: Museum Voorlinden
Standort: Buurtweg 90,
2244 AG Wassenaar/NL
Typologie: Museum
Bauherr: Stichting Museum Voorlinden,
Wassenaar, www.voorlinden.nl
Nutzer: Museum Voorlinden,
Wassenaar, www.voorlinden.nl
Architekt: Kraaijvanger Architects,
Rotterdam, www.kraaijvanger.nl
Projektarchitekt: Dirk Jan Postel
Mitarbeiter (Team): Annemiek Bleu-
mink, Hashmat Fagirzada, Rinske
Wikkerink, Bart van der Werf, Laurence
Meulman, Patrick Keijzer
Bauleitung: Caldic Collectie,
www.caldic.com
Generalunternehmer: Cordeel Neder-
land BV, Zwijndrecht, www.cordeel.nl
Bauzeit: 2013-2016
Fachplaner
Tragwerksplaner:
Pieters Bouwtechniek, Delft/NL
www.pietersbouwtechniek.nl
TGA-Planer: ARUP, Amsterdam,
www.arup.com
Fassadentechniker: TGMTechnisch
Gevelbouw Management BV, Asten/NL
www.tgm.nl
Glasfronten und Glasdach:
AGC Glass Nederland BV,Tiel/NL
www.agcnederland.nl
Lichtplaner: ARUP, Amsterdam/NL
www.arup.com
Innenarchitekt (Bibliothek, Museums-
laden): Andrea Milani, Siena/IT
www.studiomilani.eu
Landschaftsarchitekt (Landschafts-
park): Niek Roozen bv landscape archi-
tects, Weesp/NL www.niekroozen.com
Gartenarchitekt (Museum): Piet Ou-
dolf, Hummelo/NL www.oudolf.com
Energieplaner und -berater: ARUP,
Amsterdam/NL www.arup.com
Brandschutzplaner:
ARUP, Amsterdam/NL www.arup.com
Künstler: Richard Serra, JamesTurrel,
Leandro Erlich, Maurizio Cattelan,
George Korsmith
Projektdaten
Grundstücksgröße: 7400m²
Nutzfläche gesamt 6023m²
Brutto-Grundfläche: 6917m²
Brutto-Rauminhalt: 37876m³
Projektdaten Licht
Leuchtmittel: LED
Farbtemperaturen: 4000K
Lichtmanagement/Steuerungs-
system: DALI
Projektdaten Gebäudehülle
U-Wert Außenwand = 4,30 W/(m²K)
U-Wert Fassadenpaneel = 4,30 W/(m²K)
U-Wert Bodenplatte = 4,50 W/(m²K)
U-Wert Dach = 3,0 W/(m²K)
Uw
-Wert Fenster = 1,5 W/(m²K)
Ug
-Wert Verglasung = 1,1 W/(m²K)
Hersteller
Lichtdach-Elemente:
VDL Industrial Modules BV, Helmond,
www.vdlindustrialmodules.nl
LED-Beleuchtung Dach:
Proliad LED Lighting BV, Nieuwegein,
www.proliad.com
Velum-Paneele: Poly-Ned BV, Steenwijk,
wwwpolyned.nl
Kunstlicht innen: Viabizzuno,
Antwerpen, www.viabizzuno.com
Naturstein: Arredo di Pietra s.r.l.,
RapolanoTerme, www.arredodipietra.it
Glas Swimming Pool:
Glasimpex Schiedam BV, Schiedam,
www.glasimpex.nl
Schiebedach Skyspace:
Sunshine Nederland,Terborg,
www.sunshine-nederland.nl
Auszeichnungen:
Plan Award 2017, Kategorie Kultur und
Glass Award 2016

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  • 1. 46 Architektur  149 1–4 Für die größte niederländische Privatsammlung zeitge- nössischer Kunst hat Dirk Jan Postel von Kraaijvanger Architects ein Museum entworfen, das in einem weit- läufigen Landschaftspark steht. Über dem Grundriss aus sechs markanten Scheiben schwebt ein auskra- gendes Stahldach. In die Dachkonstruktion sind 115000 Röhren integriert, die diagonal angeschnitten sind und soTageslicht gezielt in die Ausstellungsräume lenken. LED-Uplights ergänzen bei Bedarf den Lichteinfall. Licht und Weite Wiesen, Park, Wald und Dünen prägen das weitläufige Areal von Voorlinden vor denToren Den Haags. Wenn man sich dem Gelände über die lange Allee nähert, fällt zunächst das neogotische Herrenhaus aus dem Jahr 1912 ins Auge, für das der Landschaftspark einst neu angelegt worden ist. Der Weg führt an dem massiv gemauerten Anwesen vorbei und lenkt den Blick auf den Neubau. Sechs lange mit hellem Naturstein verkleidete Mauer- scheiben liegen in der Landschaft und bilden Räume für die Kunst, die sich weit zur Natur öffnen. Über allem schwebt ein filigranes, helles Stahldach, das sich schüt- zend über die Räume legt. „Wir wollten kein Museum als ‚Ikone‘ schaffen, sondern einen Ort, der nur der Kunst dient“, erklärt Architekt Dirk Jan Postel vom Büro Kraaij- vanger Architects aus Rotterdam. Das Prinzip der Schei- ben habe er bereits bei anderen Projekten angewandt, wie z.B. beim Museum Kranenburgh im holländischen Museum Voorlinden, Wassenaar/NL Dirk Jan Postel (geb. 1957 in Bussum) hat an der technischen Universität Delft Architektur studiert. Er hat zahlreiche Projekte in den Niederlanden und im Ausland realisiert, u.a. das Rathaus in ’s-Hertogenbosch und die holländische Bot- schaft in Peking. Nachhal- tiges Bauen ist ein wesent- licher Schwerpunkt seiner Entwürfe sowieTransparenz und das Schaffen von Raum- und Sichtbeziehungen. Seine Bauten sind mehrfach international ausgezeichnet. Postel ist seit 1992 Partner bei Kraaijvanger Architects. Foto:©RobNiemantsverdriet Buurtweg Lageplan, M 1 :11 500
  • 2. DBZ 3 | 2018    DBZ.de   47 Bergen oder bei der holländischen Botschaft in Peking. „Über die Botschaft in Peking und den Bürgermeister von Rotterdam ist der Kontakt zum Bauherren entstanden“, beschreibt Postel die Genese des Projekts. „Er ist Gründer eines weltweit führenden Chemieunter- nehmens in Rotterdam und sammelt leidenschaftlich zeitgenössische Kunst. Zunächst planten wir einen Ort für seine Kunstsammlung auf dem Gelände seines Privathauses. Als er 2011 das Anwesen Voorlin- den von der niederländischen Postgesellschaft erwerben konnte, die es zuletzt alsTrainingszentrum für ihre Mitarbeiter genutzt hatte, fin- gen wir noch einmal mit einem neuen Entwurf für das Museum an“, fährt der Planer fort. Klares Konzept für die Kunst Das Raumprogramm besteht aus Galerieräumen für die private Sammlung, aus Räumen für Wechselausstellungen und aus der   Dauerausstellung von InSitu-Objekten, zu denen u. a. die großforma- tige Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra zählt. Außerdem gibt es ein Skyspace des Lichtkünstlers JamesTurrel. Dazu kommen ein Auditorium, eine Bibliothek sowie der Museumsshop und Service- räume. Die parallel angeordneten Scheiben stehen in einem Abstand von 8m zueinander und gliedern die Galerieräume zu je einem Drit- tel in die verschiedenen Bereiche. An den Stirnseiten eröffnen sie großzügige Blicke zum Herrenhaus und in die Landschaft. Die Besu- cher betreten das Museum von der Seite im Nordwesten. Vom Foyer schauen sie geradewegs durch das Museum in die Landschaft und zugleich nach rechts und links in die Ausstellungsräume. Neben dem Foyer befinden sich auf der einen Seite der Museumsshop, auf der anderen die Bibliothek sowie die Garderoben und Serviceräume. Hel- le weiße Wände, lichte Decken und warme Holztöne prägen die Gale- rieräume. „Was uns besonders wichtig war, ist, dass wir keinerlei Technik zeigen wollten. Das war eine große planerische Herausforde- rung“, betont Dirk Jan Postel. „Ein Beispiel: Wir haben die Schilder für die Notausgänge unter Putz gelegt. Sie leuchten erst im Notfall auf und scheinen dann durch den Putz.“ Foto:ChristianRichters
  • 3. Architektur | Museum Voorlinden Wassenaar/NL 48 Licht undTechnik „Zusammen mit den Ingenieuren von Arup haben wir das Lichtkon- zept entwickelt“, fährt der Architekt fort. „In die Stahlkonstruktion des Daches sind 115000 Röhren integriert, die in einem Winkel diagonal angeschnitten sind und so 20 % desTageslichts in die Räume lenken. Wir haben uns bewusst für das südlich einfallendeTageslicht ent- schieden, weil es lebendiger wirkt, ähnlich wie in privaten Räumen. Schließlich handelt es sich hier um eine Privatsammlung.“ Unter die- semTeil des Daches, der dasTageslicht filtert, befindet sich der ei- gentliche Klimaabschluss in Form von flach geneigten Glasdachflä- chen. In die Längspfosten dieser Glasdächer sind kleine LED-Uplights integriert, die das weiß lackierte Stahldach bei Bedarf zusätzlich an- strahlen und so den Lichteinfall verstärken. Dadurch, dass diese Leuchten außerhalb der Fassade liegen, tragen sie nicht zum Wärme- bedarf im Museum bei. So konnten die Planer den Energiebedarf und die Kühllasten erheblich reduzieren. In den Lichtdecken der Pri- vatsammlung und der Wechselausstellung tragen helleTextilmem- branen dazu bei, dass das Licht noch gleichmäßiger gestreut wird. Die Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra war in sechs Segmente zer- teilt und wurde vor Ort im Museum zusammengeschweißt. Darüber ist die Dachkonstruktion mit den lichtlenkenden Stahlröhren zu sehen Foto:RonaldTilleman 1 3 2 4 5 6 8 7 Grundriss M 1 :1 250 Vom Eingang blicken die Besucher geradewegs durch das Museum in das Grüne. In den Ausstellungsräumen rechts und links sind die Decken mit transluzenten Textilmembranen (Velum) abgehängt, die das Licht streuen Foto:RonaldTilleman Open Ended Dort, wo die großen Dauerexponate stehen, fällt das Licht direkt durch die Röhren in die Galerieräume. Besonders spektakulär ist die Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra, für die ein eigener Raum geschaffen wurde. Sie ist wie ein Labyrinth aus Corten-Stahl, das 220t wiegt. Eng und bedrohlich wirkt sie beim Durchschreiten und macht bewusst, wie klein der Mensch ist. Aber wie bei einem histo- rischen Labyrinth folgt eine Auflösung: „In barocken Gärten gelangt man am Ende oft auf einen Hochpunkt, von dem man das Labyrinth von oben betrachten kann“, erinnert sich Dirk Jan Postel. „Das wollte ich hier auch umsetzen, indem die Besucher nach dem Durchschrei- ten der Skulptur eine – hinter einer Wandscheibe versteckte –Treppe entdecken. Geht man diese empor, landet man auf einer Galerie, von der der Blick über die Skulptur hinweg bis in die Landschaft schweift.“ Die Überraschung ist gelungen: Blickt man von der Galerie direkt nach oben, fällt der Blick in die Dachkonstruktion mit den vie- len, schräg abgeschnittenen Röhren – die Konstruktion als „Licht- Skulptur“. Susanne Kreykenbohm, Hannover 1 Eingang 2 Museumsshop 3 Bibliothek 4 Sammlung 5 Wechselausstellung 6 Skulptur „Open Ended“ von Richard Serra 7 „Skyspace“ von JamesTurrel 8 Auditorium
  • 4. DBZ 3 | 2018    DBZ.de   49 Der lang gestreckte Neubau mit dem markanten Stahldach öffnet sich mit großzügigen Glasflächen zum Land- schaftspark und bietet so spannende Ein- und Ausblicke Foto:RonaldTilleman Detail Lichtlenkung, M 1 :200 Baudaten Objekt: Museum Voorlinden Standort: Buurtweg 90, 2244 AG Wassenaar/NL Typologie: Museum Bauherr: Stichting Museum Voorlinden, Wassenaar, www.voorlinden.nl Nutzer: Museum Voorlinden, Wassenaar, www.voorlinden.nl Architekt: Kraaijvanger Architects, Rotterdam, www.kraaijvanger.nl Projektarchitekt: Dirk Jan Postel Mitarbeiter (Team): Annemiek Bleu- mink, Hashmat Fagirzada, Rinske Wikkerink, Bart van der Werf, Laurence Meulman, Patrick Keijzer Bauleitung: Caldic Collectie, www.caldic.com Generalunternehmer: Cordeel Neder- land BV, Zwijndrecht, www.cordeel.nl Bauzeit: 2013-2016 Fachplaner Tragwerksplaner: Pieters Bouwtechniek, Delft/NL www.pietersbouwtechniek.nl TGA-Planer: ARUP, Amsterdam, www.arup.com Fassadentechniker: TGMTechnisch Gevelbouw Management BV, Asten/NL www.tgm.nl Glasfronten und Glasdach: AGC Glass Nederland BV,Tiel/NL www.agcnederland.nl Lichtplaner: ARUP, Amsterdam/NL www.arup.com Innenarchitekt (Bibliothek, Museums- laden): Andrea Milani, Siena/IT www.studiomilani.eu Landschaftsarchitekt (Landschafts- park): Niek Roozen bv landscape archi- tects, Weesp/NL www.niekroozen.com Gartenarchitekt (Museum): Piet Ou- dolf, Hummelo/NL www.oudolf.com Energieplaner und -berater: ARUP, Amsterdam/NL www.arup.com Brandschutzplaner: ARUP, Amsterdam/NL www.arup.com Künstler: Richard Serra, JamesTurrel, Leandro Erlich, Maurizio Cattelan, George Korsmith Projektdaten Grundstücksgröße: 7400m² Nutzfläche gesamt 6023m² Brutto-Grundfläche: 6917m² Brutto-Rauminhalt: 37876m³ Projektdaten Licht Leuchtmittel: LED Farbtemperaturen: 4000K Lichtmanagement/Steuerungs- system: DALI Projektdaten Gebäudehülle U-Wert Außenwand = 4,30 W/(m²K) U-Wert Fassadenpaneel = 4,30 W/(m²K) U-Wert Bodenplatte = 4,50 W/(m²K) U-Wert Dach = 3,0 W/(m²K) Uw -Wert Fenster = 1,5 W/(m²K) Ug -Wert Verglasung = 1,1 W/(m²K) Hersteller Lichtdach-Elemente: VDL Industrial Modules BV, Helmond, www.vdlindustrialmodules.nl LED-Beleuchtung Dach: Proliad LED Lighting BV, Nieuwegein, www.proliad.com Velum-Paneele: Poly-Ned BV, Steenwijk, wwwpolyned.nl Kunstlicht innen: Viabizzuno, Antwerpen, www.viabizzuno.com Naturstein: Arredo di Pietra s.r.l., RapolanoTerme, www.arredodipietra.it Glas Swimming Pool: Glasimpex Schiedam BV, Schiedam, www.glasimpex.nl Schiebedach Skyspace: Sunshine Nederland,Terborg, www.sunshine-nederland.nl Auszeichnungen: Plan Award 2017, Kategorie Kultur und Glass Award 2016