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Prof. Dr. Otto Seifert, Leipzig
Volksdeutsche unter der Führung und dem Joch der SS
Im Herbst 1939 verkündete die gelenkte Presse in Deutschland eine neue
Völkerwanderung, eine Neuordnung der ethnographischen Verhältnisse, eine
biologische Säuberung Europas, einen zu errichtenden germanischen
Bevölkerungswall und dann sogar eine völlige Neuordnung Europas durch das
nationalsozialistische Deutschland als Kern.
Hitler leitete mit seinen Helfern und Ideologen eine der größten Vertreibung und
Vernichtung von Menschen in der Geschichte Europas ein. Die Weichen für das
traurige Schicksal von Millionen Menschen deutscher Nationalität und insbesondere
für „Artfremde“ sowie Juden in Europa wurden aber bereits schon einige Jahre vorher
gestellt.
Ein knappes Jahr nach der faschistischen Rassengesetzgebung von 1935 ging eine
folgenschwere Erklärung von Partei und Regierung an die zentralen und regionalen
Organe des Staates, der NSDAP, deren Gliederungen und an die regionalen
Institutionen sowie Einrichtungen der Wirtschaft („Zwischen den beteiligten
Reichsministerien...sowie dem Stellvertreter des Führers [Rassenpoltisches Amt] ist
Einvernehmen über Folgendes erzielt worden. Berlin, d. 30. April 1936, Z 4202/36,
Nr. 82).
Auf der Grundlage der von Staatssekretär Stuckart und Ministerialrat Globke
erarbeiteten Richtlinie, (des späteren Vertrauten der USA und Kanzleramtschefs
Adenauers) wird nicht mehr zwischen Ariern und Nichtariern unterschieden. Jetzt
gelte nach Stuckart – Globke, „zwischen Personen deutschen und artverwandten
Blutes einerseits, und Juden sowie sonstigen Artfremden andererseits“ zu
unterscheiden. Dieser Grundsatz sei nun auch bestimmend für die in „Europa
siedelnden Völker“ und „Abkömmlinge in außereuropäischen Erdteilen“.
Die vom Stellvertreter Hitlers, Rudolf Hess, bereits völlig der NSDAP unterstellte
„Volkstumspolitk“ im Ausland, erhielt durch die Gründung einer Volksdeutschen
Mittelstelle (Vomi) Ende 1936 einen neuen Charakter. Diese Organisation leitete
nun seit Februar 1937 SS-Obergruppenführer Werner Lorenz, unterstützt von
anderen hohen SS-Führern und Vertretern des SD. Nach und nach entstanden weitere
SS-Ämter, die für die verschiedenen Gebiete der „Volkstumsarbeit“ zuständig
waren.
Bereits am 6. Oktober 1939 hatte Hitler vor dem Reichstag einen Plan für ein neues
Europa verkündet. Er sah die „Befriedung der besetzten Gebiete“, die Sicherung der
von Polen geraubten Ländereien, die neuen Reichsgrenzen im Osten sowie eine
„neue Ordnung der ethnographischen Verhältnisse, d.h. eine Umsiedlung der
Nationalitäten“ vor. Hauptziel sei die „Festigung des deutschen Volkstums“ im
Osten.
1
Hitler ernannte Heinrich Himmler zum Reichskommissar für diese Aufgaben, später
auch für den Westen und Südosten Europas. Dies alles verband sich mit der Absicht,
die Reichsleiter Alfred Rosenberg im März 1941 offen über alle deutsche
Rundfunksender verbreitete, alle Juden aus Europa zu vertreiben oder sie zu
vernichten.
Am 7. Oktober 1939 erließ Hitler einen neuen „Erlass zur Festigung des Deutschen
Volkstums“. In ihm übertrug er dem Reichsführer SS drei Aufgaben:
„1. Die Zurückführung der für die endgültige Heimkehr in das Reich in Betracht
kommenden Reichs- und Volksdeutsche im Ausland, 2. die Ausschaltung des
schädigend Einflusses volksfremder Bevölkerungsteile..., 3. die Gestaltung neuer
Siedlungsgebiete durch Umsiedlung... Sesshaftmachung... von Reichs- und
Volksdeutschen“. Himmler verlieh sich, kurz darauf, selbst den Titel
Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums (RKF).
Damit unterstanden alle Menschen deutscher Nationalität in den mit Hitler
verbündeten Ländern, wie Slowakei, Rumänien Kroatien, und in den vom deutschen
Faschismus unterworfenen Gebieten der SS.
Diese Volksdeutsche mussten sich politisch organisieren, sogar teilweise in neuen
Orten ansiedeln, oft in einer Art Wehrdörfer, geführt von SS-Führern oder
Einsatzgruppen der SS. Die wehrfähigen Männer wurden verpflichtet, in „FS
Freiwillige Schutzstaffeln“ Wehrdienst zu leisten. Ihre militärische Ausbildung, ihren
Einsatz sowie politische Orientierung steuerte die SS mit einem speziellem Apparat.
Zudem schuf sie eine besondere Presse für Volksdeutsche, die zum Teil in Dresden
und Berlin hergestellt wurde.
Während die Masse der Volksdeutschen der SS freiwillig, oft begeistert folgte, geriet
eine Minderheit unter das Joch der SS. Sie wurden als nicht würdig befunden, in der
Liste der Volksdeutschen oder sogar möglichen Reichsdeutschen geführt zu werden.
Galten als von Polen infiziert oder slavifiziert.
Schon beim Überfall Polen 1939 bezog die NS-Führung Volksdeutsche aus dem
neuen Gau Sudetenland mit sofort mit in den Krieg ein. So bildete die SA-Gruppe
östliches Sudetenland ein bewaffnetes Bataillon, das nur mit einem Streifen
„Grenzschutz“ an der SA Uniform angeheftet, in Polen einmarschierte. Eine andere
größere SA-Mannschaft wurde in „der Ostmark“, im Gebirge, für seinen Einsatz in
Polen, ausgebildet. Andere SA-Einheiten aus dem Sudetenland zog die SS zur
Grenzsicherung heran.
SA Obertruppführer Georg Wagner berichtete in einem Extraheft, „Sudeten-SA in
Polen“, Karlsbad – Leipzig 1940, ohne Seitenangabe, über den Verlauf des Einsatzes
während des Überfalls: „ ... bei Säuberungen der eroberten Dörfer und Ortschaften
kommt es zu zusätzlichen Kampfhandlungen... viele Gefangene werden gemacht....
Dörfer durchsucht... besonders in den polnischen Beskiden der Widerstand
gebrochen“. In einigen Gebieten werden „keine Gefangene gemacht... und die
Schlachtfelder von Juden geräumt ... verhört... Juden zur Arbeit von der Straße weg
nach Ostgalizien getrieben.... Verhöre.“
2
Eine Art Modell für den bewaffneten Einsatz von Volksdeutschen entwickelten die
deutschen Faschisten bereits ab 1936 in der Slowakei, Rumänien und in Ungarn. Die
SS schuf dort eigene bewaffnete Einheiten mit Ausbildungszentren und Stäben.
Im besetzen Polen, dem Generalgouvernement gestaltete sie den Selbstschutz von
Anfang an zu einem wichtigen Herrschaftsinstrument. Sie bildeten aus den
männlichen Volksdeutschen (meist in Polen angesiedelte volksdeutsche
„Heimkehrer“) den Sonderdienst Generalgouvernement. Er wurden von der SS
ausgebildet und bei politischen „Sicherungen“, „Säuberungen“, „Bekämpfungen von
Partisanen“, „Beschlagnahmungen“ und sogenannten Polizeiaktionen eingesetzt.
Der Sonderdienst war in Form von Bataillonen organisiert, besaßen einen eigen
zentralen Stab und ein großes Ausbildungszentrum. Bestimmte zusätzliche stationäre
Einsatzbataillone in den Distrikten waren für größere Unterdrückungsaktionen
gedacht.
Ab Frühjahr 1942 besaß der Sonderdienst eine eigen Monatszeitschrift, den
„Sonderdienst Generalgouvernement, Herausgeber, Der Inspekteur des
Sonderdienstes, Krakau, Schriftleitung, Oblt. d. S. Mayer“.
Den Dienst bezeichnete diese Monatszeitschrift als Bewährung von Volksdeutschen,
Deutsche zu werden. Deshalb publizierten in der Zeitschrift auch Personen wie der
Staatssekretär Ernst Boepple, Verleger und Mitgründer der NSDAP, der NS-
Schriftsteller Will Vesper und andere bekannte NS-Ideologen. Ab Februar 1943
wurde die Monatszeitschrift durch ein „Mitteilungsblatt für den Sonderdienst Polizei
im Generalgouvernement“ ergänzt.
Hitler hatte bereits am 12. Oktober 1939 durch einen Erlass angewiesen, dass ein
Teil Polens nicht in des Reich eingegliedert wird, aber von einem dem Führer
unmittelbar unterstellten Generalgouverneur regiert wird. Am 6. Mai 1940 schuf die
Parteiführung dazu einen „Arbeitsbereich der NSDAP“. (Verordnungen des
Generalgouverneurs, Rodom, S1, S. 183). Die Reichsleitung der NSDAP schickte am
5. Januar 1940 extra einen „Einsatzstab der NSDAP“ in das Generalgouvernement,
der die einzelnen „Reichsstellen“ und die Durchführung des Erlasses kontrollieren
sollte.
Das Generalgouvernement galt somit als besonderes Gebiet der NSDAP, deshalb
waren viele Schlüsselpositionen mit Spitzenfunktionäre der Reichsleitung der
NSDAP, wie zum Beispiel der Chef des Distrikts Warschau vom
Reichshauptamtsleiter der NSDAP, Dr. Ludwig Fischer, besetzt.
Chef der Inneren Verwaltung des Distrikts Warschau war Reichsamtsleiter der
NSDAP, Dr. Otto Gauweiler, der in der ersten Hälfte des Jahres 1940 einen Bericht
über die Auflösung des polnischen Staates, die Plünderung der Ämter, Bibliotheken
und Einrichtungen Warschaus, der Verfolgung von Juden bis hin zu Vorschläge zur
neuen Herrschaftsstruktur der Nazis vorlegte. (Generalgouvernement für die
besetzten polnischen Gebiete, Bericht der Abteilung Innere Verwaltung im Amt des
Chefs des Distrikts Warschau, vorgelegt.... Reichsamtsleiter Dr. Gauweiler, [Mai
1940], Streng vertraulich, Nur für den Dienstgebrauch).
3
Auch die Gründung des Instituts für Deutsche Ostarbeit in Krakau, ein geistiges
Zentrum für die Kolonisierung des Ostens, durch den Reichsminister, Reichsleiter der
NSDAP und Generalgouverneur Hans Frank im April 1940 und die Eröffnung des
Instituts am 20. Juni 1940 war eine Aktion von Spitzenfunktionäre der NSDAP.
Später traten auch auf den Konferenzen hohe SS-Führer wie Franz Alfred Six vom
SD und der SS-General Prof. Reinhard Höhn auf.
Aber auch Professor Theodor Oberländer entwickelte im Ostinstitut der NSDAP
Konzepte zur Vertreibung im Osten, seiner Kolonisierung sowie seiner Besiedlung
mit deutschen Bauern, bevor der Reichssicherheitschef Heydrich ihn an die Prager
Universität zum Dekan berief. Das Amt konnte er nicht voll ausführen, da er wegen
des Überfalls auf die UdSSR im Heeres, nicht für Propaganda, sondern für Diversion
eingesetzt wurde. Oberländer, den „Das Parlament“ selbst nach der Vereinigung als
ein Opfer des Kommunismus hinstellte, publiziert unter anderem auch als
Rassentheoretiker im „Neues Volk, den Blättern des Rassenpolitischen Amtes“, Heft
1. Januar 1937.
Die Liste der Professoren, die im Institut für Deutsche Ostarbeit Konzepte für die
Eroberung des Ostens und für die Vertreibung der Bevölkerung entwarfen, reicht von
Professor Aubin, über Heide, Seraphim bis zu Raschhofer. Aber auch Dr. Fritz Arlt,
NS-Spezialist zur Vernichtung von Juden und für Vertreibung, war in diesem
geistigen Zentrum der NSDAP tätig. Fast alle von denen erhielten in der gepriesenen
westlichen Wertegemeinschaft, gefördert von den USA, unter der Regierung
Adenauer und Globke, wieder Schlüsselpositionen und Macht.
Selbst NS-Reichsamtsleiter Dr. Georg Leibbrandt, Rassentheoretiker unter Alfred
Rosenberg, NS-Reichsamtsleiter im Ostministerium und aktiver Teilnehmen an der
Wannseekonferenz zur Endlösung der Judenfrage, ein Architekt des Massenmordes,
wurde mit in den westliche Führungskreis nach 1945 geholt.
Der Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 besaß für das Leben der Völker Europas und
die Besetzung fast ganz Europas durch die Faschisten eine große Bedeutung.
Der Deutsch-Sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1938
und ein geheimes Zusatzprotokoll legten die Grenze zwischen der UdSSR und
Deutschland neu fest und damit die Teilung Polens sowie die „Interessengebiete“
beider Staaten in Europa. Die baltischen Staaten überließ er dem sowjetischen
Einfluss.
In einem weiteren geheimen Zusatzprotokoll, unterzeichnet von Ribbentrop und
Molotow, verpflichteten sie sich, keinen Einfluss auf die jeweiligen Interessengebiete
zu üben und verzichteten auf politische Agitation, die den jeweiligen Interessen
schaden könnten.
Schließlich unterzeichneten Graf von der Schulenburg und Molotow am 10. Januar
1941 ein, bis heute kaum beachtetes, zusätzliches Grenz- und
Umsiedlungsabkommen in Moskau. Es regelte „endgültig“ den Verlauf der Grenze
zwischen Deutschland und der UdSSR und legte die jeweiligen „Einflussgebiete“,
nach einigen Korrekturen, fest.
4
Die UdSSR verpflichtete sich, die Umsiedlung von Reichs- und Volksdeutschen aus
den litauischen, lettischen, estnischen und ukrainischen Sowjetrepubliken sowie aus
dem von ihr besetzten polnischen Gebiet sowie südwestlich Räumen der UdSSR zu
unterstützen.
Die deutsche Seite verpflichtete sich, die Umsiedlung von Personen aus den
baltischen Staaten mit russischer und weißrussischer und ukrainischer
Volkszugehörigkeit sowie andere Volksgruppen aus den deutschen Einflussgebieten
zu fördern. Es wurden sogar gemeinsame Stäbe mit festen Stützpunkten gebildet.
Beide erklärten, dass sie nach der Umsiedlung keine Vermögensansprüche stellen
und die Umsiedlung innerhalb von „2 1/2 Monaten“ durchführen.
Die einsetzende riesige Umsiedlung betraf über 600 000 Personen deutscher
Nationalität und 500 000 bis 700 000 Russen, Weißrussen, Ukrainer, Rumänen und
Polen. Dieser für die Umsiedlung festgelegte Personenkreis unterlag der
Geheimhaltung.
In wenigen Monaten wurden mehr als eine Million Menschen unter „Aufsicht“ der
SS und einem vorgegebenen Kreis (Militär und Geheimdienst) aus der UdSSR
umgesiedelt.
Schon im November 1939 benannten NS-Parteiführer und SS-Offiziere das erste
Umsiedlungskommando. Es rückte mit „300 Männern“ in die sowjetisch besetzten
Gebiete (Polen Galizien, Wolhynien, Marewgebiet) ein und holte, mit den
verschiedensten Methoden und mit Hilfe der Roten Armee und „Spezialisten“ der
UdSSR, „bis Ende Januar 1940 135 000 Volksdeutsche“ aus der UdSSR raus.
Am 26. Mai 1940 begann ein zweites Kommando mit der Umsiedlung von
Volksdeutschen aus den Ostgebieten und dem (östlichen) Generalgouvernement.
Im August 1940 wurde ein drittes Kommando mit 399 Mann und 250 Fahrzeugen
zusammengestellt, das im September in Bessarabien und einige andere von der
UdSSR besetzten südlichen Landstrichen einmarschierte und wieder Menschen aus
ihrer Heimat heraus riss.
Ein großer Teil der aus Bessarabien stammende ländliche Bevölkerung musste in
Trecks bis zur Donau ziehen. Anschließend wurden sie in Richtung Niederösterreich
und Wien mit Dampfern abtransportiert. Aus der Nordbukowina schickte man die
„Umsiedler“ in Wagons nach Deutschland in den Grenzen von 1939.
Alle diese Kommandos erhielten Verstärkung durch Ostexperten der Nazis und
Fachleuten für Landwirtschaft und „Bevölkerungspolitik“ aus Mecklenburg,
Schlesien und Sachsen. Der Gau Thüringen kommandierte extra seinen Stellvertreter
des Gauleiters in den Osten.
In den sogenannten „für das Reich zugewonnenen westlichen Gebiete“ siedelten die
Nazis Franzosen und sogenannte Unzuverlässige aus, gegründet jedoch keine
bewaffnete Selbstschutzeinheiten von Deutschen.
Im ehemaligen Österreich enteigneten die Nationalsozialisten in wenigen Wochen
alle Juden, trieben ein Teil von ihnen in die KZ oder in Gettos, andere ins Ausland.
Über die nun südostdeutschen Gaue schleusten die Nazis in den Herbstmonaten von
1940 mehr als 13 000 Menschen aus der Dobrudscha ins Reich.
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Mit der Umsiedlungen sowie „Säuberungen“ begann im Osten eine einmalige Aktion
zur Vertreibung und Ausmerze von Menschen. Die „Schlesische Tageszeitung“ vom
5. 12. 1939 bezeichnet das als „Die größte Umsiedlung der Weltgeschichte“, „eine
von Hitler organisierte große neue Völkerwanderung“.
Der Gauleiter Förster des neuen Reichsgau Danzig-Westpreußen kündigte im
November 1939 eine „völkische Bereinigung des Ostraumes“ an und erklärte: „Wer
zum polnischen Volk gehört, muss dieses Land verlassen.“ Diese unmenschliche
Äußerung verbreitete dann selbst das kleinste Blatt, wie der „Kärntner Grenzruf“
vom 27. November 1939.
Abgesehen von verbliebenen Zwangsarbeitern, vertrieben die neuen Herrscher in
diesem Gau Polen als Artfremde und alle Juden in das Generalgouvernement, dem
besonderem Gebiet der NSDAP. SS-Obergruppenführer Richard Hildebrandt leitete
als Beauftragter Himmlers die Vertreibungen und Liquidationen unter Förster.
In dem auf besetzten polnischen Gebieten gegründeten Gauen Wartheland und
Oberschlesien wurden 500 000 Juden in Arbeitslager gepresst oder in Gettos und KZ
in das Generalgouvernement deportiert. Polen blieben nur als billige Arbeitskräfte.
Viele andere wurden enteignet, um deutschen Siedlern Platz zu schaffen.
Im Gau Oberschlesien organisierte Gauamtsleiter Dr. Fritz Arlt (ehemals Chef des
Rassenpolitischen Amtes in Leipzig, Gauamtsleiter für Rassenfragen in Schlesien,
dann ab 1939 verantwortlich für „Bevölkerungsfragen“ im Generalgouvernement,
damit für die Vertreibung von Polen und den Aufbau von Gettos für Juden,
ausgezeichnet als Beauftragter von Himmler und zum SS-Sturmbannführer ernannter,
entließ er als Mitarbeiter des SS-Hauptamtes/SS-Führungshauptamtes 1945
ausländische Mitglieder der SS in den Untergrund, nach 1945 Berater der
amerikanischen Besatzung, Agent Gehlens, dann Adenauers Vertrauter und
schließlich Mitarbeiter des SS-Ordensmann Dr. Martin Schleyer in
Führungspositionen der Wirtschaftsverbände) die „Säuberung“ Oberschlesiens von
Polen und Juden sowie die Ansiedlung von Deutschen. Oberschlesien sollte ein
„luftsicheres Ruhrgebiet“ im Osten werden
Im besetzten Polen begann eine der unmenschlichsten Vernichtungsaktion gegen
Juden. Im Frühjahr siedelte beispielsweise die deutsche Distriktsverwaltung in
Warschau 113 000 Polen um und pferchte insgesamt 400 000 Juden in das
Warschauer Getto. Wochen später konnte die deutsche Warschauer Behörde nicht
angeben, wie viel Juden sich überhaupt in diesem Getto befanden. Neben diesen
wenigen Beispielen der einmaligen Massenvernichtung von Juden in Polen,
entwickelte sich ein andere ebenso, völlig verdrängte unmenschliche Erscheinung.
Bis Dezember 1940 schleusten die Nazis ca. 430 000 bis 450 00 „Heimkehrer“ durch
das besetzte Polen (z. B. 130 000 aus Wolhynien, Galizien, 90 000 aus der Bukowina,
90 000 aus Bessarabien und 51 000 aus Estland). Viele davon wurden in Lager in
östlichen Gauen des Reiches gesteckt, um ihre Zuverlässigkeit und NS-Treue für eine
Ansiedlung in Polen zu überprüfen. Der Gau Sachsen besaß allein fast 100 derartige
Überprüfungslager mit sehr strenger Lagerordnung.
6
SS-Ansiedlungsstäbe „siedelten“ dann 1940 pro Tage bis zu 150 Familien auf von
Polen geraubtes Land in nur einem Distrikt an. 700 Studenten verschiedener
Fachrichtungen unterstützten 1940 diesen Prozess in der damaligen Region
Litzmannstadt. Dort verpflichtete die SS 1941 über 3000 polnische und jüdische
Zwangsarbeiter, um „deutsche Höfe“ zu errichten. Der Leiter des „Facheinsatzes
Ost“ der Studenten in Litzmannstadt meldete, dass in diesem Bereich allein noch für
25 000 deutsche Siedlerfamilien „evakuierte polnische Höfe“ fehlten.
„Volksdeutsche“ siedelte die Besatzung auch in Städten an. Umgesiedelt und
vertrieben wurde in Polen bis 1944.
In von deutsche Truppen und der SS besetzten baltischen Ländern gewährten die
deutschen Besatzer den nationalistischen und antirussischen Kräften, mit einigen
Abweichungen, größeren Spielraum. Dabei gaben sich die NS-Spitzen Funktionär,
die erst den Russen das Baltikum großzügig überlassen hatten, nun als ihre Befreier
von russischen Unterdrückung aus. Viele Bürger im Baltikum leisteten aktive Hilfe,
sogar mit eigenen Aktionen, bei der Vernichtung von Juden.
Da die Deutschen aus diesem Raum bereits „ausgesiedelt“ waren, verschoben die
neuen Herrscher die Eindeutschung dieser Gebiete. Sie sollte erst nach dem Sieg
durch einen Keil von angesiedelten Deutschen vom Litauen bis an den Raum
Leningrader erfolgen.
Aus den Länder des Baltikums, mit ihren kleineren Bevölkerungszahlen, war der
Anteil von 160 000 Personen, die in der Wehrmacht dienten, relativ hoch. Die Zahl
der Mitglieder der SS war dagegen etwas geringer und differenzierter (4 000 Litauer,
25 000 Esten und 35 000 Letten).
Bereits 1940 entwickelte der Verantwortliche für Bevölkerungspolitik im besetzten
Polen, Dr. Fritz Arlt, in einen geheimen Informationsdienst („Volkspolitische
Informationsdienst“, H. 1.), wie die ukrainische „Volksgruppe“ des
Generalgouvernements bei der Unterdrückung von Polen und im kommenden Krieg
gegen die UdSSR zu nutzen sei.
In diesem Dienst wurde beschrieben, wie man die ersten Westukrainer schon für den
Krieg gegen die Ostukraine gesammelt habe. Arlt schickte dann sogar 1945 noch
vom SS-Hauptamt in Berlin aus die existierenden ukrainischen SS-Männer zur
Diversion in den Untergrund.
Ab 1940/1941 erhielt die SS immer mehr den Charakter einer politischen Elite und
der Terrororganisation des deutschen Faschismus in ganz Europa. Der Erlass des
Führers zum Krieg gegen die UdSSR und der Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941,
der den Terror gegen Andersdenkende und die Bevölkerung sowie die Beseitigung
des Völkerrechts mit einschloss, stärkte die Position der SS im Herrschaftssystem.
So gaben SS-Oberführer Reinhard Höhn, SS-Oberführer Werner Best, SS-
Brigadeführer Franz Alfred Six und einige andere nicht mehr nur die Grundrichtung
der Herrschaft des Nationalsozialismus im Inneren sondern immer mehr für Europa
in Büchern, Zeitschriften, Richtlinien des SS und Dienstvorschriften an. Dabei
entwickelten sie Grundzüge des Vorgehens in West- sowie Osteuropa.
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Die SS wurde immer mehr als die europäische Truppe im Kampf gegen den Osten
bezeichnet. In Mittel- und Westeuropa wurde sie zum Träger eines neuen Europas
erhöht, das die Westlichen Demokratien durch den Krieg beseitigt habe. Europa
müsse nun den Krieg im Osten fortsetzen und gegen Großbritannien und die USA als
angeblich untergehende Mächte bekämpfen.
Ab 1934/44 wurde die SS, besonders die Waffen SS, einschließlich die
Einsatzkommandos zur Vernichtung von Menschen, von den SS-Ideologen, die alle
auch in der Praxis des Krieges mit wirkten, als die Retter Europas hingestellt, das
nicht nur in den Dienstsachen für SS und Polizei sondern auch in allen öffentlichen
Medien.
Zur Eindeutschung in der Ukraine schufen zum Beispiel der korrupte
Reichskommissar für die Ukraine, NS-Gauleiter Erich Koch sowie die SS gesonderte
Siedlungs- und Förderprogramme, Wehrdörfer, Schulungslager (für
„schwarzmeerdeutsche Jugendliche“ allein 42 Sommerlager im Frühjahr 1943) sowie
sogenannte bewaffnete Sicherungs- oder Selbstschutzmannschaften. Viele von ihnen
wurden in den Krieg und in die Kämpfe mit Partisanen verstrickt.
Die NS-Propaganda spielt in der Ukraine eine besondere Rolle. So existierten nicht
nur das geheime „Zentralblatt des Reichskommissars für die Ukraine“ und das ebenso
nur für für den Dienstgebrauch zugelassene „Verordnungsblatt“, sondern zahlreiche
Zeitung der NSDAP, des Reichskommissariats, der Wehrmacht, der SS und der
Volksdeutschen, von denen einig in Dresden hergestellt wurden, die Masse aber von
einem großen beweglichen Propagandaapparat.
Die Krim hatte man nicht, wie geplant, dem Reichskommissar für die Ukraine als
Distrikt unterstellt, sondern wegen ihrer Lage als Schlüsselstellung im Schwarzen
Meer, der Bevölkerungsstruktur ( Russen, Tataren, Deutsche, Griechen und nur eine
ukrainische Minderheit) der Wehrmacht.
Stalin hatte nicht alle Tataren umgesiedelt. So leisteten auf der Krim Tataren, wegen
ihrer vermuteten antirussischen Haltung, Dienst als Polizisten und bei der
Wehrmacht. 10 000 Tataren dienten in der Waffen SS, waren somit ausländische
Mitglieder der SS.
Nach 1941/42 beteiligten sich zum Beispiel in der Ukraine 7 000 Volksdeutsche im
vom SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf aufgebauten Selbstschutz am Holocaust, an
sogenannten Säuberungsaktionen und umfangreichen Deportationen.
Die „Betreuung“ der sogenannten „Schwarzmeerdeutschen“ lag in den Händen der
SS-Einsatzgruppe R (Russland).
Auch das Zentralblatt des Reichskommissars für die Ukraine, (NfD), Rowno, 5. 8.
1942, ordnete offiziell die Bildung eines Selbstschutzes in allen volksdeutschen Orten
und dessen Bewaffnung an.
Die Ukraine galt als ein Schwerpunkt des „deutschen Reiches“ und der SS. So
bestimmte Himmler, dass neben den Distriktskommissaren des Reiches immer ein
Oberster SS und Polizeiführer eingesetzt wird. Die SS schuf dann aus Ukrainer,
vorwiegend aus Galizien, zwei SS Divisionen und drei (SS-)Polizeiregimenter. Aber
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auch die Wehrmacht war auf diesem Gebiet, besonders unter Oberst Gehlen, nicht
untätig.
Das strategische Ziel war, die Ukraine zu „säubern“, als Basis der Reiches für
Rohstoffe, landwirtschaftliche Produkte sowie nationalistische Kräfte für den Krieg
gegen die UdSSR zu gewinnen, um „deutsches Blut zu schonen“.
Zur Besatzungszeit sollte schon begonnen werden, im Süden der Ukraine, den
Siedlungsraum der Deutschen in einem Keil von der rumänischen Grenze bis
oberhalb der Krim auszubauen. Später, nach dem Endsieg war geplant, den Raum zu
erweitern, um dort den „Siedlungsraum“ von Deutschen und deutschen Soldaten zu
„erweitern“ und den slawischen Anteil auszudünnen.
Himmler ermahnte in einer Geheimrede vor Reichs- und Gauleiter am 6. 10. 1943 in
Posen, dass man mit allen Mittel im Osten Slawen und selbst russische Generale für
den Krieg im Osten gewinnen müsse. Aber es sollte beachtet werden, aus den
„Slawen“ kein Programm zu machen, Er erinnerte damit an die geplante
Bevölkerungspolitik im Osten nach dem angeblichen Sieg.
Die SS versuchte schon, während des Krieges, ihre Vorherrschaft im Osten und
Südosten zu sichern. Sie bildete hauptsächlich ab 1943 zahlreiche „Volksführer“ von
deutschen Minderheiten in der Waffen SS aus und verlieh ihnen meist einen mittleren
SS-Dienstgrad. Diese SS-Führer traten in der folgenden Zeit auch in SS-Uniform
auf.
Für die SS galten die Volksdeutschen immer mehr nur als eine Kampfreserve für den
Krieg, eine Stütze für die Kolonisation des Ostens und ein „Beitrag“ zur Schonung
von „gutem deutschen Blut“, wie Himmler mehrfach vor Führungskreisen betonte.
In der Geheimrede in Posen am 6. 0ktober 1943 erklärte Himmler, dass allein aus
dem Südosten Europas 130 000 Volksdeutsche außerhalb Deutschlands in den
Reihen der Waffen-SS dienen würden.
Ab 1941 spielten sich in Südosteuropa ebenso tragische Prozesse ab. Die Gaue
Kärnten und Steiermark erweiterten ihr Territorium, vertrieben große Teile der
Slowenen und besetzten diese Region mit „Deutschen“.
Aber auch aus Kroatien wurden bereits Anfang 1940 alle Deutschen, die südlich der
Soave lebten, ins Reich „rückgesiedelt“. Aus dem „Gotscher Gebiet“ verfrachtete die
SS im Januar 1942 kurzerhand 14 000 Deutsche an die neue Grenzen von
Steiermark und Kärnten. Die anderen Deutschen, mit vielen Sonderrechten
ausgestattet, konzentrierte die SS im östlichen Teil Kroatiens.
Noch 1944 siedelte die deutschen Behörden innerhalb von wenigen Wochen mehrere
Tausend Kroaten aus den südlichen „neuen deutschen Gauen“ und besetzten
Gebieten aus.
Gemeinsam mit dem von den Nazis 1941 gegründeten kroatischen Staat wurden 1,8
Millionen Serben aus Kroatien, Bosnien und Herzegowina vertrieben. 200 000 sollen,
nach Schätzungen, von den Ustaschi regelrecht abgeschlachtet worden sein.
9
Ein großer Teil der deutschen Minderheiten im Südosten, die Männer meist unter
Waffen, opferten die Nazis für ihre rassistische Machtpolitik.
In den westeuropäischen besetzten Gebieten spielten sich ähnliche unmenschliche
„Säuberungen“, wenn auch variiert, ab. Aus dem Elsass vertrieben die Nazis die
Franzosen, enteigneten sie und „Deutschen“ diese Region völlig ein. Auf den
Gebieten der Vertriebenen begannen die NS-Machthaber, auch hier Deutsche
anzusiedeln, sogar einige „Russlanddeutsche“. Als Verwalter und Besitzer von
enteigneten Wirtschaftsunternehmen setzte man nur Deutsche ein.
Zweifellos kann nicht die gesamten Vertreibungen im von Deutschen besetzten
Europa geschildert werden.
Am 27. 7. 1944 veröffentlichte „Der Freiheitskampf“, die amtliche NS-Zeitung von
Dresden, Teile einer „Unterredung mit der Stabsführerin des Deutschen Roten
Kreuzes“.
In ihr informierte sie, die Rückführung von Deutschen aus der UdSSR hätte bereits
1942 begonnen. Die sei bis Mitte bis 1944 fortgesetzt worden und schließlich habe
sie ab 1944 ihren Höhepunkt erreicht. Dazu nannte die Stabsführerin Beispiele von
der Heeresgruppe Mitte, aus dem Kaukasus und der Ukraine. Alle seinen in die ab
1938/39 neugewonnene Gaue und die eroberten polnischen Gebiete, nach ihrem
Verständnis in das Reich, von der SS zurückgeführt worden.
„Der politische Dienst für SS und Polizei, Nur für den Dienstgebrauch“ nannte in
seiner 5. Folge 1944 unter „Rückkehr ins Reich, Der Treck der Russlanddeutschen“,
interne Angaben über die sogenannte „Rückführung deutschen Blutes“ für die SS-
Führer. Ohne die in der SS und Wehrmacht dienende Volksdeutschen seien bei der
Rücksiedlung durch die Volksdeutsche Mittelstelle bis zum 3. Juli 1944 allein
908 000 aus „Russland“ ins Reich zurückgeführt worden, darunter 350 000
Russlanddeutsche und 130 000 Deutsche aus Transnistrien.
Verschiedenen Trecks fasste die SS zu 12 Bereichskommandos zusammen, die im
Schneetreiben, 1944 täglich über vierzig bis sechzig Kilometer bis zu den
Auffangkommandos zurücklegen mussten. „Einer mit 72 000 Menschen, 39 000
Pferden, 13 000 Rindern und 10 000 Wagen ging als Nordtreck über die Pruht.“
Allen wurde eine bessere Heimat versprochen. Über die Verluste an Menschen bei
dieser neun Umsiedlung gab es keinerlei Angaben.
Als Reich bezeichneten sie auch alle ab 1939 geraubten und in das NS-Reich
„eingegliederte Gebiete“. Nach 1945 zählte der Westen auch diese Umgesiedelten als
von Polen, der Tschechoslowakei und einigen Balkanstaaten von Grund und Boden
Vertriebene. Zweifellos gab es nach 1945 zum Beispiel in Polen, in der
Tschechoslowakei und in Rumänien willkürliche Aktionen gegen die deutsche
Minderheit. Es darf aber ebenso nicht übersehen werden, dass die Nationalsozialisten
die „Volksdeutschen“ bewusst für ihre Herrschaftsziele in Europa nutzten und
opferten.
Interessant ist aber auch, dass das Schicksal der Volksdeuten nach 1945 und die
faschistische Ostpolitik für den Kalten Krieg missbraucht wurde und die Akteure der
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Vernichtung und Vertreibung sowie des Missbrauches von Volksdeutschen und
Ausländern wieder eine Schlüsseltrolle besaßen.
Der Geheimdienstoffizier Oberst Reinhard Gehlen, der nach einer „Geheimen
Reichssache“ (RV Nr. 31/38 gRs (37) ) für Diversion und die Sammlung der Kräfte
dafür verantwortlich war (auch unter Fremde Heere Ost), hinterließ bis zum
Kaukasus eine blutige Spur der Vertreibung und nationalsozialistischen
„Europäisierung des Ostens“ .
Als Oberst i. G. veröffentlichte Gehlen noch im Mai 1943 im „Kämpfer im
Kaukasus“, des Heeres, einen „Grundsätzlichen Befehl Nr. 13“ zur Umsetzung der
Diversion. Für diese Tätigkeit und die Osterfahrung beförderte ihn die USA zum
Chef der OG ( Organisation Gehlen). Das Amt zur Fortsetzung seiner Tätigkeit
besonders im Osten, großzügig finanzierten von den USA, übte er bis 1956. Unter
Adenauer, der westlichen Wertegemeinschaft, war er dann Chef des BND, der mit
den alten NS-Kadern seine „Arbeit“ weiter führte.
Schon als sich der Widerstand in der DDR offen formierte, bestand die
Bundesregierung im Frühsommer 1989, um nur einen kleine Einblick zu geben, auf
einem Schlesier-Treffen mit dem Bund der Vertriebenen mit aller Härte auf ein
Deutschland in den Grenzen von 1936/7. Bundesminister Dr. Theo Waigel, CSU, der
dazu eine Grundsatzrede hielt, forderte, ein neues Bewusstsein von deutscher
Geschichte zu schaffen: „Zu ihr gehören nicht nur Hitler und Himmler, sondern auch
Friedrich der Große, Bismarck ...“, damit ein neues Verhältnis zu Heimat, Nation
und Vaterland. (Deutscher Ostdienst“, Bonn, 7. Juli 1989, S. 2)
Bundesministerin Dorothee Wilms wiederholte die Gebietsforderungen an Polen.
Aber auch hier, wie beim Empfang von Herbert Czaja, den Vorsitzenden der
Vertriebenenverbände, durch Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble, ging es mit
darum, die Themen Ostgrenzen und deutsche Einheit zu nutzen, um einen
rechtskonservatives, neues Staatsbewusstsein in der BRD zu schaffen.
Im „Deutschland Magazin“, das Adenauer als sein Sprachrohr und und Organ seiner
Deutschlandstiftung gründen lies, zeichnete sich die Tendenz bereits schon vor 1988
offen ab. Aber bereits 1978 hatte Rüdiger Altmann im Auftrag des BDA in dessen
Heft „der arbeitgeber“, 24/30 eine Auseinandersetzung mit dem deutschen
Faschismus und den nun wieder herrschenden alten Faschisten als „Denunziation“,
von „Denunziantentum“ als schädlich bezeichnet.
Der verdiente Propagandist der NSDAP und Denunziant von Schriftstellern, Kurt
Ziesel, gab dort die Richtung vor. Er forderte eine konservative staatstreue Haltung,
„deutsche Kulturintentität“, einen rechts orientierten Konservatismus und
polemisierte scharf selbst gegen Heiner Geißler im Konrad-Adenauer-Haus. Kurz
nach der Wende im Osten, bezeichnete Ziesel in einem Magazin dann diese Akteure
aus dem Westen: „wir sind das Volk“.
In dem „Deutschland Magazin“ forderte CSU- Chef Theo Waigel, ebenso kurz vor
der Wende im Osten, gegen linke Tendenzen vorzugehen und die BRD in die
11
„Wertegemeinschaft“ des Westens stärker einzubinden. Max Streibl, Bayerns
Ministerpräsident erklärte dort, dass der „Zuzug von Wirtschaftsasylanten und
Ausländern bei uns in überschaubaren Grenzen gehalten werden“ müsse. Im
„Deutschland Magazin,“ (21/ 1949) fortetrte dann der Bundestagsabgeordnete der
CDU, Lummer, linke Tendenzen und den Antifaschismus zu bekämpfen“, eine
Öffnung nach rechts, ein Bündnis mit den Republikaner und diese Partei, des sich
offen zur SS bekennenden, ehemaligen Chef des Rundfunks in Bayern, von der
Polizei schützen zulassen.
Das Blatt der SS in der BRD, „Der Freiwillige“, dankte in Juli/August 1989 dem
Bundesminister Hans Klein, weil er vor dem Bundestag die Waffen SS, einen Teil
der SS, als kämpfende Truppe für das Vaterland und zum Schutz Europas, wie einst
der Politische Dienst für SS und Polizei besonders an 1943 betonte. Gleizeitig stellte
er damit die SS der Wehrmacht gleichgestellt.
Der einst von Himmler geförderter SS-Führer, Organisator des Massenmordes und
nun Kämpfer in der „Wertegemeinschaft“, Dr. Fritz Arlt, verfasste extra 1995 ein
Buch „Polen-, Ukrainer-, Juden-, Judenpolitik“ (Lindhorst 1995), in dem er
verkündete, dass nun der alte Freiheitskampf im Osten wieder belebt werden müsse.
Vielleicht hat damit Arlt als Chef der „SS Freiwilligenstelle Ost ( Balten, Ukrainer,
Weißruthenien, Kosaken)“ des SS Hauptamtes und schließlich 1945 als Führer einer
ukrainischen SS Einheit in seinem veröffentlichen Lebenslauf zu viel
Gefolgschaftstreue gezeigt. Er berichtete, das er sofort 1945 auf dem gleichen
Gebieten für den amerikanischen Nachrichtendienst gearbeitet habe, der die gleichen
faschistischen Kämpfer zur Diversion wieder auch im Osten, unter hohen Verlusten,
einsetzte.
Dann wirkte er von 1949 bis 1953 als Berater von Dr. Konrad Adenauer. SS-
Obersturmbannführer Arlt verschwieg aber in seinem Lebenslauf, dass er ab 1949
ebenso für die von USA geführte und finanzierte Organisation Gehlen als Agent
V-2881 (Decknahme Werner) aktiv tätig war.
Der für die Diversion zuständige Oberst (Fremde Heere Ost) scharte ab 1949, geführt
vom CIA, die Terrorexperte der SS und der Wehrmacht für den neuen Kampf im
Osten um sich.
Nach 1945 strandeten dann Volksdeutsche und belastete ehemalige Kämpfer in den
SF der SS im amerikanischen Sektor, dann nach Ausbildung in Speziallager, wieder
im Kampf im Osten, nur jetzt für neue Interessen.
Udo Ulfkotte, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, analysiert den
Aufbau, die Entwicklung und die Tätigkeit der OG unter direkter Führung der USA,
die Gründung des BND und dessen Verstrickung in deren Herrschaftspolitik im
Osten, besonders in den ehemaligen südlichen Republiken der UdSSR, die Ukraine
sowie in der arabische Welt in seinem Buch „BND“, das in München 1998 erschien.
Er verwiest bereits schon damals darauf, dass die von den CIA und den
amerikanischen Streitkräften geschulten und bewaffneten islamistischen, fanatischen
Kampfeinheiten zu einer Gefahr für die Demokratie in der Welt werden.
12
Er schildert, dass Gehlen, abgestimmt mit der Führungsmacht, innerhalb von zwei
Jahren 5000 Ukrainer, Weißrussen, Polen, Litauer und Esten in den Lagern Bad
Wiessee und Kaufbeuren zur Diversion ab 1949 sammelte und ausbildete. Von 1951
bis 1957 , nur zum Beispiel, ließ er immer wieder V-Männer über Rumänien, der
Ukraine und Tschechoslowakei abspringen. (S. 139). Führte die Bundesrepublik seit
ihrer Gründung einen „verdeckten“ Krieg oder auch nur gezielte Diversion im Osten
weiter?
James H. Critchfield, der als hoher Beauftragter des CIA für den Aufbau, die
Finanzierung und Führung der Organisation Gehlen, dann für den BND über Jahre
zuständig war, verweist in seinem Buch: „Auftrag Pullach“, Hamburg. Berlin. Bonn
2003 unter anderem auf bemerkenswerte Tatsachen.
1. „Dr. Hans Globke: als Staatssekretär im Bundeskanzleramt war in der
Anfangszeit der Regierung Adenauer der mächtigste Mann und prägte die
Außen- und Verteidigungspolitik, welche die Grundlagen für die engen
Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der NATO bilden.“ (S. 248)
2. Adenauer und ein kleiner Kreis, Globke, Gehlen, Bankenhorn, Heusinger und
Foertsch, befürworteten die Aufrüstung und hielten an einem Bündnis mit den
USA und der Nato fest. (S. 241)
3. Der gleiche Kreis zog die Spaltung Deutschlands in den Jahren 1950 und
1956 vor und lehnten ein „Neutrales Deutschland unter dem Schutz der der
vier Mächte“ ab.
Damit überließen sie Ostdeutschland den Einfluss der UdSSR, oder wie andere
Konservative meinten, sie lieferten im Interesse der USA die Ostdeutschen den
Russen aus, um eine österreichische Lösung zu verhindern.
4. Mit Bildern und Texten verweist er auf mehren Seiten, dass die enge
„Zusammenarbeit von BND und CIA“ weit über das Jahr 1999, damit der
nach „deutschen Einheit“, fortgesetzt wurde. Es fanden dafür in Deutschland
und den USA „Zusammenkünfte“ statt auf denen man „Verdienstorden“
verlieh.
1. Entwurf Juni 2015
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Vergessen und verdrängt

  • 1. Prof. Dr. Otto Seifert, Leipzig Volksdeutsche unter der Führung und dem Joch der SS Im Herbst 1939 verkündete die gelenkte Presse in Deutschland eine neue Völkerwanderung, eine Neuordnung der ethnographischen Verhältnisse, eine biologische Säuberung Europas, einen zu errichtenden germanischen Bevölkerungswall und dann sogar eine völlige Neuordnung Europas durch das nationalsozialistische Deutschland als Kern. Hitler leitete mit seinen Helfern und Ideologen eine der größten Vertreibung und Vernichtung von Menschen in der Geschichte Europas ein. Die Weichen für das traurige Schicksal von Millionen Menschen deutscher Nationalität und insbesondere für „Artfremde“ sowie Juden in Europa wurden aber bereits schon einige Jahre vorher gestellt. Ein knappes Jahr nach der faschistischen Rassengesetzgebung von 1935 ging eine folgenschwere Erklärung von Partei und Regierung an die zentralen und regionalen Organe des Staates, der NSDAP, deren Gliederungen und an die regionalen Institutionen sowie Einrichtungen der Wirtschaft („Zwischen den beteiligten Reichsministerien...sowie dem Stellvertreter des Führers [Rassenpoltisches Amt] ist Einvernehmen über Folgendes erzielt worden. Berlin, d. 30. April 1936, Z 4202/36, Nr. 82). Auf der Grundlage der von Staatssekretär Stuckart und Ministerialrat Globke erarbeiteten Richtlinie, (des späteren Vertrauten der USA und Kanzleramtschefs Adenauers) wird nicht mehr zwischen Ariern und Nichtariern unterschieden. Jetzt gelte nach Stuckart – Globke, „zwischen Personen deutschen und artverwandten Blutes einerseits, und Juden sowie sonstigen Artfremden andererseits“ zu unterscheiden. Dieser Grundsatz sei nun auch bestimmend für die in „Europa siedelnden Völker“ und „Abkömmlinge in außereuropäischen Erdteilen“. Die vom Stellvertreter Hitlers, Rudolf Hess, bereits völlig der NSDAP unterstellte „Volkstumspolitk“ im Ausland, erhielt durch die Gründung einer Volksdeutschen Mittelstelle (Vomi) Ende 1936 einen neuen Charakter. Diese Organisation leitete nun seit Februar 1937 SS-Obergruppenführer Werner Lorenz, unterstützt von anderen hohen SS-Führern und Vertretern des SD. Nach und nach entstanden weitere SS-Ämter, die für die verschiedenen Gebiete der „Volkstumsarbeit“ zuständig waren. Bereits am 6. Oktober 1939 hatte Hitler vor dem Reichstag einen Plan für ein neues Europa verkündet. Er sah die „Befriedung der besetzten Gebiete“, die Sicherung der von Polen geraubten Ländereien, die neuen Reichsgrenzen im Osten sowie eine „neue Ordnung der ethnographischen Verhältnisse, d.h. eine Umsiedlung der Nationalitäten“ vor. Hauptziel sei die „Festigung des deutschen Volkstums“ im Osten. 1
  • 2. Hitler ernannte Heinrich Himmler zum Reichskommissar für diese Aufgaben, später auch für den Westen und Südosten Europas. Dies alles verband sich mit der Absicht, die Reichsleiter Alfred Rosenberg im März 1941 offen über alle deutsche Rundfunksender verbreitete, alle Juden aus Europa zu vertreiben oder sie zu vernichten. Am 7. Oktober 1939 erließ Hitler einen neuen „Erlass zur Festigung des Deutschen Volkstums“. In ihm übertrug er dem Reichsführer SS drei Aufgaben: „1. Die Zurückführung der für die endgültige Heimkehr in das Reich in Betracht kommenden Reichs- und Volksdeutsche im Ausland, 2. die Ausschaltung des schädigend Einflusses volksfremder Bevölkerungsteile..., 3. die Gestaltung neuer Siedlungsgebiete durch Umsiedlung... Sesshaftmachung... von Reichs- und Volksdeutschen“. Himmler verlieh sich, kurz darauf, selbst den Titel Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums (RKF). Damit unterstanden alle Menschen deutscher Nationalität in den mit Hitler verbündeten Ländern, wie Slowakei, Rumänien Kroatien, und in den vom deutschen Faschismus unterworfenen Gebieten der SS. Diese Volksdeutsche mussten sich politisch organisieren, sogar teilweise in neuen Orten ansiedeln, oft in einer Art Wehrdörfer, geführt von SS-Führern oder Einsatzgruppen der SS. Die wehrfähigen Männer wurden verpflichtet, in „FS Freiwillige Schutzstaffeln“ Wehrdienst zu leisten. Ihre militärische Ausbildung, ihren Einsatz sowie politische Orientierung steuerte die SS mit einem speziellem Apparat. Zudem schuf sie eine besondere Presse für Volksdeutsche, die zum Teil in Dresden und Berlin hergestellt wurde. Während die Masse der Volksdeutschen der SS freiwillig, oft begeistert folgte, geriet eine Minderheit unter das Joch der SS. Sie wurden als nicht würdig befunden, in der Liste der Volksdeutschen oder sogar möglichen Reichsdeutschen geführt zu werden. Galten als von Polen infiziert oder slavifiziert. Schon beim Überfall Polen 1939 bezog die NS-Führung Volksdeutsche aus dem neuen Gau Sudetenland mit sofort mit in den Krieg ein. So bildete die SA-Gruppe östliches Sudetenland ein bewaffnetes Bataillon, das nur mit einem Streifen „Grenzschutz“ an der SA Uniform angeheftet, in Polen einmarschierte. Eine andere größere SA-Mannschaft wurde in „der Ostmark“, im Gebirge, für seinen Einsatz in Polen, ausgebildet. Andere SA-Einheiten aus dem Sudetenland zog die SS zur Grenzsicherung heran. SA Obertruppführer Georg Wagner berichtete in einem Extraheft, „Sudeten-SA in Polen“, Karlsbad – Leipzig 1940, ohne Seitenangabe, über den Verlauf des Einsatzes während des Überfalls: „ ... bei Säuberungen der eroberten Dörfer und Ortschaften kommt es zu zusätzlichen Kampfhandlungen... viele Gefangene werden gemacht.... Dörfer durchsucht... besonders in den polnischen Beskiden der Widerstand gebrochen“. In einigen Gebieten werden „keine Gefangene gemacht... und die Schlachtfelder von Juden geräumt ... verhört... Juden zur Arbeit von der Straße weg nach Ostgalizien getrieben.... Verhöre.“ 2
  • 3. Eine Art Modell für den bewaffneten Einsatz von Volksdeutschen entwickelten die deutschen Faschisten bereits ab 1936 in der Slowakei, Rumänien und in Ungarn. Die SS schuf dort eigene bewaffnete Einheiten mit Ausbildungszentren und Stäben. Im besetzen Polen, dem Generalgouvernement gestaltete sie den Selbstschutz von Anfang an zu einem wichtigen Herrschaftsinstrument. Sie bildeten aus den männlichen Volksdeutschen (meist in Polen angesiedelte volksdeutsche „Heimkehrer“) den Sonderdienst Generalgouvernement. Er wurden von der SS ausgebildet und bei politischen „Sicherungen“, „Säuberungen“, „Bekämpfungen von Partisanen“, „Beschlagnahmungen“ und sogenannten Polizeiaktionen eingesetzt. Der Sonderdienst war in Form von Bataillonen organisiert, besaßen einen eigen zentralen Stab und ein großes Ausbildungszentrum. Bestimmte zusätzliche stationäre Einsatzbataillone in den Distrikten waren für größere Unterdrückungsaktionen gedacht. Ab Frühjahr 1942 besaß der Sonderdienst eine eigen Monatszeitschrift, den „Sonderdienst Generalgouvernement, Herausgeber, Der Inspekteur des Sonderdienstes, Krakau, Schriftleitung, Oblt. d. S. Mayer“. Den Dienst bezeichnete diese Monatszeitschrift als Bewährung von Volksdeutschen, Deutsche zu werden. Deshalb publizierten in der Zeitschrift auch Personen wie der Staatssekretär Ernst Boepple, Verleger und Mitgründer der NSDAP, der NS- Schriftsteller Will Vesper und andere bekannte NS-Ideologen. Ab Februar 1943 wurde die Monatszeitschrift durch ein „Mitteilungsblatt für den Sonderdienst Polizei im Generalgouvernement“ ergänzt. Hitler hatte bereits am 12. Oktober 1939 durch einen Erlass angewiesen, dass ein Teil Polens nicht in des Reich eingegliedert wird, aber von einem dem Führer unmittelbar unterstellten Generalgouverneur regiert wird. Am 6. Mai 1940 schuf die Parteiführung dazu einen „Arbeitsbereich der NSDAP“. (Verordnungen des Generalgouverneurs, Rodom, S1, S. 183). Die Reichsleitung der NSDAP schickte am 5. Januar 1940 extra einen „Einsatzstab der NSDAP“ in das Generalgouvernement, der die einzelnen „Reichsstellen“ und die Durchführung des Erlasses kontrollieren sollte. Das Generalgouvernement galt somit als besonderes Gebiet der NSDAP, deshalb waren viele Schlüsselpositionen mit Spitzenfunktionäre der Reichsleitung der NSDAP, wie zum Beispiel der Chef des Distrikts Warschau vom Reichshauptamtsleiter der NSDAP, Dr. Ludwig Fischer, besetzt. Chef der Inneren Verwaltung des Distrikts Warschau war Reichsamtsleiter der NSDAP, Dr. Otto Gauweiler, der in der ersten Hälfte des Jahres 1940 einen Bericht über die Auflösung des polnischen Staates, die Plünderung der Ämter, Bibliotheken und Einrichtungen Warschaus, der Verfolgung von Juden bis hin zu Vorschläge zur neuen Herrschaftsstruktur der Nazis vorlegte. (Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete, Bericht der Abteilung Innere Verwaltung im Amt des Chefs des Distrikts Warschau, vorgelegt.... Reichsamtsleiter Dr. Gauweiler, [Mai 1940], Streng vertraulich, Nur für den Dienstgebrauch). 3
  • 4. Auch die Gründung des Instituts für Deutsche Ostarbeit in Krakau, ein geistiges Zentrum für die Kolonisierung des Ostens, durch den Reichsminister, Reichsleiter der NSDAP und Generalgouverneur Hans Frank im April 1940 und die Eröffnung des Instituts am 20. Juni 1940 war eine Aktion von Spitzenfunktionäre der NSDAP. Später traten auch auf den Konferenzen hohe SS-Führer wie Franz Alfred Six vom SD und der SS-General Prof. Reinhard Höhn auf. Aber auch Professor Theodor Oberländer entwickelte im Ostinstitut der NSDAP Konzepte zur Vertreibung im Osten, seiner Kolonisierung sowie seiner Besiedlung mit deutschen Bauern, bevor der Reichssicherheitschef Heydrich ihn an die Prager Universität zum Dekan berief. Das Amt konnte er nicht voll ausführen, da er wegen des Überfalls auf die UdSSR im Heeres, nicht für Propaganda, sondern für Diversion eingesetzt wurde. Oberländer, den „Das Parlament“ selbst nach der Vereinigung als ein Opfer des Kommunismus hinstellte, publiziert unter anderem auch als Rassentheoretiker im „Neues Volk, den Blättern des Rassenpolitischen Amtes“, Heft 1. Januar 1937. Die Liste der Professoren, die im Institut für Deutsche Ostarbeit Konzepte für die Eroberung des Ostens und für die Vertreibung der Bevölkerung entwarfen, reicht von Professor Aubin, über Heide, Seraphim bis zu Raschhofer. Aber auch Dr. Fritz Arlt, NS-Spezialist zur Vernichtung von Juden und für Vertreibung, war in diesem geistigen Zentrum der NSDAP tätig. Fast alle von denen erhielten in der gepriesenen westlichen Wertegemeinschaft, gefördert von den USA, unter der Regierung Adenauer und Globke, wieder Schlüsselpositionen und Macht. Selbst NS-Reichsamtsleiter Dr. Georg Leibbrandt, Rassentheoretiker unter Alfred Rosenberg, NS-Reichsamtsleiter im Ostministerium und aktiver Teilnehmen an der Wannseekonferenz zur Endlösung der Judenfrage, ein Architekt des Massenmordes, wurde mit in den westliche Führungskreis nach 1945 geholt. Der Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 besaß für das Leben der Völker Europas und die Besetzung fast ganz Europas durch die Faschisten eine große Bedeutung. Der Deutsch-Sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1938 und ein geheimes Zusatzprotokoll legten die Grenze zwischen der UdSSR und Deutschland neu fest und damit die Teilung Polens sowie die „Interessengebiete“ beider Staaten in Europa. Die baltischen Staaten überließ er dem sowjetischen Einfluss. In einem weiteren geheimen Zusatzprotokoll, unterzeichnet von Ribbentrop und Molotow, verpflichteten sie sich, keinen Einfluss auf die jeweiligen Interessengebiete zu üben und verzichteten auf politische Agitation, die den jeweiligen Interessen schaden könnten. Schließlich unterzeichneten Graf von der Schulenburg und Molotow am 10. Januar 1941 ein, bis heute kaum beachtetes, zusätzliches Grenz- und Umsiedlungsabkommen in Moskau. Es regelte „endgültig“ den Verlauf der Grenze zwischen Deutschland und der UdSSR und legte die jeweiligen „Einflussgebiete“, nach einigen Korrekturen, fest. 4
  • 5. Die UdSSR verpflichtete sich, die Umsiedlung von Reichs- und Volksdeutschen aus den litauischen, lettischen, estnischen und ukrainischen Sowjetrepubliken sowie aus dem von ihr besetzten polnischen Gebiet sowie südwestlich Räumen der UdSSR zu unterstützen. Die deutsche Seite verpflichtete sich, die Umsiedlung von Personen aus den baltischen Staaten mit russischer und weißrussischer und ukrainischer Volkszugehörigkeit sowie andere Volksgruppen aus den deutschen Einflussgebieten zu fördern. Es wurden sogar gemeinsame Stäbe mit festen Stützpunkten gebildet. Beide erklärten, dass sie nach der Umsiedlung keine Vermögensansprüche stellen und die Umsiedlung innerhalb von „2 1/2 Monaten“ durchführen. Die einsetzende riesige Umsiedlung betraf über 600 000 Personen deutscher Nationalität und 500 000 bis 700 000 Russen, Weißrussen, Ukrainer, Rumänen und Polen. Dieser für die Umsiedlung festgelegte Personenkreis unterlag der Geheimhaltung. In wenigen Monaten wurden mehr als eine Million Menschen unter „Aufsicht“ der SS und einem vorgegebenen Kreis (Militär und Geheimdienst) aus der UdSSR umgesiedelt. Schon im November 1939 benannten NS-Parteiführer und SS-Offiziere das erste Umsiedlungskommando. Es rückte mit „300 Männern“ in die sowjetisch besetzten Gebiete (Polen Galizien, Wolhynien, Marewgebiet) ein und holte, mit den verschiedensten Methoden und mit Hilfe der Roten Armee und „Spezialisten“ der UdSSR, „bis Ende Januar 1940 135 000 Volksdeutsche“ aus der UdSSR raus. Am 26. Mai 1940 begann ein zweites Kommando mit der Umsiedlung von Volksdeutschen aus den Ostgebieten und dem (östlichen) Generalgouvernement. Im August 1940 wurde ein drittes Kommando mit 399 Mann und 250 Fahrzeugen zusammengestellt, das im September in Bessarabien und einige andere von der UdSSR besetzten südlichen Landstrichen einmarschierte und wieder Menschen aus ihrer Heimat heraus riss. Ein großer Teil der aus Bessarabien stammende ländliche Bevölkerung musste in Trecks bis zur Donau ziehen. Anschließend wurden sie in Richtung Niederösterreich und Wien mit Dampfern abtransportiert. Aus der Nordbukowina schickte man die „Umsiedler“ in Wagons nach Deutschland in den Grenzen von 1939. Alle diese Kommandos erhielten Verstärkung durch Ostexperten der Nazis und Fachleuten für Landwirtschaft und „Bevölkerungspolitik“ aus Mecklenburg, Schlesien und Sachsen. Der Gau Thüringen kommandierte extra seinen Stellvertreter des Gauleiters in den Osten. In den sogenannten „für das Reich zugewonnenen westlichen Gebiete“ siedelten die Nazis Franzosen und sogenannte Unzuverlässige aus, gegründet jedoch keine bewaffnete Selbstschutzeinheiten von Deutschen. Im ehemaligen Österreich enteigneten die Nationalsozialisten in wenigen Wochen alle Juden, trieben ein Teil von ihnen in die KZ oder in Gettos, andere ins Ausland. Über die nun südostdeutschen Gaue schleusten die Nazis in den Herbstmonaten von 1940 mehr als 13 000 Menschen aus der Dobrudscha ins Reich. 5
  • 6. Mit der Umsiedlungen sowie „Säuberungen“ begann im Osten eine einmalige Aktion zur Vertreibung und Ausmerze von Menschen. Die „Schlesische Tageszeitung“ vom 5. 12. 1939 bezeichnet das als „Die größte Umsiedlung der Weltgeschichte“, „eine von Hitler organisierte große neue Völkerwanderung“. Der Gauleiter Förster des neuen Reichsgau Danzig-Westpreußen kündigte im November 1939 eine „völkische Bereinigung des Ostraumes“ an und erklärte: „Wer zum polnischen Volk gehört, muss dieses Land verlassen.“ Diese unmenschliche Äußerung verbreitete dann selbst das kleinste Blatt, wie der „Kärntner Grenzruf“ vom 27. November 1939. Abgesehen von verbliebenen Zwangsarbeitern, vertrieben die neuen Herrscher in diesem Gau Polen als Artfremde und alle Juden in das Generalgouvernement, dem besonderem Gebiet der NSDAP. SS-Obergruppenführer Richard Hildebrandt leitete als Beauftragter Himmlers die Vertreibungen und Liquidationen unter Förster. In dem auf besetzten polnischen Gebieten gegründeten Gauen Wartheland und Oberschlesien wurden 500 000 Juden in Arbeitslager gepresst oder in Gettos und KZ in das Generalgouvernement deportiert. Polen blieben nur als billige Arbeitskräfte. Viele andere wurden enteignet, um deutschen Siedlern Platz zu schaffen. Im Gau Oberschlesien organisierte Gauamtsleiter Dr. Fritz Arlt (ehemals Chef des Rassenpolitischen Amtes in Leipzig, Gauamtsleiter für Rassenfragen in Schlesien, dann ab 1939 verantwortlich für „Bevölkerungsfragen“ im Generalgouvernement, damit für die Vertreibung von Polen und den Aufbau von Gettos für Juden, ausgezeichnet als Beauftragter von Himmler und zum SS-Sturmbannführer ernannter, entließ er als Mitarbeiter des SS-Hauptamtes/SS-Führungshauptamtes 1945 ausländische Mitglieder der SS in den Untergrund, nach 1945 Berater der amerikanischen Besatzung, Agent Gehlens, dann Adenauers Vertrauter und schließlich Mitarbeiter des SS-Ordensmann Dr. Martin Schleyer in Führungspositionen der Wirtschaftsverbände) die „Säuberung“ Oberschlesiens von Polen und Juden sowie die Ansiedlung von Deutschen. Oberschlesien sollte ein „luftsicheres Ruhrgebiet“ im Osten werden Im besetzten Polen begann eine der unmenschlichsten Vernichtungsaktion gegen Juden. Im Frühjahr siedelte beispielsweise die deutsche Distriktsverwaltung in Warschau 113 000 Polen um und pferchte insgesamt 400 000 Juden in das Warschauer Getto. Wochen später konnte die deutsche Warschauer Behörde nicht angeben, wie viel Juden sich überhaupt in diesem Getto befanden. Neben diesen wenigen Beispielen der einmaligen Massenvernichtung von Juden in Polen, entwickelte sich ein andere ebenso, völlig verdrängte unmenschliche Erscheinung. Bis Dezember 1940 schleusten die Nazis ca. 430 000 bis 450 00 „Heimkehrer“ durch das besetzte Polen (z. B. 130 000 aus Wolhynien, Galizien, 90 000 aus der Bukowina, 90 000 aus Bessarabien und 51 000 aus Estland). Viele davon wurden in Lager in östlichen Gauen des Reiches gesteckt, um ihre Zuverlässigkeit und NS-Treue für eine Ansiedlung in Polen zu überprüfen. Der Gau Sachsen besaß allein fast 100 derartige Überprüfungslager mit sehr strenger Lagerordnung. 6
  • 7. SS-Ansiedlungsstäbe „siedelten“ dann 1940 pro Tage bis zu 150 Familien auf von Polen geraubtes Land in nur einem Distrikt an. 700 Studenten verschiedener Fachrichtungen unterstützten 1940 diesen Prozess in der damaligen Region Litzmannstadt. Dort verpflichtete die SS 1941 über 3000 polnische und jüdische Zwangsarbeiter, um „deutsche Höfe“ zu errichten. Der Leiter des „Facheinsatzes Ost“ der Studenten in Litzmannstadt meldete, dass in diesem Bereich allein noch für 25 000 deutsche Siedlerfamilien „evakuierte polnische Höfe“ fehlten. „Volksdeutsche“ siedelte die Besatzung auch in Städten an. Umgesiedelt und vertrieben wurde in Polen bis 1944. In von deutsche Truppen und der SS besetzten baltischen Ländern gewährten die deutschen Besatzer den nationalistischen und antirussischen Kräften, mit einigen Abweichungen, größeren Spielraum. Dabei gaben sich die NS-Spitzen Funktionär, die erst den Russen das Baltikum großzügig überlassen hatten, nun als ihre Befreier von russischen Unterdrückung aus. Viele Bürger im Baltikum leisteten aktive Hilfe, sogar mit eigenen Aktionen, bei der Vernichtung von Juden. Da die Deutschen aus diesem Raum bereits „ausgesiedelt“ waren, verschoben die neuen Herrscher die Eindeutschung dieser Gebiete. Sie sollte erst nach dem Sieg durch einen Keil von angesiedelten Deutschen vom Litauen bis an den Raum Leningrader erfolgen. Aus den Länder des Baltikums, mit ihren kleineren Bevölkerungszahlen, war der Anteil von 160 000 Personen, die in der Wehrmacht dienten, relativ hoch. Die Zahl der Mitglieder der SS war dagegen etwas geringer und differenzierter (4 000 Litauer, 25 000 Esten und 35 000 Letten). Bereits 1940 entwickelte der Verantwortliche für Bevölkerungspolitik im besetzten Polen, Dr. Fritz Arlt, in einen geheimen Informationsdienst („Volkspolitische Informationsdienst“, H. 1.), wie die ukrainische „Volksgruppe“ des Generalgouvernements bei der Unterdrückung von Polen und im kommenden Krieg gegen die UdSSR zu nutzen sei. In diesem Dienst wurde beschrieben, wie man die ersten Westukrainer schon für den Krieg gegen die Ostukraine gesammelt habe. Arlt schickte dann sogar 1945 noch vom SS-Hauptamt in Berlin aus die existierenden ukrainischen SS-Männer zur Diversion in den Untergrund. Ab 1940/1941 erhielt die SS immer mehr den Charakter einer politischen Elite und der Terrororganisation des deutschen Faschismus in ganz Europa. Der Erlass des Führers zum Krieg gegen die UdSSR und der Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941, der den Terror gegen Andersdenkende und die Bevölkerung sowie die Beseitigung des Völkerrechts mit einschloss, stärkte die Position der SS im Herrschaftssystem. So gaben SS-Oberführer Reinhard Höhn, SS-Oberführer Werner Best, SS- Brigadeführer Franz Alfred Six und einige andere nicht mehr nur die Grundrichtung der Herrschaft des Nationalsozialismus im Inneren sondern immer mehr für Europa in Büchern, Zeitschriften, Richtlinien des SS und Dienstvorschriften an. Dabei entwickelten sie Grundzüge des Vorgehens in West- sowie Osteuropa. 7
  • 8. Die SS wurde immer mehr als die europäische Truppe im Kampf gegen den Osten bezeichnet. In Mittel- und Westeuropa wurde sie zum Träger eines neuen Europas erhöht, das die Westlichen Demokratien durch den Krieg beseitigt habe. Europa müsse nun den Krieg im Osten fortsetzen und gegen Großbritannien und die USA als angeblich untergehende Mächte bekämpfen. Ab 1934/44 wurde die SS, besonders die Waffen SS, einschließlich die Einsatzkommandos zur Vernichtung von Menschen, von den SS-Ideologen, die alle auch in der Praxis des Krieges mit wirkten, als die Retter Europas hingestellt, das nicht nur in den Dienstsachen für SS und Polizei sondern auch in allen öffentlichen Medien. Zur Eindeutschung in der Ukraine schufen zum Beispiel der korrupte Reichskommissar für die Ukraine, NS-Gauleiter Erich Koch sowie die SS gesonderte Siedlungs- und Förderprogramme, Wehrdörfer, Schulungslager (für „schwarzmeerdeutsche Jugendliche“ allein 42 Sommerlager im Frühjahr 1943) sowie sogenannte bewaffnete Sicherungs- oder Selbstschutzmannschaften. Viele von ihnen wurden in den Krieg und in die Kämpfe mit Partisanen verstrickt. Die NS-Propaganda spielt in der Ukraine eine besondere Rolle. So existierten nicht nur das geheime „Zentralblatt des Reichskommissars für die Ukraine“ und das ebenso nur für für den Dienstgebrauch zugelassene „Verordnungsblatt“, sondern zahlreiche Zeitung der NSDAP, des Reichskommissariats, der Wehrmacht, der SS und der Volksdeutschen, von denen einig in Dresden hergestellt wurden, die Masse aber von einem großen beweglichen Propagandaapparat. Die Krim hatte man nicht, wie geplant, dem Reichskommissar für die Ukraine als Distrikt unterstellt, sondern wegen ihrer Lage als Schlüsselstellung im Schwarzen Meer, der Bevölkerungsstruktur ( Russen, Tataren, Deutsche, Griechen und nur eine ukrainische Minderheit) der Wehrmacht. Stalin hatte nicht alle Tataren umgesiedelt. So leisteten auf der Krim Tataren, wegen ihrer vermuteten antirussischen Haltung, Dienst als Polizisten und bei der Wehrmacht. 10 000 Tataren dienten in der Waffen SS, waren somit ausländische Mitglieder der SS. Nach 1941/42 beteiligten sich zum Beispiel in der Ukraine 7 000 Volksdeutsche im vom SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf aufgebauten Selbstschutz am Holocaust, an sogenannten Säuberungsaktionen und umfangreichen Deportationen. Die „Betreuung“ der sogenannten „Schwarzmeerdeutschen“ lag in den Händen der SS-Einsatzgruppe R (Russland). Auch das Zentralblatt des Reichskommissars für die Ukraine, (NfD), Rowno, 5. 8. 1942, ordnete offiziell die Bildung eines Selbstschutzes in allen volksdeutschen Orten und dessen Bewaffnung an. Die Ukraine galt als ein Schwerpunkt des „deutschen Reiches“ und der SS. So bestimmte Himmler, dass neben den Distriktskommissaren des Reiches immer ein Oberster SS und Polizeiführer eingesetzt wird. Die SS schuf dann aus Ukrainer, vorwiegend aus Galizien, zwei SS Divisionen und drei (SS-)Polizeiregimenter. Aber 8
  • 9. auch die Wehrmacht war auf diesem Gebiet, besonders unter Oberst Gehlen, nicht untätig. Das strategische Ziel war, die Ukraine zu „säubern“, als Basis der Reiches für Rohstoffe, landwirtschaftliche Produkte sowie nationalistische Kräfte für den Krieg gegen die UdSSR zu gewinnen, um „deutsches Blut zu schonen“. Zur Besatzungszeit sollte schon begonnen werden, im Süden der Ukraine, den Siedlungsraum der Deutschen in einem Keil von der rumänischen Grenze bis oberhalb der Krim auszubauen. Später, nach dem Endsieg war geplant, den Raum zu erweitern, um dort den „Siedlungsraum“ von Deutschen und deutschen Soldaten zu „erweitern“ und den slawischen Anteil auszudünnen. Himmler ermahnte in einer Geheimrede vor Reichs- und Gauleiter am 6. 10. 1943 in Posen, dass man mit allen Mittel im Osten Slawen und selbst russische Generale für den Krieg im Osten gewinnen müsse. Aber es sollte beachtet werden, aus den „Slawen“ kein Programm zu machen, Er erinnerte damit an die geplante Bevölkerungspolitik im Osten nach dem angeblichen Sieg. Die SS versuchte schon, während des Krieges, ihre Vorherrschaft im Osten und Südosten zu sichern. Sie bildete hauptsächlich ab 1943 zahlreiche „Volksführer“ von deutschen Minderheiten in der Waffen SS aus und verlieh ihnen meist einen mittleren SS-Dienstgrad. Diese SS-Führer traten in der folgenden Zeit auch in SS-Uniform auf. Für die SS galten die Volksdeutschen immer mehr nur als eine Kampfreserve für den Krieg, eine Stütze für die Kolonisation des Ostens und ein „Beitrag“ zur Schonung von „gutem deutschen Blut“, wie Himmler mehrfach vor Führungskreisen betonte. In der Geheimrede in Posen am 6. 0ktober 1943 erklärte Himmler, dass allein aus dem Südosten Europas 130 000 Volksdeutsche außerhalb Deutschlands in den Reihen der Waffen-SS dienen würden. Ab 1941 spielten sich in Südosteuropa ebenso tragische Prozesse ab. Die Gaue Kärnten und Steiermark erweiterten ihr Territorium, vertrieben große Teile der Slowenen und besetzten diese Region mit „Deutschen“. Aber auch aus Kroatien wurden bereits Anfang 1940 alle Deutschen, die südlich der Soave lebten, ins Reich „rückgesiedelt“. Aus dem „Gotscher Gebiet“ verfrachtete die SS im Januar 1942 kurzerhand 14 000 Deutsche an die neue Grenzen von Steiermark und Kärnten. Die anderen Deutschen, mit vielen Sonderrechten ausgestattet, konzentrierte die SS im östlichen Teil Kroatiens. Noch 1944 siedelte die deutschen Behörden innerhalb von wenigen Wochen mehrere Tausend Kroaten aus den südlichen „neuen deutschen Gauen“ und besetzten Gebieten aus. Gemeinsam mit dem von den Nazis 1941 gegründeten kroatischen Staat wurden 1,8 Millionen Serben aus Kroatien, Bosnien und Herzegowina vertrieben. 200 000 sollen, nach Schätzungen, von den Ustaschi regelrecht abgeschlachtet worden sein. 9
  • 10. Ein großer Teil der deutschen Minderheiten im Südosten, die Männer meist unter Waffen, opferten die Nazis für ihre rassistische Machtpolitik. In den westeuropäischen besetzten Gebieten spielten sich ähnliche unmenschliche „Säuberungen“, wenn auch variiert, ab. Aus dem Elsass vertrieben die Nazis die Franzosen, enteigneten sie und „Deutschen“ diese Region völlig ein. Auf den Gebieten der Vertriebenen begannen die NS-Machthaber, auch hier Deutsche anzusiedeln, sogar einige „Russlanddeutsche“. Als Verwalter und Besitzer von enteigneten Wirtschaftsunternehmen setzte man nur Deutsche ein. Zweifellos kann nicht die gesamten Vertreibungen im von Deutschen besetzten Europa geschildert werden. Am 27. 7. 1944 veröffentlichte „Der Freiheitskampf“, die amtliche NS-Zeitung von Dresden, Teile einer „Unterredung mit der Stabsführerin des Deutschen Roten Kreuzes“. In ihr informierte sie, die Rückführung von Deutschen aus der UdSSR hätte bereits 1942 begonnen. Die sei bis Mitte bis 1944 fortgesetzt worden und schließlich habe sie ab 1944 ihren Höhepunkt erreicht. Dazu nannte die Stabsführerin Beispiele von der Heeresgruppe Mitte, aus dem Kaukasus und der Ukraine. Alle seinen in die ab 1938/39 neugewonnene Gaue und die eroberten polnischen Gebiete, nach ihrem Verständnis in das Reich, von der SS zurückgeführt worden. „Der politische Dienst für SS und Polizei, Nur für den Dienstgebrauch“ nannte in seiner 5. Folge 1944 unter „Rückkehr ins Reich, Der Treck der Russlanddeutschen“, interne Angaben über die sogenannte „Rückführung deutschen Blutes“ für die SS- Führer. Ohne die in der SS und Wehrmacht dienende Volksdeutschen seien bei der Rücksiedlung durch die Volksdeutsche Mittelstelle bis zum 3. Juli 1944 allein 908 000 aus „Russland“ ins Reich zurückgeführt worden, darunter 350 000 Russlanddeutsche und 130 000 Deutsche aus Transnistrien. Verschiedenen Trecks fasste die SS zu 12 Bereichskommandos zusammen, die im Schneetreiben, 1944 täglich über vierzig bis sechzig Kilometer bis zu den Auffangkommandos zurücklegen mussten. „Einer mit 72 000 Menschen, 39 000 Pferden, 13 000 Rindern und 10 000 Wagen ging als Nordtreck über die Pruht.“ Allen wurde eine bessere Heimat versprochen. Über die Verluste an Menschen bei dieser neun Umsiedlung gab es keinerlei Angaben. Als Reich bezeichneten sie auch alle ab 1939 geraubten und in das NS-Reich „eingegliederte Gebiete“. Nach 1945 zählte der Westen auch diese Umgesiedelten als von Polen, der Tschechoslowakei und einigen Balkanstaaten von Grund und Boden Vertriebene. Zweifellos gab es nach 1945 zum Beispiel in Polen, in der Tschechoslowakei und in Rumänien willkürliche Aktionen gegen die deutsche Minderheit. Es darf aber ebenso nicht übersehen werden, dass die Nationalsozialisten die „Volksdeutschen“ bewusst für ihre Herrschaftsziele in Europa nutzten und opferten. Interessant ist aber auch, dass das Schicksal der Volksdeuten nach 1945 und die faschistische Ostpolitik für den Kalten Krieg missbraucht wurde und die Akteure der 10
  • 11. Vernichtung und Vertreibung sowie des Missbrauches von Volksdeutschen und Ausländern wieder eine Schlüsseltrolle besaßen. Der Geheimdienstoffizier Oberst Reinhard Gehlen, der nach einer „Geheimen Reichssache“ (RV Nr. 31/38 gRs (37) ) für Diversion und die Sammlung der Kräfte dafür verantwortlich war (auch unter Fremde Heere Ost), hinterließ bis zum Kaukasus eine blutige Spur der Vertreibung und nationalsozialistischen „Europäisierung des Ostens“ . Als Oberst i. G. veröffentlichte Gehlen noch im Mai 1943 im „Kämpfer im Kaukasus“, des Heeres, einen „Grundsätzlichen Befehl Nr. 13“ zur Umsetzung der Diversion. Für diese Tätigkeit und die Osterfahrung beförderte ihn die USA zum Chef der OG ( Organisation Gehlen). Das Amt zur Fortsetzung seiner Tätigkeit besonders im Osten, großzügig finanzierten von den USA, übte er bis 1956. Unter Adenauer, der westlichen Wertegemeinschaft, war er dann Chef des BND, der mit den alten NS-Kadern seine „Arbeit“ weiter führte. Schon als sich der Widerstand in der DDR offen formierte, bestand die Bundesregierung im Frühsommer 1989, um nur einen kleine Einblick zu geben, auf einem Schlesier-Treffen mit dem Bund der Vertriebenen mit aller Härte auf ein Deutschland in den Grenzen von 1936/7. Bundesminister Dr. Theo Waigel, CSU, der dazu eine Grundsatzrede hielt, forderte, ein neues Bewusstsein von deutscher Geschichte zu schaffen: „Zu ihr gehören nicht nur Hitler und Himmler, sondern auch Friedrich der Große, Bismarck ...“, damit ein neues Verhältnis zu Heimat, Nation und Vaterland. (Deutscher Ostdienst“, Bonn, 7. Juli 1989, S. 2) Bundesministerin Dorothee Wilms wiederholte die Gebietsforderungen an Polen. Aber auch hier, wie beim Empfang von Herbert Czaja, den Vorsitzenden der Vertriebenenverbände, durch Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble, ging es mit darum, die Themen Ostgrenzen und deutsche Einheit zu nutzen, um einen rechtskonservatives, neues Staatsbewusstsein in der BRD zu schaffen. Im „Deutschland Magazin“, das Adenauer als sein Sprachrohr und und Organ seiner Deutschlandstiftung gründen lies, zeichnete sich die Tendenz bereits schon vor 1988 offen ab. Aber bereits 1978 hatte Rüdiger Altmann im Auftrag des BDA in dessen Heft „der arbeitgeber“, 24/30 eine Auseinandersetzung mit dem deutschen Faschismus und den nun wieder herrschenden alten Faschisten als „Denunziation“, von „Denunziantentum“ als schädlich bezeichnet. Der verdiente Propagandist der NSDAP und Denunziant von Schriftstellern, Kurt Ziesel, gab dort die Richtung vor. Er forderte eine konservative staatstreue Haltung, „deutsche Kulturintentität“, einen rechts orientierten Konservatismus und polemisierte scharf selbst gegen Heiner Geißler im Konrad-Adenauer-Haus. Kurz nach der Wende im Osten, bezeichnete Ziesel in einem Magazin dann diese Akteure aus dem Westen: „wir sind das Volk“. In dem „Deutschland Magazin“ forderte CSU- Chef Theo Waigel, ebenso kurz vor der Wende im Osten, gegen linke Tendenzen vorzugehen und die BRD in die 11
  • 12. „Wertegemeinschaft“ des Westens stärker einzubinden. Max Streibl, Bayerns Ministerpräsident erklärte dort, dass der „Zuzug von Wirtschaftsasylanten und Ausländern bei uns in überschaubaren Grenzen gehalten werden“ müsse. Im „Deutschland Magazin,“ (21/ 1949) fortetrte dann der Bundestagsabgeordnete der CDU, Lummer, linke Tendenzen und den Antifaschismus zu bekämpfen“, eine Öffnung nach rechts, ein Bündnis mit den Republikaner und diese Partei, des sich offen zur SS bekennenden, ehemaligen Chef des Rundfunks in Bayern, von der Polizei schützen zulassen. Das Blatt der SS in der BRD, „Der Freiwillige“, dankte in Juli/August 1989 dem Bundesminister Hans Klein, weil er vor dem Bundestag die Waffen SS, einen Teil der SS, als kämpfende Truppe für das Vaterland und zum Schutz Europas, wie einst der Politische Dienst für SS und Polizei besonders an 1943 betonte. Gleizeitig stellte er damit die SS der Wehrmacht gleichgestellt. Der einst von Himmler geförderter SS-Führer, Organisator des Massenmordes und nun Kämpfer in der „Wertegemeinschaft“, Dr. Fritz Arlt, verfasste extra 1995 ein Buch „Polen-, Ukrainer-, Juden-, Judenpolitik“ (Lindhorst 1995), in dem er verkündete, dass nun der alte Freiheitskampf im Osten wieder belebt werden müsse. Vielleicht hat damit Arlt als Chef der „SS Freiwilligenstelle Ost ( Balten, Ukrainer, Weißruthenien, Kosaken)“ des SS Hauptamtes und schließlich 1945 als Führer einer ukrainischen SS Einheit in seinem veröffentlichen Lebenslauf zu viel Gefolgschaftstreue gezeigt. Er berichtete, das er sofort 1945 auf dem gleichen Gebieten für den amerikanischen Nachrichtendienst gearbeitet habe, der die gleichen faschistischen Kämpfer zur Diversion wieder auch im Osten, unter hohen Verlusten, einsetzte. Dann wirkte er von 1949 bis 1953 als Berater von Dr. Konrad Adenauer. SS- Obersturmbannführer Arlt verschwieg aber in seinem Lebenslauf, dass er ab 1949 ebenso für die von USA geführte und finanzierte Organisation Gehlen als Agent V-2881 (Decknahme Werner) aktiv tätig war. Der für die Diversion zuständige Oberst (Fremde Heere Ost) scharte ab 1949, geführt vom CIA, die Terrorexperte der SS und der Wehrmacht für den neuen Kampf im Osten um sich. Nach 1945 strandeten dann Volksdeutsche und belastete ehemalige Kämpfer in den SF der SS im amerikanischen Sektor, dann nach Ausbildung in Speziallager, wieder im Kampf im Osten, nur jetzt für neue Interessen. Udo Ulfkotte, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, analysiert den Aufbau, die Entwicklung und die Tätigkeit der OG unter direkter Führung der USA, die Gründung des BND und dessen Verstrickung in deren Herrschaftspolitik im Osten, besonders in den ehemaligen südlichen Republiken der UdSSR, die Ukraine sowie in der arabische Welt in seinem Buch „BND“, das in München 1998 erschien. Er verwiest bereits schon damals darauf, dass die von den CIA und den amerikanischen Streitkräften geschulten und bewaffneten islamistischen, fanatischen Kampfeinheiten zu einer Gefahr für die Demokratie in der Welt werden. 12
  • 13. Er schildert, dass Gehlen, abgestimmt mit der Führungsmacht, innerhalb von zwei Jahren 5000 Ukrainer, Weißrussen, Polen, Litauer und Esten in den Lagern Bad Wiessee und Kaufbeuren zur Diversion ab 1949 sammelte und ausbildete. Von 1951 bis 1957 , nur zum Beispiel, ließ er immer wieder V-Männer über Rumänien, der Ukraine und Tschechoslowakei abspringen. (S. 139). Führte die Bundesrepublik seit ihrer Gründung einen „verdeckten“ Krieg oder auch nur gezielte Diversion im Osten weiter? James H. Critchfield, der als hoher Beauftragter des CIA für den Aufbau, die Finanzierung und Führung der Organisation Gehlen, dann für den BND über Jahre zuständig war, verweist in seinem Buch: „Auftrag Pullach“, Hamburg. Berlin. Bonn 2003 unter anderem auf bemerkenswerte Tatsachen. 1. „Dr. Hans Globke: als Staatssekretär im Bundeskanzleramt war in der Anfangszeit der Regierung Adenauer der mächtigste Mann und prägte die Außen- und Verteidigungspolitik, welche die Grundlagen für die engen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der NATO bilden.“ (S. 248) 2. Adenauer und ein kleiner Kreis, Globke, Gehlen, Bankenhorn, Heusinger und Foertsch, befürworteten die Aufrüstung und hielten an einem Bündnis mit den USA und der Nato fest. (S. 241) 3. Der gleiche Kreis zog die Spaltung Deutschlands in den Jahren 1950 und 1956 vor und lehnten ein „Neutrales Deutschland unter dem Schutz der der vier Mächte“ ab. Damit überließen sie Ostdeutschland den Einfluss der UdSSR, oder wie andere Konservative meinten, sie lieferten im Interesse der USA die Ostdeutschen den Russen aus, um eine österreichische Lösung zu verhindern. 4. Mit Bildern und Texten verweist er auf mehren Seiten, dass die enge „Zusammenarbeit von BND und CIA“ weit über das Jahr 1999, damit der nach „deutschen Einheit“, fortgesetzt wurde. Es fanden dafür in Deutschland und den USA „Zusammenkünfte“ statt auf denen man „Verdienstorden“ verlieh. 1. Entwurf Juni 2015 13