1. Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 5-2013
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Seit 2009 existiert ein grenzüber-
schreitender Linienverkehr zwischen
Grenzach-Wyhlen und Basel, der bei
der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz
findet. Die zunehmende Frequentierung
der Linie führte zunächst zu einem
Kapazitätsausbau und aktuell zur Takt-
halbierung in den Hauptverkehrszeiten.
Die unkonventionelle Zusammenarbeit
der Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) und
der SBG SüdbadenBus GmbH trägt maß-
geblich zu diesem Erfolg bei. Mit einer
bedarfsgerechten Entwicklung einerseits
und effizient zuverlässigem Betrieb
andererseits werden Stammkunden ge-
wonnen. Das von beiden Betrieben ein-
gesetzte Fahrgastzählsystem FadaPlus
der Firma UVT Unternehmensberatung
für Verkehr und Technik GmbH aus
Mainz dokumentiert diese Entwicklung
von Beginn an.
Seit dem 1. August 1989 betreibt
die SBG den CityBus-Verkehr in der Ge-
meinde Grenzach-Wyhlen. Das Fahrplan-
angebot blieb über Jahre unverändert:
eine stündliche Bedienung der Talachse
Grenzach-Wyhlens sowie Verbindun-
gen mit den Wohngebieten Neufeld
und Rührberg durch einen Kleinbus.
Planungen für eine Straßenbahnlinie
zwischen Basel und Grenzach reichen
zwar in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg
Grenzüberschreitende
Nachfrageerhebung:
Die Linie 38
in der Region Basel
Bild: Basler Verkehrs-Betriebe (BVB).
zurück. Doch der langjährige Wunsch
der Gemeinde Grenzach-Wyhlen, an
das städtische Verkehrsnetz der BVB
direkt angebunden zu werden, erwies
sich bis vor sieben Jahren aufgrund
eines Trolley-Busbetriebes der BVB auf
der Linie 31 als zu teuer. Ein Übergang
zum Basler ÖPNV-Netz war nur durch
Umstieg mit 200m Fußweg zwischen
den Haltestellen Grenzacher Horn und
Hörnli Grenze möglich: sprichwörtlich
ein „Grenzwiderstand“.
Rahmenbedingungen
Durch organisatorische Änderungen
gelang es, den CityBus bis Basel Clara-
platz auszudehnen und einen zeitgemä-
ßen ÖPNV-Anschluss in das Zentrum der
benachbarten Großstadt herzustellen.
Die Planungen wurden im Sommer 2007
durch eine Volksabstimmung sanktio-
niert. Der Weg für die von BVB und SBG
gemeinsam zu betreibende Linie 38 war
frei. Die BVB und die SBG sind jeweils
Konzessionäre. Auf Basis der Fahrplan-
stunden werden die Fahrleistungen der
BVB auf deutschem Gebiet durch die
der SBG auf Basler Gebiet kompensiert.
Angebotsplanung
Die Buslinie 38 verkehrt zwischen
Allschwil, Basel und Wyhlen Siedlung
(Bild 1). Die BVB verlängerte ihre an
der Schifflände endende Linie 38 als
2. Durchmesserbuslinie über die Mitt-
lere Brücke nach Grenzach-Wyhlen, die
SBG verknüpfte die Linie 7311 an die
Linien 38 nach Basel und 7301 nach
Lörrach. Die neue Direktverbindung
führt in Basel durch die Innenstadt, zur
Universität, den Spitälern und Arbeits-
standorten. Andere wichtige Ziele sind
mit direktem Umsteigen erreichbar: der
Badische Bahnhof, der Bahnhof SBB,
Industriestandorte via Claraplatz sowie
der EuroAirport. In Grenzach-Wyhlen
ermöglicht die Linie 38 auf der Talach-
se zwischen Wyhlen Klosterstraße und
Grenzach Sparkasse Umstiege an der
Sparkasse in Richtung Neufeld und am
Dr. Michael Fahlbusch,
Leiter Marktforschung,
BVB;
Uwe Mühl,
Leiter Kundencenter, SBG;
Dipl.-Ing. Andreas Schmidt,
UVT
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21Fahrgastzählung
Schulzentrum
in Richtung
Rührberg.
Die Linien-
länge beträgt
15,6 km, die
Fahrzeit 45 Mi-
nuten. Die Be-
dienung erfolg-
te anfänglich
werktags von
6 bis 20 Uhr im 30 Minuten-Intervall.
Samstags wurde zwischen 8 und 20 Uhr
gefahren.
Die Linie 38 ist in den Tarifverbund
Nordwestschweiz (TNW) und den Regio
Verkehrsverbund Lörrach (RVL) inte-
griert. Die Nutzung des ÖV wird durch
grenzüberschreitende Tarifangebote
erleichtert. An den Fahrausweisauto-
maten in Grenzach-Wyhlen werden die
Sortimente beider Verbünde angeboten.
Für Abonnemente können Anschluss-
tickets gelöst werden.
Betriebliche und finanzielle Aspekte
Das Leitsystem der BVB gewährleistet
die Angebots- und Betriebsqualität bis
nach Grenzach-Wyhlen. Dafür wurden
die in Basel verkehrenden SBG-Busse
entsprechend technisch ausgestattet. Die
Information der Fahrgäste und die Dispo-
sition im Störungsfall sind gewährleistet.
Aufgrund der nachfrageabhängigen
Einnahmenverteilung im TNW werden
die Fahrgastzahlen automatisch erho-
ben. Die SBG-Busse erhielten dafür eine
Ausstattung mit dem System FadaPlus,
das die BVB zur Stichprobenerhebung
und Hochrechnung einsetzt [1]. Ein-
und Aussteiger werden in den Türbe-
reichen mittels Sensoren erfasst. Die im
Bus zwischengespeicherten Zähldaten
werden bei der BVB zentral verarbeitet
und ausgewertet. Neben der Einnah-
menaufteilung sind die Bewertung der
Nachfrage und die Erfolgskontrollen von
Netz- und Fahrplanänderungen weitere
Anwendungsgebiete.
An der Grenze werden die Einstei-
ger und Personenkilometer nach dem
Territorialitätsprinzip aufgeteilt. TNW-
Tarifpunkt ist die Haltestelle Grenzacher
Horn. Die dortigen Einsteiger sowie die
Durchfahrer in Richtung Basel werden
dem TNW zugeschieden. Die Aufteilung
der Beförderungsleistung nach den Ge-
meinden wird mit FadaPlus berechnet.
Die Software zur Auswertung der Zählda-
ten verfügt über die erforderlichen Defi-
nitionen und Algorithmen. Abrechnung
und Statistik erfahren eine wirksame
und zuverlässige Unterstützung.
Erfolgskontrolle
Die regelmässige Erfolgs- und Qua-
litätskontrolle findet nach dem ersten
Quartal jedes Jahres statt. So waren die
Ergebnisse nach der Betriebsaufnahme
schnell verfügbar und für die Koope-
rationspartner Gemeinde Grenzach-
Wyhlen und SBG vielversprechend. Das
Angebot im Halbstundentakt wurde
so gut angenommen, dass bereits im
2. Betriebsjahr Kapazitätsengpässe im
Bereich Tinguely Museum und Hofmann
LaRoche auftraten. Das Zielkriterium
des Level-of-Service (60% der Kapa-
zität der eingesetzten Standardbusse)
wurde deutlich überschritten. Das
entspricht mittleren Höchstwerten der
Besetzung von ca. 40 Personen. Der
Kanton Basel-Stadt und die Gemeinde
Grenzach-Wyhlen bestellten einen Ka-
pazitätsausbau auf Gelenkbusse der BVB
Bild 1. Linienplan (Bild: SBG SüdbadenBus GmbH).
Bild 2 (Bild: Autoren).
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und Dreiachsbusse (13,70 m) der SBG.
Zusätzlich wurde ein Spätbetrieb nach
20 Uhr im Stundentakt realisiert.
Im Dezember 2012 ist das Angebot
in der Hauptverkehrszeit entsprechend
dem ÖV-Programm des Kantons Basel-
Stadt auf ein 15 Minuten-Takt verdich-
tet worden. Damit ist das Angebot in
Grenzach-Wyhlen (14 100 Einwohner)
vergleichbar mit dem der Schweizer
Nachbargemeinden Basels, die we-
sentlich kleinere Bevölkerungszahlen
aufweisen. Mit dem Fahrplan 2012/2013
wurde darüber hinaus ein stündliches
Angebot an Sonntagen realisiert.
Bild 2 belegt eindrücklich die erfreu-
liche Entwicklung der Querschnittsbelas-
tungen an der Grenze zwischen Grenzach
und Basel werktags im jeweils ersten
Quartal seit 2009 (Betriebsaufnahme).
Die Zunahme bis 2013 beträgt 76%. Die
nochmalige deutliche Nachfragesteige-
rung bei der Einführung des 15 Minuten-
Intervalls in den Hauptverkehrszeiten
lässt weitere Potenziale vermuten.
Die Analyse der Fahrgastzahlen
2012 auf dem Abschnitt der Linie 38
in Grenzach-Wyhlen weist werktags
1 340 beförderte Personen und samstags
905 beförderte Personen auf. Grenz-
überschreitend waren werktags pro
Richtung ca. 440 Personen unterwegs.
Das bedeutet, dass über 65% der Fahr-
gäste aus Grenzach-Wyhlen nach Basel
bzw. zurück fahren. Knapp 35% des
Fahrgastaufkommens ist Binnenverkehr.
Die Tagesganglinie der Querschnittsbe-
lastung an der Grenze zeigt deutlich die
Lastrichtungen (Bild 3): morgens nach
Basel, abends in Richtung Grenzach-
Wyhlen. Die ausgeprägten Spitzen am
Grenzquerschnitt deuten darauf hin,
dass insbesondere Berufspendler, die
u.a. von der Parkraumbewirtschaftung
in Basel betroffen sind, von dem An-
gebot Gebrauch machen. Im restlichen
Tagesverkehr liegt die werktägliche
Nachfrage auf einem Niveau, das auch
samstags erreicht wird.
Dass die Linie besonders durch
Pendler genutzt wird, belegt auch ein
Blick auf die Ferientage in Baden-
Württemberg. Während der Ferien
gehen die Querschnittsbelastungen an
der Grenze nur wenig zurück. Dagegen
kommt es fast zu einer Halbierung des
Binnenverkehrs in Grenzach-Wyhlen
gegenüber den Tagen mit Schule.
Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB)
Die BVB wurde 1895 gegründet und betreibt heute als grösste Partnerin im Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW)
in Basel-Stadt und Umgebung auf 180 Kilometern Tram- und Buslinien. Seit dem 1. Januar 2006 ist die BVB eine öffentlich-rechtliche
Anstalt, die sich zu 100 Prozent im Besitz des Kantons Basel-Stadt befindet.
Die SBG SüdbadenBus GmbH
Die SBG SüdbadenBus GmbH ist ein Regionalbusunternehmen mit Sitz in Freiburg. Sie entwickelte sich aus dem ehemaligen Bahnbus,
einem Bereich der damaligen Deutschen Bundesbahn. 1989 wurde das Busunternehmen in eine GmbH umgewandelt und ist inzwischen
100-prozentige Tochter von DB Regio.
Die UVT Unternehmensberatung für Verkehr und Technik GmbH
Die UVT wurde 1990 gegründet und bietet international Lösungen für den Öffentlichen Verkehr an. Mit dem System FadaPlus werden viele
Unternehmen des ÖV in den Bereichen Fahrgastzählung sowie Fahr- und Verlustzeitmessung unterstützt. Die UVT bietet das Komplett-
System sowie Dienstleistungen, Verkehrs- bzw. Betriebsplanung und Beratung aus einer Hand an.
Die Linie 38 in Zahlen
Linienlänge: 15,6 km
- Anteil in Grenzach-Wyhlen 6,2 km
- Anteil in Basel 9,4 km
Fahrzeit (eine Richtung): 45 Min.
- Anteil in Grenzach-Wyhlen 15 Min.
- Anteil in Basel 30 Min.
Beförderte Personen (2012):
- Anteil in Grenzach-Wyhlen 16%
- Anteil in Basel 84%
Personenkilometer (2012):
- Anteil in Grenzach-Wyhlen 25%
- Anteil in Basel 75%
Literatur
[1] Fahlbusch, Michael/Schmidt, Andre-
as (2012): Erhebung der Fahrgastzahlen
bei den Basler Verkehrs-Betrieben. In:
Nahverkehrs-praxis 5/2012, S. 17-19
e-mail: michael.fahlbusch@bvb.ch
u.muehl@suedbadenbus.de
info@uvt.de
Bild 3 (Bild: Autoren).