Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Prof. Dr. Armin Klein: Aufbau und Führung des Projektteams. Wie führt man ein Projektteam?
1. G 1.4
Aufbau und Führung des Projektteams
Wie führt man ein Projektteam?
Prof. Dr. Armin Klein
Neben den strukturellen Aspekten der Aufbauorganisation kommt es ganz wesentlich auf die per-
sonellen Aspekte der Teamführung und -steuerung an, um ein Projekt erfolgreich zum Ziel zu füh-
ren. Diese personellen Aspekte der Teamarbeit innerhalb eines Projektes stellen ganz besondere
Herausforderungen an die einzelnen Teammitglieder und den jeweiligen Projektleiter.
Gliederung Seite
1. Bildung des Projektteams 2
1.1 Das Projektteam: Die richtigen Kompetenzen und Qualifikationen versammeln 2
1.2 Die Auswahl der Projektmitarbeiter 5
2. Der Projektleiter 11
2.1 Aufgaben des Projektleiters 11
2.2 Notwendige Kompetenzen eines Projektleiters 14
3. Notwendige Überlegungen vor Projektbeginn 16
3.1 Die Zusammenstellung des Projektteams 16
3.2 Die erste Projektsitzung (Kick-Off-Meeting) 19
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2. G 1.4 Projekt- und Veranstaltungsmanagement
Projektmanagement
1. Bildung des Projektteams
Projektstrukturplan und Vor Beginn eines Projekts sollte ein Projektstrukturplan die anfallen-
Verhaltenserwartungen den Aufgaben innerhalb eines Projektes in eine übersichtliche Struktur
bringen und die Möglichkeiten einer für das Projekt passende Aufbau-
organisation dargelegt. Bei diesem Vorgang geht es allerdings um
mehr als nur um die Grundstruktur, die Arbeitsplatzdefinitionen und
die Aufgabenwahrnehmung: Es geht vor allem auch um den Aufbau
und die Fixierung von wechselseitigen Erwartungen. Das heißt, orga-
nisatorische Regeln sind ihrem Grunde nach Erwartungen an die je-
weiligen Organisationsmitglieder. Sie stellen darauf ab, die Hand-
lungsweisen der Organisationsmitglieder zu bestimmen und damit
vorhersagbar zu machen. Sie ordnen, indem sie den Handlungsspiel-
raum des einzelnen Organisationsmitgliedes einschränken. Die einzel-
nen Projektteammitglieder wissen somit auf Grund der vereinbarten
Regeln, was von ihnen erwartet wird (und können sich entsprechend
einrichten). Umgekehrt haben sie entsprechende Vorstellungen davon,
was sie von den anderen erwarten können. So ist, banal gesagt, ein
Techniker für technische Fragen zuständig und nicht für juristische;
der für die Finanzen Zuständige sollte umgekehrt nicht mit Fragen
nach der besten Beleuchtungsmöglichkeit behelligt werden usw.
Struktur und Strukturen sind das eine, die Menschen, die in ihnen arbeiten, das
Enthusiasmus andere. Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat
den Prozess der Bildung eines Projektteams einmal wunderbar so be-
schrieben: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Män-
ner zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten,
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit zu erleichtern, sondern lehre die
Männer die Sehnsucht nach dem endlosen weiten Meer.“ Bei aller
Notwendigkeit der Strukturierung eines Projektes ist zweifelsohne die
beschriebene Einstellung gerade im Kulturbetrieb sehr häufig zu fin-
den: Denn die „Sehnsucht“ ist meist schon vorab durch die Begeiste-
rung für die gemeinsame künstlerische oder kulturelle Idee gegeben.
Wer ein Musiktheaterfestival, eine Ausstellung oder ein spezielles
Filmprojekt plant, ist in aller Regel von großem Enthusiasmus und
Engagement für diese Idee erfasst – und diese gilt es nun in die rech-
ten Bahnen zu lenken.
1.1 Das Projektteam: Die richtigen Kompetenzen
und Qualifikationen versammeln
Bei aller grundlegenden Bedeutung dieses Enthusiasmus sind darüber
hinaus einige Grundregeln der Zusammensetzung des Projektteams,
der Projektführung und der Projektsteuerung zu beachten, um zu ge-
währleisten, dass dieses auch wirklich erfolgreich durchgeführt wer-
den kann – und nicht, wie leider so häufig zu beobachten, in Zwist
und Streit endet. Was gilt es also ganz konkret bei der Auswahl der
Projektmitarbeiter und des Projektleiters zu beachten? Zunächst sind
2
3. Projekt- und Veranstaltungsmanagement G 1.4
Projektmanagement
grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, die jeweils andere Aus-
gangsvoraussetzungen bieten:
1. Es gibt einen Auftraggeber, der einen Projektleiter mit der Durch- Auftraggeber vergibt
führung eines Projektes betraut; in diesem Fall stellen entweder der Projektauftrag
allein oder der Auftraggeber allein oder beide gemeinsam ein ent-
sprechendes Projektteam zusammen.
2. Im zweiten Fall findet sich ein Projektteam über eine gemeinsame Projektteam hat Idee
Idee oder eine Aufgabe zusammen, um gemeinsam ein Projekt zu
leiten. Hierbei ist zunächst offen, ob es einen Projektleiter geben
muss. Auf jeden Fall muss aber ganz eindeutig geklärt werden, wie
gesteuert wird – ansonsten ist der Misserfolg mehr oder weniger
vorprogrammiert.
Abstimmung durch Hierarchie
Diese Steuerung kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Das Linienorganisation
sicherlich am weitesten verbreitete Instrument zur Abstimmung ist die
Hierarchie, d. h. die Über- bzw. Unterordnung.
Selbstabstimmung
Verzichtet man auf die Hierarchie als Abstimmungsmodus, muss das Horizontale Abstimmung
Projektteam spezifische Formen der Selbstabstimmung entwickeln.
Gerade Projektteams im Kulturbereich, die sich zusammenfinden, um
eine gemeinsame Idee zu realisieren, tun sich häufig sehr schwer da-
mit, sich in eine hierarchische Ordnung zwängen zu lassen. Die Ten-
denz geht bei solchen Teams eher hin zu einer horizontalen Abstim-
mung. Horizontale Verknüpfungen sind ihrem Wesen nach eine Form
der Selbstabstimmung, d. h. es findet eine mehr oder weniger direkte
Abstimmung der Aktivitäten zwischen den betroffenen Aufgabenträ-
gern statt. Dies geht nicht immer konfliktfrei ab.
Und man sollte sich auch keiner Selbsttäuschung hingeben: Selbst Selbstabstimmung
hierarchisch strukturierte Projektteams und Organisationen arbeiten in Hierarchien
keineswegs so effizient, wie die ausgeklügelten Organigramme und
Arbeitsplatzbeschreibungen suggerieren. Schon vor vielen Jahren hat
die Organisationswissenschaft festgestellt (nach wie vor unübertroffen
hierzu der „Klassiker“ von Niklas Luhmann über Funktionen und
Folgen formaler Organisationen aus dem Jahr 1964), dass sich die
spontane horizontale Kooperation in nahezu allen Organisationen
findet. Und dies, obwohl sie gemeinhin von der Hierarchie mit großer
Skepsis gesehen und nicht selten in den Verdacht der Unwirtschaft-
lichkeit oder gar der Obstruktion gestellt wird. Trotz meist bestehen-
der Verbote („Einhaltung des Dienstweges!“) hat sich die horizontale
Selbstabstimmung speziell in klassisch bürokratischen Organisationen
als unverzichtbares Korrektiv erwiesen („kurzer Dienstweg“), um die
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4. G 1.4 Projekt- und Veranstaltungsmanagement
Projektmanagement
Unzulänglichkeiten der hierarchischen wie auch der programmierten
Abstimmung auszugleichen. Das heißt mit anderen Worten, dass auch
in durch Hierarchie gesteuerten Organisationen Selbstabstimmungs-
prozesse oft unumgänglich sind.
Der Kreis als Wollte man versuchen, das Prinzip der spontanen Selbstabstimmung
Organigramm in ein Organigramm zu fassen, so würde für diese Aufgabe sicherlich
die Kreisform adäquat sein. Anders als bei den hierarchischen Formen
gibt es beim Kreis keine eindeutige Leitungsfunktion bzw. keine un-
tergeordneten Zwischeninstanzen hin zu den Mitarbeitern: Alle Mit-
glieder des Teams sind sich – zumindest in der Hierarchie – gleich
nah. Die spontane Selbstabstimmung ist jedoch im eigentlichen Sinne
kein Instrument, das ein Organisator geplant einsetzen könnte. Die
durch sie erzeugte Verknüpfung ist eine Art wilde Ordnung; sie ist das
Resultat sich selbst organisierender Prozesse.
Neuere Ansätze in der Organisationslehre (vgl. z. B. die Konzepte
„Lernende Organisation“ von Argyris/Schön oder die „Fünfte Diszip-
lin“ von Senge), versuchen, diese spontanen Formen der gegenseitigen
Abstimmung aufzugreifen und sie in gewissen Formalisierungen zu
institutionalisieren, um einerseits die Vorteile der Spontaneität zu nut-
zen, sie andererseits von ihrer Zufälligkeit des Gelingens zu befreien
und ihre Funktionstüchtigkeit zu sichern.
Merkmale sich selbst Solche sich selbst organisierenden Teams
organisierender Teams
• sind an den verschiedenen Management- und Führungsfunktionen
beteiligt,
• planen, überprüfen und verbessern selbstständig ihre Arbeitsvorgänge,
• setzen sich eigene Ziele und sorgen dafür, dass sie eingehalten
werden,
• erstellen oft ihre eigenen Arbeitspläne und beurteilen ihre Leistun-
gen im Gruppengespräch,
• planen ihr eigenes Budget und koordinieren die Zusammenarbeit
mit anderen Abteilungen,
• sind meist für Materialbeschaffung und Lagerhaltung verantwortlich,
• kümmern sich um die berufliche Weiterbildung ihrer Mitglieder,
• können freiwerdende Stellen neu besetzen und Disziplinarstrafen
gegen einzelne Mitglieder verhängen und
• sind schließlich für die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistun-
gen voll selbst verantwortlich.1
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