Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Franziska von Keitz: Erkenntnisse als Investition
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 1.2
Informationsmanagement
Erkenntnisse als Investition
Kulturwirtschafts-Betrachtungen
als Controlling- und Marketing-Instrument
Franziska von Keitz
Der Beitrag beschreibt Relevanz und Gegenstand kulturwirtschaftlicher Analysen für Kulturein-
richtungen. Er erörtert dazu marktbezogene und kulturpolitische Potenziale. Exemplarisch dient die
Kulturwirtschafts-Betrachtung der Caspar David Friedrich-Ausstellung in der Hamburger Kunst-
halle dazu, die auf andere Kulturprojekte und Kultureinrichtungen übertragbaren Elemente vorzu-
stellen.
Gliederung Seite
1. Kulturwirtschaftliche Analysen – auch ein Thema für Kultureinrichtungen? 2
2. Museen und Ausstellungen 4
3. Beispiel „Hamburger Kunsthalle“ 6
3.1 Der Marketing-Mitteleinsatz 7
3.2 Image-Effekte 12
3.3 Regionalökonomische Effekte 14
4. Ein Instrument für Kultureinrichtungen 16
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2. H 1.2 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Informationsmanagement
1. Kulturwirtschaftliche Analysen – auch ein
Thema für Kultureinrichtungen?
„Kulturwirtschaft“ avancierte in den vergangenen Jahren immer mehr
zu einem Schlagwort. Die Debatte um eine kreative Stadt erreichte 2002
mit Richard Florida’s the rise of the creative class einen ersten Höhe-
punkt und seither eine immer größere Öffentlichkeit. Zwei Interessens-
gruppen stechen dabei besonders heraus: Bundesländer und Kommunen
auf der einen sowie Kultureinrichtungen auf der anderen Seite.
Kultur als Investition Der Trend wird eindrucksvoll belegt durch zahlreiche Kulturwirt-
in die Zukunft schaftsberichte einzelner Bundesländer1 und Städten, der Europäi-
schen Union2 und auch einzelner Parteien3. Zweck aller Untersuchun-
gen ist die Erfassung von Eckdaten der Branche(n), um „die wirt-
schaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von künstlerisch-
kreativen Leistungen […] mit Zahlen, Fakten und Vergleichen […] zu
hinterlegen“4. Ein wesentliches Motiv hierfür ist der Wettbewerb zwi-
schen Kommunen, Ländern und Staaten. Kultur als weicher Standort-
faktor, als Wirtschaftsressource, als Ausdruck der Identität und auch
als Imagefaktor spielt darin eine wachsende Rolle.
Leistungen und Potenti- Investitionen erfordern Strategien und Konzepte, deren Ergebnisse
ale kulturwirtschaftlicher messbar sein müssen. Kulturwirtschaftliche Analysen dienen der
Analysen Überprüfung und des Nachweises von Zielerreichungen. Daher kön-
nen auch Kulturschaffende und Kultureinrichtungen Nutzen aus kul-
turwirtschaftlichen Analysen ziehen:
• Messbarkeit durch numerische Objektivierung
• Erkenntnisgewinn durch Bewertung
• Handlungsempfehlungen durch Identifikation von Optimierungspoten-
tialen
• Entwicklungsmöglichkeit nachhaltiger und effizienter Strategien.
Kulturschaffende und Kultureinrichtungen können durch eigenständi-
ge kulturwirtschaftliche Analysen
1. Den aktuellen Diskurs über die richtige Gestaltung nachhaltiger
Kulturpolitik aktiv mitgestalten. Der Wissensvorsprung durch ei-
gene Untersuchungen kann helfen, die persönlichen Rahmen-
bedingungen im Sinne einer Kulturentwicklungsplanung oder von
Ziel- und Leistungsvereinbarungen zu formen.
2. Die eigene Position in den relevanten Märkten erkennen. Durch
den Vergleich mit direkten und indirekten Wettbewerbern können
Stärken und Schwächen ermittelt werden. Diese sollten bei der
Strategieentwicklung oder -überarbeitung unbedingt beachtet wer-
den, um Alleinstellungsmerkmale des Leistungsangebots hervorhe-
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 1.2
Informationsmanagement
ben zu können und sich durch sie in Abgrenzung zu direkten Kon-
kurrenten positionieren zu können. Zudem kann der Vergleich mit
Wettbewerbern auch Erkenntnisse über das eigene Image liefern
und das Denken in Wettbewerbsvorteilen fördern.
3. Interne Strukturen auf ihre Zielführung hin überprüfen. Es können
Einsichten darüber gewonnen werden, ob bspw. organisatorische
Einheiten wie Abteilungen richtig aufgestellt sind. Außerdem kann
überprüft werden, ob Organisationsstrukturen und Auftrag (und/
oder Positionierung) miteinander kongruent sind.
4. Eigene Leistungsmaßstäbe erstellen, die der individuellen Situation
entsprechen. An ihnen kann man sich selber messen und auch mes-
sen lassen.
Diese vier Potentiale verdeutlichen, was kulturwirtschaftliche Be- Kulturpolitische
trachtungen leisten können und weshalb sie für Kultureinrichtungen Relevanz
immer wichtiger werden.
Durch das Neue Steuerungsmodell wurde vielen Institutionen eine
größere Eigenverantwortung übertragen, die eine gewisse Selbststän-
digkeit in der Ressourcenverwertung mit sich bringt. Die öffentliche
Hand zieht sich aus operativen Detailfragen zurück und gibt kulturel-
len Institutionen, die ihnen unterstehen, über Ziel- und Leistungsver-
einbarungen die strategischen Entwicklungsrichtungen vor. Damit
werden Verantwortung und Kompetenz bei gleichzeitiger Transparenz
und Planungssicherheit zu den Kultureinrichtungen verlagert.
Dieses Vorgehen war in der Vergangenheit aufgrund mangelnder Er-
folgskontrollen und fehlender Strategien nicht immer erfolgreich, was
das Neue Steuerungsmodell insgesamt jedoch nicht in Frage stellt. Zur
realistischen und erfolgreichen Definition von Zielen und Strategien
verhelfen kulturwirtschaftliche Analysen. Der Vorteil: Es geht weder
ausschließlich um Wirtschaftlichkeits-Berechnungen noch ausschließ-
lich um das Messen des Erfüllungs-Grades eines gesellschaftlichen
Auftrags. Es geht um eine Kombination von beidem!
Herausragend fundierte Praxis-Beispiele für deren Anwendung sind Beispiele
inzwischen zahlreich. Stellvertretend dafür stehen die Internationalen
Kurzfilmtage in Oberhausen, die Hamburger Kunsthalle, die Kunst-
halle Bremen und das Schleswig-Holstein Musik Festival. Sie alle
führen bereits seit Jahren Untersuchungen über ihre Besucher und den
aus ihnen resultierenden regionalökonomischen Effekten durch,5 das
Schleswig-Holstein Musik Festival beispielsweise seit 1998.6
Nachfolgend werden Ansätze kulturwirtschaftlicher Analysen für Kul-
tureinrichtungen am Beispiel von Museen und Ausstellungen vorge-
stellt. Zunächst werden ihre Besonderheiten charakterisiert, um an-
schließend exemplarisch eine kulturwirtschaftliche Analyse anhand
der Hamburger Kunsthalle vorzustellen.
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4. H 1.2 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Informationsmanagement
2. Museen und Ausstellungen
Das öffentliche Interesse an Bildender Kunst hat in den letzten Jahren
einen enormen Zuwachs erfahren. Dies gilt besonders für zeitgenössi-
sche Kunst und die Moderne. Niemand kann jedoch sagen, ob es sich
dabei um eine langfristige Entwicklung handelt. Denn einem schnell-
lebigen Kunstmarkt steht die lange und manchmal etwas schwerfällig
wirkende Tradition von Museen möglicherweise entgegen.
Geschichte Die Geschichte von Museen beginnt in der frühen Neuzeit. Die Wand-
lung von fürstlichen Sammlungen, die der Öffentlichkeit nicht zu-
gänglich sind, hin zu Museen, die für Öffentlichkeit konzipiert und
unterhalten werden, vollzieht sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
Vorreiter ist das 1779 in Kassel eröffnete Fridericianum. Es ist das
erste öffentliche Museum auf dem europäischen Kontinent.
Eine Zäsur bringt die französische Revolution. Dienten Kunstsamm-
lungen vorher der Repräsentation einzelner Personen, soll nun die
Nation glorifiziert werden. Museen, allen voran der Louvre, sollen
einen Beitrag zur Bildung der jungen Nation liefern und die einzelnen
Regionen, die nur bedingt miteinander verbunden sind, zu einem Volk
schmieden. Eine gemeinsame Geschichte wird konstruiert, gemeinsa-
me Werte werden proklamiert.
Museen heute Heute gibt es so viele Museen wie nie. 2005 zählte das Institut für
Museumskunde 6.155 Einrichtungen.7 Der gesellschaftliche Auftrag
hat sich verändert und umfasst nunmehr vier Grundfunktionen: das
Sammeln, das Bewahren, das Erforschen und das Ausstellen.
Definition Museum
Die gängigste Definition für „Museum“ erstellte das International
Council of Museums. Laut dieser ist ein Museum „eine gemeinnützi-
ge, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienst
der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs-
und Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und
ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und aus-
stellt“.8
Museumsprodukte Unabhängig von dem gesellschaftlichen Auftrag stehen Museen seit
einigen Jahren auf der einen Seite unter einem massiven Spar- und
Modernisierungszwang und auf der anderen Seite unter dem Druck,
ihre Produktpalette stetig zu erweitern und/oder zu erneuern, um mit
anderen Freizeitangeboten konkurrieren zu können, ohne dabei ihre
Gemeinwohl-Orientierung zu verlieren. Museen bieten heute Biblio-
theken, Archive, Ausstellungen, Führungen, Publikationen, Konzerte,
Filmvorführungen, Reisen, Malkurse, Gastronomie, eigene Shops mit
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