Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Almstedt, Schröder: Rechtsformen öffentlicher Theater – Teil 1. Privatisierungsblendwerk oder Effizienzkriterium
1. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Rechtsformen öffentlicher Theater –
Teil 1
Privatisierungsblendwerk oder Effizienzkriterium
Dr. Matthias Almstedt
Diplom-Kaufmann, Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer der Saarländi-
sches Staatstheater GmbH, Saarbrücken
C
Michael Schröder
Rechtsanwalt, Stellvertreter des Geschäftsführenden Direktors des Deutschen
1.3
Bühnenvereins – Bundesverband der Theater und Orchester, Köln S. 1
Inhalt Seite
1. Überblick über die Rechtsformen 2
2. Gestaltung der Leitungs- und Organisationsstrukturen 3
2.1 Theater-Leitungsmodelle 4
2.2 Rechtsformabhängige Gestaltungsaspekte 7
3. Arbeitsrechtliche Anforderungen 15
3.1 Rechtsformwahl und gesetzliche Bestimmungen zum
Arbeitsrecht 15
3.2 Anwendbarkeit von Tarifverträgen 16
3.3 Individualvertragliches Arbeitsrecht 18
3.4 Einfluss der Rechtsform auf die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer 18
3.5 Besonderheiten beim Wechsel der Rechtsform 20
Die Rechtsformwahl ist für die Flexibilität und das wirtschaftliche Handeln in
einem Theater von Bedeutung. Dabei ist jedoch die konkrete Ausgestaltung im
Einzelfall entscheidend, ob für die Leitung eines Theaters optimale Rahmenbe-
dingungen vorhanden sind. Der vorliegende, sehr gelungene Beitrag erörtert die
relevanten Rechtsformen und deren Auswirkung u. a. auf steuerrechtliche und
arbeitsrechtliche Aspekte. Darüber hinaus gehen die Autoren in dem Beitrag, der
in der nächsten Ergänzungslieferung fortgesetzt wird, auf eine Vielzahl allgemei-
ner, rechtsformunabhängiger Gestaltungsoptionen und -empfehlungen ein.
42 Kultur & Recht Juni 2008
2. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
1. Überblick über die Rechtsformen
Bezogen auf die Rechtsformen öffentlicher Betriebe allgemein unterscheidet man
zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privatrechtlichen Rechtsformen.
Schon hier sei angemerkt, dass es sich dabei ausschließlich um eine rein rechtli-
che Differenzierung handelt. Während der Regiebetrieb, der Eigenbetrieb und der
Landesbetrieb sowie der Zweckverband, die öffentlich-rechtliche Stiftung und die
öffentlich-rechtliche Anstalt als öffentlich-rechtliche Betriebe hinsichtlich ihrer
rechtlichen Rahmenbedingungen auf das öffentliche Recht rekurrieren, sind die
Rechtsgrundlagen für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die
C Aktiengesellschaft (AG), den eingetragenen Verein (e.V.) und die Gesellschaft
1.3 bürgerlichen Rechts (GbR, umgangssprachlich auch BGB-Gesellschaft genannt)
Gesetze des Privatrechts.
S. 2
Unabhängig von der Rechtsform bleibt jedoch ein Theater (auch als GmbH oder
AG) ein öffentliches Theater, wenn der unmittelbare oder mittelbare Träger
weiterhin eine öffentliche Körperschaft ist. (Bei Theatern sind dies Gemeinden,
Gemeindeverbände und/oder Bundesländer. Im Eigentum des Bundes befindet
sich aktuell kein Theater.)
Alle aufgeführten Rechtsformen sind für den Betrieb eines Theaters rechtlich
möglich. Die Darstellung der Rechtsformen beschränkt sich jedoch im Folgenden
schwerpunktmäßig auf drei Rechtsformen: den Regiebetrieb, den Eigenbetrieb
(bzw. die eigenbetriebsähnliche Einrichtung und den Landesbetrieb) und die
GmbH. Denn in diesen Rechtsformen werden öffentliche Theater in der Bundes-
republik derzeit am häufigsten geführt. Diese drei Rechtsformen geben gemäß
der Theaterstatistik 2005/06 des Deutschen Bühnenvereins zusammen 113 der
143 öffentlichen Theater in der Bundesrepublik Deutschland die rechtliche Unter-
nehmensverfassung vor, wie aus der Abb. 1 deutlich wird.
Die anderen Rechtsformen (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eingetragener
Verein, Zweckverband, öffentlich-rechtliche Stiftung, Anstalt des öffentlichen
Rechts), die für die Theaterlandschaft der Bundesrepublik Deutschland – quanti-
tativ gesehen – lediglich eine untergeordnete Bedeutung haben, können in diesem
Beitrag nur am Rande behandelt werden. (In ausführlicherer Form setzt sich
damit der Beitrag C 1.2 auseinander.)
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3. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Anstalt des öffentlichen Stiftung (4)
Rechts (8)
Zweckverband (8)
Regiebetrieb (42)
eingetragener Verein (6)
Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (4)
GmbH (44) Eigenbetrieb (27)
C
1.3
Abb. 1: Rechtsformen öffentlicher Theater in der Spielzeit 2005/06 (Quelle: S. 3
Theaterstatistik 2005/06 des Deutschen Bühnenvereins)
Wir haben im Folgenden auf eine rein sequenzielle Darstellung der Rechtsformen
– wie dies im Allgemeinen üblich ist – verzichtet. Denn wir denken, dass die
Merkmale und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Rechtsform deutlicher her-
vortreten, wenn sie vor dem Hintergrund wesentlicher Handlungs- und Entschei-
dungsfelder des Theaters erörtert werden. Entsprechend untergliedern sich die
nachfolgenden Ausführungen in die Themenfelder
- Leitungs- und Organisationsstrukturen (Kapitel 2),
- arbeitsrechtliche Anforderungen einschließlich tarifrechtlicher Aspekte (Kapitel 3),
- Gestaltungsoptionen des Rechnungswesens (Kapitel 4) sowie
- steuerrechtliche Aspekte (Kapitel 5).
Ohne bereits an dieser Stelle das Ergebnis der nachfolgenden Ausführungen
vorwegnehmen zu wollen, sollte hier erwähnt werden, dass in erster Linie nicht
die gewählte Rechtsform an sich, sondern deren konkrete Ausgestaltung im
Einzelfall entscheidend für Flexibilität und wirtschaftliches Handeln im Theater
ist. Diesem Ansatz folgend, sind die nachfolgenden Abschnitte – soweit sinn-
voll – in allgemeine, rechtsformunabhängige Gestaltungsoptionen und
-empfehlungen sowie durch die jeweilige Rechtsform festgelegte Vorgaben und
Beschränkungen gegliedert.
2. Gestaltung der Leitungs-
und Organisationsstrukturen
Die Leitungs- und Organisationsstrukturen können ein wichtiges Entscheidungs-
kriterium bei der Wahl der Rechtsform darstellen. Hierbei ist jedoch zwischen
Gestaltungsparametern zu unterscheiden, die unabhängig von der Rechtsform
sind, und solchen, die durch die Rechtsform determiniert werden.
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4. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
2.1 Theater-Leitungsmodelle
Unabhängig von der Rechtsform ist im Wesentlichen die Wahl des Leitungsmo-
dells, also die Festlegung der Strukturen, in denen die Theaterleitung nach innen
wirkt und das Theater nach außen vertritt. Der Einfluss der Rechtsform be-
schränkt sich häufig darauf, wie die entsprechenden Führungspersonen benannt
werden, welche offizielle Bezeichnung sie tragen. Bei Regiebetrieben beispiels-
weise wird der kaufmännische Leiter regelmäßig als Verwaltungsdirektor be-
zeichnet. Im Eigenbetrieb ist er der Werkleiter, trägt aber häufig auch den Titel
kaufmännischer Direktor. In Häusern, die in einer privatrechtlichen Rechtsform
geführt werden, heißt der kaufmännische Leiter regelmäßig kaufmännischer
C Geschäftsführer. Während also für den kaufmännischen Theaterleiter eine große
1.3 Palette an Titeln zur Verfügung steht, bleibt allerdings der für das Künstlerische
S. 4 verantwortliche Theaterleiter im Sprachgebrauch normalerweise der Intendant,
auch wenn er im Falle einer GmbH formal der künstlerische Geschäftsführer ist.
In der Historie haben sich an den deutschen Theatern zwei unterschiedliche Lei-
tungsmodelle entwickelt, die in der Regel vom künstlerischen Leiter, dem Inten-
danten, und dem kaufmännischen Leiter – abhängig von der Rechtsform und der
arbeitsvertraglichen Ausgestaltung auch als Verwaltungsdirektor, kaufmännischer
Direktor, kaufmännischer Geschäftsführer o.ä. bezeichnet – ausgefüllt werden.
- Die Mehrheit der öffentlichen Theater in der Bundesrepublik wird auf der
Basis eines unterschiedlich ausgestalteten Leitungsmodells geführt, das re-
gelmäßig davon ausgeht, dass ein Intendant das Theater leitet und die Ge-
samtverantwortung für dieses trägt. Diese Variante wird auch als Intendan-
tenmodell bezeichnet. Dabei wird jedoch die Zuständigkeit für die wirtschaft-
liche und administrative Leitung normalerweise einer für den Etat verantwort-
lichen Person, dem kaufmännischen Leiter, übertragen. Gleichzeitig bleibt die
wirtschaftliche und administrative Leitung aber in die Gesamtverantwortung
des Intendanten einbezogen. Hinsichtlich der Kompetenzverteilung im wirt-
schaftlichen und administrativen Bereich existieren zwei Abstufungen:
1. In der ursprünglichen Form des sogenannten reinen Intendantenmodells
besitzt der Intendant die weitestgehenden Rechte. Er führt das Theater in
allen Bereichen, auch in wirtschaftlichen und administrativen Belangen.
Der Intendant trägt selbst die Verantwortung für den Etat. Der wirtschaft-
liche Leiter des Theaters kann widersprechen, wenn er dies für notwendig
hält. Der Widerspruch hat jedoch im Zweifel keine rechtlichen Auswir-
kungen auf die Entscheidung des Intendanten. Allerdings tritt gegebenen-
falls eine Entlastung der Person des kaufmännischen Leiters bei einer tat-
sächlich eintretenden Etatüberschreitung ein.
2. Häufiger ist der Fall anzutreffen, dass der kaufmännische Leiter in wirt-
schaftlichen und administrativen Angelegenheiten bei Entscheidungen des
Intendanten Widerspruch einlegen und Vertragsunterzeichnungen gegebe-
nenfalls verweigern kann, wenn diese seiner Meinung nach durch den Etat
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