Soziale Medien als Intermediäre in der Wissenschaftskommunikation
1. Soziale Medien als Intermediäre in der
Wissenschaftskommunikation
Jan-Hinrik Schmidt
@janschmidt
Wissenschaftlicher Referent
für digitale interaktive Medien
und politische Kommunikation
Berlin 18.03.2016
2. Worüber spreche ich heute?
Gattungslehre
Arenen
Organisationsprinzipien
Macht
Berlin 2 von 12
Soziale Medien
als Intermediäre
in der
Wissenschafts-
kommunikation
3. Gattungslehre 101
AngeboteMicrocontent Kanal Gattung
Netzwerk-
plattform
Microblogs
Weblogs
Multimedia-
plattform
Wikis
Status-
Update
Tweet
Posting
Video
Artikelversion
Profil bzw.
Page
Account
Einzelblog
Channel
Artikel
Berlin 3 von 12
4. Gattungslehre 101
AngeboteKanal
Profil bzw.
Page
Account
Einzelblog
Channel
Artikel
Soziale Medien fungieren als
Intermediäre, weil & indem sie
Kommunikationskanäle
anderer Akteure bündeln
Intermediäre generieren also
selbst keine eigenen Inhalte,
stellen aber Voraussetzungen
zur Verfügung, dass andere
diese verbreiten bzw.
auffinden können
Einzelne Kanäle können
unterschiedlichen Arenen der
Wissenschaftskommunikation
angehören
Berlin 4 von 12
5. Arenen der (Wissenschafts-)Kommunikation online
Massenmediale Öffentlichkeit
(z.B. dradiowissen.de; @zeitwissen)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator;
disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach
journalistischen Nachrichtenfaktoren
• Präsentation von Informationen folgt
etablierten & neuen journal. Gattungen
Expertenöffentlichkeiten
(z.B. PLOS one; arxiv.org)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator;
Publikum sind academic peers
• Selektion von Informationen nach
disziplinären Themen; peer review
• Präsentation von Informationen intersub-
jektiv nachvollziehbar & falsifizierbar
Kollaborative Öffentlichkeit
(z.B. Wikipedia)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunikator;
disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach
enzyklopädischer Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Ideal
des „neutralen Standpunkts“
Persönliche Öffentlichkeit
(z.B. privates FB-Profil; @janschmidt)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunik.;
eigenes soziales Netzwerk als Publikum
• Selektion von Informationen nach
Kriterien persönlicher Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt
Leitbild der Authentizität
Berlin 5 von 12
6. Arenen der (Wissenschafts-)Kommunikation online
Massenmediale Öffentlichkeit
(z.B. dradiowissen.de; @zeitwissen)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator;
disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach
journalistischen Nachrichtenfaktoren
• Präsentation von Informationen folgt
etablierten & neuen journal. Gattungen
Expertenöffentlichkeiten
(z.B. PLOS one; arxiv.org)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator;
Publikum sind academic peers
• Selektion von Informationen nach
disziplinären Themen; peer review
• Präsentation von Informationen intersub-
jektiv nachvollziehbar & falsifizierbar
Kollaborative Öffentlichkeit
(z.B. Wikipedia)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunikator;
disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach
enzyklopädischer Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Ideal
des „neutralen Standpunkts“
Persönliche Öffentlichkeit
(z.B. privates FB-Profil; @janschmidt)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunik.;
eigenes soziales Netzwerk als Publikum
• Selektion von Informationen nach
Kriterien persönlicher Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt
Leitbild der Authentizität
Berlin 6 von 12
7. Intermediäre und Kommunikationsarenen
Intermediäre sind nicht eins zu eins
einer Kommunikationsarena
zuzuordnen, sondern bündeln und
vermitteln Informationen aus
unterschiedlichen Arenen
Diese Vermittlungsfunktion folgt
einer spezifischen Logik; sie
resultiert aus der Kombination von
– softwaretechnischen Merkmalen,
– ökonomischen Strategien der
Betreiber sowie
– Nutzerpraktiken
Derzeit sind drei zentrale
Organisationsprinzipien von
sozialmedialen Intermediären
beobachtbar
AngeboteKanal
Profil bzw.
Page
Account
Einzelblog
Channel
Artikel
Berlin 7 von 12
8. • Intermediäre erschließen den
„Microcontent“ aus unterschiedlichen
Kanälen – darunter auch
Wissenschaftskommunikation – und
bündeln ihn zu einem konstanten
Informationsfluss („streams“; „feeds“)
• Intermediäre filtern, aber sie tun dies
in der Regel nicht redaktionell,
sondern algorithmisch
• Welche Relevanz-Kriterien und
sonstigen Parameter in diese „Filter-
& Bündelungsalgorithmen“
eingeschrieben sind, bleibt meist
intransparent
Organisationsprinzipien (1/3): Ent- & Neubündelung
Berlin 8 von 12
9. • Intermediäre fördern die
Personalisierung von Informations-
repertoires in zweierlei Hinsicht:
(a) das Kontaktnetzwerk, das den
Informationsstrom einer Person
speist, ist individuell einzigartig;
(b) Empfehlungs- und Filteralgorithmen
beziehen früheres Verhalten und
Metadaten einer Person ein, um
Inhalte (Microcontent oder Kanäle)
vorzuschlagen
• Diese Form von Personalisierung
verspricht „bessere“ und „relevantere“
Informationen
• Offen ist, inwieweit sie aber auch zu
„filter bubbles“ (Pariser 2011) führt,
die geteilte Weltsichten erschweren
Organisationsprinzipien (2/3): Personalisierung
Berlin 9 von 12
10. Intermediäre sorgen für eine Konvergenz
bislang getrennter Kommunikationsmodi:
von Konversation und Publikation
(Wissenschafts-)Journalistische Angebote
führen eigene Kanäle, um ihre Inhalte
zugänglich zu machen
Aktive Nutzer kommentieren, verlinken,
retweeten, favorisieren, teilen, empfehlen,
etc. diese Inhalte
Organisationsprinzipien (3/3): Konvergenz
Berlin 10 von 12
11. Machtverschiebungen: Das Partizipations-Paradox
Mitwirkung an
Konversationen, dem
Bereitstellen und Teilen
von Inhalten, etc.
Mitbestimmung über
Ausrichtung, Gestaltung
oder Moderation der
Angebote
Selbstbestimmung in
eigenen, nicht bzw.
kaum vorstrukturierten
Kommunikationsräumen
Abernten nutzer-
generierter Inhalte und
Verwertung verknüpfter
Daten
Ausbeuten unentgeltlich
erbrachter Arbeit (kreative
Inhalte erstellen; Pflege
der Community)
Einhegen der Nutzer in
kommerzialisierten und
nicht demokratisch
gestalteten Strukturen.
Berlin 11 von 12
12. Fazit
• Soziale Medien fungieren als Intermediäre in der Wissenschafts-
kommunikation, weil und insofern sie den Informationsfluss in und zwischen
verschiedenen Arenen der Wissenschaftsöffentlichkeit strukturieren – sie
sind aber nicht „per default“ einer der Arenen zuzuordnen
• Die derzeitige dominierende „Intermediärsgestalt“ ist durch drei zentrale
Organisationsprinzipien gekennzeichnet, der sich auch die
Wissenschaftskommunikation nicht entziehen kann:
• Ent- und Neubündelung von Informationen
• Personalisierung von Informationsrepertoires
• Konvergenz von Konversation und Publikation
• Die Wissenschaftskommunikation sollte in besonderem Maße daran
mitwirken, dem beobachtbaren Trend zu „Plattformisierung“ und
Konzentration auf wenige machtvolle Intermediäre entgegen zu wirken –
eine offene digitale Gesellchaft braucht alternative Finanzierungsmodelle;
offene Schnittstellen; transparente Algorithmen und freie Daten auch und
gerade für Wissenschaftskommunikation
Berlin 12 von 12
13. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Jan-Hinrik Schmidt
Hans-Bredow-Institut
Rothenbaumchaussee 36, 20148 Hamburg
j.schmidt@hans-bredow-institut.de
www.hans-bredow-institut.de
www.schmidtmitdete.de
www.dasneuenetz.de
Berlin 13 von 12
14. Quellennachweise
Folie 2:
[Linné] CC-BY-SA 3.0, Alexander Roslin, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Carolus_Linnaeus_%28cleaned_up_version%29.jpg
[Habermas] CC-BY-SA-3.0, Wolfram Huk, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:JuergenHabermas_crop2.jpg
[Zuckerberg] CC-BY 3.0, Guillaume Paumier,
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mark_Zuckerberg_at_the_37th_G8_Summit_in_Deauville_018_v1.jpg
Folie 5:
• [Massenmedien]: CC by 2.0, NASA, http://www.flickr.com/photos/gsfc/3726614425
• [Experten] CC by 2.0, usarmyafrica, http://www.flickr.com/photos/usarmyafrica/4077018383/
• [Kollaboration] CC by-nc 2.0, santheo, http://www.flickr.com/photos/santheo/3244627450/
• [Stammtisch] CC by-nc 2.0, Juso Unterbezirk Saarlouis, https://www.flickr.com/photos/51110108@N02/5194988993//
Folie 9:
[Konversation]: CC-BY-NC-ND-2.0, Dominic Dada, http://www.flickr.com/photos/ogil/274628990/
Folie 10:
[Sharing] CC BY-NC-ND 2.0, Stephen Desroches, http://www.flickr.com/photos/focusedonlight/2795746704/
[Demonstration] CC BY-NC-ND 2.0, Dom Dada, http://www.flickr.com/photos/ogil/1842123447/
[Barcamp] CC BY-NC-ND 2.0, Nathanael Boehm, http://www.flickr.com/photos/purecaffeine/1226101959/
Berlin 14 von 12
Notas do Editor
Notizen:
[Linné] CC-BY-SA 3.0, Alexander Roslin, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Carolus_Linnaeus_%28cleaned_up_version%29.jpg
[Habermas] CC-BY-SA-3.0, Wolfram Huk, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:JuergenHabermas_crop2.jpg
[Zuckerberg] CC-BY 3.0, Guillaume Paumier, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mark_Zuckerberg_at_the_37th_G8_Summit_in_Deauville_018_v1.jpg
[Foucault] Exeter Centre for Advanced International Studies Research Priorities (Fair Use), https://en.wikipedia.org/wiki/File:Foucault5.jpg
[Massenmedien]: CC by 2.0, NASA, http://www.flickr.com/photos/gsfc/3726614425
[Experten] CC by 2.0, usarmyafrica, http://www.flickr.com/photos/usarmyafrica/4077018383/
[Kollaboration] CC by-nc 2.0, santheo, http://www.flickr.com/photos/santheo/3244627450/
[Stammtisch] CC by-nc 2.0, Juso Unterbezirk Saarlouis, https://www.flickr.com/photos/51110108@N02/5194988993//
[Massenmedien]: CC by 2.0, NASA, http://www.flickr.com/photos/gsfc/3726614425
[Experten] CC by 2.0, usarmyafrica, http://www.flickr.com/photos/usarmyafrica/4077018383/
[Kollaboration] CC by-nc 2.0, santheo, http://www.flickr.com/photos/santheo/3244627450/
[Stammtisch] CC by-nc 2.0, Juso Unterbezirk Saarlouis, https://www.flickr.com/photos/51110108@N02/5194988993//
[Sharing] CC BY-NC-ND 2.0, Stephen Desroches, http://www.flickr.com/photos/focusedonlight/2795746704/
[Demonstration] CC BY-NC-ND 2.0, Dom Dada, http://www.flickr.com/photos/ogil/1842123447/
[Barcamp] CC BY-NC-ND 2.0, Nathanael Boehm, http://www.flickr.com/photos/purecaffeine/1226101959/