Bei der Kollegialen Beratung nach der Balint-Methode handelt es sich um ein gut bewährtes Vorgehen zur strukturierten Fallbearbeitung. Diese Methode ermöglicht die Bearbeitung von konkreten, möglicherweise gerade schwierigen Situationen und Herausforderungen und unterstützt den eigenen Handlungsspielraum bei aktuellen Veränderungs- oder Führungssituationen. Die kollegiale Beratung ermöglicht den Austausch über Alltagssituationen, meist im Zuge von Führungs- oder Veränderungsarbeit und hilft dabei, die „Kraft“ zu entdecken, die in der Unterstützung durch Kollegen bzw. Teilnehmern liegt. Dadurch unterstützt diese Methode bei der Weiterentwicklung der persönlichen Fähigkeit im Alltag und dient als Vorbereitung auf zukünftige Veränderungsvorhaben.
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VORSTELLUNG ABLAUF &
GRUNDKLÄRUNG FRAGE
a. Auswahl des/der zu bearbeitenden Fälle bzw. Prüfung der Eignung
eines Falles.
b. Kurzvorstellung der einzelnen Bearbeitungsschritte (1-4) inkl.
Angabe zur geplanten Bearbeitungszeit in Minuten.
c. Vorstellung der Spielregeln für Bearbeitung
Kriterien für Auswahl des Falles
● FallbringerIn ist selbst betroffen
● Es handelt sich um ein Vorhaben, das so FallbringerIn gerade
beschäftigt, auf sie zukommt oder zukommen könnte
● FallbringerIn hat Gestaltungsmöglichkeiten
● FallbringerIn und -bearbeitende haben Lerninteresse daran
● Betroffene und Organisation sind namentlich benennbar
● Anliegen/Frage ist hinsichtlich Komplexität bearbeitbar
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Auf Flip-Chart:
● Bearbeitungsschritte
● Zeitangaben
● Rollen
Spielregeln und Prinzipien
● Die TeilnehmerInnen bestimmen, was
bearbeitet wird
● Priorität hat das, was für sie gerade
aktuell wichtig ist
● „Der Fall“, das Anliegen und alle damit
verbundenen Informationen sind
ausschließlich für die Anwesenden
bestimmt
● Wertschätzung der Personen und
Respekt vor dem Anliegen der
FallbringerInnen
● Geglücktes und Missglücktes darf/soll
Platz haben
● Versuchen, eine “konkurrenzarme
Zone” zu schaffen
● Die Praxis aller TeilnehmerInnen ist
LehrmeisterIn
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1 SCHILDERUNG DER SITUATION UND
ANLIEGEN
FallbringerIn schildert zunächst das Thema/die Situation aus seiner/ihrer Sicht:
● Worum geht es?
● Was ist der Kontext (kurze Skizze Organisation, handelnde Personen, ...)
● Was möchte er/sie gerne verändern?
● Wie lautet seine zentrale Fragestellung (Anliegensfrage)?
Dazu ist es hilfreich, relevante Eckdaten (Namen, Organisationsstruktur, Daten/Fakten, …) auf Flip-Chart
darzustellen. Dies kann durch FallbringerIn oder ModeratorIn erfolgen.
Wichtig: Am Ende dieses Schrittes auf die Schärfung der Fragestellung achten:
● Möglichst konkret das Anliegen beschreiben, zu allgemeine Fragenformulierungen vermeiden
● Nicht mehrere Fragen in eine Fragestellung verpacken
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Gruppe fragt nach
Die Gruppe hat jetzt Gelegenheit, weitere Informationen über den geschilderten Sachverhalt zu erfahren. Sie
versucht, den Hintergrund auszuleuchten, die Entwicklungsgeschichte zu erfahren, die persönliche
Betroffenheit des/der FallbringerIn zu erfahren.
Wichtig: Noch keine Vermutungen (Hypothesen) über Ursachen oder Gründe äußern!
Hier muss insbesondere der/die ModeratorIn auf versteckte Suggestivfragen achten, denn es geht noch nicht
um Lösungen, sondern um Informationsgewinnung und somit auf eine Beschränkung aufs Nachfragen und
Verstehen.
VERSTÄNDNISFRAGEN
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HYPOTHESEN
Gruppe bildet Hypothesen
In diesem Schritt erfolgt nun die gemeinsame Auswertung der bisher
gewonnen Informationen und Eindrücke, nach dem Motto:
● Kann es sein, dass …
● Unsere Hypothesen zur Situation sind …
FallbringerIn äußert sich zu Hypothesen
Nun bekommt der/die FallbringerIn Gelegenheit, sich zu äußern.
● Was kann er/sie nachvollziehen?
● Was ist hilfreich für den weiteren Schritt der Lösungs-/
Ideensuche?
Die Gruppe fragt nach, versucht Rückmeldungen/Einwände zu
ergründen, ohne aber zu diskutieren, wer nun „Recht“ hat.
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Wichtig: Bei diesem Schritt hört der/die
FallbringerIn nur zu, mischt sich nicht
ein, sondern versucht, den
Gedankengängen der Gruppe zu folgen
und die angebotenen Vermutungen
über Ursachen/Gründe (Hypothesen)
und Gefühlslagen zu verstehen.
Hypothesen für alle sichtbar festhalten
Wichtig: Es geht nicht um richtig oder
falsch, sondern um „hilfreich“ oder
„nicht hilfreich“ für die Ideen- und
Lösungsgenerierung.
Ordnung oder Clustern ist nicht
wichtig, wichtiger ist der kreative
Charakter dieser Phase
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HANDLUNGSVORSCHLÄGE
Ideen/erste Ansätze für Handlungsmöglichkeiten
Bei diesem Schritt formuliert die Gruppe, vor dem Hintergrund aller
bisher gewonnen Informationen und Einsichten,
Handlungsmöglichkeiten für die Situation des/der FallbringerIn. Es geht
dabei nicht darum, sich auf einen Lösungsweg zu einigen, sondern
dem/der FallbringerIn unterschiedliche Möglichkeiten anzubieten. Auch
die Beibehaltung der bestehenden Situation ist dabei eine der
Möglichkeiten.
FallbringerIn gibt Rückmeldungen
FallbringerIn äußert sich nun zu den einzelnen Handlungsmöglichkeiten,
die die Gruppe entwickelt hat.
● Welche erscheinen ihm/ihr machbar ?
● Welche nicht und weshalb nicht?
Die Gruppe beschränkt sich wieder aufs Nachfragen, denn dadurch
kann der/die FallbringerIn die Situation vielleicht wieder in einem
anderen Licht sehen und noch neue Handlungsmöglichkeiten
entdecken, eventuell auch Wahrnehmungsmuster und
Handlungsvorlieben erkennbar machen.
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Wichtig: Der/die FallbringerIn hört
wiederum nur zu und lässt sich durch
die Ideen der Gruppe anregen, um neue
Handlungsmöglichkeiten zu entdecken.
Das Ziel dieses Schrittes ist es nicht
den/die FallbringerIn auf eine
bestimmte Handlungsmöglichkeit zu
verpflichten, sondern nur Möglichkeiten
aufzuzeigen und Ideen zu geben.
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HINTERGRUNDINFORMATION UND TIPPS
Prinzipien
● Die TeilnehmerInnen bringen ihre wichtigen Praxissituationen selbst mit und
ein und bearbeiten sie sowohl miteinander als auch mit der/dem ModeratorIn.
● Lernen aus Alltagssituationen durch Strukturiertes bearbeiten und auswerten.
● Die Fallarbeit ist ein “Praxis-Raum” in dem Erfahrungen ausgetauscht, Ideen
entwickelt sowie Alltagssituationen vorbereitet und ausprobiert werden.
Tipps für ModeratorInnen
● Die Zeiten sind Erfahrungswerte, können im Einzelfall variieren. Wichtig ist die
zeitlich straffe Führung durch alle Schritte.
● Strenges Trennen der einzelnen Schritte und Rollen – z.B. gut darauf achten,
dass FallbringerIn hört in bestimmten Sequenzen nur zuhört, nicht kommentiert
oder diskutiert.
● Hypothesen nicht „bewerten“ im Sinne von – richtig/falsch, sondern
hilfreich/nicht hilfreich, um für den nächsten Schritt Impulse für
Ideengenerierung zu erhalten.
● Abschließend kann Auswertung im Plenum nützlich sein: Wie ist Prozess
gelaufen, wie ist es FallbringerIn und Gruppe gegangen, was war angenehm
und hilfreich, was eher nicht.