2. Das Sammelsurium unterschiedlichster Modelle und AnbieterInnen bringt
unterschiedliche Risiken und Schutzbedürfnisse für den Kapitalmarkt im
Allgemeinen und VerbraucherInnen im Speziellen mit sich
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
Wer ist ProjektträgerIn?
Wie sieht meine rechtliche
Stellung als AnlegerIn aus?
In welcher Form beteilige ich
mich?
Welche Informationen kann
ich fordern?
Was passiert, wenn das Projekt
„nach hinten losgeht“?
Wird das Projekt überwacht?
Wer erhält Gebühren?
Sind die Beteiligten wirtschaftlich
solide und vertrauenswürdig?
Bestehen rechtliche Risiken?
3. Finanzierungsvorhaben können völlig unterschiedliche Zwecke verfolgen
• Ein gemeinnütziger oder Spendencharakter steht im Vordergrund;
• Die Partizipation von BürgerInnen einer Gemeinde und das „Ausborgen“ von Geldern, die
nach einiger Zeit wieder zurückbezahlt werden sollen, stehen im Vordergrund;
• Es besteht eine Profiterwartung der AnlegerInnen bzw. soll von der Entwicklung interessanter
Start-Up-Projekte profitiert werden.
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
4. Crowdfunding-Plattformen können den Aufsichtsgesetzen unterliegen:
• Bei Finanzinstrumenten (zB Aktien, Anleihen): Wertpapierdienstleistungen gem. § 3 Abs. 2
WAG 2007 können vorliegen und somit das WAG 2007 anwendbar sein.
• Wenn Zahlungen über die Plattform abgewickelt werden, können die Tatbestände des
Zahlungsdienstegesetzes, sowie geldwäscherechtliche Identifizierungspflichten nach BWG
anwendbar sein.
• Kreditvermittlung erfordert eine Gewerbeberechtigung, ansonsten liegt ein Bankgeschäft
nach § 1 Abs. 1 Z 18 lit b BWG vor. Auch die gewerbliche Kreditvergabe ist ein Bankgeschäft
gem. § 1 Abs. 1 Z 3 BWG (AnlegerInnen können betroffen sein!).
Der unerlaubte Betrieb konzessionspflichtiger Geschäfte stellt einen
Verwaltungsstraftatbestand dar!
• Für das öffentliches Angebot von Wertpapieren und Veranlagungen auf solchen Plattformen
kann ein Kapitalmarktprospekt nach KMG erforderlich sein.
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
5. „Alternative Finanzierungsmodelle“ können den Aufsichtsgesetzen unterliegen:
• Werden Gelder unter unbedingtem Rückzahlungsanspruch entgegengenommen, kann ein
konzessionspflichtiges Einlagengeschäft gem. § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG vorliegen.
• Wenn Gelder zur Verwaltung, also mit der Abrede eines Entscheidungsspielraums
entgegengenommen, kann ein konzessionspflichtiges Einlagengeschäft (zur Verwaltung)
gem. § 1 Abs. 1 Z 1 erster Fall BWG vorliegen.
• Ein alternativer Investmentfonds gem. § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG kann bei Vorliegen einer
Anlagestrategie des Entgegennehmenden gegeben sein.
• Werden Wertpapiere oder Veranlagungen öffentlich angeboten, kann ein Prospekt gem.
KMG erforderlich sein.
Gewerblichkeit ( § 2 Abs. 1 UStG) bedeutet nachhaltige Tätigkeit mit
Einnahmenerzielungsabsicht. Gewinnerzielungsabsicht oder gemeinnütziger Zweck sind
nicht relevant. Möglich selbst bei einmaliger Tätigkeit unter Wiederholungsabsicht!
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
6. Beispiele für Modelle, die grundsätzlich (!) keiner Konzessionspflicht unterliegen
• Modelle, in denen keine Rückzahlung in Geld erfolgt, sondern in Gutscheinen oder Waren;
• Substanzbeteiligungen an Gesellschaften: Genossenschaftsanteile, Kommanditanteile, stille
Beteiligungen, Substanzgenussrechte;
• Die Ausgabe von Anleihen;
• Sale-and-Lease-Back-Modelle, bei denen bspw. ein Solarpaneel verkauft und rückgemietet
wird;
• Qualifizierte Nachrangdarlehen, bei denen die GeldgeberInnen ein unternehmerisches Risiko
übernehmen.
Dabei ist stets zu bedenken: Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann möglich sein,
sogar eine Nachschusspflicht entstehen. Keine Einlagensicherung! Es besteht die Gefahr,
dass sich AnlegerInnen ihrer Stellung nicht ausreichend bewusst sind.
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
7. Gem. § 2 KMG kann ein kapitalmarktrechtlicher Prospekt erforderlich sein, wenn ein
öffentliches Angebot eines Wertpapiers oder einer Veranlagung (Investitionen auf gemeinsame
Rechnung und gemeinsames Risiko) gegeben ist und keine Ausnahmebestimmung des § 3
KMG anwendbar ist, etwa
• Z 10: Gesamtgegenwert des Angebots liegt unter € 250 000
• Z 14: Angebote an weniger als 150 AnlegerInnen
• Z 15: Angebote über Genossenschaftsanteile über einen Gesamtgegenwert
von € 750 000
„Verkürztes Prospektregime“ für KMU und Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung in Art
26b Prospekt-VO.
Das KMG enthält weitere für VerbraucherInnen relevante Bestimmungen, etwa Pflichten des
Emittenten bei der Bewerbung oder das Rücktrittsrecht bei Nicht-Vorliegen eines Prospekts.
Prospektpflichtverletzungen gem. § 15 Abs. 1 KMG sind gerichtlich strafbar!
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
8. Eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen ist essentiell. Die
Anwendbarkeit des Aufsichtsrechts hängt stark von der Ausgestaltung im Einzelfall ab. Im
Zweifelsfall ist stets Kontakt mit der FMA suchen.
Es liegt auch im Eigeninteresse der AnbieterInnen, möglichst umfassende
Informationen zu bieten – nicht nur über wirtschaftliche Daten, sondern gerade auch über
die rechtliche Stellung, die Geldflüsse und involvierten TeilnehmerInnen sowie die
typischerweise mit dem Modell einhergehenden Risiken.
Es kommt auch in alternativen Investments immer wieder zu AnlegerInnenschäden,
Bsp: Pleite des deutschen Windkraftunternehmens Prokon (Lt. Medienberichten € 1,4 Mrd
Volumen in Genussscheinen, 8% Renditezusage).
Es sammeln sich auch betrügerische AnbieterInnen unter dem Modebegriff
„Crowdfunding“ oder „alternative Finanzierung“. Der FMA ist hier bereits ein Fall einer
Kreditvermittlungsplattform bekannt, der zu AnlegerInnenschäden geführt hat und deren
Betreiber sich in Haft befindet.
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014
9. Abschließende Hinweise
Die FMA veröffentlichte im Februar 2013 einen Leitfaden zu BürgerInnenbeteiligungsmodellen und
stellt ausführliche Informationen auf ihren VerbraucherInnenseiten bereit…
http://www.fma.gv.at/de/sonderthemen/information-zu-buergerbeteiligungsmodellen.html
http://www.fma.gv.at/de/verbraucher.html
Aufsichtsgesetze lassen sich über die Homepage der FMA oder über das Rechtsinformationssystem
des Bundes abrufen.
www.fma.gv.at www.ris.bka.gv.at
Rechtsanfragen können an die allgemeine FMA-Adresse fma@fma.gv.at übermittelt werden
Alle rechtlichen Ausführungen beziehen sich einerseits auf typische Erscheinungen des Wirtschaftslebens, andererseits
sind diese als grundlegender Leitfaden zur Rechtsansicht der FMA anzusehen. Eine abschließende und
rechtsverbindliche Beurteilung einer Konzessions- oder Prospektfrage bleibt jeweils dem konkreten Einzelfall
vorbehalten. Eine Beratung zu konkreten Geschäftsmodellen und deren Ausgestaltung bleibt Personen aus beratenden
Berufsständen, wie z.B. Rechtsanwälten vorbehalten.
Mag. Bibiane Kaufmann, FMA Wien, 25.09.2014