Der wiedererstarkte Euro?
Das Vertrauen ist in die Eurozone zurückgekehrt. Und mit dem Vertrauen das Kapital. Aber wird dies von Dauer sein? Kapital & Märkte informiert Sie über die derzeitige Lage in der Eurozone und an den weltweiten Kapitalmärkten.
DIE MARKTMEINUNG AUS STUTTGART: Abwertungshausse in Europa
Kapital & Märkte 02.2013
1. Kapital & Märkte
Ausgabe Februar 2013
Als Mitte Januar erste Einschätzungen der EZB publik wurden,
Europa: Kapital ist zurückgekehrt die auf eine Stabilisierung der konjunkturellen Lage in der
Eurozone hinwiesen, werteten Investoren dies als Signal dafür,
Seit EZB-Präsident Draghi im vergangenen Sommer an dass die Leitzinsen nicht weiter gesenkt werden. Ende Januar
kündigte, alles für die Rettung der Eurozone zu tun, verzeich- verlieh der erneut sehr gut ausgefallene ifo-Index dem Euro
nete die europäische Gemeinschaftswährung eine deutliche weiteren Schwung. Zudem wies der Anfang Februar veröffent-
Aufwärtsbewegung. Vor allem in den vergangenen Wochen lichte Einkaufsmanagerindex für die Industrie in Europa mit
arbeitete sich der Euro gegenüber vielen Konkurrenz 47,9 Punkten den höchsten Wert seit einem Jahr auf. Darauf-
währungen von einem Hoch zum Nächsten. Fast scheint es, hin sprang die Gemeinschaftswährung gegenüber dem
als hätten die Investoren die Eurokrise abgehakt. US-Dollar in der Spitze auf über 1,37. Das Vertrauen ist in
die Eurozone zurückgekommen – und mit dem Vertrauen
auch sehr viel Kapital.
WÄHRUNGSPERFORMANCE DER G-10 INDUSTRIESTAATEN GEGENÜBER DEM EURO
Japanischer YEN (JPY)
Australischer Dollar (AUD)
US Dollar (USD)
Britisches
Pfund (GBP)
Schwedische Kronen (SEK)
Schweizer Franken (CHF)
Norwegische Kronen (NOK)
-25,00 -20,00 -15,00 -10,00 -5,00 0,00 in Prozent
Quelle: Bloomberg, Rabobank, Stand per Ende Jan 2013
Der Euro hat allerdings nicht nur von den Äußerungen des Auf der Februarsitzung des EZB-Rates goss Präsident Draghi
EZB-Chefs profitiert. Auch die endlosen Debatten zwischen zuletzt wieder Wasser in den Wein der Euro-Optimisten.
Republikanern und Demokraten zur Lösung der Fiskalklippe So verwies er auf die nach wie vor schwache Konjunktur und
in den USA haben ihren Teil beigetragen. Die Ankündigung beurteilte auch die höhere Bewertung des Euro als proble-
der FED, die extrem niedrigen Leitzinsen nicht anzutasten matisch für die Wettbewerbsfähigkeit. Im Euroraum selbst ist
und die massiven Anleihenkäufe von Staats- und Immo die Kluft zwischen den starken Nationen und den schwachen
bilienpapieren fortzusetzen bis die Arbeitslosenquote auf Ländern in der Peripherie eklatant. Aktuelle Verwicklungen
6,5 Prozent zurückgeht – derzeit liegt sie bei 7,9 Prozent – des spanischen Ministerpräsidenten Rajoy in einen Be
taten ihr Übriges. stechungsskandal und die unrühmliche Rolle Draghis als
f
rüherer oberster Bankenaufseher Italiens im Zusammenhang
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2. mit den Problemen der ältesten Bank des Landes, Monte dei Energieimporten machen. Dies bedeutet niedrigere Energie-
Paschi, erhöhen die politischen Risiken. Beide Skandale kosten für die US-Industrie. Zwar ist es bis dahin noch ein
s
tärken eher die Oppositionsparteien als die reformwilligen langer Weg, aber die Visionen werden greifbarer.
Regierungen.
Die europäische Zentralbank wird eine tiefere Bewertung des
Zudem ist die zweitstärkste Wirtschaftskraft im Euroraum, Euro fördern. Aller Voraussicht nach wird sie auch nicht um
Frankreich, derzeit massiv in Bedrängnis. Die Privatwirtschaft eine erneute Zinssenkung herumkommen. Es ist davon aus-
des Landes schrumpfte so stark wie zuletzt vor knapp vier zugehen, dass der Euro gegenüber dem Dollar wieder in
Jahren. Hohe Arbeitskosten, ein starrer Arbeitsmarkt und ein Richtung seiner Kaufkraftparität bei 1,18 – 1,20 sinkt. Somit
wirtschaftsfeindliches Steuersystem behindern die Wett werden auch die überwiegend am US-Dollar orientierten
bewerbsfähigkeit. Da kommt der starke Euro zur Unzeit und asiatischen Währungen an Stärke gewinnen. ❚
erschwert zusätzlich die Exporte.
Trotz zarter Signale einer Konjunkturbelebung in der Euro-
zone bleibt die Kreditvergabe schwach. Hier waren vor allem Japan: Inflationsziel verdoppelt
in Spanien und Portugal starke Rückgänge zu beobachten.
Solange keine Trendwende auf der Kreditseite zu ver eichnen
z In Japan kündigte der neue Ministerpräsident Shinzo Abe zu
ist, wird auch die konjunkturelle Belebung keine Dynamik seinem Amtsantritt eine extrem lockere Geldpolitik an, um
entwickeln können. Es bleibt festzuhalten, dass die aktuelle sein Land aus der Deflationsfalle zu führen und die xporte
E
Stärke des Euro alles in allem weniger auf die Stimmungs in Schwung zu bringen. Auf Druck der Regierung hat die
verbesserung in der Eurozone als auf die expansive Geld- und Notenbank inzwischen das Inflationsziel auf zwei Prozent
Währungspolitik anderer Nationen zurückzuführen ist. verdoppelt und mit Beginn des Jahres 2014 ein unbegrenztes
Anleihekaufprogramm angekündigt. Notenbankpräsident
Ein schwacher Euro ist die Voraussetzung zur Lösung der Shirakawa wird sein Amt vorzeitig niederegen, was einem
l
Probleme in der Eurozone. Vor allem die Länder in der verklausulierten Protest gegen die politische Einflussnahme
P
eripherie und aktuell auch Frankreich benötigen eine gleichkommt. ❚
PROGNOSE WIRTSCHAFTSWACHSTUM (BIP) FÜR 2013
8,2
China 7,8
2
USA 2,3
1
Großbritannien -0,2
1,06
Österreich 0,92
0,9
Deutschland 0,8
0,39
Niederlande -0,46
0,3
Frankreich 0,2
-2,1
Italien -1
-1,5
Spanien -1,4
-4
Griechenland -6
in Prozent -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10
Quelle: www.statista.com 2013 2012
s
chwache Währung, um zu wirtschaftlicher Stärke zurück
zufinden. Deshalb wird die aktuelle Überbewertung des uro
E Großbritannien: Harter Sparkurs
nur ein vorübergehendes Schauspiel sein.
Die britische Währung hat mit den schlechten Wirtschafts-
Vor allem gegenüber den USA wird die europäische Gemein- zahlen des Landes zu kämpfen. Das Bruttoinlandsprodukt
schaftswährung wieder nachgeben, da die Anzeichen für schrumpfte zum Jahresende unerwartet stark – das olympi-
eine Stabilisierung der US-Wirtschaft immer deutlicher sche Strohfeuer und die damit verbundene Rückkehr zu
w
erden. Die Erschließung von Schiefergas- und -ölvorkom- Wachstum ist beendet. Nun hat die Regierung von Premier-
men wird die Wirtschaft dort mittelfristig unabhängig von minister Cameron einen harten Sparkurs verordnet. ❚
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3. Der Kerngedanke dieser Strategie lässt sich wie folgt zusam-
Währungskrieg – menfassen: Wenn es diesen Ländern gelingen soll, innerhalb
martialische Rhetorik ist überzogen der Eurozone wieder wettbewerbsfähig zu werden, dann
muss dieser Erfolg über entsprechende Unternehmen um
Aufgrund der aggressiven Währungspolitik verschiedener gesetzt werden. Daran wiederum partizipieren die Aktionäre.
Notenbanken und der damit verbundenen Dynamik und Sollte die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der
Volatilität der einzelnen Währungen sprechen verschiedene Eurozone wider Erwarten nicht gelingen, werden die Bürger
Ökonomen bereits von einem Währungskrieg. Dennoch ist dieser Länder früher oder später vor die Wahl zwischen
das Wort „Krieg“ hier überzogen, denn viele Regierungen M
assenarbeitslosigkeit oder Beibehaltung des Euros gestellt.
und Notenbanken versuchen ihre Volkswirtschaft in Gang zu Sollten einzelne Staaten die Eurozone verlassen und abwerten,
bringen und von den Höchstkursen sind die aktuellen Wäh- würde dies massive Einbrüche an den Finanzmärkten und
rungen noch ein gutes Stück entfernt. Für kleinere Staaten Aktienbörsen nach sich ziehen. Am wenigsten würden Aktien
dagegen ist die Geldschwemme, das sogenannte Hot Money, von exportorientierten Unternehmen darunter leiden. Folglich
problematisch. Spekulanten und Großanleger verschulden sollten in diesem Szenario Finanztitel und Anleihen der ent-
sich zu günstigen Zinsen in Yen, Dollar oder Pfund und in- sprechenden Länder gemieden und stattdessen gute Export-
vestieren in Ländern, in denen noch attraktivere Konditionen titel erworben werden. ❚
bezahlt werden, wie etwa Thailand, Costa Rica oder Südkorea.
Hier werden zum Teil Schutzwälle errichtet, um die heimische
Wirtschaft abzuschirmen. ❚
Rohstoffsektor:
Nach Kursrückgängen wieder Potential
Aktien: Nachdem China mit neuen Infrastrukturprojekten wieder
Portfoliozusammensetzung prüfen Wachstumsförderung betreibt, eröffnen sich für die Produ-
zenten von Industrierohstoffen nach den Kursrückgängen
Die empfohlene Ausrichtung der Aktienportfolien mit der wieder Chancen. Innerhalb des Rohstoffsektors sind ins
Präferenz für defensive Sektoren und die stabileren europäi- besondere die Aussichten für die im Vergleich zu den Edel-
schen Länder – vor allem Deutschland – sollte überprüft und metallen sehr gedrückt notierenden Edelmetalle fördernden
modifiziert werden. Die Konjunkturerwartungen bleiben zwar Bergbaubetriebe und für den Agrarsektor positiv. ❚
weiter verhalten, aber die Positionierung, defensive Branchen
und vor allem Aktien aus nord- und mitteleuropäischen
Staaten überzugewichten, ist zu sehr zur allgemeinen Mehr-
heitsmeinung geworden. Die Erfahrung lehrt, dass sich bei Automobilsektor: Verwundbarkeit
einer solchen Konstellation keine besonders guten Anlage der Branche wird zum Thema
ergebnisse mehr erzielen lassen. Viele defensive Titel sind
mittlerweile gegenüber ihren historisch üblichen Bewertungen Der Automobilsektor bleibt einschließlich der Zulieferer auf
zu teuer geworden. Da zahlreiche Investoren ihre Portfolien „Untergewichten“. Die weltweit verhaltene Konjunktur
in Europa nahezu ausschließlich auf die stabilen europäischen s
chadet auch den deutschen Herstellern von Pkw und Nutz-
Länder aus erichtet haben, wurden Werte aus den süd
g fahrzeugen sowie ihren Zulieferern, auch wenn ein großer
europäischen Ländern tendenziell vernachlässigt. Es stellt sich Teil in den Dollarraum, inklusive Asien, exportiert wird. Die
nun die rage, ob angesichts der allseits bekannten Probleme
F Verwundbarkeit dieser sehr exportorientierten Branche wird
der Staaten – die zu historisch niedrigen Bewertungen der zum Thema. Wie die zunehmenden Rabatte in Europa und
Aktien von Gesellschaften mit Sitz in diesen Ländern geführt den USA zeigen, wird der Wettbewerb angesichts der er
haben – nicht die Zeit gekommen ist, an den dortigen höhten Kapazitäten zunehmen. Auch negative Meldungen
M
ärkten bei Schwäche qualitativ gute, ausgewählte Einzel - von Zulieferern sprechen für Zurückhaltung. ❚
titel zu kaufen und die alten Favoriten entsprechend etwas
abzubauen. Wer sich hier die Mühe macht, sorgfältig Branche
für Branche durchzugehen, sollte dafür mit guten Anlage
ergebnissen belohnt werden.
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4. GOLDAKTIEN UND GOLD Goldak'en
in
US-‐$
Gold
in
US-‐$
4500,00
4000,00
3500,00
3000,00
2500,00
2000,00
1500,00
1000,00
500,00
0,00
Jan 08 Mai 08 Sep 08 Jan 09 Mai 09 Sep 09 Jan 10 Mai 10 Sep 10 Jan 11 Mai 11 Sep 11 Jan 12 Mai 12 Sep 12 Jan 13
Quelle: Reuters
Banken: Immobilienaktien:
Erholungspotential einzelner Titel Neutrale Gewichtung
Banken sollten nicht mehr extrem untergewichtet werden. Immobilienaktien bleiben neutral gewichtet. Es gibt in diesem
Die Probleme des Sektors sind hinlänglich bekannt, entspre- Sektor viele zurückgebliebene Einzeltitel. Und gegenüber dem
chend gedrückt notieren die Aktien. In vielen Portfolien dieser
stabilen Immobilienmarkt – zumindest in den starken euro-
Gesellschaften befinden sich auch Staatsanleihen aus süd päischen Ländern – sind die Aktien tendenziell noch preiswert
europäischen Ländern, die inzwischen hohe Kursgewinne und schütten hohe Dividenden aus. In den USA sind REITs
aufweisen, was zusammen mit der späteren Einführung der jedoch inzwischen zumeist überbewertet. ❚
Basel III Richtlinien die Bilanzen entlastet. Die Politik scheint
trotz populistischer Versuchungen erkannt zu haben, dass
ein funktionierender Bankensektor notwendig ist. Wenn die
Probleme der Eurozone nicht wieder eskalieren, sollte das
spekulative Erholungspotential der entsprechenden Aktien
gehoben werden können. ❚
Stand: Februar 2013
Bankhaus Ellwanger & Geiger KG Die Darstellungen geben die aktuellen Meinungen und Einschätzungen zum
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g
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