Wenn wir heute von New Work reden, geht es dabei um die Arbeit im digitalen Zeitalter. Wir haben wenig Zweifel, dass wir anders arbeiten werden, als im Industrie-Zeitalter, haben aber noch kein umfassendes Bild, wie anders das sein wird. Meist verengen wir die Sicht auf das, was im Kontext Arbeit naheliegend ist: auf den Arbeitsplatz und das, womit wir dort in Berührung kommen. Arbeit wird zu einem guten Teil unabhängig von Ort und Zeit? Haben wir verstanden und praktizieren wir in bestimmten Jobs und Funktionen bereits fleißig. Wenn wir trotzdem im Büro arbeiten, haben wir wahrscheinlich keinen eigenen Schreibtisch mehr? Kein großer Verlust. Wir haben neue Tools, mit denen wir im Team leichter zusammenarbeiten? Na endlich. Wir werden uns von der Idee eines klassischen Arbeitsplatzes verabschieden müssen - soweit reicht die Phantasie.
Kompetenz-Häppchen Nr. 06 zu Arbeitszeit und Zufriedenheit von Burkhard Scherf
New Work weiter denken, Kai Anderson, Promerit AG
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Competence Book: New Work
Zukunftsstatement - Kai Anderson
New Work
weiter
denkenSTATEMENT: Kai Anderson, Gründungspartner und Vorstand der Promerit AG
Wenn wir heute von New Work reden, geht es dabei um die Arbeit
im digitalen Zeitalter. Wir haben wenig Zweifel, dass wir anders arbei-
ten werden, als im Industrie-Zeitalter, haben aber noch kein umfas-
sendes Bild, wie anders das sein wird. Meist verengen wir die Sicht
auf das, was im Kontext Arbeit naheliegend ist: auf den Arbeitsplatz
und das, womit wir dort in Berührung kommen. Arbeit wird zu einem
guten Teil unabhängig von Ort und Zeit? Haben wir verstanden und
praktizieren wir in bestimmten Jobs und Funktionen bereits fleißig.
Wenn wir trotzdem im Büro arbeiten, haben wir wahrscheinlich kei-
nen eigenen Schreibtisch mehr? Kein großer Verlust. Wir haben neue
Tools, mit denen wir im Team leichter zusammenarbeiten? Na end-
lich. Wir werden uns von der Idee eines klassischen Arbeitsplatzes
verabschieden müssen - soweit reicht die Phantasie.
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Competence Book: New Work
Zukunftsstatement - Kai Anderson
Aber ab jetzt wird es schwierig. Die wichtigere Frage, die wir für die Organisati-
on und den Einzelnen beantworten müssen ist, wie sich das Wesen der Arbeit
in der digitalen Welt verändern wird. Damit wir die nächste Frage stellen und
beantworten können: was braucht es, um für diese neue Art der Arbeit gerüstet
zu sein?
Denken wir einen Moment lang darüber nach, wie sich der Inhalt unserer Arbeit
in Zukunft verändern wird. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist in seiner
Tragweite noch nicht absehbar, aber wir wissen, dass wir von Routine-Tätigkei-
ten entlastet werden. Was verbleibt sind steuernde und gestalterische Aufga-
ben und Tätigkeiten, die eine echte menschliche Interaktion erfordern.
Für den klassischen Sachbearbeiter ist kein Platz mehr in der
neuen Arbeitswelt. Wir werden damit massive Veränderungen
in den Personalstrukturen haben, die wir heute noch nicht in
ihrer Konsequenz durchdrungen haben. Um damit richtig um-
gehen zu können, brauchen wir eine Flexibilisierung der star-
ren Strukturen, Funktionen und Rollen, die heute noch unsere
Arbeitswelt bestimmen. Was uns gleichzeitig von einem der
größten Hindernisse befreit, das uns die durchgängige Sicht
auf den Kunden verstellt: das Silo-Denken. Die Arbeitsteiligkeit
des Industrie-Zeitalters hat Funktionen in Unternehmen mani-
festiert, die die Effizienz befördert und neue Geschäftsmodelle
behindert haben. Das Ganze noch dazu in starren und (über)
regulierten Arbeitsverhältnissen, die keinen individuellen und
organisatorischen Spielraum mehr ermöglicht haben. Passé.
Der Charakter der neuen Arbeitswelt wird wesentlich agiler
und diverser sein, als wir das heute noch erleben.
Die Befreiung von der Routine bietet uns die Chance, von der Arbeit aufzublicken
und über den Tellerrand zu schauen. Neue Ideen zu entwickeln und auszupro-
bieren. Nicht immer in einem großen Wurf, nicht unbedingt disruptiv, sondern
im eigenen Wirkungskreis. Das ist zuerst eine Frage des Selbstverständnisses
„Die Befreiung von der
Routine bietet uns die
Chance, von der Arbeit
aufzublicken und über den
Tellerrand zu schauen.
Neue Ideen zu entwickeln
und auszuprobieren.“
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Competence Book: New Work
Zukunftsstatement - Kai Anderson
und damit der Kultur, in der die Veränderung stattfindet. Stehen wir dem positiv
gegenüber oder fürchten wir uns davor? In einer ‚digitalen Kultur’ ist man den
Chancen der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen. Sie
ist der Nährboden für New Work – ohne eine solche positive
Disposition verharren wir im alten Arbeitsverständnis und
den damit verbundenen Routinen.
Alleine die intelligente Nutzung der Informationssysteme,
die uns zur Verfügung stehen, hat ein massives Potenzial.
Dafür braucht es das, was wir digitale Kompetenz nennen.
Ein sicherer Umgang mit den immer mächtiger werdenden
Informationssystemen ist dabei eine Kernkompetenz. Das
gleiche gilt für die Fähigkeit, sinnvoll mit den zunehmenden
Daten umzugehen, die Teil unserer Arbeitswelt sind. Wenn
Informationen das Öl des digitalen Zeitalters sind, müssen
wir in der Lage sein, es entsprechend zu verarbeiten – zu raf-
finieren.
Aus Silos und starren Strukturen ausbrechen, Ideen entwi-
ckeln und ausgestalten, Informationssysteme und Informa-
tion nutzen – New Work kann spannend für uns werden. Die
neue Arbeit hat das Potenzial, eine Bereicherung für den
Einzelnen werden – eine echte Befreiung. Dafür braucht es
allerdings den Freiraum, selbstständig zu agieren. Was wie-
derum nur gelingen wird, wenn wir auch die Command&-
Control - Strukturen und Mechanismen hinter uns lassen, die uns im Industrie-
zeitalter gute Dienste geleistet haben. Wir werden uns damit vom klassischen
Verständnis von Führungskraft und Mitarbeiter verabschieden, ebenso, wie wir
uns vom statischen Konzept der Arbeit als solches verabschieden müssen.
Wir müssen New Work weiterdenken und als einen echten
Paradigmenwechsel in verschiedenen Dimensionen verstehen,
um die Chancen nutzen zu können, die das Ganze bietet.
Fangen wir damit am besten gleich bei uns selbst an ...
„Ein sicherer Umgang
mit den immer
mächtiger werdenden
Informationssystemen ist
[...] eine Kernkompetenz.
[...] Wenn Informationen das
Öl des digitalen Zeitalters
sind, müssen wir in der Lage
sein, es entsprechend zu
verarbeiten – zu raffinieren.“
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Thema
Competence Book: New Work
Kai Anderson ist Gründungspartner und Vorstand
der auf HR und Transformation spezialisierten
Unternehmensberatung Promerit. Als Partner für
Geschäftsleitungsmitglieder und Personalverant-
wortliche begleitet er in internationalen Organisati-
onen Veränderungsprojekte sowie die Neuausrich-
tung des HR-Managements.
Kai Anderson