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Schuld – oder besser der Zwang zur Unschuld

Schuld, ein Thema unserer Zeit. Angeblich sollen wir schon mit Schuld auf die Welt
kommen. Im allgemeinen Sprachgebrauch erscheint uns die Schuld in dem Wertepaar richtig
– falsch. Richtig und falsch, die beiden großen Erziehungsmuster, die die meisten von uns
wohl bis zu ihrem Tod nicht ablegen. Zensur und Urteil, die wesentlichen
Kommunikationsmuster unserer Zeit. „Mach das doch mal richtig, Kind“, „kannst du gar
nichts richtig machen“, „mangelhaft, setzen“, wer von uns kennt diese Sätze in ihren endlosen
Varianten nicht. So wie meine Mutter immer sagte: „ Wie mans macht, macht mans verkehrt“.
Und wer stellt sich schon gerne freiwillig auf die Seite der Schuld. „Nein, das war ich nicht“,
wohl eine der größten Lügen unserer Zeit. Die Schranke am Bahnübergang schließt sich, ich
komme zu spät, „tut mir leid, die Schranke war unten“, oder übersetzt: die Schranke ist
schuld, ich wäre pünktlich gewesen. Schön, dass ein Stück Eisen schon schuld sein kann. Ein
weiterer Mechanismus, um mit diesem Konflikt fertig zu werden, ist die Projektion. Das
Ergebnis soll immer gleich sein: Ich bin unschuldig.
Das Thema muss umformuliert werden: Ich unterliege nicht der Schuld, sondern dem Zwang
zur Unschuld. Indem ich dem folge, mache ich mich schuldig an meiner Existenz mit dem
Motto: Hauptsache ich bin richtig.
Da dieser Mechanismus für uns alle gilt, können wir wohl mit Fug und Recht behaupten, sich
schuldig fühlen entspricht in seinem Ansatz keinem persönlichen Versagen, sondern kann als
gesellschaftliche Determinante verstanden werden. Je weniger ich mich der Gefahr aussetze,
etwas kaputt zu machen, etwas nicht zu verstehen, etwas falsch zu machen, umso wichtiger
kann ich mich empfinden. Auch hier lauert die große Gefahr für mich, mein
Aggressionspotenzial, meinen Aktivitätsradius zu beschneiden. Denn je weniger ich tue, umso
weniger kann ich wachsen, umso weniger Individuum werde ich. Und auch die Symbole der
Mode und Technik können über diesen Mangel an Individualität nicht hinwegtäuschen. Es
bleiben Ersatzhandlungen, die zu keiner Befriedigung führen. Was für ein Dilemma! Je mehr
ich tue, umso größer ist die Gefahr des Falschseins, der Fehlerproduktion. Auf der anderen
Seite besteht der Vorteil in meinem eigenen Wachsen und der Befriedigung aus meinem tun.
Ich bin also genötigt, wenn ich denn eine Persönlichkeit werden möchte, mich schuldig zu
machen und das Risiko von Fehlern einzugehen. Es ist also sinnvoll, gegen den Zwang zur
Unschuld zu verstoßen. Ich muss lernen, mich aus dieser gesellschaftlichen Klammer von
richtig und falsch zu befreien.
Auf dem Hintergrund meiner eigenen Werte, Lebensgrundsätze und Standpunkte sollte ich
meine Entscheidungen fällen. Dabei ist der Grad der gesellschaftlichen Anpassung
unerheblich. Dieses sollte kein Schrecken sein, ich erinnere an meine Mutter, den es liegt eh
nicht in meiner Hand, „ das Richtigsein“ im gesellschaftlichen Sinne selber zu bestimmen.
Wenn das denn so ist, befreie dich aus dem Zwang zur Unschuld und gehe das Risiko von „
Du bist schuld“ ein. Was auf dich wartet, ist frei sein, das tatsächliche Befriedigen deiner
Bedürfnisse, dein Wachstum und dein innerer Reichtum.

Weitere Informationen zum Autor Claas Bahr finden Sie unter:
https://www.facebook.com/claas.bahr
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und
auf
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http://claasbahr.wordpress.com/2013/07/16/schuld-oder-besser-der-zwang-zur-unschuld/
http://claasbahrblog.blogspot.de/2013/07/schuld-oder-besser-der-zwang-zur.html
http://claasbahr.blogspot.de/2013/07/schuld-oder-besser-der-zwang-zur.html

Claas Bahr
Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung
Seit über 30 Jahren ist Claas Bahr in den Bereichen Psychotherapie/Körpertherapie/ Coaching
und Supervision in eigener Praxis tätig. Gleichzeitig war er einer der ersten, die in Münster
und Umgebung mit der Methode der Gestalttherapie nach Pearls und Bioenergetik nach
Lowen arbeitete. 12 Jahre war er in medizinischen Kliniken konsiliarisch tätig. So führte er
u.a. die Methode der Bioenergetik auch zur psychisch medizinischen Behandlung in den
Kliniken ein. Seit 1998 arbeitet er selbständig im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung in
Münster. Das Zentrum hat sich der Methode der humanistischen Psychologie und des
ganzheitlichen Ansatzes verpflichtet. Dieser Ansatz hat sich sowohl in Einzel- als auch in
Firmencoachings bewährt. WIE ICH SEIN MUSS wird ersetzt durch: Wie will ich werden,
wie will ich sein? Darüber hinaus zeichnet sich das Zentrum durch sehr effektive und
außerordentliche Interventionen aus. So z.B. durch Weltreisen mit eigenen Wohnmobilien
durch unterentwickelte Staaten wie Laos, Kambodscha, Vietnam, Tibet etc. Die Enge der
Wohnmobile und das Eintauchen in vorwissenschaftliche Kulturen entwickeln bei den
Teilnehmern z.B. sehr vielfältiges Verhalten.
Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung

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Schuld oder besser der zwang zur unschuld von claas bahr

  • 1. Schuld – oder besser der Zwang zur Unschuld Schuld, ein Thema unserer Zeit. Angeblich sollen wir schon mit Schuld auf die Welt kommen. Im allgemeinen Sprachgebrauch erscheint uns die Schuld in dem Wertepaar richtig – falsch. Richtig und falsch, die beiden großen Erziehungsmuster, die die meisten von uns wohl bis zu ihrem Tod nicht ablegen. Zensur und Urteil, die wesentlichen Kommunikationsmuster unserer Zeit. „Mach das doch mal richtig, Kind“, „kannst du gar nichts richtig machen“, „mangelhaft, setzen“, wer von uns kennt diese Sätze in ihren endlosen Varianten nicht. So wie meine Mutter immer sagte: „ Wie mans macht, macht mans verkehrt“. Und wer stellt sich schon gerne freiwillig auf die Seite der Schuld. „Nein, das war ich nicht“, wohl eine der größten Lügen unserer Zeit. Die Schranke am Bahnübergang schließt sich, ich komme zu spät, „tut mir leid, die Schranke war unten“, oder übersetzt: die Schranke ist schuld, ich wäre pünktlich gewesen. Schön, dass ein Stück Eisen schon schuld sein kann. Ein weiterer Mechanismus, um mit diesem Konflikt fertig zu werden, ist die Projektion. Das Ergebnis soll immer gleich sein: Ich bin unschuldig. Das Thema muss umformuliert werden: Ich unterliege nicht der Schuld, sondern dem Zwang zur Unschuld. Indem ich dem folge, mache ich mich schuldig an meiner Existenz mit dem Motto: Hauptsache ich bin richtig. Da dieser Mechanismus für uns alle gilt, können wir wohl mit Fug und Recht behaupten, sich schuldig fühlen entspricht in seinem Ansatz keinem persönlichen Versagen, sondern kann als gesellschaftliche Determinante verstanden werden. Je weniger ich mich der Gefahr aussetze, etwas kaputt zu machen, etwas nicht zu verstehen, etwas falsch zu machen, umso wichtiger kann ich mich empfinden. Auch hier lauert die große Gefahr für mich, mein Aggressionspotenzial, meinen Aktivitätsradius zu beschneiden. Denn je weniger ich tue, umso weniger kann ich wachsen, umso weniger Individuum werde ich. Und auch die Symbole der Mode und Technik können über diesen Mangel an Individualität nicht hinwegtäuschen. Es bleiben Ersatzhandlungen, die zu keiner Befriedigung führen. Was für ein Dilemma! Je mehr ich tue, umso größer ist die Gefahr des Falschseins, der Fehlerproduktion. Auf der anderen Seite besteht der Vorteil in meinem eigenen Wachsen und der Befriedigung aus meinem tun. Ich bin also genötigt, wenn ich denn eine Persönlichkeit werden möchte, mich schuldig zu machen und das Risiko von Fehlern einzugehen. Es ist also sinnvoll, gegen den Zwang zur Unschuld zu verstoßen. Ich muss lernen, mich aus dieser gesellschaftlichen Klammer von richtig und falsch zu befreien.
  • 2. Auf dem Hintergrund meiner eigenen Werte, Lebensgrundsätze und Standpunkte sollte ich meine Entscheidungen fällen. Dabei ist der Grad der gesellschaftlichen Anpassung unerheblich. Dieses sollte kein Schrecken sein, ich erinnere an meine Mutter, den es liegt eh nicht in meiner Hand, „ das Richtigsein“ im gesellschaftlichen Sinne selber zu bestimmen. Wenn das denn so ist, befreie dich aus dem Zwang zur Unschuld und gehe das Risiko von „ Du bist schuld“ ein. Was auf dich wartet, ist frei sein, das tatsächliche Befriedigen deiner Bedürfnisse, dein Wachstum und dein innerer Reichtum. Weitere Informationen zum Autor Claas Bahr finden Sie unter: https://www.facebook.com/claas.bahr https://www.xing.com/profile/Claas_Bahr http://about.me/claas_bahr und auf http://www.linkedin.com/pub/claas-bahr/70/667/10a http://claasbahr.wordpress.com/2013/07/16/schuld-oder-besser-der-zwang-zur-unschuld/ http://claasbahrblog.blogspot.de/2013/07/schuld-oder-besser-der-zwang-zur.html http://claasbahr.blogspot.de/2013/07/schuld-oder-besser-der-zwang-zur.html Claas Bahr Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung Seit über 30 Jahren ist Claas Bahr in den Bereichen Psychotherapie/Körpertherapie/ Coaching und Supervision in eigener Praxis tätig. Gleichzeitig war er einer der ersten, die in Münster und Umgebung mit der Methode der Gestalttherapie nach Pearls und Bioenergetik nach Lowen arbeitete. 12 Jahre war er in medizinischen Kliniken konsiliarisch tätig. So führte er u.a. die Methode der Bioenergetik auch zur psychisch medizinischen Behandlung in den Kliniken ein. Seit 1998 arbeitet er selbständig im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung in Münster. Das Zentrum hat sich der Methode der humanistischen Psychologie und des ganzheitlichen Ansatzes verpflichtet. Dieser Ansatz hat sich sowohl in Einzel- als auch in Firmencoachings bewährt. WIE ICH SEIN MUSS wird ersetzt durch: Wie will ich werden, wie will ich sein? Darüber hinaus zeichnet sich das Zentrum durch sehr effektive und außerordentliche Interventionen aus. So z.B. durch Weltreisen mit eigenen Wohnmobilien durch unterentwickelte Staaten wie Laos, Kambodscha, Vietnam, Tibet etc. Die Enge der Wohnmobile und das Eintauchen in vorwissenschaftliche Kulturen entwickeln bei den Teilnehmern z.B. sehr vielfältiges Verhalten.