Dieses Buch vermittelt Ihnen einen schnellen und kompakten Einblick in den „State of the Art“ des Marketings für reife Zielgruppen.
Die Autoren Hanne und Gundolf Meyer-Hentschel zeigen die Attraktivität und zukünftige Entwicklung des Seniorenmarketings auf. Sie erläutern die Chancen beziehungsweise die Notwendigkeit, aktiv auf diese wichtige Zielgruppe zuzugehen. Für viele Manager sind Senioren oder auch die sogenannten „Best Ager“ noch eine weitgehend fremde Kundengruppe. Deshalb wird die Zielgruppe anhand von psychischen und physischen Schlüsselmerkmalen charakterisiert. Der Leser erhält praxisnahes Wissen und interessante Hintergrundinformationen aus der 25-jährigen Beratungstätigkeit der Autoren.
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Verlag für die Wirtschaft
3. Hanne Meyer-Hentschel, Gundolf Meyer-Hentschel
Seniorenmarketing
Generationsgerechte Entwicklung und Vermarktung
von Produkten und Dienstleistungen
BusinessVillage
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In Kooperation mit:
5. Inhaltsverzeichnis 1
Über die Autoren ............................................................................................................. 3
1. Seniors on the rise .................................................................................................... 5
Demographische Entwicklung .......................................................................................... 5
Finanzielle Rahmendaten ................................................................................................. 7
Das Goldene Marktsegment ............................................................................................. 8
2. Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente .......................................... 11
Senioren, Best Ager, Selpies, Master Consumers & Co. ................................................ 11
Typologien ...................................................................................................................... 13
3. Neue Spielregeln ...................................................................................................... 17
Ein Trend? ...................................................................................................................... 17
Erfolgsstory Nivea Vital................................................................................................... 18
Überall Veränderungen: Ernährung, Selbstmedikation, Tourismus, Auto ....................... 19
Die einzige noch wachsende Nutzergruppe im Internet ................................................. 23
Was wollen reife Kunden? .............................................................................................. 25
4. Charakteristika des Alters.................................................................................... 27
Stärken des Alters........................................................................................................... 27
Physische Veränderungen und ihre Konsequenzen: Sehen, Hören,
Kraft und Beweglichkeit .................................................................................................. 29
Bedürfnisanalyse durch Age Explorer............................................................................. 33
5. Erfolgreiche Kommunikation.............................................................................. 37
Normal heißt das Zauberwort ......................................................................................... 37
Basics für 60plus-Werbung............................................................................................. 37
Vorsicht Daumenregeln .................................................................................................. 39
Ein Wort zu den Medien ................................................................................................. 40
6. Produktgestaltung: neue Facetten für Forschung & Entwicklung .... 43
Das technisch Machbare ist nicht entscheidend............................................................. 43
Warum sind ältere Kunden zurückhaltender?................................................................. 43
Beispiele für Optimierungspotenziale ............................................................................. 45
Kriterien für Top-Geräte .................................................................................................. 45
Miele als Sieger ..............................................................................................................48
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6. 2 Inhaltsverzeichnis
7. Verpackungen als (Miss-) Erfolgsfaktor ........................................................ 49
Öffnen, ein fast tägliches Problem .................................................................................. 49
Öffnen ist aber nicht das einzige Problem ...................................................................... 51
Es geht auch besser ....................................................................................................... 52
8. Handel ........................................................................................................................... 55
Ältere Kunden schätzen Freundlichkeit .......................................................................... 55
Wünsche an den Handel ................................................................................................ 56
Die unausgesprochenen Wünsche ................................................................................. 57
Innovatoren: Garant Schuh + Mode AG, ADEG Österreich 50+ ..................................... 58
9. Ihre Wettbewerbsvorteile morgen!................................................................... 61
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7. Über die Autoren 3
Über die Autoren
Dr. Hanne Meyer-Hentschel und Dr.
Schulung von Marketingmanagern, Pro-
Gundolf Meyer-Hentschel sind Gründer duktentwicklern, Designern, Architekten
und Inhaber des Meyer-Hentschel Instituts, sowie Verkaufs- und Service-Personal
Saarbrücken.
Verbandsarbeit, Networking und PR in
der Zielgruppe 50/60plus
Sie stammen beide aus der Schule von
Professor Dr. Werner Kroeber-Riel, der die Zu den beratenen Branchen zählen unter
Wirtschaftswissenschaften um das neue anderem: Automobil, Banken, Einzelhandel,
Gebiet der Konsum- Hausgeräte, Immo-
und Verhaltensfor- bilien, Konsumgü-
schung erweiterte. ter, Medizintechnik,
Hanne und Gundolf Möbel, Tourismus,
Meyer-Hentschel Pharma, Versand-
haben die gleiche handel.
Ausbildung durch-
laufen: Studium der 1994 stellte das
Betriebswirtschafts- Meyer-Hentschel
lehre, Abschluss als Diplom-Kaufmann, Institut seinen Age Explorer® der Presse vor.
Dissertation zum Dr. rer. oec. Mehr als 6.500 Mitarbeiter innovativer Un-
ternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleis-
Ihr Institut beschäftigt sich seit 1985 mit tung und Altenpflege haben schon an Age
dem Verhalten älterer Kunden und gilt als Explorer-Workshops teilgenommen.
Begründer des Seniorenmarketing in Euro-
pa. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung Hanne und Gundolf Meyer-Hentschel haben
bietet das Institut seinen Klienten ein um- mehrere Bücher veröffentlicht:
fassendes Informations- und Beratungsspek-
trum: Goldene Marktsegment,
Das
Frankfurt, 1991
Marketing- und Kommunikationsstrategi-
Erfolgreiche Anzeigen, Wiesbaden, 1993
en für reife Zielgruppen
Werbung, 1996
Alles
Technische und designorientierte Bera-
Handbuch Seniorenmarketing,
tung bei der Entwicklung von Gebrauchsgü- Frankfurt, 2000
tern, Verpackungen etc. nach den Prinzipien Alter auf der Sonnenseite,
Im
des Universal Design Hamburg, 2004
Psychologische Beratung bei der Gestal-
tung von Läden, Banken, Hotels, Senioren- In Planung:
residenzen Factbook50plus.de, Hamburg, 2006
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8.
9. Seniors on the rise 5
1. Seniors on the rise
Demographische Entwicklung den, Schweiz. Weitere Verbesserungen in
In allen Industrieländern steigt die Lebens- der medizinischen und sozialen Versorgung
erwartung. In Deutschland kann sich eine und gesundheitsbewusste Lebensführung
60-jährige Frau auf weitere 24 Jahre ihres sind die Basis für eine weiterhin steigende
Lebens freuen. 60-jährige Männer haben Lebenserwartung.
zur Zeit im Durchschnitt noch 20 Jahre ihres
Lebens vor sich. Die Bevölkerungsentwicklung wird von
einer Vielzahl von Einflüssen bestimmt.
Mit der heute erreichten Lebenserwartung Geburten und Sterbefälle bestimmen die
nimmt Deutschland im internationalen Ver- Einwohnerzahl, aber natürlich auch Wan-
gleich keineswegs eine Spitzenstellung ein. derungsbewegungen, die über die Grenzen
Es gibt eine ganze Reihe von Staaten, deren der Bundesrepublik Deutschland hinweg
Bewohner eine noch höhere Lebenserwar- stattfinden.
tung aufweisen, zum Beispiel Japan, Schwe-
Abbildung 1: Die Lebenserwartung in Deutschland steigt beständig
(nach Daten des Statistischen Bundesamts 2004)
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10. 6 Seniors on the rise
Am Altersaufbau der Bevölkerung lässt sich (bis 20 Jahre) vergleicht. Schon heute sind
ablesen, wie sich das Verhältnis der jüngeren die Senioren den Jüngeren zahlenmäßig
zur älteren Generation entwickelt. Bereits überlegen. In den kommenden Jahren wird
heute ist die Bundesrepublik Deutschland – sich die Schere noch weiter öffnen: Der An-
wie die meisten Industrieländer – durch eine teil der über 60-Jährigen an der Gesamtbe-
verhältnismäßig schwach vertretene junge völkerung wird sich bis zum Jahr 2030 (von
Generation gekennzeichnet. Die Lebenser- derzeit 24 %) auf 34 % erhöhen. Die unter
wartung wächst, und dadurch verschiebt sich 20-Jährigen machen dann noch mehr 17 %
die Altersstruktur ständig zu Gunsten der (statt 21 %) aus (vgl. Abbildung 3).
älteren Menschen (vgl. Abbildung 2).
Obwohl man den Eindruck hat, das Thema
Der Weg in eine „Gesellschaft des langen sei absolut „in“, ist die Botschaft bei weiten
Lebens“ ist vorprogrammiert. Man kann Teilen der Bevölkerung noch nicht richtig
es drehen wie man will: Die zahlenmäßig angekommen. 63 % der Bundesbürger konn-
schrumpfende Jugend übergibt ihre Schlüs- ten 2003 in einer Umfrage der Bertelsmann-
selrolle an die Älteren. Daran besteht kein stiftung mit dem Begriff „Demographischer
Zweifel mehr. Besonders deutlich wird die Wandel“ nichts anfangen oder gaben falsche
Entwicklung, wenn man die Zahlen der über Erklärungen!
60-Jährigen mit den Zahlen der Jüngeren
Abbildung 2: Bevölkerungsvorausberechnung bis 2050
(Nach Daten der 10. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Variante 5, Statistisches
Bundesamt 2003)
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11. Seniors on the rise 7
Abbildung 3: Schon heute sind die Senioren den Jüngeren zahlenmäßig überlegen. In den kommenden
Jahren wird sich die Schere noch weiter öffnen.
Finanzielle Rahmendaten zwischen 55 und 64 Jahren dürfen schon den
Hartnäckig sitzt in vielen Köpfen noch Ruhestand genießen.
die Assoziationskette: Alt = krank und
arm. Erfreulicherweise stimmt dies für die Ältere in Zweipersonenhaushalten sind
Bundesrepublik Deutschland nicht mehr. mit einem Jahreseinkommen von rund
Die Generation der heutigen Rentner und 19.000 Euro solide gestellt. Dieser Betrag
Pensionäre ist für ihre Leiden während des entspricht etwa dem Durchschnittswert der
2. Weltkrieges, für ihre großen Leistungen Gesamtbevölkerung und liegt klar über den
beim Wiederaufbau und für ihren Beitrag zur Einkommen der viel umworbenen Familien
heutigen Stellung Deutschlands von der Po- mit minderjährigen Kindern (17.750 Euro).
litik angemessen entschädigt worden. Einige Quelle: DIW, 2003.
Schlaglichter:
Diese positive Situation wird von den Äl-
Die Gruppe der Menschen über 55 Jahre teren (50+) auch so erlebt: 53 % (15,3 Mio
verfügt über rund die Hälfte des deutschen absolut) beurteilen ihre wirtschaftliche Lage
Geldvermögens. Mehr als 50 % der über 60- als gut oder sogar sehr gut. Die Hälfte dieser
Jährigen wohnen im eigenen Haus oder in Gruppe (rund 7,5 Mio) hat pro Monat 500
einer Eigentumswohnung. In keiner anderen Euro und mehr zur freien Verfügung (Al-
Altersgruppe ist der Anteil der Wohnungsei- lensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse,
gentümer so hoch. 53 % der Männer im Alter AWA 2003).
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12. 8 Seniors on the rise
Eine Analyse der Einkommensverteilung zuvor in Baden-Württemberg ihren Anfang
verdeutlicht, dass nur in der Gruppe der über genommen. Parteitagsbeschlüsse von 1985,
74-Jährigen überproportional viele Personen 1986 und 1987 hatten der Idee dann den
im untersten Quintil vertreten sind (31 %), bundesweiten Weg geebnet.
wobei in dieser Gruppe allein lebende Frau-
en dominieren. Umgekehrt zählen 12,5 % Was macht die wachsende Zahl der Alten
dieser Altersgruppe zum obersten Fünftel so attraktiv für die Parteien? Sie haben es
der Einkommenshierarchie. Unter den 65- erraten.
bis 75-Jährigen sind es schon 14,6 % in der
Spitzengruppe. Und die 55- bis 65-Jährigen Ein knappes Drittel der Wahlberechtigten ist
zählen zu fast 28 % zu den Beziehern von bereits heute über 60 Jahre alt; mit steigen-
sehr hohen Einkommen. der Tendenz. Die Wahlbeteiligung in dieser
Altersgruppe ist größer als bei den jüngeren
Vor diesem Hintergrund haben wir die wach- Wählern. Aufgrund der absoluten Gruppen-
sende Zahl der Älteren bereits 1991 als „Das stärke lässt sich eine einfache Überlegung
Goldene Marktsegment“ bezeichnet. An die- anstellen. Wer in dieser Gruppe 10 Prozent
ser Einschätzung hat sich nichts geändert. der Stimmen verliert, kann dies durch
Gewinne bei den jüngeren Wählern kaum
kompensieren:
Das Goldene Marktsegment Die Gruppe der über 60-Jährigen stellte im
Interessanterweise sind es dieses Mal die Jahr 2002 12.400.700 Wähler. Wenn sich
für ihre lange Leitung oftmals gescholtenen 10 Prozent dieser Wählergruppe gegen eine
Politiker, die den Zug der Zeit viel früher er- Partei entscheiden, entspricht dies 1.240.070
kannt haben als die meisten Unternehmen. Wählern. Der Altersgruppe der 18- bis 30-
Jährigen gehören 5.514.200 Wähler an.
1991 beschloss die SPD auf einem Parteitag Ein Gewinn von 10 Prozent mehr Wählern
in Bremen das „Zukunftsbündnis mit den entspricht 551.420 Stimmen. Entscheiden
Älteren“. 1994 gründeten die Sozialdemo- sich 10 Prozent der Erstwähler (18-21 Jahre)
kraten die Arbeitsgemeinschaft 60plus. anders, entspricht dies nur 143.180 Stimmen
(Neu, Viola: Alter gegen Geschlecht: Was
Die FDP folgte 1996 mit einer „Senioren- bestimmt die Wahlentscheidung? Konrad-
kommission“. Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin, April
2004).
Dass konservativ nicht rückständig bedeuten
muss, zeigt das Beispiel CDU. Schon 1988 Die Union profitiert seit den 50er Jahren
gründeten die Christdemokraten die „Senio- von dem so genannten Lebenszykluseffekt.
ren-Union der CDU Deutschlands“. Die Idee Und dies allen Unkenrufen zum Trotz: Wer
dieser Organisation hatte bereits 10 Jahre die älteren Wähler gewinnt, gewinnt leich-
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13. Seniors on the rise 9
ter Wahlen als derjenige, der als Partei für
die Jugend auftritt. Wenn die Wähler nicht
konservativer würden und im Laufe ihres
Lebens ihr Wahlverhalten ändern würden,
wären Unionswähler längst ausgestorben.
Auch das Argument, dass jetzt die 68er in
die Jahre kommen und als Generation mit
eher postmateriellen Ansprüchen der Union
nicht zugeneigt sind, ist nicht schlüssig.
Solche Überlegungen gelten analog für Un-
ternehmen. Und die innovativsten Unterneh-
men vieler Branchen haben sie schon längst
angestellt: Auch Produkte und Dienstleistun-
gen werden gewählt. Statt Parteien geht es
um Marken. Statt Kreuzchen in der Wahlka-
bine geht es um Kassenbons. Statt Sitzen in
Parlamenten geht es um Marktanteile. Und
um ganz persönliche Karrieren geht es na-
türlich auch.
Lernen wir dieses Mal doch einfach von den
Politikern.
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14.
15. Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente 11
2. Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente
Senioren, Best Ager, Selpies, Diese Wortschöpfungen wurden begleitet
Master Consumers & Co. von einer konsequenten Verjüngung der
Die Auflistung in der Überschrift lässt sich Zielgruppe. Betrachtete man zu Beginn des
mühelos auf das fünf- bis sechsfache erwei- Seniorenmarketings Kunden über 65 als Ziel
tern, bringt aber nichts. der Bemühungen, so rutschte die Altersgren-
ze immer tiefer. Unter „50plus“- oder gar
Was hat es eigentlich mit dieser Sprach- „40plus“-Marketing lässt sich vieles pro-
ver(w)irrung auf sich? Mitte der 80er Jahre blemlos subsumieren. Außerdem wirkt der
sprach man völlig unverkrampft von Senio- Markt noch größer als er in Wirklichkeit ist.
ren, von Seniorenmarketing und von Senio- Es wird also Zeit für eine Klarstellung. Ein
renmarkt. spezifisches Marketing für eine Zielgruppe
zu betreiben, macht Sinn, wenn die Zielper-
Zukunftsforscher, innovative Berater und sonen sich in einem oder mehreren Merk-
weitblickende Manager hatten eine Ziel- malen wesentlich von anderen Zielgruppen
gruppe entdeckt, die aus älteren Verbrau- unterscheiden. Es gibt über die Jahre viele
chern besteht. Man nannte sie schlicht und Untersuchungen und ganz praktische Erfah-
treffend Senioren. Diese Zielgruppe erschien rungen, die zeigen, dass der Eintritt in den
den Entdeckern attraktiv, weil sie sich als die Ruhestand für die meisten Menschen ein
einzige zeigte, die auf Dauer solides Wachs- Einschnitt ist, der das Verhalten in vielfacher
tum versprach. Der Name war den Weitsich- Weise verändern kann und es auch tut.
tigen vermutlich ziemlich egal.
Von daher macht es Sinn, das Ruhestandsal-
Im Laufe der Jahre beschäftigten sich immer ter abzüglich einer mentalen Vorbereitungs-
mehr Agenturen, Institute, Unternehmen mit zeit darauf als Trennlinie zu wählen. Damit
dem Wachstumsmarkt Senioren. Viele eher wären wir für die meisten entwickelten In-
gezwungen, manche sogar widerwillig, viele dustrienationen bei einem Alter von rund 60
lau. So lag es nahe, als erstes den Begriff Jahren. Und um Kunden, die 60 Jahren oder
Senioren zu vermeiden. Signalisierte dieser älter sind, geht es in diesem Buch. Diese
Begriff doch, dass es eines Tages mit dem kann man aus Sicht des Marketing als Seni-
Jugendkult zu Ende gehen könnte. Die Ge- oren bezeichnen. Dies heißt natürlich nicht,
burtsstunde all der vielen Wortschöpfungen dass dieser Begriff auch im Umgang mit
hatte geschlagen und schlägt immer noch: diesen Kunden ungeprüft verwendet werden
Master Consumers, Selpies, Silver Ager, sollte. Das ist ein anderes Thema, auf das wir
Senior Dinks usw. in Kapitel 5 zu sprechen kommen.
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16. 12 Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente
Tipp Von Einstellungen und Verhalten und vom
Wenn jemand mit Ihnen über ältere Gesundheitsstatus her haben die 50- bis 59-
Zielgruppen spricht und einen der schil- Jährigen aber eine erheblich größere Affini-
lernden Begriffe wählt, fragen Sie zur
Sicherheit immer, welche Altersgruppe er tät zur Jugend als zum Alter. Und von daher
oder sie denn nun meint. So lassen sich sind die Anforderungen für das Marketing
viele Missverständnisse vermeiden. weitaus unspezifischer, zumindest nicht so
altersspezifisch.
Der Begriff „Best Ager“ wird zum Beispiel Tatsache ist jedoch, dass die Formulierung
häufig euphemistisch für alle Kunden über „50plus“ schnelle Verbreitung gefunden hat.
50 verwendet. Sinn macht er aus unserer Sie verfügt über eine Vielzahl von Vorteilen.
Sicht, wenn man damit nur den Altersbereich Wenn zum Beispiel eine Tageszeitung heute
zwischen 40 und 60/65 beschreibt. So tut es eine Beilage „50plus“ nennt, kann sie sicher
auch der Business Village Leitfaden „Best sein, auch die 90-jährigen Leser noch zu er-
Age Marketing“ von Elke Verheugen. So reichen. Denn 50plus ist eben auch 80 oder
tut es auch der Heinrich Bauer Verlag, Ham- 90. Weiterhin kann man den Anzeigenkun-
burg, auf den der Begriff Best Ager übrigens den einen wirklich großen Adressatenkreis
zurückgeht, was nicht unerwähnt bleiben vorweisen.
sollte. Verbraucher, die 60 Jahre und älter
sind, werden beim Bauer Verlag als „Seni- Für die Marketingplanung ist dies aber nicht
ors“ bezeichnet (Verlagsgruppe Bauer: Best ohne Risiken. Die Bezeichnung 50plus ist
Age: Fakten statt Meinungen, 1999). Eine als Zielgruppendefinition für spezifische
klare Lösung, der wir unbedingt folgen. Maßnahmen fast immer ungeeignet und
sollte nur nach sorgfältiger Prüfung in Aus-
Natürlich macht es auch sehr viel Sinn, sich nahmefällen gewählt werden.
mit Kunden zwischen 50 und 60 Jahren in-
tensiv zu befassen. Zum einen verfügen sie Denn über eine Grunderkenntnis des Senio-
über ganz erhebliches finanzielles Poten- renmarketing besteht überhaupt kein Zwei-
zial. Zum anderen sind sie die zukünftigen fel. Es gibt kein Teilsegment des Marktes,
Senioren. Und die kann man gar nicht gut das so inhomogen ist wie das der Älteren.
genug kennen. Deshalb widmen wir auch Die zentrale Aussage dazu stammt von der
in unserem Institut den 50- bis 59-Jährigen großen US-Gerontologin Bernice Neugar-
viel Aufmerksamkeit und bezeichnen den ten. Sie hat die Aussage geprägt: „Wenn ein
gesamten Geschäftsbereich inklusive der Mensch 70 Jahre alt ist, weiß man nichts
Seniorenaktivitäten als „50plus“. über ihn. Außer, dass er vor 70 Jahren gebo-
ren wurde.“
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17. Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente 13
Abbildung 4: TNS Emnid, Forschungsbereich Soziometrie: Die Best Ager, 2004
Im Gegensatz dazu ist Kinder- und Jugend- Interessant wird es, wenn man sich anschaut,
marketing ein Spaziergang. 15- oder 20- wie sich diese drei Typen im Hinblick auf
Jährige sind – im Vergleich zu 70-Jährigen Alter, Geschlecht, Bildung usw. differenzie-
– eine traumhaft homogene Gruppe, die sich ren (vgl. Abbildung 4).
lenken lässt wie ein ferngesteuertes Boot.
Differenzierter ist die Typologie von Signum
unter dem Namen „Die befreite Generation“.
Typologien Sie basiert auf 300 persönlichen Befragun-
Nach der sprachlichen Festlegung im voran- gen in der Altersgruppe 58-70 Jahre. Weitere
gegangenen Abschnitt geht es jetzt um das Merkmale der Befragten: mindestens 1 Jahr
wichtige Thema der Typologien. im Ruhestand und mehr als 400,- €/Monat
Die meisten Typologien starten mit 50 Jah- frei verfügbar. Rund die Hälfte der befrag-
ren. Das ist aber kein zentrales Problem, ten Senioren lassen sich danach den beiden
sofern sie auch Unterteilungen außer dem folgenden Typen zuordnen: Abgeklärte
Alter bieten. Zufriedene (27 %) und Statusorientierte An-
Der Forschungsbereich Soziometrie von spruchsvolle (22 %). (Vgl. Abbildung 5).
TNS Emnid identifiziert zum Beispiel drei
große Gruppen der 50plus-Kunden: Sehr pragmatisch wiederum ist die Typolo-
gie von IFAK. Sie verwendet das Kriterium
Passive Ältere: 35 % Lebensphasen und unterteilt ältere Haushalte
Kulturelle Aktive: 39 % in drei große Gruppen:
Erlebnisorientierte Aktive: 26 %
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18. 14 Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente
Midager (19 %): berufstätig, Kinder aus Zur ersten Sensibilisierung – nicht zur
dem Haus, 40-65 Jahre Marktsegmentierung! – ist auch eine rein al-
Pensioners (20 %): Paarhaushalte, Rent- tersmäßíge Dreiteilung in 50plus, 60plus und
ner, ab 50 Jahre 70plus geeignet. Abbildung 7 beschreibt die
Older Singles (10 %): Single-Haushalte, drei Altersgruppen nach verschiedenen Kri-
Rentner, ab 60 Jahre terien: Beruf, Familie, Altersbeschwerden,
Identifikation mit dem Seniorenstatus.
Jede dieser und weiterer Typologien hat si-
cher ihre Berechtigung und ihren Reiz. Der
Anwender ist am besten beraten, wenn er
sich Typologien aufgabenbezogen danach
auswählt, welche pragmatischen Beiträge
sie zur jeweiligen Zielerreichung zu leisten
in der Lage sind.
Abbildung 5: Signum, Psyfact: Die befreite Generation, 2003
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19. Die Verwirrung der Worte und Marktsegmente 15
Abbildung 6: IFAK 2003
Abbildung 7: Meyer-Hentschel Institut, www.mhmc.de
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