Wer hochzuverlässige Organisationen steuern will, für den heißt es, sich auf das Unvermeidliche vorzubereiten und das Nichtbeherrschbare zu beherr-schen. Gefährlich ist der Versuch, im Detail vorauszusehen, was passieren wird – denn dieser Versuch unterstellt ein Maß an Verstehen, das man in der komplexen Dynamik von Führung unter Unsicherheit nicht erreichen kann.
Stattdessen benötigt die Führungskraft eine Haltung, in der Flexibilität, gelassene Reaktion, Erfahrung und der strukturierte Umgang mit Unvorhergesehenem breiten Raum einnehmen. Nur dann ist sie in der Lage, das Unerwartete zu managen.
1. Wie führt man ein (Kern-)
Kraftwerk?
Management von hochzuverlässigen Organisationen
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2. Projekte überall
Wir haben doch alle Erfolgsfaktoren beachtet:
• Das Ziel ist allen klar und unmissverständlich:
• Hohe Identifikation der Führungskräfte mit der technischen Aufgabe und den
Herausforderungen (Faszination des Produktes).
• Die fachlich –kollegiale Kooperation im Führungsteam funktioniert in den
allermeisten Fällen und die Motivation für die eigene Tätigkeit ist
überwiegend gut/hoch.
• Die Verantwortlichkeiten & Zuständigkeiten sind eindeutig und nahezu
vollständig geklärt und formal beschrieben.
…und trotzdem passieren „unglaubliche Dinge“!
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3. Führung und Verfahrenstechnik
• Führen heißt in komplexe, rückgekoppelte
soziale Systeme zu intervenieren, meist also
eine Entscheidung unter Risiko.
• Verfahrenstechnik (Wikipedia) ist die
Ingenieurwissenschaft, die sich mit der
technischen und wirtschaftlichen Durchführung
aller Prozesse, in denen Stoffe nach Art,
Eigenschaft und Zusammensetzung verändert
werden, beschäftigt.
Ein derart gestalteter Prozess ist berechenbar
und betreibbar.
Wie führt man Mitarbeiter, z.B. in
(Kern-)Kraftwerken, angesichts
dieses Spannungsbogens?
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4. Das Unerwartete managen
• Menschen können im allgemeinen nicht gut mit Unerwartetem
umgehen.
Dies gilt wohl in besonderem Maße für Führungskräfte deren
fachliche Sozialisierung in verfahrenstechnisch (= berechenbare und
beschreibbare Prozesse) geprägten Organisationen
stattfindet.
• typische Reaktionen in unerwarteten Situationen sind (vor)schnelles
Agieren, autoritärer hierarchischer Durchgriff, hektisches
Multitasking oder „Totstellen“.
…aber in einem Kraftwerk oder einer chemischen
Produktionsanlage würden solche typischen Reaktionen
in die „Katastrophe“ führen…
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5. Video
Ausschnitt aus der Dokumentation:
Minuten der Entscheidung
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6. Die letzten Minuten vor Tschernobyl
zeigen typische Reaktionen:
• autoritärer Durchgriff und
Imponiergehabe vom diensthabendem
Chefingenieur gegenüber Schichtleiter und
Reaktorfahrer
• persönliche Zuschreibungen (alle
inkompetent) statt Prozesskontrolle
(Entwicklung der Reaktorleistung)
• magische Hypothesen (ein Reaktor macht
keine Fehler, nur Menschen machen
welche)
• hektisches Multitasking (helfen sie dem
Vollidioten gefälligst) statt
Ursachenanalyse im Team
• …..
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7. …denn es herrscht die Logik des Misslingens
• vorgeprägte Einstellungen: es werden die Themen bearbeitet, die man sowieso
schon kennt
• Momentanextrapolation: Es wird von jetzt auf morgen geschlossen.
„Die beste Prognose ist der Trend“
• Die Zentralidee: alles hängt von einer zentralen Variable ab!
• Kurzfristigkeit: Aus der Beobachtung: es tut sich ja nichts wird die
Feststellung: es wird nichts!
• Mächtiger Friktionismus: Das haben wir schon oft versucht – das geht hier
nicht!
• magische Hypothesen: Das muss einfach funktionieren, das kann gar nicht
anders sein!
• Generalisierung lokaler Erfahrung: Wir haben das doch schon mit Erfolg
gemacht!
• ad hoc Aktivität: Es ist genug Arbeit da – lass uns anfangen, statt zu überlegen
... bloß keine Uneindeutigkeit aushalten müssen
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8. Achtsames Management durchbricht die Logik
Unternehmen, die „hochzuverlässig“ sind, d.h.
eine geringe Rate an Missgeschicken und
Unfällen verzeichnen wollen, sind „achtsam“!
Kennzeichen solcher Organisationen und ihrer
Führung ist (siehe Handout):
– Die Konzentration auf (kleine) Fehler
– Die Abneigung gegen vereinfachende
Interpretationen
– Die Sensibilität für betriebliche Abläufe
– Das Streben nach Flexibilität
– Der Respekt vor fachlichem Wissen und
Können
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9. Achtsame Führungskräfte
• arbeiten ständig mit einer wachen
Selbstbeobachtung, welche Informationen Sie
als unwesentlich abtun und welche Ereignisse
sie immer in eine bestimmte „Schublade“
einordnen
eigene Muster erkennen
• achten genau darauf, wie sich die eigenen
Erwartungen auf die Wahrnehmung
auswirken
selbsterfüllende Prophezeiungen
• überprüfen regelmäßig, ob Ihre
Bewertungskriterien und Maßstäbe noch
aktuell sind, um stets sinnvolle
Handlungsalternativen ableiten zu können
wenn man nur einen Hammer hat, besteht
die ganze Welt aus Nägeln
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10. Achtsamkeit kann gelernt werden
• durch klare, anerkannte und trainierte Methoden der Abweichungs- und
Fehleranalyse, die immer im internen Team und nie allein oder allein durch
Externe stattfindet
• Wie läuft eigentlich gerade ihr Strategieprozess ?
• durch Belohnung der Führungskräfte & Mitarbeiter, die sich und ihr Verhalten
beständig reflektieren (Simulationen, Workshops, kollegiale Beratungen,
Training, Coaching,…), satt immer nur etwas „wegzuschaffen“.
• Fragt man sie nach der Fortbildung auch: „Wie war der Urlaub?“
• in einem Klima, dass Annahmen und Bewährtes beständig in Zweifel zieht und
das Bekanntwerden von Fehlern lobend hervorhebt.
• Hand auf Herz: bei ihnen auch?
• durch ein Führungs- und Entscheidungsverhalten, dass immer erst
unterschiedliche Hypothesen bildet und mehrere konkrete Alternativen
formuliert, bevor „endlich angefangen wird“
• ..oder doch wieder das lineare Modell: mach mal eben so wie gestern!
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