1. SPECIAL WASSER & ENERGIE
40 4/2014
Axel JACOB; Norman BISCHOFBERGER; Dr. Jean-Jacques LAGREF
Kosteneinsparung für
Membranprozesse
Durch die gezielte Kontrolle von Aluminium lässt sich
die Verblockung der Membranen verhindern.
Membrantechnologien wie
Umkehrosmose, Nanofil-
tration und Ultrafiltration haben
heutzutage eine breite Akzep-
tanz gefunden. Der Trend geht
klar in Richtung höherer Leis-
tungsfähigkeit der Membran-
prozesse. Anforderungen von
Systemausbeuten von 80 % und
darüber sind mittlerweile zum
Standard geworden. Nachtei-
lig wirkt sich diese Tendenz auf
das erhöhte Risiko der Memb-
ranverblockung aus. Das Haupt-
risiko besteht durch die Kris-
tallisation von schwerlöslichen
Salzen auf der Membranober-
fläche. Dies führt zur Verblo-
ckung der Membranporen und
somit zur Reduktion der Leis-
tungsfähigkeit des Membran-
prozesses. Diese Kristallisation,
auch als „Scaling“ bekannt, ist
ein natürliches Phänomen, das
durch die Überschreitung von
Löslichkeitsgrenzen ausgelöst
wird. Gelöste Kationen und
Anionen beginnen sich Schicht
für Schicht zu formieren und
bilden dabei winzige Kristall-
keime, die sich dann progressiv
vom Wasser trennen und ausfal-
len. Die Löslichkeitsgrenze ist
abhängig von der Temperatur,
dem pH-Wert und der Ionen-
stärke der wässrigen Lösung.
Um solche Szenarien und teure
Reinigungen der Membranen
zu vermeiden, wurden Anti-
scalant-Formulierungen entwi-
ckelt. Die Wirkstoffe der Anti-
scalants (Phosphonate, Polyak-
rylate, …) stören den Vorgang
des Kristallwachstums und dis-
pergieren die Kristallkeime be-
reits im Nanobereich. Solche
Substanzen wirken chemisch
sowie physikalisch mit löslichen
Kationen (Komplexierung) und
mit den Oberflächen der Kris-
tallkeime. Resultierend aus die-
ser Abbremsung des Wachstums
des Kristallkeims wird der ganze
Prozess des Kristallisierens ver-
zögert. Diese Strategie des Zeit-
gewinns ermöglicht den siche-
ren Verwurf eines übersättigten
Konzentrates aus einer Umkehr-
osmoseanlage.
Trotz dieser Erkenntnisse bemer-
ken wir in den letzten 10 Jahren
wieder eineAnhäufung von Pro-
blemfällen, ausgelöst durch Ab-
scheidung von Silikat in Regio-
nen mit bemerkbaren Konzen-
trationen. Die Besonderheit von
Silikat-Ablagerungen besteht
darin, metallische Stoffe einzu-
lagern, die dann die weitere Sili-
kat-Kristallbildung katalysieren.
Dieser Effekt erfolgt bereits bei
zurückgebliebenen Spuren von
Ablagerungen, die sich auf ei-
ner Membranoberfläche befin-
den können. Mehr und mehr er-
weist sich dies auch als Nachteil
nach einer Reinigung, aufgrund
der Einschränkung des Einsatzes
von Ammoniumbifluorid und
betreffend der damit verbunde-
nen Gesundheitsrisiken.
Die Beobachtung von weiteren
Silikat verursachten Problemen,
bereits bei moderat vorliegen-
den Silikat-Konzentrationen,
löste eine weitere Verunsiche-
rung aus. Die voranschreitende
Verbreitung von Umkehros-
mose-Membranuntersuchungen
mittels Röntgenelektronenmik-
roskopie zeigte bei den meisten
Fällen wie erwartet das Vorhan-
densein von chemischen Si-O
Bindungen. Überraschender-
weise wurde in den meisten Un-
tersuchungen auch das Vorhan-
densein von Aluminium- und
Eisen-Kationen nachgewiesen.
Es ist bekannt, dass die Lös-
lichkeit von Silikat durch mehr-
wertige Ionen wie Fe2+
, Fe3+
und
Mg2+
negativ beeinflusst wird.
Jedoch besteht keine Regel in
Bezug auf die Silikatlöslichkeit
bei Vorliegen von Aluminium.
Aluminiumsilikate als Ablage-
rung wurden in den verschie-
densten Systemen gefunden wie
in Rohrmaterial für Verteilsys-
teme /1/, in Niederdruck-Mem-
branprozessen (MF/UF), in mit
Hochdruck betriebenen Prozes-
sen in Kalifornien /2/, in Hohl-
fasermembranen zur Brackwas-
seraufbereitung in Saudi Ara-
bien… usw. Einige Anlagen auf
der Insel Djerba (Tunesien) ha-
ben seit Jahren mit Aluminium-
Eisen-Silikat-Ablagerungen zu
kämpfen, da diese im Vergleich
zu CaCO3 Rückständen /3/ we-
sentlich schwerer durch Reini-
gungen zu entfernen sind. Un-
tersuchungen mittels Röntgen-
elektronenmikroskop zeigten
eine starke Korrelation zwi-
schen den Silikat-Ablagerun-
gen und der Anwesenheit von
Aluminium-Kationen (Al3+
) im
Spurenbereich. Je mehr Daten
hierzu gesammelt werden, desto
mehr erscheint es, dass diese
Problematik weltweit verbrei-
tet ist.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme Bild 1
von Aluminium-Silikat-Ablagerungen auf einer
Polyamidmembranoberfläche /10/
Löslichkeit von monomeren Aluminium /11/ Bild 2
AlOH2+
Al(III)tot
Al(OH)2
+
Al(OH)3 aq
Al3+
Al(OH)4
–
10E+0
10E–2
10E–4
10E–6
10E–8
10E–10
M
Konzentration
2 4 6 8 10 12
pH
2. Praxisbericht
41wwt-online.de SPECIAL WASSER & ENERGIE
Diskussion:
Wissenschaftlich betrachtet
wird die Entstehung eines Be-
lags auf einer Membrane inner-
halb einer Umkehrosmose-An-
lage verursacht durch die Reak-
tion von löslichem Aluminium
(Al3+
) mit der vorhandenen Kie-
selsäure (H4SiO2) zu Kaolinit
(Al2SiO5(OH)4) /4/.
Trotz der ansteigenden Anzahl
an neuen Beweisen wird Alumi-
nium immer noch als „freund-
liches“ Element betrachtet und
aus Sicht der Membrantechnik
von der Antiscalant-Chemie für
Membranprozesse mit zu wenig
Vorsicht behandelt. Toray Mem-
brane Europe AG ist einer der
wenigen Antiscalant-Herstel-
ler weltweit, der die Gefahr der
Aluminium-Kationen berück-
sichtigt und somit eine spezifi-
sche Lösung für dieses Problem
entwickelt hat.
Warum ist es ernst zu
nehmen?
Die Häufigkeit der Aluminium-
Silikat-Problemfälle in Umkehr-
osmose-Systemen ist u.a. durch
den Einsatz von Aluminiumsal-
zen in den entsprechenden Vor-
behandlungsstufen zu erklären.
Aluminiumsulfat (Alaun) oder
Polyaluminiumchlorid wird als
Flockungsmittel zwecks Re-
duktion von natürlichen orga-
nischen Inhaltstoffen wie z.B.
Huminsäuren eingesetzt. Eine
nicht optimierte Dosiermenge
an Flockungsmittel kann zu ei-
ner erhöhten Aluminium-Kon-
zentration im Zulauf zum Mem-
bransystem führen. Die erhöhte
Gefahr der Auskristallisation ist
durch die tiefe Aluminiumkon-
zentration (<100 μg/l) erklärt,
die benötigt wird, um die Lös-
lichkeit von Silikat drastisch zu
reduzieren, speziell bei einem
pH-Wert von 7. DieAluminium-
konzentration nach einer Vorbe-
handlungsstufe mit einem alu-
miniumhaltigen Flockungsmit-
tel kann Werte von 200 μg/l Al
erreichen. Die Auswirkung auf
eine nachfolgende Umkehros-
mose wird sich etwa nach 300
Betriebsstunden durch Abfall
der Permeabilität und Salzrück-
haltung der Membrane bemerk-
bar machen. Es wurde sogar
bereits ein spezifischer Fluss-
rückgang von 60% nach 100 Be-
triebsstunden gemessen /5/.
Aluminium und Silikat
Chemie
Aluminium durchläuft im Was-
ser eine Reihe von Hydratation-
Reaktionen, die zum unlösli-
chen Metallhydroxid führen.
Allerdings bilden sich ver-
schiedene Polymere und Mo-
nomere in Abhängigkeit des
pH-Wertes. Unter Berücksichti-
gung aller Aluminium-Spezies
liegt die geringste Löslichkeit
bei einem pH-Wert von 5.7 bis
7.8 vor (Bild 1) /6/. Die am häu-
figsten vorkommende minera-
lische Aluminium-Art ist Gibb-
sit [Al(OH)3]. Innerhalb des pH-
Bereichs von 7 bis 9 liegt der
Hauptbestandteil des gelösten
Aluminiums als Al(OH)4
-
vor.
Für Silikat überwiegt in einem
pH-Bereich von 7 bis 9 die Kie-
Konzentration der gelösten Kieselsäure und Bild 3
deren Gleichgewicht mit Quarz (dicke Linie) und amor-
pher Kieselsäure (gestrichelte Linie) bei 25 °C /11/
H3SiO4
–
H2SiO4
2–
H4SiO4
10E–2
10E–4
10E–6
Konzentration
2 4 6 8 10 12 14
pH
M
total
Amorphous Silica
Löslichkeitsdiagram von Kaolinit Bild 4
und Gibbsit bei einer H4SiO4 Konzentration
von 10-4
mol/L /11/
1.E+00
1.E–02
1.E–04
1.E–06
1.E–08
1.E–10
M
Aluminium
Gibbsite
Kaolinite
Supersaturation
Undersaturation
[H4SiO4] = 10–4
4 5 6 7 8 9 10
pH
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3. SPECIAL WASSER & ENERGIE
42 4/2014
selsäure (H4SiO4) als gelöster
Bestandteil. Durch das Auflö-
sen von Quarz wird das Gleich-
gewicht der mineralischen Lö-
sung gebildet. Unterhalb von
einem pH-Wert von 8 wird die
Silikat-Löslichkeit durch Ver-
änderung des pH-Wertes nicht
mehr beeinflusst (Bild 2) /7/.
Aus kinetischen Gründen bil-
det sich zuerst das Alumini-
umsilikat aus der Reaktion
der gelösten Bestandteile. Die
häufigste Art ist das Kaolinit
Al2Si2O5(OH)4. Gemäß Dre-
ver (1988) und Gabelich (2005)
liegt die minimale Löslichkeit
von Kaolinit zwischen einem
pH-Bereich von 5.5 bis 6.5.
Die tiefste erreichbare Alumi-
nium-Konzentration wäre dann
10-9
mol/l.
Lösungen
Nach Gabelich (2005) liegen
mehrere Aluminiumsilikat-
Verbindungen im Gleichgewicht
vor, wobei dieses Gleichgewicht
durch eine Konzentrationsver-
ringerung der Anionen oder
Kationen in eine gewünschte
Richtung beeinflusst werden
kann. Eine wirksame Strate-
gie hierzu ist die Komplexie-
rung von Aluminium-Katio-
nen. Gallup (1997) weisst dar-
auf hin, dass Komplexbildner
mit Carboxylate als funktionelle
Gruppen vielversprechende Ei-
genschaften betreffend der In-
hibierung von Metall-Silikat-
Ablagerungen durch Kom-
plexierung / Maskierung von
Aluminium zeigen, das dann
mit viel geringerem Ausmaß
mit Kieselsäure-Oligomeren re-
agiert /8/. Der Einsatz von Citrat
und EDTA erzielte gute Ergeb-
nisse für diese Art der Inhibie-
rung. In den 90er Jahren wur-
den gute Ergebnisse auch mit
Kaliumtetrafluoroborat, trotz
dessen korrosiver Eigenschaf-
ten, für die Inhibierung erreicht.
Logischerweise wurden bessere
Resultate durch den Einsatz von
stärker komplexierenden Mole-
külen wie die Polyphospho-
nate erwartet. Allerdings wa-
ren die erbrachten Leistungen
der handelsüblichen Antisca-
lants auf Polyphosphonat und
Polyacrylat Basis umstritten.
Gabelich (2005) berichtet so-
gar von negativen Ergebnissen
bekannter Antiscalant-Marken.
Es wurden bereits Ablagerun-
gen auf der Membranoberflä-
che bei Aluminiumkonzentrati-
onen von 58 μg/l bis 200μg/l be-
obachtet. Überraschenderweise
wurde mittels Röntgenspektro-
skopie das Vorhandensein von
Aluminiumphosphat in den Ab-
lagerungen auf den Membranen
festgestellt. Phosphor wurde als
kolloidaler Bestandteil in La-
borversuchen nachgewiesen.
Antiscalants in entsprechend
hoher Qualität enthalten Phos-
phonate oder Polyphosphonate
als Wirkstoff, während Antisca-
lants mit fragwürdiger Qualität
erhebliche Konzentrationen von
Phosphat-Anionen (PO4
-
) auf-
weisen. Wenn solche fragwür-
digen Antiscalants-Formulie-
rungen mit Spuren von Alumi-
niumhaltigen Speisewasser in
Kontakt kommen, wird es un-
mittelbar zu Aluminiumphos-
phat-Ausfällungen kommen
(dieses Aufgrund des sehr klei-
nen Löslichkeitsprodukts [Ksp
(25°C) 9.84.10-21
] von Alumini-
umphosphat). Gabelich (2006)
zeigte in einer ergänzenden Stu-
die, dass die Dosierung eines
qualitativ hochwertigen Anti-
scalants sich immer positiv auf
die Verhinderung des Permea-
bilitätsverlust einer Umkehros-
mose-Membrane in aluminium-
haltigen Wasser auswirkte (Bild
4) /9/. Daher ist eine spezifische
Antiscalant-Dosierung notwen-
dig, um Aluminium Kationen
zu komplexieren.
Schlussfolgerung
Aufgrund der ansteigenden Da-
tenmengen und Betriebserfah-
rungen gibt es klare Beweise,
dass durch die gleichzeitige
Anwesenheit von Aluminium-
Kationen bereits bei niedri-
gen Konzentrationen wie 100
μg/l und Silikat im Zulaufwas-
ser eine negative Auswirkung
auf den Betrieb von RO Mem-
branen festgestellt wurde. Die
Strategie, Spuren von gelöstem
Aluminium mittels Chelatbild-
nern wie Zitrat, EDTA und Po-
lyphosphonate zu komplexieren,
hat sich als effiziente Methode
bewiesen. Als Voraussetzung
für eine erfolgreiche Verhin-
derung von Aluminium-Sili-
kat-Scaling mit Hilfe von Poly-
phosphonate-Antiscalant ist die
Produktauswahl von besonderer
Bedeutung. Diese Auswahl wird
die Betriebskosten senken.
Auswirkung einer Antiscalant-Dosierung in Bild 5
Bezug auf den Membranflux-Rückgang aufgrund
von Gips-Ablagerungen in einem Speisewasser
mit Aluminium (100 ug/L)
L I T E R AT U R
/1/ Kriewall, D.: The impact of alu-
minum residual on transmission
line capacity, Public Works, 127
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/11/ Gabelich, C. J. et al.: Desalination
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/12/ Gabelich, C. J. et al.:Desalination
196 (2006) 280–292
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