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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
ITAS (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse)
www.kit.edu
Nichtwissen: Chancen der Wissensproduktion, Risiken
der Wissenskommunikation
Stefan Böschen
Ringvorlesung Wissenskommunikation
SoSe 2015
ITAS2
Nichtwissen: empirische Beispiele
  Neulich bei der Vogelgrippe ....
Zwei Hühner
Sind
Tot
-
Was bedeutet das?
à Herausforderungen
(Nicht-)Wissenskommunikation?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS3
Nichtwissen: empirische Beispiele
  2011 .... EHEC....
Menschen
Erkranken (3.842)
Sterben (53)
-
EHEC ! Woher kommt es?
Gurken?! – Sprossen !!
à Herausforderungen
(Nicht-)Wissenskommunikation?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS4
Nichtwissen: Systematisierung
  Nichtwissen
Bundesverfassungsgerichts im so genannten Kalkar-Urteil von
1978. Wir befinden uns „immer nur auf dem neuesten Stand
unwiderlegten möglichen Irrtums“ (BVerfGE 49, 89, 143).
  Formen von Nichtwissen verstehen lernen (Wehling 2006):
  Nichtwissen als die andere Seite des Wissens
  Nichtwissen und Risiko
à Nichtwissen (Kenntnis; zeitliche Stabilität)
  Nichtwissen als soziale Zuschreibung
à Nichtwissen (Intentionalität)
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS5
Einleitung – Nichtwissen?
  Bedeutung von Nichtwissen:
  Nichtwissen verweist auf Fragen, deren Beantwortung sozial
bedeutungsvoll ist (sei es für Wissenschaft, Ökonomie,
Staat, Öffentlichkeit)
  Nichtwissen verweist auf die Grenzen wissenschaftlichen
Wissens und damit ungewohnte Bearbeitungsprobleme
  Herausforderung der (Nicht-)Wissenskommunikation:
  Nichtwissen wird in Prozessen öffentlicher Kommunikation
konstruiert.
  Grenzen der Kontrolle bekennen – ohne Vertrauen in
Problembewältigung unterminieren.
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS6
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS7
Risikowahrnehmung
  Keine „objektive“ Risikofeststellung, sondern
  Vielfältige Einflussfaktoren (u.a.)
  Unsicherheit ... Nichtwissen
  Neuheit
  Schwere der Effekte
  Kontrolloptionen
  Freiwilligkeit
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS8
Risikowahrnehmung – Einschätzung Risiken
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS9
Risikowahrnehmung – Kontextebenen
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS10
Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
  Zusammenspiel von Faktoren
  Soziale Risikoverstärkung (dynamisches Zusammenwirken
unterschiedlicher sozialer Prozesse)
  Risiko-Ereignisse entstehen durch Kommunikation
  Schlüsselrolle medialer Kommunikation
  Konstitution von Risiko-Wahrnehmung durch mediale
Regeln
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS11
Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
  Risikokommunikation
  Risikokommunikation ist integraler Bestandteil von
Prozessen der Regelung von Risiken (von der Vorphase
bis nach Umsetzung der Maßnahmen)
  Kommunikationsziel: interessierten BürgerInnen die
Chance einer persönlichen Beurteilung jeweiliger Risiken
zu erlauben (Hinweis auf bekannte Faktizitäten,
unaufgeklärte Unsicherheiten, vertretbare
Interpretationsspielräume)
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS12
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS13
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Zitiert nach: Epp 2013
ITAS14
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Zitiert nach: Epp 2013
ITAS15
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS16
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS17
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS18
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS19
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS20
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS21
Risikokommunikation: EHEC
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
Quelle: Epp 2013
ITAS22
Risikokommunikation: EHEC
  Zwischenergebnis
  Bürger vertrauen prinzipiell Behördenhandeln
  Wechsel bei Verzehrsempfehlungen überraschend
unproblematisch
  Bedeutung klassischer Medien in diesem Fall für die
Informationssuche
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS23
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS24
Studie Chemie im Alltag
  Durchgeführt für das Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR im Zeitraum 2008 - 2009)
  Projektpartner: Hopp & Partner und SINE-Institut
  Empirische Basis:
  Fokusgruppen
  Repräsentativbefragung der deutschen Bevölkerung mit
CATI-Methode
  Ausgesuchte Ergebnisse: Risikowahrnehmung und
Handlungspraxis
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS25
Chemie im Alltag: Übersicht Risikowahrnehmung
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 25
Böschen – Nichtwissen
ITAS26
Chemie im Alltag: Imageprofil chemische Stoffe
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 26
Böschen – Nichtwissen
ITAS27
Chemie im Alltag: Wahrnehmung Chemikalien im Alltag
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 28
Böschen – Nichtwissen
ITAS28
Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Produktgruppen
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 32
Böschen – Nichtwissen
ITAS29
Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Handlungspraxis
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 42
Böschen – Nichtwissen
ITAS30
Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Handlungspraxis
13.05.15
1. Das Verbraucherwissen ist handlungspraktisch organisiert.
2. Das Wissen über Chemie wird eher über (Gefahren-)Symbole als über abstraktes Wissen
gespeichert.
3. Die Hersteller sind aus Sicht der Verbraucher die Hauptverantwortlichen für die
Produktsicherheit.
4. Staat und Verbraucherschutzverbände werden für die Regeleinhaltung verantwortlich
gemacht.
5. REACH ist den Verbrauchern unbekannt.
Quelle: BfR 2010a, S. 46
Böschen – Nichtwissen
ITAS31
Chemie im Alltag: Verantwortlichkeitszuordnung
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 51
Böschen – Nichtwissen
ITAS32
Chemie im Alltag: Verantwortlichkeitszuordnung
13.05.15
Quelle: BfR 2010a, S. 52
Böschen – Nichtwissen
ITAS33
EHEC / Chemie im Alltag
  Zwischenfazit aus den Beispielen
  Risikomündiger Bürger:
  Menschen wissen Nutzen zu schätzen
  Menschen zeigen differenziertes Risikobewusstsein
  Menschen verhalten sich nicht prinzipiell risikoavers, sind
nicht prinzipiell technikfeindlich
  Entscheidender Einfluss des Faktors Freiwilligkeit /
Autonomie
  Bedeutung kultureller Faktoren (z.B. Unterscheidung
Natur / Kultur)
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS34
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS35
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
1) Ereignis
22. Februar 1993, Rosenmontag.
Verhinderung einer Explosion, dabei
10t des Farbvorproduktes ortho-Nitroanisol über die
Stadtteile Schwanheim und Goldstein „abgeblasen“,
-> „Gelber Regen“
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS36
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
2) Ereignis und Kommunikation
Hoechst, PR: Stoff „mindergiftig“
Dpa: Stoff sei laut US-Studie „krebserregend“
Es wird bekannt: Mitarbeiter Hoechst beteiligt an Studie
über diesen Stoff für das UBA
Fischer: „Geheimniskrämerei“
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS37
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
2) Ereignis und Kommunikation
Sanierungsarbeiten
Dann: Nächster Unfall (24.02.)
„Erinnerungen an Seveso und Sandoz“ (FR)
... „Störfallserie“ – „schwarze Serie“
-> Ereignisketten und Kontrollverlust
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS38
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
3) Unfallserie bei Hoechst
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS39
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
4) Ministerielles Aufräumen
a) Umweltminister Joschka Fischer
Zitieren Konzernspitze: Sicherheitskonzept
Sofortprogramm Anlagenüberwachung
Forderung „geschlossene Kreisläufe“: Sicherheit nicht
zu Lasten von Umwelt
b) Sozialministerin Heide Pfarr
Aufräumarbeiten: Schutzanzüge tragen
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS40
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
5) Vergebung – Runde 1
a) Bekenntnis: 10 berechtigte Fragen an die Hoechst AG
(1. März)
b) Reue: Offizielle, dezidierte Entschuldigung Wolfgang
Hilgers bei Anwohnern (4. März)
c) Umkehr: 10-Punkte-Programm Sicherheit, Schulung
und Kommunikation (8. April)
-> Übernahme aller Forderungen des
Umweltministeriums ... Aber: Zwischenrufe
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS41
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
6) Irrlichtern: Hilgers
a) „Lebensphilosophische“ Relativierung: Gastbeitrag
Hilgers in FR: Murphys Law, „alles was passieren kann,
wird irgendwann einmal passieren.“ (16. März)
b) Der Uneinsichtige, Rede Hilgers auf der
Aktionärsversammlung von Hoechst (27. April):
Relativierung Regulierung: „einfältige politische
Konzepte“ und: Töpfer habe „entweder keine
Ahnung von den gesetzlichen Vorschriften oder
von der Realität in Unternehmen“
Unfälle lediglich „statistische Häufung“ kein
Schicksal
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS42
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
7) Vergebung – Runde 2
a) Bekenntnis: Neue Konzernspitze – Ökonom Dormann
(9. Juni) („Palastrevolution“)
b) Reue: Gesprächskreis Höchster Nachbarn etablieren
(14. Juni)
c) Umkehr: von retrospektiver zu proaktiver
Kommunikation ... Allerdings Epidemiologie-Studie erst
8. Oktober – 1994!
-> Entwicklung anderer Kommunikationskultur und
Anerkennen anderer Wissensakteure
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS43
Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993
  Zwischenergebnis
  Hoechst: Fortschritt durch Wissenschaft, Bekämpfung
von Fortschrittsfeinden („Lager der Öko-Stalinisten“),
einsamer Riese -> Plot der Geschichte: Tragödie
  Kritiker: Regulierer (Umweltminister) (unerwartete
Helfer), Umweltbewegung, Lokale Akteure – David-
gegen-Goliath-Situation; Täter: Höchst: „Der
verstockte Gigant“ (Der Spiegel 12/1993) –
„Giftfabriken“ kontrollieren -> Plot der Geschichte:
Romanze
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS44
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS45
Diskurs und Narration
  Differenz: Diskurs, Narration und Meta-Narration
  Diskurs: jemand erzählt jemandem etwas über die Welt
(Akt des Erzählens).
  Narration: die Konfiguration von Ereignissen zu einer
zusammenhängenden Geschichte.
  Meta-Narrativ: „Große Erzählungen“ im Sinne Lyotards;
etwa: Fortschritt, Menschenwürde, Schlüsseltechnologie
(‚Schlüssel zum Erschließen von Zukunft‘).
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS46
Diskurs und Narration
  Plot der Erzählung
  Synthese ganz unterschiedlicher Ereignisse und
Vorkommnisse in den Rahmen einer Geschichte
  Aufbau einer zeitlichen wie räumlichen Ordnung
  Figur (Menschen; CO2), Aktanten-Rollen (Held)
Relationen, Handlungsmuster, Kausalitäten, Konflikte ...
Matrix = Plot
à Jede Geschichte hat ihren Plot – jede Geschichte hat
ihr Personal.
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS47
Diskurs und Narration
  Bedeutung von Narrationen
  Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte (Koselleck)
  Erfahrungsräume werden narrativ konstituiert, sind aber
auch material verkörpert
  Erwartungshorizonte werden überhaupt nur narrativ
generiert
à In der Erzählung für das Publikum werden nicht nur
Erfahrungsräume präsentiert, sondern spezifische
Erwartungshorizonte aufgespannt.
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS48
Diskurs und Narration
  Narrative und Öffentliche Kultur I: Öffentlichkeit und ihre
Funktionen
  Öffentlichkeit: „Artikulation von Problemen und
Forderungen und der Formulierung von Politiken.“ (Peters
2007: 43)
  Funktionen von Öffentlichkeit
-> Transparenz
-> Validierung
-> Orientierung
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS49
Diskurs und Narration
  Narrative und Öffentliche Kultur II: Öffentliche Kultur, was
ist das?
  Öffentliche Kultur: „Reservoir an Symbolen, Bedeutungen,
Wissen und Werten“ (Peters 2007: 45), die für ein
Öffentlichkeitskollektiv bedeutungsvoll sind
  Ordnungen des Sagbaren
-> Relevante Ereignisse
-> Etablierte Symbole
-> Plausible Plots
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS50
Diskurs und Narration
  Bedeutung von Erzählungen zur Strukturierung des
öffentlichen Raums – Warum?
  Geschichten: Sinnhafte Organisation von Welt
  Dramaturgie von Geschichten: Orientierung
  Sortieren und Deuten von Fakten
  Das Personal wird im Sozialen Raum aufgestellt
  Entwicklungsperspektiven werden bewertet und in
Bezug zur geltenden Ordnung gestellt
  Begeisterung <-> Besorgnis
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS51
Diskurs und Narration
  Bedeutung von Erzählungen zur Strukturierung des
öffentlichen Raums – wie?
https://www.youtube.com/watch?v=oHQu3SeUwUI
13.05.15
Quelle: Mölders 2013
Böschen – Nichtwissen
ITAS52
Gliederung
 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation
 Risikokommunikation: EHEC
 Chemie im Alltag
 Geschichte: Chemieunfall Griesheim
 Diskurs und Narration
 Risikokommunikation – wie weiter?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS53
Risikokommunikation – wie weiter?
  Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen I
  Komplexes mediales / öffentliches Feld
  Feld als Kampfraum um Aufmerksamkeit und
Deutungshoheit (vgl. Bourdieu)
  Balancierung von Chance / Gefahr
  Wandel der „Gegner“: Investigativer Journalismus (z.B.
Newsroom ProPublica)
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS54
Risikokommunikation – wie weiter?
  Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen II
  Neujustieren der Fortschrittserzählung
  Nachlassen Duldensbereitschaft („blindes“ Vertrauen)
  Optionen aktiven Vertrauens
  Individualisierung („EGO“; Schirrmacher)
  Gesteigerte Bereitschaft zur Optimierung individueller
Nutzenkalküle?
  Nachlassende Bereitschaft zur Fremdübernahme von
Risiken?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS55
Risikokommunikation – wie weiter?
  Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen III
  Schwierigkeiten authentischer Rede:
  Offensichtliches: Exxon-Chef Rex Tillerson glühender
Verfechter des Frackings <-> Aktivist gegen Fracking vor der
eigenen Haustür (FAZ 26.02.2014)
  Subtiles: strukturelle Unterstellungen (Opponenten:
Unternehmen kennen keine nicht-interessengebundene
Rede)
  Ansprüche an ausgewogene Risikokommunikation?
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS56
Risikokommunikation – wie weiter?
  Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen:
Konsequenzen?
  Anforderungen an Risikokommunikation
  Ereignisse unterbrechen tendenziell Kontinuitätsvertrauen
  Krisen und Nichtwissen als Entwicklungsgeschichten
bewältigen
  Krise als Ausnahme / bewältigbare Situation
  Rückgewinnung von Kontrolloptionen
  Anerkennen von Deutungsdifferenz
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS57
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS58
Nichtwissen: soziologische Systematisierung
Argumentum ad ignorantiam
13.05.15
Abschlussformulierung
Wenn die Technologien
irgendwie schädlich wären,
hätte man dies mittlerweile
in den Studien
nachgewiesen
Man hat aber keine
Schäden gefunden.
Also: die Technologie ist
unschädlich – sicher
Rückfragen
1)  Waren die
Untersuchungen
ausreichend?
2)  Stimmt es, daß
wirklich nichts
gefunden wurde?
3)  Sollten wir diesen
Stand der Dinge
akzeptieren, auch
wenn er keine
abschließende
Sicherheit bietet?
Nein, denn die
Methodik der
bisherigen Studien
war unzureichend. Es
gibt konkrete Mängel.
Nein, denn gegen die
bisherigen Studien
gibt es generelle
Einwände.
Technisch-wissen-
schaftliche
Einwände
Moralisch-politische
Einwände
Quelle: Jens Soentgen
Böschen – Nichtwissen in soziologischer Perspektive
ITAS59
Plott-Möglichkeiten
  Demnach erzielt die Satire durch Ironie ihre Wirkung. Sie will
systematisch die Erwartungen des Lesers an den „normalen“ Ausgang
der Geschichte enttäuschen. Wille und Bewusstsein des Menschen
erweisen sich hier in der Regel als zu schwach, angesichts der
anstehenden Aufgaben.
  Die Komödie reagiert auf eine Bedrohung, die durch die
Wiederherstellung der in Frage gestellten Ordnung überwunden wird.
„In der Komödie“, schreibt White (1991: 23), „erscheint die Hoffnung als
befristeter Triumph des Menschen über seine Welt durch die Aussicht
auf gelegentliche Versöhnungen der in der Gesellschaft und der Natur
wirkenden Kräfte.“
  Die Romanze entfaltet das Drama eines Helden, der seine
Erfahrungswelt überschreiten muss, um die Bedrohung oder
Herausforderung an ihn, durch Prozesse der Selbstfindung zu
überwinden. In der Regel siegt hier der vermeintlich schwache Held
über das übermächtige Böse.
  In der Tragödie wird der Untergang des Protagonisten zumeist als
Lehrstück für das Publikum inszeniert.
13.05.15
Böschen – Nichtwissen
ITAS60
Anthropologisches Argument
  Mensch und Problemlösen (Popper)
  Problemlösen zwischen Erfahrung und Entwurf:
Spannung zwischen Erfahrungsraum und
Erwartungshorizont (Koselleck 1995)
  Wirklichkeitsbezug vermittelt: keine Auskunft über
Wirklichkeit, sondern nicht funktionierende Entwürfe
  Lob der Routine !
13.05.15
Böschen – Nichtwissen

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Stefan Böschen - Nichtwissen. Chancen der Wissensproduktion, Risiken der Wissenskommunikation

  • 1. KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft ITAS (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse) www.kit.edu Nichtwissen: Chancen der Wissensproduktion, Risiken der Wissenskommunikation Stefan Böschen Ringvorlesung Wissenskommunikation SoSe 2015
  • 2. ITAS2 Nichtwissen: empirische Beispiele   Neulich bei der Vogelgrippe .... Zwei Hühner Sind Tot - Was bedeutet das? à Herausforderungen (Nicht-)Wissenskommunikation? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 3. ITAS3 Nichtwissen: empirische Beispiele   2011 .... EHEC.... Menschen Erkranken (3.842) Sterben (53) - EHEC ! Woher kommt es? Gurken?! – Sprossen !! à Herausforderungen (Nicht-)Wissenskommunikation? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 4. ITAS4 Nichtwissen: Systematisierung   Nichtwissen Bundesverfassungsgerichts im so genannten Kalkar-Urteil von 1978. Wir befinden uns „immer nur auf dem neuesten Stand unwiderlegten möglichen Irrtums“ (BVerfGE 49, 89, 143).   Formen von Nichtwissen verstehen lernen (Wehling 2006):   Nichtwissen als die andere Seite des Wissens   Nichtwissen und Risiko à Nichtwissen (Kenntnis; zeitliche Stabilität)   Nichtwissen als soziale Zuschreibung à Nichtwissen (Intentionalität) 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 5. ITAS5 Einleitung – Nichtwissen?   Bedeutung von Nichtwissen:   Nichtwissen verweist auf Fragen, deren Beantwortung sozial bedeutungsvoll ist (sei es für Wissenschaft, Ökonomie, Staat, Öffentlichkeit)   Nichtwissen verweist auf die Grenzen wissenschaftlichen Wissens und damit ungewohnte Bearbeitungsprobleme   Herausforderung der (Nicht-)Wissenskommunikation:   Nichtwissen wird in Prozessen öffentlicher Kommunikation konstruiert.   Grenzen der Kontrolle bekennen – ohne Vertrauen in Problembewältigung unterminieren. 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 6. ITAS6 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 7. ITAS7 Risikowahrnehmung   Keine „objektive“ Risikofeststellung, sondern   Vielfältige Einflussfaktoren (u.a.)   Unsicherheit ... Nichtwissen   Neuheit   Schwere der Effekte   Kontrolloptionen   Freiwilligkeit 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 8. ITAS8 Risikowahrnehmung – Einschätzung Risiken 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 10. ITAS10 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation   Zusammenspiel von Faktoren   Soziale Risikoverstärkung (dynamisches Zusammenwirken unterschiedlicher sozialer Prozesse)   Risiko-Ereignisse entstehen durch Kommunikation   Schlüsselrolle medialer Kommunikation   Konstitution von Risiko-Wahrnehmung durch mediale Regeln 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 11. ITAS11 Risikowahrnehmung / Risikokommunikation   Risikokommunikation   Risikokommunikation ist integraler Bestandteil von Prozessen der Regelung von Risiken (von der Vorphase bis nach Umsetzung der Maßnahmen)   Kommunikationsziel: interessierten BürgerInnen die Chance einer persönlichen Beurteilung jeweiliger Risiken zu erlauben (Hinweis auf bekannte Faktizitäten, unaufgeklärte Unsicherheiten, vertretbare Interpretationsspielräume) 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 12. ITAS12 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 13. ITAS13 Risikokommunikation: EHEC 13.05.15 Böschen – Nichtwissen Zitiert nach: Epp 2013
  • 14. ITAS14 Risikokommunikation: EHEC 13.05.15 Böschen – Nichtwissen Zitiert nach: Epp 2013
  • 22. ITAS22 Risikokommunikation: EHEC   Zwischenergebnis   Bürger vertrauen prinzipiell Behördenhandeln   Wechsel bei Verzehrsempfehlungen überraschend unproblematisch   Bedeutung klassischer Medien in diesem Fall für die Informationssuche 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 23. ITAS23 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 24. ITAS24 Studie Chemie im Alltag   Durchgeführt für das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR im Zeitraum 2008 - 2009)   Projektpartner: Hopp & Partner und SINE-Institut   Empirische Basis:   Fokusgruppen   Repräsentativbefragung der deutschen Bevölkerung mit CATI-Methode   Ausgesuchte Ergebnisse: Risikowahrnehmung und Handlungspraxis 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 25. ITAS25 Chemie im Alltag: Übersicht Risikowahrnehmung 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 25 Böschen – Nichtwissen
  • 26. ITAS26 Chemie im Alltag: Imageprofil chemische Stoffe 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 26 Böschen – Nichtwissen
  • 27. ITAS27 Chemie im Alltag: Wahrnehmung Chemikalien im Alltag 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 28 Böschen – Nichtwissen
  • 28. ITAS28 Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Produktgruppen 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 32 Böschen – Nichtwissen
  • 29. ITAS29 Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Handlungspraxis 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 42 Böschen – Nichtwissen
  • 30. ITAS30 Chemie im Alltag: Risikowahrnehmung – Handlungspraxis 13.05.15 1. Das Verbraucherwissen ist handlungspraktisch organisiert. 2. Das Wissen über Chemie wird eher über (Gefahren-)Symbole als über abstraktes Wissen gespeichert. 3. Die Hersteller sind aus Sicht der Verbraucher die Hauptverantwortlichen für die Produktsicherheit. 4. Staat und Verbraucherschutzverbände werden für die Regeleinhaltung verantwortlich gemacht. 5. REACH ist den Verbrauchern unbekannt. Quelle: BfR 2010a, S. 46 Böschen – Nichtwissen
  • 31. ITAS31 Chemie im Alltag: Verantwortlichkeitszuordnung 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 51 Böschen – Nichtwissen
  • 32. ITAS32 Chemie im Alltag: Verantwortlichkeitszuordnung 13.05.15 Quelle: BfR 2010a, S. 52 Böschen – Nichtwissen
  • 33. ITAS33 EHEC / Chemie im Alltag   Zwischenfazit aus den Beispielen   Risikomündiger Bürger:   Menschen wissen Nutzen zu schätzen   Menschen zeigen differenziertes Risikobewusstsein   Menschen verhalten sich nicht prinzipiell risikoavers, sind nicht prinzipiell technikfeindlich   Entscheidender Einfluss des Faktors Freiwilligkeit / Autonomie   Bedeutung kultureller Faktoren (z.B. Unterscheidung Natur / Kultur) 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 34. ITAS34 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 35. ITAS35 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 1) Ereignis 22. Februar 1993, Rosenmontag. Verhinderung einer Explosion, dabei 10t des Farbvorproduktes ortho-Nitroanisol über die Stadtteile Schwanheim und Goldstein „abgeblasen“, -> „Gelber Regen“ 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 36. ITAS36 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 2) Ereignis und Kommunikation Hoechst, PR: Stoff „mindergiftig“ Dpa: Stoff sei laut US-Studie „krebserregend“ Es wird bekannt: Mitarbeiter Hoechst beteiligt an Studie über diesen Stoff für das UBA Fischer: „Geheimniskrämerei“ 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 37. ITAS37 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 2) Ereignis und Kommunikation Sanierungsarbeiten Dann: Nächster Unfall (24.02.) „Erinnerungen an Seveso und Sandoz“ (FR) ... „Störfallserie“ – „schwarze Serie“ -> Ereignisketten und Kontrollverlust 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 38. ITAS38 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 3) Unfallserie bei Hoechst 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 39. ITAS39 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 4) Ministerielles Aufräumen a) Umweltminister Joschka Fischer Zitieren Konzernspitze: Sicherheitskonzept Sofortprogramm Anlagenüberwachung Forderung „geschlossene Kreisläufe“: Sicherheit nicht zu Lasten von Umwelt b) Sozialministerin Heide Pfarr Aufräumarbeiten: Schutzanzüge tragen 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 40. ITAS40 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 5) Vergebung – Runde 1 a) Bekenntnis: 10 berechtigte Fragen an die Hoechst AG (1. März) b) Reue: Offizielle, dezidierte Entschuldigung Wolfgang Hilgers bei Anwohnern (4. März) c) Umkehr: 10-Punkte-Programm Sicherheit, Schulung und Kommunikation (8. April) -> Übernahme aller Forderungen des Umweltministeriums ... Aber: Zwischenrufe 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 41. ITAS41 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 6) Irrlichtern: Hilgers a) „Lebensphilosophische“ Relativierung: Gastbeitrag Hilgers in FR: Murphys Law, „alles was passieren kann, wird irgendwann einmal passieren.“ (16. März) b) Der Uneinsichtige, Rede Hilgers auf der Aktionärsversammlung von Hoechst (27. April): Relativierung Regulierung: „einfältige politische Konzepte“ und: Töpfer habe „entweder keine Ahnung von den gesetzlichen Vorschriften oder von der Realität in Unternehmen“ Unfälle lediglich „statistische Häufung“ kein Schicksal 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 42. ITAS42 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993 7) Vergebung – Runde 2 a) Bekenntnis: Neue Konzernspitze – Ökonom Dormann (9. Juni) („Palastrevolution“) b) Reue: Gesprächskreis Höchster Nachbarn etablieren (14. Juni) c) Umkehr: von retrospektiver zu proaktiver Kommunikation ... Allerdings Epidemiologie-Studie erst 8. Oktober – 1994! -> Entwicklung anderer Kommunikationskultur und Anerkennen anderer Wissensakteure 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 43. ITAS43 Geschichte: Chemieunfall Griesheim 1993   Zwischenergebnis   Hoechst: Fortschritt durch Wissenschaft, Bekämpfung von Fortschrittsfeinden („Lager der Öko-Stalinisten“), einsamer Riese -> Plot der Geschichte: Tragödie   Kritiker: Regulierer (Umweltminister) (unerwartete Helfer), Umweltbewegung, Lokale Akteure – David- gegen-Goliath-Situation; Täter: Höchst: „Der verstockte Gigant“ (Der Spiegel 12/1993) – „Giftfabriken“ kontrollieren -> Plot der Geschichte: Romanze 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 44. ITAS44 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 45. ITAS45 Diskurs und Narration   Differenz: Diskurs, Narration und Meta-Narration   Diskurs: jemand erzählt jemandem etwas über die Welt (Akt des Erzählens).   Narration: die Konfiguration von Ereignissen zu einer zusammenhängenden Geschichte.   Meta-Narrativ: „Große Erzählungen“ im Sinne Lyotards; etwa: Fortschritt, Menschenwürde, Schlüsseltechnologie (‚Schlüssel zum Erschließen von Zukunft‘). 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 46. ITAS46 Diskurs und Narration   Plot der Erzählung   Synthese ganz unterschiedlicher Ereignisse und Vorkommnisse in den Rahmen einer Geschichte   Aufbau einer zeitlichen wie räumlichen Ordnung   Figur (Menschen; CO2), Aktanten-Rollen (Held) Relationen, Handlungsmuster, Kausalitäten, Konflikte ... Matrix = Plot à Jede Geschichte hat ihren Plot – jede Geschichte hat ihr Personal. 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 47. ITAS47 Diskurs und Narration   Bedeutung von Narrationen   Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte (Koselleck)   Erfahrungsräume werden narrativ konstituiert, sind aber auch material verkörpert   Erwartungshorizonte werden überhaupt nur narrativ generiert à In der Erzählung für das Publikum werden nicht nur Erfahrungsräume präsentiert, sondern spezifische Erwartungshorizonte aufgespannt. 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 48. ITAS48 Diskurs und Narration   Narrative und Öffentliche Kultur I: Öffentlichkeit und ihre Funktionen   Öffentlichkeit: „Artikulation von Problemen und Forderungen und der Formulierung von Politiken.“ (Peters 2007: 43)   Funktionen von Öffentlichkeit -> Transparenz -> Validierung -> Orientierung 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 49. ITAS49 Diskurs und Narration   Narrative und Öffentliche Kultur II: Öffentliche Kultur, was ist das?   Öffentliche Kultur: „Reservoir an Symbolen, Bedeutungen, Wissen und Werten“ (Peters 2007: 45), die für ein Öffentlichkeitskollektiv bedeutungsvoll sind   Ordnungen des Sagbaren -> Relevante Ereignisse -> Etablierte Symbole -> Plausible Plots 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 50. ITAS50 Diskurs und Narration   Bedeutung von Erzählungen zur Strukturierung des öffentlichen Raums – Warum?   Geschichten: Sinnhafte Organisation von Welt   Dramaturgie von Geschichten: Orientierung   Sortieren und Deuten von Fakten   Das Personal wird im Sozialen Raum aufgestellt   Entwicklungsperspektiven werden bewertet und in Bezug zur geltenden Ordnung gestellt   Begeisterung <-> Besorgnis 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 51. ITAS51 Diskurs und Narration   Bedeutung von Erzählungen zur Strukturierung des öffentlichen Raums – wie? https://www.youtube.com/watch?v=oHQu3SeUwUI 13.05.15 Quelle: Mölders 2013 Böschen – Nichtwissen
  • 52. ITAS52 Gliederung  Risikowahrnehmung / Risikokommunikation  Risikokommunikation: EHEC  Chemie im Alltag  Geschichte: Chemieunfall Griesheim  Diskurs und Narration  Risikokommunikation – wie weiter? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 53. ITAS53 Risikokommunikation – wie weiter?   Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen I   Komplexes mediales / öffentliches Feld   Feld als Kampfraum um Aufmerksamkeit und Deutungshoheit (vgl. Bourdieu)   Balancierung von Chance / Gefahr   Wandel der „Gegner“: Investigativer Journalismus (z.B. Newsroom ProPublica) 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 54. ITAS54 Risikokommunikation – wie weiter?   Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen II   Neujustieren der Fortschrittserzählung   Nachlassen Duldensbereitschaft („blindes“ Vertrauen)   Optionen aktiven Vertrauens   Individualisierung („EGO“; Schirrmacher)   Gesteigerte Bereitschaft zur Optimierung individueller Nutzenkalküle?   Nachlassende Bereitschaft zur Fremdübernahme von Risiken? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 55. ITAS55 Risikokommunikation – wie weiter?   Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen III   Schwierigkeiten authentischer Rede:   Offensichtliches: Exxon-Chef Rex Tillerson glühender Verfechter des Frackings <-> Aktivist gegen Fracking vor der eigenen Haustür (FAZ 26.02.2014)   Subtiles: strukturelle Unterstellungen (Opponenten: Unternehmen kennen keine nicht-interessengebundene Rede)   Ansprüche an ausgewogene Risikokommunikation? 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 56. ITAS56 Risikokommunikation – wie weiter?   Risikokommunikation – Wandel Randbedingungen: Konsequenzen?   Anforderungen an Risikokommunikation   Ereignisse unterbrechen tendenziell Kontinuitätsvertrauen   Krisen und Nichtwissen als Entwicklungsgeschichten bewältigen   Krise als Ausnahme / bewältigbare Situation   Rückgewinnung von Kontrolloptionen   Anerkennen von Deutungsdifferenz 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 57. ITAS57 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 58. ITAS58 Nichtwissen: soziologische Systematisierung Argumentum ad ignorantiam 13.05.15 Abschlussformulierung Wenn die Technologien irgendwie schädlich wären, hätte man dies mittlerweile in den Studien nachgewiesen Man hat aber keine Schäden gefunden. Also: die Technologie ist unschädlich – sicher Rückfragen 1)  Waren die Untersuchungen ausreichend? 2)  Stimmt es, daß wirklich nichts gefunden wurde? 3)  Sollten wir diesen Stand der Dinge akzeptieren, auch wenn er keine abschließende Sicherheit bietet? Nein, denn die Methodik der bisherigen Studien war unzureichend. Es gibt konkrete Mängel. Nein, denn gegen die bisherigen Studien gibt es generelle Einwände. Technisch-wissen- schaftliche Einwände Moralisch-politische Einwände Quelle: Jens Soentgen Böschen – Nichtwissen in soziologischer Perspektive
  • 59. ITAS59 Plott-Möglichkeiten   Demnach erzielt die Satire durch Ironie ihre Wirkung. Sie will systematisch die Erwartungen des Lesers an den „normalen“ Ausgang der Geschichte enttäuschen. Wille und Bewusstsein des Menschen erweisen sich hier in der Regel als zu schwach, angesichts der anstehenden Aufgaben.   Die Komödie reagiert auf eine Bedrohung, die durch die Wiederherstellung der in Frage gestellten Ordnung überwunden wird. „In der Komödie“, schreibt White (1991: 23), „erscheint die Hoffnung als befristeter Triumph des Menschen über seine Welt durch die Aussicht auf gelegentliche Versöhnungen der in der Gesellschaft und der Natur wirkenden Kräfte.“   Die Romanze entfaltet das Drama eines Helden, der seine Erfahrungswelt überschreiten muss, um die Bedrohung oder Herausforderung an ihn, durch Prozesse der Selbstfindung zu überwinden. In der Regel siegt hier der vermeintlich schwache Held über das übermächtige Böse.   In der Tragödie wird der Untergang des Protagonisten zumeist als Lehrstück für das Publikum inszeniert. 13.05.15 Böschen – Nichtwissen
  • 60. ITAS60 Anthropologisches Argument   Mensch und Problemlösen (Popper)   Problemlösen zwischen Erfahrung und Entwurf: Spannung zwischen Erfahrungsraum und Erwartungshorizont (Koselleck 1995)   Wirklichkeitsbezug vermittelt: keine Auskunft über Wirklichkeit, sondern nicht funktionierende Entwürfe   Lob der Routine ! 13.05.15 Böschen – Nichtwissen