SlideShare uma empresa Scribd logo
1 de 13
Baixar para ler offline
Kapitel 7: Die Struktur des Nervensystems

1. ORGANISATION DES SÄUGETIERGEHIRNS
Bestandteile des Nervensystems ALLER Säuger:
- Zentralnervensystem (ZNS)
- peripheres Nervensystem (PNS)

1.1 Anatomische Bezugspunkte

1.1.1 SEITLICHE Betrachtung
Anterior oder rostral: Richtung, die zur Nase der Ratte zeigt

Posterior oder caudal:
Richtung, die zum Schwanz der Ratte zeigt

Dorsal: Richtung nach oben

Ventral: Richtung nach unten

  Rückenmark der Ratte verläuft von anterior nach posterior
  Oberseite des Rückenmarks: dorsal
  Untere Seite des Rückenmarks: ventral

1.1.2 Betrachtung von OBEN
Bilaterale Symmetrie: Rechte Seite des Gehirns und des Rückenmark ist Spiegelbild der linken Seite

Alle Strukturen des Nervensystems kommen paarweise vor, eins links, eins rechts (mit Ausnahmen)

Mittellinie: Unsichtbare Linie, die entlang der Mitte des Nervensystems verläuft

Medial: Strukturen nahe der Mittellinie

Lateral: Strukturen in relativ großer Entfernung zur Mittellinie

   Nase liegt medial zu den Augen
   Augen liegen medial zu den Ohren usw.

Ipsilateral: Zwei Strukturen, die sich auf der selben Seite befinden
   rechtes Ohr liegt ipsilateral zum rechten Auge

Kontralateral: Zwei Strukturen, die sich auf den entgegengesetzten Seiten der Mittellinie befinden
  rechtes Ohr liegt kontralateral zum linken Ohr


Sektion: Das Aufschneiden des Gehirns

1.1.3 Anatomische Schnittebenen
Mediansagittalebene: Schnittebene, die das Gehirn in links und rechts teilt

Sagittalebene: Schnitte parallel zur Mediansagittalebene

Horizontalebene: Verläuft parallel zum Boden
horizontaler Schnitt teilt das Gehirn in einen dorsalen und einen ventralen Teil

Frontalebene: Verläuft senkrecht zum Boden
   frontaler Schnitt teilt das Gehirn in einen anterioren und einen posterioren Teil

1.2 Das Zentralnervensystem
Bestandteile: Gehirn, Rückenmark
- von Knochen umgeben

1.2.1 Bestandteile des Gehirns

Das Großhirn (Cerebrum):
- liegt am weitesten rostral
- größter Teil des Gehirns
- durch die Mitte in zwei erkennbare Hirnhälften geteilt    durch tiefe Fissura longitudinalis cerebri
getrennt

- rechte Gehirnhälfte:
    empfängt Sinneswahrnehmungen der linken Körperhälfte
    Steuerung der Bewegungen der linken Körperhälfte

- linke Gehirnhälfte:
    empfängt Sinneswahrnehmungen der rechten Körperhälfte
    Steuerung der Bewegung der rechten Körperhälfte

Das Kleinhirn (Cerebellum):
- liegt hinter dem Großhirn
- kleiner als Großhirn, jedoch enthält es genauso viele Neuronen wie das Großhirn
- Bewegungskontrollzentrum
- besitzt umfangreiche Verbindungen mit dem Großhirn und dem Rückenmark

-linke Seite:
   Bewegungen der linken Körperseite

-rechte Seite:
   Bewegungen der rechten Körperseite

Der Hirnstamm:
- bildet einen Stiel, von dem die beiden Großhirnhälften und das Kleinhirn ausgehen
- komplexes Gebilde aus Fasern und Zellen
- dient teilweise dazu, Infos vom Großhirn ans Rückenmark+Kleinhirn , sowie in umgekehrter
Richtung weiterzuleiten
- Regulierung der Vitalfunktionen, wie Atmung, Bewusstsein und Körpertemperatur
- gilt als primitivster Teil des Gehirns der Säuger
- jedoch überlebenswichtig Schädigung des Hirnstammes führt schneller zum Tod als Schädigung
des Klein- und Großhirns

1.2.2 Das Rückenmark

- verbunden mit dem Hirnstamm
- umgeben von knöcherner Wirbelsäule
- größte Bahn für Infos von der Haut, Gelenken, Muskeln zum Gehirn und umgekehrt
- Durchtrennung führt zu:
   Betäubung der Haut
   Lähmung der Muskeln, die caudal zur Schnittstelle liegen
(bedeutet nicht, dass die Muskeln nicht mehr funktionieren könnten, aber sie werden nicht mehr
vom Gehirn kontrolliert)

Spinalnerven:
- gehören zum PNS
- über Spinalnerven kommuniziert das Rückenmark mit dem Körper
- treten durch Öffnungen zwischen den einzelnen Wirbeln aus dem Rückenmark heraus
-Hinterwurzel und Vorderwurzel:
Zwei Äste, über die jeder Spinalnerv mit dem Rückenmark verbunden ist

-Francois Magendie:
-Hinterwurzel enthält Axone, die Infos in das Rückenmark hineintragen
- z.B. Eindringen einer Reißzwecke in den Fuß

-Charles Bell:
- Vorderwurzel enthält Axone, die Infos aus dem Rückenmark heraustragen
- z.B. an die Muskeln als Reaktion auf den Schmerz durch die Reißzwecke Fuß wird zurückgezogen

1.3 Das periphere Nervensystem (PNS)
Umfasst alle Bereiche des Nervensystems außer Gehirn + Rückenmark

1.3.1 Das somatische PNS
Alle peripheren Nerven, die die Haut, die Gelenke + die willentlich kontrollierten Muskeln innervieren

Somatische motorische Axone
  gehen aus Motoneuronen im ventralen Rückenmark hervor
  Steuerung der Muskelkontraktion
  Zellkörper der Motoneuronen liegen innerhalb des ZNS, die Axone im PNS

Somatische sensorische Axone
  treten über die Hinterwurzel ins Rückenmark ein
  innervieren Haut, Muskeln, Gelenke und sammeln dort Infos
  Zellkörper der sensorischen Neuronen liegen außerhalb des Rückenmarks in Spinalganglien (=
Gruppen)
  zu jedem Spinalnerv gibt es ein Spinalganglion


1.3.2 Das viszerale PNS (vegetatives Nervensystem)
Umfasst Neuronen, die die inneren Organe, Blutgefäße und Drüsen innervieren

Viszerale sensorische Axone
   transportieren Infos über die viszeralen sensorischen Axone in das ZNS
(z.B. Blutdruck, Blutsauerstoffgehalt in den Arterien)

Viszerale motorische Axone
   steuern die Kontraktion und Entspannung der Muskeln, die die Wände der Därme und Blutgefäße
bilden (sog. Glatte Muskulatur)
   steuern die Kontraktionsrate des Herzmuskels
   steuern die sektretorische Funktion verschiedener Drüsen
z.B. Kontrolle des Blutdrucks durch Regulierung der Herzfrequenz + Durchmesser der Blutgefäße
   z.B. Rotwerden, Herzklopfen

Afferente Axone: Transportieren Infos zu einem bestimmten Ort

Efferente Axone: Holen Infos von einem bestimmten Ort

  viszeroafferent: somatische oder viszerale sensorische Axone, die die Infos zum ZNS bringen
   viszeroefferent: somatische oder viszerale sensorische Axone, die aus dem ZNS herausgehen und
zu den Muskeln und Drüsen führen

1.4 Die Hirnnerven
- es gibt 12 Paare Hirnnerven
- gehen vom Hirnstamm aus und innervieren (größtenteils) den Kopf
- Jeder Hirnnerv hat eine Bezeichnung und Nummer
- kommen im ZNS, somatischen PNS und viszeralen PNS vor
- enthalten eine komplexe Kombination von Axonen, die verschiedene Funktionen erfüllen

1.5 Die Hirnhäute (Meningen)
Drei Membranen (Meningen): Dura mater, Arachnoidea mater, Pia mater

1.5.1 Harte Hirnhaut oder Dura mater
Äußerste Schicht
Lederartige Konsistenz
Feste, unelastische Tasche, die das Gehirn + Rückenmark umgibt

1.5.2 Spinnenhaut oder Arachnoidea mater encephali
Direkt unter der Dura mater
Aussehen + Dichte ähnelt einem Spinnennetz
Normalerweise kein freier Raum zwischen Dura mater und Arachnoidea
- subdurales Hämatom:
- entsteht, wenn Blutgefäße verletzt werden, die durch die Dura mater hindurchgehen
- Ansammlung von Blut
Zufluss von Flüssigkeit in den subduralen Bereich kann Gehirnfunktionen stören Teile des ZNS
werden zusammengedrückt!
Behandlung: Loch in Schädel bohren + Blut ableiten


1.5.3 Weiche Hirnhaut oder Pia mater
Dünne Membran
Liegt eng an der Oberfläche des Gehirns
- subarachnoidaler Zwischenraum:
- Mit Flüssigkeit gefüllter Zwischenraum, der die Pia mater von der Arachnoidea trennt
- Flüssigkeit: Liquor cerebrospinalis (Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) salzhaltig, farblos
    Gehirn schwimmt im Kopf in dieser dünnen Schicht aus Liquor

1.6 Das Ventrikelsystem
= mit Flüssigkeit gefüllte Höhlungen und Kanäle
- gleiche Flüssigkeit wie im Subarachnoidalraum
- Liquor wird im Adergeflecht produziert:
Besonderes Gewebe in den Ventrikeln der beiden Großhirnhälften
- Liquor fließt von dem Ventrikelpaar im Großhirn zu einer Reihe von miteinander verbundenen,
unpaarigen Höhlungen im Kernbereich des Hirnstammes
- verlässt das Ventrikelsystem
- durch kleine Öffnungen (Aperturen) an der Stelle, wo sich Kleinhirn und Hirnstamm berühren,
gelangt er in den Subarachnoidalraum dort wird Liquor an Arachnoidalzotten absorbiert
- bei Störungen z.B. Wasserkopf (Schwellung der Ventrikel durch Stau von Flüssigkeit)

1.7 Bildgebung am lebenden Gehirn

1.7.1 Computertomographie (CT) (Hounsfields, Cormack)
- Ziel: Erzeugung eines Bildes eines Gehirnschnitts
- in der gewünschten Ebene des Querschnitts kreist eine Röntgenquelle um den Kopf
- an der anderen Kopfseite: für Röntgenstrahlen empfindliche Sensoren
- Ergebnis: Wiedergabe der Position und der Menge des strahlenundurchlässigen Materials in der
Schnittebene

1.7.2 Magnetresonanztomographie (MRT) oder Kernspintomographie
- Vorteile:
Gewonnene Bilder enthalten viel mehr Einzelheiten
Keine Röntgenstrahlen erforderlich
Man kann von jeder gewünschten Ebene des Gehirns Bilder erstellen
- Nutzung von Reaktionen von Wasserstoffatomen im Gehirn auf Veränderungen eines starken
magnetischen Feldes
- Aufnahme der emittierenden elektromagnetischen Signale durch Sensoren um den Kopf
- Auswertung im Computer
- Herstellung von Schnittbildern des Gehirns

1.7.3 Funktionelle Bildgebung
Verfahren zur Darstellung der funktionellen Gehirnaktivität:
   Positronenemissionstomographie (PET) + funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)
- Feststellung der Veränderungen des regionalen Blutflusses und Metabolismus im Gehirn:
Aktive Neuronen benötigen mehr Glucose und Sauerstoff als inaktive
Blutgefäße reagieren auf neuronale Aktivitäten, indem mehr Blut in die aktiven Hirnregionen geleitet
wird
Bestimmung der Hirnregionen, die unter verschiedenen Bedingungen am aktivsten sind

2. DAS GEHIRN AUS SICHT SEINER ENTWICKLUNG
Ansammlungen von Neuronen
Ansammlungen von Axonen                                siehe Seite 201!!

2.1 Die Bildung des Neuralrohrs
Embryo ist anfangs eine flache Scheibe mit drei getrennten Zellschichten:
Entoderm, Mesoderm, Ektoderm

Entoderm: Daraus geht die innere Auskleidung vieler innerer Organe hervor („Eingeweide“, Viscera)

Mesoderm: Daraus entwickeln sich die Skelettknochen und die Muskeln

Ektoderm: Daraus entwickelt sich das Nervensystem und die Haut

Neurulation: Entwicklung von der Neuralplatte zum Neuralrohr: (der Teil des Ektoderms, aus dem
sich das Nervensystem entwickelt) (etwa 22 Tage nach Befruchtung)
- Neuralrinne: Entwicklung einer Furche in der Neuralplatte
verläuft in der Richtung von rostral nach caudal
- Neuralwülste: Wände der Furche
- Neuralrohr: entsteht, nachdem die Neuralwülste aufeinander zugewachsen und mit der Dorsalseite
miteinander verschmolzen sind
   Das gesamte Nervensystem entwickelt sich aus den Wänden des Neuralrohres!

- Neuralleiste: entsteht, wenn sich die Neuralwülste vereinigen. Dabei schnürt sich ein Teil des
neuralen Ektoderms ab und kommt genau seitlich (lateral) des Neuralrohres zu liegen
   Alle Neuronen, deren Zellkörper im peripheren Nervensystem liegen, stammen von der
Neuralleiste ab
- Neuralleiste entwickelt sich in engem Zusammenhang mit dem darunter liegenden Mesoderm

- Somiten: vom Mesoderm gebildete auffällige Ausbuchtungen an jeder Seite des Neuralrohres
Aus den Somiten gehen die 34 einzelnen Wirbel der Wirbelsäule und die damit zusammenhängende
Skelettmuskulatur hervor
- somatische motorische Nerven: Nerven, die die Skelettmuskeln innervieren

2.2 Die drei primären Hirnbläschen
Differenzierung: Vorgang, durch den Strukturen komplexer werden und sich funktionell spezialisieren

Erster Schritt der Differenzierung des Gehirns:
- Entwicklung von drei Ausbuchtungen am rostralen Ende des Neuralrohres
- primäre Bläschen= die drei Ausbuchtungen
   Das gesamte Gehirn geht aus diesen drei primären Bläschen des Neuralrohres hervor

1. Prosencephalon: das am weitesten rostral liegende Bläschen Vorderhirn
2. Mesencephalon: weiteres Bläschen, das hinter dem Prosencephalon liegt Mittelhirn
3. Rhombencephalon: drittes primäres Bläschen Rautenhirn
Bildet Verbindung zum caudalen Neuralrohr, aus dem das Rückenmark hervorgeht

2.3 Differenzierung des Vorderhirns
- sekundäre Bläschen wachsen an beiden Seiten des Prosencephalons heraus
- sekundäre Bläschen= Augenbläschen, Großhirnbläschen
- Zwischenhirn (Diencephalon): unpaarige Struktur, die nach der Ausbildung der sekundären Bläschen
übrigbleibt
- Vorderhirn umfasst also in diesem Zustand die beiden Augenbläschen, die beiden Großhirnbläschen
und das Zwischenhirn
- Augenbläschen wachsen und falten sich nach innen
- Augenblasenstiele und Augenbecher entstehen
- aus den Augenbechern entstehen im ausgewachsenen Gehirn die Sehnerven (Retinae)

  Differenzierung des Großhirns und des Zwischenhirns:
Großhirnbläschen bilden zusammen das Großhirn (Telencephalon, Endhirn)
Das Großhirn entwickelt sich auf vier Weisen weiter:
    1. Großhirnbläschen wachsen an der posterioren Seite, sodass sie oberhalb und seitlich des
       Zwischenhirns zu liegen kommen
    2. An den ventralen Oberflächen der beiden Großhirnhälften bildet sich ein weiteres
       Bläschenpaar, aus dem dann die Riechkolben (Bulbi olfactorii) hervorgehen
    3. Die Zellen der Großhirnwände teilen sich und differenzieren zu verschiedenen Strukturen
    4. Die Systeme der weißen Substanz entwickeln sich und führen Axone von und zu den
Neuronen im Großhirn

Seitenventrikel= mit Flüssigkeit gefüllte Zwischenräume in den Großhirnhälften
   wichtiges Kennzeichen des ausgewachsenen Gehirns!
Drittes Ventrikel= Zwischenraum in der Mitte des Zwischenhirns; im Querschnitt: lang gestreckt,
schlitzförmig
- Wände der Großhirnbläschen sind aufgrund der Proliferation der Neuronen angeschwollen

Diese Neuronen bilden im Großhirn zwei verschiedene Arten von grauer Substanz:
1. Großhirnrinde
2. Basalganglien

Differenzierung des Zwischenhirns:
1. Thalamus: tief im Innern des Vorderhirns
2. Hypothalamus

Die Neuronen des sich entwickelnden Vorderhirns schicken Axone aus, um mit anderen Teilen des
Nervensystems zu kommunizieren Diese Axone sind zu drei Hauptsystemen der weißen Substanz
gebündelt:
    1. Cortikale weiße Substanz
       Enthält alle Axone, die von den Neuronen in der Großhirnrinde ausgehen oder dorthin
       führen
    2. Balken (Corpus callosum)
       Fortsetzung der cortikalen weißen Substanz
       Bildet eine Brücke aus Axonen, die die cortikalen Neuronen der beiden Großhirnhälften
       miteinander verbindet
    3. Innere Kapsel (Capsula interna)
       Verbindet den Cortex mit dem Hirnstamm, vor allem mit dem Thalamus

Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Vorderhirn:
   Vorderhirn:
- Ort der Sinneswahrnehmung
- des Bewusstseins
- der geistigen Wahrnehmung
- der willentlichen Aktivität
   Das alles basiert auf den umfangreichen wechselseitigen Verbindungen mit den sensorischen und
motorischen Neuronen des Hirnstammes und des Rückenmarks

Wichtigste Struktur: Großhirnrinde
- Gehirnstruktur, die sich im Verlauf der menschlichen Evolution am stärksten ausgedehnt hat
cortikale Neuronen:
- empfangen sensorische Infos
- bilden die Sinneswahrnehmungen der umgebenden Welt ab
- steuern willkürliche Bewegungen

Neuronen in den Riechkolben nehmen Gerüche wahr:
- übermitteln diese Infos zur weiteren Analyse an einen Bereich, der caudal zur Großhirnrinde liegt
Infos von den Augen, Ohren, Haut werden ebenfalls zur Analyse in die Großhirnrinde geleitet:
- jeder sensorische Übertragungsweg für Sehen, Hören, Fühlen läuft auf dem Weg in die
Großhirnrinde über den Thalamus (bilden Synapsen im Thalamus) Thalamus= Eingangstor zur
Großhirnrinde
Axone der Neuronen des Thalamus erstrecken sich über die Capsula interna zur Großhirnrinde:
- Allgemein gilt: Axone von jeder Capsula interna bringen die Infos über die entgegengesetzte
Körperseite zur Großhirnrinde
- d.h. Reißzwecke im rechten Fuß Reiz wird über Axone in der linken Capsula interna und den
linken Thalamus zur linken Großhirnrinde weitergeleitet
- möglich durch den wichtigen Kommunikationsweg zwischen den beiden Gehirnhälften: Axone des
Balkens

Axone von Hirnrindenneuronen verlaufen auch durch die Capsula interna zurück zum Hirnstamm
Pyramidenbahn:
- Axone der Hirnrinde, die die gesamte Strecke bis zum Rückenmark durchlaufen
- Befehligung der willkürlichen Bewegungen durch die Großhirnrinde
Kommunikation mit Neuronen in den Basalganglien (Ansammlung von Zellen im basalen Großhirn):
- „basal“= Strukturen, die sich tief im Gehirn befinden
- Basalganglien: liegen tief im Großhirn
- Schädigung führt zur Beeinträchtigung der Fähigkeit, willkürliche Bewegungen auszuführen
Hypothalamus:
- liegt genau unter dem Thalamus
- funktionell eher mit Strukturen des Großhirns verwandt wie mit dem Corpus amygdaloideum
(Amygdala)
- Ansiedlung vieler primitiver Funktionen
- Kontrolle des vegetativen Nervensystems
- z.B. Koordination der Kampf-oder-Flucht-Reaktion
- Steuerung der Körperreaktionen über Verbindungen mit der Hypophyse (befindet sich unterhalb
des Zwischenhirns) Kommunikation mit vielen Teilen des Körpers durch Freisetzung von Hormonen
im Blut

2.4 Differenzierung des Mittelhirns
Differenziert sich relativ wenig

Mittelhirndach (Tectum mesencephali): entwickelt sich aus der dorsalen Oberfläche des
Mittelhirnbläschens

Mittelhirnhaube (Tegmentum mesencephali): „Boden“ des Mittelhirns

Hirnschenkel (Crura cerebri): sind ventral aufgelagert

cerebraler Aquädukt: schmaler Kanal, wozu sich der mit Liquor gefüllte Bereich dazwischen verengt
Verbunden mit dem dritten Ventrikel des Zwischenhirns
- Geringe Größe
- Im Querschnitt ringförmig
- Gutes Erkennungsmerkmal für das Mittelhirn

2.4.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Mittelhirn

Mittelhirn:
- Weiterleitung von Infos vom Rückenmark zum Vorderhirn und umgekehrt
- enthält Neuronen, die der Sensorik, Bewegungskontrolle etc. dienen
- enthält Axone, die von der Großhirnrinde zum Hirnstamm und zum Rückenmark führen Verlauf
der Pyramidenbahn auf dem Weg zum Rückenmark durch das Mittelhirn
   Schädigung dieser Nervenbahn auf einer Seite im Mittelhirn: Verlust der Kontrolle über
willkürliche Bewegungen der gegenüberliegenden Körperseite
Mittelhirndach: bestehend aus Colliculus superior und Colliculus inferior

Colliculus superior:
- enthält Infos direkt aus dem Auge
- Kontrolle der Augenbewegungen durch synaptische Verbindungen mit den motorischen Neuronen
aus den Augenmuskeln

Colliculus inferior:
- empfängt sensorische Infos vom Ohr
- wichtige Schaltstelle für die Infos des Gehörs auf dem Weg zum Thalamus

Mittelhirnhaube:
- eine der farbigsten Regionen des Gehirns
- enthält schwarze Substanz + roten Kern: wichtig bei der Kontrolle der willkürlichen Bewegungen


2.5 Differenzierung des Rautenhirns
Rautenhirn differenziert sich in drei wichtige Strukturen:
    1. Kleinhirn (Cerebellum)
    2. Brücke (Pons)
    3. Medulla oblongata (Medulla)

Kleinhirn und Brücke:
- entwickeln sich aus der rostralen Hälfte des Rautenhirns (=Metencephalon)
Medulla:
- entwickelt sich aus der caudalen Hälfte (= Myelencephalon oder Nachhirn)
Liquorraum wird zum vierten Ventrikel
Vierter Ventrikel: bildet die Fortsetzung des cerebralen Aquädukts im Mittelhirn

- im Drei-Bläschen-Stadium erscheint das rostrale Rautenhirn im Querschnitt als einfaches Rohr
- Gewebe wächst entlang der dorsal-lateralen Wand des Rohres, an der dorsalen Seite und in der
Mitte bis diese mit ihrem jeweiligen Gegenstück an der anderen Seite fusionieren
- der so entstehende Lappen aus Hirngewebe wächst zum Kleinhirn aus
- ventrale Wand des Rohres differenziert sich und nimmt an Volumen zu
- Brücke entsteht

Differenzierung der caudalen Hälfte des Rautenhirns zur Medulla:
- ventralen und lateralen Wände nehmen an Volumen zu
- Abdeckung wird nur noch von einer dünnen Schicht aus nichtneuralen Ependymzellen gebildet
- entlang der ventralen Oberfläche an beiden Seiten der Medulla verläuft ein wichtiges System der
weißen Substanz
- medulläre Pyramiden: dreieckige Form der Axonbündel im Querschnitt

2.5.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Rautenhirn

Rautenhirn:
- wichtiger Transportweg für Infos, die vom Vorderhirn zum Rückenmark und umgekehrt laufen
Beteiligung der Neuronen des Rautenhirns:
- Weiterverarbeitung von sensorischen Infos
- Kontrolle der willkürlichen Bewegungen
- Kontrolle der vegetativen Regulierung
Kleinhirn (Cerebellum):
- wichtiges Kontrollzentrum für Bewegung
- empfängt umfangreiche Signale von Axonen aus dem Rückenmark und der Brücke
- Signale aus dem Rückenmark liefern Infos über die Lage des Körpers im Raum
- Signale aus der Brücke enthalten Infos aus der Großhirnrinde über die Ziele von geplanten
Bewegungen
- Kleinhirn vergleicht diese Infos und berechnet die Abfolge der Muskelkontraktion
- Beschädigung des Kleinhirns führt zu unkoordinierten und unpassenden Bewegungen

- 90% der absteigenden Axone die durch das Mittelhirn gehen, bilden in der Brücke Synapsen mit
Neuronen
- Brückenzellen schalten diese Infos zum Kleinhirn gegenüber um
- Brücke fungiert als umfassende „Schaltzentrale“
- Brücke verbindet Großhirnrinde mit dem Kleinhirn
- Brücke wölbt sich aus der ventralen Oberfläche des Hirnstammes auf
- Brücke ist zuständig für die Koordination dieser ganzen Schaltkreise

- Axone, die nicht in der Brücke enden, setzen sich an der caudalen Seite fort
- treten in die medullären Pyramiden ein
- meisten dieser Axone haben ihren Ursprung in der Großhirnrinde
- meisten dieser Axone gehören zum Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn)
- Nahe der Stelle, wo die Medulla auf das Rückenmark trifft:
Wechsel beider Pyramidenbahnen von einer Seite der Mittellinie auf die andere
- Decussatio: Überkreuzung von Axonen von einer Seite auf die andere
- Überkreuzung von Axonen in der Medulla erklärt, warum die Großhirnrinde an der einen Seite des
Gehirns die Bewegungen der entgegengesetzten Körperseite kontrolliert
- Axone der Hörnerven bilden Synapsen mit Zellen in den Cochleariskernen der Medulla
- Schädigung der Cochleariskerne führt zu Gehörlosigkeit

Weitere sensorische Funktionen der Medulla:
- Tastsinn
- Geschmackssinn

Medulla enthält Neuronen, die somatische sensorische Infos aus dem Rückenmark zum Thalamus
leiten Zerstörung dieser Neuronen führt zu Taubheitsgefühlen

Andere Neuronen leiten Geschmacksinfos von der Zunge zum Thalamus um

2.6 Differenzierung des Rückenmarks
- Gewebe in den Wänden dehnt sich aus
- durch die Ausdehnung verengt sich die Höhlung innerhalb des Rohres
   Bildung des schmalen und mit Liquor gefüllten Spinalkanal

- graue Substanz (Bereich, indem sich Neuronen befinden) hat im Querschnitt Schmetterlingsform
- oberer Teil des Schmetterlingsflügels: Hinterhorn
- unterer Teil des Schmetterlingsflügels: Vorderhorn
- graue Substanz zwischen Hinter- und Vorderhörnern: Intermediärzone

- der Rest besteht aus weißer Substanz
- weiße Substanz besteht aus Säulen aus Axonen, die im Rückenmark auf- und abwärts verlaufen
- Hinterstränge: Axonbündel, die an der dorsalen Oberfläche des Rückenmarks liegen
- Seitenstränge: Axonbündel, die jeweils seitlich der grauen Substanz verlaufen
- Vorderstränge: Bündel an der ventralen Oberfläche




2.6.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion im Rückenmark

Allgemeine Regel:

- Zellen des Hinterhorns erhalten sensorische Signale aus den Nervenfasern der Hinterwurzel
- Axone der Vorderhornzellen erstrecken sich in die Vorderwurzeln
- Muskeln innervieren
- Zellen der Intermediärzone sind Interneuronen
- Interneuronen senden motorische Signale aus als Reaktion auf ankommende sensorische Signale +
absteigende Anweisungen aus dem Gehirn

- Hirnstränge enthalten somatosensorische Axone
- somatosensorische Axone transportieren Signale des Rückenmarks aufwärts in das Gehirn
- aus postsynaptischen Neuronen in der Medulla gehen Axone hervor, die dann kreuzen + zum
Thalamus auf der entgegengesetzten Seite aufsteigen
    Durch diese Kreuzung lässt sich erklären, warum eine Berührung auf der linken Körperseite von
der rechten Seite des Gehirns wahrgenommen wird

- Seitenstränge enthalten z.B. Axone der absteigenden Pyramidenbahn
- diese Axone wechseln in der Medulla ebenfalls von einer Seite auf die andere
- diese Axone innervieren die Neuronen der Intermediärzoneund des Hinterhorns
- sie befördern Signale, die die willkürliche Bewegung kontrollieren

- in der gesamten weißen Substanz des Rückenmarks gibt es Nervenstränge
- die meisten wirken nur in einer Richtung
- leiten Infos zum Gehirn hin oder von dort weg
- Rückenmark ist Hauptleitung für Infos von der Haut, Gelenken, Muskeln in das Gehirn und
umgekehrt

- Neuronen der grauen Substanz des Rückenmarks:
Beginnen mit der Analyse der sensorischen Infos
Spielen Rolle bei Koordinierung von Bewegungen
Steuern Reflexe

2.7 Wie alles zusammenpasst
- paarig angeordneten Hirnhälften des Großhirns umgeben die Seitenventrikel
- Großhirnrinde liegt an der Dorsalseite der Seitenventrikel (an der Oberfläche des Gehirns)
- ventral und lateral der Seitenventrikel liegt das basale Großhirn
- Seitenventrikel sind mit dem dritten Ventrikel des Zwischenhirns verbunden
- Thalamus, Hypothalamus umgeben den dritten Ventrikel
- dritter Ventrikel ist Fortsetzung des cerebralen Aquädukts
- dorsal zum cerebralen Aquädukts liegt das Mittelhirndach
- ventral zum cerebralen Aquädukts liegt die Mittelhirnhaube
- Äquadukt ist die Verbindung zum vierten Ventrikel
- vierter Ventrikel liegt in der Kernregion des Rautenhirns
- dorsal zum vierten Ventrikel ist das Kleinhirn
- ventral zum vierten Ventrikel liegen die Brücke und die Medulla

  siehe Seite 214, 215




2.8 Besondere Merkmale des menschlichen ZNS

Ähnlichkeiten Rattenhirn-Menschenhirn:
- Dorsalansicht beider Gehirne zeigt paarig angeordnete Hälften des Großhirns (7.21a)
- Schnitt in der Mediansagittalebene zeigt bei beiden Gehirnen, wie sich das Großhirn vom
Zwischenhirn aus rostral erstreckt (7.21b)
- Zwischenhirn umgibt den dritten Ventrikel
- Mittelhirn umgibt den cerebralen Aquädukt
- Kleinhirn, Brücke, Medulla umgeben den vierten Ventrikel
- Auffällig: Volumen der Brücke nimmt vor dem Kleinhirn zu

Unterschiede:
- zahlreiche Windungen an der Oberfläche des menschlichen Großhirns (7.21a)
- Sulci= Furchen an der Oberfläche des Großhirns
- Gyri= Auswölbungen an der Oberfläche des Großhirns
- Cortex (Großhirnrinde)= dünne Schicht von Neuronen an der Oberfläche des Großhirns
- Sulci und Gyri: Ergebnis der enormen Oberflächenvergrößerung der Großhirnrinde während der
Entwicklung des Fetus
- Großhirnrinde: Ort für den charakteristischen Verstand und Wahrnehmung

- Seitenansicht der Gehirne zeigt Unterschiede beim Vorderhirn (7.21c)
- geringe Größe des Riechkolbens beim Menschen
- besonderes Ausmaß der Großhirnhälften beim Menschen
- Großhirnhälften des menschlichen Gehirns bilden posterior, ventrolateral, anterior große Bögen
   Form eines Widderhorns entsteht

- Temporallappen (Schläfenlappen): Spitze des Horns, liegt unter dem Schläfenbein (Tempus) des
Schädels
- Frontallappen (Stirnlappen): liegt direkt unter der Stirn
- zentrale Furche (Sulcus centralis): bildet posteriore Grenze des Stirnlappens
- Parietallappen (Scheitellappen): liegt caudal zur zentralen Furche unter dem Scheitelbein
- Okzipitallappen (Hinterhauptslappen): liegt caudal zum Parietallappen, an der Rückseite des
Großhirns unter dem Scheitellappen

   das menschliche Gehirn folgt trotz unproportionalen Wachstums seines Großhirns der
Grundstruktur des Säugerhirns (7.23)
- Ventrikel ermöglichen entsprechende Zuordnungen

3. EIN ATLAS DER GROßHIRNRINDE
Großhirnrinde zeigt bei allen Wirbeltieren mehrere übereinstimmende Merkmale (7.24):

1. Zellkörper der Neuronen der Großhirnrinde sind immer in Schichten angeordnet
- Schichten liegen parallel zur Gehirnoberfläche

2. Schicht der Neuronen, die der Oberfläche am nächsten liegt ist durch Molekularschicht von Pia
mater getrennt
- Molekularschicht: Bereich der keine Somata von Nervenzellen enthält

3. Es gibt mindestens eine Schicht mit Pyramidenzellen
- Dendriten der Pyramidenzellen erstrecken sich nach oben bis in die Schicht I

  charakteristische Cytoarchitektur
Unterscheidet sich dadurch von den Kernen des basalen Vorderhirns oder vom Thalamus

Abbildung 7.25:
Ein nach Nissl gefärbter Schnitt in der Frontalebene durch das caudale Großhirn der Ratte

Hippocampus:
- medial zum Seitenventrikel
- Bereich, in dem die Hirnrinde in besonderer Weise auf sich selbst zurückgefaltet ist
- trotz seiner Windungen nur eine einzige Zellschicht

Riechrinde:
- ventral und lateral mit dem Hippocampus verbunden
- besteht nur aus zwei Zellschichten
- Fortsetzung des Riechkolbens
- durch rhinale Fissur (Furche) von Neocortex getrennt

Neocortex:
- besteht aus vielen Zellschichten
- kommt NUR BEI SÄUGERN vor

3.1 Die Areale des Neocortex

Einteilung des Neocortex in verschiedene Zonen (Brodmann) siehe 7.26
Areale der Hirnrinde die unterschiedlich aussehen, haben auch unterschiedliche Funktionen

3.1.1 Die Evolution des Neocortex und Struktur-Funktions-Beziehungen
Der ursprüngliche Neocortex bestand aus drei Arten von Hirnrinde: (Krubitzer)
    1. Primäre sensorische Areale
        Erhalten von den afferenten sensorischen Bahnen als erstes die Signale
    2. Sekundäre sensorische Areale
        Sind mit den primären sensorischen Arealen stark verknüpft
    3. Motorische Areale
        Sind eng mit der Kontrolle der willkürlichen Bewegungen verknüpft

- diese cortikalen Regionen erhalten über motorische Kerne des Thalamus Infos aus den
Basalganglien und dem Kleinhirn
- senden Signale an Motoneuronen im Hirnstamm und Rückenmark

Primärer motorischer Kortex (M1):
- cortikale Area 4
- sendet Signale direkt an Motoneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks

Assoziationszonen des Cortex: Stirn- und Schläfenlappen

Mais conteúdo relacionado

Mais de Jan Stern (20)

Kapitel 8
Kapitel 8Kapitel 8
Kapitel 8
 
Kapitel 6
Kapitel 6Kapitel 6
Kapitel 6
 
Kapitel 5
Kapitel 5Kapitel 5
Kapitel 5
 
Kapitel 4
Kapitel 4Kapitel 4
Kapitel 4
 
Kapitel 3
Kapitel 3Kapitel 3
Kapitel 3
 
Kapitel 2
Kapitel 2Kapitel 2
Kapitel 2
 
Statistik
StatistikStatistik
Statistik
 
Vo8 2010-short
Vo8 2010-shortVo8 2010-short
Vo8 2010-short
 
Vo7 2010
Vo7 2010Vo7 2010
Vo7 2010
 
Vo6 2010neu
Vo6 2010neuVo6 2010neu
Vo6 2010neu
 
Vo5 2010-short
Vo5 2010-shortVo5 2010-short
Vo5 2010-short
 
Vo4 2010 neu
Vo4 2010 neuVo4 2010 neu
Vo4 2010 neu
 
Vo3 2010 neu
Vo3 2010 neuVo3 2010 neu
Vo3 2010 neu
 
Vo2 2010
Vo2 2010Vo2 2010
Vo2 2010
 
Vo1 2010
Vo1 2010Vo1 2010
Vo1 2010
 
Vo11 2010
Vo11 2010Vo11 2010
Vo11 2010
 
Vo10 2010
Vo10 2010Vo10 2010
Vo10 2010
 
Ch12
Ch12Ch12
Ch12
 
Ch11
Ch11Ch11
Ch11
 
Ch10
Ch10Ch10
Ch10
 

Kapitel 7

  • 1. Kapitel 7: Die Struktur des Nervensystems 1. ORGANISATION DES SÄUGETIERGEHIRNS Bestandteile des Nervensystems ALLER Säuger: - Zentralnervensystem (ZNS) - peripheres Nervensystem (PNS) 1.1 Anatomische Bezugspunkte 1.1.1 SEITLICHE Betrachtung Anterior oder rostral: Richtung, die zur Nase der Ratte zeigt Posterior oder caudal: Richtung, die zum Schwanz der Ratte zeigt Dorsal: Richtung nach oben Ventral: Richtung nach unten Rückenmark der Ratte verläuft von anterior nach posterior Oberseite des Rückenmarks: dorsal Untere Seite des Rückenmarks: ventral 1.1.2 Betrachtung von OBEN Bilaterale Symmetrie: Rechte Seite des Gehirns und des Rückenmark ist Spiegelbild der linken Seite Alle Strukturen des Nervensystems kommen paarweise vor, eins links, eins rechts (mit Ausnahmen) Mittellinie: Unsichtbare Linie, die entlang der Mitte des Nervensystems verläuft Medial: Strukturen nahe der Mittellinie Lateral: Strukturen in relativ großer Entfernung zur Mittellinie Nase liegt medial zu den Augen Augen liegen medial zu den Ohren usw. Ipsilateral: Zwei Strukturen, die sich auf der selben Seite befinden rechtes Ohr liegt ipsilateral zum rechten Auge Kontralateral: Zwei Strukturen, die sich auf den entgegengesetzten Seiten der Mittellinie befinden rechtes Ohr liegt kontralateral zum linken Ohr Sektion: Das Aufschneiden des Gehirns 1.1.3 Anatomische Schnittebenen Mediansagittalebene: Schnittebene, die das Gehirn in links und rechts teilt Sagittalebene: Schnitte parallel zur Mediansagittalebene Horizontalebene: Verläuft parallel zum Boden
  • 2. horizontaler Schnitt teilt das Gehirn in einen dorsalen und einen ventralen Teil Frontalebene: Verläuft senkrecht zum Boden frontaler Schnitt teilt das Gehirn in einen anterioren und einen posterioren Teil 1.2 Das Zentralnervensystem Bestandteile: Gehirn, Rückenmark - von Knochen umgeben 1.2.1 Bestandteile des Gehirns Das Großhirn (Cerebrum): - liegt am weitesten rostral - größter Teil des Gehirns - durch die Mitte in zwei erkennbare Hirnhälften geteilt durch tiefe Fissura longitudinalis cerebri getrennt - rechte Gehirnhälfte: empfängt Sinneswahrnehmungen der linken Körperhälfte Steuerung der Bewegungen der linken Körperhälfte - linke Gehirnhälfte: empfängt Sinneswahrnehmungen der rechten Körperhälfte Steuerung der Bewegung der rechten Körperhälfte Das Kleinhirn (Cerebellum): - liegt hinter dem Großhirn - kleiner als Großhirn, jedoch enthält es genauso viele Neuronen wie das Großhirn - Bewegungskontrollzentrum - besitzt umfangreiche Verbindungen mit dem Großhirn und dem Rückenmark -linke Seite: Bewegungen der linken Körperseite -rechte Seite: Bewegungen der rechten Körperseite Der Hirnstamm: - bildet einen Stiel, von dem die beiden Großhirnhälften und das Kleinhirn ausgehen - komplexes Gebilde aus Fasern und Zellen - dient teilweise dazu, Infos vom Großhirn ans Rückenmark+Kleinhirn , sowie in umgekehrter Richtung weiterzuleiten - Regulierung der Vitalfunktionen, wie Atmung, Bewusstsein und Körpertemperatur - gilt als primitivster Teil des Gehirns der Säuger - jedoch überlebenswichtig Schädigung des Hirnstammes führt schneller zum Tod als Schädigung des Klein- und Großhirns 1.2.2 Das Rückenmark - verbunden mit dem Hirnstamm - umgeben von knöcherner Wirbelsäule - größte Bahn für Infos von der Haut, Gelenken, Muskeln zum Gehirn und umgekehrt
  • 3. - Durchtrennung führt zu: Betäubung der Haut Lähmung der Muskeln, die caudal zur Schnittstelle liegen (bedeutet nicht, dass die Muskeln nicht mehr funktionieren könnten, aber sie werden nicht mehr vom Gehirn kontrolliert) Spinalnerven: - gehören zum PNS - über Spinalnerven kommuniziert das Rückenmark mit dem Körper - treten durch Öffnungen zwischen den einzelnen Wirbeln aus dem Rückenmark heraus -Hinterwurzel und Vorderwurzel: Zwei Äste, über die jeder Spinalnerv mit dem Rückenmark verbunden ist -Francois Magendie: -Hinterwurzel enthält Axone, die Infos in das Rückenmark hineintragen - z.B. Eindringen einer Reißzwecke in den Fuß -Charles Bell: - Vorderwurzel enthält Axone, die Infos aus dem Rückenmark heraustragen - z.B. an die Muskeln als Reaktion auf den Schmerz durch die Reißzwecke Fuß wird zurückgezogen 1.3 Das periphere Nervensystem (PNS) Umfasst alle Bereiche des Nervensystems außer Gehirn + Rückenmark 1.3.1 Das somatische PNS Alle peripheren Nerven, die die Haut, die Gelenke + die willentlich kontrollierten Muskeln innervieren Somatische motorische Axone gehen aus Motoneuronen im ventralen Rückenmark hervor Steuerung der Muskelkontraktion Zellkörper der Motoneuronen liegen innerhalb des ZNS, die Axone im PNS Somatische sensorische Axone treten über die Hinterwurzel ins Rückenmark ein innervieren Haut, Muskeln, Gelenke und sammeln dort Infos Zellkörper der sensorischen Neuronen liegen außerhalb des Rückenmarks in Spinalganglien (= Gruppen) zu jedem Spinalnerv gibt es ein Spinalganglion 1.3.2 Das viszerale PNS (vegetatives Nervensystem) Umfasst Neuronen, die die inneren Organe, Blutgefäße und Drüsen innervieren Viszerale sensorische Axone transportieren Infos über die viszeralen sensorischen Axone in das ZNS (z.B. Blutdruck, Blutsauerstoffgehalt in den Arterien) Viszerale motorische Axone steuern die Kontraktion und Entspannung der Muskeln, die die Wände der Därme und Blutgefäße bilden (sog. Glatte Muskulatur) steuern die Kontraktionsrate des Herzmuskels steuern die sektretorische Funktion verschiedener Drüsen
  • 4. z.B. Kontrolle des Blutdrucks durch Regulierung der Herzfrequenz + Durchmesser der Blutgefäße z.B. Rotwerden, Herzklopfen Afferente Axone: Transportieren Infos zu einem bestimmten Ort Efferente Axone: Holen Infos von einem bestimmten Ort viszeroafferent: somatische oder viszerale sensorische Axone, die die Infos zum ZNS bringen viszeroefferent: somatische oder viszerale sensorische Axone, die aus dem ZNS herausgehen und zu den Muskeln und Drüsen führen 1.4 Die Hirnnerven - es gibt 12 Paare Hirnnerven - gehen vom Hirnstamm aus und innervieren (größtenteils) den Kopf - Jeder Hirnnerv hat eine Bezeichnung und Nummer - kommen im ZNS, somatischen PNS und viszeralen PNS vor - enthalten eine komplexe Kombination von Axonen, die verschiedene Funktionen erfüllen 1.5 Die Hirnhäute (Meningen) Drei Membranen (Meningen): Dura mater, Arachnoidea mater, Pia mater 1.5.1 Harte Hirnhaut oder Dura mater Äußerste Schicht Lederartige Konsistenz Feste, unelastische Tasche, die das Gehirn + Rückenmark umgibt 1.5.2 Spinnenhaut oder Arachnoidea mater encephali Direkt unter der Dura mater Aussehen + Dichte ähnelt einem Spinnennetz Normalerweise kein freier Raum zwischen Dura mater und Arachnoidea - subdurales Hämatom: - entsteht, wenn Blutgefäße verletzt werden, die durch die Dura mater hindurchgehen - Ansammlung von Blut Zufluss von Flüssigkeit in den subduralen Bereich kann Gehirnfunktionen stören Teile des ZNS werden zusammengedrückt! Behandlung: Loch in Schädel bohren + Blut ableiten 1.5.3 Weiche Hirnhaut oder Pia mater Dünne Membran Liegt eng an der Oberfläche des Gehirns - subarachnoidaler Zwischenraum: - Mit Flüssigkeit gefüllter Zwischenraum, der die Pia mater von der Arachnoidea trennt - Flüssigkeit: Liquor cerebrospinalis (Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) salzhaltig, farblos Gehirn schwimmt im Kopf in dieser dünnen Schicht aus Liquor 1.6 Das Ventrikelsystem = mit Flüssigkeit gefüllte Höhlungen und Kanäle - gleiche Flüssigkeit wie im Subarachnoidalraum - Liquor wird im Adergeflecht produziert: Besonderes Gewebe in den Ventrikeln der beiden Großhirnhälften
  • 5. - Liquor fließt von dem Ventrikelpaar im Großhirn zu einer Reihe von miteinander verbundenen, unpaarigen Höhlungen im Kernbereich des Hirnstammes - verlässt das Ventrikelsystem - durch kleine Öffnungen (Aperturen) an der Stelle, wo sich Kleinhirn und Hirnstamm berühren, gelangt er in den Subarachnoidalraum dort wird Liquor an Arachnoidalzotten absorbiert - bei Störungen z.B. Wasserkopf (Schwellung der Ventrikel durch Stau von Flüssigkeit) 1.7 Bildgebung am lebenden Gehirn 1.7.1 Computertomographie (CT) (Hounsfields, Cormack) - Ziel: Erzeugung eines Bildes eines Gehirnschnitts - in der gewünschten Ebene des Querschnitts kreist eine Röntgenquelle um den Kopf - an der anderen Kopfseite: für Röntgenstrahlen empfindliche Sensoren - Ergebnis: Wiedergabe der Position und der Menge des strahlenundurchlässigen Materials in der Schnittebene 1.7.2 Magnetresonanztomographie (MRT) oder Kernspintomographie - Vorteile: Gewonnene Bilder enthalten viel mehr Einzelheiten Keine Röntgenstrahlen erforderlich Man kann von jeder gewünschten Ebene des Gehirns Bilder erstellen - Nutzung von Reaktionen von Wasserstoffatomen im Gehirn auf Veränderungen eines starken magnetischen Feldes - Aufnahme der emittierenden elektromagnetischen Signale durch Sensoren um den Kopf - Auswertung im Computer - Herstellung von Schnittbildern des Gehirns 1.7.3 Funktionelle Bildgebung Verfahren zur Darstellung der funktionellen Gehirnaktivität: Positronenemissionstomographie (PET) + funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) - Feststellung der Veränderungen des regionalen Blutflusses und Metabolismus im Gehirn: Aktive Neuronen benötigen mehr Glucose und Sauerstoff als inaktive Blutgefäße reagieren auf neuronale Aktivitäten, indem mehr Blut in die aktiven Hirnregionen geleitet wird Bestimmung der Hirnregionen, die unter verschiedenen Bedingungen am aktivsten sind 2. DAS GEHIRN AUS SICHT SEINER ENTWICKLUNG Ansammlungen von Neuronen Ansammlungen von Axonen siehe Seite 201!! 2.1 Die Bildung des Neuralrohrs Embryo ist anfangs eine flache Scheibe mit drei getrennten Zellschichten: Entoderm, Mesoderm, Ektoderm Entoderm: Daraus geht die innere Auskleidung vieler innerer Organe hervor („Eingeweide“, Viscera) Mesoderm: Daraus entwickeln sich die Skelettknochen und die Muskeln Ektoderm: Daraus entwickelt sich das Nervensystem und die Haut Neurulation: Entwicklung von der Neuralplatte zum Neuralrohr: (der Teil des Ektoderms, aus dem
  • 6. sich das Nervensystem entwickelt) (etwa 22 Tage nach Befruchtung) - Neuralrinne: Entwicklung einer Furche in der Neuralplatte verläuft in der Richtung von rostral nach caudal - Neuralwülste: Wände der Furche - Neuralrohr: entsteht, nachdem die Neuralwülste aufeinander zugewachsen und mit der Dorsalseite miteinander verschmolzen sind Das gesamte Nervensystem entwickelt sich aus den Wänden des Neuralrohres! - Neuralleiste: entsteht, wenn sich die Neuralwülste vereinigen. Dabei schnürt sich ein Teil des neuralen Ektoderms ab und kommt genau seitlich (lateral) des Neuralrohres zu liegen Alle Neuronen, deren Zellkörper im peripheren Nervensystem liegen, stammen von der Neuralleiste ab - Neuralleiste entwickelt sich in engem Zusammenhang mit dem darunter liegenden Mesoderm - Somiten: vom Mesoderm gebildete auffällige Ausbuchtungen an jeder Seite des Neuralrohres Aus den Somiten gehen die 34 einzelnen Wirbel der Wirbelsäule und die damit zusammenhängende Skelettmuskulatur hervor - somatische motorische Nerven: Nerven, die die Skelettmuskeln innervieren 2.2 Die drei primären Hirnbläschen Differenzierung: Vorgang, durch den Strukturen komplexer werden und sich funktionell spezialisieren Erster Schritt der Differenzierung des Gehirns: - Entwicklung von drei Ausbuchtungen am rostralen Ende des Neuralrohres - primäre Bläschen= die drei Ausbuchtungen Das gesamte Gehirn geht aus diesen drei primären Bläschen des Neuralrohres hervor 1. Prosencephalon: das am weitesten rostral liegende Bläschen Vorderhirn 2. Mesencephalon: weiteres Bläschen, das hinter dem Prosencephalon liegt Mittelhirn 3. Rhombencephalon: drittes primäres Bläschen Rautenhirn Bildet Verbindung zum caudalen Neuralrohr, aus dem das Rückenmark hervorgeht 2.3 Differenzierung des Vorderhirns - sekundäre Bläschen wachsen an beiden Seiten des Prosencephalons heraus - sekundäre Bläschen= Augenbläschen, Großhirnbläschen - Zwischenhirn (Diencephalon): unpaarige Struktur, die nach der Ausbildung der sekundären Bläschen übrigbleibt - Vorderhirn umfasst also in diesem Zustand die beiden Augenbläschen, die beiden Großhirnbläschen und das Zwischenhirn - Augenbläschen wachsen und falten sich nach innen - Augenblasenstiele und Augenbecher entstehen - aus den Augenbechern entstehen im ausgewachsenen Gehirn die Sehnerven (Retinae) Differenzierung des Großhirns und des Zwischenhirns: Großhirnbläschen bilden zusammen das Großhirn (Telencephalon, Endhirn) Das Großhirn entwickelt sich auf vier Weisen weiter: 1. Großhirnbläschen wachsen an der posterioren Seite, sodass sie oberhalb und seitlich des Zwischenhirns zu liegen kommen 2. An den ventralen Oberflächen der beiden Großhirnhälften bildet sich ein weiteres Bläschenpaar, aus dem dann die Riechkolben (Bulbi olfactorii) hervorgehen 3. Die Zellen der Großhirnwände teilen sich und differenzieren zu verschiedenen Strukturen 4. Die Systeme der weißen Substanz entwickeln sich und führen Axone von und zu den
  • 7. Neuronen im Großhirn Seitenventrikel= mit Flüssigkeit gefüllte Zwischenräume in den Großhirnhälften wichtiges Kennzeichen des ausgewachsenen Gehirns! Drittes Ventrikel= Zwischenraum in der Mitte des Zwischenhirns; im Querschnitt: lang gestreckt, schlitzförmig - Wände der Großhirnbläschen sind aufgrund der Proliferation der Neuronen angeschwollen Diese Neuronen bilden im Großhirn zwei verschiedene Arten von grauer Substanz: 1. Großhirnrinde 2. Basalganglien Differenzierung des Zwischenhirns: 1. Thalamus: tief im Innern des Vorderhirns 2. Hypothalamus Die Neuronen des sich entwickelnden Vorderhirns schicken Axone aus, um mit anderen Teilen des Nervensystems zu kommunizieren Diese Axone sind zu drei Hauptsystemen der weißen Substanz gebündelt: 1. Cortikale weiße Substanz Enthält alle Axone, die von den Neuronen in der Großhirnrinde ausgehen oder dorthin führen 2. Balken (Corpus callosum) Fortsetzung der cortikalen weißen Substanz Bildet eine Brücke aus Axonen, die die cortikalen Neuronen der beiden Großhirnhälften miteinander verbindet 3. Innere Kapsel (Capsula interna) Verbindet den Cortex mit dem Hirnstamm, vor allem mit dem Thalamus Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Vorderhirn: Vorderhirn: - Ort der Sinneswahrnehmung - des Bewusstseins - der geistigen Wahrnehmung - der willentlichen Aktivität Das alles basiert auf den umfangreichen wechselseitigen Verbindungen mit den sensorischen und motorischen Neuronen des Hirnstammes und des Rückenmarks Wichtigste Struktur: Großhirnrinde - Gehirnstruktur, die sich im Verlauf der menschlichen Evolution am stärksten ausgedehnt hat cortikale Neuronen: - empfangen sensorische Infos - bilden die Sinneswahrnehmungen der umgebenden Welt ab - steuern willkürliche Bewegungen Neuronen in den Riechkolben nehmen Gerüche wahr: - übermitteln diese Infos zur weiteren Analyse an einen Bereich, der caudal zur Großhirnrinde liegt Infos von den Augen, Ohren, Haut werden ebenfalls zur Analyse in die Großhirnrinde geleitet: - jeder sensorische Übertragungsweg für Sehen, Hören, Fühlen läuft auf dem Weg in die Großhirnrinde über den Thalamus (bilden Synapsen im Thalamus) Thalamus= Eingangstor zur Großhirnrinde
  • 8. Axone der Neuronen des Thalamus erstrecken sich über die Capsula interna zur Großhirnrinde: - Allgemein gilt: Axone von jeder Capsula interna bringen die Infos über die entgegengesetzte Körperseite zur Großhirnrinde - d.h. Reißzwecke im rechten Fuß Reiz wird über Axone in der linken Capsula interna und den linken Thalamus zur linken Großhirnrinde weitergeleitet - möglich durch den wichtigen Kommunikationsweg zwischen den beiden Gehirnhälften: Axone des Balkens Axone von Hirnrindenneuronen verlaufen auch durch die Capsula interna zurück zum Hirnstamm Pyramidenbahn: - Axone der Hirnrinde, die die gesamte Strecke bis zum Rückenmark durchlaufen - Befehligung der willkürlichen Bewegungen durch die Großhirnrinde Kommunikation mit Neuronen in den Basalganglien (Ansammlung von Zellen im basalen Großhirn): - „basal“= Strukturen, die sich tief im Gehirn befinden - Basalganglien: liegen tief im Großhirn - Schädigung führt zur Beeinträchtigung der Fähigkeit, willkürliche Bewegungen auszuführen Hypothalamus: - liegt genau unter dem Thalamus - funktionell eher mit Strukturen des Großhirns verwandt wie mit dem Corpus amygdaloideum (Amygdala) - Ansiedlung vieler primitiver Funktionen - Kontrolle des vegetativen Nervensystems - z.B. Koordination der Kampf-oder-Flucht-Reaktion - Steuerung der Körperreaktionen über Verbindungen mit der Hypophyse (befindet sich unterhalb des Zwischenhirns) Kommunikation mit vielen Teilen des Körpers durch Freisetzung von Hormonen im Blut 2.4 Differenzierung des Mittelhirns Differenziert sich relativ wenig Mittelhirndach (Tectum mesencephali): entwickelt sich aus der dorsalen Oberfläche des Mittelhirnbläschens Mittelhirnhaube (Tegmentum mesencephali): „Boden“ des Mittelhirns Hirnschenkel (Crura cerebri): sind ventral aufgelagert cerebraler Aquädukt: schmaler Kanal, wozu sich der mit Liquor gefüllte Bereich dazwischen verengt Verbunden mit dem dritten Ventrikel des Zwischenhirns - Geringe Größe - Im Querschnitt ringförmig - Gutes Erkennungsmerkmal für das Mittelhirn 2.4.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Mittelhirn Mittelhirn: - Weiterleitung von Infos vom Rückenmark zum Vorderhirn und umgekehrt - enthält Neuronen, die der Sensorik, Bewegungskontrolle etc. dienen - enthält Axone, die von der Großhirnrinde zum Hirnstamm und zum Rückenmark führen Verlauf der Pyramidenbahn auf dem Weg zum Rückenmark durch das Mittelhirn Schädigung dieser Nervenbahn auf einer Seite im Mittelhirn: Verlust der Kontrolle über willkürliche Bewegungen der gegenüberliegenden Körperseite
  • 9. Mittelhirndach: bestehend aus Colliculus superior und Colliculus inferior Colliculus superior: - enthält Infos direkt aus dem Auge - Kontrolle der Augenbewegungen durch synaptische Verbindungen mit den motorischen Neuronen aus den Augenmuskeln Colliculus inferior: - empfängt sensorische Infos vom Ohr - wichtige Schaltstelle für die Infos des Gehörs auf dem Weg zum Thalamus Mittelhirnhaube: - eine der farbigsten Regionen des Gehirns - enthält schwarze Substanz + roten Kern: wichtig bei der Kontrolle der willkürlichen Bewegungen 2.5 Differenzierung des Rautenhirns Rautenhirn differenziert sich in drei wichtige Strukturen: 1. Kleinhirn (Cerebellum) 2. Brücke (Pons) 3. Medulla oblongata (Medulla) Kleinhirn und Brücke: - entwickeln sich aus der rostralen Hälfte des Rautenhirns (=Metencephalon) Medulla: - entwickelt sich aus der caudalen Hälfte (= Myelencephalon oder Nachhirn) Liquorraum wird zum vierten Ventrikel Vierter Ventrikel: bildet die Fortsetzung des cerebralen Aquädukts im Mittelhirn - im Drei-Bläschen-Stadium erscheint das rostrale Rautenhirn im Querschnitt als einfaches Rohr - Gewebe wächst entlang der dorsal-lateralen Wand des Rohres, an der dorsalen Seite und in der Mitte bis diese mit ihrem jeweiligen Gegenstück an der anderen Seite fusionieren - der so entstehende Lappen aus Hirngewebe wächst zum Kleinhirn aus - ventrale Wand des Rohres differenziert sich und nimmt an Volumen zu - Brücke entsteht Differenzierung der caudalen Hälfte des Rautenhirns zur Medulla: - ventralen und lateralen Wände nehmen an Volumen zu - Abdeckung wird nur noch von einer dünnen Schicht aus nichtneuralen Ependymzellen gebildet - entlang der ventralen Oberfläche an beiden Seiten der Medulla verläuft ein wichtiges System der weißen Substanz - medulläre Pyramiden: dreieckige Form der Axonbündel im Querschnitt 2.5.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion beim Rautenhirn Rautenhirn: - wichtiger Transportweg für Infos, die vom Vorderhirn zum Rückenmark und umgekehrt laufen Beteiligung der Neuronen des Rautenhirns: - Weiterverarbeitung von sensorischen Infos - Kontrolle der willkürlichen Bewegungen - Kontrolle der vegetativen Regulierung
  • 10. Kleinhirn (Cerebellum): - wichtiges Kontrollzentrum für Bewegung - empfängt umfangreiche Signale von Axonen aus dem Rückenmark und der Brücke - Signale aus dem Rückenmark liefern Infos über die Lage des Körpers im Raum - Signale aus der Brücke enthalten Infos aus der Großhirnrinde über die Ziele von geplanten Bewegungen - Kleinhirn vergleicht diese Infos und berechnet die Abfolge der Muskelkontraktion - Beschädigung des Kleinhirns führt zu unkoordinierten und unpassenden Bewegungen - 90% der absteigenden Axone die durch das Mittelhirn gehen, bilden in der Brücke Synapsen mit Neuronen - Brückenzellen schalten diese Infos zum Kleinhirn gegenüber um - Brücke fungiert als umfassende „Schaltzentrale“ - Brücke verbindet Großhirnrinde mit dem Kleinhirn - Brücke wölbt sich aus der ventralen Oberfläche des Hirnstammes auf - Brücke ist zuständig für die Koordination dieser ganzen Schaltkreise - Axone, die nicht in der Brücke enden, setzen sich an der caudalen Seite fort - treten in die medullären Pyramiden ein - meisten dieser Axone haben ihren Ursprung in der Großhirnrinde - meisten dieser Axone gehören zum Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn) - Nahe der Stelle, wo die Medulla auf das Rückenmark trifft: Wechsel beider Pyramidenbahnen von einer Seite der Mittellinie auf die andere - Decussatio: Überkreuzung von Axonen von einer Seite auf die andere - Überkreuzung von Axonen in der Medulla erklärt, warum die Großhirnrinde an der einen Seite des Gehirns die Bewegungen der entgegengesetzten Körperseite kontrolliert - Axone der Hörnerven bilden Synapsen mit Zellen in den Cochleariskernen der Medulla - Schädigung der Cochleariskerne führt zu Gehörlosigkeit Weitere sensorische Funktionen der Medulla: - Tastsinn - Geschmackssinn Medulla enthält Neuronen, die somatische sensorische Infos aus dem Rückenmark zum Thalamus leiten Zerstörung dieser Neuronen führt zu Taubheitsgefühlen Andere Neuronen leiten Geschmacksinfos von der Zunge zum Thalamus um 2.6 Differenzierung des Rückenmarks - Gewebe in den Wänden dehnt sich aus - durch die Ausdehnung verengt sich die Höhlung innerhalb des Rohres Bildung des schmalen und mit Liquor gefüllten Spinalkanal - graue Substanz (Bereich, indem sich Neuronen befinden) hat im Querschnitt Schmetterlingsform - oberer Teil des Schmetterlingsflügels: Hinterhorn - unterer Teil des Schmetterlingsflügels: Vorderhorn - graue Substanz zwischen Hinter- und Vorderhörnern: Intermediärzone - der Rest besteht aus weißer Substanz - weiße Substanz besteht aus Säulen aus Axonen, die im Rückenmark auf- und abwärts verlaufen - Hinterstränge: Axonbündel, die an der dorsalen Oberfläche des Rückenmarks liegen
  • 11. - Seitenstränge: Axonbündel, die jeweils seitlich der grauen Substanz verlaufen - Vorderstränge: Bündel an der ventralen Oberfläche 2.6.1 Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion im Rückenmark Allgemeine Regel: - Zellen des Hinterhorns erhalten sensorische Signale aus den Nervenfasern der Hinterwurzel - Axone der Vorderhornzellen erstrecken sich in die Vorderwurzeln - Muskeln innervieren - Zellen der Intermediärzone sind Interneuronen - Interneuronen senden motorische Signale aus als Reaktion auf ankommende sensorische Signale + absteigende Anweisungen aus dem Gehirn - Hirnstränge enthalten somatosensorische Axone - somatosensorische Axone transportieren Signale des Rückenmarks aufwärts in das Gehirn - aus postsynaptischen Neuronen in der Medulla gehen Axone hervor, die dann kreuzen + zum Thalamus auf der entgegengesetzten Seite aufsteigen Durch diese Kreuzung lässt sich erklären, warum eine Berührung auf der linken Körperseite von der rechten Seite des Gehirns wahrgenommen wird - Seitenstränge enthalten z.B. Axone der absteigenden Pyramidenbahn - diese Axone wechseln in der Medulla ebenfalls von einer Seite auf die andere - diese Axone innervieren die Neuronen der Intermediärzoneund des Hinterhorns - sie befördern Signale, die die willkürliche Bewegung kontrollieren - in der gesamten weißen Substanz des Rückenmarks gibt es Nervenstränge - die meisten wirken nur in einer Richtung - leiten Infos zum Gehirn hin oder von dort weg - Rückenmark ist Hauptleitung für Infos von der Haut, Gelenken, Muskeln in das Gehirn und umgekehrt - Neuronen der grauen Substanz des Rückenmarks: Beginnen mit der Analyse der sensorischen Infos Spielen Rolle bei Koordinierung von Bewegungen Steuern Reflexe 2.7 Wie alles zusammenpasst - paarig angeordneten Hirnhälften des Großhirns umgeben die Seitenventrikel - Großhirnrinde liegt an der Dorsalseite der Seitenventrikel (an der Oberfläche des Gehirns) - ventral und lateral der Seitenventrikel liegt das basale Großhirn - Seitenventrikel sind mit dem dritten Ventrikel des Zwischenhirns verbunden - Thalamus, Hypothalamus umgeben den dritten Ventrikel - dritter Ventrikel ist Fortsetzung des cerebralen Aquädukts - dorsal zum cerebralen Aquädukts liegt das Mittelhirndach - ventral zum cerebralen Aquädukts liegt die Mittelhirnhaube - Äquadukt ist die Verbindung zum vierten Ventrikel - vierter Ventrikel liegt in der Kernregion des Rautenhirns - dorsal zum vierten Ventrikel ist das Kleinhirn
  • 12. - ventral zum vierten Ventrikel liegen die Brücke und die Medulla siehe Seite 214, 215 2.8 Besondere Merkmale des menschlichen ZNS Ähnlichkeiten Rattenhirn-Menschenhirn: - Dorsalansicht beider Gehirne zeigt paarig angeordnete Hälften des Großhirns (7.21a) - Schnitt in der Mediansagittalebene zeigt bei beiden Gehirnen, wie sich das Großhirn vom Zwischenhirn aus rostral erstreckt (7.21b) - Zwischenhirn umgibt den dritten Ventrikel - Mittelhirn umgibt den cerebralen Aquädukt - Kleinhirn, Brücke, Medulla umgeben den vierten Ventrikel - Auffällig: Volumen der Brücke nimmt vor dem Kleinhirn zu Unterschiede: - zahlreiche Windungen an der Oberfläche des menschlichen Großhirns (7.21a) - Sulci= Furchen an der Oberfläche des Großhirns - Gyri= Auswölbungen an der Oberfläche des Großhirns - Cortex (Großhirnrinde)= dünne Schicht von Neuronen an der Oberfläche des Großhirns - Sulci und Gyri: Ergebnis der enormen Oberflächenvergrößerung der Großhirnrinde während der Entwicklung des Fetus - Großhirnrinde: Ort für den charakteristischen Verstand und Wahrnehmung - Seitenansicht der Gehirne zeigt Unterschiede beim Vorderhirn (7.21c) - geringe Größe des Riechkolbens beim Menschen - besonderes Ausmaß der Großhirnhälften beim Menschen - Großhirnhälften des menschlichen Gehirns bilden posterior, ventrolateral, anterior große Bögen Form eines Widderhorns entsteht - Temporallappen (Schläfenlappen): Spitze des Horns, liegt unter dem Schläfenbein (Tempus) des Schädels - Frontallappen (Stirnlappen): liegt direkt unter der Stirn - zentrale Furche (Sulcus centralis): bildet posteriore Grenze des Stirnlappens - Parietallappen (Scheitellappen): liegt caudal zur zentralen Furche unter dem Scheitelbein - Okzipitallappen (Hinterhauptslappen): liegt caudal zum Parietallappen, an der Rückseite des Großhirns unter dem Scheitellappen das menschliche Gehirn folgt trotz unproportionalen Wachstums seines Großhirns der Grundstruktur des Säugerhirns (7.23) - Ventrikel ermöglichen entsprechende Zuordnungen 3. EIN ATLAS DER GROßHIRNRINDE Großhirnrinde zeigt bei allen Wirbeltieren mehrere übereinstimmende Merkmale (7.24): 1. Zellkörper der Neuronen der Großhirnrinde sind immer in Schichten angeordnet - Schichten liegen parallel zur Gehirnoberfläche 2. Schicht der Neuronen, die der Oberfläche am nächsten liegt ist durch Molekularschicht von Pia
  • 13. mater getrennt - Molekularschicht: Bereich der keine Somata von Nervenzellen enthält 3. Es gibt mindestens eine Schicht mit Pyramidenzellen - Dendriten der Pyramidenzellen erstrecken sich nach oben bis in die Schicht I charakteristische Cytoarchitektur Unterscheidet sich dadurch von den Kernen des basalen Vorderhirns oder vom Thalamus Abbildung 7.25: Ein nach Nissl gefärbter Schnitt in der Frontalebene durch das caudale Großhirn der Ratte Hippocampus: - medial zum Seitenventrikel - Bereich, in dem die Hirnrinde in besonderer Weise auf sich selbst zurückgefaltet ist - trotz seiner Windungen nur eine einzige Zellschicht Riechrinde: - ventral und lateral mit dem Hippocampus verbunden - besteht nur aus zwei Zellschichten - Fortsetzung des Riechkolbens - durch rhinale Fissur (Furche) von Neocortex getrennt Neocortex: - besteht aus vielen Zellschichten - kommt NUR BEI SÄUGERN vor 3.1 Die Areale des Neocortex Einteilung des Neocortex in verschiedene Zonen (Brodmann) siehe 7.26 Areale der Hirnrinde die unterschiedlich aussehen, haben auch unterschiedliche Funktionen 3.1.1 Die Evolution des Neocortex und Struktur-Funktions-Beziehungen Der ursprüngliche Neocortex bestand aus drei Arten von Hirnrinde: (Krubitzer) 1. Primäre sensorische Areale Erhalten von den afferenten sensorischen Bahnen als erstes die Signale 2. Sekundäre sensorische Areale Sind mit den primären sensorischen Arealen stark verknüpft 3. Motorische Areale Sind eng mit der Kontrolle der willkürlichen Bewegungen verknüpft - diese cortikalen Regionen erhalten über motorische Kerne des Thalamus Infos aus den Basalganglien und dem Kleinhirn - senden Signale an Motoneuronen im Hirnstamm und Rückenmark Primärer motorischer Kortex (M1): - cortikale Area 4 - sendet Signale direkt an Motoneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks Assoziationszonen des Cortex: Stirn- und Schläfenlappen