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Auch mit reinen Onlinekursen kann man heute
einen MBA-Abschluss machen – und im Netz
kann manviel Geld sparen. Das könnte etablierte
teurere Anbieter unter Zugzwang setzen.
In der Masse
zur Klasse?
A
m Endewurde sie für An-
kit Khandelwal die aufre-
gendste Prüfungsnacht
seines Lebens. Nicht,weil
er erst auf die letzte Mi-
nute fertigwar, nein,viel-
mehr war die Logistik das Problem:
Stundenlang irrte er im Oktober 2013
durch die Straßen seiner Heimatstadt in
Indien, auf der Suche nach einem Mo-
bilfunksignal, das stark genug war für
eine verlässliche Internetverbindung.
Erst um sechs Uhr in der Früh gelang
das, gerade noch rechtzeitig konnte er
seine Unterlagen verschicken – und
schaffte so den Abschluss in seinem On-
linekurs zur Stadtentwicklung, angebo-
ten von der renommierten amerikani-
schen University of Pennsylvania.
Über 50 Kurse von mehr als 30 Uni-
versitätenweltweit absolvierte der junge
Inder in etwas mehr als zwei Jahren. Da-
bei griff er auf sogenannte MassiveOpen
OnlineCourses (MOOC) zurück,Online-
vorlesungen in virtuellen Klassenräu-
men, die häufig durch das Einsenden
von Arbeiten oder Onlinetests abge-
schlossen werden. Khandelwal bastelte
sich sein Curriculum unter der Über-
schrift „Zero Cost MBA“ zusammen. Da-
für setzte er auf die Angebotevon inter-
national renommierten Hochschulen.
„Ich habe nicht viel mehr investiert als
meine Zeit und einige schlaflose Nächte,
um Aufgaben pünktlich einzureichen“,
sagt Khandelwal – denn die Abgabefrist
orientierte sich bei den amerikanischen
Unis an deren Zeitzone.
Immer wieder experimentieren so-
wohl Studenten als auch Universitäten
damit, das prestigeträchtige MBA-Studi-
um auf MOOCs aufzubauen. Dabei ist
das eigentlich ein Widerspruch: Wäh-
rend MOOCs eng mit einer Demokrati-
sierung der Bildungverbundenwerden,
stehen MBA-Programme meist für eine
eher elitäre Ausbildung. Die reine Teil-
nahme an den MOOCs ist meist kosten-
los, Zertifikate gibt es häufig für etwa 50
Euro. Ein MBA hingegen kostet an eini-
gen der besten Business-Schools mehr
als 100000 Euro.
SchonseiteinigerZeitbietendieseMaster-
programmean,diekomplettoderfastnur
online stattfinden.Berufstätigekönnen so
ihreKurseabendsverfolgen,Aufgabenbe-
arbeitenoder sich in Foren austauschen.
DieführendenAnbieterlautinternationa-
len Ranglistenverlangenfürden MBA-Ab-
schluss aber immer noch häufig Gebüh-
ren im mittleren fünfstelligen Bereich
oder höher.
E
inen Schrittweiter ist imvergan-
genen Jahr die University of Illi-
nois gegangen. Sie bietet einen
MBA an, der sich nur aus
MOOC-Kursen, angeboten auf der Platt-
form Coursera, zusammensetzt. Wer
sich für das etwa 18000 Euro teure Ge-
samtpaket entscheidet, kann den regu-
lären MBA-Abschluss der Uni erhalten,
ohne einmal in den USA gewesen zu
sein. „Wirwollten es schaffen, die Exklu-
sivität des MBA etwas weniger exklusiv
zu machen“, sagt Raj Echambadi, der
als Dekan die MBA-Programme des Col-
lege of Business der Universität verant-
wortet. Für den ersten Jahrgang, der En-
de 2015 begonnen hat, gab es laut Uni
mehr als 500 Bewerbungen, zugelassen
wurden knapp 120 Studenten.Viele ha-
ben etliche Jahre Berufserfahrung.
Aus Sicht der Universität hat das Kon-
zept mehrereVorteile: Zum einen posi-
tioniere man sich alsVorreiter in der di-
gitalen Bildung, zum anderen erweitere
man den Kreis der potenziellen Studen-
ten – auch wenn in der ersten Kohorte
noch etwa 80 Prozent der Teilnehmer
aus den USA kommen. „Das Ziel ist,
wirklich ein globales Programm zuwer-
den“, sagt Echambadi.
Mit dieser Perspektive sieht die US-
Uni daher auch keine Gefahr für ihre
MBA-Programme auf dem Campus. Die
Bewerberzahlen für die Studienangebo-
te, die dieUniversität an den Standorten
Champaign und Chicago anbietet, seien
im vergangenen Jahr sogar gestiegen,
berichtet Echambadi.
Eine Herausforderung bleibt der
Aufbau des Netzwerks, der für viele
MBA-Studenten ein wichtiges Argu-
ment für das teure Studium ist. Mit Fo-
ren und einem eigens geschaffenenVi-
deoformat soll dieVernetzung gewähr-
leistet werden, verspricht Echambadi –
auch die virtuellen Absolventen sollen
sich als ganz realer Teil der Alumni ver-
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In Illinois läuft gerade die Bewer-
bungsphase für den zweiten Jahrgang,
der im August beginnen soll. Zukünftig
soll der „iMBA“ garviermal im Jahr star-
ten. Unklar ist,was passiert,wenn auch
andere renommierte Universitäten ei-
nen kompletten MBA über eine Lern-
plattform anbieten. Werden die Preise
dann weitersinken, oder entwertet das
irgendwann den MBA-Abschluss? Die
Plattform Coursera, auf der aktuell
mehr als 1 800 Kurse von knapp 140
Hochschulen und Bildungsanbietern
verfügbar sind, äußert sich zu der Frage
auch auf wiederholte Anfrage nicht.
Eine Möglichkeit für die Zukunft: Die
Plattformen gewinnen an Bedeutung,die
Hochschulenverlieren sie. Das Ergebnis
wärendeutlich individuellere Lehrpläne,
sowie ihn sich Ankit Khandelwal zusam-
mengestellt hat. Als Ingenieur hat er sich
gezielt Managementfähigkeiten angeeig-
net. Die Zukunft könnte also so aussehen:
Die beste Controlling-Vorlesung gibt es
voneiner amerikanischenUni, Marketing
belegt man bei einem britischen Profes-
sor, und das Thema Lieferketten bringt
ein Dozent imvirtuellen Klassenzimmer
einer deutschen Hochschule bei. „In ei-
nerUni belegt man auch nicht alle Kurse
bei einem Professor“, begründet das
Martin Schmucker, Sprecher der deut-
schen MOOC-Plattform Iversity.
A
ls ersten vorsichtigen Schritt in
diese Richtung hat die Iversity
vorwenigenWochen das „Busi-
ness Communication“-Pro-
gramm aufgelegt. In vier Modulen plus
Abschlussprojekt, insgesamtetwa 90Un-
terrichtsstunden, lernen die Studenten,
sichund ihre Projekte imGeschäftsalltag
zupräsentieren. Füretwa 1500 Euro gibt
es dasWeiterbildungspaket. Die Einnah-
menteilt sichdie Plattform meist zur Hälf-
te mitden Anbieternder Kurse. Darunter
sinddezidierteWeiterbildungseinrichtun-
gen, aber auch die private Wirtschafts-
hochschuleWHU–Otto Beisheim School
Studenten
beim Online-
lernen: Den
MBA-Stoff
gibt es im
Netz auch
umsonst, den
Titel nicht.
CulturaExclusive/GettyImages
18000
Euro kostet der iMBA
von Coursera und der University
of Illinois. Klassische MBAs kosten
in den USA meist ein Vielfaches.
Quelle: Coursera
18 SPEZIAL WOCHENENDE 26./27./28. FEBRUAR 2016, NR. 40
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Beruflicher
Aufstieg inklusive
Manuel Heckel
Köln
W
eiterbildung mit Geld-zurück-
Garantie: Das verspricht die
Online-Lernplattform Udacity
seit einem Monat den Studenten eines
neuen Programms.Wer sich füreinsder
sogenannten „Nanodegree Plus“-Modu-
le entscheidet, zahlt pro Monat umge-
rechnetetwas mehr als 270 Euro fürden
Kurs, der in der Regelüber etwa ein hal-
bes Jahr einige Stunden Einsatz proWo-
che fordert. Studenten aus denUSAver-
sprichtdie Plattformdafür aber,dass ih-
nen in sechs Monaten nach Abschluss
des Zertifikats ein Job angeboten wird –
andernfalls gibtesdie Studiengebühren
zurück. Um das zu ermöglichen, sollen
dieTeilnehmerderWeiterbildungskurse
von Beginn an eng von einem eigenen
Karrierecenter begleitet werden.
Das scheinbar großzügige Angebot
umfasst allerdings ausschließlich Kurse
für heute schon sehr begehrte Speziali-
sierungen: Geschultwerden Entwickler
und Programmierer für Android und
iOS-Anwendungen, für lernende Com-
puter und komplexe Internetseiten. Mit
dieser Fokussierung dürfte es der Platt-
form Udacity, die eng mit dem Internet-
riesen Google verbandelt ist, leichtfal-
len, Jobs für die Absolventen aufzutun.
Die Liste der bisherigen Arbeitgeber
liest sich bereits wie ein Who‘s who der
US-Tech-Szene: Man habe Absolventen
bei FirmenwieGoogle, Accenture, Ama-
zon, Salesforce, AT&T oderVerizon un-
tergebracht, schreibt Sebastian Thrun,
der deutsche Gründer von Udacity und
ehemaligeVizepräsidentvon Google, in
einem Blog-Beitrag.
Mit dem Jobversprechen untermauert
die Plattform einewichtige Funktionvon
Online-Weiterbildungsangeboten: Zahl-
reiche Menschen melden sich genau
deshalb bei ihnen an, um etwas für die
eigene Karriere zu tun. Bei einer Umfra-
ge aus dem vergangenen Herbst unter
52000 Kursteilnehmern der Plattform
Coursera stellte sich heraus, dass die
große Mehrheit schon mindestens einen
Bachelorabschluss hatte. Warum sie
dennoch die Kurse belegen? 52 Prozent
der Teilnehmer gaben an, ihre Position
im Unternehmen verbessern zu wollen
– oder einen neuen Job finden zu wol-
len. Das gelang: Nahezu neunvon zehn
der Befragten in dieser Studie sagten,
dass sich nach dem Abschluss der Onli-
nelehrgänge etwas zum Positivenverän-
dert hätte.
Eine Herausforderung bleibt aber für
die Anbieter der Onlinekurse: die Stu-
denten überhaupt zum Durchhalten
motivieren. Laut der Studie beendeten
gerade einmal vier Prozent aller Ange-
meldeten den Kurs mit einem Zertifikat.
Für die normalen Nanodegree-Kurse
von Udacity, in die aktuell etwa 11000
Teilnehmer eingeschrieben sind, hat das
Unternehmen darauf reagiert: Die Kurse
kosten umgerechnet etwa 180 Euro pro
Monat –wer sie erfolgreich beendet, er-
hält die Hälfte der Gebühren zurück.
Onlinekurse sollen die Jobchancenverbessern.
Eine Plattform garantiert das jetzt.
of Management. „Einige Hochschulen
werden alsQualitätsmarkenwahrgenom-
men–das zieht natürlich“, so Schmucker.
Man arbeite auch mit Praktikern ausUn-
ternehmen zusammen. Iversity setzt auf
kombinierte Programmevonverschiede-
nen Anbietern. Welche Zertifikate oder
gar Abschlüssewie Bachelor und Master
in Zukunft am Ende solcher Formate ste-
hen, ist ungewiss. „Wir trauen uns zu,
auch komplette Abschlüsse anzubieten“,
sagt Martin Schmucker.
Einen MBA-Abschluss von einer Uni-
versität hat Selbststudent Khandelwal
indes nicht. Dennoch sieht er sein Stu-
dium, das er schon 2014 auf einer
Unesco-Konferenz vorstellen konnte,
als eine relevante Ergänzung für den
globalen Bildungsmarkt an. „Ich woll-
te schuldenfrei bleiben und dazu die
Fähigkeiten erwerben, in Zukunft glo-
bal als Manager arbeiten zu können“,
sagt Khandelwal. „Beides habe ich ge-
schafft.“ Manuel Heckel
Eine konkrete Verbesserung 33 %
Umfrage: Was hat Ihnen der Kurs gebracht?
Antworten in Prozent der Befragten
Davon haben:
einen neuen Job gefunden
ein eigenes Unternehmen gegründet
eine Gehaltserhöhung erhalten
eine Beförderung erhalten
26
9
3
3
%
%
%
%
Quelle: Coursera Survey Data
Mehrfachnennungen möglich, Befragt: Ca. 27 000 Teil-
nehmer von Massive Open Online Courses bei Coursera
Handelsblatt
Online lernen
WEITERBILDUNG / MBA 19WOCHENENDE 26./27./28. FEBRUAR 2016, NR. 40
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  • 1. Dieses Dokument ist lizenziert für mos@test3.de, uB46398v. Alle Rechte vorbehalten. © Handelsblatt print. Download vom 26.02.2016 11:34 von archiv.handelsblatt.com. Auch mit reinen Onlinekursen kann man heute einen MBA-Abschluss machen – und im Netz kann manviel Geld sparen. Das könnte etablierte teurere Anbieter unter Zugzwang setzen. In der Masse zur Klasse? A m Endewurde sie für An- kit Khandelwal die aufre- gendste Prüfungsnacht seines Lebens. Nicht,weil er erst auf die letzte Mi- nute fertigwar, nein,viel- mehr war die Logistik das Problem: Stundenlang irrte er im Oktober 2013 durch die Straßen seiner Heimatstadt in Indien, auf der Suche nach einem Mo- bilfunksignal, das stark genug war für eine verlässliche Internetverbindung. Erst um sechs Uhr in der Früh gelang das, gerade noch rechtzeitig konnte er seine Unterlagen verschicken – und schaffte so den Abschluss in seinem On- linekurs zur Stadtentwicklung, angebo- ten von der renommierten amerikani- schen University of Pennsylvania. Über 50 Kurse von mehr als 30 Uni- versitätenweltweit absolvierte der junge Inder in etwas mehr als zwei Jahren. Da- bei griff er auf sogenannte MassiveOpen OnlineCourses (MOOC) zurück,Online- vorlesungen in virtuellen Klassenräu- men, die häufig durch das Einsenden von Arbeiten oder Onlinetests abge- schlossen werden. Khandelwal bastelte sich sein Curriculum unter der Über- schrift „Zero Cost MBA“ zusammen. Da- für setzte er auf die Angebotevon inter- national renommierten Hochschulen. „Ich habe nicht viel mehr investiert als meine Zeit und einige schlaflose Nächte, um Aufgaben pünktlich einzureichen“, sagt Khandelwal – denn die Abgabefrist orientierte sich bei den amerikanischen Unis an deren Zeitzone. 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Sie bietet einen MBA an, der sich nur aus MOOC-Kursen, angeboten auf der Platt- form Coursera, zusammensetzt. Wer sich für das etwa 18000 Euro teure Ge- samtpaket entscheidet, kann den regu- lären MBA-Abschluss der Uni erhalten, ohne einmal in den USA gewesen zu sein. „Wirwollten es schaffen, die Exklu- sivität des MBA etwas weniger exklusiv zu machen“, sagt Raj Echambadi, der als Dekan die MBA-Programme des Col- lege of Business der Universität verant- wortet. Für den ersten Jahrgang, der En- de 2015 begonnen hat, gab es laut Uni mehr als 500 Bewerbungen, zugelassen wurden knapp 120 Studenten.Viele ha- ben etliche Jahre Berufserfahrung. Aus Sicht der Universität hat das Kon- zept mehrereVorteile: Zum einen posi- tioniere man sich alsVorreiter in der di- gitalen Bildung, zum anderen erweitere man den Kreis der potenziellen Studen- ten – auch wenn in der ersten Kohorte noch etwa 80 Prozent der Teilnehmer aus den USA kommen. „Das Ziel ist, wirklich ein globales Programm zuwer- den“, sagt Echambadi. Mit dieser Perspektive sieht die US- Uni daher auch keine Gefahr für ihre MBA-Programme auf dem Campus. Die Bewerberzahlen für die Studienangebo- te, die dieUniversität an den Standorten Champaign und Chicago anbietet, seien im vergangenen Jahr sogar gestiegen, berichtet Echambadi. Eine Herausforderung bleibt der Aufbau des Netzwerks, der für viele MBA-Studenten ein wichtiges Argu- ment für das teure Studium ist. Mit Fo- ren und einem eigens geschaffenenVi- deoformat soll dieVernetzung gewähr- leistet werden, verspricht Echambadi – auch die virtuellen Absolventen sollen sich als ganz realer Teil der Alumni ver- stehen. 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  • 2. Dieses Dokument ist lizenziert für mos@test3.de, uB46398v. Alle Rechte vorbehalten. © Handelsblatt print. Download vom 26.02.2016 11:34 von archiv.handelsblatt.com. Beruflicher Aufstieg inklusive Manuel Heckel Köln W eiterbildung mit Geld-zurück- Garantie: Das verspricht die Online-Lernplattform Udacity seit einem Monat den Studenten eines neuen Programms.Wer sich füreinsder sogenannten „Nanodegree Plus“-Modu- le entscheidet, zahlt pro Monat umge- rechnetetwas mehr als 270 Euro fürden Kurs, der in der Regelüber etwa ein hal- bes Jahr einige Stunden Einsatz proWo- che fordert. Studenten aus denUSAver- sprichtdie Plattformdafür aber,dass ih- nen in sechs Monaten nach Abschluss des Zertifikats ein Job angeboten wird – andernfalls gibtesdie Studiengebühren zurück. Um das zu ermöglichen, sollen dieTeilnehmerderWeiterbildungskurse von Beginn an eng von einem eigenen Karrierecenter begleitet werden. Das scheinbar großzügige Angebot umfasst allerdings ausschließlich Kurse für heute schon sehr begehrte Speziali- sierungen: Geschultwerden Entwickler und Programmierer für Android und iOS-Anwendungen, für lernende Com- puter und komplexe Internetseiten. Mit dieser Fokussierung dürfte es der Platt- form Udacity, die eng mit dem Internet- riesen Google verbandelt ist, leichtfal- len, Jobs für die Absolventen aufzutun. Die Liste der bisherigen Arbeitgeber liest sich bereits wie ein Who‘s who der US-Tech-Szene: Man habe Absolventen bei FirmenwieGoogle, Accenture, Ama- zon, Salesforce, AT&T oderVerizon un- tergebracht, schreibt Sebastian Thrun, der deutsche Gründer von Udacity und ehemaligeVizepräsidentvon Google, in einem Blog-Beitrag. Mit dem Jobversprechen untermauert die Plattform einewichtige Funktionvon Online-Weiterbildungsangeboten: Zahl- reiche Menschen melden sich genau deshalb bei ihnen an, um etwas für die eigene Karriere zu tun. Bei einer Umfra- ge aus dem vergangenen Herbst unter 52000 Kursteilnehmern der Plattform Coursera stellte sich heraus, dass die große Mehrheit schon mindestens einen Bachelorabschluss hatte. Warum sie dennoch die Kurse belegen? 52 Prozent der Teilnehmer gaben an, ihre Position im Unternehmen verbessern zu wollen – oder einen neuen Job finden zu wol- len. Das gelang: Nahezu neunvon zehn der Befragten in dieser Studie sagten, dass sich nach dem Abschluss der Onli- nelehrgänge etwas zum Positivenverän- dert hätte. Eine Herausforderung bleibt aber für die Anbieter der Onlinekurse: die Stu- denten überhaupt zum Durchhalten motivieren. Laut der Studie beendeten gerade einmal vier Prozent aller Ange- meldeten den Kurs mit einem Zertifikat. Für die normalen Nanodegree-Kurse von Udacity, in die aktuell etwa 11000 Teilnehmer eingeschrieben sind, hat das Unternehmen darauf reagiert: Die Kurse kosten umgerechnet etwa 180 Euro pro Monat –wer sie erfolgreich beendet, er- hält die Hälfte der Gebühren zurück. Onlinekurse sollen die Jobchancenverbessern. Eine Plattform garantiert das jetzt. of Management. „Einige Hochschulen werden alsQualitätsmarkenwahrgenom- men–das zieht natürlich“, so Schmucker. Man arbeite auch mit Praktikern ausUn- ternehmen zusammen. Iversity setzt auf kombinierte Programmevonverschiede- nen Anbietern. Welche Zertifikate oder gar Abschlüssewie Bachelor und Master in Zukunft am Ende solcher Formate ste- hen, ist ungewiss. „Wir trauen uns zu, auch komplette Abschlüsse anzubieten“, sagt Martin Schmucker. Einen MBA-Abschluss von einer Uni- versität hat Selbststudent Khandelwal indes nicht. Dennoch sieht er sein Stu- dium, das er schon 2014 auf einer Unesco-Konferenz vorstellen konnte, als eine relevante Ergänzung für den globalen Bildungsmarkt an. „Ich woll- te schuldenfrei bleiben und dazu die Fähigkeiten erwerben, in Zukunft glo- bal als Manager arbeiten zu können“, sagt Khandelwal. „Beides habe ich ge- schafft.“ Manuel Heckel Eine konkrete Verbesserung 33 % Umfrage: Was hat Ihnen der Kurs gebracht? Antworten in Prozent der Befragten Davon haben: einen neuen Job gefunden ein eigenes Unternehmen gegründet eine Gehaltserhöhung erhalten eine Beförderung erhalten 26 9 3 3 % % % % Quelle: Coursera Survey Data Mehrfachnennungen möglich, Befragt: Ca. 27 000 Teil- nehmer von Massive Open Online Courses bei Coursera Handelsblatt Online lernen WEITERBILDUNG / MBA 19WOCHENENDE 26./27./28. FEBRUAR 2016, NR. 40 ANZEIGE © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.