Respekt für dich!

Praxischeck:
Erste Erfahrungen mit dem Interventionsprojekt zur
Aufarbeitung sexualisierter Peergewalt durch Jugendliche in
Institutionen
Ursula Enders/Ilka Villier
Illustrationen von Dorothee Wolters
Köln, 20.11.2018

Zartbitter e.V.
• seit 30 Jahren Fälle sexueller Peergewalt durch
Jugendliche in Institutionen
• im Jahr in der Regel mehr als 100 Fälle sexualisierter
Gewalt durch Jugendliche (incl. im privaten Umfeld)
Fakten

zum Beispiel
Formen
©Zartbitter e.V.: Enders/Wolters 2018

• biografischer Hintergrund einzelner Jugendlicher
• nicht aufgearbeitete zurückliegende (sexualisierte)
Gewalthandlungen innerhalb der Gruppe
• sexuell grenzverletzende Gruppennormen
Ursachen

Sexuell grenzverletzende Gruppennormen

• fehlendes Korrektiv alltäglicher sexueller Grenzverletzungen
 grenzverletzende Gruppennormen verfestigen sich
 solange Verletzung persönlicher Grenzen nicht benannt
wird, wird Verletzung negiert
„Das ist doch nicht schlimm … doch nur ein Spaß … doch normal..“
„Stell dich nicht so an!“
• oftmals Hauptakteure mit Machtstellung innerhalb der Gruppe
Ursachen für stark sexualisierte Gruppendynamik

Ursachen für stark sexualisierte Gruppendynamik
• unzureichende Beziehungsangebote von pädagogischen
Fachkräften an Jugendliche
• fehlende Verantwortungsübernahme von pädagogischen
Fachkräften und Einrichtungsleitung für den Schutz von
Mädchen und Jungen

Verfestigung von Dominanz- und Gewaltstrukturen
Dynamik

Eskalation der sexuellen GewaltEskalation der sexuellen Gewalt

Häufiger Fehler:
Präventionsangebote
statt Intervention!

Weitere Verfestigung der
Dominanz- und Gewaltstrukturen

Die Täter stehen im Fokus
Opfer und Zeuginnen/Zeugen
werden vergessenTäter stehen im Fokus
Opfer und Zeug*innen werden vergessen

Opfer und Freundin/Zeugin
verlassen die Schule
Opfer und Zeug*innen verlassen die Einrichtung

Erwachsene sind für den Schutz von
Mädchen und Jungen verantwortlich.

Hilfen für
Opfer und Zeuginnen/ZeugenNotwendige Hilfen für Opfer und Zeug*innen

Unterstützung bei
Auseinandersetzungen
mit Schule und Schulaufsicht
Hilfen für Eltern des OpfersHilfen für die Eltern des Opfers

Hilfen für sexuell
übergriffige JugendlicheHilfen für sexuell übergriffige Jugendliche

Eltern des TätersHilfen für die Eltern des übergriffigen Jugendlichen

Hilfen für die Eltern der KlasseHilfen für die Eltern der Zeug*innen

geschlechtsspezifische Einzelberatung und
Gruppenangebote durch externe Berater/innen
Hilfen für die KlasseHilfen für die anderen Jugendlichen der Einrichtung

Schulleitung und Lehrer/innenHilfen für pädagogische Fachkräfte und Leitung

Intervention vor Prävention!!!

Notwendigkeit einer nachhaltigen Aufarbeitung

Interventionsangebot in Fällen …
• Gruppen-/Klassenatmosphäre wird durch sexuell
grenzverletzende Umgangsweisen geprägt
• wiederholte sexuelle Übergriffe durch einzelne
Gruppenmitglieder
• einzelne jugendliche Täter/Täterinnen wurden aufgrund massiver
sexueller Übergriffe von der Einrichtung ausgeschlossen
Respekt für dich!
©Zartbitter e.V.: Enders/Villier 2018

Grenzen von „Respekt für dich!“:
aktuell (bekannte) Fälle massiver sexualisierter Gewalt, ohne dass
der Opferschutz innerhalb der Gruppe gesichert ist
Respekt für dich!
©Zartbitter e.V.: Enders 2018

Anfragen kommen über …
• pädagogische Fachkräfte
• Beratungsfälle (Jugendliche, Eltern)
• Präventionsworkshops
Respekt für dich!

erste Interventionsschritte/-angebote
• Vorgespräche mit Leitung und pädagogischen Fachkräften
• Abklärung der bekannten Fakten
• Verantwortlichkeiten
• Regelwerke der Institution
• Kooperationsabsprachen
• wenn möglich:
Informationsveranstaltung/Fortbildung für pädagogische
Fachkräfte
Respekt für dich!

erste Interventionsschritte/-angebote
• Information der Eltern
• Elterngespräche
• Fachberatung/Supervision der päd. Fachkräfte
• ggfs. Kooperation mit Jugendamt
Respekt für dich!

Baustein:
alltägliche Situationen bewerten
Workshops für Mädchen – Workshops für Jungen
©Zartbitter e.V.: Enders/Villier/Wolters 2018

Baustein:
grenzverletzende Umgangsweisen in der eigenen Gruppe erkennen

Hilfe holen ist mutig!
• In welchen Situationen würdest du dir Hilfe
holen?

Sprechstunden für jugendliche
Mädchen und Jungen

Fachberatung/Supervision der pädagogischen
Fachkräfte

Gewaltdynamiken der Gruppe
erkennen und benennen

Baustein:
Gewaltdynamiken erkennen und reflektieren

• Illustrationen (Sprech- und Denkblasen,
Szenen, Texte)
• Cartoons
• NEIN!s auch einfach ausmalen

Entwicklung Rechtepass:
Alle Mädchen und Jungen haben Rechte!

Broschüren:
Alle Mädchen/alle Jungen haben Rechte
Welche Rechte müssen geachtet werden, damit
ihr euch in der Gruppe/Klasse sicher und wohl
fühlen könnt?

Evaluierung der Achtung der Rechte

Baustein:
partizipative Erstellung von Materialien

Projekte
• Theater
• Musik
• Tanz
• Clips
• Illustrationen …

notwendige Interventionsschritte/-angebote
• (mehrere) getrennte Mädchen- und Jungenworkshops mit
jeweils zwei Leiterinnen bzw. Leiter
• Mädchen-und Jungensprechstunden
• Vermittlung ambulanter Hilfe- und Beratungsangebote für
betroffene Jugendliche
• Vermittlung von Behandlungsangeboten für jugendliche
Täter/Täterinnen
• bei massiven Gewaltstrukturen:
langfristige Projekte für Teilgruppen
Respekt für dich!

Notwendige Interventionsschritte/-angebote
• Fachberatung für pädagogische Fachkräfte
• Supervision für pädagogische Fachkräfte
Respekt für dich!

Ziele der niedrigschwelligen Intervention
• ressourcenorientierte Aufarbeitung der sexualisierten
Gewalterfahrungen in der Gruppe
• Vermittlung von Hilfen für einzelne betroffene Jugendliche
und Zeug*innen
• Vermittlung von Hilfen für sexuell grenzverletzende/
übergriffige Jugendliche
• Erarbeitung und Implementierung grenzachtender
Gruppennormen
• Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte
• Förderung der (Weiter-)Entwicklung eines institutionellen
Schutzkonzeptes unter Partizipation von Jugendlichen und
Eltern
Respekt für dich!

• Erfolgreich in Fällen…
• noch nicht verfestigter sexualisierter Gruppennormen
• klares Engagement der Einrichtungsleitung und der
pädagogischen Fachkräfte
• massiv sexuell übergriffige Jugendliche wurden der
Einrichtung verwiesen
• In mehreren Fällen war den Einrichtungen vor „Respekt für
dich!“ nur ein Bruchteil der Gewalthandlungen bekannt.
Erfahrungen mit Respekt für dich!

• „Respekt für dich!“ ermutigt jugendliche Mädchen und
Jungen
• sich gegenüber sexualisierter Gewalt abzugrenzen
• Gewalterfahrungen innerhalb der Gruppe offenzulegen.
• Zartbitter-Mitarbeiter*innen sind in Einzelfällen „sprachlos“
über das Ausmaß sexualisierter Peergewalt – auch durch
Mädchen.
• In einigen Fällen ist das Kindeswohl in den Einrichtungen
gefährdet.

notwendig:
• Kooperation der Einrichtung, spezialisierter
Fachberatungsstellen und weiterer Fachdienste (z. B.:
Schulsozialarbeit)
• Kooperation zwischen Einrichtung und Jugendamt

notwendig:
• gruppen- und traumatherapeutische Qualifikationen im
Interventionsteam, Zusatzqualifikation zur Behandlung
jugendlicher Täter*innen
• Supervisionsqualifikation
• umfassende personelle Ressource

Materialien und Arbeitshilfen:

Wir danken für Eure Aufmerksamkeit!

Respekt für dich!

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