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1 von 19
Einheitliche Anwendung des
Gemeinsamen Zolltarifs beim Zugang
zum Europäischen Binnenmarkt?
Anwendungsprobleme der zolltariflichen und
statistischen Nomenklatur und deren wirtschaftliche
und fiskalische Auswirkungen
Disputation der Dissertation von Carsten Weerth
Einreihung einer Ware in den Zolltarif
• Für jeden Import einer Ware in die EG ist diese Ware in
den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) der EG einzureihen.
• Bei jeder Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr
soll in der EG-27 in jedem Mitgliedstaat die Einreihung
einheitlich durchgeführt werden.
• Die Regeln für die Einreihung sind komplex: es gibt
sechs Allgemeine Vorschriften und neun Typen von
Anmerkungen – das Zolltarifschema besteht aus 96
Kapiteln, 1.221 Positionen und 534 Anmerkungen.
• Im GZT werden etwa 9.700 KN-Unterpositionen und
30.000 Zollsätze unterschieden.
Abgabenerhebung: Zoll
• Die Bemessung des Zollsatzes ist von
verschiedenen Faktoren abhängig:
• der Abgabensatz (t, tariff) berechnet mit Hilfe der drei
Variablen Zollwert (v, value), Zollsatz (d, duty), Menge
(q, quantity):
• t = v * d * q (1)
• Der Zollsatz d wird bestimmt durch die zolltarifliche
Einreihung in den Zolltarif (c, customs classification) und
ist abhängig vom Ursprungsland (o, origin) und vom
Zeitpunkt der Zollanmeldung (ti, time).
• d = co, ti (2)
• Die Änderung der Zollbelastung bei der Einfuhr ist daher
abhängig von den Variablen v, q und d (co, ti).
Modell der Zollarbitrage (I)
Schema der Handlungsalternativen von Einführern mit abweichender
Zolltarifauffassung
E = Einführer, Z = Zollverwaltung
→ → → → → →
↑ ↓
E Z mit abweichender Zolltarifauffassung
↓
↓ ← ← ← ← ←
↓
E mit Handlungsalternativen
1 - 5 (L),
6 - 7 (L/I), oder
8 - 10 (I)
Modell der Zollarbitrage (II)
Aufzählung der möglichen Aktionen (Handlungsalternativen) des Einführers beim
Marktzugang zum Europäischen Binnenmarkt mit dem rechtlichen Status in
Deutschland: Legal (L), Illegal (I)
1. Anfechtung der Tariffauffassung (zeitlich begrenzt) L
2. Einfuhr ohne Angabe der abweichend festgesetzten VZTA L
3. Einfuhr über anderen Mitgliedstaat mit anderer Tarifauffassung –
Warenstromverlagerung (so gen. „tariff shopping“) L
4. Erstellung einer verbindlichen Zolltarifauskunft von einem anderen
Mitgliedstaat mit einer anderen Tarifauffassung (so gen. „BTI-shopping“) L
5. Entwicklung einer neuen Ware zur Umgehung von tariflichen Maßnahmen L
6. Senkung des Zollwertes L/I
7. Änderung des Ursprungslandes L/I
8. Änderung der Warenbeschreibung I
9. Änderung der Warenmenge I
10. Verstecken der Waren und Vorschriftswidriges Verbringen I
Die Senkung des Zollwertes kann sowohl mit legalen als auch mit illegalen Mitteln
erreicht werden. Auch das Ursprungsland kann legal und illegal beeinflusst werden:
falsche Angaben sind illegal, Importe einer gleichartigen Ware aus einem anderen
Ursprungsland mit günstigerer Zollbelastung sind selbstverständlich legal; eine
eindeutige Klassifizierung dieser beiden Punkte (6./7.) in legal/illegal ist nicht möglich.
Alle 10 Handlungsalternativen wurden im Rahmen der Arbeit nachgewiesen.
Strukturelle Schwächen der EG-27 (I)
• Der EG-Binnenmarkt ist ein Raum ohne
Grenzen, in dem der Waren-, Dienstleistungs-,
Kapital- und Personenverkehr uneingeschränkt
möglich ist (Artikel 14 Abs. 2 EGV).
• Eine Zollunion ist ein einheitliches Zollgebiet
mit einer einheitlichen Gesetzgebung und einem
Gemeinsamen Zolltarif (GZT) der einheitlich
angewendet wird.
• Bei uneinheitlicher Anwendung des GZT besteht
die Gefahr der Warenstromverlagerungen, d.h.
der Einfuhr über Mitgliedstaaten, deren
Auffassung abweicht.
Strukturelle Schwächen der EG-27 (II)
• Die Europäische Gemeinschaft wurde 1958 von sechs
westeuropäischen Staaten gegründet (EWG-6).
• In sechs Erweiterungen ist die EG angewachsen auf 27
Mitgliedstaaten (EG-27).
• 27 nationale Zollverwaltungen führen das EG-Zollrecht
(EG-Verordnungen, d.h. unmittelbare Anwendbarkeit)
indirekt durch – eine Einheitlichkeit der
Rechtsanwendung durch die Zollbeamten ist auf Grund
der unterschiedlichen Ausbildung, unterschiedlicher
Rechtstraditionen, unterschiedlicher Bezahlungen und
großer kultureller Unterschiede sowie angesichts von 23
Amtssprachen der EG-27 nur sehr schwer
herbeizuführen.
Strukturelle Schwächen der EG-27 (III)
• Die uneinheitliche Anwendung des EG-
Zollrechts wurde vom Europäischen
Rechnungshof mehrfach nachgewiesen.
• Gründe für die uneinheitliche Anwendung sind
u.a. nicht-harmonisierte Vorschriften des
Zollkodex, die von den Mitgliedstaaten
(uneinheitlich) ausgefüllt werden, 27 nationale
Rechtswege, nicht-harmonisierte Straf- und
Bußgeldvorschriften sowie ein Vorabent-
scheidungsverfahren vor dem Europäischen
Gerichtshof – das Ergebnis bindet nur das
vorlegende Gericht (und den Mitgliedstaat).
Auswirkungen der uneinheitlichen
Anwendung des GZT
• Die uneinheitliche Anwendung des GZT hat
Auswirkungen auf die Einnahmen der
Mitgliedstaaten (Umsatzsteuer), der EG (Zölle
sind traditionelle Eigenmittel), die Kosten für die
Einfuhr (beim Einführer), unterschiedliche
Rechtsfolgen (z.B. VuB, Außenwirtschaftsrecht,
Verbrauchsteuertarif), und verschiedene
Wirtschaftsstatistiken (v.a. in der Kombinierten
Nomenklatur, der SITC, der GP und der EGW)
Anwendungsprobleme des GZT
Zehn GZT-Anwendungsprobleme wurden dargestellt:
• Sprachliche Anwendungsprobleme
• Begriffliche Anwendungsprobleme
• Sozio-kulturelle Anwendungsprobleme
• Betriebliche Anwendungsprobleme
• Anwendungsprobleme auf Grund anderer Rechtsnormen
und der subjektiven Auslegung
• Wirtschaftliche Anwendungsprobleme
• Weltwirtschaftliche Anwendungsprobleme
• Tarifanomalien und Betrug
• Technischer Fortschritt
• Kombinierte Maschinen
Einzelne Anwendungsprobleme (I)
Als Beispiele für Anwendungsprobleme des
GZT drei Fälle:
a) Halloween-Artikel: Handelt es sich um
Festartikel der Pos. 9505?
b) Gesalzenes Geflügelfleisch: Pos. 0207
oder 0210?
c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705?
Einzelne Anwendungsprobleme (II)
a) Halloween-Artikel: Festartikel der Pos. 9505?
Die deutsche Zollverwaltung hat per Erlass die
Einreihung als Festartikel für Deutschland
verbindlich festgelegt: Zollsatz 2,7 %.
Dieser Erlass ist in anderen Mitgliedstaaten
nicht bekannt – dort ist die Einreihung als
Festartikel unwahrscheinlich (daher Einreihung
nach stofflicher Beschaffenheit), z.B.
Ziergegenstand aus Kunststoff, Zollsatz 6,5 %.
Einzelne Anwendungsprobleme (III)
b) Geflügelfleisch: Pos. 0207 oder 0210?
Gesalzenes Geflügelfleisch wird vorwiegend
aus Brasilien und Thailand in die EG
eingeführt. Seit 1996 wird gesalzenes
Geflügelfleisch in immer größeren Mengen
eingeführt (Zollsatz 15,4 %). Die EG hat mit
einer Änderung der Zusätzlichen Anmerkung 7
zu Kapitel 2 die Bedingungen für die
Einreihung in Pos. 0210 geändert – die
Einreihung in Pos. 0207 wurde erforderlich
(102,3 € / 100 KG). Brasilien und Thailand
haben Beschwerde vor der WTO eingelegt.
Einzelne Anwendungsprobleme (IV)
b) Geflügelfleisch: Pos. 0207 oder 0210? (fortg.)
In zwei Dispute-Settlement-Verfahren hat das
WTO-Panel entschieden, dass die Änderung
der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kap. 02 des
GZT Artikel II GATT widerspricht und die EG
aufgefordert die Änderung zurückzunehmen.
Dieses ist geschehen. Mit der VO (EG) Nr.
580/2007 wurde im Verhandlungswege eine
Kompensatzionslösung erreicht: Erhöhung der
Zollsätze für die Pos. 0210 auf 130 € / 100 KG
bei gleichzeitiger Eröffnung von
Kontingentsmengen zum Zollsatz von 15,4 %.
Einzelne Anwendungsprobleme (V)
c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705?
Fraglich ist die Einreihung von älteren PKW
aus den USA – handelt es sich um
Sammlungsstücke oder normale PKW?
Ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 1984 hatte
zunächst verbindliche Kriterien aufgestellt:
Baujahr vor 1950, wesentlicher Schritt in der
menschlichen Entwicklung, etc. Ein weiteres
EuGH-Urteil aus dem Jahr 2000 hat diese
Kriterien teilweise aufgeweicht: älter als 30
Jahre, Nachweispflicht durch die Zollbehörde.
Einzelne Anwendungsprobleme (VI)
c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705? (fortg.)
Die unterschiedlichen EuGH-Urteile werden
von Mitgliedstaaten uneinheitlich ausgelegt. Im
Rahmen einer Warenstromanalyse konnte
eindrucksvoll nachgewiesen werden, dass
bestimmte Mitgliedstaaten (Niederlande,
Dänemark, Schweden) ein vielfaches an
Oldtimer-KfZ (Sammlungsstücke der Pos.
9705) im Vergleich zu PKW der Pos. 8703
einführen.
Zusammenfassung (I)
Eine andere Einreihung in den GZT kann große
Auswirkungen haben:
- Änderung des Zollsatzes (ggf. Antidumping),
- Änderung des Umsatzsteuersatzes,
- Änderung der Einfuhrvoraussetzungen
(Außenwirtschaftsgesetz / Einfuhrliste, Verbote
und Beschränkungen, Marktordnungsrecht),
- Änderung der Ergebnisse der Außenhandels-
und Wirtschaftsstatisitik
- Wettbewerbsvorteile für bestimmte Einführer
- Einnahmeverluste für die EG & Mitgliedstaaten
Zusammenfassung (II)
• Der GZT wurde von den Mitgliedstaaten der EG-
15 und der EG-25 uneinheitlich angewendet.
• Die strukturellen Schwächen der EG werden von
Wirtschaftsbeteiligten ausgenutzt.
• Das Modell der Zollarbitrage wurde vollständig
mit zahlreichen Beispielen nachgewiesen.
• Warenstromverlagerungen wurden
nachgewiesen.
• Die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten sollen
Funktionieren, „wie eine einzige Zollverwaltung“
– dieses ist seit vierzig Jahren nicht der Fall.
Zusammenfassung (III)
• Die Einreihung von Waren in das
Zolltarifschema wird unter dem Deckmantel der
akademischen Streitbeilegung subtil zu
wirtschaftspolitischen Zwecken der EG (bzw. der
Mitgliedstaaten genutzt).
• Anwendungsprobleme des Zolltarifschemas
(Harmonisiertes System) bestehen weltweit.
• Die Nomenklatur des HS ist unübersichtlich –
Verbesserungen sollten insbesondere bei der
Verknüpfung von Positionswortlauten und
Anmerkungen vorgenommen werden.

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Dr. Carsten Weerth: Einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs beim Zugang zum Europäischen Binnenmarkt? - Disputation - mündliche Verteidigung der Dissertation an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg

  • 1. Einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs beim Zugang zum Europäischen Binnenmarkt? Anwendungsprobleme der zolltariflichen und statistischen Nomenklatur und deren wirtschaftliche und fiskalische Auswirkungen Disputation der Dissertation von Carsten Weerth
  • 2. Einreihung einer Ware in den Zolltarif • Für jeden Import einer Ware in die EG ist diese Ware in den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) der EG einzureihen. • Bei jeder Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr soll in der EG-27 in jedem Mitgliedstaat die Einreihung einheitlich durchgeführt werden. • Die Regeln für die Einreihung sind komplex: es gibt sechs Allgemeine Vorschriften und neun Typen von Anmerkungen – das Zolltarifschema besteht aus 96 Kapiteln, 1.221 Positionen und 534 Anmerkungen. • Im GZT werden etwa 9.700 KN-Unterpositionen und 30.000 Zollsätze unterschieden.
  • 3. Abgabenerhebung: Zoll • Die Bemessung des Zollsatzes ist von verschiedenen Faktoren abhängig: • der Abgabensatz (t, tariff) berechnet mit Hilfe der drei Variablen Zollwert (v, value), Zollsatz (d, duty), Menge (q, quantity): • t = v * d * q (1) • Der Zollsatz d wird bestimmt durch die zolltarifliche Einreihung in den Zolltarif (c, customs classification) und ist abhängig vom Ursprungsland (o, origin) und vom Zeitpunkt der Zollanmeldung (ti, time). • d = co, ti (2) • Die Änderung der Zollbelastung bei der Einfuhr ist daher abhängig von den Variablen v, q und d (co, ti).
  • 4. Modell der Zollarbitrage (I) Schema der Handlungsalternativen von Einführern mit abweichender Zolltarifauffassung E = Einführer, Z = Zollverwaltung → → → → → → ↑ ↓ E Z mit abweichender Zolltarifauffassung ↓ ↓ ← ← ← ← ← ↓ E mit Handlungsalternativen 1 - 5 (L), 6 - 7 (L/I), oder 8 - 10 (I)
  • 5. Modell der Zollarbitrage (II) Aufzählung der möglichen Aktionen (Handlungsalternativen) des Einführers beim Marktzugang zum Europäischen Binnenmarkt mit dem rechtlichen Status in Deutschland: Legal (L), Illegal (I) 1. Anfechtung der Tariffauffassung (zeitlich begrenzt) L 2. Einfuhr ohne Angabe der abweichend festgesetzten VZTA L 3. Einfuhr über anderen Mitgliedstaat mit anderer Tarifauffassung – Warenstromverlagerung (so gen. „tariff shopping“) L 4. Erstellung einer verbindlichen Zolltarifauskunft von einem anderen Mitgliedstaat mit einer anderen Tarifauffassung (so gen. „BTI-shopping“) L 5. Entwicklung einer neuen Ware zur Umgehung von tariflichen Maßnahmen L 6. Senkung des Zollwertes L/I 7. Änderung des Ursprungslandes L/I 8. Änderung der Warenbeschreibung I 9. Änderung der Warenmenge I 10. Verstecken der Waren und Vorschriftswidriges Verbringen I Die Senkung des Zollwertes kann sowohl mit legalen als auch mit illegalen Mitteln erreicht werden. Auch das Ursprungsland kann legal und illegal beeinflusst werden: falsche Angaben sind illegal, Importe einer gleichartigen Ware aus einem anderen Ursprungsland mit günstigerer Zollbelastung sind selbstverständlich legal; eine eindeutige Klassifizierung dieser beiden Punkte (6./7.) in legal/illegal ist nicht möglich. Alle 10 Handlungsalternativen wurden im Rahmen der Arbeit nachgewiesen.
  • 6. Strukturelle Schwächen der EG-27 (I) • Der EG-Binnenmarkt ist ein Raum ohne Grenzen, in dem der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr uneingeschränkt möglich ist (Artikel 14 Abs. 2 EGV). • Eine Zollunion ist ein einheitliches Zollgebiet mit einer einheitlichen Gesetzgebung und einem Gemeinsamen Zolltarif (GZT) der einheitlich angewendet wird. • Bei uneinheitlicher Anwendung des GZT besteht die Gefahr der Warenstromverlagerungen, d.h. der Einfuhr über Mitgliedstaaten, deren Auffassung abweicht.
  • 7. Strukturelle Schwächen der EG-27 (II) • Die Europäische Gemeinschaft wurde 1958 von sechs westeuropäischen Staaten gegründet (EWG-6). • In sechs Erweiterungen ist die EG angewachsen auf 27 Mitgliedstaaten (EG-27). • 27 nationale Zollverwaltungen führen das EG-Zollrecht (EG-Verordnungen, d.h. unmittelbare Anwendbarkeit) indirekt durch – eine Einheitlichkeit der Rechtsanwendung durch die Zollbeamten ist auf Grund der unterschiedlichen Ausbildung, unterschiedlicher Rechtstraditionen, unterschiedlicher Bezahlungen und großer kultureller Unterschiede sowie angesichts von 23 Amtssprachen der EG-27 nur sehr schwer herbeizuführen.
  • 8. Strukturelle Schwächen der EG-27 (III) • Die uneinheitliche Anwendung des EG- Zollrechts wurde vom Europäischen Rechnungshof mehrfach nachgewiesen. • Gründe für die uneinheitliche Anwendung sind u.a. nicht-harmonisierte Vorschriften des Zollkodex, die von den Mitgliedstaaten (uneinheitlich) ausgefüllt werden, 27 nationale Rechtswege, nicht-harmonisierte Straf- und Bußgeldvorschriften sowie ein Vorabent- scheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – das Ergebnis bindet nur das vorlegende Gericht (und den Mitgliedstaat).
  • 9. Auswirkungen der uneinheitlichen Anwendung des GZT • Die uneinheitliche Anwendung des GZT hat Auswirkungen auf die Einnahmen der Mitgliedstaaten (Umsatzsteuer), der EG (Zölle sind traditionelle Eigenmittel), die Kosten für die Einfuhr (beim Einführer), unterschiedliche Rechtsfolgen (z.B. VuB, Außenwirtschaftsrecht, Verbrauchsteuertarif), und verschiedene Wirtschaftsstatistiken (v.a. in der Kombinierten Nomenklatur, der SITC, der GP und der EGW)
  • 10. Anwendungsprobleme des GZT Zehn GZT-Anwendungsprobleme wurden dargestellt: • Sprachliche Anwendungsprobleme • Begriffliche Anwendungsprobleme • Sozio-kulturelle Anwendungsprobleme • Betriebliche Anwendungsprobleme • Anwendungsprobleme auf Grund anderer Rechtsnormen und der subjektiven Auslegung • Wirtschaftliche Anwendungsprobleme • Weltwirtschaftliche Anwendungsprobleme • Tarifanomalien und Betrug • Technischer Fortschritt • Kombinierte Maschinen
  • 11. Einzelne Anwendungsprobleme (I) Als Beispiele für Anwendungsprobleme des GZT drei Fälle: a) Halloween-Artikel: Handelt es sich um Festartikel der Pos. 9505? b) Gesalzenes Geflügelfleisch: Pos. 0207 oder 0210? c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705?
  • 12. Einzelne Anwendungsprobleme (II) a) Halloween-Artikel: Festartikel der Pos. 9505? Die deutsche Zollverwaltung hat per Erlass die Einreihung als Festartikel für Deutschland verbindlich festgelegt: Zollsatz 2,7 %. Dieser Erlass ist in anderen Mitgliedstaaten nicht bekannt – dort ist die Einreihung als Festartikel unwahrscheinlich (daher Einreihung nach stofflicher Beschaffenheit), z.B. Ziergegenstand aus Kunststoff, Zollsatz 6,5 %.
  • 13. Einzelne Anwendungsprobleme (III) b) Geflügelfleisch: Pos. 0207 oder 0210? Gesalzenes Geflügelfleisch wird vorwiegend aus Brasilien und Thailand in die EG eingeführt. Seit 1996 wird gesalzenes Geflügelfleisch in immer größeren Mengen eingeführt (Zollsatz 15,4 %). Die EG hat mit einer Änderung der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kapitel 2 die Bedingungen für die Einreihung in Pos. 0210 geändert – die Einreihung in Pos. 0207 wurde erforderlich (102,3 € / 100 KG). Brasilien und Thailand haben Beschwerde vor der WTO eingelegt.
  • 14. Einzelne Anwendungsprobleme (IV) b) Geflügelfleisch: Pos. 0207 oder 0210? (fortg.) In zwei Dispute-Settlement-Verfahren hat das WTO-Panel entschieden, dass die Änderung der Zusätzlichen Anmerkung 7 zu Kap. 02 des GZT Artikel II GATT widerspricht und die EG aufgefordert die Änderung zurückzunehmen. Dieses ist geschehen. Mit der VO (EG) Nr. 580/2007 wurde im Verhandlungswege eine Kompensatzionslösung erreicht: Erhöhung der Zollsätze für die Pos. 0210 auf 130 € / 100 KG bei gleichzeitiger Eröffnung von Kontingentsmengen zum Zollsatz von 15,4 %.
  • 15. Einzelne Anwendungsprobleme (V) c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705? Fraglich ist die Einreihung von älteren PKW aus den USA – handelt es sich um Sammlungsstücke oder normale PKW? Ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 1984 hatte zunächst verbindliche Kriterien aufgestellt: Baujahr vor 1950, wesentlicher Schritt in der menschlichen Entwicklung, etc. Ein weiteres EuGH-Urteil aus dem Jahr 2000 hat diese Kriterien teilweise aufgeweicht: älter als 30 Jahre, Nachweispflicht durch die Zollbehörde.
  • 16. Einzelne Anwendungsprobleme (VI) c) Oldtimer-KfZ: Pos. 8703 oder 9705? (fortg.) Die unterschiedlichen EuGH-Urteile werden von Mitgliedstaaten uneinheitlich ausgelegt. Im Rahmen einer Warenstromanalyse konnte eindrucksvoll nachgewiesen werden, dass bestimmte Mitgliedstaaten (Niederlande, Dänemark, Schweden) ein vielfaches an Oldtimer-KfZ (Sammlungsstücke der Pos. 9705) im Vergleich zu PKW der Pos. 8703 einführen.
  • 17. Zusammenfassung (I) Eine andere Einreihung in den GZT kann große Auswirkungen haben: - Änderung des Zollsatzes (ggf. Antidumping), - Änderung des Umsatzsteuersatzes, - Änderung der Einfuhrvoraussetzungen (Außenwirtschaftsgesetz / Einfuhrliste, Verbote und Beschränkungen, Marktordnungsrecht), - Änderung der Ergebnisse der Außenhandels- und Wirtschaftsstatisitik - Wettbewerbsvorteile für bestimmte Einführer - Einnahmeverluste für die EG & Mitgliedstaaten
  • 18. Zusammenfassung (II) • Der GZT wurde von den Mitgliedstaaten der EG- 15 und der EG-25 uneinheitlich angewendet. • Die strukturellen Schwächen der EG werden von Wirtschaftsbeteiligten ausgenutzt. • Das Modell der Zollarbitrage wurde vollständig mit zahlreichen Beispielen nachgewiesen. • Warenstromverlagerungen wurden nachgewiesen. • Die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten sollen Funktionieren, „wie eine einzige Zollverwaltung“ – dieses ist seit vierzig Jahren nicht der Fall.
  • 19. Zusammenfassung (III) • Die Einreihung von Waren in das Zolltarifschema wird unter dem Deckmantel der akademischen Streitbeilegung subtil zu wirtschaftspolitischen Zwecken der EG (bzw. der Mitgliedstaaten genutzt). • Anwendungsprobleme des Zolltarifschemas (Harmonisiertes System) bestehen weltweit. • Die Nomenklatur des HS ist unübersichtlich – Verbesserungen sollten insbesondere bei der Verknüpfung von Positionswortlauten und Anmerkungen vorgenommen werden.

Hinweis der Redaktion

  1. Hier Abbildung 5
  2. SITC: Standard International Trade Classification GP:Güterverzeichnis für Produktonsstatistiken EGW: Warengruppen der Ernährungs- und Gewerblichen Wirtschaft
  3. Hier Tabelle ?