4. Einfach lernen! Finanzierung Inhalt
Inhalt
1. Überblick über Finanzierungsformen, Finanzierungstheorien, 6
Finanzierungszielen und Aufgaben des Finanzmanagements
1.1 Systematisierung von Finanzierungsformen 6
1.2 Finanzierungstheorien oder Finanzierungsansätze 6
1.2.1 Traditionelle Finanzierungslehre 6
1.2.2 Moderne Finanzierungstheorie: Eine kapitalmarkt- und 6
entscheidungsorientierte Sichtweise
1.3 (Klassische) Finanzierungsziele 7
1.4 Aufgaben eines Finanzmanagements 14
2. Basel II und Rating: Eine Weiterentwicklung der Bonitäts- oder 16
Kreditwürdigkeitsprüfung unter besonderer Berücksichtigung der
finanzwirtschaftlichen Ziele Rentabilität und Risiko
2.1 Einleitung 16
2.2 Hintergründe: Basel II 16
2.3 Von Basel I zu Basel II 16
2.4 Grundlagen von Basel II: Das Drei-Säulenkonzept 17
2.5 Fazit 20
2.6 Zum RATING 20
2.6.1 Zum externen Rating 22
2.6.2 Zum internen Rating 26
3. Instrumente der Jahresabschlussanalyse, der Finanzanalyse und 30
der Finanzplanung
3.1 Jahresabschlussorientierte Analyse der Finanzlage 30
3.1.1 Vermögensstrukturanalyse 31
3.1.2 Kapitalstrukturanalyse 32
3.1.3 Horizontale Bilanzstrukturanalyse 38
3.2 Stromgrößenorientierte Analyse der Finanzlage 44
3.3 Zahlungsorientierte Finanzplanung 47
4. Kreditfinanzierung als erster Teil der Außenfinanzierung 59
4.1 Zur Einordnung der Kreditfinanzierung 59
4.2 Formen der Kreditfinanzierung 60
4.3 Charakteristika der Kreditfinanzierung 61
4.4 Kreditsicherheiten 63
4.5 Tilgung von Krediten einschließlich deren Berechnung 66
5. Beteiligungsfinanzierung als zweiter Teil der Außenfinanzierung 69
5.1 Grundsätzliches 69
5.2 Motive, Funktionen und Ziele der Beteiligungsfinanzierung 69
5.2.1 Eigenkapital nach HGB 70
5.2.2 Funktionen des Eigenkapitals 71
5.2.3 Rechte der Eigenkapitalgeber 71
5.2.4 Kapitalgesellschaften 72
5.2.5 Beispiel für Stamm- und Vorzugsaktien bei der Porsche AG 75
5.3 Börsensegmente 78
4
5. Einfach lernen! Finanzierung Inhalt
5.4 Kapitalerhöhung 79
5.5 Kapitalherabsetzung 84
6. Innenfinanzierung 89
6.1 Grundlagen der Innenfinanzierung 89
6.2 Formen der Innenfinanzierung 90
6.2.1 Selbstfinanzierung 91
6.2.2 Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten 92
6.2.3 Kapitalfreisetzungseffekt 92
6.2.4 Kapazitätserweiterungseffekt 93
6.2.5 Finanzierung aus Rückstellungen 94
6.2.6 Finanzierung aus Veräußerungserlösen 100
6.3 Cash-flow als absolute Kennzahl der Innenfinanzierung 100
Fußnotenübersicht 103
Literaturverzeichnis 106
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6. Einfach lernen! Finanzierung Systematisierung von Finanzierungsformen
1. Überblick über Finanzierungsformen,
Finanzierungstheorien, Finanzierungszielen
und Aufgaben des Finanzmanagements
1.1 Systematisierung von Finanzierungsformen
Die am monetären Finanzierungsbegriff orientierten Finanzierungsformen lassen sich nach
verschiedenen Kriterien untergliedern. Zu den gängigsten Unterscheidungsmerkmalen zählen die
Rechtsstellung und Haftung der Kapitalgeber und die Herkunft der finanziellen Mittel. 1 Bei der
Rechtsstellung und Haftung der Kapitalgeber wird zwischen Eigenfinanzierung und
Fremdfinanzierung differenziert. Die Eigenfinanzierung ist zum einen die Zuführung und Erhöhung
des Eigenkapitals durch Einlagen der Unternehmer und zum anderen die Finanzierung aus dem
erwirtschafteten Gewinn des Unternehmens. Im Rahmen der Fremdfinanzierung wird Fremdkapital
aufgebracht. Die Herkunft finanzieller Mittel kann in Außenfinanzierung und Innenfinanzierung
unterteilt werden (Abbildung 1). Die unterschiedlichen Finanzierungsformen lassen sich bei der
Außenfinanzierung in die Beteiligungsfinanzierung und Kreditfinanzierung untergliedern. Die
Innenfinanzierung erfolgt im Rahmen des Umsatzprozesses oder durch Vermögensumschichtungen.2
Finanzierungsformen
Außenfinanzierung Innenfinanzierung
Kredit- Kredit- Zuschüsse/ Einlagen- Selbst- Finanzierung Finanzierung
finan- substitute Zuwen- finanzierung finanzierung aus nicht aus- aus Kapital-
zierung dungen gabewirksamen freisetzung
ABS- Finanzierung Finanzierung
Leasing Factoring Transaktionen aus Rück- aus Abschrei-
stellungen bungen
Beteiligungs- Unternehmer- Offene Selbst- Stille Selbst-
finanzierung einlage finanzierung finanzierung
ohne Börsen- mit Börsen- Eigenfinanzierung
zugang zugang Fremdfinanzierung
1.2 Finanzierungstheorien oder Finanzierungsansätze
1.2.1 Traditionelle Finanzierungslehre
Die Unternehmung wird in eine leistungswirtschaftliche und in eine finanzwirtschaftliche Sphäre
analytisch unterteilt.
Bedingt durch das Sachziel z.B. Autos herzustellen wird der güterwirtschaftliche Prozess oder die
leistungswirtschaftliche Sphäre – bestehend aus Beschaffung, Lagerung der Fertigungsmaterialien,
Produktion, Lagerung von Zwischen- sowie Endprodukten und Absatz – zum Ausgangspunkt aller
weiteren betriebswirtschaftlichen Überlegungen. Diesen güterwirtschaftlichen Prozess kann man sich
als einen Güterstrom vorstellen, der von den Beschaffungsmärkten Investitionsgüter, Materialien,
Arbeitskräfte, Energie, Versicherungsleistungen usw. erwirbt und mittels Produktion fertige Produkte
6
7. Einfach lernen! Finanzierung Finanzierungstheorien oder Finanzierungsansätze
und Dienstleistung den Absatzmärkten zur Verfügung stellt. Der Geldstrom, die finanzwirtschaftliche
Sphäre, ist das Korrelat des Güterstroms.
Auf den Beschaffungsmärkten erfolgen Auszahlungen und auf den Absatzmärkten erhält man
Einzahlungen. Gleiches gilt allerdings auch umgekehrt, denn welche der beiden Sphären die
Vorrangstellung als Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen erhält ist eine axiomatische
Festlegung. In der traditionellen Betrachtungsweise der Finanzierungslehre bzw. Finanzierungstheorie
hat man dem Güterstrom die Vorrangstellung zugewiesen.
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7
8. Einfach lernen! Finanzierung Finanzierungstheorien oder Finanzierungsansätze
für Produktionsfaktoren
Beschaffungsmärkte
für produzierte Güter
Absatzmärkte
Beschaffung Lagerung Produktion Lagerung Absatz
Güterstrom
Geldstrom
Auszahlung Einzahlung
Einzahlungen Auszahlungen
Kapitalmarkt
Abb. 1: Güterstrom und Geldstrom
Quelle: In Anlehnung an Schmidt/Terbergen, 1996, S. 13.
Phase Beschreibung des Umsatzes Bezeichnung
1 Erwerb von Einsatzfaktoren (z.B. Wareneinkauf): Ausgabe
monetäres Äquivalent der Güterbeschaffung
(Entstehung von Verbindlichkeiten)
2 Tilgung von Schulden Auszahlung
(Geldbewegung: Ausgang liquider Mittel)
3 oder 4 Einbringen der beschafften Einsatzfaktoren in die Aufwand/Kosten
Leistungserstellung
5 oder 6 Ausbringen der Leistungsergebnisse Ertrag/Erlös
7 Absatz der Leistungsergebnisse (z. B. Warenverkauf): Einnahme
monetäres Äquivalent der Leistungsverwertung
(Entstehung von Forderungen)
8 Einzug von Forderungen Einzahlung
(Geldbewegung: Eingang liquider Mittel)
Zentrale finanzwirtschaftliche Probleme, die diese traditionelle Finanzierungslehre/Finanzierungs-
theorie lösen möchte sind:
x Deckung des Kapitalbedarfs: Ein Beispiel hierfür ist die Unternehmensgründung;
x Berechnung des Kapitalbedarfs für die Unternehmensgründung;
x Wie deckt das Unternehmen den Kapitalbedarf mit Finanzierungsmitteln aus der Kombination
Innen- und Außenfinanzierung und Eigen- und Fremdfinanzierung;
x Wahrung des „finanziellen Gleichgewichts“:
8
9. Einfach lernen! Finanzierung Finanzierungstheorien oder Finanzierungsansätze
Das finanzielle Gleichgewicht ist dadurch beschreibbar, dass sich Kapitalbedarf und Kapitaldeckung
entsprechen müssen. Üblicherweise ist dieses Gleichgewicht feststellbar mittels einer Finanzplanung
und durch die Erfüllung des Postulats (der Forderung) der Insolvenzordnung, dass zu jeder Zeit die
Zahlungsfähigkeit erfüllt sein muss; nämlich dass der Kassenbestand und die Einzahlungszugänge
minus Auszahlungen zu jedem Zeitpunkt gleich oder größer Null sind. Ansonsten wäre man illiquide
bzw. zahlungsunfähig und das Insolvenzrecht tritt in Kraft.
1.2.2 Moderne Finanzierungstheorie: Eine kapitalmarkt- und
entscheidungsorientierte Sichtweise
Kapitalmärkte (Börsen) stellen die Nahtstelle der Beziehungen zwischen den Anbietern von Kapital (den
Kapitalgebern bzw. Anlegern wie Versicherungen, Rentenfonds, Banken, internationale Unternehmen,
Hedgefonds, Privatanlegern) und den Nachfragern nach Kapital (den Kapitalnehmern wie Länder,
Kommunen, Unternehmen, Banken etc.) dar. Die Kapitalmarkttheorie untersucht diese Beziehungen auf
den Börsenplätzen und zwischen den Börsen. Sie befasst sich mit den regulativen Bedingungen an den
Kapitalmärkten und entwickelt Hypothesen über die Preise und Preisentwicklungen von Finanztiteln
(Aktien, Indices, Optionen, Futures, usw.) bzw. die Preisbeziehungen zwischen verschiedenen
Finanztiteln.
Zentrale praktische und theoretische Probleme, die diese Finanztheorie lösen möchte sind u.a. wie ein
potenzieller Investor die höchste Verzinsung seines eingesetzten Kapitals bei einem entsprechenden
Risiko erzielt (Stichwort: Performance):
x Wie man seinen Kapitalbedarf für Investitionen an internationalen Börsen am kostengünstigsten
deckt;
x Wie internationale Handelsgeschäfte mit Hilfe von Futures und Optionen im Hinblick auf ihre
Risiken abgesichert werden können.
1.3 (Klassische) Finanzierungsziele
Bei Finanz- und Investitionsentscheidungen (wie Kredite möglichst preiswert aufgenommen werden
können oder in welche Grundstücke, Produktionsanlagen oder Unternehmen nach
Rentabilitätsaspekten investiert werden soll) orientieren sich Unternehmen an Zielen, Zielsystemen
oder dem Shareholder Value in Form von Unternehmenswerten, die zu erreichen sind.
Die Betriebswirtschaft entwickelt aus den Zielvorstellungen verschiedene Systeme/Finanz-pakete/
Investitionsvorhaben, in denen jeweils die einzelnen Vertragsbedingungen optimal miteinander
kombiniert werden.
Zum finanzorientierten Rentabilitätsdenken: Rentabilität, Return on Investment und
Shareholder Value als Performanceziele
Im Mittelpunkt einer rentabilitätsorientierten Finanzierung stehen die Forderungen nach der
Minimierung der Finanzierungskosten und eine Art Maximierung der Rentabilitätsüberlegungen des
Eigenkapitals beispielsweise mit Hilfe des Leverage Effektes. Fragen die dazu anstehen sind, ob das
Eigenkapital Renditeträger oder Kostenfaktor ist. Schließlich muss geklärt werden, ob
Rentabilitätsüberlegungen den Finanzierungsspielraum einer Unternehmung begrenzen.
Finanzwirtschaftliche einmalige Kostenarten sind u.a.:
Provisionen der Finanzmakler, Provisionen und Gebühren bei Emissionen (z.B. Aktien beim
Börsengang, Wandelobligationen), Kosten für Sicherheitsstellung (z.B. Grundbucheintragung),
Bearbeitungsgebühren der Banken, Disagio bei der Auszahlung von Darlehens- und
Anleihegegenwerten, usw.
Finanzwirtschaftliche laufende Kostenarten sind:
Nutzungskosten: Diese beziehen sich auf die Inanspruchnahme von Kapital (Zinsen einschließlich der
zinsgleichen Überziehungsprovision), Bereitstellungsprovision für Gewährung von Finanzierungs-
9
10. Einfach lernen! Finanzierung (Klassische) Finanzierungsziele
zusagen usw., Kosten des Effekten-Kapitaldienstes (Provision für Aktiendepotverwaltung) und
Marktpflegekosten für Financial Public Relations-Maßnahmen (Börsenpublizität, Kurspflege,
Internetauftritt und Zeitungsanzeigen über den Jahresabschluss und Informationen zum Unternehmen).
Bestimmungsfaktoren des Kapitalpreises: Zinssatz oder Zinsfuß
Die Situation auf dem Finanzmarkt (Verhandlungsmacht der Kapitalnachfrager, spezifische
Kapitalknappheit und Marktusancen) bestimmen und prägen den Kapitalpreis. Weiter bestimmen
Qualitätsmerkmale des Kapitals den Kapitalpreis „Zins“; diese sind Liquidität, Risiko/Sicherheit,
Unabhängigkeit und Betragshöhe, die allerdings teilweise von Kapitalnehmer und Kapitalgeber entgegen-
gesetzt bewertet werden. Der Kapitalpreis, den Unternehmen zur Deckung eines Fehlbedarfs oder für ein
bestimmtes Investitionsobjekt aufwenden müssen, steigt mit zunehmender Dringlichkeit der Finanzierung.
Rentabilitätsorientierte Finanzierungsgrenzen
Der Kapitalpreis darf höchstens dem internen Zinsfuß der Investition entsprechen. Damit ist der
interne Zinsfuß die Preisobergrenze für den Kapitalpreis des nachfragenden Betriebes nach
Kreditkapital. Die Errechnung erfolgt mittels der dynamischen Investitionsrechnung des Internen
Zinsfußes.
Rentabilitätsberechnung
Die klassische Rentabilitätsrechnung lautet: Zinssatz ist gleich Gewinn dividiert durch Kapital.
Hierbei kann das Kapital unterschiedlich berechnet werden, z.B. nur das Eigenkapital oder das
Gesamtkapital bestehend aus Eigenkapital und Fremdkapital gemäß der Bilanz. Erst durch die
unterschiedlichen Kapitalgrößen lässt sich der Leverage-Effekt (Hebeleffekt) ableiten und erklären. Im
Zentrum der Überlegungen zur Optimierung der Kapitalstruktur in der Bilanz eines Unternehmens
steht das Verhältnis von Fremd- zum Eigenkapital, das auch als Verschuldungsgrad bezeichnet wird.
Eine Frage könnte dazu lauten, ob steigende Verschuldung unter Rentabilitätsgesichtspunkten schlecht
sein muss. Die Antwort wäre hier der positive Leverage-Effekt.
Nämlich solange der vereinbarte Fremdkapitalzins i unterhalb der Gesamtrentabilität/Gesamtrendite
(=Investitionsrendite oder interner Zinsfuß) r liegt, nimmt die Eigenkapitalrendite mit dem Verschuldungs-
grad zu. (siehe Fallstudien zur Rentabilität, RoI und Leverage-Effekt).
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11. Einfach lernen! Finanzierung (Klassische) Finanzierungsziele
Return on Investment
Wenn man von der Finanzkennzahl Rentabilität ausgeht und diese mit Umsatz durch Umsatz
multipliziert, kann daraus der Return on Investment abgeleitet und ein Kennzahlensystem für
Planungs- und Kontrollzwecke entwickelt werden. Gleichzeitig wird im Return on Investment der
Jahresabschluss als Kennzahlensystem abgebildet und zwar wird im Rahmen des Kapitalumschlags
eine Bilanzseite und im Rahmen der Umsatzrentabilität die Gewinn- und Verlustrechnung einbezogen.
Gewinn in %
des investierten
Kapitals
Kapital- Gewinn in %
umschlag
x des Umsatzes
investiertes
Kapital ÷ Umsatz Umsatz ÷ Gewinn
Anlage- Umlauf- Fixe Deckungs-
vermögen + vermögen Kosten
= - beitrag
Zahlungs- Variable
+ Forder- + Bestände Fertigungs- Netto-
mittel ungen gemeinkosten Umsatz- - Umsatz
kosten
+
=
Erlös-
Material- Fertigungs- - Brutto-
gemein- material Schmä- umsatz
kosten lerung
+ +
Verwaltungs- Fertigungs- Absatz- Produk-
gemein- löhne wege tionspro-
kosten gramm
+ +
Sonstige
Vertriebs-
variable
gemein-
Gemein-
kosten
kosten
Abb. 2.: Return on Investment als eine Variante des DuPont-Kennzahlensystems
In der Schreibweise ist der Return on Investment (RoI) ein Produkt aus Umsatzrentabilität und
Kapitalumschlag. Der RoI als Spitzenkennzahl im DuPont-Kennzahlensystem wurde von E.I. DuPont
de Nemours and Company entwickelt und schon seit 1919 angewendet. Am bekanntesten im Rahmen
des RoI ist der Leverage-Effekt, der die Eigenkapitalrentabilität bei zunehmender Verschuldung und
unter Konstanthaltung aller anderen Finanzierungsziele heben kann. Der Leverage-Effekt besagt, dass
bei zunehmender Verschuldung die Eigenkapitalrentabilität steigt, solange die Gesamtrentabilität über
dem Fremdkapitalzins liegt.
11
12. Einfach lernen! Finanzierung (Klassische) Finanzierungsziele
Shareholder Value als Marktwert des Eigenkapitals
Unter dem Begriff Shareholder Value wird im Folgenden der Marktwert des Eigenkapitals verstanden.
Dieser Marktwert des Eigenkapitals ergibt sich allgemein aus dem Unternehmensgesamtwert minus
Marktwert des Fremdkapitals. Besondere Betonung liegt auf der Verwendung von Marktwerten anstatt
bilanzieller Größen. Der Shareholder Value weicht somit in der Regel vom bilanziellen Eigenkapital
erheblich ab.
Liquidität/Liquiditätsarten
Absolute Liquidität, ist Geld, das die Eigenschaft eines finanzwirtschaftlichen Vermögensgutes besitzt
und sich aus der traditionellen Finanzierungslehre erklären lässt.
Die Liquiditätseigenschaft, dass ein Unternehmen jederzeit seine Rechnung vollständig und zeitnah
bezahlen kann, gilt als eine finanzwirtschaftliche Qualität eines Unternehmens, da sonst die
Insolvenzordnung greift. Unter Liquiditätsstreben im Sinne der traditionellen Finanzierungslehre
unterscheiden wir zwei Güterkategorien:
1. Güter, die Geld sind, die bereits den Umwandlungsprozess aus der leistungswirtschaftlichen
Sphäre beendet haben und darauf warten erneut in die leistungswirtschaftliche Sphäre investiert
zu werden, verharren in der finanzwirtschaftlichen Sphäre im Bereich der Kassenhaltung, auf
dem Bankkonto oder allgemein in Finanzfonds.
2. Güter, wie Rohstoffe, Halberzeugnisse, Arbeitsleistung, Investitionsgüter, Dienstleistungen sind,
die vor Beginn des Investitionsprozesses in die leistungswirtschaftliche Sphäre also einmal Geld
waren und die nach Abschluss des betrieblichen Umsatzprozesses z.B. durch Verkauf der
Produkte und Dienstleistungen wieder zu Geld werden, ist der zweite Kategorietyp der in der
betrieblichen Finanzierungslehre betrachtet wird.
Absolute Liquidität als natürliche und künstliche Erscheinung
Die Geldwerdung eines Produktes und/oder einer Dienstleistung vollzieht sich auf zwei Wegen:
1) Den „normalen“ Weg, d.h. die absolute, natürliche Liquidität erreicht man beispielsweise
dadurch, dass Werkstoffe, Arbeitsleistungen, Dienstleistungen, Energie und Investitionsgüter in
Form von Abschreibungen bar oder auf Kreditbasis in der leistungswirtschaftlichen
Sphäre/Güterkreislauf gekauft, gelagert, zu Fertigprodukten verarbeitet, Fertigprodukte gelagert
und wieder verkauft werden, so dass dann die Forderungen nach Ende des Verkaufsziels in Geld
umgewandelt werden. Entsprechendes gilt für Finanzanlagen (Wertpapiere, Beteiligungen im
Anlagevermögen der Bilanz). Betrachtet man den Geldwerdungsprozess von der
leistungswirtschaftlichen Sphäre in die finanzwirtschaftliche Sphäre/Geldkreislauf, spricht man
von natürlicher Liquidität. Die Investitionen zur Produktion des Leistungsangebotes der
Unternehmung in der leistungs-wirtschaftlichen Sphäre erlaubt auch die Berechnung des
Kapitalbedarfs (siehe Gründungs-finanzierungsbedarf einer Unternehmung als Fallstudie).
2) Der Liquiditätsprozess bzw. der Geldwerdungsprozess kann dadurch beschleunigt werden, dass
gerade erworbene Güter, Materialien, unfertige Zwischenprodukte aus der Fertigung,
Anlagevermögen usw., ohne Rücksicht auf den normalen Umsatzprozess vorzeitig verkauft
werden. Dazu kommt es in der Regel nur, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist, z.B.
illiquide ist, d.h., dass keine Zahlungsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt mehr gegeben ist und auch
die Banken Kredite nicht prolongieren (verlängern) oder neu vergeben. Das Unternehmen wird
zum Sanierungsfall bzw. im Extremfall in die Insolvenz gehen. Hier spricht man von einer
künstlichen, absoluten Liquidität.
12
13. Einfach lernen! Finanzierung (Klassische) Finanzierungsziele
Relative Liquidität als finanzwirtschaftliches Postulat der Unternehmensführung
Die relative Liquidität als Zahlungsfähigkeit einer Unternehmung kann statisch, mittels einer
Jahresabschlussanalyse, eines externen Ratings oder einer Bonitätsprüfung im Sinne von Basel II, oder
dynamisch mittels eines Finanzplanes oder Cash Managementsystems betrachtet werden.
(a) Unternehmensliquidität als statische Größe:
Typisch hierfür sind Liquiditätsgrade und das Working Capital, die die kurzfristige Liquidität
eines Unternehmens beurteilen sowie die Anlagedeckungsgrade, die die langfristige Liquidität
des Unternehmens erfassen. Ausgangspunkt bzw. Hintergrund dieser Betrachtung bildet die
goldene Finanzierungs- und Bilanzregel. Instrumente zur Erfassung der Liquidität sind
Bewegungsbilanzen, Cash-flow-Rechnungen und die Kapitalflussrechnung. Alle Kennzahlen
und Instrumente müssen dabei die Fristenkongruenz zwischen zeitlicher Mittelbindung
(Finanzierung) und Mittelverwendung (Investition) zur Aufrechterhaltung der relativen
Liquidität überprüfen.
(b) Unternehmensliquidität als dynamische Größe:
Typische hierfür sind dynamische, zeitraumbezogene und zukunftsorientierte Techniken wie
eine Finanzplanungs- und Finanzkontrollrechnung respektive eines Cash-Management-Systems
als Instrument der „Liquiditätsvorausschau“.
Risiko/Sicherheitsstreben/Substanzerhaltung bzw. Kapitalerhaltung
Risiko ist die Gefahr einer Verfehlung finanzieller und unternehmerischer Ziele aufgrund von
unvollkommenen Informationen und der Unsicherheit über die zukünftigen Entwicklungen. Das
Hauptaugenmerk ist auf das Unterschreiten der Zielvorgaben gerichtet. Doch betrachten Kapitalgeber
und Kapitalnehmer das Risiko oft diametral.
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14. Einfach lernen! Finanzierung (Klassische) Finanzierungsziele
(a) Das Sicherheitsstreben (bzw. die Risikobeurteilung) des Kapitalnehmers:
Für den Kapitalnehmer decken sich zum einen Sicherheitsstreben und der Grundsatz der
Risikominimierung. D.h. die Gefahr von Verlusten ist weitgehend auszuschließen (Minimierung
des Investitionsrisikos, Prinzip der Kapitalerhaltung respektive Substanzerhaltung). Zum
anderen ist das Finanzmanagement daran interessiert, im Falle des Verlusteintritts das Risiko
der Eigenkapitalaufzehrung möglichst gering zu halten (Prinzip der Kapitalhaftung).
(b) Das Sicherheitsstreben bzw. die Risikobeurteilung des Kapitalgebers:
Das Sicherheitsstreben der Unternehmung auf der Kapitalnehmerseite (Prinzip der
Kapitalhaftung) steht im Widerspruch zu dem Sicherheitsstreben der negativen
Risikovermeidung des Kapitalgebers, der daran interessiert ist, sein Verlustrisiko durch
Haftungsbeschränkung, Haftungsausschluss, Sicherheitsforderungen in Form von Hypotheken,
Grundschuldeintragungen etc. oder durch Risikoinstrumente wie Futures und Optionen
(Währungsabsicherung, Inflationsabsicherung, Preisentwicklungsabsicherung etc.) möglichst
gering zu halten.
Mit Hilfe einer Bonitätsprüfung/Kreditwürdigkeitsprüfung im Rahmen von Basel II kann das Risiko
statistisch beurteilt werden. Ein Ausgleich zwischen dem vom Kapitalnehmer angestrebten
Haftungsprinzip und dem Sicherheitsprinzip des Kapitalgebers kann durch einen risikoäquivalenten
Zinssatz bei der Kreditvergabe erfolgen.
Unabhängigkeit
Die Abhängigkeit einer Unternehmung gegenüber ihren Eigenkapitalgebern und Fremdkapitalgebern,
in der Regel den Banken, drückt sich in der Rechtsform und in den Vertragsgestaltungen der
Kreditverträge aus, die Ursachen einer Einschränkung der Unternehmenssouveränität sind.
(a) Abhängigkeiten bei der Finanzierung durch Eigenkapitalgeber (Mitgesellschafter,
Aktionäre):
x Informationspflichten die beispielsweise das Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, Publizitätsgesetz etc.
vorschreiben.
x Einschränkung durch Mitspracherechte der Eigentümer
x Kündigungsgefahr von Gesellschaftern
(b) Abhängigkeit bei der Finanzierung durch Fremdkapitalgebern (z.B. Banken):
x Prüfung der Kreditanträge mittels Basel II/Risikobereitschaft der Banken
x Relativ hoher Fremdkapitalanteil schafft faktische Mitbestimmungsansprüche/Herrschafts-
möglichkeiten
x Prolongationsrisiko der Kredite
Der Kapitalbedarf/Investitionsbedarf und die Kredittilgung ist gleich der Kapitalbeschaffung/
Kapitaldeckung. Die Kapitalbeschaffung lässt sich als eine optimale Finanzierung verstehen und als
Kapitalbeschaffungsmatrix bzw. Finanzierungsbeschaffungsmatrix darstellen.
1.4 Aufgaben eines Finanzmanagements
Dem Finanzmanagement obliegt es, alle Ein- und Auszahlungsströme zeitlich, quantitativ, qualitativ,
örtlich, national und international zu koordinieren und zu überwachen. Die Aufgaben zielen
umfassend auf alle Tätigkeiten in einem (internationalen) Unternehmen, die auf die Planung,
Steuerung und Kontrolle finanzieller Mittel gerichtet sind. Dabei erstrecken sich diese unter anderem
auf folgende Bereiche:
x Kassenhaltung und Mahnwesen: Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Cash-Management mit Hilfe
einer Finanzplanung, Forderungsmanagement mit Mahnwesen;
x Planung, Steuerung und Kontrolle der Zahlungsströme nach unterschiedlichen finanziellen
Zielgrößen;
14
15. Einfach lernen! Finanzierung Aufgaben eines Finanzmanagements
x Kreditverhandlungen führen, einschließlich der Zusammenstellung der Unterlagen, die für eine
Bonitätsprüfung der Ratingagentur oder der Bank nach Basel II erforderlich sind;
x Internationales Währungsmanagement einschließlich Futures und Optionen;
x Asset-Management: Verwaltung der Finanzanlagen, der Beteilungen mit und ohne
Minderheitsbeteiligung/Mehrheitsbeteiligung im Rahmen eines Konzerns;
x Mittelfristige und langfristige Mittelbeschaffung und Bereitstellung durch Pflege der Beziehungen
zu Eigenkapitalgebern und Fremdkapitalgebern (Financial Public Relations mittels Investor
Relations and Creditor Relations);
x Investitionscontrolling: Geldanlage am Finanzmarkt, Überwachung der Sachinvestitionen;
x Finanzcontrolling: Jahresabschlussanalyse, Unternehmensbewertung;
x Vorbereitung und Durchführung von Mergers- and Acquisitionsaktivitäten;
x Portfoliomanagement mit Risikomanagement: Überwachung und Steuerung finanzieller Risiken;
x Vorbereitung einer Börseneinführung.
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16. Einfach lernen! Finanzierung Einleitung
2. Basel II und Rating: Eine Weiterentwicklung
der Bonitäts- oder Kreditwürdigkeitsprüfung
unter besonderer Berücksichtigung der
finanzwirtschaftlichen Ziele Rentabilität und
Risiko
2.1 Einleitung
Ausgangspunkt für die Diskussionen um Basel II ist die Eigenkapitalausstattung der Banken. Das
Eigenkapital der Bank übernimmt Haftungsfunktion bzw. ist Risikopuffer bei Kreditausfällen und
sichert somit die Geschäftstätigkeit und Zahlungsfähigkeit der Banken gegenüber ihren Kunden.
Zudem ist das Eigenkapital ein Kostenfaktor, denn es muss verzinst werden (vgl. Rentabilität/RoI).
Des Weiteren ist das Neugeschäft der Banken durch das vorhandene Eigenkapital beschränkt, da
dieses nur begrenzt zur Verfügung steht.
2.2 Hintergründe: Basel II
Die Grundlage für die neuen Eigenkapitalvorschriften sind die Grundsätze für die Aufsicht
international tätiger Banken, erstellt durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Dieser setzt
sich aus hochrangigen Vertretern der Bankenaufsichts-behörden und der Zentralbanken der
wichtigsten Industriestaaten zusammen. Er erarbeitet Empfehlungen und strategische Richtlinien, auf
die sich die jeweiligen Aufsichtsinstanzen der Länder zur Bestimmung der für sie geltenden
Aufsichtsgrundsätze stützen können - unter anderem die Basler Eigenkapital-anforderungen, durch die
ein Rahmen für die Kreditrisikomessung geschaffen und bankenaufsichtsrechtliche
Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute festgelegt werden. Basel II steht für die
überarbeiteten Eigenkapitalrichtlinien, die den geltenden Baseler Eigenkapitalakkord von 1988,
mittlerweile Basel I genannt, ersetzt. Bisher waren die Risikoaktiva der Banken in gewissem
Verhältnis zum haftenden Eigenkapital zu halten. Im Jahr 1999 wurden mit Basel II erstmals
Vorschläge für eine risikogerechte Eigenkapitalunterlegung vorgelegt. Gemäß dem nunmehr
vorliegenden Konsultationspapieren wird Basel II voraussichtlich Ende 2006 in Kraft treten. Die
Vorschriften konzentrieren sich in erster Linie auf international tätige Banken. Nach der Umsetzung in
nationales Recht sollen die Grundsätze aber auch für Banken mit unterschiedlicher Größe und
Komplexität Anwendung finden.
Mit der Neuregelung werden unterschiedliche Ziele verfolgt. Die Sicherheit und Solidität des globalen
Finanzwesens soll gefördert werden. Einerseits dienen sie somit der besseren Absicherung der den
Institutionen anvertrauten Vermögenswerte (Einlegerschutz). Andererseits soll das zunehmende
Liquiditäts-/ und Bonitätsrisiko, verursacht durch nicht vertragsmäßige Bedienung von Krediten,
abgedeckt werden. Eine differenziertere Kreditrisikomessung wird künftig eine risikogerechtere
Regelung der Eigenkapitalausstattung der Banken ermöglichen. Im Gegensatz zur geltenden
Eigenkapitalvereinbarung, die sich auf ein einziges Risikomaß konzentriert, wird die neue Basler
Vereinbarung den bankinternen Methoden, der Überprüfung durch die Aufsicht und der
Marktdisziplin eine größere Bedeutung beigemessen. Außerdem ist eine Auswahl verschiedener
Ansätze für ein besseres Risikomanagement vorgesehen.
2.3 Von Basel I zu Basel II
Basel definiert eine pauschale Mindesteigenkapitalausstattung auf die Risikoaktiva der Banken mit
8% haftendem Eigenkapital. Dadurch wird das Kreditvolumen auf das 12,5-fache des verfügbaren
haftenden Eigenkapitals beschränkt.
Die nachstehende Formel zeigt die Ermittlung der notwendigen Eigenkapitalunterlegung:
EK-Unterlegung = ausstehender Forderungsbetrag * BGF3 * Solvabilitätskoeffizient 8%
16
17. Einfach lernen! Finanzierung Von Basel I zu Basel II
Gemäß Basel I gibt es für die in folgender Tabelle dargestellten Schuldnerkategorien jeweils nur einen
Bonitätsgewichtungsfaktor (Risikogewicht). Somit wird allen Unternehmen ein einheitliches
Risikogewicht von 100% zugeordnet.
Die Unterscheidung erfolgt in 4 Risikogewichte:
Kredite an: Risikogewicht (BGF) EK-Unterlegung (BGF * 8%)
OECD – Staaten 0% 0%
Banken
20% 1,6%
(Sitz in OECD – Staaten)
Grundpfandrechtlich
50% 4%
besicherte Realkredite
Unternehmen & übrige Kunden 100% 8%
Tab. 1: Risikogewichte und Eigenkapitalunterlegungspflicht nach Basel
An diesem Ansatz wurde in den letzten Jahren oftmals Kritik geäußert. Alle Kredite binden, ungeachtet
des jeweiligen Kreditrisikogehaltes, das Eigenkapital der Bank in gleicher Höhe. Die Bonität der
Kreditnehmer wurde bisher nicht bzw. unzureichend berücksichtigt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die
„Quersubventionierung“. Unternehmen mit „guter“ Bonität subventionieren über den Zins andere
Unternehmen, die mit einem höheren Ausfallrisiko eine „schlechtere“ Bonität vorweisen
(Kreditkonditionenglättung).
Aufgrund der genannten Gründe streben die neuen Regelungen nach Basel II eine risikogerechte
Eigenkapitalunterlegung auf Basis der Bonität der Schuldner an. Die notwendige Unterlegung wird
künftig in Abhängigkeit vom Ausfallrisiko des Kreditnehmers bestimmt. Dazu werden
Ratingverfahren (bankinterne und externe Verfahren) zur Beurteilung der Bonität von Unternehmen
eingeführt.
Weiterhin gilt die Eigenkapitalanforderung von 8% bei Krediten. Künftig werden aber gemäß des
Ratingurteils risikoreichere Positionen mit entsprechend mehr Eigenkapital unterlegt bzw.
risikoärmere Positionen mit weniger. Demnach werden Kredite bei Unternehmen teurer, die ein relativ
schlechtes Ratingurteil erhalten. Die gesamte aufsichtsrechtliche Eigenkapitalausstattung der Banken
wird dennoch im Durchschnitt nicht verändert.
2.4 Grundlagen von Basel II: Das Drei-Säulenkonzept
Die neuen Regelungen werden umfassender, risikosensitiver und zukunftsorientierter gestaltet sein
und aus drei tragenden Säulen bestehen:
1. Mindesteigenkapitalanforderungen
2. Überprüfung durch die Bankenaufsicht
3. Marktdisziplin
Zu der ersten Säule zählen die Veränderungen der Mindesteigenkapitalanforderungen, die den
Schwerpunkt bilden. Diese bezeichnen die Erweiterung der bisherigen Regeln zu einer
risikoadjustierten Eigenkapitalausstattung. Durch eine differenziertere Messung der
Kreditausfallrisiken im Anlagenbuch der Banken wird das institutsspezifische Risikoprofil der Banken
besser erfasst.
Die zweite Säule regelt die Überwachung der Eigenkapitalunterlegung. Durch eine bankindividuelle
Risikoüberprüfung der Bankenaufsicht, gewinnt die Überprüfung einen zunehmend qualitativen
Anspruch. Die Banken werden somit zur ständigen Weiterentwicklung ihrer bankinternen
Risikomanagement- und Kontrollsysteme angeregt, die zur Beurteilung der institutsspezifischen
Risikoarten und der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung dienen.
17
18. Einfach lernen! Finanzierung Grundlagen von Basel II: Das Drei-Säulenkonzept
Im Mittelpunkt der dritten Säule steht die Einführung einer erweiterten Berichtspflicht für eine
stärkere Markttransparenz. Dazu zählen die Festlegung von Leitlinien zur Offenlegung von
Kapitaldaten, der Risikoprofile der Banken und deren Prozesse zur Risikomessung. Den
Marktteilnehmern soll eine bessere Beurteilung des Risikoprofils des Instituts und der
Angemessenheit der Eigenmittelausstattung (zu den eingegangenen Risiken) ermöglicht werden.
Säule 1: Mindesteigenkapitalanforderungen
Zukünftig mit Eigenkapital zu unterlegende Risiken aus dem Kreditgeschäft sind, das Kreditrisiko, das
operationelle Risiko und das Marktrisiko. Diese Risiken bestimmen somit die Höhe der
Kapitalanforderungen.
Kreditrisiko Operationelles Risiko Marktrisiko
x Bonitätsrisiko x unerkannte interne x Änderungen des
x Liquiditätsrisiko Prüfungsfehler (Computerfehler/ Marktumfelds können
x Währungsrisiko ungenügende Dokumentation) Risiken darstellen:
x Länderrisiko x Betrug z.B. politische,
x etc. x externe Ereignisse außerhalb konjunkturelle oder
des Marktgeschehens weltwirtschaftliche
Einflüsse
Neben den bislang bereits erfassten Marktpreis- und Ausfallrisiken sind als zusätzliche Risikoart
künftig auch operationelle Risiken mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen. Die größten
Änderungen liegen bei der Bestimmung des Kreditrisikos.
Das Kreditausfallrisiko, auch Adressausfallrisiko, bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, mit der ein
Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht vollständig nachkommen kann. Allgemein wird
damit die Eintrittswahrscheinlichkeit des Insolvenzfalles bestimmt. Gemäß Basel wird eine
differenziertere Bewertung dieses Risikos durch Ratings angestrebt.
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19. Einfach lernen! Finanzierung Grundlagen von Basel II: Das Drei-Säulenkonzept
Das Risikogewicht (nach Basel Bonitätsgewichtungsfaktor genannt) wird künftig differenziert nach
der Bonität der Schuldner, d.h. gemäß der Zuordnung zu einer Ratingklasse. Ein höheres Risiko
bedingt dann eine höhere Eigenkapitalunterlegung und umgekehrt. Die Höhe der
Eigenkapitalunterlegung wird von den jeweiligen Ansätzen zur Messung des Kreditausfallrisikos
abhängig sein. Für die Beurteilung des Kreditrisikos stehen drei Bewertungsmethoden zur Auswahl.
Einerseits der Standardansatz und andererseits der IRB-Ansatz. Letzterer umfasst einen Basis- und
einen fortgeschrittenen Ansatz.
Standardansatz IRB-Ansatz
basierend auf externem Rating basierend auf internem Rating
Basisansatz Fortgeschrittener Ansatz
Der Standardansatz
Die Schuldner werden in die Kategorien Staaten und deren Zentralbanken, Kreditinstitute und
Nichtbanken eingeteilt.
EK-Unterlegung = Ausstehender Forderungsbetrag * Risikogewicht (RG) * 8%
Neben den bisherigen Risikogewichten von 0%, 20%, 50% und 100% wird ein neues Risikogewicht
von 150% eingeführt. Der Standardansatz basiert auf externen Ratings, die von unabhängigen
Ratingagenturen durchgeführt werden. Die Risikogewichte sind abhängig von der Ratingklasse, in die
ein Schuldner eingestuft wird, wodurch eine feinere Bonitätserfassung möglich wird. Die folgende
Tabelle zeigt die jeweiligen Risikogewichte in Abhängigkeit vom externen Rating.
Risikogewichte (in Prozent)
Externes
Staaten und Kreditinstitute
Rating Nicht-banken
Zentralbanken Option 1 Option 2
AAA bis AA- 0 20 20 20
A+ bis A- 20 50 50
20
BBB+ bis 50
50
BBB- 100
100
BB+ bis BB-
100 50 100
B+ bis B-
150
Unter B- 150 150 150 150
Ohne
100 100 20 50 100
Rating
Ein Beispiel soll den Unterschied zwischen geltenden und neuen Regeln verdeutlichen.
Unternehmenskredite (Nichtbanken) erhielten bisher einheitlich ein Risikogewicht von 100%
(100€ Kredit Æ 8€ haftendes Eigenkapital). Nun sind vier Risikogewichte möglich. Unternehmen mit
einem BBB+ Rating erhalten ein Risikogewicht von 50% (100€ Kredit Æ 4 € haftendes Eigenkapital).
Für Unternehmen ohne externes Rating bleibt es bei einem Risikogewicht von 100%.
Der Internal-Ratings-Based-Approach (IRB-Ansatz)
Da nur wenige Unternehmen ein externes Rating aufweisen, werden zur Ermittlung der
Eigenkapitalunterlegung auch Ansätze zugelassen, die auf bankinternen Ratings basieren. Die beiden
Ansätze, der Basis- und der Fortgeschrittene Ansatz, unterscheiden sich hinsichtlich vorgegebener und
19
20. Einfach lernen! Finanzierung Grundlagen von Basel II: Das Drei-Säulenkonzept
intern geschätzter Komponenten. Banken mit besserer Datenlage haben die Möglichkeit, die
Komponenten selbst zu schätzen. Diese bestimmen die Risikokosten des Kredits.
Die Risikokomponenten eines Kredits setzen sich wie folgt zusammen:
Datenangaben Basisansatz Fortgeschrittener Ansatz
EAD
Vorgabe durch
LGD
Bankenaufsicht Bankinterne Schätzwerte
M
PD Bankinterne Schätzwerte
EK-Unterlegung = Ausstehender Forderungsbetrag (EAD) * RG (=LGD * PD * M) * 8%
Die Risikokomponenten werden wie folgt definiert:
x Der Exposure at Default (EAD) ist die Kredithöhe zum Zeitpunkt des Ausfalls des Kredits. Er
bezeichnet somit die Höhe der ausstehenden Forderung gegenüber dem Kreditnehmer zum
Ausfallzeitpunkt.
x Der Loss Given Default (LGD) ist die Ausfallrate in Prozent des Kredites, d.h. der
Erwartungswert im Zeitpunkt des Ausfalls, der nicht durch die geleistete Zahlung des
Kreditnehmers und der Verwertung der Sicherheiten und Garantien abgedeckt ist.
x Die Probability of Default (PD) ist die Wahrscheinlichkeit für einen Kreditausfall innerhalb des
nächsten Jahres im Sinne bestimmter Kriterien. Die Schätzung der PD wird vorgenommen
nachdem die Bonität des Kreditnehmers durch die Zuweisung zu einer bankinternen Ratingklasse
eingeschätzt wurde.
x Die Maturity (M) ist die Restlaufzeit des Kredits, die künftig bei der Berechnung des
Risikogewichts berücksichtigt wird.
Die Risikogewichte sind im IRB-Ansatz – wie in oben stehender Formel ersichtlich – eine Funktion
aus den Komponenten Loss Given Default, Probability und Maturity [RG (=LGD*PD*M)]. Die
Ausprägung der Risikogewichte ist somit viel größer als im Standardansatz. Es sind nicht nur
pauschale Risikogewichte möglich, sondern ihre Höhe hängt von der Ausprägung der Komponenten
ab (z.B. 85% oder 123%, etc. möglich).
Kreditrisikominderungen
Künftig ist in allen Ansätzen eine umfangreiche Berücksichtigung von Sicherheiten vorgesehen, als
Möglichkeit zur Reduktion der unterlegungspflichtigen Risikoaktiva. Die Höhe der Anrechnung ist
über mehrere Verfahren auf Grundlage des Marktrisikos der Sicherheiten zu berechnen.
Kreditrisikominderungen sind beispielsweise Bareinlagen bei der kreditgebenden Bank, Wertpapiere
mit einem Rating größer BB- und andere. Die Anrechnung mindert folglich die notwendige
Eigenkapitalunterlegung.
2.5 Fazit
Durch die Ansätze zur Kreditrisikomessung, den Standardansatz und vor allem durch den IRB-Ansatz,
kann die Eigenkapitalunterlegung risikogerechter ermittelt werden. Die Kapitalkosten lassen sich über
diese Berechnung jedem Kredit genauer zuordnen. Als Ergebnis wird somit deutlich: Je HÖHER die
Risikokomponenten (RISIKO), desto HÖHER die KAPITALKOSTEN!
2.6 Zum RATING
In Deutschland gewann das Thema „Rating“ insbesondere durch die Diskussion um Basel II und die
modifizierten Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung von Krediten an Bedeutung. Vor allem auch
im Hinblick auf die Auswirkungen auf mittelständische Betriebe und die Wahrung der
20
21. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Konkurrenzfähigkeit der deutschen Kreditwirtschaft. Durch die zunehmende Verschärfung der
Kreditbedingungen für Unternehmen jeder Größenklasse, entstand ein steigender Bedarf an objektiven
externen Bonitätseinschätzungen.
Definition Rating
Rating ist eine Aussage über die zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens zur vollständigen und
fristgerechten Rückzahlung seiner Verbindlichkeiten, Kredite oder seines Fremdkapitals auf der Basis
einer intensiven, ganzheitlichen Unternehmensanalyse mit dem Ziel der Ermittlung von
Ausfallwahrscheinlichkeiten, erstellt von Kreditinstituten (internes Rating) oder von Ratingagenturen
(externes Rating).
Im wirtschaftlichen Bereich gilt Rating als eine Bonitätseinstufung von Schuldnern und deren
Finanztiteln und als ein Urteil über die Finanzkraft und Zukunftssicherheit eines Unternehmens. Es
bezeichnet sowohl den Ratingprozess, das Verfahren zur Bewertung der Bonität eines Schuldners, als
auch das Ergebnis bzw. das Ratingurteil.
Rating kann ebenso beschrieben werden als ein Vergleich und Aufbau einer Rangordnung von
Unternehmen, um bessere von schlechteren Bonitätsrisiken fein abgestuft unterscheiden zu können –
die Voraussetzung zur risikogerechten Bepreisung von Krediten.
Ratingarten – Externes versus internes Rating
Es gibt eine Vielzahl von Ratingarten (Bilanzratings, Auskunftsratings, Emittentenratings etc., im
Folgenden wird „nur“ auf die Unterscheidung zwischen internem und externem Rating eingegangen.
bankinternes Ratingagenturen
Unternehmen
Rating externes Rating
%DHULVFKH $NDGHPLH IU :HUEXQJ XQG 0DUNHWLQJ
:HUGHQ 6LH 0DUNHWLQJ3URIL
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6SH]LDOLVLHUHQ 6LH VLFK DQ GHU %$: LQ
0DUNHWLQJ .RPPXQLNDWLRQ 35
'LDORJ2QOLQH 0HGLHQ XQG 6DOHV
NDUULHUHEHJOHLWHQG
DEHQGV RGHU DP :RFKHQHQGH
23. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Ratings haben je nach Untersuchungsobjekt, Zielsetzung und Auftraggeber unterschiedliche
Ausgestaltungsformen. Beide Formen nutzen quantitative und qualitative Kriterien, aber es gibt
wesentliche Unterschiede in den zugrunde liegenden Informationen und ihrer Gewichtung.
Das externe Rating wird von unabhängigen Institutionen – Ratingagenturen – durchgeführt, die
keinem staatlichen Einfluss unterliegen. Interne Ratings werden von Banken durchgeführt. Sie setzen
häufig nur den relativen Charakter von Ratings um, indem sie zwischen kreditwürdig und nicht
kreditwürdig unterscheiden, ohne die Abstufungen einzelner Bonitätsklassen zu begründen.
2.6.1 Zum externen Rating
Das externe Rating ist eine Aussage über die Bonität von Schuldnern, welche durch eine unabhängige
Ratingagentur ermittelt wird. Die Initiative geht i.d.R. vom zu analysierenden Unternehmen
(Emittenten) aus – im Interesse Dritter, insbesondere potenzieller Kreditgeber.
Ziel ist es, die asymmetrische Informationsverteilung zu mindern, d.h. das Misstrauen bei Investoren
und Anlegern zu reduzieren. Hierzu kann ein gutes Rating insofern eingesetzt werden, als dass es ein
Bonitätssignal für den Markt darstellt. Die Kosten für das Unternehmen als Kapitalnehmer werden
geringer, da Risikozuschläge in Form von erhöhten Zinsen gemindert werden.
Die bekanntesten Ratingagenturen sind Moody´s, die bereits im Jahr 1909 gegründet wurden,
StandardPoor´s und Fitch. Diese verfügen über eine breite statistische Basis und können folglich mit
einer hohen Genauigkeit Ausfallwahrscheinlichkeiten bestimmen. Ihre Ratings sind in der
internationalen Finanzwelt hoch angesehen. Wichtig für die Akzeptanz eines Ratings ist das Vertrauen
in das gefällte Ratingurteil. Dieses kann über sogenannte „Default Studies“ gemessen werden, die
untersuchen wie oft sich das ursprünglich erteilte Bonitätsurteil der Agentur durch die weitere
Entwicklung des Unternehmens bestätigt. Wie bereits oben diskutiert, findet das externe Rating
zukünftig Anwendung im Rahmen des Standardansatzes von Basel II bei Banken.
Ratingskalen/Ratingsymbolik/Ratingmodifikatoren
In ein Ratingurteil fließen quantitative und qualitative Kriterien ein, die für die Bewertung gewichtet,
verknüpft und zu einer abschließenden Kennzahl verdichtet werden. Das Ratingsymbol, dargestellt als
Buchstaben und/oder Zahlen, ist ein Urteil darüber, wie hoch die Ausfallwahrscheinlichkeit des
Kredites eines Schuldners im nächsten Jahr ist und verdeutlicht die Bonität. Ergänzt werden die
Ratingsymbole durch Modifikatoren in Form von Plus- und Minuszeichen oder Ziffern von eins bis
drei, die der Differenzierung innerhalb der Ratingklasse dienen. AA+ zeigt, dass ein Unternehmen in
der Kategorie AA im oberen Bereich liegt, steht aber nicht für eine Tendenz in der Ratingveränderung.
Je schlechter die Ratingklasse bzw. je länger der Beobachtungszeitraum und je schlechter die
konjunkturelle Situation ist, desto höher sind auch die Ausfallwahrscheinlichkeiten.
Jedes Ratingsymbol (Ratingklassen) hat eine Erläuterung zum Ausdruck des jeweiligen Risikogehalts
einer Klasse – hier 3 Beispiele:
x AAA – klassifizierte Unternehmen wird die höchste Qualität hinsichtlich der Zukunftssicherheit
beigemessen. Es handelt sich um „erstklassige“ Unternehmen, da sie eine fundamental starke
Stellung aufweisen.
x CCC – klassifizierte Unternehmen haben Strukturen, die die Zukunftssicherheit stark
beeinträchtigen, der Kapitaldienst ist akut gefährdet oder das Unternehmen befindet sich bereits
im Zahlungsverzug.
x D – klassifizierte Unternehmen sind insolvent, es handelt sich lediglich um eine Dokumentation
der Zahlungsunfähigkeit (nicht mehr zukunftsgerichtet).
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24. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Ratingklassen Rating Erläuterungen
AAA AAA Sehr gute Bonität, geringstes Insolvenzrisiko
AA AA+
AA Sehr gute Bonität, sehr geringes Insolvenzrisiko
AA-
A A+
A Gute Bonität, geringes Insolvenzrisiko
A-
BBB BBB+
BBB Stark befriedigende Bonität, mittleres Insolvenzrisiko
BBB-
BB BB+
BB Befriedigende Bonität, mittleres bis höheres Insolvenzrisiko
BB-
B B+
B Ausreichende Bonität, höheres Insolvenzrisiko
B-
C CCC
CC Kaum ausreichende Bonität, hohes Insolvenzrisiko
C
D D Ungenügende Bonität (Ausfall)
Tab. 2: Ratingsymbolik nach der Hermes Rating GmbH
Ansätze
Bei dem „Point-in-time“-Rating handelt es sich um ein kurzfristiges Rating mit einem
Betrachtungszeitraum von bis zu einem Jahr. Die Analyse stellt verstärkt auf die aktuelle Lage des
Kreditnehmers ab. Es erfolgt somit eine heutige Einschätzung des zu bewertenden Unternehmens.
Eine Prognose der zukünftigen Entwicklung wird durch die Betrachtung eines Entwicklungspfades
mittels Kennzahlen eingearbeitet. Beim „Point-in-time“-Rating handelt es sich um einen statischen
Ansatz, der Anpassungen in relativ kurzen Zeitabständen erforderlich macht, speziell bei
Veränderungen in der Unternehmenswelt.
Die zweite Herangehensweise, das „Through-the-cycle“-Rating, ist langfristig ausgerichtet. Es soll
„durch den Zyklus hindurchschauen“ und daher ist der Beurteilungshorizont mit vier bis fünf Jahren
deutlich umfassender. Dabei wird der komplette Konjunkturzyklus betrachtet, der Kreditnehmer wird
verschiedenen Krisensituationen (best und worst-case-Szenarien, z.B. einer Rezession) ausgesetzt und
danach bewertet. Es handelt sich um einen Ansatz, der möglichst viele Szenarien für die
wirtschaftliche Umfeldentwicklung zu berücksichtigen versucht. Bei der Analyse stellt man die Frage,
wie anfällig der Kreditnehmer auf ein sich verschlechterndes Umfeld reagiert. Dieses Vorgehen führt
zu einer vergleichsweise schlechteren Beurteilung, auch ist hier der Aufwand erheblich höher. Dafür
sind die Einstufungen im Zeitablauf robuster und besitzen eine höhere Aussagekraft.
23
25. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Der externe Rating-Prozess
Informations- Auswahl des Antrag auf Rating
beschaffung Analystenteams
Ergebnis
Länderanalyse
Rechtliche Länderrisiko Annahme durch
Rahmenbedingungen Ratingkomitee?
Branchenanalyse Annahme durch
Wettbewerbstrends Branchenrisiko Unternehmen?
Marktposition
Publikation des Rating
Quantitative
Qualitative Unternehmensrisiko
Analyse fortlaufende Überwachung
Trifft ein Unternehmen die Entscheidung sich extern raten zu lassen, so wählt es eine Ratingagentur
aus und stellt bei dieser einen Antrag auf die Durchführung des Ratings. Es erfolgt eine Abgrenzung
des Ratingziels. Das Unternehmen als Auftraggeber wird im Folgenden als Regelfall betrachtet,
obgleich erwähnt sein soll, dass es auch andere Konstellationen geben kann. Im zweiten Schritt
werden Analystengespräche mit dem Management und weiteren Mitarbeitern geführt und alle
relevanten Daten gesammelt. Hierzu zählen die Herausgabe zahlreicher interner Unterlagen, sowie die
Beschaffung weiterer externer Informationen, wie Presseerklärungen, Branchenvergleichszahlen, usw.
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24
26. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Dem Unternehmen steht es frei zu entscheiden, welche Unterlagen es zur Verfügung stellt. Allerdings
kann bei Nichteinreichen bestimmter Unterlagen unterstellt werden, dass es Informationen über
ungünstige Tatbestände zurückhalten möchte. Somit führt ein derartiges Verhalten wegen des
Vorsichtsprinzips zu einem niedrigeren Rating.
Liegen der Agentur alle benötigten Daten vor, beginnt sie mit der Aufbereitung. Verwendete
Kennzahlen sind branchenspezifisch verschieden und auch die Eigenarten des Unternehmens im
Einzelfall werden berücksichtigt. Daher nutzen Agenturen einen sehr großen, allerdings in
Deutschland nicht standardisierten, Kriterienkatalog.
Die Kriterien zur Bewertung lassen sich in drei Prüffelder zusammenfassen, es wird nach dem
sogenannten „Top-Down-Approach“ vorgegangen:
x Die Ausgangsbasis ist die Untersuchung des Länderrisikos. Hier werden politische und
wirtschaftliche Risiken des Landes berücksichtigt, wie beispielsweise Währungsrisiken,
Devisenreserven oder Risiken der Verstaatlichung. Im zweiten Schritt geht es um die Feststellung
der Risiken des jeweiligen Wirtschaftszweiges. Ausschlaggebende Aspekte können die
Arbeitskräftesituation, eine absehbare Nachfrageveränderung oder die Wettbewerbssituation des
Unternehmens sein. Erst im letzten Teil der Betrachtung fokussiert man unternehmensspezifische
Risiken:
x Finanzrisiko (Kapitalstrukturrisiko), quantitative Informationen; Analyse des
Jahresabschlusses, finanzwirtschaftliche Krisensymptome
x Geschäftsrisiko (Managementqualität/Positionierung in der Branche etc.) qualitative/
zukunftsgerichtete Faktoren
Alle Aspekte werden abschließend zu einer vorläufigen Ratingnote verdichtet und dann vor dem
Ratingkomitee präsentiert. Das Komitee prüft die Plausibilität des Urteils. Erst dann wird die
Bewertung dem Unternehmen mitgeteilt. Die Entscheidung über die weitere Nutzung liegt beim
Auftraggeber. Er kann es veröffentlichen oder intern nutzen. Anschließend erfolgt eine Beobachtung
des Ratings über ein weiteres Jahr. Wenn besondere Ereignisse eine veränderte Klassifizierung
begründen könnten, wird das Unternehmen auf eine „Watchlist“ gesetzt. Der Zeitrahmen für den
gesamten Ratingprozess beträgt, je nach Größe des Unternehmens und Zielsetzung, zwischen vier
Wochen und drei Monaten.
Adressaten: Deren Nutzen/Vorteile eines Ratings
Das Ratingurteil hat zum einen eine absolute Informationsfunktion, das heißt es ist eine sinnvolle und
hilfreiche Angabe, auch wenn dem Management die Ratings anderer Unternehmen nicht bekannt sind.
Andererseits können auch Ratings untereinander, innerhalb einer Branche, aber auch branchen- oder gar
länderübergreifend, verglichen werden, um zu überprüfen ob das Unternehmen günstiger oder ungünstiger
als seine Mitbewerber dasteht. Hierbei spricht man von der sogenannten relativen Informationsfunktion.
Bei einem schlechten Urteil wird die Ratingauswertung als Verbesserungsgrundlage genutzt. Ein gutes
Urteil kann als Kommunikationsinstrument eingesetzt werden.
Bei einem externen Rating wird eine Vielzahl von Adressaten angesprochen von denen einige
exemplarisch dargestellt werden und der sich für sie ergebende Nutzen beschrieben wird.
1.) Management des Unternehmens selbst
Für das Management bedeutet das Rating vor allem Transparenz nach innen, denn es kann als neutrale
Analyse der internen Stärken und Schwächen sowie der Chancen und Risiken angesehen werden.
Verbesserungspotentiale werden transparent gemacht und die gewonnenen Informationen können
gezielt für die künftige Unternehmensführung eingesetzt werden. Außerdem ist es ein wichtiges
Hilfsmittel für das Finanzcontrolling, das auch auf künftige Ratings vorbereitet.
25
27. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
2.) Banken
Im Geschäftsverhältnis mit Banken dient das Rating als Argumentationshilfe bei Kredit-gesprächen,
denn wesentliche Kreditkonditionen sind vom Rating abhängig. Zinsnachlässe können gefordert
werden, weil die Prüfungskosten geringer sein dürften. Es führt zu einer Erhöhung der
Kreditwürdigkeit und bietet den Instituten eine zusätzliche Kontrolle ihrer eigenen bankinternen
Einschätzung. Nicht zu unterschätzen ist die der Bank gebotene Gewissheit, dass sich die
Geschäftsleitung mit der Frage der gezielten Steuerung des eigenen Existenzrisikos beschäftigt.
3.) Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter
Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter sind an Informationen über das Unternehmen interessiert, denn
sie leisten Anzahlungen, beziehungsweise haben Forderungen aus Lieferung und Leistung. Ein gutes
Rating ist förderlich für die Kundengewinnung und -bindung. Es handelt sich gewissermaßen um eine
Visitenkarte, die Geschäftsmöglichkeiten rund um den Globus vereinfacht. Die Vertrauensbasis wird
gestärkt, auch hinsichtlich der Sicherheit der Arbeitgeberstellung.
Marketingmaßnahme
Ein Rating bringt eine große Öffentlichkeitswirksamkeit mit sich und steigert die Reputation und das
Standing des Unternehmens. Somit spielt die Kommunikation seiner guten Bonität eine zentrale Rolle
im Finanzmarketing des Emittenten.
Unternehmensnachfolgeprozess
Rating wird auch als Instrument bei der Problemlösung zur Findung von externen Nachfolgern
verwendet. Da es sich um eine gute Einschätzung des Fortbestandsrisiko bzw. der Überlebensfähigkeit
des Unternehmens handelt, werden die Verkaufsverhandlungen erleichtert und die
Verhandlungsposition des Veräußerers gestärkt. Dem potentiellen Käufer wird eine wichtige
Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt und er weiß, dass er durch die Ratingnote eine
verlässliche Information über die Bonität des Unternehmens in den Händen hält.
2.6.2 Zum internen Rating
Das interne Rating ist eine Bonitätsbeurteilung des Unternehmens durch ein Kreditinstitut ohne
Auftrag des Kunden. Ziele und Einsatzmöglichkeiten sind die Ermittlung von
Ausfallwahrscheinlichkeiten, die Konditionengestaltung ebenso wie die Risiko-, Portfolio-, und
Gesamtbanksteuerung. In Zukunft ist das interne Rating bedeutsam für Basel II und findet Anwendung
im Internal-Ratings-Based-Approach.
Klassische interne Bonitätsanalysen sind die Voraussetzung für eine risikogerechte Bepreisung von
Krediten. Ziele sind die gute Zuordnung von zukünftig solventen bzw. insolventen Unternehmen in einer
abgestuften Klassifizierung, die eigene Meinungsbildung über die im Portfolio der Bank enthaltenen
Kreditrisiken und eine effiziente Kreditrisikostreuung. Die internen Bonitätsbewertungen sind
weitgehend institutionsspezifisch, sie legen besonderes Gewicht auf die quantitativen Faktoren (bis zu
75% hard facts – Jahresabschluss/Zahlungserfahrungen) und sind geprägt durch eine standardisierte, fixe
Gewichtung der Faktoren. Meistens gehen aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehungen sehr
differenzierte Kundeninformationen in die Beurteilung mit ein, allerdings besteht erfahrungsgemäß auch
die Gefahr einer gewissen Blindheit bei der Beurteilung. Das Urteil wird nicht offengelegt.
Neue bankinterne Ratingsysteme können gemäß Basel II künftig neben externen Ratings (Standard
Approach) für die interne Risikomessung einer Bank in ihrem Kreditportfolio herangezogen werden –
sie dienen demnach der Klassifizierung von Kreditengagements hinsichtlich ihres Ausfall- und
Kreditrisikogehalts. Die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen wird künftig von diesen
internen Systemen tangiert. Die Banken müssen bei internen Ratings für mehrere Ratingklassen Ausfall-
und Insolvenzwahrscheinlichkeiten belegen. Zudem legen sowohl externe als auch künftige interne
Ratingverfahren eine stärkere Gewichtung auf qualitative Aspekte und die Zukunftsbezogenheit.
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28. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Beispiel für ein bankinternes Rating-Verfahren, das bereits heute den Anforderungen von Basel
II entspricht - IKB Deutsche Industriebank AG
Das Rating-Verfahren der IKB wird in engem Austausch mit führenden Ratingagenturen und
Institutionen an die aktuellen Anforderungen von Basel II angepasst. Es besteht aus vier
Themenbereichen (= Teilratings), die gemeinsam die Gesamtbonität des Unternehmens ergeben. Die
Zusammenfassung der Einzelbewertungen erfolgt über ein komplexes Rechenwerk mit unterschiedlicher
Gewichtung, auf Basis hinterlegter Referenztabellen nach dem Vorsichtsprinzip. Benötigt werden unter
anderem Informationen zur aktuellen wirtschaftlichen Lage, zur Rechtsform, zur Größe, sowie zur
Planung und Organisation.
Zu den vom potentiellen Kreditnehmer geforderten Unterlagen gehören:
x die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre,
x die Planung für die nächsten zwei Jahre,
x eine betriebswirtschaftliche Auswertung,
x ein Businessplan und ein Strategiepapier,
x der Liquidität-/Finanzplan,
x der Investitionsplan und
x persönliche Angaben zur Geschäftsleitung.
Annahmen bei der Wahl der Ratingkriterien:
x Die Güte der Unternehmensbeurteilung hängt von der eingesetzten Methodik ab.
x Es gibt typische Merkmale bei krisenbehafteten Unternehmen, die bei krisenfreien Unternehmen
nicht vorhanden sind.
x Die Ursache von Insolvenzen/Krisen liegt immer in einer Kombination von Schwachstellen.
x Erst durch eine Verknüpfung ausgewählter Kenngrößen, deren Gewichtung und Bewertung,
gelangt man zu einer Ausfallwahrscheinlichkeit.
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29. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Themenbereiche des IKB-Rating
Bisherige Qualitative
Unternehmensentwicklung Erfolgsfaktoren
(hard facts) (soft facts)
Gesamtbonität
Mittelfristige
Unternehmensplanung Liquidität
(hard facts)
1.) Bisherige Unternehmensentwicklung
Es wird eine Analyse der Daten der letzten drei Jahresabschlüsse durchgeführt. Besonders
aussagekräftig sind die drei Kennzahlen Gesamtkapitalrentabilität, Eigenmittelquote, Ver-
schuldungsgrad, die einzeln bewertet und gewichtet werden. Zu beachten ist, dass es sich hierbei
ausschließlich um Spätindikatoren handelt, das heißt um finanzwirtschaftliche Krisensymptome als
Indikatoren für eine (kurz) bevorstehende oder bereits eingetretene Rentabilitäts- oder Liquiditätskrise.
2.) Mittelfristige Unternehmensplanung
Im zweiten Schritt erfolgt eine zukunftsbezogene Bewertung mit denselben Kennziffern auf Basis der
Unternehmensplanzahlen. Diese führt eventuell zu einer Anhebung der Teilbewertung, wenn in der
Vergangenheit die Weichen für eine nachhaltige Verbesserung des Bilanzbildes gestellt wurden. Ein
Abfall der Planzahlen gegenüber den Vergangenheitszahlen hingegen bedeutet eine Abwertung.
3.) Qualitative Erfolgsfaktoren
Der dritte Teilbereich befasst sich mit einer umfassenden Analyse qualitativer und zukunftsgerichteter
Unternehmensmerkmale (Frühindikatoren). Hierbei werden das Unternehmen, sein Umfeld und die
Verbindung des Unternehmens zum Kreditinstitut untersucht. Als Grundlage dient ein umfangreicher
Fragenkatalog, der vom IKB-Kundenberater und dem Unternehmen entwickelt wird.
Die fünf Themenbereiche mit beispielhaften Aspekten des Fragenkataloges stellen sich
folgendermaßen dar:
1) Führungsstruktur: Ist die fachliche Qualifikation in technischer und kaufmännischer Hinsicht
erwiesen? Ist aus der Altersstruktur des Managements eine geregelte Nachfolge erkennbar? Ist die
Struktur des Unternehmens in der Lage, sich kurzfristig auf Wettbewerbs-veränderungen
einzustellen?
2) Controlling: Existiert ein Debitorenmanagement? Ist im Unternehmen eine Controlling-funktion
implementiert?
3) Unternehmenskonzept: Existiert eine fortlaufende strategische Planung, in die die aktuelle
konjunkturelle Lage einfließt? Sind die strategischen Ziele im Hinblick auf die aktuelle
Unternehmens- und Marktsituation realistisch?
4) Marktposition: Wie stellt sich der relevante Absatzmarkt dar? Bestehen Abhängigkeiten von
einzelnen Kunden oder Lieferanten?
5) Produktion: In welchem Zustand befinden sich die Produktionsanlagen und -maschinen? Besteht
ein Qualitätssicherungssystem?
Die einzelnen Bereiche werden unterschiedlich gewichtet. Ein besonders entscheidender Erfolgsfaktor
ist das Management, vor allem auch in Bezug auf die Nachfolgeregelungen. Eine ungeregelte
Nachfolge kann zur Abwertung führen.
28
30. Einfach lernen! Finanzierung Zum RATING
Die drei Teilbereiche (1-3) werden zu einer Vorbewertung zusammengefasst, wobei schlechte
Teilratings überproportional gewichtet werden. Im nächsten Schritt betrachtet man gesondert die
Liquiditätslage des Unternehmens.
Liquiditätslage
Bei einer guten Liquiditätslage (Stufe A) wird die Vorbewertung zur Gesamtbewertung. Stellt sich die
Liquiditätslage allerdings sehr schlecht dar, erfolgt eine Abwertung in die unterste Ratingkategorie.
Typische Fragen zur Prüfung der Liquidität lauten:
x Erfolgt eine zeitnahe/laufende Liquiditätsplanung unter Berücksichtigung der bestehenden
Kreditlinien, liquide Aktiva?
x Ist die Liquiditätslage auf Grund ausreichend freier Guthaben für einen überschaubaren Zeitraum
einwandfrei?
x Kam es in den letzten beiden Jahren zu Bedienungsstörungen bei Fremdverbindlichkeiten, oder
konnte dies nur durch Neukredite verhindert werden?
Abschließend ist zu sagen, dass erst eine Vielzahl von schwachen Signalen eine besonders hohe
Diagnosekraft besitzt. Daher besteht die unbedingte Notwendigkeit, Ratingurteile erst nach einer
umfassenden Analyse der Unternehmensbereiche sowie einer Umfeldanalyse zu treffen.
Auch wenn nach Verabschiedung von Basel II kein Zwang für ein externes Rating bestehen wird,
werden sich die Unternehmen des deutschen Mittelstandes einem bankinternen Rating unterziehen
müssen – sofern sie Kredite oder andere Fremdmittel aufnehmen wollen. Dabei ist abzusehen, dass sich
einerseits die Anforderungen an eine gute Bonitätsbewertung erhöhen und andererseits die damit
verbundenen Eigenkapitalunterlegungen in der Konditionengestaltung spiegeln werden. Dies hat für
Unternehmen positive Konsequenzen, die auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis und in einem
wachstumsstarken Marktumfeld stehen. Unternehmen ohne diese Kriterien werden künftig mit einer
Erhöhung ihrer Kreditkosten rechnen müssen. In Zukunft wird daher der Mittelstand dem Thema Rating
– sowohl bei der Beurteilung durch externe Agenturen als auch durch potenzielle Kreditgeber – stärkere
Beachtung beimessen müssen. Ratings bieten die Möglichkeit, Unternehmen auf einer aktuellen Basis
realistisch einzuschätzen sowie eine gezielte Optimierung der Eigenkapitalbasis, der Bilanz- oder
Unternehmensstruktur oder der Finanzierungsstruktur zu bewirken. Unternehmen sollten daher die
Chance ergreifen, ihr Rating im Hinblick auf qualitative und quantitative Faktoren positiv zu
beeinflussen.
29
31. Einfach lernen! Finanzierung Jahresabschlussorientierte Analyse der Finanzlage
3. Instrumente der Jahresabschlussanalyse, der
Finanzanalyse und der Finanzplanung
In den folgenden Ausführungen werden zwei Instrumente, namentlich die Analyse der Finanzlage, mit
dem Schwerpunkt Jahresabschlussanalyse (Bilanzanalyse) und die Finanzplanung, vorgestellt.
3.1 Jahresabschlussorientierte Analyse der Finanzlage
Die Finanzlage eines Unternehmens wird durch dessen Finanzierung bestimmt. 4 Im Rahmen der
Analyse der Finanzlage geht es maßgeblich darum, Kennzahlen aus der Bilanz zu bilden, die die
wirtschaftliche Lage und die künftige Entwicklung eines Unternehmens möglichst realitätsnah
darstellen. Hierfür sind vor allem relative Kennzahlen (Verhältniszahlen) geeignet, die aus
verschiedenen, ineinander ins Verhältnis gesetzten Kennzahlen der Bilanz bestehen. Diese erlauben
einen Vergleich von Unternehmen unterschiedlicher Größe. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich
Zähler und Nenner der einbezogenen Größen sowohl zeitlich als auch sachlich und wertmäßig
entsprechen müssen, um aus dem Ergebnis fundierte Schlüsse ziehen zu können.
Die im Rahmen der Finanzanalyse gebildeten Kennzahlen, geben einen Überblick über die finanzielle
Situation eines Unternehmens. Bei regelmäßiger Durchführung können positive oder negative
Entwicklungstendenzen der Finanzlage erkannt und mit Hilfe entsprechender Maßnahmen ausgebaut
oder abgewendet werden.
Bestandsgrößenorientierte Analyse der Finanzlage
Für die Analyse der Finanzlage eines Unternehmens können Bilanzstrukturanalysen herangezogen
werden, die sich in folgende drei Bereiche unterteilen lassen:
1) Vermögensstrukturanalyse bzw. Investitionsanalyse,
2) Kapitalstrukturanalyse bzw. Finanzierungsanalyse und
3) horizontale Bilanzstrukturanalyse.
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32. Einfach lernen! Finanzierung Jahresabschlussorientierte Analyse der Finanzlage
3.1.1 Vermögensstrukturanalyse
Die Vermögensstrukturanalyse ist hinsichtlich der Untersuchung der Vermögenslage eines
Unternehmens von zentraler Bedeutung. Untersuchungsobjekt ist die nach dem Kriterium der
Fristigkeit gegliederte Aktivseite der Bilanz.5
Ziele der Vermögensstrukturanalyse
Ziel der Vermögensstrukturanalyse ist zum einen die Untersuchung der Art und Zusammensetzung des
Vermögens eines Unternehmens (Mittelverwendung), das heißt für welche Vermögens-gegenstände das im
Unternehmen eingesetzte Kapital ausgegeben wurde und zum anderen das Gewinnen von Erkenntnissen
über die Dauer der Vermögensbindung. Darüber hinaus ist die Geschwindigkeit, mit der die
Vermögensteile durch den leistungswirtschaftlichen Umsatzprozess monetarisiert, „das heißt zu Geld
gemacht werden“, (Kapitalumschlag) von Bedeutung. Mit abnehmender Fristigkeit der Vermögensbindung
wird das Liquiditätspotenzial erhöht und damit die Gefahr einer aufgrund von Illiquidität ausgelösten
Insolvenzprüfung verringert.
Verhältnis von Anlagevermögen und Umlaufvermögen
In der Bilanz sind gemäß §242 Abs. 1 HGB Vermögen und Schulden des Kaufmanns
gegenüberzustellen. Hiernach sind folgende Posten auf der Aktivseite darzustellen:
x Anlagevermögen,
x Umlaufvermögen und
x Rechnungsabgrenzungsposten.
Mit abnehmender Dauer der Vermögensbindung:
x lässt sich das Vermögen tendenziell schneller verflüssigen;
x geht, ceteris paribus, die Fixkostenbelastung des Unternehmens zurück. Folglich wirken sich
Beschäftigungsänderungen weniger stark auf die Erfolgslage des Unternehmens aus und umso
geringer ist dementsprechend das leistungswirtschaftliche Risiko;
x steigt tendenziell die Kapazitätsauslastung, was sich positiv auf die Rentabilität auswirkt;
x verringert sich der Kapitalbedarf des Unternehmens und somit die Belastung durch
Kapitaldienstkosten;
x steigt die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an, da Vermögensumschichtungen des
kurzfristigen Vermögens regelmäßig leichter zu bewerkstelligen sind als die des langfristigen
Vermögens.
Mit Hilfe der Kennzahlen „Anlagenintensität“ und „Umlaufintensität“ kann ermittelt werden, wie
hoch der Anteil des langfristig gebundenen Vermögens bzw. des kurzfristigen Umlaufvermögens am
Gesamtvermögen ist. Anhand der Kennzahl „Vermögensintensität“ wird das Verhältnis vom
Anlagevermögen zum Umlaufvermögen dargestellt.
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33. Einfach lernen! Finanzierung Jahresabschlussorientierte Analyse der Finanzlage
Anlagevermögen
Anlagenintensität =
Gesamtvermögen
Umlaufvermögen
Umlaufintensität =
Gesamtvermögen
Anlagevermögen
Vermögensintensität =
Umlaufvermögen
Es werden im Allgemeinen für die vorstehend genannten Intensitätskennzahlen zwei Aussagen
erwartet:6
x Je höher der Anteil des Umlaufvermögens am Gesamtvermögen ist, desto größer sollte die
Flexibilität und somit auch die finanz- und erfolgswirtschaftliche Stabilität des Unternehmens
sein.
x Je kleiner der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen ist, desto besser ist die
Kapazitätsausnutzung und somit die Ertragslage des Unternehmens. Dies wird damit begründet,
dass eine steigende Kapazitätsausnutzung zu steigenden Umsätzen und diese wiederum zu
steigenden Vorrats- und Forderungsbeständen führen.
3.1.2 Kapitalstrukturanalyse
Die Kapitalstrukturanalyse dient der Analyse des Kapitals eines Unternehmens, das sich aus
Eigenkapital und Fremdkapital zusammensetzt. Im Rahmen dieser Analyse ist ausschließlich die
Passivseite der Bilanz relevant, deren Gliederung in §266 Abs. 3 HGB vom Gesetzgeber
vorgeschrieben ist.
Ziele der Kapitalstrukturanalyse
Anhand der Kapitalstrukturanalyse werden einerseits Informationen über die Herkunft und
andererseits Erkenntnisse hinsichtlich der Zusammensetzung des dem Unternehmen zur Verfügung
stehenden Kapitals gewonnen. 7 Zu diesem Zweck werden Struktur, Fristigkeit und Sicherheit des
eingesetzten Kapitals untersucht. Den Schwerpunkt der Kapitalstrukturanalyse stellt die Untersuchung
des Verhältnisses von Eigenkapital zu Fremd- und Gesamtkapital dar. Daneben können durch die
Analyse der Fremdkapital- und Eigenkapitalstruktur zusätzliche Informationen hinsichtlich der
Beurteilung des Verhältnisses von Eigenkapital zu Fremd- und Gesamtkapital gewonnen werden.
Verhältnis von Eigenkapital und Fremdkapital zum Gesamtkapital
Die Praxis stützt sich hinsichtlich der Beurteilung der Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens im
Wesentlichen auf die Kapitalkoeffizienten Eigenkapitalquote und Fremdkapitalquote. Sie stellen
Indikatoren für die Verlustabsorptionsfähigkeit, das heißt das Sicherungspotenzial eines
Unternehmens dar und werden in ihrer Grundvariante wie folgt definiert:8
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