Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Müller: Verträge der Filmproduktion
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L6 Film
Verträge in der Filmproduktion
Thomas G. Müller
seit 1982 Rechtsanwalt in München, Schwerpunkte: Urheber-, Film- und Medien-
recht; www.film-recht.de
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Die typischen Vertragsbeteiligten beim Film 2
2.1 Der Filmproduzent 2
2.2 Auftraggeber/Finanzier 3
2.3 Rechteinhaber/Lizenzgeber 4
2.4 Filmschaffende 4
2.5 Produktions-Dienstleister 5
2.6 Filmverwerter 5
3. Die Filmfinanzierung und ihre Vertragstypen 5
3.1 Unechte Auftragsproduktion 5
3.2 Echte Auftragsproduktion 6
3.3 Kofinanzierung 6
3.4 Koproduktion 7
4. Vertragstypen 7
4.1 Absichtserklärung/Letter of Intent 8
4.2 Stichwortvereinbarung/Deal Memo 8
4.3 Hauptvertrag/Long Form Agreement 9
5. Auftragsvereinbarung einer Filmproduktion 9
Auftragsvereinbarung einer Filmproduktion 10
Auf Grund der zumeist beträchtlichen Kosten in der Filmproduktion stellt sich dem
Produzenten die Frage der Finanzierung mit besonderer Dringlichkeit. Aus der
Finanzierung durch den Auftraggeber ergeben sich für beide Parteien Rechte und
Pflichten. Diese sollten vertraglich genau festgelegt werden, um spätere Missver-
ständnisse und daraus resultierende Konflikte zu vermeiden, wie beispielsweise bei
der nicht fristgerechten Fertigstellung des Filmwerks durch den Produzenten oder L
die unzulässige Verwertung des fertig gestellten Filmmaterials durch den Auftrag- 6.1
geber. Im Folgenden finden Sie hilfreiche Erläuterungen und Hinweise zu Verträgen
in der Filmproduktion sowie ein Vertragsmuster im Anhang. S. 1
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2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L6 Film
1. Einleitung
Der Begriff Film bedeutet an sich nur eine Abfolge von Laufbildern, die in ver-
schiedener Technologie und mit völlig unterschiedlichem Aufwand hergestellt
werden können. Rechtlich umfasst der Begriff Film den Einmann-Amateurfilm
auf Video genauso wie den komplex hergestellten Spielfilm und dessen Auswer-
tung. Beide Filmwerke begründen Urheberrechte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG
sowie im Urheberrecht geregelte Leistungsschutzrechte zu Gunsten des Film-
herstellers gemäß §§ 88 ff. UrhG. Eine professionelle Filmproduktion gliedert
sich gemeinhin in mehrere aufeinanderfolgende Zeitabschnitte:
- Projektentwicklung und Finanzierung
- Produktion mit Dreh
- Postproduktion mit Schnitt bis zu Fertigstellung
- Auswertung
Je komplexer und aufwendiger die Filmproduktion, desto umfangreicher und
spezialisierter ist zumeist das abzuschließende Vertragswerk. Jede der vorgenann-
ten Produktionsphasen kennt ihre spezifischen Vertragswerke mit ihren typischen
Vertragsbeteiligten. Insofern gibt es im Filmvertragsrecht eine Fülle unterschied-
licher Vertragstypen sowohl inhaltlicher als auch rechtlicher Natur. Deren Ge-
samtschau würde sowohl Inhalt als auch Intention dieses Beitrags sprengen.
Insofern soll ein summarischer Überblick die wichtigsten Vertragsbeteiligten und
Besonderheiten einzelner Produktionstypen thematisieren. Ein abschließender
Mustervertrag wird eine Auftragsproduktion darstellen. Seine Kommentierung
erlaubt die spezifische Erläuterung einiger vertragsrechtlich relevanter Fragen.
2. Die typischen Vertragsbeteiligten beim
Film
2.1 Der Filmproduzent
Zumindest in den ersten drei Phasen der Filmherstellung ist der Filmhersteller
bzw. Filmproduzent zentrale Figur des Geschehens und daher der typische Ver-
tragspartner aller hierbei anfallender Filmverträge. Selbstverständlich kann der
Filmproduzent in Personalunion mit Autor und/oder Regisseur erscheinen, seine
typische Funktion ist jedoch die Verknüpfung der notwendigen organisatorischen,
finanziellen und inhaltlichen Elemente.
L
6.1 Auf Grund dieser Leistung, die nicht selten mit einem hohen finanziellen Risiko
S. 2
verbunden ist, gewährt das Urheberrecht dem Produzenten einen eigenen Leis-
tungsschutz (§ 94 UrhG). Weiterhin bündeln sich beim Filmproduzenten in der
Regel sämtliche am Film entstehenden Nutzungsrechte, über die dann der Film-
produzent, etwa in Form von Verwertungsverträgen, verfügt oder die er bei einer
Auftragsproduktion an seinen Auftraggeber vollumfänglich überträgt.
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L6 Film
Merke
Vom Filmproduzent als Filmhersteller im rechtlichen Sinne sind anderweitige
Produzentenbezeichnungen zu unterscheiden, wie sie öfters in den Filmtiteln zu
sehen sind und deren Namen sich aus dem englischen Sammelbegriff Producer
herleiten. So werden angestellte oder freischaffende Herstellungs- und/oder Pro-
duktionsleiter, die im Auftrag des eigentlichen Filmproduzenten die Produktion
organisieren und überwachen als Producer benannt, ohne dass sie hierdurch
gesonderte Rechte am Film erwerben. Auch kennt die angloamerikanische Film-
branche den line producer, der dem Herstellungsleiter entspricht oder den associ-
ate producer, der in irgendeiner Weise mit der Filmherstellung verbunden ist, wie
z. B. ein mitspracheberechtigter Finanzier. Auch werden immer mehr Filmpro-
duktionen als Koproduktion mit mehreren Filmproduzenten durchgeführt, insbe-
sondere bei internationalen Projekten, so dass sich die Produzentenliste um die
Koproduzenten oder Co-Producers erweitert. Welche Rechtsstellung diese haben,
ergibt sich aus den jeweiligen Koproduktionsverträgen.
2.2 Auftraggeber/Finanzier
Der Filmproduzent setzt üblicherweise keine oder nur zu einem geringen Anteil
eigene Barmittel zur Produktion ein. Maßgeblich für die Finanzierungsform sind
die Verwertungsinteressen des Geldgebers bzw. der Finanzierungsbeteiligten. Bei
der Auftragsproduktion stammt die Filmfinanzierung von einem Auftraggeber,
der, beispielsweise bei der Produktion eines Werbefilms, Art und Umfang der
Filmverwertung allein bestimmen will.
Bei hohen Budgets wie im Spielfilm nimmt in der Regel eine Vielzahl von Finan-
ziers mit verschiedenen Finanzierungsformen teil. Die breit angelegte Auswer-
tung auf allen Ebenen, wie Kino, Fernsehen, Video/DVD, VoD und Merchandi-
sing, erlaubt die Beteiligung mehrerer Finanziers, deren Investition mit Lizenz-
käufen und/oder Erlösbeteiligungen verbunden wird. In einigen Bereichen der
Spielfilm- aber auch Fernsehfilmproduktion treten eine Vielzahl öffentlicher
Förderinstitutionen als zusätzliche Geldgeber auf. Unter Verfolgung kultureller
aber auch regionalwirtschaftlicher Interessen stellen sie der Filmproduktion mit-
tels vielfältiger Förderinstrumente Korbfinanzierungen – zumeist in Form von
bedingt rückzahlbaren Darlehen – zur Verfügung. Oft ist die Vergabe dieser Mit-
tel an die Auflage gebunden, ein die Förderung übersteigenden Betrag in dem
jeweiligen Bundesland der Förderinstitution auszugeben (Regionaleffekt).
Für den Auftraggeber/Finanzier ist das Fertigstellungsrisiko von besonderem L
Interesse. Der größtmögliche Schaden ist ein nicht fertig gestellter Film. Zum Teil 6.1
wird dieses Risiko durch Bankbürgschaften seitens des Produzenten relativiert. S. 3
Bei höher budgetierten Spielfilmprojekten besichern die aus dem angloamerika-
nischen Raum bekannten Fertigstellungsversicherungen (completion bonds) die
Fertigstellung.
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L6 Film
2.3 Rechteinhaber/Lizenzgeber
Das Filmurheberrecht unterscheidet zwischen Rechten an der Filmherstellung
selbst, wie z. B. die Arbeit des Regisseurs, und Rechten an sogenannten vorbe-
stehenden Werken. Letztere bestehen schon eigenständig vor der Filmherstel-
lung, wie etwa ein Roman, ein Drehbuch, ein Musikstück etc. Im Rahmen der
Filmherstellung wird deren rechtlich geschützter, schöpferisch-kreativer Gehalt
genutzt und in den Film integriert.
Der Filmhersteller muss vom Urheber eines solchen vorbestehenden Werks bzw.
Rechteinhaber im Rahmen des Verfilmungsrechts die Rechte zur Integration und
damit Bearbeitung des vorbestehenden Werks erlangen. Dies erfolgt im Rahmen
eines Verfilmungsvertrags bzw. Werknutzungs- oder auch Lizenzvertrags.
Auch außerhalb des Urheberrechts liegende Rechte, wie z. B. das Persönlich-
keitsrecht bei Biografien oder Bildrechte, können Gegenstand entsprechender
Nutzungsvereinbarungen sein.
Soweit der Filmhersteller diese Rechte frühzeitig vor Finanzierung der Filmher-
stellung sichern will, wird er mit den Berechtigten Optionsverträge abschließen.
Diese sichern ihm den Zugriff auf diese Rechte für die Dauer der Optionszeit.
Hierfür zahlt der Filmhersteller als Optionsnehmer eine Optionsgebühr an den
Rechteinhaber als Optionsgeber, welche einen Bruchteil von dem Lizenzbetrag
darstellt, der bei tatsächlichem Erwerb der Rechte für die Verfilmung anfällt. In
der Regel wird die Optionsgebühr auf die Lizenzgebühr angerechnet, bei Nicht-
ausübung der Option verfällt sie. Vorzugsweise werden bei Abfassung eines Opti-
onsvertrags die wesentlichen Konditionen des Hauptvertrags schon festgelegt.
2.4 Filmschaffende
Unter Filmschaffenden können alle natürlichen Personen zusammengefasst
werden, die an der Filmherstellung beteiligt sind. Das können Miturheber am
Film, wie Regisseur oder Kameramann, Leistungsschutzberechtigte, wie Darstel-
ler, oder auch andere Mitwirkende im künstlerischen wie auch technisch-organi-
satorischen Bereich sein. Die Verträge mit den Filmschaffenden haben auf Grund
der Weisungsgebundenheit in der Regel arbeitsrechtlichen Charakter. Bei Verträ-
gen mit freien Mitarbeitern ist darauf zu achten, dass diese auch die hierfür gel-
tenden Kriterien der Sozialversicherungsträger erfüllen, sonst droht dem Arbeit-
geber die Nachzahlung solcher Abgaben. Die Verträge sind in der Regel für die
Dauer der Produktion befristet. Soweit bei bestimmten Filmschaffenden Urheber-
L oder Leistungsschutzrechte mit der Filmherstellung entstehen können, wie z. B.
6.1 Regie, Kamera, Ausstattung etc., sind diese Nutzungsrechte vom Produzenten
S. 4 vorsorglich vertraglich zu erwerben.
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