2. Staat mit Januskopf
Das gute verklärte Preußen (preußische
Tugenden)
vs.
Das böse Preußen (aggressive Machtpolitik voller
„Blut und Eisen“, mit Größenwahn und
Großmannssucht)
Die preußische Mischung aus Ost und West, aus
Aufklärung und Absolutismus, aus Fortschritt
und Rückständigkeit, aus Zivilisation und
Barbarei
3. Gliederung
• Zu territorialer Verortung Brandenburg-
Preußens und seiner Geschichte bis zum 18. Jh.
• Leistungen Friedrich Wilhelms I.
• Leistungen Friedrichs II.
• Preußischer Geist, Preußische Tugenden
• Begriffe: Preußen, Dualismus, aufgeklärter
Absolutismus, Haus Hohenzollern, Peuplierung,
Pragmatische Sanktion, Schlesische Kriege,
preußische Tugenden
4. Was ist Preußen?
• Ursprünglich ein Gebiet, das etwa dem späteren
Ostpreußen entsprach.
• Nach baltischen Ureinwohnern benannt, den Prußen /
Pruzzen.
• Seit 1225 – das Zentrum des Deutschordensstaates.
• Seit 1525 durch Säkularisierung des Restordensstaates
wird es zum Herzogtum Preußen, das seit 1618 den
Kurfürsten von Brandenburg unterstand.
5. • In der 1157 gegründeten Mark Brandenburg regierten
die Hohenzollern seit 1415. Zum brandenburgischen
Besitz der Kurfürsten gehörten auch das Herzogtum
Preußen, Hinterpommern u.a.
• Nachdem die brandenburgischen Hohenzollern 1701 für
das Herzogtum Preußen die Königswürde erworben
hatten, wurde die Bezeichnung zunehmend auf den
brandenburgischen Gesamtstaat ausgedehnt.
• Das Königreich Preußen stieg zur europäischen
Großmacht auf, verdrängte das Kaisertum Österreich aus
der Führungsposition der deutschen Staaten und
gründete 1871 das Deutsche Kaiserreich, dessen
dominierender Teilstaat (Bundesglied) es wurde.
8. Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig (1713 – 1740)
Als tief religiöser Calvinist hatte er Angst vor der
ewigen Verdammnis. Das ließ ihn unermüdlich
arbeiten. „Gott hat mich auf den Thron gesetzt
nicht zu faulenzen, sondern zu arbeiten und
seiner Länder Wohl zu mehren“.
Holländischer Ursprung calvinistisch geprägter
preußischer Tugenden.
9. Der gebildete und vielseitig interessierte König mit
rationalistischem Denken und kompromisslosem
Pflichtbewusstsein :
• reduziert nach der Thronbesteigung sofort die Staatsausgaben (vor
allem Beendigung der pomphaften Hofhaltung seines Vaters),
• vergrößert die Armee (führte dabei keine Kriege),
• fördert die Wirtschaft und besiedelt das Land (Peuplierung),
• führt 1722 die allgemeine Schulpflicht (früher als alle anderen) ein,
• fasst 1723 die Verwaltung im Generaldirektorium zusammen,
• eröffnet die Charite als öffentliches Krankenhaus,
• lässt einen modernen Verwaltungsstaat nach absolutistischen Muster
mit einer starken Wirtschaft und vorbildlichen Beamten entstehen,
• hinterlässt ein großes stehendes Heer und einen geordneten
Staatshaushalt.
• „brutaler Modernisierer“, pedantischer Sparkommissar mit der
Sensibilität eines Armeestiefels
10. • »Friedrich Wilhelm I. war kein Staatsmann, aber ein Charakter...
Und doch trägt er zu Recht den Titel des größten inneren Gestalters
seines Landes... Als Repräsentant eines kleinstaatlichen
Despotentums leitete er sein Land aus mittelalterlichen Vorurteilen
einen entscheidenden Schritt weiter zum souveränen Königtum.«
(Eberhard Cyran)
• »Die preußische Revolution war also Friedrich Wilhelms ganz
persönliches Werk, seine Leistung, Stunde um Stunde, Tag für Tag,
Jahr um Jahr, ein Leben lang erbracht, gegen Unverständnis,
Trägheit und Widerstand ringsumher.« »Die Neigung vieler Väter,
Söhne nach dem eigenen Bilde zu formen, steigerte sich daher bei
Friedrich Wilhelm zu einer Besessenheit, hinter der als Triebkraft
die Angst um Preußen stand.« »Mit der Thronbesteigung von 1713
beginnt Friedrich Wilhelm I. seine Revolution von oben und legt die
Fundamente; er ist der Vater einer modernen Staatsorganisation
und der preußischen Militärmacht. Friedrich aber nutzt, was er
vorfindet, und kämpft den Staat zur europäischen Bedeutung
empor.« (Christian Graf von Krockow)
11. Friedrich II. der Große (1740 – 1786)
• Aufgeklärter Schöngeist; Atheist, Freimaurer,
Philosoph auf dem Königsthron
• Expansive Außenpolitik (schlesische Kriege,
Teilung Polens) in Kombination mit der
aufgeklärten Innenpolitik (Förderung von
Wirtschaft und Gewerbe, Besiedlungspolitik)
sollen zur Stärkung Preußens führen und
Preußen als 5. Großmacht etablieren.
12. Dazu trugen folgende (in der Wirklichkeit halbherzige)
Reformen bei:
• Abschaffung der Folter (nie ganz, z.B. barbarisches
Spießrutenlaufen etc.);
• Einführung der Religionsfreiheit und Propagierung der
Offenheit und Toleranz gegenüber den Einwanderern
(Juden und Katholiken wurden in ihren Rechten weiterhin
diskriminiert);
• Teilweise Abschaffung der Zensur, Anfänge der
Pressefreiheit (Verbot der Kritik an der Majestät);
• Versuche der Minderung von Leibeigenschaft (in Schlesien
und Preußen durften Adlige ihre Bauern schikanieren und
verkaufen);
• Entwicklung der Phänomene der Weimarer Klassik und
der deutschen Kulturnation.
13. Die fatale Legende Friedrichs II.
• Nicht Sanssouci oder aufklärerische Reformen,
sondern Schlesische Kriege war das Erbe
Friedrichs, das die größte Wirkung in deutschen
Köpfen erzielte (dazu: fatale Legende vom
Präventivkrieg, Weltkriege).
• Tiefere Motive für Preußens Aufstieg
– Triebfeder: säkularisierte calvinistische Ethik (an die
Stelle des Profits trat Expansion, an die Stelle von
Geld und Arbeit traten Soldaten und Dienst)
– Glück, an morsche Reiche zu grenzen, auf deren
Kosten Preußen profitieren konnte (Schweden,
Polen).
14. Zu den Reformen Friedrich Wilhelms I. und
Friedrichs II.
• Modernisierung über Militarisierung
• Preußischer Staat als Ausdruck des Willens seiner Eliten
• Auswirkung des Calvinismus: Erklärung des Gehorsams zur
Pflichterfüllung und zum Verdienst
• Pfeile Preußens Größe: Schule und Armee, eine Armee mit
dem Staat als Anhängsel
• Vermittlung den Deutschen des Gefühls der Stärke
• Mit den neuen Ressourcen, der Überlegenheit seiner
Armee und durch drei Teilungen Polens (1772, 1793,
1795) wurde Preußen zur fünften Großmacht.
• Nach dem Tod Friedrichs: die Schulden steigen, der
Verwaltung verrottete, die Armee verfiel. Preußen wurde
von Napoleon besiegt.
15. Preußischer Geist, preußische Tugenden
• Preußen war kein Produkt einer gewachsenen Kultur;
der Staat hat die Gesellschaft seinen Bedürfnissen
geformt und nicht umgekehrt.
• Eine besondere Form der Ethik (von oben beordert):
– Protestantische Werte;
– Militarismus, Autoritarismus, aggressiver
Imperialismus.
16. Auflistung der Tugenden
Immanuel Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“:
Pflichtbewusstsein, Dienst am Gemeinwesen, Bescheidenheit.
• Aufrichtigkeit
• Bescheidenheit (Beispiel „Kornblume“)
• Fleiß
• Gehorsam
• Gradlinigkeit
• Gerechtigkeitssinn („Jedem das Seine“)
• Gottesfurcht bei religiöser Toleranz („Jeder soll nach seiner
Fasson selig werden“)
• Härte, gegen sich mehr noch als gegen andere
• Ordnungssinn
17. • Pflichtbewusstsein
• Pünktlichkeit
• Redlichkeit
• Selbstverleugnung („Wer je auf Preußens Fahne
schwört, hat nichts mehr, was ihm selbst gehört“)
• Sparsamkeit
• Tapferkeit ohne Wehleidigkeit („Lerne leiden ohne zu
klagen“)
• Treue
• Unbestechlichkeit
• Unterordnung
• Zurückhaltung („Mehr sein als scheinen“)
• Zuverlässigkeit
18. • Diese Tugenden gingen zunächst auf die Könige
Friedrich Wilhelm I. und auf dessen Sohn Friedrich den
Großen zurück.
• Diese verstanden sich als moralisches Vorbild (der
Vater) und Vertreter der Vernunft (der Sohn) für ihren
multireligiösen und vielsprachigen – nach heutigen
Maßstäben multikulturellen – Vielvölkerstaat.
• Sie verschafften Preußen eine fortschrittliche
Rechtsordnung und Verwaltung, eine schlagkräftige
Armee und „Vernunftpatriotismus“, der den Aufstieg
Preußens zur modernen Großmacht trotz dessen
ökonomisch kümmerlicher Voraussetzungen sehr
beförderte (sandige, magere Ackerböden, große
Verwüstungen und Menschenentleerungen im 30-
jährigen Krieg).