1. Paten für Kinder in Esmeraldas/San Lorenzo e.V.
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www.facebook.com/EcoClub.SanLorenzo https://www.bildungsspender.de/ecoclub
I – 2019
Letztes Jahr schickten wir noch aus aktuellem Anlass einen vorgezogenen ersten Rundbrief und
mussten von Anschlägen, Entführungen und Ermordungen, Drogengeschäften und Waffenhandel,
illegalem Bergbau und Holzmafia berichten.
Dieses Jahr ist zu Beginn des Schuljahres alles weitgehend ruhig und der Ausnahmezustand in der
Provinz Esmeraldas zum Glück erst einmal aufgehoben.
Und doch hat sich San Lorenzo nicht nur durch das gewaltsame letzte Jahr sondern im letzten
Jahrzehnt spürbar verändert.
Vielleicht kann man es daran ablesen, dass das Grundstück des EcoClub immer öfter unruhige
Nächte erlebt, in denen Personen das offene Gelände aufsuchen, sich auf den Tischen und Bänken
schlafen legen oder dort Alkohol trinken und Drogen konsumieren und später dann im Rausch die
Kräuterbeete und den Kompost zerstören oder die Toiletten beschädigen, von ungewollten Hinter-
lassenschaften aller Art ganz zu schweigen. Möglicherweise kann man die Veränderung auch am
Verhalten der Jugendlichen wahrnehmen, die auf der einen Seite unmotiviert und insgesamt sehr
unruhig und unkonzentriert wirken, sich auf der anderen Seite nichts sagen lassen wollen, ziel- und
orientierungslos scheinen, wie die Eltern und Betreuer beklagen.
Die Probleme, die zur Eskalation der Gewalt im letzten Jahr geführt haben, werden nicht von heute
auf morgen verschwinden, auch wenn die Maßnahmen von Polizei und Militär dafür sorgen, dass
sie momentan nicht offen zu Tage treten. Für die gefühlte Sicherheit, so unsere Kollegin Daniela, ist
die hohe Polizei- und Militärpräsenz jedoch nicht zutragend.
Die Entführungen sorgten zudem dafür, dass auch noch die letzten Touristen wegblieben. Die an-
haltenden militärischen Einsätze im Grenzgebiet von Ecuador und Kolumbien ließen die illegalen
Aktivitäten weiter in den Untergrund abtauchen, so dass in San Lorenzo auch nicht mehr das
schmutzige Geld aus illegalen Quellen umgesetzt wird. Das mag zunächst als ein Erfolg scheinen,
aber für die Menschen, die auf Einkünfte der gewachsenen Bevölkerungszahl und der „wohlhaben-
den“ Kriminellen schon eine geraume Zeit angewiesen sind, hat das teilweise dramatische Konse-
quenzen. Bei einer offiziellen Arbeitslosenquote von 28% in der Provinz fehlen die Möglichkeiten,
sich den Lebensunterhalt zu verdienen.
Kein Wunder also, dass der neue Bürgermeister Glenn Arroyo, der seit Mai 2019 im Amt ist, als
eine der wichtigsten Aufgaben nennt: Die Beschäftigungsmöglichkeiten erweitern und das Schul-
system für die Jugendlichen verbessern, um auf diese Weise ihre Chancen auf eine bessere Zu-
kunft zu erhöhen.
Natürlich wird auch der EcoClub vor diesem Hintergrund noch einmal verstärkt darüber nachden-
ken, wie man diesen Entwicklungen Rechnung tragen kann, was für Veränderungen hilfreich, not-
wendig und realistisch umsetzbar sind. Hierfür werden wir mit unseren Mitarbeiterinnen vor Ort, mit
den Familien der Kinder und weiteren Akteuren in den kommenden Monaten in einen Planungspro-
zess gehen.
Wir freuen uns, dass wir Sie als langjährige zuverlässige Wegbegleiter in unserem Rücken wissen,
so dass wir frohen Mutes auch immer wieder neue Richtungen einschlagen können, wenn das er-
forderlich wird.
2. Bereits zur Routine gehört inzwischen die Minga vor dem Schuljahresbeginn, bei der Kinder,
Jugendliche, Betreuer und Familienmitglieder einen Vormittag gemeinsam den EcoClub auf
Vordermann bringen. Dieses Jahr haben die beiden Therapeutinnen Malena und Diana den Tag
zusätzlich noch thematisch vorbereitet. Mit den Kindern und Jugendlichen wurden dabei unter
anderem verschiedene Begriffe wie Solidarität, Kameradschaftlichkeit, Verbindlichkeit, Teamarbeit,
Heimatverbundenheit und Gemeinwohl erarbeitet. Im Fokus der Diskussion stand dabei auch, was
für einen Wert es haben kann, etwas umsonst zu tun, also weder Bezahlung noch Belohnung dafür
zu erwarten.
Wie motiviert und mit wieviel Freude die Teilnehmenden dann am Sonntag, dem 28.04.2019 ab
acht Uhr morgens zu Werke gingen und aufräumten, putzten, sortierten, spülten, schrubbten, kann
jeder hier sehen: https://www.facebook.com/EcoClub.SanLorenzo/videos/373509113277641/
Minga 2019: Innen und
außen wird geschrubbt Mittagessen im EcoClub Spielen und im geschützten Umfeld einfach Kind sein
In den folgenden Tagen stellte sich dann endgültig heraus, wer in diesem Schuljahr weiter am Eco-
Club teilnehmen wird. Vierzehn Kinder scheiden aus dem EcoClub aus unterschiedlichsten Grün-
den aus. Der häufigste Grund ist in 2019 der Klassiker Umzug. Neu für uns war dieses Jahr, dass
mehrere Mütter zum EcoClub kamen und ihre Kinder tatsächlich abgemeldet haben - nicht ohne
sich zu bedanken! Das ist keine Tradition und obwohl wir es selbstverständlich immer bedauern,
wenn jemand ausscheidet, hat uns dieses für San Lorenzo eher ungewöhnliche Verhalten doch
gefreut, weil es Verbundenheit und Wertschätzung ausdrückt.
Es sind neue Kinder nachgerückt, so dass die Zahl von 50 Kindern und Jugendlichen, die durch
Ihre Spenden Schuluntensilien und Schuluniformen erhalten und im EcoClub betreut werden, stabil
bleibt.
Das Musikprojekt mit Marimba läuft inzwischen wunderbar mit Ausnahme von einem Bereich: Die
Konstruktionswerkstatt, in der die Kinder und Jugendlichen zusammen mit den Experten die Instru-
mente selber bauen wollten. Der erste Lehrer ist inzwischen nicht mehr in San Lorenzo, da er eine
Anstellung an der Universidad Central in Quito gefunden hat. Der zweite hat die „ausgeliehene“
große Trommel (Bombo) nicht zurückgebracht und ist danach nirgends wieder aufgetaucht und der
dritte Lehrer, der noch in San Lorenzo ist und die besten Kenntnisse hat, hat anscheinend kein
Faible für Kinder und Jugendliche, so dass ein Kompromiss gefunden wurde und er die Instrumente
jetzt in seiner Werkstatt zuhause fertigen wird und sie danach zugunsten des EcoClub verkauft
werden können.
Abgesehen davon ist das Interesse und die Motivation der Tänzer*innen und Musikanten unglaub-
lich groß und die Teilnahme absolut regelmäßig, so dass die Ergebnisse in beiden Bereichen mehr
als vorzeigbar sind.
3. Ende Mai war es dann soweit und der EcoClub hat mit folgender Einladung zur großen Show mitten
in San Lorenzo eingeladen: „Mütter und Kinder zeigen neue Kunstformen – Marimba – Menschen-
Mandalas – Lieder – Theater – Das dürft ihr nicht verpassen!“
Es wurde ein voller Erfolg und alle präsentierten sich von ihren besten Seiten. Der neue Bürger-
meister und sogar noch einige Mitarbeiter der Provinzverwaltung, die zu diesem Ereignis zur Bühne
mitten in der Stadt gekommen waren, zeigten sich beeindruckt und waren ein bisschen verblüfft,
was für ein tolles Projekt sie in San Lorenzo haben, wie sie selbst anmerkten.
Einladung zur Vorführung die Mütter sind gut auf das Theaterstück vorbereitet gespannte Zuschauer – entspannte Teilnehmer
Begeistert waren auch die Teilnehmenden selbst, die natürlich vor großem Publikum und dem neu-
en Bürgermeister besonders motiviert waren.
Jede Gruppe des EcoClub hatte sich im Vorfeld Gedanken über Programmpunkte gemacht, die der
Öffentlichkeit vorgeführt werden sollen. Im Zusammenspiel ist dabei ein dreistündiges Programm
entstanden.
Begonnen wurde mit der Präsentation der Legende „La Tunda“. Sie ist ein absoluter Klassiker in
Ecuador und Kolumbien und wird erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt. Es ist eine Geschichte, die
mit den afrikanischen Sklaven nach Esmeraldas gekommen ist und von Generation zu Generation
weitererzählt wurde. Die Mütter des EcoClub haben bewusst diese Legende, die alle kennen, aus-
gesucht und sie mit Masken und Verkleidung aufgeführt. Wie viel Spaß die Mütter am Theaterspie-
len haben und welche Fähigkeiten dabei sichtbar werden, konnte bereits bei der Weihnachtsfeier
beobachtet werden.
Diana und Malena haben sich mit den Kindern und Jugendlichen in der Gestalttherapie mit Manda-
las beschäftigt, mit denen man hervorragend zur Ruhe kommen und in sich gehen kann. Auf der
Einladung haben sie dann gezeigt, dass man Mandalas bei weitem nicht nur malen kann, sondern
z.B. auch aus Naturmaterialien legen. Für die Vorführung haben sich die Kinder und Jugendlichen
jeweils in einer bestimmten Farbe gekleidet und mit ihren Körpern Mandalas kreiert – aus einzelnen
Personen und Farben entstanden so ganz wunderschöne Bilder.
Dazwischen gab es immer wieder Musik- und Tanzeinlagen. Marimba kann dabei mal wild und fre-
netisch, mal gefühlvoll und leidenschaftlich interpretiert werden. Auf jeden Fall zieht sie die Leute in
Bann und so wurde nicht nur auf der Bühne getanzt.
Dass die Organisation so perfekt geklappt hat und wirklich alle - die Kinder und Jugendlichen, die
Mütter, die Betreuerinnen, die Tanz- und Musiklehrer, die Therapeutinnen Diana und Malena aus
der Gestalttherapie – an einem Strang gezogen haben, sich abgesprochen haben was, wann, wie
gezeigt wird, zeigt die Fähigkeiten der Einzelnen, im Team ein größeres Ereignis auf die Beine zu
stellen.
In einer Nachbesprechung stellten alle fest, dass es gut und sinnvoll ist, manchmal doch die eigene
Bühne im EcoClub zu verlassen und die Aktivitäten mitten in der Stadt zu demonstrieren. Viele ken-
nen zwar den EcoClub, aber das große Staunen spricht doch dafür, dass die Vorstellungen über die
Aktionen nicht sehr konkret sind und die Zugehörigkeit auf diese Weise gestärkt werden kann.
4. Quasi beflügelt von diesem Erfolg wird nun ein weiteres Fest im August an der Seebrücke, dem
Malecón geplant.
Ein weiterer Grund ergibt sich aus den Erfahrungen von Diana und Malena, dass ihre Präsenz mit
Workshops einmal im Monat am Wochenende nicht die gewünschte Kontinuität bringt, weil die Teil-
nehmer*innen immer wieder wechseln, dann mal ein Wochenende nicht können oder den Termin
vergessen haben.
Die Ideen für das Fest sind vielfältig und reichen von einem Markt für Kunst und Handarbeiten bis
zu musikalischen und kulinarischen Genüssen. Natürlich muss dafür organisiert und vorproduziert
werden und auch hier sollen die verschiedenen Aktivitäten wieder zusammen wirken. Die beiden
Therapeutinnen hatten die Monate bis zum Sommer sowieso für gemeinsame Arbeiten in der Grup-
pe, Förderung der Gemeinschaft und Gruppendynamik gedacht, so dass kreative Projekte perfekt
passen.
Da die Instrumentenwerkstatt aus den genannten Gründen nicht mehr stattfindet, werden die dafür
reservierten Zeiten und Gelder jetzt für andere handwerkliche und künstlerische Arbeiten genutzt,
die dann im August zugunsten des EcoClub verkauft werden können. Wir hoffen, dass alle Teil-
nehmenden nicht nur die gemeinsame kreative Zeit genießen, sondern auch ihre eigenen Fähigkei-
ten entdecken und erweitern, noch besser lernen, sich gemeinsam zu engagieren und zu organisie-
ren und eventuell Möglichkeiten getestet werden, wie vielleicht ein kleines zusätzliches Einkommen
erzielt werden kann, um zum Lebensunterhalt beizutragen.
Gute Nachrichten gibt es auch von „unserem“ Studenten Samuel, der ein Zertifikat über 240 Stun-
den abgeleistete Praktika erhalten hat und dem Ende seines Studiums an der renommierten Uni in
Ibarra immer näher kommt.
Bei den Instandhaltungsarbeiten der Cabaña ist wieder
alles soweit auf dem Laufenden. Es mussten einige der
Bambusstreben am Dach ausgetauscht werden, was in
dieser Höhe gar nicht so einfach ist. Ein junger Tischler
hat das mit einer selbstgebauten Plattform in Angriff ge
nommen und fachmännisch erledigt. Allerdings ist die
Beurteilung, wann welche Strebe getauscht werden
muss, selbst wenn man sie aus der Nähe begutachten
kann äußerst schwierig, aber wir vertrauen auf seine
Kompetenz.
Schließen möchte ich den Rundbrief mit einem Beitrag von Ralph Ruthe, der uns mit einem Augen-
zwinkern die richtige Einstellung für den Sommer verpassen kann:
„Ich bin heute Morgen aufgestanden, habe Wasser aus der Leitung in ein Glas laufen lassen und es
getrunken. Einfach so.
Dann habe ich ein Brötchen geholt. Während ich das tat, ist neben mir kein Haus explodiert. Auf
dem Weg zurück wurde ich weder für meine Hautfarbe oder meine Sexualität bedrängt oder ermor-
det. Ich sitze in einer Wohnung, die selbst bei Regen trocken bleiben würde und besitze einen
Computer inklusive Internet Zugang, mit dem ich Zugriff auf nahezu das gesamte Wissen der
Menschheit habe, während ich mein Brötchen esse. Und eventuell hole ich mir gleich noch ein Glas
Wasser. Ob ich es trinke oder einfach stehen lasse… mal sehen. Kommt nicht drauf an. Um in die-
ser Situation zu sein, musste ich nicht die Menschen zurück lassen, die ich liebe. Und ich musste
auch nicht mein Leben dafür aufs Spiel setzen oder mich einer erniedrigenden Prozedur unterzie-
hen lassen. Das war einfach so. Wenn ihr in einer ähnlichen Situation seid wie ich, gehört ihr zu den
reichsten Menschen der Welt. Und es tut gut, sich dieses Glück hin und wieder vor Augen zu füh-
ren.“
Einen schönen Sommer und viele Grüße
Marion Weeke und Anne Mette