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SÖZf
SÖZf
ZEITSCHRIFT FÜR SOZIALÖKONOMIE
Die Endlagerinstrumente der Euro-
päischen Zentralbank vor dem
Bundesverfassungsgericht und dem
Europäischen Gerichtshof
Brauchen wir eine neue Geldordnung?
Stabile Währung durch Haltegebühr
auf Geld
Der Euro-Leitzins ist nicht
konjunkturgerecht
Grundlagen des islamischen
Wirtschaftsdenkens – Eine Einführung
Dollar, Sucre und die Suche nach einer
gerechten Weltwährungsordnung
Leopold Kohr – Wachstumskritiker
der ersten Stunde
Bioökonomie – Über die Pervertierung
eines grünen Paradigmas
Berichte – Bücher – Veranstaltung
56. Mündener Gespräche in der
Reinhardswaldschule in Fuldatal
Max Danzmann
Dieter Suhr †
Eckhard Behrens
Abdelaali El Maghraoui
Edoardo Beretta
Helmut Woll
Hans-Günter Wagner
3
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69
87
186/187.52. Jahrgang Folge Oktober 2015
ISSN 0721-07522. überarbeitete Auflage2. überarbeitete Auflage
SILVIO GESELL:
„Reichtum und Armut
gehören nicht in
einen geordneten
Staat.“
Werkauswahl zum
150. Geburtstag
zusammengestellt
von Werner Onken
2. überarbeitete
Auflage 2012
230 Seiten, Pb.
19,90 EURO [2012]
ISBN 978-3-87998-462-6
Bestellungen:
SOZIALÖKONOMIE-SHOP
www.sozialoekonomie.de
Am 17. März 2012 jährte sich zum 150. Mal der
Geburtstag des Kaufmanns und Sozialreformers
Silvio Gesell, der wegen seiner grundlegenden
Vorschläge für die Verwirklichung einer freiheitlichen
und gerechten, den Frieden fördernden Gesellschafts-
ordnung mehr Beachtung verdient, als ihm bisher im
allgemeinen und in der Wissenschaft im besonderen
zuteil wurde. Aus diesem Anlass soll das vorliegende
Buch die Persönlichkeit Silvio Gesells vorstellen und
anhand einer Auswahl von Textpassagen aus seinen
Werken einen Einblick in seine sozialreformerische
Gedankenwelt vermitteln.
ZfSÖ-186-187.Umschlag.qxp_ZfSÖ-145_U 05.10.15 11:41 Seite 1
3
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Die Eurorettungspolitik der Regierungen der
Euromitgliedstaaten, der Europäischen Kommis-
sion und des IWF hat die Eurozone auch nach
Jahren nicht hinreichend finanziell zu stabili-
sieren vermocht. Die EZB scheint derzeit der ein-
zige Akteur zu sein, der über die zur Finanz-
stabilisierung der Eurozone erforderlichen In-
strumente verfügt. Allerdings werden über die
Finanzstabilisierungsprogramme der EZB vor dem
BVerfG und dem EuGH Rechtsstreite geführt,
weil deren Anwendung zur gemeinschaftlichen
Endlagerung von Verlusten und zur Verletzung
der (finanziellen) Souveränität der Euromit-
gliedstaaten führen kann.
1 Die Finanzstabilisierungspro-
gramme der Europäischen
Zentralbank
Nach schwierigen Verhandlungen wurde mit
Griechenland ein weiteres Rettungspaket verein-
bart, obwohl sich längst gezeigt hat, dass die
dauerhafte Refinanzierung des griechischen Fis-
kus und anderer fiskalisch instabiler Staaten die
Eurozone langfristig nicht finanziell stabilisieren
kann. Es ist nicht zu erwarten, dass die betroffe-
nen Fisken die Mittel zur Tilgungs- und Zinslei-
stung aufbringen können.2
Auch werden die be-
troffenen Völker wahrscheinlich nicht auf Dauer
bereit sein, die erheblichen Eingriffe in ihre
Souveränität infolge der strikten Finanzierungs-
bedingungen der Geldgeber hinzunehmen.
Deshalb versucht die EZB zurzeit als mächtig-
ster finanzwirtschaftlicher Akteur, die Eurozone
über das Outright Monetary Transactions (OMT)-
Programm3
und das Extended Asset Purchase
(EAP)-Programm4
finanziell zu stabilisieren.
Die OMT umfassen dabei ein Programm, nach
welchem das Eurosystem Staatsanleihen von
einzelnen Euromitgliedstaaten (Selektivität) auf
Sekundärmärkten unter Akzeptanz der eigenen
Gleichbehandlung mit sonstigen Gläubigern und
unter Neutralisierung der dadurch bedingten
Liquiditätseffekte erwirbt, falls die begünstigten
Staaten jeweils an den parallel laufenden Pro-
grammen der EFSF und des ESM (Parallelität) teil-
nehmen und deren Bedingungen erfüllen (Kondi-
tionalität). Dieses Programm ist Gegenstand ei-
ner (im Folgenden näher betrachteten) gerichtli-
chen Auseinandersetzung vor dem BVerfG und dem
EuGH, wurde aber bislang noch nicht angewen-
det und mittlerweile vom EAP-Programm abgelöst.
Beim EAP-Programm hingegen entfallen die
Selektivität, die Konditionalität, die Parallelität
und die Liquiditätsneutralisierung des OMT-Pro-
gramms. Im Wege des EAP-Programms erwirbt
das ESZB von März 2015 bis mindestens Septem-
ber 2016 Wertpapiere des privaten und öffent-
lichen Sektors in Höhe von monatlich sechzig
Milliarden Euro, wobei wiederum Staatsanleihen
im Vordergrund stehen. Dadurch kommt es zu
einer erheblichen Ausweitung der Geldmenge
(Quantitative Easing) und es werden Umvertei-
lungseffekte und Fehlanreize zwischen den Euro-
mitgliedstaaten bewirkt.
2 Die Zentralbankbilanzen als
Endlager für Verluste
Das OMT-Programm und das EAP-Programm
Die Endlagerinstrumente der
Europäischen Zentralbank vor dem
Bundesverfassungsgericht
und dem Europäischen Gerichtshof
Max Danzmann1
1
4
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
legen es nahe, von einer Endlagerung durch das
ESZB zu sprechen. Bei einer solchen Endlagerung
werden finanziell destabilisierende Vermögens-
werte in die Bilanzen des ESZB aufgenommen, um
Verluste, die aus Abschreibungen auf diese Ver-
mögenswerte resultieren, dauerhaft in den Zen-
tralbankbilanzen zu belassen. Abstrakt betrach-
tet, werden durch die Endlagerung finanzielle
Instabilitäten aus dem Finanzmarkt im Wege
quantitativer Lockerungen (Quantitative Easing)
herausgelöst. Das ESZB und damit auch die EZB
würden im Falle solcher Verlustabschreibungen
die Funktion einer Bad Bank übernehmen.5
Die EZB könnte ihre Bilanz als Endlager nut-
zen, weil endgelagerte Verluste für die EZB keine
existentiellen Gefahren darstellen und grund-
sätzlich nur bilanzielle Konsequenzen haben.
Eine negative Eigenkapitalposition hat keine
existentiellen Folgen für die EZB, weil die EZB
grundsätzlich nicht insolvenzfähig ist und sie
faktisch auch ihre Zahlungsfähigkeit wegen ihrer
unbeschränkten Geldschöpfungskapazität nicht
verlieren kann.
Bei den OMT- und EAP-Programmen erwirbt
die EZB Vermögenswerte (vornehmlich Staatsan-
leihen), die das Finanzsystem destabilisieren, zu
Preisen, welche die (gegenwärtigen) (Markt-)
Werte übersteigen, damit die begünstigten Ver-
käufer keine die Finanzstabilität gefährdenden
Verlustabschreibungen vornehmen müssen und
damit – im Falle von Staatsanleihekäufen – den
begünstigten Fisken auch weiterhin eine Finan-
zierung über den Finanzmarkt ermöglicht wird.6
Durch die überhöhte Kaufpreiszahlung mit zu
diesem Zweck generiertem Zentralbankgeld wird
das Finanzstabilitätsrisiko vom Verkäufer auf die
EZB übertragen.
Der Einsatz der Endlagerinstrumente durch die
EZB könnte erforderlich sein, um die (Zusam-
mensetzung der) Europäischen Währungsunion
(EWU) trotz ihrer finanziell instabilen Verfassung
aufrechtzuerhalten. Die EZB könnte durch die
Endlagerung in weitem Umfang als Garant der
Finanzstabilität fungieren. Jedoch bewirkt die
Endlagerung Umverteilungseffekte, Fehlanreize
und Inflationsgefahren, die vor dem Hintergrund
der Unabhängigkeit der EZB eine Mandatsab-
grenzung erforderlich machen.7
3 Die Endlagerung als finanzstabi-
litätspolitisches Instrument
Für die Prüfung der Zulässigkeit der Endlage-
rung durch die EZB ist es maßgeblich, welchem
Politikbereich die Endlagerinstrumente zuzuord-
nen sind, weil der EZB nach Art. 119 AEUV eine
umfassende Kompetenz nur für die Geldpolitik
zusteht. Die Endlagerung finanziell destabilisie-
render Verluste berührt die Belange mehrerer
Politikbereiche: insbesondere der Geldpolitik,
der Fiskalpolitik und der Finanzstabilitätspolitik.
Dabei ist die Finanzstabilitätspolitik ein erst
seit kurzem eigenständig wahrgenommener Wirt-
schaftspolitikbereich, weshalb finanzstabilitäts-
politische Verantwortlichkeiten noch durch den
Gesetzgeber zu regeln sind.
Die Endlagerinstrumente werden von der EZB
für die Geldpolitik reklamiert, wofür spricht,
dass die Instrumente in der Hand der Zentral-
bank als dem wesentlichen geldpolitischen Ak-
teur liegen. Außerdem steuert die EZB über Käufe
von Schuld- und Eigentumstiteln die Geldmenge
als einen wesentlichen geldpolitischen Parame-
ter. Jedoch könnten die Endlagerinstrumente
auch der Fiskalpolitik zugeordnet werden, wenn
über Staatsanleihekäufe die Refinanzierungs-
bedingungen des Fiskus am Kapitalmarkt beein-
flusst werden. Andererseits hat die Auflösung
monetärer und fiskalischer Instabilitäten im
Wege der Endlagerung insofern finanzstabilitäts-
politischen Charakter, als monetäre und fiska-
lische Instabilitäten auch Finanzinstabilitäten
darstellen.
Die Zuordnung zu einem der genannten Poli-
tikbereiche sollte nach ihrem Bedeutungsgehalt
erfolgen. Wenn eine Maßnahme grundsätzliche
Bedeutung für die Finanzstabilität insgesamt
aufweist, dann reicht ihr Bedeutungsgehalt über
das spezifisch Geldpolitische oder das spezifisch
Fiskalpolitische hinaus, auch wenn die Geld-
politik oder die Fiskalpolitik ebenfalls betroffen
sind, so dass sie primär der Finanzstabilitäts-
politik zuzuordnen ist. Dieser grundsätzliche
Bedeutungsgehalt wird über das Ausmaß der
Gefahr für die Finanzstabilität infolge desjeni-
gen Zustands bestimmt, gegen den sich die
Endlagerung richtet. Die Endlagerung erfolgt
5
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
demnach primär finanzstabilitätspolitisch, wenn
der Zustand, dem durch die Endlagerung abge-
holfen werden soll, einen hohen Gefahrengrad
für die Finanzstabilität aufweist.
Die Endlagerinstrumente sind in der Regel der
Finanzstabilitätspolitik zuzuordnen, weil sie als
quantitative Lockerung aufgrund des Preisstabi-
litätsgrundsatzes regelmäßig nur ultima ratio
angewendet werden. Darüber hinaus wird die
finanzstabilitätspolitische Natur einer Endlager-
maßnahme indiziert, wenn (i) große Volumina
von Verlusten endgelagert werden, (ii) die Maß-
nahme gegenüber vielen Adressaten ergeht, (iii)
sie über einen langen Zeitraum angewendet
wird, (iv) sie gegenüber den Begünstigten mit
fiskal- oder finanzstabilitätspolitischen Bedin-
gungen oder Auflagen verbunden wird und (v)
sie sich gegen einen Zustand richtet, der gleich-
zeitig die Annahme monetärer, fiskalischer und
sonstiger finanzieller Instabilitäten begründet.8
4 Gerichtsentscheidungen zu
Endlagerinstrumenten
Das BVerfG und der EuGH haben im Rahmen
des OMT-Verfahrens zwar nicht begrifflich, aber
inhaltlich die faktische Möglichkeit der EZB zur
Endlagerung rechtlich geprüft, weil es sich bei
den OMT um ein Programm zum Erwerb von das
Finanzsystem destabilisierenden Staatsschuld-
papieren und Ausfallrisiken in erheblichem Um-
fang und damit um Maßnahmen zur Übernahme
finanziell destabilisierender Verluste durch das
Eurosystem (Endlager) handelt.
4.1 Vorlagebeschluss des
Bundesverfassungsgerichts
Das BVerfG hat im Rahmen seines Vorlage-
beschlusses Unionsrecht interpretiert und erheb-
liche Zweifel an der Vereinbarkeit der OMT mit
dem EZB-Mandat und dem Verbot monetärer
Staatsfinanzierung geäußert. Es hat indes eine
verbindliche Auslegung des Unionsrechts dem
EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfah-
rens überlassen, was ein Novum in der deut-
schen Verfassungsrechtsprechung darstellt. In
einem ausführlich begründeten Vorlagebeschluss
hat das BVerfG den OMT-Beschluss vorbehaltlich
einer restriktiven Auslegung durch den EuGH für
einen Akt ultra vires gehalten.9
4.2 Vorabentscheidung des
Europäischen Gerichtshofs
Der EuGH hat daraufhin auf Grundlage der
Vorlagefragen des BVerfG entschieden, dass der
Beschluss des Rates der EZB über die OMT vom
6. September 2012 nicht die Grenzen des geld-
politischen Mandats der EZB überschreitet und
nicht gegen das Verbot monetärer Staatsfinan-
zierung verstößt. Damit hat der EuGH grundsätz-
lich auch die Endlagerung von Verlusten durch
die EZB gebilligt.
a. Das Mandat der Europäischen Zentralbank
Der EuGH hat zunächst (die Selbstverständ-
lichkeit) ausdrücklich festgehalten, dass er dazu
berufen ist, die rechtlichen Grenzen des Mandats
der EZB zu überprüfen, welches ausdrücklich auf
die Währungspolitik (Geldpolitik) beschränkt
ist.10
Zur Abgrenzung der Währungspolitik von
der „allgemeinen Wirtschaftspolitik“ im Rahmen
des Art. 119 Abs. 1 AEUV bemüht der EuGH vor-
nehmlich das nach Art. 127 Abs. 1 S.1 AEUV pri-
märe Ziel der EZB, Preisstabilität zu gewähr-
leisten, sowie das in Art.119 Abs. 2 AEUV ver-
ankerte Ziel der Einheitlichkeit der Geldpolitik.11
Zur Verfolgung des Preisstabilitätsziels ist die
EZB auf den geldpolitischen Transmissionsme-
chanismus angewiesen, weshalb nach Auffassung
des EuGH (alle) Maßnahmen zur Erhaltung des
Transmissionsmechanismus (generell) durch das
Preisstabilitätsziel und damit geldpolitisch ge-
rechtfertigt werden können.12
Jedoch ist nicht
jeder Beitrag zur Preisstabilität allein deshalb
geldpolitisch, weil die Preisstabilität das zen-
trale geldpolitische Ziel darstellt 13
; denn jedes
ökonomische Handeln hat (zumindest mittelbar)
Einfluss auf das Preisniveau. Beispielsweise ha-
ben fiskalische Instabilitäten regelmäßig Stö-
rungen des Transmissionsmechanismus zur Folge,
weil fiskalische Instabilitäten wegen des kon-
nexen Verhältnisses zwischen Fiskalpolitik und
Finanzstabilitätspolitik häufig mit finanziellen
Instabilitäten privater Finanzwirtschaftsakteure
6
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
einhergehen.14
Die Funktionsfähigkeit des Trans-
missionsmechanismus ist somit auch abhängig
von finanziellen Instabilitäten, deren Ursachen
(zunächst) nichts mit dem Geldsystem zu tun
haben und sich erst im weiteren Verlauf einer
Störung auch auf Banken wegen ihrer zentralen
Stellung im Finanzsystem (negativ) auswirken.
Die (mittelbare) Betroffenheit der Zentralbank
gibt ihr nicht das Recht, in die Politikbereiche
anderer Akteure überzugreifen. Sonst würde es
der Zentralbank überantwortet, für die Finanzie-
rung des Fiskus zu sorgen, nur weil sich fiska-
lische Instabilitäten auch auf die Banken und
damit schließlich auf den Transmissionsmecha-
nismus auswirken können.
Auch das Ziel der Einheitlichkeit der Geldpo-
litik macht es der EZB nicht zur Aufgabe, Maß-
nahmen zu ergreifen, um die Zusammensetzung
der Eurozone zu gewährleisten. Bei der Zusam-
mensetzung einer geldpolitischen Gemeinschaft
handelt es sich auch um eine geldpolitische
Frage, gerade weil die Zusammensetzung einer
Währungsunion ohne die Möglichkeiten zur Wäh-
rungsabwertung und zur monetären Staatsfinan-
zierung möglicherweise faktisch nur durch die
Endlagerinstrumente gesichert werden kann,
denn eine Fiskalkrise kann bei fiskalischen In-
stabilitäten sonst nur durch den Austritt aus der
Währungsunion verhindert werden.15
Aber das
Primärrecht der EU weist die Kompetenz zur
Entscheidung über die Zusammensetzung der
Eurozone nicht der EZB, sondern explizit dem
Rat, der Kommission, dem Europaparlament und
den Mitgliedstaaten zu. Der EZB kommt gemäß
Art. 139 und 140 Abs. 3 AEUV nur für den Fall
des Beitritts eines Staats zur Eurozone ein Recht
zur Anhörung zu.16
Als weiteres Kriterium des währungspoliti-
schen (geldpolitischen) Mandats stellt der EuGH
auf die Mittel ab. Insoweit erklärt der EuGH
Staatsanleihekäufe auf Sekundärmärkten wegen
Art. 18 Abs. 1 ESZB-Satzung zu einem grundsätz-
lich zulässigen geldpolitischen Mittel.17
Dabei
sei die Selektivität des OMT unerheblich, weil
der AEUV nicht vorschreibe, dass das ESZB durch
allgemeine Maßnahmen auf den Finanzmärkten
zu intervenieren habe 18
. Der EuGH nimmt aber
nicht dazu Stellung, dass es ein Indiz für den
über das Geldpolitische hinausgehenden Gehalt
der OMT ist, dass die Selektivität der Staats-
anleihekäufe nur die Zinsaufschläge einzelner
Staaten rückführen soll, obwohl die geldpoliti-
schen Instrumente des Eurosystems – vor allem
die Leitzins- und Mindestreservesätze – sonst
nicht nach den Erfordernissen der teilnehmenden
Volkswirtschaften differenziert werden. Auf diese
Weise werden Zinsunterschiede eingeebnet, was
diejenigen Volkswirtschaften und Fisken benach-
teiligt, die sich aufgrund fiskalischer Stabilität
und allgemeiner Finanzstabilität eine bessere
Wettbewerbsposition erwirtschaftet haben.19
Ein-
griffe in die fiskalischen und gesamtwirtschaft-
lichen Wettbewerbspositionen gehen über das
Geldpolitische hinaus und haben allgemein wirt-
schaftspolitischen (finanzstabilitätspolitischen)
Charakter; zumal die gemeinsame Geldpolitik
schon wegen des Diskriminierungsverbots des
Art. 3 EUV und den Grundsätzen des freien Wett-
bewerbs und des offenen Binnenmarktes nicht
zwischen den Mitgliedstaaten des gemeinsamen
Währungsraumes unterscheiden darf.20
Außerdem spricht einiges dafür, dass die EZB
durch die Verknüpfung der Staatsanleihekäufe
mit den Anpassungsprogrammen (Konditionalität)
primär allgemeine Wirtschaftspolitik (Finanz-
stabilitätspolitik) betreibt, weil sowohl EFSF als
auch ESM (auch nach Ansicht des EuGH 21
) keine
Geldpolitik betreiben.22
Die EZB müsste die
Staatsanleihekäufe, wenn sie die Zusammenset-
zung der Eurozone gewährleisten will, faktisch
auch dann vornehmen, wenn der begünstigte
Staat die Anpassungsprogramme nicht einhält,
weil bei deren Nichterfüllung die Zinszuschläge
am Markt noch größer würden.23
Überdies müssen die OMT verhältnismäßig
sein, dürfen also nur in einem Umfang durchge-
führt werden, soweit sie zur Verwirklichung der
Preisstabilität geeignet, erforderlich und ange-
messen sind. Diese Beschränkung wird durch den
EuGH stark relativiert, weil er nicht etwa materi-
elle Grenzwerte vorgibt, sondern der EZB wegen
der technischen Natur der OMT und der Erfor-
derlichkeit von komplexen Beurteilungen und
Prognosen ein weites Ermessen einräumt.24
Bei der Prüfung der Geeignetheit stellt der
EuGH darauf ab, dass durch die OMT „überhöhte
7
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
Risikoaufschläge“ vermieden werden.25
Durch die
Annahme übermäßiger Risikoaufschläge verstößt
der EuGH entweder gegen den Marktgrundsatz
des Art. 3 Abs. 3 EUV oder er geht von Marktver-
sagen (beispielsweise durch Spekulation) aus.
Die Annahme eines Marktversagens ist jedoch
nicht mit der Grundstruktur der EWU vereinbar.
Die EWU wurde gemäß der no bail out-Klausel
des Art. 125 Abs.1 AEUV unter der Prämisse der
fiskalischen Eigenverantwortlichkeit konzipiert,
weshalb die Marktteilnehmer dem betroffenen
Fiskus im Falle fiskalischer Instabilitäten entwe-
der überhaupt nicht mehr oder nur noch gegen
höhere Zinszahlungen Kredite gewähren. Somit
sind die Zinsbestandteile nicht übermäßig oder
ungerechtfertigt, sondern in der Verfassung der
EWU angelegt. Zudem lassen sich Risikoauf-
schläge nicht in einen gerechtfertigten und ei-
nen übermäßigen Teil trennen.26
Vielmehr „lässt
sich im Ergebnis jede Interpretation und damit
einhergehende Handlungsempfehlung durch ent-
sprechende Annahmen begründen“, wenn ein-
zelne Risikokomponenten und Zinsbestandteile
nicht zweifelsfrei quantifiziert, eindeutig zuge-
ordnet und interpretiert werden können.27
Bei der Prüfung der Erforderlichkeit stellt der
EuGH darauf ab, dass die OMT auf Staatsanleihen
mit ein- bis dreijähriger Laufzeit und auf Mit-
gliedstaaten, die an einem Anpassungsprogramm
von EFSF oder ESM teilnehmen und erneut Zu-
gang zum Finanzmarkt bekommen haben, be-
schränkt sind.28
Dabei bleibt unklar, ob ein Mit-
gliedstaat Marktzugang hat, wenn er nur Kredit
bekommt, weil die Kreditgeber auf die Möglich-
keit des Weiterverkaufs an die EZB spekulieren.
Auch kann der Marktzugang nur dadurch zustan-
de kommen, dass der Fiskus Zinsen mit Risiko-
aufschlägen zahlt, die von EZB und EuGH als
„überhöht“ eingestuft werden. Möglicherweise
könnte also der Zugang nur zu einem Markt be-
stehen, der nach Einschätzung von EZB und
EuGH versagt. Ferner ist die Beschränkung auf
Papiere mit ein- bis dreijähriger Laufzeit kaum
dazu imstande, das Volumen zu beschränken,
weil die Laufzeit von Staatsanleihen instabiler
Fisken üblicherweise im kurzfristigen Bereich
bleibt, so dass ein großer Anteil der Schuld-
papiere dieser Staaten in die Bilanzen des ESZB
gelangen würde. Dadurch würde das ESZB zum
Hauptgläubiger dieser Staaten; dies ist ein Um-
stand der mit dem Grundsatz fiskalischer Eigen-
verantwortlichkeit des Art. 125 Abs. 1 AEUV und
mit dem ursprünglich vereinbarten Verhältnis
von Fiskalpolitik und vergemeinschafteter Geld-
politik nicht zu vereinbaren sein dürfte.
Es bleibt festzuhalten, dass die OMT als End-
lagerinstrumente – wie in Abschnitt 3 erörtert –
primär nicht geldpolitischer, sondern finanzsta-
bilitätspolitischer Natur und damit der „allge-
meinen Wirtschaftspolitik“ zuzuordnen sind 29
.
Die „allgemeine Wirtschaftspolitik“ ist grund-
sätzlich – mit Ausnahme von ausdrücklichen Er-
mächtigungen zugunsten der EU – Sache der Mit-
gliedstaaten, wobei die EU insoweit gemäß Art.
119 Abs. 1 AEUV auf eine koordinierende Funk-
tion beschränkt ist 30
und der vergemeinschafte-
ten Geldpolitik gemäß Art. 119 Abs. 2 AEUV nur
eine unterstützende Rolle zugewiesen wurde. Ge-
mäß dem Prinzip der begrenzten Einzelermäch-
tigung der Art. 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 und 2 EUV
sind daher die Mitgliedstaaten und nicht die EU
für die Finanzstabilitätspolitik zuständig.
Die Zuständigkeit des ESZB für die Finanz-
stabilitätspolitik wird zudem durch Art. 127
Abs. 5 AEUV explizit geregelt. Aus der Aufgabe
des ESZB nach Art. 127 Abs. 5 AEUV, einen
Beitrag zur Finanzstabilität zu leisten, kann aber
kein eigenständiges finanzstabilitätspolitisches
Mandat abgeleitet werden; zumal die Norm nicht
das ESZB, sondern explizit andere „Behörden“
als „zuständig“ bezeichnet. Mit einem solchen
Beitrag kann keinesfalls die Überantwortung der
Endlagerung finanziell destabilisierender Ver-
luste als das wirksamste Instrument der Finanz-
stabilitätspolitik gemeint sein, weil dadurch
eine umfassende Kompetenz begründet würde
und nicht nur eine Mitwirkung an einer mit-
gliedstaatlichen Finanzstabilisierung.31
Erschwe-
rend kommt hinzu, dass die EZB über die OMT
nach eigenem Ermessen entscheiden will.32
Zwar
setzt die in Art. 130 S. 1 AEUV verankerte
Unabhängigkeit der EZB eigenständige wirt-
schaftspolitische Bewertungen ihrer Hilfsmaß-
nahmen voraus, aber bei Inanspruchnahme
eigenen Ermessens gibt die EZB ihre Unter-
stützungsfunktion auf und wird zur eigenstän-
8
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
digen finanzstabilitätspolitischen Gestaltungs-
instanz.33
Es besteht generell die Gefahr, dass die Macht
der EZB über die Endlagerinstrumente durch die
Berufung der EZB auf ihre Unabhängigkeit fak-
tisch von der Kontrolle anderer staatlicher Stel-
len abgeschottet wird. Die Endlagerinstrumente
sind der Zentralbankunabhängigkeit nie über-
antwortet worden und können ihr wegen ihrer
grundsätzlichen Bedeutung für die Verteilung der
wirtschaftlichen Ressourcen und der Wirtschafts-
leistung unter Demokratiegesichtspunkten auch
nicht überantwortet werden. Vielmehr müssen
Entscheidungen der Zentralbank über Endlager-
maßnahmen der parlamentarischen Kontrolle un-
terworfen werden. Durch die faktische Macht der
EZB über die Endlagerinstrumente infolge ihrer
Verfügungsgewalt über die Geldschöpfung und
ihre Bilanz hat sich das innerstaatliche Kom-
petenzgefüge weg von der Legislative hin zur
Exekutive (Monetative) verschoben. Die Zentral-
bank entscheidet ohne hinreichende demokrati-
sche Legitimation über verteilungsrelevante Fra-
gen, mithin über Grundzüge der (Finanz-)Wirt-
schaftsordnung, ohne dass der Gesetzgeber (aus-
reichend) Vorgaben gemacht hat.
b. Das Verbot monetärer Staatsfinanzierung
Der EuGH stellt in seinem Urteil zudem fest,
dass Art. 123 AEUV „jede finanzielle Unterstüt-
zung des ESZB zugunsten eines Mitgliedstaats“
„verbietet“, ohne grundsätzlich Sekundärmarkt-
käufe von Staatsschuldpapieren auf Grundlage
von Art. 18 Abs.1 ESZB-Satzung auszuschließen.
Jedoch darf das ESZB keine Sekundärmarktkäufe
vornehmen, wenn diese „die gleiche Wirkung wie
ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen“
haben und dadurch die Wirksamkeit des Verbots
monetärer Staatsfinanzierung und dessen Zweck
fiskalischer Stabilität „in Frage stellen“. 34
Aus diesem Grund muss das OMT-Programm
nach Ansicht des EuGH Bedingungen erfüllen,
die verhindern, dass Primärerwerber von Staats-
anleihen die Gewissheit haben, ihre Anleihen an
das ESZB weiterveräußern zu können, um da-
durch „faktisch als Mittelspersonen des ESZB für
den unmittelbaren Erwerb“ zu fungieren.35
Da-
bei stellt sich der EuGH aber mit den von der
EZB völlig offen formulierten Durchführungs-
parametern der OMT zufrieden. Insbesondere
reicht dem EuGH die bloße Absicht der EZB aus,
eine nicht näher konkretisierte Mindestfrist zwi-
schen Primär- und Sekundärerwerb einzuhalten
und weder die Durchführung noch das Volumen
der OMT anzukündigen.36
Der EuGH erkennt zwar
grundsätzlich den Einfluss der OMT auf den
Primärmarkt, rechtfertigt diesen aber in zirkel-
schlüssiger Weise damit, dass diese Wirkung den
grundsätzlich nach Art. 18 Abs. 1 AEUV zulässi-
gen Sekundärmarktkäufen „inhärent“ sei und zu-
dem „unerlässlich“ sei, um Sekundärmarktkäufe
„im Rahmen der Geldpolitik wirksam einsetzen
zu können.“ 37
Der EuGH hat weder eine quantitative Begren-
zung der OMT vorgenommen noch andere Kri-
terien entwickelt, die eine Beurteilung einer
unzulässigen „gleichen Wirkung“ ermöglichen
würden. Bereits die Ankündigung der OMT hat
die Finanzmarktteilnehmer trotz der fiskalischen
Instabilitäten zum Ersterwerb von Staatsanlei-
hen veranlasst, weil sie darauf hoffen, durch die
Weiterveräußerung an das Eurosystem risikolose
Profite zu vergleichsweise hohen Zinsen erzielen
zu können. Außerdem könnte das ESZB die
Staatsanleihen von den Ersterwerbern mangels
konkreter Mindestfristen auch im engen zeitli-
chen Zusammenhang mit der Emission erwer-
ben.38
Die Zwischenschaltung der Ersterwerber
diente dann lediglich der Umgehung des Verbots
monetärer Staatsfinanzierung; wirtschaftlich
wäre sie hingegen kostspielig und zwecklos.
Überdies hält es der EuGH im Rahmen von
Art. 123 AEUV für zulässig, wenn das ESZB die
erworbenen Staatsanleihen bis zur Fälligkeit
hielte, solange es damit nicht auf die Rückzah-
lung verzichtet. Jedoch erfolgt die Staatsfinan-
zierung dabei besonders wirksam, weil das An-
gebot der betreffenden Staatsanleihen am Markt
durch die Forderungskäufe mit anschließendem
Halten bis zur Fälligkeit verknappt wird und weil
damit in die marktliche Preisfindung eingegriffen
wird.39
Die Staatsfinanzierungswirkung der OMT würde
sich nicht nur auf die Liquiditätsbeschaffung des
Fiskus beschränken, sondern auch dessen Ver-
schuldungsumfang betreffen, sobald das Euro-
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
9
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
system (teilweise) auf die in Form von Staats-
anleihen verbrieften Forderungen verzichtet oder
sich das Ausfallrisiko in anderer Weise verwirk-
licht.40
Im Rahmen des OMT-Programms würde
das ESZB sogar eine Gleichbehandlung mit den
übrigen Gläubigern des Fiskus (pari passu) ak-
zeptieren, so dass es automatisch von einem von
einer Gläubigermehrheit beschlossenen Schul-
denschnitt betroffen wäre.41
Überdies billigt der
EuGH ausdrücklich, dass das ESZB durch gezielte
Staatsanleihekäufe fiskalisch instabiler Staaten
– vor allem auch zur Entlastung von Bankbi-
lanzen – erhebliche Verlustrisiken eingeht.42
Die im Rahmen der OMT vorgesehenen Se-
kundärmarktkäufe suchen das Verbot monetärer
Staatsfinanzierung zu umgehen.43
Die EZB will
explizit durch die mit Zentralbankgeld finanzier-
ten Staatsanleihekäufe – also mit monetären
Mitteln – Zinsaufschläge neutralisieren, damit
sich die betreffenden Staaten zum Zwecke der
Staatsfinanzierung am Primärmarkt günstiger
finanzieren können.44
Die von Art. 18 Abs. 1
ESZB-Satzung dem ESZB ermöglichten Sekun-
därmarktkäufe dürften wegen Art. 123 AEUV pro
Fiskus allenfalls einen Umfang haben, der dem
ESZB technisch die Steuerung der Geldmenge
ermöglicht, aber sonst für den jeweiligen Fiskus
nicht spürbar wird. Des Weiteren lässt die
Parallelität der OMT mit den Programmen der
EFSF und des ESM, die mit ihren Hilfskrediten
unmittelbar zur Staatsfinanzierung beitragen,
auf die Staatsfinanzierungswirkung der OMT
schließen.45
Die monetäre Finanzierung einzelner Staaten
führt in der EWU nicht nur zu inflationsbeding-
ten Umverteilungen zwischen Gläubigern, Schuld-
nern, Geldinhabern und dem Fiskus, sondern
auch zu Umverteilungen zwischen den Volkswirt-
schaften, weil sich deren (von der Inflation
betroffene) Forderungen und Verbindlichkeiten
nicht per Saldo ausgleichen. Für die EWU sollten
die aus der monetären Staatsfinanzierung fol-
genden Inflationsgefahren und die inflationsbe-
dingten Umverteilungswirkungen durch das Ver-
bot des Art. 123 Abs. 1 AEUV umfassend ausge-
schlossen werden. Das Verbot monetärer Staats-
finanzierung erfasst daher nicht nur die unmit-
telbare Finanzierung über Staatsanleihekäufe auf
dem Primärmarkt, sondern erfasst aufgrund des
(zur Durchsetzung des Europarechts häufig her-
angezogenen) Gebots der praktischen Wirksam-
keit auch sämtliche Umgehungstatbestände.46
5 Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts: Finanzstabilitätsunion
oder Souveränität?
Im Anschluss an die Vorabentscheidung des
EuGH wird das Urteil des BVerfG über die OMT als
Endlagerinstrumente grundlegende Fragen der
Finanzstabilitätsverfassung und der Souveränität
zu behandeln haben. Die Endlagerungsinstru-
mente bilden den Kern der Finanzstabilitätsver-
fassung der modernen Geld- und Finanzordnung,
weil sie die einzigen (grundsätzlich) unerschöpf-
lichen Stabilisierungsquellen darstellen. Für die
eigene volkswirtschaftliche Entwicklung ist die
Finanzstabilität von so entscheidender Bedeu-
tung, dass die Staatsgewalt über die Endlager-
instrumente und damit die Finanzstabilitätsho-
heit nicht aufgegeben werden kann, ohne dass
das betroffene politische Gemeinwesen einen
wesentlichen Bestandteil seiner Souveränität
verliert.47
Das BVerfG hat die Auslegung des OMT-Be-
schlusses zunächst dem EuGH überlassen, weil
die EZB als Organ der EU grundsätzlich der
Jurisdiktion des EuGH und nicht der des BVerfG
unterliegt. Das BVerfG hat in seinem Vorlage-
beschluss aber signalisiert, dass der OMT-Be-
schluss einschränkend vom EuGH ausgelegt wer-
den muss, um zu verhindern, dass das BVerfG
den OMT-Beschluss der EZB für ultra vires er-
klärt, und möglicherweise auch um den Rahmen
der Integrationsgrenze des Art. 79 Abs. 3 i.V.m.
Art. 20 Abs. 1 und 2 GG zu wahren .48
Trotz dieser
Ausgangslage hat der EuGH den OMT-Beschluss
in seiner Vorlageentscheidung ohne wesentliche
Restriktionen für vertragsgemäß erklärt.
Nun wird das BVerfG zumindest über einen
hinreichend qualifizierten Verstoß des OMT-Pro-
gramms gegen den Kompetenzkatalog der EU
(ultra vires-Kontrolle) und möglicherweise auch
über die Vereinbarkeit des OMT-Programms mit den
Integrationsgrenzen des Grundgesetzes (Iden-
titätskontrolle) entscheiden. Insofern hat der
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
EuGH festgehalten, dass sein Urteil das BVerfG
„hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit
der fraglichen Handlungen der Unionsorgane bei
der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit
bindet.“ 49
Es bleibt abzuwarten, ob nun das
BVerfG (i) durch Bindung an die EuGH-Entschei-
dung von einer Vereinbarkeit der OMT mit dem
währungspolitischen Mandat der EZB, dem Ver-
bot monetärer Staatsfinanzierung und dadurch
auch mit dem Grundgesetz ausgeht oder (ii)
trotz Vereinbarkeit der OMT mit dem AEUV die
Unvereinbarkeit der OMT mit den Integrations-
grenzen des Grundgesetzes annimmt oder (iii)
sich entgegen dessen ausdrücklicher Feststellung
nicht an die Entscheidung des EuGH gebunden
sieht. Jedenfalls hat das BVerfG als Reaktion auf
die Vorlageentscheidung des EuGH bereits an-
gekündigt, erneut mündlich verhandeln zu wol-
len, was darauf hindeuten könnte, dass sich das
BVerfG dem EuGH inhaltlich nicht vollends anzu-
schließen gedenkt.
Sollte das BVerfG den OMT-Beschluss als aus-
brechenden Rechtsakt oder sogar als Verletzung
der Verfassungsidentität einordnen, stellt sich
die Frage nach der Rechtsfolge einer solchen
Entscheidung. Zunächst ist denkbar, dass das
BVerfG materielle Grenzen für die OMT und die
Endlagerinstrumente (wie Höchstbeträge für den
Erwerb bestimmter Vermögenswertklassen) zieht,
in denen die EZB ihre Kompetenzen nicht über-
schreiten würde. Jedoch wären diese Grenzen
allenfalls für die Deutsche Bundesbank und nicht
für die EZB verbindlich, weil die EZB nicht der
Jurisdiktion des BVerfG unterliegt.
Ferner könnte das BVerfG die Bundesregierung
oder den Bundestag damit befassen, auf Ebene
der EU Verhandlungen anzustreben mit dem Ziel,
ausbrechende Rechtsakte der EZB in Zukunft zu
unterbinden. Dabei dürfte aber problematisch
sein, dass die Bundesregierung auf die unabhän-
gige EZB kaum Einfluss besitzt, der Bundesre-
gierung ein entsprechender Gestaltungswille
wegen ihrer eigenen europapolitischen Agenda
fehlt und Änderungen des europäischen Primär-
rechts der Zustimmung aller Mitgliedstaaten be-
dürfen.
Darüber hinaus könnte das BVerfG für den
OMT-Beschluss und die Endlagerinstrumente als
10
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
Rechtsfolge bestimmen, dass solche Beschlüsse
von deutschen Staatsorganen nicht angewendet
werden dürfen. Dann dürfte die Deutsche Bun-
desbank im Rahmen des ESZB keine OMT vor-
nehmen und keine Endlagerinstrumente anwen-
den, was der Deutschen Bundesbank zwar Ver-
luste ersparen würde, aber grundsätzlich nicht
die wirtschaftlichen Folgen der OMT und der
Endlagerung (wie der Geldmengenerweiterung)
für das deutsche Geldsystem aufheben würde,
zumal andere Zentralbanken des ESZB den Teil
der Deutschen Bundesbank übernehmen könn-
ten. Würde die Deutsche Bundesbank zudem ver-
suchen, das inländische Geldsystem (beispiels-
weise durch Beschränkungen von TARGET2) von
den Folgen abzuschirmen, würde die Einheit-
lichkeit der Geldpolitik des ESZB beeinträchtigt
und damit die EWU insgesamt in Frage gestellt.
Weiterhin ist auch denkbar, dass das BVerfG
die Verfassungswidrigkeit der OMT und damit der
Endlagerung durch die EZB feststellt, aber diese
Feststellung mit keiner konkreten Rechtsfolge
verknüpft. Dies hätte zwar den Vorteil, die Pro-
bleme mit der Unanwendbarkeitserklärung zu
vermeiden, aber auch zur Folge, dass ein aus-
brechender Rechtsakt und die dadurch bedingte
Souveränitätsverletzung keine (bestimmte) Rechts-
folge hätte. Politische Entscheidungsträger hät-
ten dann in Zukunft keine negativen Rechts-
folgen einer Souveränitätsverletzung mehr zu
befürchten, so dass das BVerfG Gefahr läuft,
dass seine ultra vires-Kontrolle zu einem stump-
fen Schwert wird und dass es seine Rolle als
Hüter der Verfassung verliert.
Die gleichen Gesichtspunkte zu den Rechts-
folgen kommen auch im Verfahren zu den be-
reits anhängigen Verfassungsbeschwerden zum
EAP-Programm50
zum Tragen. Beim Quantitative
Easing-Programm der EZB greifen indes die Ar-
gumente gegen die OMT der Selektivität, Kon-
ditionalität und Parallelität wegen dessen brei-
terer Strukturierung nicht, obwohl durch dieses
Programm nicht nur eine Endlagerung von Ver-
lusten aus Staatsschuldpapieren, sondern auch
aus weiteren Vermögenswertklassen möglich wird.
Es werden dabei zwar Wertpapiere aus allen Mit-
gliedstaaten erworben, jedoch sollten die Aus-
fallwahrscheinlichkeiten der Wertpapiere un-
gleich auf die Volkswirtschaften verteilt sein, so
dass es nicht nur zur Begünstigung der Finanz-
wirtschaftsakteure, denen die Wertpapiere abge-
nommen werden, sondern auch bestimmter Volks-
wirtschaften kommen dürfte. Die Umverteilungs-
wirkungen des Quantitative Easing dürften noch
erheblicher sein, als sie dies bei den OMT ge-
wesen wären; zumal das EAP-Programm einen
Umfang in Billionenhöhe hat.
Schließlich bleibt festzuhalten, dass über die
Anerkennung der Befugnis der EZB zur Endlage-
rung durch den EuGH und (nun auch) das BVerfG
die Finanzstabilitätshoheit und damit die Sou-
veränität der Euromitgliedstaaten preisgegeben
werden würde. Die Endlagerinstrumente würden
auf diese Weise zum entscheidenden Moment der
Integration zum Europäischen Bundesstaat. Zu-
dem wäre vor allem die EZB (finanziell) souve-
rän, wenn sie ohne parlamentarische Mitsprache
die Gewalt über die Endlagerinstrumente aus-
übte und damit (unabhängig) über die Finanz-
krise als (finanziellen) Ausnahmezustand ent-
scheiden könnte.51
Deshalb bedarf es zumindest
eines neuen institutionellen Rahmens, der die
Endlagerinstrumente der EZB an die Legitima-
tionskraft parlamentarischer Entscheidungen (der
Mitgliedstaaten) rückbindet.
Anmerkungen
01 Der Autor dankt Wolfgang Freitag für die Diskussion zum
Thema.
02 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
lichen Entwicklung, Konsequenzen aus der Griechenland-Krise
für einen stabileren Euro-Raum, 2015, S. 27 f.
03 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 06.09.2012 zu den „Technical
features of Outright Monetary Transactions“.
04 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 22.01.2015 „ECB announces ex-
panded asset purchase programme“.
05 M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik und
Finanzstabilitätspolitik, S. 325.
06 Vgl. M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik
und Finanzstabilitätspolitik, S. 269 f.
07 M. Danzmann, Die Endlagerung von Verlusten in der Zentral-
bankbilanz am Beispiel der Europäischen Währungsunion, Zeit-
schrift für Sozialökonomie, 184/185.Folge (2015), S. 48 (51 ff.).
08 Vgl. dazu ausführlich: M. Danzmann, Das Verhältnis von Geld-
politik, Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik, S. 281 ff.
09 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 36 u. 55.
10 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), ECLI:
EU:C:2015:400, Absatz-Nr. 41.
11 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 43 u. 47.
12 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.),
Absatz-Nr. 50.
13 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 96.
14 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 97.
15 Vgl. Deutsche Bundesbank, Stellungnahme im BVerfG-Verfahren
vom 21.12.2012, S. 9.
16 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 72.
17 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 53.
18 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 55.
19 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 73.
20 Vgl. K. A. Schachtschneider, Schriftsatz aus dem BVerfG-Ver-
fahren vom 13.11.2012, S. 26.
21 Vgl. EuGH, Urt. vom 27.11.2012, Rs. C-370/12 (Pringle), EU:C:
2012:756, Absatz-Nr. 60.
22 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 76.
23 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 77.
24 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 64, 66 u. 68.
25 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.),
Absatz-Nr. 72 ff.
26 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 71 (m.
w.N.).
27 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme im BVerfG-Verfahren vom
21.12.2012, S. 7.
28 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.),
Absatz-Nr. 85 ff.
29 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 55 f.
30 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 39.
31 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 39.
32 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 06.09.2012 zu den OMT: „in
full discretion“.
33 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 82.
34 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 95 u. 97.
35 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 104.
36 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 106.
37 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 108.
38 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 92 ff.
39 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 90.
40 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 88.
41 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 88.
42 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.),
Absatz-Nr. 123 ff.
43 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 84.
44 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 87.
45 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 87.
46 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 85 f.
47 M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik und
Finanzstabilitätspolitik, S. 331.
48 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 36 u.
55.
49 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab-
satz-Nr. 16.
50 Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig unter 2 BvR 859/
15.
51 Vgl. C. Schmitt, Politische Theologie, S. 11.
11
Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015
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ZfSO_-_Endlagerung_von_Verlusten_in_EZB-Bilanz

  • 1. SÖZf SÖZf ZEITSCHRIFT FÜR SOZIALÖKONOMIE Die Endlagerinstrumente der Euro- päischen Zentralbank vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof Brauchen wir eine neue Geldordnung? Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld Der Euro-Leitzins ist nicht konjunkturgerecht Grundlagen des islamischen Wirtschaftsdenkens – Eine Einführung Dollar, Sucre und die Suche nach einer gerechten Weltwährungsordnung Leopold Kohr – Wachstumskritiker der ersten Stunde Bioökonomie – Über die Pervertierung eines grünen Paradigmas Berichte – Bücher – Veranstaltung 56. Mündener Gespräche in der Reinhardswaldschule in Fuldatal Max Danzmann Dieter Suhr † Eckhard Behrens Abdelaali El Maghraoui Edoardo Beretta Helmut Woll Hans-Günter Wagner 3 12 23 26 28 41 49 57 69 87 186/187.52. Jahrgang Folge Oktober 2015 ISSN 0721-07522. überarbeitete Auflage2. überarbeitete Auflage SILVIO GESELL: „Reichtum und Armut gehören nicht in einen geordneten Staat.“ Werkauswahl zum 150. Geburtstag zusammengestellt von Werner Onken 2. überarbeitete Auflage 2012 230 Seiten, Pb. 19,90 EURO [2012] ISBN 978-3-87998-462-6 Bestellungen: SOZIALÖKONOMIE-SHOP www.sozialoekonomie.de Am 17. März 2012 jährte sich zum 150. Mal der Geburtstag des Kaufmanns und Sozialreformers Silvio Gesell, der wegen seiner grundlegenden Vorschläge für die Verwirklichung einer freiheitlichen und gerechten, den Frieden fördernden Gesellschafts- ordnung mehr Beachtung verdient, als ihm bisher im allgemeinen und in der Wissenschaft im besonderen zuteil wurde. Aus diesem Anlass soll das vorliegende Buch die Persönlichkeit Silvio Gesells vorstellen und anhand einer Auswahl von Textpassagen aus seinen Werken einen Einblick in seine sozialreformerische Gedankenwelt vermitteln. ZfSÖ-186-187.Umschlag.qxp_ZfSÖ-145_U 05.10.15 11:41 Seite 1
  • 2. 3 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Die Eurorettungspolitik der Regierungen der Euromitgliedstaaten, der Europäischen Kommis- sion und des IWF hat die Eurozone auch nach Jahren nicht hinreichend finanziell zu stabili- sieren vermocht. Die EZB scheint derzeit der ein- zige Akteur zu sein, der über die zur Finanz- stabilisierung der Eurozone erforderlichen In- strumente verfügt. Allerdings werden über die Finanzstabilisierungsprogramme der EZB vor dem BVerfG und dem EuGH Rechtsstreite geführt, weil deren Anwendung zur gemeinschaftlichen Endlagerung von Verlusten und zur Verletzung der (finanziellen) Souveränität der Euromit- gliedstaaten führen kann. 1 Die Finanzstabilisierungspro- gramme der Europäischen Zentralbank Nach schwierigen Verhandlungen wurde mit Griechenland ein weiteres Rettungspaket verein- bart, obwohl sich längst gezeigt hat, dass die dauerhafte Refinanzierung des griechischen Fis- kus und anderer fiskalisch instabiler Staaten die Eurozone langfristig nicht finanziell stabilisieren kann. Es ist nicht zu erwarten, dass die betroffe- nen Fisken die Mittel zur Tilgungs- und Zinslei- stung aufbringen können.2 Auch werden die be- troffenen Völker wahrscheinlich nicht auf Dauer bereit sein, die erheblichen Eingriffe in ihre Souveränität infolge der strikten Finanzierungs- bedingungen der Geldgeber hinzunehmen. Deshalb versucht die EZB zurzeit als mächtig- ster finanzwirtschaftlicher Akteur, die Eurozone über das Outright Monetary Transactions (OMT)- Programm3 und das Extended Asset Purchase (EAP)-Programm4 finanziell zu stabilisieren. Die OMT umfassen dabei ein Programm, nach welchem das Eurosystem Staatsanleihen von einzelnen Euromitgliedstaaten (Selektivität) auf Sekundärmärkten unter Akzeptanz der eigenen Gleichbehandlung mit sonstigen Gläubigern und unter Neutralisierung der dadurch bedingten Liquiditätseffekte erwirbt, falls die begünstigten Staaten jeweils an den parallel laufenden Pro- grammen der EFSF und des ESM (Parallelität) teil- nehmen und deren Bedingungen erfüllen (Kondi- tionalität). Dieses Programm ist Gegenstand ei- ner (im Folgenden näher betrachteten) gerichtli- chen Auseinandersetzung vor dem BVerfG und dem EuGH, wurde aber bislang noch nicht angewen- det und mittlerweile vom EAP-Programm abgelöst. Beim EAP-Programm hingegen entfallen die Selektivität, die Konditionalität, die Parallelität und die Liquiditätsneutralisierung des OMT-Pro- gramms. Im Wege des EAP-Programms erwirbt das ESZB von März 2015 bis mindestens Septem- ber 2016 Wertpapiere des privaten und öffent- lichen Sektors in Höhe von monatlich sechzig Milliarden Euro, wobei wiederum Staatsanleihen im Vordergrund stehen. Dadurch kommt es zu einer erheblichen Ausweitung der Geldmenge (Quantitative Easing) und es werden Umvertei- lungseffekte und Fehlanreize zwischen den Euro- mitgliedstaaten bewirkt. 2 Die Zentralbankbilanzen als Endlager für Verluste Das OMT-Programm und das EAP-Programm Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof Max Danzmann1 1
  • 3. 4 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ... legen es nahe, von einer Endlagerung durch das ESZB zu sprechen. Bei einer solchen Endlagerung werden finanziell destabilisierende Vermögens- werte in die Bilanzen des ESZB aufgenommen, um Verluste, die aus Abschreibungen auf diese Ver- mögenswerte resultieren, dauerhaft in den Zen- tralbankbilanzen zu belassen. Abstrakt betrach- tet, werden durch die Endlagerung finanzielle Instabilitäten aus dem Finanzmarkt im Wege quantitativer Lockerungen (Quantitative Easing) herausgelöst. Das ESZB und damit auch die EZB würden im Falle solcher Verlustabschreibungen die Funktion einer Bad Bank übernehmen.5 Die EZB könnte ihre Bilanz als Endlager nut- zen, weil endgelagerte Verluste für die EZB keine existentiellen Gefahren darstellen und grund- sätzlich nur bilanzielle Konsequenzen haben. Eine negative Eigenkapitalposition hat keine existentiellen Folgen für die EZB, weil die EZB grundsätzlich nicht insolvenzfähig ist und sie faktisch auch ihre Zahlungsfähigkeit wegen ihrer unbeschränkten Geldschöpfungskapazität nicht verlieren kann. Bei den OMT- und EAP-Programmen erwirbt die EZB Vermögenswerte (vornehmlich Staatsan- leihen), die das Finanzsystem destabilisieren, zu Preisen, welche die (gegenwärtigen) (Markt-) Werte übersteigen, damit die begünstigten Ver- käufer keine die Finanzstabilität gefährdenden Verlustabschreibungen vornehmen müssen und damit – im Falle von Staatsanleihekäufen – den begünstigten Fisken auch weiterhin eine Finan- zierung über den Finanzmarkt ermöglicht wird.6 Durch die überhöhte Kaufpreiszahlung mit zu diesem Zweck generiertem Zentralbankgeld wird das Finanzstabilitätsrisiko vom Verkäufer auf die EZB übertragen. Der Einsatz der Endlagerinstrumente durch die EZB könnte erforderlich sein, um die (Zusam- mensetzung der) Europäischen Währungsunion (EWU) trotz ihrer finanziell instabilen Verfassung aufrechtzuerhalten. Die EZB könnte durch die Endlagerung in weitem Umfang als Garant der Finanzstabilität fungieren. Jedoch bewirkt die Endlagerung Umverteilungseffekte, Fehlanreize und Inflationsgefahren, die vor dem Hintergrund der Unabhängigkeit der EZB eine Mandatsab- grenzung erforderlich machen.7 3 Die Endlagerung als finanzstabi- litätspolitisches Instrument Für die Prüfung der Zulässigkeit der Endlage- rung durch die EZB ist es maßgeblich, welchem Politikbereich die Endlagerinstrumente zuzuord- nen sind, weil der EZB nach Art. 119 AEUV eine umfassende Kompetenz nur für die Geldpolitik zusteht. Die Endlagerung finanziell destabilisie- render Verluste berührt die Belange mehrerer Politikbereiche: insbesondere der Geldpolitik, der Fiskalpolitik und der Finanzstabilitätspolitik. Dabei ist die Finanzstabilitätspolitik ein erst seit kurzem eigenständig wahrgenommener Wirt- schaftspolitikbereich, weshalb finanzstabilitäts- politische Verantwortlichkeiten noch durch den Gesetzgeber zu regeln sind. Die Endlagerinstrumente werden von der EZB für die Geldpolitik reklamiert, wofür spricht, dass die Instrumente in der Hand der Zentral- bank als dem wesentlichen geldpolitischen Ak- teur liegen. Außerdem steuert die EZB über Käufe von Schuld- und Eigentumstiteln die Geldmenge als einen wesentlichen geldpolitischen Parame- ter. Jedoch könnten die Endlagerinstrumente auch der Fiskalpolitik zugeordnet werden, wenn über Staatsanleihekäufe die Refinanzierungs- bedingungen des Fiskus am Kapitalmarkt beein- flusst werden. Andererseits hat die Auflösung monetärer und fiskalischer Instabilitäten im Wege der Endlagerung insofern finanzstabilitäts- politischen Charakter, als monetäre und fiska- lische Instabilitäten auch Finanzinstabilitäten darstellen. Die Zuordnung zu einem der genannten Poli- tikbereiche sollte nach ihrem Bedeutungsgehalt erfolgen. Wenn eine Maßnahme grundsätzliche Bedeutung für die Finanzstabilität insgesamt aufweist, dann reicht ihr Bedeutungsgehalt über das spezifisch Geldpolitische oder das spezifisch Fiskalpolitische hinaus, auch wenn die Geld- politik oder die Fiskalpolitik ebenfalls betroffen sind, so dass sie primär der Finanzstabilitäts- politik zuzuordnen ist. Dieser grundsätzliche Bedeutungsgehalt wird über das Ausmaß der Gefahr für die Finanzstabilität infolge desjeni- gen Zustands bestimmt, gegen den sich die Endlagerung richtet. Die Endlagerung erfolgt
  • 4. 5 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ... demnach primär finanzstabilitätspolitisch, wenn der Zustand, dem durch die Endlagerung abge- holfen werden soll, einen hohen Gefahrengrad für die Finanzstabilität aufweist. Die Endlagerinstrumente sind in der Regel der Finanzstabilitätspolitik zuzuordnen, weil sie als quantitative Lockerung aufgrund des Preisstabi- litätsgrundsatzes regelmäßig nur ultima ratio angewendet werden. Darüber hinaus wird die finanzstabilitätspolitische Natur einer Endlager- maßnahme indiziert, wenn (i) große Volumina von Verlusten endgelagert werden, (ii) die Maß- nahme gegenüber vielen Adressaten ergeht, (iii) sie über einen langen Zeitraum angewendet wird, (iv) sie gegenüber den Begünstigten mit fiskal- oder finanzstabilitätspolitischen Bedin- gungen oder Auflagen verbunden wird und (v) sie sich gegen einen Zustand richtet, der gleich- zeitig die Annahme monetärer, fiskalischer und sonstiger finanzieller Instabilitäten begründet.8 4 Gerichtsentscheidungen zu Endlagerinstrumenten Das BVerfG und der EuGH haben im Rahmen des OMT-Verfahrens zwar nicht begrifflich, aber inhaltlich die faktische Möglichkeit der EZB zur Endlagerung rechtlich geprüft, weil es sich bei den OMT um ein Programm zum Erwerb von das Finanzsystem destabilisierenden Staatsschuld- papieren und Ausfallrisiken in erheblichem Um- fang und damit um Maßnahmen zur Übernahme finanziell destabilisierender Verluste durch das Eurosystem (Endlager) handelt. 4.1 Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichts Das BVerfG hat im Rahmen seines Vorlage- beschlusses Unionsrecht interpretiert und erheb- liche Zweifel an der Vereinbarkeit der OMT mit dem EZB-Mandat und dem Verbot monetärer Staatsfinanzierung geäußert. Es hat indes eine verbindliche Auslegung des Unionsrechts dem EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfah- rens überlassen, was ein Novum in der deut- schen Verfassungsrechtsprechung darstellt. In einem ausführlich begründeten Vorlagebeschluss hat das BVerfG den OMT-Beschluss vorbehaltlich einer restriktiven Auslegung durch den EuGH für einen Akt ultra vires gehalten.9 4.2 Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs Der EuGH hat daraufhin auf Grundlage der Vorlagefragen des BVerfG entschieden, dass der Beschluss des Rates der EZB über die OMT vom 6. September 2012 nicht die Grenzen des geld- politischen Mandats der EZB überschreitet und nicht gegen das Verbot monetärer Staatsfinan- zierung verstößt. Damit hat der EuGH grundsätz- lich auch die Endlagerung von Verlusten durch die EZB gebilligt. a. Das Mandat der Europäischen Zentralbank Der EuGH hat zunächst (die Selbstverständ- lichkeit) ausdrücklich festgehalten, dass er dazu berufen ist, die rechtlichen Grenzen des Mandats der EZB zu überprüfen, welches ausdrücklich auf die Währungspolitik (Geldpolitik) beschränkt ist.10 Zur Abgrenzung der Währungspolitik von der „allgemeinen Wirtschaftspolitik“ im Rahmen des Art. 119 Abs. 1 AEUV bemüht der EuGH vor- nehmlich das nach Art. 127 Abs. 1 S.1 AEUV pri- märe Ziel der EZB, Preisstabilität zu gewähr- leisten, sowie das in Art.119 Abs. 2 AEUV ver- ankerte Ziel der Einheitlichkeit der Geldpolitik.11 Zur Verfolgung des Preisstabilitätsziels ist die EZB auf den geldpolitischen Transmissionsme- chanismus angewiesen, weshalb nach Auffassung des EuGH (alle) Maßnahmen zur Erhaltung des Transmissionsmechanismus (generell) durch das Preisstabilitätsziel und damit geldpolitisch ge- rechtfertigt werden können.12 Jedoch ist nicht jeder Beitrag zur Preisstabilität allein deshalb geldpolitisch, weil die Preisstabilität das zen- trale geldpolitische Ziel darstellt 13 ; denn jedes ökonomische Handeln hat (zumindest mittelbar) Einfluss auf das Preisniveau. Beispielsweise ha- ben fiskalische Instabilitäten regelmäßig Stö- rungen des Transmissionsmechanismus zur Folge, weil fiskalische Instabilitäten wegen des kon- nexen Verhältnisses zwischen Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik häufig mit finanziellen Instabilitäten privater Finanzwirtschaftsakteure
  • 5. 6 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ... einhergehen.14 Die Funktionsfähigkeit des Trans- missionsmechanismus ist somit auch abhängig von finanziellen Instabilitäten, deren Ursachen (zunächst) nichts mit dem Geldsystem zu tun haben und sich erst im weiteren Verlauf einer Störung auch auf Banken wegen ihrer zentralen Stellung im Finanzsystem (negativ) auswirken. Die (mittelbare) Betroffenheit der Zentralbank gibt ihr nicht das Recht, in die Politikbereiche anderer Akteure überzugreifen. Sonst würde es der Zentralbank überantwortet, für die Finanzie- rung des Fiskus zu sorgen, nur weil sich fiska- lische Instabilitäten auch auf die Banken und damit schließlich auf den Transmissionsmecha- nismus auswirken können. Auch das Ziel der Einheitlichkeit der Geldpo- litik macht es der EZB nicht zur Aufgabe, Maß- nahmen zu ergreifen, um die Zusammensetzung der Eurozone zu gewährleisten. Bei der Zusam- mensetzung einer geldpolitischen Gemeinschaft handelt es sich auch um eine geldpolitische Frage, gerade weil die Zusammensetzung einer Währungsunion ohne die Möglichkeiten zur Wäh- rungsabwertung und zur monetären Staatsfinan- zierung möglicherweise faktisch nur durch die Endlagerinstrumente gesichert werden kann, denn eine Fiskalkrise kann bei fiskalischen In- stabilitäten sonst nur durch den Austritt aus der Währungsunion verhindert werden.15 Aber das Primärrecht der EU weist die Kompetenz zur Entscheidung über die Zusammensetzung der Eurozone nicht der EZB, sondern explizit dem Rat, der Kommission, dem Europaparlament und den Mitgliedstaaten zu. Der EZB kommt gemäß Art. 139 und 140 Abs. 3 AEUV nur für den Fall des Beitritts eines Staats zur Eurozone ein Recht zur Anhörung zu.16 Als weiteres Kriterium des währungspoliti- schen (geldpolitischen) Mandats stellt der EuGH auf die Mittel ab. Insoweit erklärt der EuGH Staatsanleihekäufe auf Sekundärmärkten wegen Art. 18 Abs. 1 ESZB-Satzung zu einem grundsätz- lich zulässigen geldpolitischen Mittel.17 Dabei sei die Selektivität des OMT unerheblich, weil der AEUV nicht vorschreibe, dass das ESZB durch allgemeine Maßnahmen auf den Finanzmärkten zu intervenieren habe 18 . Der EuGH nimmt aber nicht dazu Stellung, dass es ein Indiz für den über das Geldpolitische hinausgehenden Gehalt der OMT ist, dass die Selektivität der Staats- anleihekäufe nur die Zinsaufschläge einzelner Staaten rückführen soll, obwohl die geldpoliti- schen Instrumente des Eurosystems – vor allem die Leitzins- und Mindestreservesätze – sonst nicht nach den Erfordernissen der teilnehmenden Volkswirtschaften differenziert werden. Auf diese Weise werden Zinsunterschiede eingeebnet, was diejenigen Volkswirtschaften und Fisken benach- teiligt, die sich aufgrund fiskalischer Stabilität und allgemeiner Finanzstabilität eine bessere Wettbewerbsposition erwirtschaftet haben.19 Ein- griffe in die fiskalischen und gesamtwirtschaft- lichen Wettbewerbspositionen gehen über das Geldpolitische hinaus und haben allgemein wirt- schaftspolitischen (finanzstabilitätspolitischen) Charakter; zumal die gemeinsame Geldpolitik schon wegen des Diskriminierungsverbots des Art. 3 EUV und den Grundsätzen des freien Wett- bewerbs und des offenen Binnenmarktes nicht zwischen den Mitgliedstaaten des gemeinsamen Währungsraumes unterscheiden darf.20 Außerdem spricht einiges dafür, dass die EZB durch die Verknüpfung der Staatsanleihekäufe mit den Anpassungsprogrammen (Konditionalität) primär allgemeine Wirtschaftspolitik (Finanz- stabilitätspolitik) betreibt, weil sowohl EFSF als auch ESM (auch nach Ansicht des EuGH 21 ) keine Geldpolitik betreiben.22 Die EZB müsste die Staatsanleihekäufe, wenn sie die Zusammenset- zung der Eurozone gewährleisten will, faktisch auch dann vornehmen, wenn der begünstigte Staat die Anpassungsprogramme nicht einhält, weil bei deren Nichterfüllung die Zinszuschläge am Markt noch größer würden.23 Überdies müssen die OMT verhältnismäßig sein, dürfen also nur in einem Umfang durchge- führt werden, soweit sie zur Verwirklichung der Preisstabilität geeignet, erforderlich und ange- messen sind. Diese Beschränkung wird durch den EuGH stark relativiert, weil er nicht etwa materi- elle Grenzwerte vorgibt, sondern der EZB wegen der technischen Natur der OMT und der Erfor- derlichkeit von komplexen Beurteilungen und Prognosen ein weites Ermessen einräumt.24 Bei der Prüfung der Geeignetheit stellt der EuGH darauf ab, dass durch die OMT „überhöhte
  • 6. 7 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ... Risikoaufschläge“ vermieden werden.25 Durch die Annahme übermäßiger Risikoaufschläge verstößt der EuGH entweder gegen den Marktgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 EUV oder er geht von Marktver- sagen (beispielsweise durch Spekulation) aus. Die Annahme eines Marktversagens ist jedoch nicht mit der Grundstruktur der EWU vereinbar. Die EWU wurde gemäß der no bail out-Klausel des Art. 125 Abs.1 AEUV unter der Prämisse der fiskalischen Eigenverantwortlichkeit konzipiert, weshalb die Marktteilnehmer dem betroffenen Fiskus im Falle fiskalischer Instabilitäten entwe- der überhaupt nicht mehr oder nur noch gegen höhere Zinszahlungen Kredite gewähren. Somit sind die Zinsbestandteile nicht übermäßig oder ungerechtfertigt, sondern in der Verfassung der EWU angelegt. Zudem lassen sich Risikoauf- schläge nicht in einen gerechtfertigten und ei- nen übermäßigen Teil trennen.26 Vielmehr „lässt sich im Ergebnis jede Interpretation und damit einhergehende Handlungsempfehlung durch ent- sprechende Annahmen begründen“, wenn ein- zelne Risikokomponenten und Zinsbestandteile nicht zweifelsfrei quantifiziert, eindeutig zuge- ordnet und interpretiert werden können.27 Bei der Prüfung der Erforderlichkeit stellt der EuGH darauf ab, dass die OMT auf Staatsanleihen mit ein- bis dreijähriger Laufzeit und auf Mit- gliedstaaten, die an einem Anpassungsprogramm von EFSF oder ESM teilnehmen und erneut Zu- gang zum Finanzmarkt bekommen haben, be- schränkt sind.28 Dabei bleibt unklar, ob ein Mit- gliedstaat Marktzugang hat, wenn er nur Kredit bekommt, weil die Kreditgeber auf die Möglich- keit des Weiterverkaufs an die EZB spekulieren. Auch kann der Marktzugang nur dadurch zustan- de kommen, dass der Fiskus Zinsen mit Risiko- aufschlägen zahlt, die von EZB und EuGH als „überhöht“ eingestuft werden. Möglicherweise könnte also der Zugang nur zu einem Markt be- stehen, der nach Einschätzung von EZB und EuGH versagt. Ferner ist die Beschränkung auf Papiere mit ein- bis dreijähriger Laufzeit kaum dazu imstande, das Volumen zu beschränken, weil die Laufzeit von Staatsanleihen instabiler Fisken üblicherweise im kurzfristigen Bereich bleibt, so dass ein großer Anteil der Schuld- papiere dieser Staaten in die Bilanzen des ESZB gelangen würde. Dadurch würde das ESZB zum Hauptgläubiger dieser Staaten; dies ist ein Um- stand der mit dem Grundsatz fiskalischer Eigen- verantwortlichkeit des Art. 125 Abs. 1 AEUV und mit dem ursprünglich vereinbarten Verhältnis von Fiskalpolitik und vergemeinschafteter Geld- politik nicht zu vereinbaren sein dürfte. Es bleibt festzuhalten, dass die OMT als End- lagerinstrumente – wie in Abschnitt 3 erörtert – primär nicht geldpolitischer, sondern finanzsta- bilitätspolitischer Natur und damit der „allge- meinen Wirtschaftspolitik“ zuzuordnen sind 29 . Die „allgemeine Wirtschaftspolitik“ ist grund- sätzlich – mit Ausnahme von ausdrücklichen Er- mächtigungen zugunsten der EU – Sache der Mit- gliedstaaten, wobei die EU insoweit gemäß Art. 119 Abs. 1 AEUV auf eine koordinierende Funk- tion beschränkt ist 30 und der vergemeinschafte- ten Geldpolitik gemäß Art. 119 Abs. 2 AEUV nur eine unterstützende Rolle zugewiesen wurde. Ge- mäß dem Prinzip der begrenzten Einzelermäch- tigung der Art. 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 und 2 EUV sind daher die Mitgliedstaaten und nicht die EU für die Finanzstabilitätspolitik zuständig. Die Zuständigkeit des ESZB für die Finanz- stabilitätspolitik wird zudem durch Art. 127 Abs. 5 AEUV explizit geregelt. Aus der Aufgabe des ESZB nach Art. 127 Abs. 5 AEUV, einen Beitrag zur Finanzstabilität zu leisten, kann aber kein eigenständiges finanzstabilitätspolitisches Mandat abgeleitet werden; zumal die Norm nicht das ESZB, sondern explizit andere „Behörden“ als „zuständig“ bezeichnet. Mit einem solchen Beitrag kann keinesfalls die Überantwortung der Endlagerung finanziell destabilisierender Ver- luste als das wirksamste Instrument der Finanz- stabilitätspolitik gemeint sein, weil dadurch eine umfassende Kompetenz begründet würde und nicht nur eine Mitwirkung an einer mit- gliedstaatlichen Finanzstabilisierung.31 Erschwe- rend kommt hinzu, dass die EZB über die OMT nach eigenem Ermessen entscheiden will.32 Zwar setzt die in Art. 130 S. 1 AEUV verankerte Unabhängigkeit der EZB eigenständige wirt- schaftspolitische Bewertungen ihrer Hilfsmaß- nahmen voraus, aber bei Inanspruchnahme eigenen Ermessens gibt die EZB ihre Unter- stützungsfunktion auf und wird zur eigenstän-
  • 7. 8 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 digen finanzstabilitätspolitischen Gestaltungs- instanz.33 Es besteht generell die Gefahr, dass die Macht der EZB über die Endlagerinstrumente durch die Berufung der EZB auf ihre Unabhängigkeit fak- tisch von der Kontrolle anderer staatlicher Stel- len abgeschottet wird. Die Endlagerinstrumente sind der Zentralbankunabhängigkeit nie über- antwortet worden und können ihr wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen und der Wirtschafts- leistung unter Demokratiegesichtspunkten auch nicht überantwortet werden. Vielmehr müssen Entscheidungen der Zentralbank über Endlager- maßnahmen der parlamentarischen Kontrolle un- terworfen werden. Durch die faktische Macht der EZB über die Endlagerinstrumente infolge ihrer Verfügungsgewalt über die Geldschöpfung und ihre Bilanz hat sich das innerstaatliche Kom- petenzgefüge weg von der Legislative hin zur Exekutive (Monetative) verschoben. Die Zentral- bank entscheidet ohne hinreichende demokrati- sche Legitimation über verteilungsrelevante Fra- gen, mithin über Grundzüge der (Finanz-)Wirt- schaftsordnung, ohne dass der Gesetzgeber (aus- reichend) Vorgaben gemacht hat. b. Das Verbot monetärer Staatsfinanzierung Der EuGH stellt in seinem Urteil zudem fest, dass Art. 123 AEUV „jede finanzielle Unterstüt- zung des ESZB zugunsten eines Mitgliedstaats“ „verbietet“, ohne grundsätzlich Sekundärmarkt- käufe von Staatsschuldpapieren auf Grundlage von Art. 18 Abs.1 ESZB-Satzung auszuschließen. Jedoch darf das ESZB keine Sekundärmarktkäufe vornehmen, wenn diese „die gleiche Wirkung wie ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen“ haben und dadurch die Wirksamkeit des Verbots monetärer Staatsfinanzierung und dessen Zweck fiskalischer Stabilität „in Frage stellen“. 34 Aus diesem Grund muss das OMT-Programm nach Ansicht des EuGH Bedingungen erfüllen, die verhindern, dass Primärerwerber von Staats- anleihen die Gewissheit haben, ihre Anleihen an das ESZB weiterveräußern zu können, um da- durch „faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb“ zu fungieren.35 Da- bei stellt sich der EuGH aber mit den von der EZB völlig offen formulierten Durchführungs- parametern der OMT zufrieden. Insbesondere reicht dem EuGH die bloße Absicht der EZB aus, eine nicht näher konkretisierte Mindestfrist zwi- schen Primär- und Sekundärerwerb einzuhalten und weder die Durchführung noch das Volumen der OMT anzukündigen.36 Der EuGH erkennt zwar grundsätzlich den Einfluss der OMT auf den Primärmarkt, rechtfertigt diesen aber in zirkel- schlüssiger Weise damit, dass diese Wirkung den grundsätzlich nach Art. 18 Abs. 1 AEUV zulässi- gen Sekundärmarktkäufen „inhärent“ sei und zu- dem „unerlässlich“ sei, um Sekundärmarktkäufe „im Rahmen der Geldpolitik wirksam einsetzen zu können.“ 37 Der EuGH hat weder eine quantitative Begren- zung der OMT vorgenommen noch andere Kri- terien entwickelt, die eine Beurteilung einer unzulässigen „gleichen Wirkung“ ermöglichen würden. Bereits die Ankündigung der OMT hat die Finanzmarktteilnehmer trotz der fiskalischen Instabilitäten zum Ersterwerb von Staatsanlei- hen veranlasst, weil sie darauf hoffen, durch die Weiterveräußerung an das Eurosystem risikolose Profite zu vergleichsweise hohen Zinsen erzielen zu können. Außerdem könnte das ESZB die Staatsanleihen von den Ersterwerbern mangels konkreter Mindestfristen auch im engen zeitli- chen Zusammenhang mit der Emission erwer- ben.38 Die Zwischenschaltung der Ersterwerber diente dann lediglich der Umgehung des Verbots monetärer Staatsfinanzierung; wirtschaftlich wäre sie hingegen kostspielig und zwecklos. Überdies hält es der EuGH im Rahmen von Art. 123 AEUV für zulässig, wenn das ESZB die erworbenen Staatsanleihen bis zur Fälligkeit hielte, solange es damit nicht auf die Rückzah- lung verzichtet. Jedoch erfolgt die Staatsfinan- zierung dabei besonders wirksam, weil das An- gebot der betreffenden Staatsanleihen am Markt durch die Forderungskäufe mit anschließendem Halten bis zur Fälligkeit verknappt wird und weil damit in die marktliche Preisfindung eingegriffen wird.39 Die Staatsfinanzierungswirkung der OMT würde sich nicht nur auf die Liquiditätsbeschaffung des Fiskus beschränken, sondern auch dessen Ver- schuldungsumfang betreffen, sobald das Euro- Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
  • 8. 9 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 system (teilweise) auf die in Form von Staats- anleihen verbrieften Forderungen verzichtet oder sich das Ausfallrisiko in anderer Weise verwirk- licht.40 Im Rahmen des OMT-Programms würde das ESZB sogar eine Gleichbehandlung mit den übrigen Gläubigern des Fiskus (pari passu) ak- zeptieren, so dass es automatisch von einem von einer Gläubigermehrheit beschlossenen Schul- denschnitt betroffen wäre.41 Überdies billigt der EuGH ausdrücklich, dass das ESZB durch gezielte Staatsanleihekäufe fiskalisch instabiler Staaten – vor allem auch zur Entlastung von Bankbi- lanzen – erhebliche Verlustrisiken eingeht.42 Die im Rahmen der OMT vorgesehenen Se- kundärmarktkäufe suchen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung zu umgehen.43 Die EZB will explizit durch die mit Zentralbankgeld finanzier- ten Staatsanleihekäufe – also mit monetären Mitteln – Zinsaufschläge neutralisieren, damit sich die betreffenden Staaten zum Zwecke der Staatsfinanzierung am Primärmarkt günstiger finanzieren können.44 Die von Art. 18 Abs. 1 ESZB-Satzung dem ESZB ermöglichten Sekun- därmarktkäufe dürften wegen Art. 123 AEUV pro Fiskus allenfalls einen Umfang haben, der dem ESZB technisch die Steuerung der Geldmenge ermöglicht, aber sonst für den jeweiligen Fiskus nicht spürbar wird. Des Weiteren lässt die Parallelität der OMT mit den Programmen der EFSF und des ESM, die mit ihren Hilfskrediten unmittelbar zur Staatsfinanzierung beitragen, auf die Staatsfinanzierungswirkung der OMT schließen.45 Die monetäre Finanzierung einzelner Staaten führt in der EWU nicht nur zu inflationsbeding- ten Umverteilungen zwischen Gläubigern, Schuld- nern, Geldinhabern und dem Fiskus, sondern auch zu Umverteilungen zwischen den Volkswirt- schaften, weil sich deren (von der Inflation betroffene) Forderungen und Verbindlichkeiten nicht per Saldo ausgleichen. Für die EWU sollten die aus der monetären Staatsfinanzierung fol- genden Inflationsgefahren und die inflationsbe- dingten Umverteilungswirkungen durch das Ver- bot des Art. 123 Abs. 1 AEUV umfassend ausge- schlossen werden. Das Verbot monetärer Staats- finanzierung erfasst daher nicht nur die unmit- telbare Finanzierung über Staatsanleihekäufe auf dem Primärmarkt, sondern erfasst aufgrund des (zur Durchsetzung des Europarechts häufig her- angezogenen) Gebots der praktischen Wirksam- keit auch sämtliche Umgehungstatbestände.46 5 Urteil des Bundesverfassungs- gerichts: Finanzstabilitätsunion oder Souveränität? Im Anschluss an die Vorabentscheidung des EuGH wird das Urteil des BVerfG über die OMT als Endlagerinstrumente grundlegende Fragen der Finanzstabilitätsverfassung und der Souveränität zu behandeln haben. Die Endlagerungsinstru- mente bilden den Kern der Finanzstabilitätsver- fassung der modernen Geld- und Finanzordnung, weil sie die einzigen (grundsätzlich) unerschöpf- lichen Stabilisierungsquellen darstellen. Für die eigene volkswirtschaftliche Entwicklung ist die Finanzstabilität von so entscheidender Bedeu- tung, dass die Staatsgewalt über die Endlager- instrumente und damit die Finanzstabilitätsho- heit nicht aufgegeben werden kann, ohne dass das betroffene politische Gemeinwesen einen wesentlichen Bestandteil seiner Souveränität verliert.47 Das BVerfG hat die Auslegung des OMT-Be- schlusses zunächst dem EuGH überlassen, weil die EZB als Organ der EU grundsätzlich der Jurisdiktion des EuGH und nicht der des BVerfG unterliegt. Das BVerfG hat in seinem Vorlage- beschluss aber signalisiert, dass der OMT-Be- schluss einschränkend vom EuGH ausgelegt wer- den muss, um zu verhindern, dass das BVerfG den OMT-Beschluss der EZB für ultra vires er- klärt, und möglicherweise auch um den Rahmen der Integrationsgrenze des Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG zu wahren .48 Trotz dieser Ausgangslage hat der EuGH den OMT-Beschluss in seiner Vorlageentscheidung ohne wesentliche Restriktionen für vertragsgemäß erklärt. Nun wird das BVerfG zumindest über einen hinreichend qualifizierten Verstoß des OMT-Pro- gramms gegen den Kompetenzkatalog der EU (ultra vires-Kontrolle) und möglicherweise auch über die Vereinbarkeit des OMT-Programms mit den Integrationsgrenzen des Grundgesetzes (Iden- titätskontrolle) entscheiden. Insofern hat der Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...
  • 9. EuGH festgehalten, dass sein Urteil das BVerfG „hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit der fraglichen Handlungen der Unionsorgane bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit bindet.“ 49 Es bleibt abzuwarten, ob nun das BVerfG (i) durch Bindung an die EuGH-Entschei- dung von einer Vereinbarkeit der OMT mit dem währungspolitischen Mandat der EZB, dem Ver- bot monetärer Staatsfinanzierung und dadurch auch mit dem Grundgesetz ausgeht oder (ii) trotz Vereinbarkeit der OMT mit dem AEUV die Unvereinbarkeit der OMT mit den Integrations- grenzen des Grundgesetzes annimmt oder (iii) sich entgegen dessen ausdrücklicher Feststellung nicht an die Entscheidung des EuGH gebunden sieht. Jedenfalls hat das BVerfG als Reaktion auf die Vorlageentscheidung des EuGH bereits an- gekündigt, erneut mündlich verhandeln zu wol- len, was darauf hindeuten könnte, dass sich das BVerfG dem EuGH inhaltlich nicht vollends anzu- schließen gedenkt. Sollte das BVerfG den OMT-Beschluss als aus- brechenden Rechtsakt oder sogar als Verletzung der Verfassungsidentität einordnen, stellt sich die Frage nach der Rechtsfolge einer solchen Entscheidung. Zunächst ist denkbar, dass das BVerfG materielle Grenzen für die OMT und die Endlagerinstrumente (wie Höchstbeträge für den Erwerb bestimmter Vermögenswertklassen) zieht, in denen die EZB ihre Kompetenzen nicht über- schreiten würde. Jedoch wären diese Grenzen allenfalls für die Deutsche Bundesbank und nicht für die EZB verbindlich, weil die EZB nicht der Jurisdiktion des BVerfG unterliegt. Ferner könnte das BVerfG die Bundesregierung oder den Bundestag damit befassen, auf Ebene der EU Verhandlungen anzustreben mit dem Ziel, ausbrechende Rechtsakte der EZB in Zukunft zu unterbinden. Dabei dürfte aber problematisch sein, dass die Bundesregierung auf die unabhän- gige EZB kaum Einfluss besitzt, der Bundesre- gierung ein entsprechender Gestaltungswille wegen ihrer eigenen europapolitischen Agenda fehlt und Änderungen des europäischen Primär- rechts der Zustimmung aller Mitgliedstaaten be- dürfen. Darüber hinaus könnte das BVerfG für den OMT-Beschluss und die Endlagerinstrumente als 10 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ... Rechtsfolge bestimmen, dass solche Beschlüsse von deutschen Staatsorganen nicht angewendet werden dürfen. Dann dürfte die Deutsche Bun- desbank im Rahmen des ESZB keine OMT vor- nehmen und keine Endlagerinstrumente anwen- den, was der Deutschen Bundesbank zwar Ver- luste ersparen würde, aber grundsätzlich nicht die wirtschaftlichen Folgen der OMT und der Endlagerung (wie der Geldmengenerweiterung) für das deutsche Geldsystem aufheben würde, zumal andere Zentralbanken des ESZB den Teil der Deutschen Bundesbank übernehmen könn- ten. Würde die Deutsche Bundesbank zudem ver- suchen, das inländische Geldsystem (beispiels- weise durch Beschränkungen von TARGET2) von den Folgen abzuschirmen, würde die Einheit- lichkeit der Geldpolitik des ESZB beeinträchtigt und damit die EWU insgesamt in Frage gestellt. Weiterhin ist auch denkbar, dass das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der OMT und damit der Endlagerung durch die EZB feststellt, aber diese Feststellung mit keiner konkreten Rechtsfolge verknüpft. Dies hätte zwar den Vorteil, die Pro- bleme mit der Unanwendbarkeitserklärung zu vermeiden, aber auch zur Folge, dass ein aus- brechender Rechtsakt und die dadurch bedingte Souveränitätsverletzung keine (bestimmte) Rechts- folge hätte. Politische Entscheidungsträger hät- ten dann in Zukunft keine negativen Rechts- folgen einer Souveränitätsverletzung mehr zu befürchten, so dass das BVerfG Gefahr läuft, dass seine ultra vires-Kontrolle zu einem stump- fen Schwert wird und dass es seine Rolle als Hüter der Verfassung verliert. Die gleichen Gesichtspunkte zu den Rechts- folgen kommen auch im Verfahren zu den be- reits anhängigen Verfassungsbeschwerden zum EAP-Programm50 zum Tragen. Beim Quantitative Easing-Programm der EZB greifen indes die Ar- gumente gegen die OMT der Selektivität, Kon- ditionalität und Parallelität wegen dessen brei- terer Strukturierung nicht, obwohl durch dieses Programm nicht nur eine Endlagerung von Ver- lusten aus Staatsschuldpapieren, sondern auch aus weiteren Vermögenswertklassen möglich wird. Es werden dabei zwar Wertpapiere aus allen Mit- gliedstaaten erworben, jedoch sollten die Aus- fallwahrscheinlichkeiten der Wertpapiere un-
  • 10. gleich auf die Volkswirtschaften verteilt sein, so dass es nicht nur zur Begünstigung der Finanz- wirtschaftsakteure, denen die Wertpapiere abge- nommen werden, sondern auch bestimmter Volks- wirtschaften kommen dürfte. Die Umverteilungs- wirkungen des Quantitative Easing dürften noch erheblicher sein, als sie dies bei den OMT ge- wesen wären; zumal das EAP-Programm einen Umfang in Billionenhöhe hat. Schließlich bleibt festzuhalten, dass über die Anerkennung der Befugnis der EZB zur Endlage- rung durch den EuGH und (nun auch) das BVerfG die Finanzstabilitätshoheit und damit die Sou- veränität der Euromitgliedstaaten preisgegeben werden würde. Die Endlagerinstrumente würden auf diese Weise zum entscheidenden Moment der Integration zum Europäischen Bundesstaat. Zu- dem wäre vor allem die EZB (finanziell) souve- rän, wenn sie ohne parlamentarische Mitsprache die Gewalt über die Endlagerinstrumente aus- übte und damit (unabhängig) über die Finanz- krise als (finanziellen) Ausnahmezustand ent- scheiden könnte.51 Deshalb bedarf es zumindest eines neuen institutionellen Rahmens, der die Endlagerinstrumente der EZB an die Legitima- tionskraft parlamentarischer Entscheidungen (der Mitgliedstaaten) rückbindet. Anmerkungen 01 Der Autor dankt Wolfgang Freitag für die Diskussion zum Thema. 02 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft- lichen Entwicklung, Konsequenzen aus der Griechenland-Krise für einen stabileren Euro-Raum, 2015, S. 27 f. 03 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 06.09.2012 zu den „Technical features of Outright Monetary Transactions“. 04 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 22.01.2015 „ECB announces ex- panded asset purchase programme“. 05 M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik, S. 325. 06 Vgl. M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik, S. 269 f. 07 M. Danzmann, Die Endlagerung von Verlusten in der Zentral- bankbilanz am Beispiel der Europäischen Währungsunion, Zeit- schrift für Sozialökonomie, 184/185.Folge (2015), S. 48 (51 ff.). 08 Vgl. dazu ausführlich: M. Danzmann, Das Verhältnis von Geld- politik, Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik, S. 281 ff. 09 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 36 u. 55. 10 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), ECLI: EU:C:2015:400, Absatz-Nr. 41. 11 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 43 u. 47. 12 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Absatz-Nr. 50. 13 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 96. 14 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 97. 15 Vgl. Deutsche Bundesbank, Stellungnahme im BVerfG-Verfahren vom 21.12.2012, S. 9. 16 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 72. 17 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 53. 18 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 55. 19 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 73. 20 Vgl. K. A. Schachtschneider, Schriftsatz aus dem BVerfG-Ver- fahren vom 13.11.2012, S. 26. 21 Vgl. EuGH, Urt. vom 27.11.2012, Rs. C-370/12 (Pringle), EU:C: 2012:756, Absatz-Nr. 60. 22 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 76. 23 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 77. 24 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 64, 66 u. 68. 25 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Absatz-Nr. 72 ff. 26 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 71 (m. w.N.). 27 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme im BVerfG-Verfahren vom 21.12.2012, S. 7. 28 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Absatz-Nr. 85 ff. 29 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 55 f. 30 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 39. 31 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 39. 32 Vgl. EZB, Pressemitteilung vom 06.09.2012 zu den OMT: „in full discretion“. 33 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 82. 34 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 95 u. 97. 35 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 104. 36 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 106. 37 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 108. 38 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 92 ff. 39 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 90. 40 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 88. 41 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 88. 42 Vgl. EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Absatz-Nr. 123 ff. 43 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 84. 44 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 87. 45 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 87. 46 BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 85 f. 47 M. Danzmann, Das Verhältnis von Geldpolitik, Fiskalpolitik und Finanzstabilitätspolitik, S. 331. 48 Vgl. BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. 36 u. 55. 49 EuGH, Urt. vom 16.06.2015, Rs. C-62/14 (Gauweiler u.a.), Ab- satz-Nr. 16. 50 Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig unter 2 BvR 859/ 15. 51 Vgl. C. Schmitt, Politische Theologie, S. 11. 11 Zeitschrift für Sozialökonomie 186-187/2015 Max Danzmann: Die Endlagerinstrumente der Europäischen Zentralbank ...