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Recht | Wirtschaft | Steuern
www.betriebs-berater.de
14|2016
4.4.2016 | 71. Jg.
Seiten 769–832
DIE ERSTE SEITE
Prof. Dr. Ekkehart Reimer
Reform der Erbschaftsteuer: Verschonungen verstoßen gegen EU-Recht
WIRTSCHAFTSRECHT
Dr. Andreas Meyer, RA
Erleichterungen im Recht der Stimmrechtsmitteilungen bei Aktienemissionen | 771
Dr. Ralf Weisser, LL.M., und Dr. Claus Färber, RA
Zumutbarkeit von Websperren für Accessprovider | 776
STEUERRECHT
Stephanie Wahlig, StBin, und Bettina Mertgen, RAin/FAinStR/StBin/FBin Z&VSt
Zollwertrelevanz von Markenlizenzzahlungen im Hinblick auf die Neuregelungen
des Unionszollkodex (UZK) ab dem 1.5.2016 | 791
Markus Heinlein, WP/StB, und Alexander Euchner, StB
Das Anwendungsschreiben zu § 50i Abs. 2 EStG – zugleich das Ende der
faktischen Umstrukturierungs- und Nachfolgesperre? | 795
Prof. Dr. W. Christian Lohse, VRiFG i.R.
Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines „als nicht existenter Wirtschaftsbeteiligter
angesehenen“ Steuerpflichtigen | 801
BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT
Dr. Anke Nestler
BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“
ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? | 809
ARBEITSRECHT
Prof. Dr. Jürgen Taeger und Dr. Edgar Rose
Zum Stand des deutschen und europäischen Beschäftigungsdatenschutzes | 819
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
70Jahre
Dr. Anke Nestler
BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer
Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“
ist für die Bewertungspraxis zu erwarten?
Die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten – insbesondere
von Marken – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gerade die aktuali-
sierten OECD-Richtlinien, die Ende 2015 verabschiedet wurden und
einen Schwerpunkt auf Verrechnungspreise für immaterielle Vermö-
genswerte legen, verlangen von der Praxis umfassende Kenntnisse über
deren Bewertung. Der Bundesverband der Unternehmensberater (BDU)
hat Ende 2015 Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung (GoM)
veröffentlicht. Die GoM sollen als „Checkliste“ dienen und darlegen,
welche Arbeitsschritte und Inhalte ein Gutachten über einen Marken-
wert beinhalten soll. Im nachfolgenden Beitrag werden die wesent-
lichen Inhalte der GoM vorgestellt. Dabei wird für den jeweiligen Grund-
satz diskutiert, welche Erkenntnisse bzw. welchen Mehrwert die schrift-
lich dokumentierten Empfehlungen des BDU bei der Bewertung von
Marken liefern können. Der Aufsatz richtet sich an Unternehmen und
Berater, die Anhaltspunkte für das Vorgehen bei der Markenbewertung
suchen.
I. Problemstellung
Im November 2015 hat der BDU sog. „Grundsätze ordnungsgemäßer
Markenbewertung“ (GoM) veröffentlicht.1
Standards bzw. Grundsätze für die Bewertung von immateriellen Ver-
mögenswerten, insbesondere von Marken, liegen bereits einige vor.
Neben dem in Deutschland bekannten Standard IDW S 5 des Insti-
tuts der Wirtschaftsprüfer (23.5.2011)2
und der DIN ISO Norm
10668 (Oktober 2011)3
gibt es national und international vielfältige
Vorschläge4
für die finanzorientierte Bewertung von Marken.
In einer Zeit, in der durch die aktualisierten OECD-Richtlinien für
die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten5
die Anlässe für
die Bewertung von Marken unter steuerlicher Perspektive erheblich
an Bedeutung gewinnen, hat der BDU nun eigene Grundsätze entwi-
ckelt. Der BDU hebt dabei hervor, dass bestehende „Verfahrensvor-
schriften“ wie etwa die DIN ISO Norm 10668 oder der IDW S 5 nicht
ersetzt oder entkräftet, sondern „in sinnvoller Weise ergänzt bzw.
punktuell präzisiert“ werden sollen.6
Das ist zu begrüßen, denn trotz
der umfangreichen Überlegungen in den vorhandenen Standards blei-
ben für die Markenbewertung noch zahlreiche Fragen offen – insbe-
sondere in Bezug auf eine adäquate Berücksichtigung verhaltens-
orientierter Parameter. Irreführend sind allerdings die vom BDU ver-
wendeten Begriffe zu den bisherigen Standards wie „Verfahrens-“
bzw. „Normvorschriften“. Denn diese Begrifflichkeit suggeriert, dass
es sich bei den Bewertungsstandards um Regelwerke mit Gesetzes-
charakter handelt und damit eine Pflicht für ihre Anwendung besteht.
Bei den GoM und auch den bislang vorliegenden Bewertungsstan-
dards handelt es sich aber durchweg um Empfehlungen von privaten
Organisationen, die keine Gesetzgebungskompetenz haben und daher
auch keine „Vorschriften“ erlassen können.7
Der BDU hat insgesamt acht Grundsätze publiziert, die in der nach-
folgenden Tabelle dargestellt sind.
In dem vorliegenden Beitrag werden die wesentlichen Inhalte der
GoM vorgestellt. Dabei wird diskutiert, welche Erkenntnisse bzw. wel-
chen Mehrwert die Empfehlungen des BDU bei der Bewertung von
Marken liefern können.
II. Grundsätze im Einzelnen
1. Analyse des Bewertungsanlasses
Der erste Grundsatz der GoM stellt fest, dass einer Markenbewertung
„die sorgfältige Analyse“ des Bewertungsanlasses voranzustellen ist.
Begründet wird dies damit, dass in Abhängigkeit vom Bewertungsan-
lass die Funktion des Bewerters und des anzuwendenden Bewertungs-
verfahrens begründet werden. Der BDU listet eine Reihe von mögli-
chen Bewertungsanlässen auf (z.B. Bewertung für Finanzierungs-
zwecke, Sale and lease back, Angemessenheit von Lizenzgebühren).8
Der Bewertungsanlass ist selbstredend wesentlich für jegliche Bewer-
tungsfrage und damit auch für die finanzielle Bewertung einer Marke.
Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 809
Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Tabelle: Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung des BDU
1. Analyse des Bewertungsanlasses
2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion
3. Prüfung des Markenrechtsschutzes
4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz
5. Bewertung des aktuellen Markenstatus bei den relevanten Zielgruppen
6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke
7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Marke
8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung
1 Abrufbar unter www.bdu.de/media/119556/rz_gom_bdu_2015_gesamt.pdf (Abruf:
8.3.2016).
2 S. IDW-FN 7/2011, 467ff.
3 Beziehbar über www.beuth.de/de/norm/din-iso-10668/144226437 (Abruf: 8.3.2016).
4 Z.B. Grundsätze der monetären Markenbewertung des Brand Valuation Forum des Mar-
kenverbands, abrufbar unter www.markenverband.de/kompetenzen/markenbewertung/
brand-valuation-forum-grundsaetze-der-monetaeren-markenbewertung, Vorschläge des
MASB zur Markenbewertung, abrufbar unter https://themasb.org/projects/completed/
brand-valuation-project-phase-1/ oder International Valuation Standards (IVS) – Chapter
Intangible Assets, beziehbar über https://www.ivsc.org/ (alle Abrufe: 8.3.2016).
5 S. OECD (2015), Aligning Transfer Pricing Outcomes with Value Creation, Actions 8–10
Final Reports, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris,
abrufbar unter www.oecd-ilibrary.org/taxation/aligning-transfer-pricing-outcomes-with-
value-creation-actions-8-10-2015-final-reports_9789264241244-en.
6 S. GoM (Fn. 1), S. 4.
7 S. hierzu nur die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH, 29.9.2015 – II ZB 23/14, BB
2016, 304 m. BB-Komm. Handke, wonach die zur Anwendung einer Bewertungsmethode
entwickelten fachlichen Berechnungsgrundsätze (hier: IDW S 1) keine Normqualität ent-
wickeln.
8 S. GoM (Fn. 1), S. 8f.
Der Hinweis der GoM auf das Erfordernis einer „sorgfältigen Ana-
lyse“ vermittelt den Eindruck, dass viel Zeit in diese Frage investiert
werden muss, was aus praktischer Sicht eher nicht der Fall ist. Der
Bewertungsanlass ist – anders als diverse andere Analyseschritte einer
Markenbewertung – in aller Regel relativ leicht festzustellen.
Warum ist der Kontext des Bewertungsanlasses wichtig für die Bewer-
tung einer Marke? Der Bewertungsanlass definiert die Perspektive, aus
der ein Markenwert ermittelt wird.
Der Bewertungsanlass ist – anders als die GoM es darstellen – nicht
zwangsläufig kausal für die Funktion des Bewerters. Zwar können Be-
wertungsanlässe eine bestimmte Funktion determinieren, ein Bewer-
ter kann aber für einen Bewertungsanlass in unterschiedlichen Funk-
tionen tätig sein. Bei einem Markenerwerb kann aus subjektiver Per-
spektive, aber auch in der Funktion eines neutralen Gutachters be-
wertet werden. In der jeweiligen Funktion wird der Bewerter vermut-
lich zu einem anderen Ergebnis kommen.
Folglich kommt es in erster Linie darauf an, dass für eine Markenbe-
wertung je nach Bewertungsanlass verschiedene Perspektiven einge-
nommen werden können. Für die gleiche Marke ergeben sich da-
durch unterschiedliche finanzielle Werte.
2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion
Die GoM stellen im zweiten Grundsatz dar, dass die Markenart und
die -funktion geprüft werden müssen. Die Markenart hat Einfluss auf
die zu berücksichtigende Stakeholdergruppe und die sich ergebenden
Rahmenbedingungen für die Ermittlung der Markenstärke.
Als Markenarten wird in den GoM unterschieden zwischen der Mar-
kenarchitektur, dem geografischen Geltungsbereich, der Art der mar-
kierten Produkte oder Dienstleistungen, der Positionierung der Mar-
ke und der Reife der Marke (i.S.d. Zeitpunkts des Markteintritts).9
Die Aufzählung der Markenarten in den GoM geht über das hinaus, was
im IDW S 5 dargestellt ist. So beschränkt sich der IDW S 5 auf die Unter-
scheidung von Marken anhand der Markenarchitektur, das Thema der
Stakeholderrelevanz wird gar nicht erwähnt.10
Der DIN ISO 10668 geht
hieretwasweiteralsderIDWS5undnenntzumindestdieverschiedenen
Stakeholder, fürdie eine Markerelevantsein kann.11
Ansonsten sieht die
DIN ISO 10668 nur vor, dass die zu bewertende Marke zu benennen, zu
definieren und zu beschreiben ist, ohne hier auf die Markenarten oder
dieKriterieneinerBeschreibungnähereinzugehen.12
Interessant und auch ergänzend zu den bisher vorliegenden Standards
der finanziellen Markenbewertung sind die in den GoM dargestellten
Funktionen einer Marke. Sie sind umfassender als das, was viele Prak-
tiker spontan unter einer Marke verstehen. So dient eine Marke nicht
nur zur Unterscheidung des Produkts oder der Dienstleistung vom
Wettbewerb, sondern auch zur Identifikation des Absenders, der
Kommunikation oder der Kennzeichnung von Qualität. Während die
Beschreibung der Kommunikations- und Qualitätsfunktion eher ein
Instrument zur Differenzierung vom Wettbewerb ist, können Marken
auch nur zur Identifikation genutzt werden (z.B. durch die Firmie-
rung).
Für die Beschreibung einer Marke kann der zweite Grundsatz der
GoM somit eine hilfreiche Stoffsammlung sein.
3. Prüfung des Markenrechtsschutzes
Der nächste Grundsatz sieht die Prüfung des Markenrechtsschutzes
vor. Diese Prüfung ist gemäß den GoM erforderlich, um mit der DIN
ISO Norm 10668 konform zu gehen.13
Durch diese Formulierung
wird der Eindruck erweckt, dass sich die Autoren der GoM von der
Bedeutung des Markenrechtsschutzes für den Markenwert eher di-
stanzieren. Dieser Eindruck wird durch den letzten Absatz verstärkt,
wonach „nach Auffassung des BDU […] Marken auch dann einen
positiven wirtschaftlichen Mehrwert haben [können], wenn der for-
male rechtliche Schutz nur gering oder auch nicht geklärt ist.“
Eine Analyse des Markenrechtsschutzes ist für die Höhe des Marken-
werts von großer Bedeutung. So kann eine Marke aus ökonomischer
Sicht einen sehr hohen wirtschaftlichen Wert haben, da sie z.B. sehr
bekannt ist, eine hohe Nachfrage nach Markenbesitz besteht, ein
deutlich höherer Preis erzielt werden kann als für nicht markierte
Produkte etc. Wenn eine solche Marke wirtschaftlichen Erfolg hat, er-
höht sich die Attraktivität für Dritte, davon ebenfalls zu profitieren.
Um solchen Missbrauch abzuwehren, ist ein ausreichender Marken-
schutz für den Markeninhaber wichtig. Vor diesem Hintergrund füh-
ren rechtliche Risiken im Markenschutz zu Wertabschlägen. Die Er-
läuterungen in den GoM mögen hier etwas missverständlich sein. Der
isolierte wirtschaftliche Wert einer Marke – interpretiert als der öko-
nomische Vorteil aus den relevanten Merkmalen – kann durchaus po-
sitiv sein. Der Wert der Marke insgesamt muss aber die verschiedenen
Risiken einbeziehen, die mit dem Bewertungsgegenstand verbunden
sind. Dies ist gerade in der Funktion eines (neutralen) Gutachters
und bei der Ermittlung von objektivierten Werten von Bedeutung.
Zum Thema Markenrechtsschutz äußert sich auch der IDW S 5 eher
verhalten, wenn auch nicht so distanzierend wie die GoM. Gemäß
IDW S 5 kann der rechtliche Schutzumfang Auswirkungen auf den fi-
nanziellen Wert haben, so dass darzulegen ist, von welchem rechtli-
chen Schutz bei der Wertermittlung ausgegangen wurde. Allerdings
habe der Wirtschaftsprüfer „keine Verpflichtung“ eine umfassende
rechtliche Würdigung vorzunehmen.14
Festzuhalten ist, dass es keine direkte Relation zwischen dem Umfang
des rechtlichen Schutzes und dem Wert einer Marke gibt. Die Quanti-
fizierung von Wertabschlägen für rechtliche Risiken muss im Einzel-
fall erfolgen. Wesentlich ist, dass bei einer Markenbewertung transpa-
rent sein muss, von welchen Bedingungen des Markenschutzes die
Bewertung ausgeht. Die Formulierung des BDU zum Markenschutz
ist dabei eher unglücklich gewählt, da – und da sind sich IDW S 5
und DIN ISO 10668 einig – der wirtschaftliche Wert nur eine Dimen-
sion des Markenwerts darstellt und parallel die rechtlichen Rahmen-
bedingungen bei einer Begutachtung zu prüfen sind.15
4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz
Der vierte Grundsatz „Analyse der Marken- und Zielgruppenrele-
vanz“ greift die verhaltenswissenschaftliche Dimension einer Marken-
bewertung auf. Er sieht vor, dass die Gegebenheiten der Märkte, auf
denen die Marke angeboten wird, im Hinblick auf die Marken- und
Zielgruppenrelevanz zu beschreiben sind. Dabei soll auch darauf hin-
gewiesen werden, „für welche Zielgruppe die Markenbewertung Gül-
tigkeit hat.“16
Mit dieser Formulierung ist nicht eindeutig erkennbar,
worauf der BDU hier abzielt. Die Markenbewertung als Ergebnis des
Bewertungsprozesses ist – je nach Bewertungsanlass – für eine be-
810 Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz
Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten?
9 S. GoM (Fn. 1), S. 10f.
10 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 56.
11 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 2.7.
12 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 4.3.
13 S. GoM (Fn. 1), S. 12.
14 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 58.
15 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 57, und DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 3.6.
16 S. GoM (Fn. 1), S. 13f.
stimmte Zielgruppe, z.B. ein Gericht, von Bedeutung. Dies steht aller-
dings eher im Zusammenhang mit dem Bewertungsanlass. Gemeint
ist hier vermutlich eher die Relevanz der Markennutzung an sich für
eine bestimmte Zielgruppe, wie z.B. für Endkonsumenten.
Wesentlich für eine Markenbewertung ist gemäß den GoM die Marken-
relevanz. Die Markenrelevanz ist dabei nach den GoM über verhaltens-
wissenschaftliche Analysen oder über wertschöpfungsbezogene Indika-
toren in den Unternehmen zu beobachten. Dabei soll die individuelle
Situation der Marke ausreichend berücksichtigt werden. Als mögliche
Werttreiber für den Markenwert werden die Größe der Zielgruppe, ihre
Kaufkraft und mögliche Markendehnungsfelder genannt.
Die Hinweise zur Marken- und Zielgruppenrelevanz sind grundsätz-
lich sinnvoll und für die Ermittlung eines Markenwerts durchaus
wichtig. Vergleichbare Überlegungen finden sich in dieser aufgefä-
cherten Darstellung im IDW S 5 nicht. Der DIN ISO 10668 gibt für
verhaltenswissenschaftliche Aspekte einer Markenbewertung doch
deutlich mehr Anhaltspunkte. So werden wirtschaftliche Vorteile ei-
ner Markennutzung betont und die Bestimmung von Markenstatus,
Markenstärke und der Einfluss auf die Nachfrage thematisiert.17
Die Erläuterung in den GoM bleibt dabei leider auf einem allgemei-
nen Niveau und stellt in den Vordergrund, dass der Aspekt der Ziel-
gruppe wichtig ist, ohne eine Verbindung zur Markenbewertung her-
zustellen.
5. Bewertung des aktuellen Markenstatus
bei den relevanten Zielgruppen
Der fünfte Grundsatz fordert eine Bewertung des aktuellen Marken-
status bei den relevanten Zielgruppen. Dabei sollen folgende Dimen-
sionen berücksichtigt werden:18
– Die mit der Marke in der Vergangenheit erzielten Vermarktungser-
folge gemessen in Schlüsselkennzahlen und auf der Basis von quan-
titativen Marktdaten,
– der Erfolg einer Marke mit der Unterscheidung in eine Offline- und
eine Online-Nutzung,
– die Attraktivität bzw. die Anziehungskraft der Marke zum jetzigen
Zeitpunkt und gegebenenfalls zukünftig für die relevante Zielgrup-
pe bzw. der Stakeholder.
Mit dem Hinweis auf die Attraktivität der Marke zum „jetzigen“ Zeit-
punkt greifen die GoM für den gutachterlichen Bewerter etwas zu
kurz. Relevant für jegliche Bewertung ist der vereinbarte Bewertungs-
stichtag. Er markiert den Zeitpunkt der Erkenntnis, zu dem die Be-
wertung erfolgt. Richtig wäre somit, die Attraktivität der Marke zum
Bewertungsstichtag zu erfassen und ausgehend von diesem Zeitpunkt
Anhaltspunkte für die zukünftige Attraktivität plausibel abzuleiten.
Zu den drei Dimensionen werden verschiedene Erläuterungen gege-
ben. Als typische Schlüsselkennzahlen zum Vermarktungserfolg wer-
den z.B. Wiederkaufrate, Käuferreichweite, Preisindex oder Wachs-
tum genannt. Für Online-Marken sollen andere Schüsselkennzahlen
wie z.B. Traffic auf der Website, Interaktionsrate oder Brand Appeal
verwendet werden. Darüber hinaus wird auch die Messung der Mar-
kenstärke erwähnt, die an „typischen“ Parametern wie Bekanntheit,
Imageattribute, Markenwissen, Einstellung und Loyalität ansetzt. Die
Messung der Markenstärke auf der Grundlage von Primärerhebungen
wird als „das Verfahren der ersten Wahl“ bezeichnet.
Es zeigt sich, dass die GoM eine – wie auch immer durchzuführende
– verhaltenswissenschaftliche Analyse der Marke zwar vorsehen. Wel-
che Analysen das im Einzelnen sein sollen und welche Schwerpunkte
der Bewerter setzen sollte, bleibt allerdings offen. Es werden mögliche
Kriterien genannt, die man für die Messung von Markenstatus, Mar-
kenstärke und Markenrelevanz heranziehen kann. Eine nachvollzieh-
bare Systematik ist hier nicht erkennbar.
6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer
der Marke
Grundsatz sechs betrifft die Analyse der wirtschaftlichen Lebensdauer
einer Marke.19
Die Analyse der Lebensdauer von immateriellen Vermögenswerten ist
eine der wichtigen Fragestellungen einer Markenbewertung. Bei der Er-
mittlung der wirtschaftlichen Lebensdauer soll zwischen Dach- bzw.
Unternehmensmarken einerseits und Produktmarken andererseits
unterschieden werden. Die Lebensdauer von Dach- bzw. Unterneh-
mensmarken soll auf der Basis einer Wettbewerbsanalyse abgeleitet
werden. Wie das praktisch aussieht und mit welcher Methode vorge-
gangen werden soll, bleibt offen. Die Nutzungsdauer von Produktmar-
ken soll unter der Berücksichtigung von Produktlebenszyklen und
Marktanalysen ermittelt werden. Als mögliche Einflussfaktoren nennt
der BDU Patente, Schutzrechte und behördliche Genehmigungen.
Die Verbindung zu Patenten ist allerdings zu hinterfragen. So mag es
durchaus markierte Produkte geben, deren Lebenszyklus an einem
Schutzrecht hängen. Dabei geht es aber eher um die Frage der Le-
bensdauer von Patenten und Technologien bzw. der Lebensdauer des
markierten Produkts, das von Patentlaufzeiten oder Genehmigungen
abhängen mag. Eine Marke hat aber gerade die Chance, sich von einer
solchen begrenzten Lebensdauer zu lösen. So wird die Marke „Apple“
oder „IPhone“ keineswegs von den zahlreichen Patenten in den Pro-
dukten begrenzt. Vielmehr verschafft die Marke dem Unternehmen
aufgrund der Wahrnehmung beim Konsumenten einen Wettbewerbs-
vorteil, trotz der endlichen Schutzrechte immer wieder erfolgreiche
und neue Apple-Produkte auf den Markt zu bringen.
Nicht thematisiert wird die Frage, ob die Lebensdauer unter der Be-
rücksichtigung der permanenten „Investition“ in die Marke (durch
weitere Marketingmaßnahmen) oder ohne weiteres „Aufladen“ be-
stimmt wird. Beide Annahmen sind grundsätzlich denkbar, führen
aber zu unterschiedlichen Einschätzungen in der Lebensdauer und ei-
ner entsprechenden Abbildung der Cashflows im Bewertungsmodell.
Eine Differenzierung bzw. Klarstellung wäre für das Aufstellen von
„Bewertungsgrundsätzen“ sinnvoll gewesen.
Nicht nachvollziehbar und auch völlig unbegründet ist die Aussage
des BDU, dass der Relaunch einer Marke und damit die Verlängerung
des Produktlebenszyklusses mit mindestens drei bis fünf Mio. Euro
veranschlagt wird. So wird an dieser Stelle weder spezifiziert, für wel-
che Marken (mit welchen Merkmalen gemäß der in den GoM darge-
stellten Kriterien) diese Größenordnung gilt, noch auf welcher Basis
diese Aussage getroffen wird. Gleiches gilt für den Hinweis in den
GoM, dass die durchschnittliche Produktlebensdauer „heutzutage“
mit fünf Jahren angesetzt wird. Solche pauschalen Aussagen entwer-
ten den Anspruch auf eine Anerkennung als Grundsatz erheblich.
Zwar wird in den Erläuterungen eingeräumt, dass die Bestimmung
der Lebensdauer einer Marke je nach Industrie unterschiedlich erfol-
gen kann. Anstelle einer Erläuterung, wovon die Lebensdauer einer
Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 811
Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten?
17 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 6.2.
18 S. GoM (Fn. 1), S. 15ff.
19 S. GoM (Fn. 1), S. 18f.
Marke nach anerkannten Kriterien abhängt, wird das Beispiel einer
Wort-Bildmarke in der Mineralbrunnenbranche angeführt, bei der
die Nutzung der Marke von den Schüttungsrechten abhänge. Ge-
meint ist mit diesem Beispiel, dass bestimmte Rechte an dem mar-
kierten Produkt möglicherweise die Lebensdauer des Produkts und
damit auch der Marke limitieren können (wie bei dem Beispiel mit
dem Patent). Aus ökonomischer Sicht ist es ja gerade interessant, eine
Marke so zu etablieren, dass sie gegebenenfalls einen Produktlebens-
zyklus überdauert und nachhaltig zu einer kognitiven Wahrnehmung
bei den relevanten Stakeholdern und vor allem zu Cashflows führt.
DIN ISO 10668 ist zum Thema Nutzungsdauer eher zurückhaltend
und sieht vor, dass im Rahmen der kapitalwertorientierten Bewer-
tungsverfahren (denn hier stellt sich primär die Frage der Zeitachse
für die prognostizierten Cashflows) die ökonomische Lebensdauer
von Marken zu analysieren ist. Vergleichbare Hinweise finden sich im
IDW S 5, wonach auf die ökonomische Nutzungsdauer einer Marke
abzustellen ist, die z.B. vom Produktlebenszyklus bestimmt wird.20
Letztlich stellen die beiden etablierten Standards somit auf das öko-
nomische Umfeld der Marke, wie z.B. auf das Verbraucherverhalten
oder den technologischen Wandel der markierten Produkte, ab.
Konkrete oder neue Erkenntnisse über die Bestimmung der Lebens-
dauer von Marken ergeben sich aus den GoM daher im Ergebnis
nicht. Vielmehr werden rechtliche Aspekte angeführt, die gar nicht
unmittelbar in Verbindung mit einer Marke stehen.
7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des
Geschäftsmodells der Marke
Die GoM stellen die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Mar-
ke als wesentliche Säule der Markenbewertung dar. Sie definieren Zu-
kunftsfähigkeit von Marken „als die Fähigkeit, die Zukunft der Marke
aktiv zu gestalten sowie die Anforderungen und Bedürfnisse der aktu-
ellen und/oder zukünftigen Zielgruppen, Zielbranchen und Ziel-
märkte bedienen zu können.“21
Die Zukunftsfähigkeit der Marke ist dabei nach Auffassung des BDU
insbesondere von den Geschäftsmodellen und der Fähigkeit des Ma-
nagements, sich auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen, ab-
hängig. Die GoM sehen dabei u.a. vor, dass Organisation und Quali-
tät der Markenführung, wie z.B. Unternehmenskultur, finanzielle
Ausstattung des Markeninhabers und Prozesse im Unternehmen in
die Markenbewertung einzubeziehen sind. Diese Überlegungen kön-
nen berücksichtigt werden, wenn das Potential einer Marke als Wert-
treiber eines Unternehmens aus interner Perspektive und unter
„Going Concern“, d.h. Fortführung der Marke im unveränderten Un-
ternehmenskonzept, analysiert werden soll. Bei zahlreichen Bewer-
tungsanlässen (z.B. bei Schadensersatz) ist es aber nicht vertretbar,
subjektive Kriterien, wie z.B. bestimmte Managementfähigkeiten, in
die Bewertung einzubeziehen. Denn als neutraler Gutachter ist ein
objektivierter Wert zu bestimmen, der aus der Perspektive eines Drit-
ten realisiert werden könnte. Nach der Vorstellung des BDU ließe sich
somit z.B. im Insolvenzfall der Marke kein Wert bemessen. Das Ge-
schäftsmodell ist – unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – geschei-
tert. Ein Management steht in der Regel nicht mehr zur Verfügung.
Trotzdem haben Marken aus der Insolvenz heraus oftmals noch einen
Wert. So wurden Marken von insolventen Unternehmen wie z.B.
Grundig oder Knirps an Dritte veräußert.
Im Rahmen des Grundsatzes der „Prüfung der Zukunftsfähigkeit“
wollen die GoM noch das Markenpotenzial und die Markenerosion
berücksichtigt sehen. Zu ergänzen sei dies mit einer Analyse zum „Di-
gitalisierungsgrad“, dem Potenzial dazu und zur „Social Brand“. Völ-
lig unklar ist, wie sich diese Schlagwörter aus dem Marketing in einer
nachvollziehbaren Markenbewertung niederschlagen sollen. Auch ist
fraglich, inwieweit diese Kriterien auf Marken generell anwendbar
sind. So wird es Marken geben, die kein Potenzial für eine „Digital
Fitness“ haben oder für die „Social Brand“ keine Rolle spielt.
8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung
Die GoM unterstellen schließlich im letzten Grundsatz, dass ein Mar-
kenwert mit Hilfe eines kapitalwertorientierten Verfahrens ermittelt
wird. Einem kapitalwertorientierten Verfahren liegt die Annahme zu-
grunde, dass sich der Wert eines immateriellen Vermögenswerts aus
dessen Eigenschaft ableitet, künftige Erfolgsbeiträge in Form von
Cashflows zu erwirtschaften.22
Nach Auffassung der GoM haben sich die kostenorientierten und
marktorientierten Verfahren als nur eingeschränkt praktikabel erwie-
sen. Die kostenorientierten Verfahren werden mit dem Argument als
nicht geeignet abgelehnt, dass gerade wenig erfolgreiche Marken hohe
Kosten erzielen. Folglich ließen sich aus der Höhe der Kosten nicht
die richtigen Rückschlüsse auf den Wert der Marke ziehen.23
Diese Überlegung ist bei klassischen Konsumgüter- bzw. Produktmar-
ken nachvollziehbar und durchaus diskussionswürdig. Die GoM las-
sen mit ihrer Aussage aber unberücksichtigt, dass eine kos-
tenorientierte Perspektive aus dem Reproduktionsgedanken heraus
für bestimmte Marken ein vernünftiger Plausibilitätstest sein kann.
Aus finanzorientierter Perspektive ist die „Make-or-buy“-Analyse ein
sinnvolles Korrektiv bei der Ableitung von Markenwerten. Das gilt
nicht für alle Marken, da es zahlreiche Beispiele gibt, die sich prak-
tisch nicht reproduzieren lassen (z.B. Coca Cola). Es gibt andererseits
aber auch etliche Fälle, bei denen ein Reproduktionsszenario durch-
aus in Betracht kommt. Zu denken ist z.B. an Unternehmensmarken
im B2B-Bereich von mittelständischen Unternehmen, deren haupt-
sächlicher Werttreiber eine Technologie ist und die Marke eine Identi-
fikationsfunktion übernimmt. Eine pauschale Ablehnung der kos-
tenorientierten Verfahren ist daher nicht nachvollziehbar.
Bei den marktorientierten Verfahren nennen die GoM Preis-Pre-
mium-Modelle und Lizenzpreisanalogie-Modelle.
Diese Modelle sind im Grunde Mischverfahren zwischen kapitalwert-
orientierten Modellen und marktorientierten Modellen. Beide Verfah-
ren gelten als äußerst praktikabel und werden für Markenbewertun-
gen regelmäßig herangezogen. Da die Mehrgewinne einer Marke z.B.
bei der Mehrgewinn-Methode direkt am Markt abgelesen werden
können, sind diese Verfahren – anders als die GoM es darstellen – ge-
rade gute Indikatoren für einen Markenwert.
Der IDW S 5 sieht die Anwendung der Methoden etwas differenzier-
ter. Kapitalwertorientierte Methoden sind vorzugsweise anzuwenden,
die kostenorientierten Methoden sind demgegenüber nachrangig.
Marktpreisorientierte Methoden sind nach Einschätzung des IDW
meist nicht anwendbar aufgrund der fehlenden aktiven Märkte.24
Ver-
gleichbar positioniert sich der DIN ISO 10668.25
812 Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz
Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten?
20 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 71ff.
21 S. GoM (Fn. 1), S. 20ff.
22 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 22.
23 S. GoM (Fn. 1), S. 24f.
24 S. IDW S 1 (Fn. 2), Tz. 59ff., 68, 69.
25 S. DIN ISO 10668, Abschn. 5.1, 5.3 und 5.4.
Schließlich stellen die GoM dar, dass eine Markenbewertung typi-
scherweise in fünf Phasen abläuft:26
– Phase 1: Messung der Markenstärke und Markenrelevanz,
– Phase 2: Isolierung der Markenleistung,
– Phase 3: Ermittlung des Markenertragspotentials,
– Phase 4: Ermittlung der Lebensdauer der Marke,
– Phase 5: Barwertberechnung.
Die Elemente, die in den voranstehenden Grundsätzen genannt wur-
den, finden sich in diesen fünf Phasen sporadisch wieder (z.B. der
sechste Grundsatz zur wirtschaftlichen Lebensdauer), andere werden
gar nicht mehr erwähnt (z.B. Analyse des Bewertungsanlasses, Be-
schreibung der Marke und Markenrechtsschutz). In Phase zwei füh-
ren die GoM aus, dass die Isolierung der Markenleistung durch das
Preis- und Mengenpremium erfasst werden kann. Ein solches Pre-
mium ist aber nur für wenige Markenarten ablesbar. Zudem
widerspricht dies der vorher von den GoM getroffenen Aussage, dass
sich Preis-Premium-Modelle als marktorientierte Verfahren nur ein-
geschränkt als praktikabel erwiesen haben. Die Darstellung in den ge-
nannten fünf Phasen ist insgesamt mit den voranstehenden GoM
nicht konsistent und auch nicht vollständig.
III. Würdigung der GoM aus praktischer Sicht
Die GoM lassen wesentliche Prinzipien, die für die finanzorientierte
Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände generell gelten, au-
ßer Betracht. Hierzu gehören ganz grundsätzliche Aspekte wie Zeit-
punkt der Bewertung/Tag der Erkenntnis, Verwendung von Unterla-
gen, Funktion eines Bewerters und Prüfung der Plausibilität des Be-
wertungsergebnisses.
Die GoM vermitteln den Eindruck, für verschiedene Bewertungsan-
lässe anwendbar zu sein. Ein typischer Anwendungsfall besteht darin,
als neutraler Gutachter einen objektivierten und nachvollziehbaren
Markenwert abzuleiten. Die GoM sind für die Erstellung eines Sach-
verständigengutachtens aber nicht geeignet, da sie in sich nicht
konsistent sind, die Hinweise der GoM z.T. nicht begründet sind und
eher exemplarisch argumentiert wird.
Problematisch ist, dass die Wissenschaft noch keine nachgewiesene
und anerkannte Verbindung zwischen der verhaltenswissenschaftli-
chen und der finanziellen Perspektive entwickelt hat. Zu dieser Frage
hat sich in den USA z.B. das Marketing Accountability Standards
Board (MASB) formiert, das sich u.a. mit diesem Themenkomplex
beschäftigt.27
Diese Lücke können die GoM naturgemäß auch nicht
füllen. Der Praktiker kann sich in den GoM zumindest einige Anre-
gungen holen, wie sich eine Marke beschreiben und kategorisieren
lässt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die GoM vor allem in den
Grundsätzen 4–7 offensichtlich eher auf die klassische Konsumgüter-
marke abzielen. Problematisch für die typischen Gutachtersituationen
sind aber oft die Marken, die eine nur geringe Aufmerksamkeit durch
das Marketing erfahren, wie etwa Unternehmensmarken bzw. die Ver-
wendung von Marken im B2B-Geschäft.
Die Aufstellung von Grundsätzen vermittelt generell den Anspruch
auf Allgemeingültigkeit und ihre Anwendbarkeit in unterschiedlichen
Fällen. Diesem Anspruch werden die GoM nicht gerecht. Für einen
Bewertungsfall lassen sich hier recht gute Anregungen für die Be-
schreibung einer Marke28
und mögliche Aspekte für eine verhaltens-
wissenschaftliche Analyse einer Marke finden.29
Der BDU als Verband
der Unternehmensbewerter hätte hier die Chance gehabt, aus den
Mitgliedsunternehmen heraus die Bedeutung der Marketingperspek-
tive in einer Markenbewertung stärker herauszuarbeiten, die v.a. im
IDW S 5 eher kurz abgehandelt sind. Dabei wäre ein anderes Format,
wie z.B. die Veröffentlichung in Form eines Arbeitspapiers oder eines
Aufsatzes, geeigneter gewesen, als den Anspruch auf Grundsätze zu
erheben. Festzuhalten ist, dass in einem Punkt dem BDU als Verfasser
dieser Grundsätze uneingeschränkt zuzustimmen ist: Das Ergebnis ei-
ner Markenbewertung ist nur so gut wie die ihr zugrunde liegende
Datenbasis und Methodik.30
IV. Zusammenfassung
1. Die GoM werden zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, in dem der
Bedarf an Markenbewertungen, u.a. initiiert durch die internatio-
nalen Vorschriften für Verrechnungspreise von immateriellen Ver-
mögenswerten, stetig zunimmt. Diese Grundsätze wollen die Stan-
dards, die in Deutschland bereits existieren – wie insbesondere den
IDW S 5 des Instituts der Wirtschaftsprüfer und die DIN ISO
Norm 10668 – ergänzen. Die GoM wollen dabei Checkliste sein
und gleichzeitig dokumentieren, welche Arbeitsschritte und Inhalte
ein „Gutachten“ nach diesen Grundsätzen enthält.
2. Die GoM werden den Anforderungen, die an allgemein akzeptierte
Grundsätze zu stellen sind, aus mehreren Gründen nicht gerecht:
Wichtige Grundprinzipien für gutachterliche Bewertungen, wie
z.B. Relevanz des Bewertungsstichtags, Nachvollziehbarkeit des An-
satzes, Dokumentation von Annahmen, werden gar nicht erwähnt.
Die Erläuterungen zu den einzelnen Grundsätzen wirken eher wie
eine exemplarische Zusammenstellung möglicher Anwendungs-
fälle. Wichtige inhaltliche Fragen werden nicht ausgearbeitet. So
beschränkt sich beispielsweise die Ableitung der Lebensdauer einer
Marke auf rechtliche Begrenzungen anderer immaterieller Vermö-
genswerte, wie etwa Patente. Hier stellen IDW S 5 und DIN ISO
10668 ganz klar auf die ökonomische Lebensdauer der Marke ab.
Da den GoM eine überzeugende Systematik abgeht, ist ihre Ver-
wendung als „Checkliste“ ebenfalls fraglich.
3. Damit liegt der Mehrwert der GoM für die Bewertungspraxis eher
darin, sich in einigen Aspekten, z.B. für die Beschreibung einer
Marke, ihrer Funktionen und Relevanz für bestimmte Zielgruppen,
Gedankenanstöße zu holen. Als Grundlage für die Erstellung eines
Gutachtens reichen die Grundsätze des BDU aber bei weitem nicht
aus. Ein Bewerter sollte sich somit für die Durchführung einer
Markenbewertung an den vorliegenden Standards IDW S 5 und
DIN ISO 10668 orientieren.
Dr. Anke Nestler ist öffentlich bestellte und vereidigte
Sachverständige für Unternehmensbewertung sowie für die
Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IHK Frankfurt),
Certified Licensing Professional (CLP), Certified Valuation
Analyst (CVA) und geschäftsführende Gesellschafterin der
VALNES Corporate Finance GmbH in Frankfurt a.M.
Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 813
Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten?
26 S. GoM (Fn. 1), S. 24f.
27 S. www.themasb.org.
28 Z.B. GoM (Fn. 1), S. 11.
29 Z.B. GoM (Fn. 1), S. 16.
30 Vgl. GoM (Fn. 1), S. 25.
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  • 1. Recht | Wirtschaft | Steuern www.betriebs-berater.de 14|2016 4.4.2016 | 71. Jg. Seiten 769–832 DIE ERSTE SEITE Prof. Dr. Ekkehart Reimer Reform der Erbschaftsteuer: Verschonungen verstoßen gegen EU-Recht WIRTSCHAFTSRECHT Dr. Andreas Meyer, RA Erleichterungen im Recht der Stimmrechtsmitteilungen bei Aktienemissionen | 771 Dr. Ralf Weisser, LL.M., und Dr. Claus Färber, RA Zumutbarkeit von Websperren für Accessprovider | 776 STEUERRECHT Stephanie Wahlig, StBin, und Bettina Mertgen, RAin/FAinStR/StBin/FBin Z&VSt Zollwertrelevanz von Markenlizenzzahlungen im Hinblick auf die Neuregelungen des Unionszollkodex (UZK) ab dem 1.5.2016 | 791 Markus Heinlein, WP/StB, und Alexander Euchner, StB Das Anwendungsschreiben zu § 50i Abs. 2 EStG – zugleich das Ende der faktischen Umstrukturierungs- und Nachfolgesperre? | 795 Prof. Dr. W. Christian Lohse, VRiFG i.R. Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines „als nicht existenter Wirtschaftsbeteiligter angesehenen“ Steuerpflichtigen | 801 BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT Dr. Anke Nestler BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? | 809 ARBEITSRECHT Prof. Dr. Jürgen Taeger und Dr. Edgar Rose Zum Stand des deutschen und europäischen Beschäftigungsdatenschutzes | 819 Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main 70Jahre
  • 2. Dr. Anke Nestler BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? Die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten – insbesondere von Marken – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gerade die aktuali- sierten OECD-Richtlinien, die Ende 2015 verabschiedet wurden und einen Schwerpunkt auf Verrechnungspreise für immaterielle Vermö- genswerte legen, verlangen von der Praxis umfassende Kenntnisse über deren Bewertung. Der Bundesverband der Unternehmensberater (BDU) hat Ende 2015 Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung (GoM) veröffentlicht. Die GoM sollen als „Checkliste“ dienen und darlegen, welche Arbeitsschritte und Inhalte ein Gutachten über einen Marken- wert beinhalten soll. Im nachfolgenden Beitrag werden die wesent- lichen Inhalte der GoM vorgestellt. Dabei wird für den jeweiligen Grund- satz diskutiert, welche Erkenntnisse bzw. welchen Mehrwert die schrift- lich dokumentierten Empfehlungen des BDU bei der Bewertung von Marken liefern können. Der Aufsatz richtet sich an Unternehmen und Berater, die Anhaltspunkte für das Vorgehen bei der Markenbewertung suchen. I. Problemstellung Im November 2015 hat der BDU sog. „Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung“ (GoM) veröffentlicht.1 Standards bzw. Grundsätze für die Bewertung von immateriellen Ver- mögenswerten, insbesondere von Marken, liegen bereits einige vor. Neben dem in Deutschland bekannten Standard IDW S 5 des Insti- tuts der Wirtschaftsprüfer (23.5.2011)2 und der DIN ISO Norm 10668 (Oktober 2011)3 gibt es national und international vielfältige Vorschläge4 für die finanzorientierte Bewertung von Marken. In einer Zeit, in der durch die aktualisierten OECD-Richtlinien für die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten5 die Anlässe für die Bewertung von Marken unter steuerlicher Perspektive erheblich an Bedeutung gewinnen, hat der BDU nun eigene Grundsätze entwi- ckelt. Der BDU hebt dabei hervor, dass bestehende „Verfahrensvor- schriften“ wie etwa die DIN ISO Norm 10668 oder der IDW S 5 nicht ersetzt oder entkräftet, sondern „in sinnvoller Weise ergänzt bzw. punktuell präzisiert“ werden sollen.6 Das ist zu begrüßen, denn trotz der umfangreichen Überlegungen in den vorhandenen Standards blei- ben für die Markenbewertung noch zahlreiche Fragen offen – insbe- sondere in Bezug auf eine adäquate Berücksichtigung verhaltens- orientierter Parameter. Irreführend sind allerdings die vom BDU ver- wendeten Begriffe zu den bisherigen Standards wie „Verfahrens-“ bzw. „Normvorschriften“. Denn diese Begrifflichkeit suggeriert, dass es sich bei den Bewertungsstandards um Regelwerke mit Gesetzes- charakter handelt und damit eine Pflicht für ihre Anwendung besteht. Bei den GoM und auch den bislang vorliegenden Bewertungsstan- dards handelt es sich aber durchweg um Empfehlungen von privaten Organisationen, die keine Gesetzgebungskompetenz haben und daher auch keine „Vorschriften“ erlassen können.7 Der BDU hat insgesamt acht Grundsätze publiziert, die in der nach- folgenden Tabelle dargestellt sind. In dem vorliegenden Beitrag werden die wesentlichen Inhalte der GoM vorgestellt. Dabei wird diskutiert, welche Erkenntnisse bzw. wel- chen Mehrwert die Empfehlungen des BDU bei der Bewertung von Marken liefern können. II. Grundsätze im Einzelnen 1. Analyse des Bewertungsanlasses Der erste Grundsatz der GoM stellt fest, dass einer Markenbewertung „die sorgfältige Analyse“ des Bewertungsanlasses voranzustellen ist. Begründet wird dies damit, dass in Abhängigkeit vom Bewertungsan- lass die Funktion des Bewerters und des anzuwendenden Bewertungs- verfahrens begründet werden. Der BDU listet eine Reihe von mögli- chen Bewertungsanlässen auf (z.B. Bewertung für Finanzierungs- zwecke, Sale and lease back, Angemessenheit von Lizenzgebühren).8 Der Bewertungsanlass ist selbstredend wesentlich für jegliche Bewer- tungsfrage und damit auch für die finanzielle Bewertung einer Marke. Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 809 Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Tabelle: Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung des BDU 1. Analyse des Bewertungsanlasses 2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion 3. Prüfung des Markenrechtsschutzes 4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz 5. Bewertung des aktuellen Markenstatus bei den relevanten Zielgruppen 6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke 7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Marke 8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung 1 Abrufbar unter www.bdu.de/media/119556/rz_gom_bdu_2015_gesamt.pdf (Abruf: 8.3.2016). 2 S. IDW-FN 7/2011, 467ff. 3 Beziehbar über www.beuth.de/de/norm/din-iso-10668/144226437 (Abruf: 8.3.2016). 4 Z.B. Grundsätze der monetären Markenbewertung des Brand Valuation Forum des Mar- kenverbands, abrufbar unter www.markenverband.de/kompetenzen/markenbewertung/ brand-valuation-forum-grundsaetze-der-monetaeren-markenbewertung, Vorschläge des MASB zur Markenbewertung, abrufbar unter https://themasb.org/projects/completed/ brand-valuation-project-phase-1/ oder International Valuation Standards (IVS) – Chapter Intangible Assets, beziehbar über https://www.ivsc.org/ (alle Abrufe: 8.3.2016). 5 S. OECD (2015), Aligning Transfer Pricing Outcomes with Value Creation, Actions 8–10 Final Reports, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris, abrufbar unter www.oecd-ilibrary.org/taxation/aligning-transfer-pricing-outcomes-with- value-creation-actions-8-10-2015-final-reports_9789264241244-en. 6 S. GoM (Fn. 1), S. 4. 7 S. hierzu nur die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH, 29.9.2015 – II ZB 23/14, BB 2016, 304 m. BB-Komm. Handke, wonach die zur Anwendung einer Bewertungsmethode entwickelten fachlichen Berechnungsgrundsätze (hier: IDW S 1) keine Normqualität ent- wickeln. 8 S. GoM (Fn. 1), S. 8f.
  • 3. Der Hinweis der GoM auf das Erfordernis einer „sorgfältigen Ana- lyse“ vermittelt den Eindruck, dass viel Zeit in diese Frage investiert werden muss, was aus praktischer Sicht eher nicht der Fall ist. Der Bewertungsanlass ist – anders als diverse andere Analyseschritte einer Markenbewertung – in aller Regel relativ leicht festzustellen. Warum ist der Kontext des Bewertungsanlasses wichtig für die Bewer- tung einer Marke? Der Bewertungsanlass definiert die Perspektive, aus der ein Markenwert ermittelt wird. Der Bewertungsanlass ist – anders als die GoM es darstellen – nicht zwangsläufig kausal für die Funktion des Bewerters. Zwar können Be- wertungsanlässe eine bestimmte Funktion determinieren, ein Bewer- ter kann aber für einen Bewertungsanlass in unterschiedlichen Funk- tionen tätig sein. Bei einem Markenerwerb kann aus subjektiver Per- spektive, aber auch in der Funktion eines neutralen Gutachters be- wertet werden. In der jeweiligen Funktion wird der Bewerter vermut- lich zu einem anderen Ergebnis kommen. Folglich kommt es in erster Linie darauf an, dass für eine Markenbe- wertung je nach Bewertungsanlass verschiedene Perspektiven einge- nommen werden können. Für die gleiche Marke ergeben sich da- durch unterschiedliche finanzielle Werte. 2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion Die GoM stellen im zweiten Grundsatz dar, dass die Markenart und die -funktion geprüft werden müssen. Die Markenart hat Einfluss auf die zu berücksichtigende Stakeholdergruppe und die sich ergebenden Rahmenbedingungen für die Ermittlung der Markenstärke. Als Markenarten wird in den GoM unterschieden zwischen der Mar- kenarchitektur, dem geografischen Geltungsbereich, der Art der mar- kierten Produkte oder Dienstleistungen, der Positionierung der Mar- ke und der Reife der Marke (i.S.d. Zeitpunkts des Markteintritts).9 Die Aufzählung der Markenarten in den GoM geht über das hinaus, was im IDW S 5 dargestellt ist. So beschränkt sich der IDW S 5 auf die Unter- scheidung von Marken anhand der Markenarchitektur, das Thema der Stakeholderrelevanz wird gar nicht erwähnt.10 Der DIN ISO 10668 geht hieretwasweiteralsderIDWS5undnenntzumindestdieverschiedenen Stakeholder, fürdie eine Markerelevantsein kann.11 Ansonsten sieht die DIN ISO 10668 nur vor, dass die zu bewertende Marke zu benennen, zu definieren und zu beschreiben ist, ohne hier auf die Markenarten oder dieKriterieneinerBeschreibungnähereinzugehen.12 Interessant und auch ergänzend zu den bisher vorliegenden Standards der finanziellen Markenbewertung sind die in den GoM dargestellten Funktionen einer Marke. Sie sind umfassender als das, was viele Prak- tiker spontan unter einer Marke verstehen. So dient eine Marke nicht nur zur Unterscheidung des Produkts oder der Dienstleistung vom Wettbewerb, sondern auch zur Identifikation des Absenders, der Kommunikation oder der Kennzeichnung von Qualität. Während die Beschreibung der Kommunikations- und Qualitätsfunktion eher ein Instrument zur Differenzierung vom Wettbewerb ist, können Marken auch nur zur Identifikation genutzt werden (z.B. durch die Firmie- rung). Für die Beschreibung einer Marke kann der zweite Grundsatz der GoM somit eine hilfreiche Stoffsammlung sein. 3. Prüfung des Markenrechtsschutzes Der nächste Grundsatz sieht die Prüfung des Markenrechtsschutzes vor. Diese Prüfung ist gemäß den GoM erforderlich, um mit der DIN ISO Norm 10668 konform zu gehen.13 Durch diese Formulierung wird der Eindruck erweckt, dass sich die Autoren der GoM von der Bedeutung des Markenrechtsschutzes für den Markenwert eher di- stanzieren. Dieser Eindruck wird durch den letzten Absatz verstärkt, wonach „nach Auffassung des BDU […] Marken auch dann einen positiven wirtschaftlichen Mehrwert haben [können], wenn der for- male rechtliche Schutz nur gering oder auch nicht geklärt ist.“ Eine Analyse des Markenrechtsschutzes ist für die Höhe des Marken- werts von großer Bedeutung. So kann eine Marke aus ökonomischer Sicht einen sehr hohen wirtschaftlichen Wert haben, da sie z.B. sehr bekannt ist, eine hohe Nachfrage nach Markenbesitz besteht, ein deutlich höherer Preis erzielt werden kann als für nicht markierte Produkte etc. Wenn eine solche Marke wirtschaftlichen Erfolg hat, er- höht sich die Attraktivität für Dritte, davon ebenfalls zu profitieren. Um solchen Missbrauch abzuwehren, ist ein ausreichender Marken- schutz für den Markeninhaber wichtig. Vor diesem Hintergrund füh- ren rechtliche Risiken im Markenschutz zu Wertabschlägen. Die Er- läuterungen in den GoM mögen hier etwas missverständlich sein. Der isolierte wirtschaftliche Wert einer Marke – interpretiert als der öko- nomische Vorteil aus den relevanten Merkmalen – kann durchaus po- sitiv sein. Der Wert der Marke insgesamt muss aber die verschiedenen Risiken einbeziehen, die mit dem Bewertungsgegenstand verbunden sind. Dies ist gerade in der Funktion eines (neutralen) Gutachters und bei der Ermittlung von objektivierten Werten von Bedeutung. Zum Thema Markenrechtsschutz äußert sich auch der IDW S 5 eher verhalten, wenn auch nicht so distanzierend wie die GoM. Gemäß IDW S 5 kann der rechtliche Schutzumfang Auswirkungen auf den fi- nanziellen Wert haben, so dass darzulegen ist, von welchem rechtli- chen Schutz bei der Wertermittlung ausgegangen wurde. Allerdings habe der Wirtschaftsprüfer „keine Verpflichtung“ eine umfassende rechtliche Würdigung vorzunehmen.14 Festzuhalten ist, dass es keine direkte Relation zwischen dem Umfang des rechtlichen Schutzes und dem Wert einer Marke gibt. Die Quanti- fizierung von Wertabschlägen für rechtliche Risiken muss im Einzel- fall erfolgen. Wesentlich ist, dass bei einer Markenbewertung transpa- rent sein muss, von welchen Bedingungen des Markenschutzes die Bewertung ausgeht. Die Formulierung des BDU zum Markenschutz ist dabei eher unglücklich gewählt, da – und da sind sich IDW S 5 und DIN ISO 10668 einig – der wirtschaftliche Wert nur eine Dimen- sion des Markenwerts darstellt und parallel die rechtlichen Rahmen- bedingungen bei einer Begutachtung zu prüfen sind.15 4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz Der vierte Grundsatz „Analyse der Marken- und Zielgruppenrele- vanz“ greift die verhaltenswissenschaftliche Dimension einer Marken- bewertung auf. Er sieht vor, dass die Gegebenheiten der Märkte, auf denen die Marke angeboten wird, im Hinblick auf die Marken- und Zielgruppenrelevanz zu beschreiben sind. Dabei soll auch darauf hin- gewiesen werden, „für welche Zielgruppe die Markenbewertung Gül- tigkeit hat.“16 Mit dieser Formulierung ist nicht eindeutig erkennbar, worauf der BDU hier abzielt. Die Markenbewertung als Ergebnis des Bewertungsprozesses ist – je nach Bewertungsanlass – für eine be- 810 Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? 9 S. GoM (Fn. 1), S. 10f. 10 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 56. 11 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 2.7. 12 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 4.3. 13 S. GoM (Fn. 1), S. 12. 14 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 58. 15 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 57, und DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 3.6. 16 S. GoM (Fn. 1), S. 13f.
  • 4. stimmte Zielgruppe, z.B. ein Gericht, von Bedeutung. Dies steht aller- dings eher im Zusammenhang mit dem Bewertungsanlass. Gemeint ist hier vermutlich eher die Relevanz der Markennutzung an sich für eine bestimmte Zielgruppe, wie z.B. für Endkonsumenten. Wesentlich für eine Markenbewertung ist gemäß den GoM die Marken- relevanz. Die Markenrelevanz ist dabei nach den GoM über verhaltens- wissenschaftliche Analysen oder über wertschöpfungsbezogene Indika- toren in den Unternehmen zu beobachten. Dabei soll die individuelle Situation der Marke ausreichend berücksichtigt werden. Als mögliche Werttreiber für den Markenwert werden die Größe der Zielgruppe, ihre Kaufkraft und mögliche Markendehnungsfelder genannt. Die Hinweise zur Marken- und Zielgruppenrelevanz sind grundsätz- lich sinnvoll und für die Ermittlung eines Markenwerts durchaus wichtig. Vergleichbare Überlegungen finden sich in dieser aufgefä- cherten Darstellung im IDW S 5 nicht. Der DIN ISO 10668 gibt für verhaltenswissenschaftliche Aspekte einer Markenbewertung doch deutlich mehr Anhaltspunkte. So werden wirtschaftliche Vorteile ei- ner Markennutzung betont und die Bestimmung von Markenstatus, Markenstärke und der Einfluss auf die Nachfrage thematisiert.17 Die Erläuterung in den GoM bleibt dabei leider auf einem allgemei- nen Niveau und stellt in den Vordergrund, dass der Aspekt der Ziel- gruppe wichtig ist, ohne eine Verbindung zur Markenbewertung her- zustellen. 5. Bewertung des aktuellen Markenstatus bei den relevanten Zielgruppen Der fünfte Grundsatz fordert eine Bewertung des aktuellen Marken- status bei den relevanten Zielgruppen. Dabei sollen folgende Dimen- sionen berücksichtigt werden:18 – Die mit der Marke in der Vergangenheit erzielten Vermarktungser- folge gemessen in Schlüsselkennzahlen und auf der Basis von quan- titativen Marktdaten, – der Erfolg einer Marke mit der Unterscheidung in eine Offline- und eine Online-Nutzung, – die Attraktivität bzw. die Anziehungskraft der Marke zum jetzigen Zeitpunkt und gegebenenfalls zukünftig für die relevante Zielgrup- pe bzw. der Stakeholder. Mit dem Hinweis auf die Attraktivität der Marke zum „jetzigen“ Zeit- punkt greifen die GoM für den gutachterlichen Bewerter etwas zu kurz. Relevant für jegliche Bewertung ist der vereinbarte Bewertungs- stichtag. Er markiert den Zeitpunkt der Erkenntnis, zu dem die Be- wertung erfolgt. Richtig wäre somit, die Attraktivität der Marke zum Bewertungsstichtag zu erfassen und ausgehend von diesem Zeitpunkt Anhaltspunkte für die zukünftige Attraktivität plausibel abzuleiten. Zu den drei Dimensionen werden verschiedene Erläuterungen gege- ben. Als typische Schlüsselkennzahlen zum Vermarktungserfolg wer- den z.B. Wiederkaufrate, Käuferreichweite, Preisindex oder Wachs- tum genannt. Für Online-Marken sollen andere Schüsselkennzahlen wie z.B. Traffic auf der Website, Interaktionsrate oder Brand Appeal verwendet werden. Darüber hinaus wird auch die Messung der Mar- kenstärke erwähnt, die an „typischen“ Parametern wie Bekanntheit, Imageattribute, Markenwissen, Einstellung und Loyalität ansetzt. Die Messung der Markenstärke auf der Grundlage von Primärerhebungen wird als „das Verfahren der ersten Wahl“ bezeichnet. Es zeigt sich, dass die GoM eine – wie auch immer durchzuführende – verhaltenswissenschaftliche Analyse der Marke zwar vorsehen. Wel- che Analysen das im Einzelnen sein sollen und welche Schwerpunkte der Bewerter setzen sollte, bleibt allerdings offen. Es werden mögliche Kriterien genannt, die man für die Messung von Markenstatus, Mar- kenstärke und Markenrelevanz heranziehen kann. Eine nachvollzieh- bare Systematik ist hier nicht erkennbar. 6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke Grundsatz sechs betrifft die Analyse der wirtschaftlichen Lebensdauer einer Marke.19 Die Analyse der Lebensdauer von immateriellen Vermögenswerten ist eine der wichtigen Fragestellungen einer Markenbewertung. Bei der Er- mittlung der wirtschaftlichen Lebensdauer soll zwischen Dach- bzw. Unternehmensmarken einerseits und Produktmarken andererseits unterschieden werden. Die Lebensdauer von Dach- bzw. Unterneh- mensmarken soll auf der Basis einer Wettbewerbsanalyse abgeleitet werden. Wie das praktisch aussieht und mit welcher Methode vorge- gangen werden soll, bleibt offen. Die Nutzungsdauer von Produktmar- ken soll unter der Berücksichtigung von Produktlebenszyklen und Marktanalysen ermittelt werden. Als mögliche Einflussfaktoren nennt der BDU Patente, Schutzrechte und behördliche Genehmigungen. Die Verbindung zu Patenten ist allerdings zu hinterfragen. So mag es durchaus markierte Produkte geben, deren Lebenszyklus an einem Schutzrecht hängen. Dabei geht es aber eher um die Frage der Le- bensdauer von Patenten und Technologien bzw. der Lebensdauer des markierten Produkts, das von Patentlaufzeiten oder Genehmigungen abhängen mag. Eine Marke hat aber gerade die Chance, sich von einer solchen begrenzten Lebensdauer zu lösen. So wird die Marke „Apple“ oder „IPhone“ keineswegs von den zahlreichen Patenten in den Pro- dukten begrenzt. Vielmehr verschafft die Marke dem Unternehmen aufgrund der Wahrnehmung beim Konsumenten einen Wettbewerbs- vorteil, trotz der endlichen Schutzrechte immer wieder erfolgreiche und neue Apple-Produkte auf den Markt zu bringen. Nicht thematisiert wird die Frage, ob die Lebensdauer unter der Be- rücksichtigung der permanenten „Investition“ in die Marke (durch weitere Marketingmaßnahmen) oder ohne weiteres „Aufladen“ be- stimmt wird. Beide Annahmen sind grundsätzlich denkbar, führen aber zu unterschiedlichen Einschätzungen in der Lebensdauer und ei- ner entsprechenden Abbildung der Cashflows im Bewertungsmodell. Eine Differenzierung bzw. Klarstellung wäre für das Aufstellen von „Bewertungsgrundsätzen“ sinnvoll gewesen. Nicht nachvollziehbar und auch völlig unbegründet ist die Aussage des BDU, dass der Relaunch einer Marke und damit die Verlängerung des Produktlebenszyklusses mit mindestens drei bis fünf Mio. Euro veranschlagt wird. So wird an dieser Stelle weder spezifiziert, für wel- che Marken (mit welchen Merkmalen gemäß der in den GoM darge- stellten Kriterien) diese Größenordnung gilt, noch auf welcher Basis diese Aussage getroffen wird. Gleiches gilt für den Hinweis in den GoM, dass die durchschnittliche Produktlebensdauer „heutzutage“ mit fünf Jahren angesetzt wird. Solche pauschalen Aussagen entwer- ten den Anspruch auf eine Anerkennung als Grundsatz erheblich. Zwar wird in den Erläuterungen eingeräumt, dass die Bestimmung der Lebensdauer einer Marke je nach Industrie unterschiedlich erfol- gen kann. Anstelle einer Erläuterung, wovon die Lebensdauer einer Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 811 Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? 17 S. DIN ISO 10668 (Fn. 3), Abschn. 6.2. 18 S. GoM (Fn. 1), S. 15ff. 19 S. GoM (Fn. 1), S. 18f.
  • 5. Marke nach anerkannten Kriterien abhängt, wird das Beispiel einer Wort-Bildmarke in der Mineralbrunnenbranche angeführt, bei der die Nutzung der Marke von den Schüttungsrechten abhänge. Ge- meint ist mit diesem Beispiel, dass bestimmte Rechte an dem mar- kierten Produkt möglicherweise die Lebensdauer des Produkts und damit auch der Marke limitieren können (wie bei dem Beispiel mit dem Patent). Aus ökonomischer Sicht ist es ja gerade interessant, eine Marke so zu etablieren, dass sie gegebenenfalls einen Produktlebens- zyklus überdauert und nachhaltig zu einer kognitiven Wahrnehmung bei den relevanten Stakeholdern und vor allem zu Cashflows führt. DIN ISO 10668 ist zum Thema Nutzungsdauer eher zurückhaltend und sieht vor, dass im Rahmen der kapitalwertorientierten Bewer- tungsverfahren (denn hier stellt sich primär die Frage der Zeitachse für die prognostizierten Cashflows) die ökonomische Lebensdauer von Marken zu analysieren ist. Vergleichbare Hinweise finden sich im IDW S 5, wonach auf die ökonomische Nutzungsdauer einer Marke abzustellen ist, die z.B. vom Produktlebenszyklus bestimmt wird.20 Letztlich stellen die beiden etablierten Standards somit auf das öko- nomische Umfeld der Marke, wie z.B. auf das Verbraucherverhalten oder den technologischen Wandel der markierten Produkte, ab. Konkrete oder neue Erkenntnisse über die Bestimmung der Lebens- dauer von Marken ergeben sich aus den GoM daher im Ergebnis nicht. Vielmehr werden rechtliche Aspekte angeführt, die gar nicht unmittelbar in Verbindung mit einer Marke stehen. 7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Marke Die GoM stellen die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Mar- ke als wesentliche Säule der Markenbewertung dar. Sie definieren Zu- kunftsfähigkeit von Marken „als die Fähigkeit, die Zukunft der Marke aktiv zu gestalten sowie die Anforderungen und Bedürfnisse der aktu- ellen und/oder zukünftigen Zielgruppen, Zielbranchen und Ziel- märkte bedienen zu können.“21 Die Zukunftsfähigkeit der Marke ist dabei nach Auffassung des BDU insbesondere von den Geschäftsmodellen und der Fähigkeit des Ma- nagements, sich auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen, ab- hängig. Die GoM sehen dabei u.a. vor, dass Organisation und Quali- tät der Markenführung, wie z.B. Unternehmenskultur, finanzielle Ausstattung des Markeninhabers und Prozesse im Unternehmen in die Markenbewertung einzubeziehen sind. Diese Überlegungen kön- nen berücksichtigt werden, wenn das Potential einer Marke als Wert- treiber eines Unternehmens aus interner Perspektive und unter „Going Concern“, d.h. Fortführung der Marke im unveränderten Un- ternehmenskonzept, analysiert werden soll. Bei zahlreichen Bewer- tungsanlässen (z.B. bei Schadensersatz) ist es aber nicht vertretbar, subjektive Kriterien, wie z.B. bestimmte Managementfähigkeiten, in die Bewertung einzubeziehen. Denn als neutraler Gutachter ist ein objektivierter Wert zu bestimmen, der aus der Perspektive eines Drit- ten realisiert werden könnte. Nach der Vorstellung des BDU ließe sich somit z.B. im Insolvenzfall der Marke kein Wert bemessen. Das Ge- schäftsmodell ist – unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – geschei- tert. Ein Management steht in der Regel nicht mehr zur Verfügung. Trotzdem haben Marken aus der Insolvenz heraus oftmals noch einen Wert. So wurden Marken von insolventen Unternehmen wie z.B. Grundig oder Knirps an Dritte veräußert. Im Rahmen des Grundsatzes der „Prüfung der Zukunftsfähigkeit“ wollen die GoM noch das Markenpotenzial und die Markenerosion berücksichtigt sehen. Zu ergänzen sei dies mit einer Analyse zum „Di- gitalisierungsgrad“, dem Potenzial dazu und zur „Social Brand“. Völ- lig unklar ist, wie sich diese Schlagwörter aus dem Marketing in einer nachvollziehbaren Markenbewertung niederschlagen sollen. Auch ist fraglich, inwieweit diese Kriterien auf Marken generell anwendbar sind. So wird es Marken geben, die kein Potenzial für eine „Digital Fitness“ haben oder für die „Social Brand“ keine Rolle spielt. 8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung Die GoM unterstellen schließlich im letzten Grundsatz, dass ein Mar- kenwert mit Hilfe eines kapitalwertorientierten Verfahrens ermittelt wird. Einem kapitalwertorientierten Verfahren liegt die Annahme zu- grunde, dass sich der Wert eines immateriellen Vermögenswerts aus dessen Eigenschaft ableitet, künftige Erfolgsbeiträge in Form von Cashflows zu erwirtschaften.22 Nach Auffassung der GoM haben sich die kostenorientierten und marktorientierten Verfahren als nur eingeschränkt praktikabel erwie- sen. Die kostenorientierten Verfahren werden mit dem Argument als nicht geeignet abgelehnt, dass gerade wenig erfolgreiche Marken hohe Kosten erzielen. Folglich ließen sich aus der Höhe der Kosten nicht die richtigen Rückschlüsse auf den Wert der Marke ziehen.23 Diese Überlegung ist bei klassischen Konsumgüter- bzw. Produktmar- ken nachvollziehbar und durchaus diskussionswürdig. Die GoM las- sen mit ihrer Aussage aber unberücksichtigt, dass eine kos- tenorientierte Perspektive aus dem Reproduktionsgedanken heraus für bestimmte Marken ein vernünftiger Plausibilitätstest sein kann. Aus finanzorientierter Perspektive ist die „Make-or-buy“-Analyse ein sinnvolles Korrektiv bei der Ableitung von Markenwerten. Das gilt nicht für alle Marken, da es zahlreiche Beispiele gibt, die sich prak- tisch nicht reproduzieren lassen (z.B. Coca Cola). Es gibt andererseits aber auch etliche Fälle, bei denen ein Reproduktionsszenario durch- aus in Betracht kommt. Zu denken ist z.B. an Unternehmensmarken im B2B-Bereich von mittelständischen Unternehmen, deren haupt- sächlicher Werttreiber eine Technologie ist und die Marke eine Identi- fikationsfunktion übernimmt. Eine pauschale Ablehnung der kos- tenorientierten Verfahren ist daher nicht nachvollziehbar. Bei den marktorientierten Verfahren nennen die GoM Preis-Pre- mium-Modelle und Lizenzpreisanalogie-Modelle. Diese Modelle sind im Grunde Mischverfahren zwischen kapitalwert- orientierten Modellen und marktorientierten Modellen. Beide Verfah- ren gelten als äußerst praktikabel und werden für Markenbewertun- gen regelmäßig herangezogen. Da die Mehrgewinne einer Marke z.B. bei der Mehrgewinn-Methode direkt am Markt abgelesen werden können, sind diese Verfahren – anders als die GoM es darstellen – ge- rade gute Indikatoren für einen Markenwert. Der IDW S 5 sieht die Anwendung der Methoden etwas differenzier- ter. Kapitalwertorientierte Methoden sind vorzugsweise anzuwenden, die kostenorientierten Methoden sind demgegenüber nachrangig. Marktpreisorientierte Methoden sind nach Einschätzung des IDW meist nicht anwendbar aufgrund der fehlenden aktiven Märkte.24 Ver- gleichbar positioniert sich der DIN ISO 10668.25 812 Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? 20 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 71ff. 21 S. GoM (Fn. 1), S. 20ff. 22 S. IDW S 5 (Fn. 2), Tz. 22. 23 S. GoM (Fn. 1), S. 24f. 24 S. IDW S 1 (Fn. 2), Tz. 59ff., 68, 69. 25 S. DIN ISO 10668, Abschn. 5.1, 5.3 und 5.4.
  • 6. Schließlich stellen die GoM dar, dass eine Markenbewertung typi- scherweise in fünf Phasen abläuft:26 – Phase 1: Messung der Markenstärke und Markenrelevanz, – Phase 2: Isolierung der Markenleistung, – Phase 3: Ermittlung des Markenertragspotentials, – Phase 4: Ermittlung der Lebensdauer der Marke, – Phase 5: Barwertberechnung. Die Elemente, die in den voranstehenden Grundsätzen genannt wur- den, finden sich in diesen fünf Phasen sporadisch wieder (z.B. der sechste Grundsatz zur wirtschaftlichen Lebensdauer), andere werden gar nicht mehr erwähnt (z.B. Analyse des Bewertungsanlasses, Be- schreibung der Marke und Markenrechtsschutz). In Phase zwei füh- ren die GoM aus, dass die Isolierung der Markenleistung durch das Preis- und Mengenpremium erfasst werden kann. Ein solches Pre- mium ist aber nur für wenige Markenarten ablesbar. Zudem widerspricht dies der vorher von den GoM getroffenen Aussage, dass sich Preis-Premium-Modelle als marktorientierte Verfahren nur ein- geschränkt als praktikabel erwiesen haben. Die Darstellung in den ge- nannten fünf Phasen ist insgesamt mit den voranstehenden GoM nicht konsistent und auch nicht vollständig. III. Würdigung der GoM aus praktischer Sicht Die GoM lassen wesentliche Prinzipien, die für die finanzorientierte Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände generell gelten, au- ßer Betracht. Hierzu gehören ganz grundsätzliche Aspekte wie Zeit- punkt der Bewertung/Tag der Erkenntnis, Verwendung von Unterla- gen, Funktion eines Bewerters und Prüfung der Plausibilität des Be- wertungsergebnisses. Die GoM vermitteln den Eindruck, für verschiedene Bewertungsan- lässe anwendbar zu sein. Ein typischer Anwendungsfall besteht darin, als neutraler Gutachter einen objektivierten und nachvollziehbaren Markenwert abzuleiten. Die GoM sind für die Erstellung eines Sach- verständigengutachtens aber nicht geeignet, da sie in sich nicht konsistent sind, die Hinweise der GoM z.T. nicht begründet sind und eher exemplarisch argumentiert wird. Problematisch ist, dass die Wissenschaft noch keine nachgewiesene und anerkannte Verbindung zwischen der verhaltenswissenschaftli- chen und der finanziellen Perspektive entwickelt hat. Zu dieser Frage hat sich in den USA z.B. das Marketing Accountability Standards Board (MASB) formiert, das sich u.a. mit diesem Themenkomplex beschäftigt.27 Diese Lücke können die GoM naturgemäß auch nicht füllen. Der Praktiker kann sich in den GoM zumindest einige Anre- gungen holen, wie sich eine Marke beschreiben und kategorisieren lässt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die GoM vor allem in den Grundsätzen 4–7 offensichtlich eher auf die klassische Konsumgüter- marke abzielen. Problematisch für die typischen Gutachtersituationen sind aber oft die Marken, die eine nur geringe Aufmerksamkeit durch das Marketing erfahren, wie etwa Unternehmensmarken bzw. die Ver- wendung von Marken im B2B-Geschäft. Die Aufstellung von Grundsätzen vermittelt generell den Anspruch auf Allgemeingültigkeit und ihre Anwendbarkeit in unterschiedlichen Fällen. Diesem Anspruch werden die GoM nicht gerecht. Für einen Bewertungsfall lassen sich hier recht gute Anregungen für die Be- schreibung einer Marke28 und mögliche Aspekte für eine verhaltens- wissenschaftliche Analyse einer Marke finden.29 Der BDU als Verband der Unternehmensbewerter hätte hier die Chance gehabt, aus den Mitgliedsunternehmen heraus die Bedeutung der Marketingperspek- tive in einer Markenbewertung stärker herauszuarbeiten, die v.a. im IDW S 5 eher kurz abgehandelt sind. Dabei wäre ein anderes Format, wie z.B. die Veröffentlichung in Form eines Arbeitspapiers oder eines Aufsatzes, geeigneter gewesen, als den Anspruch auf Grundsätze zu erheben. Festzuhalten ist, dass in einem Punkt dem BDU als Verfasser dieser Grundsätze uneingeschränkt zuzustimmen ist: Das Ergebnis ei- ner Markenbewertung ist nur so gut wie die ihr zugrunde liegende Datenbasis und Methodik.30 IV. Zusammenfassung 1. Die GoM werden zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, in dem der Bedarf an Markenbewertungen, u.a. initiiert durch die internatio- nalen Vorschriften für Verrechnungspreise von immateriellen Ver- mögenswerten, stetig zunimmt. Diese Grundsätze wollen die Stan- dards, die in Deutschland bereits existieren – wie insbesondere den IDW S 5 des Instituts der Wirtschaftsprüfer und die DIN ISO Norm 10668 – ergänzen. Die GoM wollen dabei Checkliste sein und gleichzeitig dokumentieren, welche Arbeitsschritte und Inhalte ein „Gutachten“ nach diesen Grundsätzen enthält. 2. Die GoM werden den Anforderungen, die an allgemein akzeptierte Grundsätze zu stellen sind, aus mehreren Gründen nicht gerecht: Wichtige Grundprinzipien für gutachterliche Bewertungen, wie z.B. Relevanz des Bewertungsstichtags, Nachvollziehbarkeit des An- satzes, Dokumentation von Annahmen, werden gar nicht erwähnt. Die Erläuterungen zu den einzelnen Grundsätzen wirken eher wie eine exemplarische Zusammenstellung möglicher Anwendungs- fälle. Wichtige inhaltliche Fragen werden nicht ausgearbeitet. So beschränkt sich beispielsweise die Ableitung der Lebensdauer einer Marke auf rechtliche Begrenzungen anderer immaterieller Vermö- genswerte, wie etwa Patente. Hier stellen IDW S 5 und DIN ISO 10668 ganz klar auf die ökonomische Lebensdauer der Marke ab. Da den GoM eine überzeugende Systematik abgeht, ist ihre Ver- wendung als „Checkliste“ ebenfalls fraglich. 3. Damit liegt der Mehrwert der GoM für die Bewertungspraxis eher darin, sich in einigen Aspekten, z.B. für die Beschreibung einer Marke, ihrer Funktionen und Relevanz für bestimmte Zielgruppen, Gedankenanstöße zu holen. Als Grundlage für die Erstellung eines Gutachtens reichen die Grundsätze des BDU aber bei weitem nicht aus. Ein Bewerter sollte sich somit für die Durchführung einer Markenbewertung an den vorliegenden Standards IDW S 5 und DIN ISO 10668 orientieren. Dr. Anke Nestler ist öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Unternehmensbewertung sowie für die Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IHK Frankfurt), Certified Licensing Professional (CLP), Certified Valuation Analyst (CVA) und geschäftsführende Gesellschafterin der VALNES Corporate Finance GmbH in Frankfurt a.M. Betriebs-Berater | BB 14.2016 | 4.4.2016 813 Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Nestler · BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung – welcher „Wertbeitrag“ ist für die Bewertungspraxis zu erwarten? 26 S. GoM (Fn. 1), S. 24f. 27 S. www.themasb.org. 28 Z.B. GoM (Fn. 1), S. 11. 29 Z.B. GoM (Fn. 1), S. 16. 30 Vgl. GoM (Fn. 1), S. 25. Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)