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Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 E-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com
Personalvermittlung für Kommunikation und Marketing
Bekannte Figuren aus Literatur und Film sind auch in der Werbung beliebte Sympathieträger und
oft Aufhänger für originelle Kampagnen. Die Frage ist allerdings, wie frei Unternehmen in der
Verwendung dieser Figuren sind. Denn auch ein einzelner Charakter eines Sprach-, Bild- oder
Filmwerks kann selbständigen Urheberrechtsschutz genießen und die Nutzung seiner Darstellung
so ggf. von der Einwilligung des Berechtigten abhängig sein.
Voraussetzung für die selbständige urheberrechtliche Schutzfähigkeit einer literarischen Person ist,
dass der Autor ihr durch die Kombination von ausgeprägten Charaktereigenschaften, Fähigkeiten
und typischen Verhaltensweisen, sowie besonderen äußeren Merkmalen eine unverwechselbare
Persönlichkeit verleiht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen und allein die Beschreibung der
äußeren Gestalt einer handelnden Figur oder ihres Erscheinungsbildes in aller Regel nicht
ausreichend.
Der Bundesgerichtshof hatte im letzten Jahr darüber zu entscheiden, ob die Darstellungen eines
Mädchens und einer jungen Frau in einem Pippi Langstrumpf Karnevalskostüm auf
Werbeunterlagen einer Supermarktkette eine unerlaubte Vervielfältigung der literarischen Figur
Pippi Langstrumpf in veränderter Form darstellten (BGH, Urteil vom 17.07.2013, Az. I ZR 52/12 -
"Pippi-Langstrumpf-Kostüm"). An der Urheberschutzfähigkeit der bekannten Figur aus der
gleichnamigen Romanserie von Astrid Lindgren bestanden dabei keine Zweifel. Der BGH hat
jedoch betont, dass diese sich nicht allein auf die detaillierte äußere Beschreibung von Pippi
Isolierter Urheberschutz von literarischen Figuren
Dienstag, 22. Juli 14
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Personalvermittlung für Kommunikation und Marketing
Langstrumpf stütze, sondern sich auch mit den ihr eigenen Wesenszügen und ihren dargestellten
Lebensumständen begründe. So stünden das Äußere von Pippi Langstrumpf sowie die wegen des
Todes der Mutter und der Abwesenheit des Vaters erbärmlich wirkenden Lebensumstände in
krassem Kontrast zu den übrigen Merkmalen der Figur, die stets fröhlich sei und sehr vermögend,
über übermenschliche Kräfte verfüge und von ausgeprägter Furcht- und Respektlosigkeit sei,
gepaart mit Fantasie und Wortwitz. Damit habe Astrid Lindgren eine Figur geschaffen, die ihre
charakteristischen Wesenszüge durch alle Geschichten unverkennbar beibehalte und die sich von
den bis dahin bekannten Figuren deutlich abhebe.
Die streitige Frage, ob die Werbeabbildungen eine gemäß § 23 UrhG einwilligungsbedürftige
Bearbeitung und damit Vervielfältigung der demnach urheberrechtlich geschützten Figur Pippi
Langstrumpf darstelle, oder ob die Abbildung von Personen in der typischen äußeren Aufmachung
der Pippi Langstrumpf lediglich eine freie Benutzung dieser Figur im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG
darstelle, hat der BGH letztlich zu Gunsten der werbenden Supermarktkette entschieden. Für die
Annahme einer nach § 23 UrhG verbotenen Übernahme eines Romancharakters sei es nicht
ausreichend, dass die angegriffenen Werbeabbildungen des Kostüms die orangeroten
abstehenden Zöpfe, die Sommersprossen und den Kleidungsstil der Pippi Langstrumpf mit kurzem
Kittelkleid und Ringelstrümpfen übernähmen. Diese prägten zwar die typische äußere Gestalt der
Romanfigur, genügten für sich aber nicht, um den Urheberrechtsschutz an der literarischen Figur
der Pippi Langstrumpf zu begründen, und nähmen daher auch nicht isoliert am Schutz dieser Figur
teil. Dabei sei grundsätzlich auch unerheblich, dass bereits aufgrund allein des äußeren
Erscheinungsbildes für jeden unschwer zu erkennen sei, dass die abgebildeten Personen Pippi
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Langstrumpf darstellten, weil auch eine deutliche Bezugnahme auf ein früheres Werk allein noch
nicht die Annahme einer abhängigen Bearbeitung im Sinne von § 23 UrhG rechtfertige. Bei der
Benutzung eines geschützten Werks durch eine andere Werkgattung, also auch bei der
Visualisierung einer literarischen Figur durch eine Abbildung, komme es vielmehr auf eine
Übereinstimmung im Bereich der objektiven Merkmale an, welche die schöpferische
Eigentümlichkeit des Originals bestimmen.
Im Fall der Pippi Langstrumpf entstehe das vollständige und insoweit urheberrechtlich relevante
Bild erst durch eine gedankliche Verknüpfung des Betrachters mit den prägenden
Charaktereigenschaften der Figur, wie sie in der überragend bekannten literarischen Vorlage
ausgestaltet, aber in den Werbeabbildungen nicht erkennbar seien.
Die Benutzung der bildlichen Darstellung urheberrechtlich geschützter fiktiver Personen z. B. für
Werbezwecke ist also als freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG zulässig, wenn sie einen
ausreichenden (inneren) Abstand zu der Vorlage hält und eine vom Original unterschiedliche
schöpferische Eigentümlichkeit aufweist.
© 2014 Julia Schubert, Rechtsanwältin, Kanzlei Karsten & Chudoba
Unsere Partnerkanzlei Karsten & Chudoba beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in
der aktuellen Rechtsprechung. www.karsten-chudoba.de
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Isolierter Urheberschutz von literarischen Figuren

  • 1. ∂ Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 E-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Personalvermittlung für Kommunikation und Marketing Bekannte Figuren aus Literatur und Film sind auch in der Werbung beliebte Sympathieträger und oft Aufhänger für originelle Kampagnen. Die Frage ist allerdings, wie frei Unternehmen in der Verwendung dieser Figuren sind. Denn auch ein einzelner Charakter eines Sprach-, Bild- oder Filmwerks kann selbständigen Urheberrechtsschutz genießen und die Nutzung seiner Darstellung so ggf. von der Einwilligung des Berechtigten abhängig sein. Voraussetzung für die selbständige urheberrechtliche Schutzfähigkeit einer literarischen Person ist, dass der Autor ihr durch die Kombination von ausgeprägten Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und typischen Verhaltensweisen, sowie besonderen äußeren Merkmalen eine unverwechselbare Persönlichkeit verleiht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen und allein die Beschreibung der äußeren Gestalt einer handelnden Figur oder ihres Erscheinungsbildes in aller Regel nicht ausreichend. Der Bundesgerichtshof hatte im letzten Jahr darüber zu entscheiden, ob die Darstellungen eines Mädchens und einer jungen Frau in einem Pippi Langstrumpf Karnevalskostüm auf Werbeunterlagen einer Supermarktkette eine unerlaubte Vervielfältigung der literarischen Figur Pippi Langstrumpf in veränderter Form darstellten (BGH, Urteil vom 17.07.2013, Az. I ZR 52/12 - "Pippi-Langstrumpf-Kostüm"). An der Urheberschutzfähigkeit der bekannten Figur aus der gleichnamigen Romanserie von Astrid Lindgren bestanden dabei keine Zweifel. Der BGH hat jedoch betont, dass diese sich nicht allein auf die detaillierte äußere Beschreibung von Pippi Isolierter Urheberschutz von literarischen Figuren Dienstag, 22. Juli 14
  • 2. ∂ Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 E-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Personalvermittlung für Kommunikation und Marketing Langstrumpf stütze, sondern sich auch mit den ihr eigenen Wesenszügen und ihren dargestellten Lebensumständen begründe. So stünden das Äußere von Pippi Langstrumpf sowie die wegen des Todes der Mutter und der Abwesenheit des Vaters erbärmlich wirkenden Lebensumstände in krassem Kontrast zu den übrigen Merkmalen der Figur, die stets fröhlich sei und sehr vermögend, über übermenschliche Kräfte verfüge und von ausgeprägter Furcht- und Respektlosigkeit sei, gepaart mit Fantasie und Wortwitz. Damit habe Astrid Lindgren eine Figur geschaffen, die ihre charakteristischen Wesenszüge durch alle Geschichten unverkennbar beibehalte und die sich von den bis dahin bekannten Figuren deutlich abhebe. Die streitige Frage, ob die Werbeabbildungen eine gemäß § 23 UrhG einwilligungsbedürftige Bearbeitung und damit Vervielfältigung der demnach urheberrechtlich geschützten Figur Pippi Langstrumpf darstelle, oder ob die Abbildung von Personen in der typischen äußeren Aufmachung der Pippi Langstrumpf lediglich eine freie Benutzung dieser Figur im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG darstelle, hat der BGH letztlich zu Gunsten der werbenden Supermarktkette entschieden. Für die Annahme einer nach § 23 UrhG verbotenen Übernahme eines Romancharakters sei es nicht ausreichend, dass die angegriffenen Werbeabbildungen des Kostüms die orangeroten abstehenden Zöpfe, die Sommersprossen und den Kleidungsstil der Pippi Langstrumpf mit kurzem Kittelkleid und Ringelstrümpfen übernähmen. Diese prägten zwar die typische äußere Gestalt der Romanfigur, genügten für sich aber nicht, um den Urheberrechtsschutz an der literarischen Figur der Pippi Langstrumpf zu begründen, und nähmen daher auch nicht isoliert am Schutz dieser Figur teil. Dabei sei grundsätzlich auch unerheblich, dass bereits aufgrund allein des äußeren Erscheinungsbildes für jeden unschwer zu erkennen sei, dass die abgebildeten Personen Pippi Dienstag, 22. Juli 14
  • 3. ∂ Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 E-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Personalvermittlung für Kommunikation und Marketing Langstrumpf darstellten, weil auch eine deutliche Bezugnahme auf ein früheres Werk allein noch nicht die Annahme einer abhängigen Bearbeitung im Sinne von § 23 UrhG rechtfertige. Bei der Benutzung eines geschützten Werks durch eine andere Werkgattung, also auch bei der Visualisierung einer literarischen Figur durch eine Abbildung, komme es vielmehr auf eine Übereinstimmung im Bereich der objektiven Merkmale an, welche die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmen. Im Fall der Pippi Langstrumpf entstehe das vollständige und insoweit urheberrechtlich relevante Bild erst durch eine gedankliche Verknüpfung des Betrachters mit den prägenden Charaktereigenschaften der Figur, wie sie in der überragend bekannten literarischen Vorlage ausgestaltet, aber in den Werbeabbildungen nicht erkennbar seien. Die Benutzung der bildlichen Darstellung urheberrechtlich geschützter fiktiver Personen z. B. für Werbezwecke ist also als freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG zulässig, wenn sie einen ausreichenden (inneren) Abstand zu der Vorlage hält und eine vom Original unterschiedliche schöpferische Eigentümlichkeit aufweist. © 2014 Julia Schubert, Rechtsanwältin, Kanzlei Karsten & Chudoba Unsere Partnerkanzlei Karsten & Chudoba beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in der aktuellen Rechtsprechung. www.karsten-chudoba.de Dienstag, 22. Juli 14