SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 4
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Christine Sarakinis: Schriftstellerinnen und Dichterinnen im Russland des 19.
Jahrhunderts

2. Die Entwicklung bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts
2.1 Das Bild und die Bildung der Frauen bis zum Anfang
des 19. Jahrhunderts

Im Kiew
er Reich, etwa in der Zeit vom zehnten bis dreizehnten
Jahrhundert, wurde das russische
Schrifttum vor allem in Klöstern wei
tergegeben, gepflegt, vervielfältigt und geschaffen und
sowohl Männern als auch Frauen zuteil. Viele gebildete Frauen
und Männer zogen sich in Klöster
zurück und wurden dort unterrichtet. In dieser Epoche hatten
Frauen tragende Rollen in weltlichen
und kir
chlichen Angelegenheiten, und sie genossen Ansehen, Prestige
und auch militärische Macht.2

2 Ebd., S. 11 und R. Stites: The Women’s Liberation Movement, S. 11.
3 F. Göpfert, S. 12 und R. Stites, S. 11-
12. 4 R. Stites, S. 14 und B. Alpern Engel: Women in Russia,S. 24.

Durch das Eindringen zahlloser Völker aus dem Osten einerseits
und die Übernahme byzantinischen Rechts andererseits
entwickelte sich im 13. Jahrhundert eine rein patriarchalische
Herrschaftsform, in der die Frau dem Mann in allen Bereichen
des Lebens untergeordnet wurde: Sie verlor an Selbständigkeit
und Einfluss nicht nur im öffentlichen Leben, sondern auch in
der Familie. In den Gesetzestexten des Russischen Reiches
wurde schriftlich niedergelegt, dass die Frau ihrem Mann
untertan zu sein habe. Ein völlig neues Frauenbild entstand
und sollte spätestens vom 16. Jahrhundert an die russische
Gesellschaft dominieren: das Bild der unreinen, dem Mann
unterlegenen Frau. Das Prinzip lautete, die Frau solle weniger
tun, sein und bekommen.3

Erst mit Zar Peter I. zu Beginn des 17. Jahrhunderts begann
eine langsame De Isolation der Frau. Indem er führende
Persönlichkeiten beider Geschlechter aus Westeuropa nach
Russland eingeladen hatte, öffnete er für Frauen Türen, „die
nie mehr ganz geschlossen wurden“.4

Zu seinen Reformen gehörte auch die in seinem Ukaz 1721
angeordnete Einrichtung von zahlreichen Schulen in allen
Städten des Landes, die Bildungsmöglichkeiten auch
für breitere Schichten der Bevölkerung boten. Nach westlichem
Vorbild entstanden 1725 eine Akademie der Wissenschaften und
1755 in Moskau die erste Universität. Die in den fünfziger
Jahren des 18. Jahrhunderts gegründeten Gymnasien trugen zur
allgemeinen Bildung und Erziehung zum Staatsbürger bei, doch
für Frauen wurden dadurch noch keine speziellen

                                        1
Bildungsmöglichkeiten geschaffen.
Erst mit Zar Peters Nachfolgerinnen Elizaveta Petrovna und vor
allem Ekaterina II. wurde die Bildung von Frauen zu einem Them
a. Nachdem Elizaveta Petrovna 1754 eine Anordnung zur Gründung
von Mädchenschulen erlassen hatte, setzte Ekaterina II. ihre
Reformvorschläge mit Hilfe ihres Beraters Ivan Beckoj ab 1763
um und gründete 1764 in St. Petersburg das erste „Adlige
Fräuleinstift“, das Smolny Institut.5

5 F. Göpfert, S. 22 und A. Kappeler: Russische Geschichte, S. 27. und
B. Pietrow Ennker: Rußlands „neue“ Menschen, S. 130.
6 B. Pietrow Ennker, S. 133 und B. Alpern Engel, S. 17.
7 R. Stites, S. 46 und J. M. Lotmann: Rußlands Adel, S. 82.
8 J. M. Lotmann, S. 83 89 und R. Stites, S. 10.

In den großen Städten Russlands wurden weitere zwanzig
ähnliche Institute gegründet, daneben Privatschulen Pensionate
nach französischem Vorbild. Die Frau ihres Sohnes und
Nachfolgers Paul, Marija Fedorovna, übernahm nach Ekater
inas Tod die Verwaltung der Bildungsanstalten und veränderte
sie nach ihren konservativen Vorstellungen. Gegen das
aufgeklärte Erziehungsprogramm, wie Beckoj es vertreten hatte,
setzte sie Erziehungsideale, die das traditionelle
Familienbild stärken sollten.6

R. Stites zufolge hatte die Erziehung sowohl an den
staatlichen Instituten als auch an den Privatschulen einen
künstlichen Charakter und bezog sich nicht auf das tägliche,
tatsächliche Leben. Standen zwar zunächst Deutsch,
Französisch, Italienisch, Physik, Mathematik, Astronomie, Tanz
und Architektur auf dem Lehrplan, so bestanden die Lehrinhalte
Stites zufolge in Wirklichkeit im Wesentlichen aus
Französisch, dem Klavierspiel und den Handarbeiten und
waren damit auf die Lebensinhalte der zukünftigen Ehefrauen
ausgerichtet: Nähen und Sticken, Karten und Musikspiel,
Spaziergänge und Tee.
Das Ausbildungsniveau der privaten Pensionate war noch
niedriger. Für eine intellektuelle
Selbstentwicklung konnte eine solche Umgebung kaum förderlich
sein.7

Während ihrer 9 jährigen Ausbildung, die im Alter zwischen 6
Jahren und 10 Jahren begann, wurden die Elevinnen bewusst vom
Elternhaus abgeschieden, um sie (gemäß dem aufklärerischen
Modell) zu „idealen Menschen“ zu erziehen „ideal“ für eine
patriarchalische Gesellschaft, denn: „Das sentimentale
Unvorbereitet sein auf das Leben wurde kultiviert und galt als
ein Beleg ihrer Unverdorbenheit.“8

Als dritte Möglichkeit der Ausbildung neben den staatlichen
und privaten Instituten gab es die häusliche Erziehung, die
sich nicht so sehr von der eines Jungen unterschied, aber J.
M. Lotman zufolge etwas oberflächlicher und stärker auf das
Haus ausgerichtet war. C. Kelly und F. Göpfert dagegen sehen
gerade im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert kaum
Unterschiede zur Erziehung der Jungen. Im Zentrum der
Erziehung standen die Humanwissenschaften, die ergänzt wurden

                                  2
durch praktische Ausbildung in Gesang, Tanz und
Klavierunterricht. Die Hauslehrer waren meist Ausländer, und
sie brachten neben ihrer Muttersprache auch die Kenntniss
e der Literatur und der Kultur ihres Landes mit und gaben sie
an ihre Zöglinge weiter. Diese Ausbildung endete damit, in die
Gesellschaft eingeführt zu werden.9

9 J. M. Lotmann, S. 92 und F. Göpfert, S. 5 7f., S. 109 und C. Kelly:
A history of Russian Women’s Writing, S. 22.
10 J. M. Lotmann, S. 93.
11 Ebd., S. 92 und R. Stites, S. 4.
12 R. Stites, S. 6.
13 B. Pietrow Ennker, S. 100.

Die Ziele und die Qualität der Ausbildung junger Mädchen
hingen nicht nur von den Lehrern ab,sondern auch vom Wohlstand
ihrer Familien und den Zielen, die diese, insbesondere die
Mütter, sich davon erhofften.
10 Wenn es auch Ausnahmen gab, bei denen jungen Mädchen durch
den geistigen Nährboden ihres Elternhauses eine umfassende
Bildung zuteil wurde, so existierten doch bis in die 70er
Jahre des 19. Jahrhunderts keine höheren oder professionellen
Bildungsmöglichkeiten für Frauen.11

2.2 Der Einfluss der Bildung auf die Frauen

Trotz des mangelhaften Lehrangebotes wurde in manchen Mädchen
ein regelrechter Wissensdurst geweckt. Sie erwarben sich an
den Instituten das Lesen und sprachliche Fähigkeiten, die sie
befähigten, umfangreiche Kenntnisse über die westliche Kultur
einschließlich deren Lehren über Frauenrechte zu gewinnen.
Einige von ihnen rebellierten gegen ihr Umfeld. Sie
verschlangen die beste Literatur, die sie bekommen konnten,
und kamen auf diese Weise mit Ideen über andere Lebensformen,
als die Gesellschaft ihnen vorlebte, in Berührung. Solche
Mädchen gehörten später zu den jungen Frauen, die selb
st Texte schreiben und veröffentlichen sollten. Die
dalmatische, in Russland aufgewachsene Prinzessin Elena Ghica
ist ein Beispiel einer Frau, die trotz ihrer Erziehung im
Institut zu einer bekannten Schriftstellerin wurde.12

B. Pietrow Ennker stellt heraus, dass die (vom Staat
geförderte) Bildung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts das
Frauenleben in unterschiedlicher Weise verändert hätte. Folgt
man ihrer These, so findet man drei Gruppen von Frauen vor:
Die erste Gruppe besteht aus Frauen, die traditionell
aufgewachsen waren und sich nach traditionellen Normen
verhielten.
Die zweite Gruppe bilden Frauen, die sich von dem in männliche
und weibliche Familienhierarchien gegliederten traditionellen
Familienbild bereits gelöst hatten. Die Bildung, die sie i
m Elternhaus genossen hatten, wurde für sie zur Grundlage für
ein wachsendes Interesse an Kultur und Gesellschaft. Sie
traten zwar nicht öffentlich in Erscheinung, aber sie suchten
sie Kontakt zu anderen Adelskreisen zum Beispiel durch Salons,
betätigten sich kulturell und diskutierten in diesen Kreisen
die Themen ihrer Zeit.13

                                  3
Zur dritten Gruppe gehören Frauen, die sich durch nach
damaligen Ansichten männliches Verhalten auszeichneten. Sie
machten sich in Politik und Kultur eine sogar in der Armee
einen Namen.14

14   Ebd., S. 101.
15   C. Kelly, S. 19 und F. Göpfert, S. 23f.
16   F. Göpfert, S. 23.
17   Ebd., S. 23.




                                    4

Weitere ähnliche Inhalte

Andere mochten auch

الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8
الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8
الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8سمير بسيوني
 
Tarta de yogurt
Tarta de yogurtTarta de yogurt
Tarta de yogurtpepteyyol
 
RECURSOS WEB 2.0
RECURSOS WEB 2.0RECURSOS WEB 2.0
RECURSOS WEB 2.0Angy Aguila
 
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZA
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZAVOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZA
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZAMariaCruzAndreu
 
Los tic entorno a la administración.astrid
Los tic entorno a la administración.astridLos tic entorno a la administración.astrid
Los tic entorno a la administración.astridpintogomez
 
Cómo se obtiene, transporta y aprovecha
Cómo se obtiene, transporta y aprovechaCómo se obtiene, transporta y aprovecha
Cómo se obtiene, transporta y aprovechaYuleni Glez
 
Recopilación de las mejores piedras
Recopilación de las mejores piedrasRecopilación de las mejores piedras
Recopilación de las mejores piedrasandresgarciasol
 
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)RealidadYMas
 
Twitter
TwitterTwitter
Twitter199728
 
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale Communities
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale CommunitiesManagement, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale Communities
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale CommunitiesLeonhard Dobusch
 

Andere mochten auch (18)

PROACTIVIDAD
PROACTIVIDADPROACTIVIDAD
PROACTIVIDAD
 
Power point
Power pointPower point
Power point
 
الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8
الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8
الدر المنثور في التفسير بالمأثور للإمام السيوطي 8
 
Tarta de yogurt
Tarta de yogurtTarta de yogurt
Tarta de yogurt
 
RECURSOS WEB 2.0
RECURSOS WEB 2.0RECURSOS WEB 2.0
RECURSOS WEB 2.0
 
DERECHO
DERECHODERECHO
DERECHO
 
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZA
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZAVOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZA
VOLUNTARIADO DE FISIOTERAPIA EN EL ÁMBITO DE LA POBREZA
 
Los tic entorno a la administración.astrid
Los tic entorno a la administración.astridLos tic entorno a la administración.astrid
Los tic entorno a la administración.astrid
 
Cómo se obtiene, transporta y aprovecha
Cómo se obtiene, transporta y aprovechaCómo se obtiene, transporta y aprovecha
Cómo se obtiene, transporta y aprovecha
 
TAREA DE INFORMATICA
TAREA DE INFORMATICATAREA DE INFORMATICA
TAREA DE INFORMATICA
 
Recopilación de las mejores piedras
Recopilación de las mejores piedrasRecopilación de las mejores piedras
Recopilación de las mejores piedras
 
Nube (1)
Nube (1)Nube (1)
Nube (1)
 
Rae elviraorozco
Rae elviraorozcoRae elviraorozco
Rae elviraorozco
 
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)
Calles Solares (Realidad y Más - Ecología + Vida)
 
Informática
InformáticaInformática
Informática
 
Prueba diapo
Prueba diapoPrueba diapo
Prueba diapo
 
Twitter
TwitterTwitter
Twitter
 
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale Communities
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale CommunitiesManagement, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale Communities
Management, Marketing & Informationssysteme - Marketing und digitale Communities
 

Mehr von wirtschaftsblog

Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...
Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...
Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...wirtschaftsblog
 
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbR
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbRLeipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbR
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbRwirtschaftsblog
 
Deutscher Traumhauspreis 2015
Deutscher Traumhauspreis 2015Deutscher Traumhauspreis 2015
Deutscher Traumhauspreis 2015wirtschaftsblog
 
Kleiner „Think Tank“ des deutschen Sports
Kleiner „Think Tank“ des deutschen SportsKleiner „Think Tank“ des deutschen Sports
Kleiner „Think Tank“ des deutschen Sportswirtschaftsblog
 
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußball
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im ProfifußballMarius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußball
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußballwirtschaftsblog
 
Die Führungskräfteausbildung der EFS AG
Die Führungskräfteausbildung der EFS AGDie Führungskräfteausbildung der EFS AG
Die Führungskräfteausbildung der EFS AGwirtschaftsblog
 
Dissertationen, die es zu lesen lohnt
Dissertationen, die es zu lesen lohntDissertationen, die es zu lesen lohnt
Dissertationen, die es zu lesen lohntwirtschaftsblog
 
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurth
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin WurthErläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurth
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurthwirtschaftsblog
 
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert wirtschaftsblog
 
Kunstmäzen Maximilian Stromer
Kunstmäzen Maximilian StromerKunstmäzen Maximilian Stromer
Kunstmäzen Maximilian Stromerwirtschaftsblog
 
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewende
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur EnergiewendeHeinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewende
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewendewirtschaftsblog
 
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleich
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im VergleichNora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleich
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleichwirtschaftsblog
 
Heinz von Heiden KFW 70 Effizienzhaus
Heinz von Heiden KFW 70 EffizienzhausHeinz von Heiden KFW 70 Effizienzhaus
Heinz von Heiden KFW 70 Effizienzhauswirtschaftsblog
 
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfing
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus MunderfingSven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfing
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfingwirtschaftsblog
 
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterasse
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit SonnenterasseSven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterasse
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterassewirtschaftsblog
 
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...wirtschaftsblog
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Au
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach AuSven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Au
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Auwirtschaftsblog
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Schörfling
Sven Hanisch Exposé Baugrund SchörflingSven Hanisch Exposé Baugrund Schörfling
Sven Hanisch Exposé Baugrund Schörflingwirtschaftsblog
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf wirtschaftsblog
 

Mehr von wirtschaftsblog (20)

Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...
Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...
Konzept für die Integration von Flüchtlingen Stadt Gehrden Verfasser Jens Dos...
 
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbR
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbRLeipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbR
Leipziger Informationsdesign firmiert neu zur Bohn Meckert GbR
 
Deutscher Traumhauspreis 2015
Deutscher Traumhauspreis 2015Deutscher Traumhauspreis 2015
Deutscher Traumhauspreis 2015
 
Kleiner „Think Tank“ des deutschen Sports
Kleiner „Think Tank“ des deutschen SportsKleiner „Think Tank“ des deutschen Sports
Kleiner „Think Tank“ des deutschen Sports
 
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußball
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im ProfifußballMarius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußball
Marius Breucker Vertragsstrafen und Abstellungen im Profifußball
 
Die Führungskräfteausbildung der EFS AG
Die Führungskräfteausbildung der EFS AGDie Führungskräfteausbildung der EFS AG
Die Führungskräfteausbildung der EFS AG
 
Dissertationen, die es zu lesen lohnt
Dissertationen, die es zu lesen lohntDissertationen, die es zu lesen lohnt
Dissertationen, die es zu lesen lohnt
 
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurth
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin WurthErläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurth
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag von Architekt Martin Wurth
 
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert
Heinz von Heiden für Deutschen Traumhauspreis 2013 nominiert
 
Kunstmäzen Maximilian Stromer
Kunstmäzen Maximilian StromerKunstmäzen Maximilian Stromer
Kunstmäzen Maximilian Stromer
 
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewende
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur EnergiewendeHeinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewende
Heinz von heiden independa day Hausmesse zur Energiewende
 
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleich
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im VergleichNora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleich
Nora Reich – Die Metropolregion Hamburg im Vergleich
 
Heinz von Heiden KFW 70 Effizienzhaus
Heinz von Heiden KFW 70 EffizienzhausHeinz von Heiden KFW 70 Effizienzhaus
Heinz von Heiden KFW 70 Effizienzhaus
 
Wolf Strobel Coaching
Wolf Strobel CoachingWolf Strobel Coaching
Wolf Strobel Coaching
 
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfing
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus MunderfingSven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfing
Sven Hanisch Mehrfamilienhaus Munderfing
 
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterasse
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit SonnenterasseSven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterasse
Sven Hanisch - großzügiges Einfamilienhaus mit Sonnenterasse
 
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...
Sven Hanisch Exposé Südbalkon, Bergblick, neu renoviert, zentral gelegen - Tr...
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Au
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach AuSven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Au
Sven Hanisch Exposé Baugrund Unterach Au
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Schörfling
Sven Hanisch Exposé Baugrund SchörflingSven Hanisch Exposé Baugrund Schörfling
Sven Hanisch Exposé Baugrund Schörfling
 
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf
Sven Hanisch Exposé Baugrund Moosdorf
 

Schriftstellerinnen und Dichterinnen im Russland des 19. Jahrhunderts Kapitel 2 Die Entwicklung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts

  • 1. Christine Sarakinis: Schriftstellerinnen und Dichterinnen im Russland des 19. Jahrhunderts 2. Die Entwicklung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 2.1 Das Bild und die Bildung der Frauen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Im Kiew er Reich, etwa in der Zeit vom zehnten bis dreizehnten Jahrhundert, wurde das russische Schrifttum vor allem in Klöstern wei tergegeben, gepflegt, vervielfältigt und geschaffen und sowohl Männern als auch Frauen zuteil. Viele gebildete Frauen und Männer zogen sich in Klöster zurück und wurden dort unterrichtet. In dieser Epoche hatten Frauen tragende Rollen in weltlichen und kir chlichen Angelegenheiten, und sie genossen Ansehen, Prestige und auch militärische Macht.2 2 Ebd., S. 11 und R. Stites: The Women’s Liberation Movement, S. 11. 3 F. Göpfert, S. 12 und R. Stites, S. 11- 12. 4 R. Stites, S. 14 und B. Alpern Engel: Women in Russia,S. 24. Durch das Eindringen zahlloser Völker aus dem Osten einerseits und die Übernahme byzantinischen Rechts andererseits entwickelte sich im 13. Jahrhundert eine rein patriarchalische Herrschaftsform, in der die Frau dem Mann in allen Bereichen des Lebens untergeordnet wurde: Sie verlor an Selbständigkeit und Einfluss nicht nur im öffentlichen Leben, sondern auch in der Familie. In den Gesetzestexten des Russischen Reiches wurde schriftlich niedergelegt, dass die Frau ihrem Mann untertan zu sein habe. Ein völlig neues Frauenbild entstand und sollte spätestens vom 16. Jahrhundert an die russische Gesellschaft dominieren: das Bild der unreinen, dem Mann unterlegenen Frau. Das Prinzip lautete, die Frau solle weniger tun, sein und bekommen.3 Erst mit Zar Peter I. zu Beginn des 17. Jahrhunderts begann eine langsame De Isolation der Frau. Indem er führende Persönlichkeiten beider Geschlechter aus Westeuropa nach Russland eingeladen hatte, öffnete er für Frauen Türen, „die nie mehr ganz geschlossen wurden“.4 Zu seinen Reformen gehörte auch die in seinem Ukaz 1721 angeordnete Einrichtung von zahlreichen Schulen in allen Städten des Landes, die Bildungsmöglichkeiten auch für breitere Schichten der Bevölkerung boten. Nach westlichem Vorbild entstanden 1725 eine Akademie der Wissenschaften und 1755 in Moskau die erste Universität. Die in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts gegründeten Gymnasien trugen zur allgemeinen Bildung und Erziehung zum Staatsbürger bei, doch für Frauen wurden dadurch noch keine speziellen 1
  • 2. Bildungsmöglichkeiten geschaffen. Erst mit Zar Peters Nachfolgerinnen Elizaveta Petrovna und vor allem Ekaterina II. wurde die Bildung von Frauen zu einem Them a. Nachdem Elizaveta Petrovna 1754 eine Anordnung zur Gründung von Mädchenschulen erlassen hatte, setzte Ekaterina II. ihre Reformvorschläge mit Hilfe ihres Beraters Ivan Beckoj ab 1763 um und gründete 1764 in St. Petersburg das erste „Adlige Fräuleinstift“, das Smolny Institut.5 5 F. Göpfert, S. 22 und A. Kappeler: Russische Geschichte, S. 27. und B. Pietrow Ennker: Rußlands „neue“ Menschen, S. 130. 6 B. Pietrow Ennker, S. 133 und B. Alpern Engel, S. 17. 7 R. Stites, S. 46 und J. M. Lotmann: Rußlands Adel, S. 82. 8 J. M. Lotmann, S. 83 89 und R. Stites, S. 10. In den großen Städten Russlands wurden weitere zwanzig ähnliche Institute gegründet, daneben Privatschulen Pensionate nach französischem Vorbild. Die Frau ihres Sohnes und Nachfolgers Paul, Marija Fedorovna, übernahm nach Ekater inas Tod die Verwaltung der Bildungsanstalten und veränderte sie nach ihren konservativen Vorstellungen. Gegen das aufgeklärte Erziehungsprogramm, wie Beckoj es vertreten hatte, setzte sie Erziehungsideale, die das traditionelle Familienbild stärken sollten.6 R. Stites zufolge hatte die Erziehung sowohl an den staatlichen Instituten als auch an den Privatschulen einen künstlichen Charakter und bezog sich nicht auf das tägliche, tatsächliche Leben. Standen zwar zunächst Deutsch, Französisch, Italienisch, Physik, Mathematik, Astronomie, Tanz und Architektur auf dem Lehrplan, so bestanden die Lehrinhalte Stites zufolge in Wirklichkeit im Wesentlichen aus Französisch, dem Klavierspiel und den Handarbeiten und waren damit auf die Lebensinhalte der zukünftigen Ehefrauen ausgerichtet: Nähen und Sticken, Karten und Musikspiel, Spaziergänge und Tee. Das Ausbildungsniveau der privaten Pensionate war noch niedriger. Für eine intellektuelle Selbstentwicklung konnte eine solche Umgebung kaum förderlich sein.7 Während ihrer 9 jährigen Ausbildung, die im Alter zwischen 6 Jahren und 10 Jahren begann, wurden die Elevinnen bewusst vom Elternhaus abgeschieden, um sie (gemäß dem aufklärerischen Modell) zu „idealen Menschen“ zu erziehen „ideal“ für eine patriarchalische Gesellschaft, denn: „Das sentimentale Unvorbereitet sein auf das Leben wurde kultiviert und galt als ein Beleg ihrer Unverdorbenheit.“8 Als dritte Möglichkeit der Ausbildung neben den staatlichen und privaten Instituten gab es die häusliche Erziehung, die sich nicht so sehr von der eines Jungen unterschied, aber J. M. Lotman zufolge etwas oberflächlicher und stärker auf das Haus ausgerichtet war. C. Kelly und F. Göpfert dagegen sehen gerade im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert kaum Unterschiede zur Erziehung der Jungen. Im Zentrum der Erziehung standen die Humanwissenschaften, die ergänzt wurden 2
  • 3. durch praktische Ausbildung in Gesang, Tanz und Klavierunterricht. Die Hauslehrer waren meist Ausländer, und sie brachten neben ihrer Muttersprache auch die Kenntniss e der Literatur und der Kultur ihres Landes mit und gaben sie an ihre Zöglinge weiter. Diese Ausbildung endete damit, in die Gesellschaft eingeführt zu werden.9 9 J. M. Lotmann, S. 92 und F. Göpfert, S. 5 7f., S. 109 und C. Kelly: A history of Russian Women’s Writing, S. 22. 10 J. M. Lotmann, S. 93. 11 Ebd., S. 92 und R. Stites, S. 4. 12 R. Stites, S. 6. 13 B. Pietrow Ennker, S. 100. Die Ziele und die Qualität der Ausbildung junger Mädchen hingen nicht nur von den Lehrern ab,sondern auch vom Wohlstand ihrer Familien und den Zielen, die diese, insbesondere die Mütter, sich davon erhofften. 10 Wenn es auch Ausnahmen gab, bei denen jungen Mädchen durch den geistigen Nährboden ihres Elternhauses eine umfassende Bildung zuteil wurde, so existierten doch bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts keine höheren oder professionellen Bildungsmöglichkeiten für Frauen.11 2.2 Der Einfluss der Bildung auf die Frauen Trotz des mangelhaften Lehrangebotes wurde in manchen Mädchen ein regelrechter Wissensdurst geweckt. Sie erwarben sich an den Instituten das Lesen und sprachliche Fähigkeiten, die sie befähigten, umfangreiche Kenntnisse über die westliche Kultur einschließlich deren Lehren über Frauenrechte zu gewinnen. Einige von ihnen rebellierten gegen ihr Umfeld. Sie verschlangen die beste Literatur, die sie bekommen konnten, und kamen auf diese Weise mit Ideen über andere Lebensformen, als die Gesellschaft ihnen vorlebte, in Berührung. Solche Mädchen gehörten später zu den jungen Frauen, die selb st Texte schreiben und veröffentlichen sollten. Die dalmatische, in Russland aufgewachsene Prinzessin Elena Ghica ist ein Beispiel einer Frau, die trotz ihrer Erziehung im Institut zu einer bekannten Schriftstellerin wurde.12 B. Pietrow Ennker stellt heraus, dass die (vom Staat geförderte) Bildung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts das Frauenleben in unterschiedlicher Weise verändert hätte. Folgt man ihrer These, so findet man drei Gruppen von Frauen vor: Die erste Gruppe besteht aus Frauen, die traditionell aufgewachsen waren und sich nach traditionellen Normen verhielten. Die zweite Gruppe bilden Frauen, die sich von dem in männliche und weibliche Familienhierarchien gegliederten traditionellen Familienbild bereits gelöst hatten. Die Bildung, die sie i m Elternhaus genossen hatten, wurde für sie zur Grundlage für ein wachsendes Interesse an Kultur und Gesellschaft. Sie traten zwar nicht öffentlich in Erscheinung, aber sie suchten sie Kontakt zu anderen Adelskreisen zum Beispiel durch Salons, betätigten sich kulturell und diskutierten in diesen Kreisen die Themen ihrer Zeit.13 3
  • 4. Zur dritten Gruppe gehören Frauen, die sich durch nach damaligen Ansichten männliches Verhalten auszeichneten. Sie machten sich in Politik und Kultur eine sogar in der Armee einen Namen.14 14 Ebd., S. 101. 15 C. Kelly, S. 19 und F. Göpfert, S. 23f. 16 F. Göpfert, S. 23. 17 Ebd., S. 23. 4