2. Literatur
• Beisheim, Marianne; Dreher, Sabine; Walter, Georg; Zangl,
Bernhard; Zürn, Michael (1999): Im Zeitalter der Globalisierung?
Thesen und Daten zur gesellschaftlichen und politischen
Denationalisierung. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. S.
15-38.
• Gerhards, Jürgen; Rössel, Jörg (1999): Zur Transnationalisierung der
Gesellschaft der Bundesrepublik: Entwicklungen, Ursachen und
mögliche Folgen für die europäische Integration. Zeitschrift für
Soziologie 28. S. 325-344.
3. Plan
★ Vorbemerkungen
➡ Das Konzept der Denationalisierung
✓ Nachweis: Methodologie, Resultate und
Schlussfolgerungen v. Zürn et al.
➡ Bestandsaufnahme der De-/Transnationalisierung in
Deutschland.
✓ Ursachen heterogener Transnationalisierung und
Folgen in Deutschland.
➡ Schlussfolgerungen und Resümee
➡ Q&A
4. Vorbemerkungen
➡ Stand: späte 90er
➡ Zeitraum: 50er bis 2000
➡ Nationalstaat wird begriffen als: territorial-
politische Einheit
6. Konzept der Denationalisierung
• Wozu Denationalisierung?
➡ Denationalisierung als Gegenkonzept zur Globalisierung
• Aufschlüsselung des Konzepts
✓ Gesellschaftliche Denationalisierung
✓ Politische Denationlalisierung
✓ Individualisierung
• Rekapitulation
7. Wozu Denationalisierung?
• “Globalisierung” in regem Gebrauch, aber
✓kein neues Phänomen
✓undifferenziert
✓kein empirischer Bezug
8. Denationalisierung als Gegenkonzept
• Grundthese: “Globalisierung” ist nicht tatsächlich
global, es kommt eher zu einer neuen Grenzziehung.
- Früher: Nationalstaaten als Räume verdichteter
Interaktion.
- Seit den 70ern: Unschärfe: verdichtete
Interaktionsräume folgen nicht länger politischen
Grenzen
9. Aufschlüsselung
• Beschreibung von 3 Phänomenen
• Gesellschaftliche Denationalisierung: Ausdehnung
der Grenzen sozialer Handlungszusammenhänge über die
Grenzen des Nationalstaats hinaus.
• Politische Denationalisierung: Veränderung der
Reichweite politischer Institutionen bzw. regulatorischer
Frameworks.
• (Individualisierung: Wandel sozialer Lebenslagen und
Wertewandel, der ein erhöhtes Maß an individueller
Selbstbestimmung zum Ausdruck bringt.)
10. Vor Denationalisierung Denationalisiert
Nationalstaat
Nationalstaat
Gesellschaftliche Denationalisierung
11. Gesellschaftliche Denationalisierung
• Bezieht sich auf fünf Sachbereiche
‣ Kommunikation/Kultur; Mobilität; Sicherheit; Umwelt und
Wirtschaft
• Bezieht sich auf zwei distinkte Interaktionsformen
‣ Austausch und Produktion
• Operationalisierung
➡ Relativer Bedeutungsgewinn des grenzüberschreitenden
Austauschs und der grenzüberschreitenden Produktion
in den 5 o.g. Sachbereichen.
13. Politische Denationalisierung
• Reichweite einer Institution / Regelung kann
✓konstant bleiben == Konstanz
✓sich ausweiten == Integration
✓sich verkürzen = Fragmentierung
‣ Territoriale und personale Dimension
• Operationalisierung
➡ Integration / Fragmentierung territorialer/
personaler Reichweite politischer Institutionen
gegenüber status quo.
14. ng
ru
ie
alter prägender sozialer Bezugsrahmen
lis
ua
id
v
di
In
Ich
neuer sozialer
Bezugsrahmen
Dimension
Individualisierung
15. Individualisierung
• Prozess, bei dem die Bedeutung individueller Selbstbestimmung
zunimmt.
• Soziales Handeln erfolgt mit Blick auf immer kleinere soziale
Einheiten
• Konzept ist für die Denationalisierung ergänzend interessant:
✓Erklärungsfaktor für politische Denationalisierung
✓(vielleicht auch konkurrierender Erklärungsfaktor zu
gesellschaftlicher Denationalisierung?)
16. Die Theorie at a glance
• Die Aufweichung der Grenzen sozialer Handlungs-
bzw. Interaktionsräume und das entsprechende
Entstehen neuer Grenzen...
• ...kumuliert mit zunehmendem Fokus auf
Selbstbestimmung und immer kleinere soziale
Einheiten...
• ...führt zur Relativierung der Bedeutung
nationalstaatlicher Grenzen für die Verregelung
gesellschaftlicher Interaktionen
17. • H1: Schubartige Beschleunigung seit Mitte der 70er
• H2: Neue Qualität der gesellschaftlichen Denationalisierung ggnü.
Jahrhundertwende
• H3: Gesellschaftliche Denationalisierung und Individualisierung
führen zeitversetzt zu politischer Denationalisierung
• H4: Politische Denationalisierung ist sowohl in Form von
Fragmentierungs- als auch in Form von Integrationstendenzen zu
beobachten
19. Methodologie, Ergebnisse,
Schlussfolgerungen
• Wann/Wo/Wie
• Kurzüberblick Indikatorenraster
• gesellschaftliche Denationalisierung
• politische Denationalisierung
• Individualisierung
• Kritikpunkte u. Gegenargumente
• Ergebnisse
• Gesellschaftliche Denationalisierung
• Allgemein
• Nach Sachbereich
• Politische Denationalisierung
• Individualisierung
20. Wann, Wo, Wie?
• Zeit
✓Vom Ende des 2. WK bis 1996
✓Datenlage schwankt, daher Abweichung in
Einzelfällen
• Raum
‣ BRD, Frankreich, Italien, Kanada, GB, USA
• Methode
‣ Theoriegeleitete Rasterung; Indikatorenwahl um
Raster valide & repräsentativ zu erfassen
22. Indikatoren politischer Denationalisierung
TERRITORIALE Internationalen /
Regelungen
Supranationalen Organisationen
INTEGRATION
Reichweite von...
TERRITORIALE
Weniger Integration Mehr Autonomie
FRAGMENTIERUNG
Forderung nach...
∆ ±%
PERSONALE DENATIONALISIERUNG
Anteil der Personen mit
Staatsbürgerrechten
23. Indikatoren: Individualisierung
Veränderungen von Familien-
Veränderung von Einstellungen
INDIVIDUALISIERUNG und Haushaltsstrukturen
(subjektiv)
(objektiv)
Wandel von...
24. Kritik u. Gegenargumente
• Hohes Abstraktionsniveau?
➡ Auch notwendig, um umfassendes Bild zu liefern.
• Zuverlässigkeit / Vergleichbarkeit erhobener Daten?
➡ Eingesetzte Statistiken wurden simultan für mehrere
Länder erhoben.
• Validität der Indikatoren?
➡ Indikatoren wurden systematisch und a priori festgelegt.
25. Ergebnisse:
Gesellschaftliche Denationalisierung
• Denationalisierung findet statt
✓in jedem untersuchten Sachbereich.
✓in jedem untersuchten Land.
• Zeitlich und räumlich vielfach gebrochener, komplexer Prozess.
• In jedem Teilbereich wächst die Bedeutung denationalisierter
Produktion ggnü. denationalisiertem Austausch.
26. Ergebnisse:
Kommunikation/Kultur
✓Veränderung der Form (von Brief zu ICT)
✓Bis ICT: kontinuierliche Denationalisierung
✓Seit ICT: schubartige Denationalisierung
27. Ergebnisse:
Mobilität
• Kurzfristige Aufenthalte / Reiseströme:
✓+∆ seit Mitte 70er
• Temporäre Zuwanderung
✓hohe Variabilität v. Land zu Land
• Permanente Zuwanderung
✓50er, 60er und 80er in Schüben
• Auch hier Denationalisierungtendenz
28. Ergebnisse:
Sicherheit
• Kernkonzept: Bedrohungen
✓Langstreckenwaffen / Waffen grenzüberschreitender Wirkung
• Denationalisierung seit Beginn des kalten Kriegs
• Aktueller: nichtstaatliche Akteure, organisierte Kriminalität
29. Ergebnisse:
Umwelt
• Umweltprobleme werden nicht länger als lokale Probleme
begriffen
• Seit Mitte 60er: Umwelt als grenzüberschreitendes Problem
• Spürbare Verbesserungen (Reduktion von
Verschmutzungsindikatoren) weisen damit auf starke
Denationalisierung hin.
➡ Hier sogar genuine Globalisierung!
31. Ergebnisse:
Politische Denationalisierung
•Personale politische
• Territoriale
Denationalisierung
politische
• Seit den 80ern: Fragmentativ
Denationalisierung
• Vor allem Integrativ • d.h. schwierigerer Zugang zu
• Wechselhafte Staatsbürgerrechten
• “Integrationskraft des
Entwicklung
• Wohlfahrtsstaats erschöpft”
Oft lediglich (nicht
• aber: sehr uneinheitlicher
umgesetzte) Richtlinien
Prozess
32. Ergebnisse:
Individualisierung
• Extrem heterogene Resultate
• Subjektiv
• Wesentliche Phänomene:
✓Postmaterialismus
• Objektiv
✓Autonomie als
✓Phasen des Alleinlebens Erziehungsideal
✓Neue Familienformen ✓Nachlassender
Nationalstolz
✓Frauenrechte
33. • H1: Schubartige Beschleunigung seit Mitte der 70er
‣ Bewährt sich, aber: gebrochener, differenziert zu betrachtender
Prozess
• H2: Neue Qualität der gesellschaftlichen Denationalisierung ggnü.
Jahrhundertwende
‣ Bewährt sich.
• H3: Gesellschaftliche Denationalisierung und Individualisierung führen
zeitversetzt zu politischer Denationalisierung
‣ Bewährt sich, aber: politische Denationalisierung ist diffus (Territorial-
Integrativ, Personal-Fragmentativ) und so oder so kein zu markantes
Phänomen.
• H4: Politische Denationalisierung ist sowohl in Form von
Fragmentierungs- als auch in Form von Integrationstendenzen
zu beobachten
‣ Bewährt sich, mit der Zuspitzung: politische Denationalisierung ist
territorial integrativ, personal fragmentativ.
35. Transnationalisierung in Deutschland
• Grundbegriffe
• Fragestellungen
• Indikatoren, Methoden, Befunde für
• Wissenschaft
• Kultur
• Wirtschaft
• Rekapitulation der Ergebnisse
36. • Transnationalisierung: Verhältnis zwischen
Binneninteraktion und Außeninteraktion eines Teilsystems der
Gesellschaft
‣ Transnationalisierung ist analog zur Denationalisierung zu
begreifen
• Teilsysteme mit je spezifischer Sinnrationalität: z.B. Wirtschaft,
Kultur, Wissenschaft.
37. Fragestellungen
✓Haben zwischen 1950 und 1996stattgefunden?
Transnationalisierungsprozesse
✓Wenn ja, wie stark?
✓Gibt es Unterschiede zwischen den Teilsystemen?
✓Welche Folgen haben die Transnationalisierungs-
prozesse auf das politische System?
✓Rolle der EU?
38. Teilsystem Wissenschaft
• Indikatoren:
✓Anteil länderübergreifender Ko-Autorenschaft
(Moed et al.: bei Naturwissenschaften viel stärker
als bei GeWi oder SoWi)
✓Anteil ausländischer zitierter Literatur
• Methode:
✓Auswahl je Philosophie und Chemie den Disziplinen
einer Fachzeitschrift aus
Soziologie,
✓Zählung der „transnationalen“ Zitate in den
Ausgaben eines Jahres (1996 bzw. 1997)
39. Teilsystem Wissenschaft
• Befunde:
✓Chemie: 70 % ausländische Zitate
✓Soziologie und Philosophie: jeweils ca. 45 %
✓Hypothese: Naturwissenschaften stärker transnationalisiert
✓Begründung: „weniger Sprachbarrieren“
✓Ausgaben/Artikel unbekannt
40. Teilsystem Kultur
• Indikatoren:
✓Subsystem ausländischen Aussteller auf
Bildende Kunst:
Anteil der
Kunstmessen
✓Subsystem Literatur:
Anteil übersetzter Belletristik an der gesamten
Belletristik
✓Subsystem Theater: Autoren an den 10 am
Anteil ausländischer
häufigsten aufgeführten Stücken
44. Zusammenfassung
• Teilsysteme in sehr unterschiedlichem Ausmaß
transnationalisiert
• Manche waren schon seit langem stark
transnationalisiert (Wissenschaft, Kunst)
• Nur selten lineare Entwicklung
46. Ursachen für Heterogenität und Folgen
in Deutschland
• Ursachen für Heterogenität
• Konsequenzen in Deutschland
• politischer Natur
• sozialintegrativer Natur
47. Ursachen heterogener
Transnationalisierung
• Erklärungsfaktoren
• Kommunikationsinfrastruktur: beschränkt bzw.
erweitert die Möglichkeit von
Transnationalisierungsprozessen
• Politisches Framework: v.a. Einfluss auf
Transaktionskosten
• Spezifika einzelner Teilbereiche: Bilder sind
universeller verständlich als Kunst
48. Politische Konsequenzen
• Wahrgenommene Problematik:
• politische Steuerungsmöglichkeiten gehen nicht über
nationalstaatliche Grenzen hinaus
• Andere Teilsysteme überschreiten diese Grenzen aber regelmäßig
★ Sonderstatus der Wirtschaft
‣ Steuerungsdefizit des politischen Systems
✓Politische Transnationalisierung, z.B. EU-isierung.
✓ EU-isierung als messbares Phänomen?
49. Konsequenzen für soziale Integration
der Gesellschaft
• Zunehmende Kluft zwischen supranationalen politischen
Akteuren und Bürgern
✓Institutionen “laufen davon”
✓keine Ausbildung europäischer Identität
✓Indirekte demokratische Legitimation
➡ Resultat: kein europäischer Vergeinschaftungsprozess
50. Fazit
• Denationalisierung in Deutschland findet statt, genauer in Form
der Europäisierung
• Inkongruenz zwischen politischen / systembezogenen und
sozialintegrativen Konsequenzen der Transnationalisierung
hängt zusammen mit...
• ...Fehlen einer gemeinsamen Identität
52. ✓Kernthese ist, dass das Bild global gestützt ist, und daher nicht a
ausgedehnter
Zusammenhänge empirisch nicht
priori von einer globalen Weltordnung auszugehen ist
✓Der unreflektiert genutzt: uns wird die Notwendigkeit
Begriff “Globalisierung” wird in diesem Sinne inflationär
und
empirischer Untermauerung des Globalisierungskonzepts
einsichtig.
✓Beide Arbeiten versuchen entsprechend, das Modell der De-/
Transnationalisierung empirisch zu stützen und lassen zunächst
offen, ob wir es mit einer
EU-isierten
OECD-isierten
...
Ordnung zu tun haben, oder gar doch mit globalen
Interaktionsräumen.
53. ✓Letztendlich Trans-/Denationalisierung vorliegt
kommen beide Erhebungen zu dem
Schluss, dass
• wobei viele gewählte Indikatoren da nonspezifisch
sind: sie könnten auch zum Nachweis “allgemeiner”
Globalisierung genutzt werden
• In einigen Fällen wird die Globalisierung auch
explizit als solche erkannt - z.B. Umwelt bei Zürn
et al.
✓Gerhard/Rössels weisen auf einen hin, welcher
zentralen Zwiespalt
bei politischer Denationalisierung
abstrahiert auch bei Zürch et al. thematisiert wird
✓Zürn et al. sehen die jungen Prozess mit
politische Denationalisierung
indes noch als einen
vergleichsweise geringer praktischer Tragweite
54. ✓Beiden Versuchen merkt man ihr Alter eindeutig an
‣ Einerseits freilich beim Bewerten der Rolle von ICT /
Kommunikation
• (Gerhards/Rössel erkennen aber bereits die Carrier-Rolle
von ICT an)
‣ Andererseits beim Umgang mit Sicherheitsthemen
(Terrorismus als Nischenphänomen)
• Bild multipolarer Weltordnung samt entsprechender
Konflikte noch nicht wirklich etabliert
55. ✓Beide Texte geheneinem (in seinen Ausbreitungsformen und -
immer noch von einem tripolaren Weltbild
(Triade) bzw. von
dimensionen heterogenen) Norden aus
• a) De facto wird der Süden ausgeschlossen
• b) Das Konzept scheint inadäquat, um Sonderfälle wie z.B.
die Tigerstaaten oder die neue Rolle Chinas zu beschreiben.
56. ✓Die Wahl der Methoden von Gerhards/Rössels ist diskutabel
• Bei der Diskussion wissenschaftlicher Artikel:
✓Jeweils nur eine einzige Fachzeitschrift
✓n unbekannt
• Indikatoren scheinen tlw. eher anekdotischen Charakter zu
haben
• Zahlenmaterial war auch nicht nachvollziehbar
✓EU ändert regelmäßig Erhebungsmethode für EU-
Identität (Zugehörigkeitsgefühl vs. Identifikation;
generell vs. in Proportion zu lokal/nationalem
Zugehörigkeitsgefühl)
✓Zuletzt 2006
✓Sinnhaftigkeit v. ∆-Bildung?
57. ❖ Handout, alle Folien, Grafiken und Outlines auf http://
www.unet.univie.ac.at/~a0651012/php/wordpress/index.php
❖ Q&A
❖ Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!