SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 16
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Mi 05.11.2009 • Nr. 2 • Kostenlos




                                                                          U-BahnZeitUng des
                                                                          BesetZten aUdimax




                                                                                                                                  presse vom C1
                                                                            BilDungsmisere
Martin Juen




                                                                            stuDierenDe härten sich aB:
                                                                            BaDEN BEi zwEi GraD aUSSENtEMpEratUr




Bock auf uni
Die stuDenten BleiBen sitzen
                                           Matthias Cremer
Martin Juen




        “mit Raunzerei kommt                          die Feinde der                   Putztrupps im audimax:
                                                                                       Die Studenten_innen machen Sauber
        man nicht weit.”                              mündigen gesellschaft
        Ute Bock im Gespräch                          Ein Gastkommentar


                               Seite 6-8                                     Seite 9                                      Seite 3
2
Liebe Leserinnen,                             inhalt
liebe Leser                                   Besetzung ist kein Grund zum Feiern                                   3
                                              putztrupps im audimax                                                 3
                                              Freie Bildung! Vom Kindergarten bis zur Uni                           4
Die proteste haben überlebt und wir auch.     realistische Forderungen?                                             4
Es ist etwas in Bewegung geraten. am letz-
                                              Essen für alle!                                                       4
ten Mittwoch sah wien die größte Demo
der vergangenen Jahre. Etwa zwanzigtau-       Stimmen zu Bologna                                                    5
send Menschen gingen auf die Straße um
                                              wahrheit? ansichtssache!                                              5
für mehr Bildung und mehr Selbstbestim-
mung bei der Bildung zu kämpfen. Und          Ute Bock: “Mit raunzerei kommt man nicht weit.”                       6
heute, eine woche später noch immer kein
                                              weltpremiere im besetzten audimax                                     7
Stillstand. Die Studenten und Studentinnen
werden nicht müde. Ganz im Gegenteil:         Großdemo am letzten Mittwoch                                          8
Morgen ist ein bundesweiter aktionstag
                                              Die Feinde der mündigen Gesellschaft                                  9
geplant. auch Schüler_innen und Kinder-
gärten werden sich daran beteiligen und       Ja, panik: „wir unterstützen den protest.“                            9
ihrem Unmut Luft machen. Die 34 Millio-
                                              C1-Besetzer_innen trotzen Kälte                                       10
nen Euro, die Hahn inzwischen locker ge-
macht hat, ändern daran nichts. Es fehlen     zivilcourage                                                          10
immer noch Milliarden für Bildung und For-
                                              Die Morgen protestkarte                                               11
schung. Endlich kommt das einmal lautstark
zur Sprache! Die Organisation der protest-    Hinter den Kulissen: Studierende verwalten sich selbst                12
aktionen wird immer professioneller und
                                              „power to the peaceful“: US-Band „anti-Flag“
der zusammenhalt zwischen Gruppen, die
                                              besucht besetztes audimax                                             13
eigentlich die gleichen ziele verfolgen,
wächst. Schritt für Schritt. als würde das    Österreichs Finanzplan 2010                                           13
Land langsam aus einem Schockzustand
                                              protest: Hahn und sein Kabinett besetzen
erwachen. Vielleicht aus einem Schock-
                                              wiener Studentenwohnheim                                              14
zustand von einer fast schon vergessenen
Finanzkrise – das ist schwer zu sagen. Die    Hund der woche: aurelio                                               15
Narben, die diese Krise hinterlassen hat,
                                              Kreuzworträtsel                                                       15
werden auf jeden Fall immer klarer sicht-
bar und sitzen tief. Sie sind die Folge von
Jahrzehnten kurzsichtiger politik, für die
„zukunft“ ein Fremdwort war und ist. im
Kern richtet sich der protest genau dage-
gen. wenn sich etwas an dieser Denkweise      Offenlegung gem. § 25 mediengesetz:
ändert, dann wird sich auch in den Kinder-
gärten, an den Schulen und Universitäten      Die aG-zeitung ist ein freier zusammenschluss von Studenten und Stu-
und letztlich überall etwas ändern. Viel-     dentinnen, welche sich zum ziel gesetzt haben die Öffentlichkeit mit
leicht hat das Umdenken schon begon-          unabhängigen informationen zu versorgen. Sie ist frei von parteipoliti-
nen. auf jeden Fall tut sich etwas. was als   schem Einfluss. Die aG-zeitung finanziert sich durch Spenden, diese wer-
spontaner protest begann wird gerade zu       de ausschließlich für Druckkosten verwendet.
einer richtigen Bewegung. Und auch wir
sind längst nicht mehr das Flugblatt, das     grundlegende ausrichtung:
wir einmal waren, sondern fast schon ei-
ne richtige zeitung...                        wir sind eine freie und unabhängige studentische wochenzeitung mit
                                              dem ziel unsere anliegen und themen der breiten Öffentlichkeit näher
                                              zu bringen und die öffentliche Diskussion zu fördern. wir bieten keinen
                                              raum für jegliche art der Diskriminierung und stehen für eine faire und
in eigeneR sache:                             kritische auseinandersetzung mit den themen.

Da „Morgen“ kein kommerzielles projekt        impressum:
ist und wir uns ausschließlich von Spenden
finanzieren (werbeschaltungen wurden          Medieninhaberin & Herausgeber:
von der redaktion einstimmig abgelehnt),      Die ag zeitung der Besetzerinnen des audimax
sind wir auf eure Unterstützung angewie-      Dr. Karl-Lueger-ring 1
sen. Um unsere Unabhängigkeit zu wah-         1010 wien
ren, können wir euch für eine Spende,
außer, dass wir weiterhin erscheinen, kei-    Herstellerin:
ne Gegenleistung anbieten. Falls ihr uns      Druckerei Fiona, wien
dennoch unterstützen wollt, erreicht ihr      www.fiona.or.at
uns unter: spenden.morgen@gmail.com
                                              Verlagsort & Herstellungsort: wien
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                               3


Besetzung
ist kein grunD
zum feiern
seit beinahe zwei Wochen halten student_innen das au-
dimax Wien besetzt. nach anfänglicher ausgelassenheit
wird nunmehr hart gearbeitet. auch an einem imagewan-
del in der Öffentlichkeit.                        [fla]

Jeder spontane protest be-          haRte aRBeit ist
ginnt zunächst einmal im Cha-       leiseR als discOmUsik
os. Und chaotisch waren die
Ereignisse zu Beginn der audi-      Seit diesem wochenende wird         betrieb haben Student_innen       sichtige Verhalten der politik,
maxbesetzung alle mal. an die       unentwegt und mit größter an-       am infotisch für jede Frage ein   allen voran die peinliche Ge-
100 Student_innen hatten sich       strengung daran gearbeitet,         offenes Ohr. Eine eigene Volks-   sprächsverweigerung des wis-
kurzfristig entschlossen etwas      diesen „Fehlstart“ gut zu ma-       küche versorgt hungrige Bäu-      senschaftsministers Johannes
gegen die miserablen Verhält-       chen. Durch harte arbeit und in     che und sogar ein putztrupp       Hahn. Bis dieser zu einer ver-
nisse in Österreichs Universitä-    endlosen Diskussionen werden        wurde organisiert, um jeden       nünftigen Diskussion bereit
ten zu tun. Sie besetzten den       konkrete Forderungen formu-         Morgen sauber zu machen.          ist, und sich den problemen
größten Hörsaal dieses Landes       liert und für mehr Verständnis      Daneben arbeiten mittlerwei-      und anliegen der Student_in-
um damit ein zeichen gegen die      in der Öffentlichkeit gekämpft.     le hunderte Student_innen in      nen stellt, wird wohl noch wei-
seit mehr als 10 Jahren fehlge-                                         sogenannten arbeitsgruppen        ter gearbeitet, protestiert und
leitete Bildungspolitik zu set-     in windeseile und ausschließlich    bis zu 16 Stunden am tag an       besetzt werden. party machen
zen. Da die letzte Besetzung        aus eigenen Mitteln wurde ein       verschiedensten themen und        sollen die anderen.
des audimax schon viele Jahre       arbeitssystem erschaffen, das       problemen.
zurückliegt, sahen einige die-      sich sehen lassen kann. Stun-
se Entscheidung zunächst ein-       denlang werden probleme dis-        kein gRUnd
mal als Grund zum feiern. Das       kutiert und Vorträge organisiert.   mehR ZU FeieRn
taten sie auch, ein wochenen-       Ein eigenes pressezentrum ist
de lang. Lange genug, um ein        mit allen nur möglichen Me-         Dass die Student_innen kei-
schlechtes Bild in der Öffent-      dien in Kontakt und rund um         nen Grund zum Feiern mehr
lichkeit zu erzeugen.               die Uhr im Einsatz. im Schicht-     haben, dafür sorgt das unein-




PutztruPPs im auDimax
ein sauberer Protest        [jil]                                                                         saubere Umgebung wird zur
                                                                                                          verbindenden Sache. Selbst-
Student_innen, zigaretten, Bier
                                                                                                          Verantwortung, Selbst-Organi-
und ein besetztes audimax. zu-
                                                                                                          sation und Selbst-Bewusstsein
taten für ein schlechtes image
                                                                                                          lautet die Devise. Der Kreati-
der Besetzer_innen. Die rea-
                                                                                                          vität sind dabei keine Grenzen
lität zeigt sich aber von einer
                                                                                                          gesetzt. Student_innen finden
anderen Seite. Es wird gekehrt,
                                                                                                          jeden tag neue Möglichkeiten
gewischt und Müll gesammelt.
                                                                                                          audimax und Umgebung bei
Mitglieder der arbeitsgruppe
                                                                                                          Vollbetrieb in Schuss zu halten.
Müllkolonne: alle. Erfolgsre-
                                                                                                          So werden etwa Garderoben-
zept ist die zwanglosigkeit der
                                                                                                          ständer zweckentfremdet, um
Organisation. „Die aG Müllko-
                                                                                                          den Gang zu sperren und auf-
lonne ist Basisdemokratie pur.
                                                                                                          zuwischen.
Jeder und jede ist teil davon.
Eigenverantwortung und moti-
                                                                                                          FaZit:
vierte Leute sorgen dafür, dass
es immer sauberer wird“ (Ste-                                                                             ein saUBeReR PROtest.
fan, besetzt das audimax seit
22.10.). Der appell geht an die
Mündigkeit der Menschen. Das
Bewusstsein, dass geputzt wer-
den muss, wächst mit jedem
tag der Besetzung. Dies moti-
viert zur Eigeninitiative. Eine
4

freie BilDung!
Vom kinDergarten
Bis zur
                           uni!

                                                                    Foto: jari
am Donnerstag, 5.11.2009, Bundesweiter aktionstag am                PROgRamm
findet ein bundeswei-
ter aktionstag statt. Da
                             5. november 2009                            8°° Uhr           Beginn Schüler_innenstreik
die Bildungsproteste nicht nur Uni-Sache sind, werden auch
                                                                         11°° Uhr          treffpunkt Universität wien
Schüler_innen in ganz Österreich streiken. Statt den üblichen
Lehrveranstaltungen wird es an der Uni wien ein tolles alter-            11°°–13°° Uhr     Kundgebung vor der Universität wien
nativprogramm mit Vorträgen, workshops und weiteren akti-
                                                                         Anschließend: Programm für Schüler_innen
onen geben, an dem jede_r teilnehmen kann. Das Ende dieses
aktionstages bildet ein Sternmarsch zum Urban-Loritz-platz vor           16°° Uhr          Sternmarsch zum Urban-Loritz-platz
der Hauptbücherei, auf dem auch die abschlusskundgebung
                                                                         18°° Uhr          Kundgebung am Urban-Loritz-platz
stattfinden wird.                                     [ury] [pii]
Foto: jari




realistische forDerungen?
Wie das audimax an der Umsetzung arbeitet.

Seit in unserer ersten ausgabe der Forde-     diverser Studienrichtungen zusammenge-         tung der Studieneingangsphase, die in vie-
rungskatalog der Student_innen erschie-       funden, die sich konkret mit der Umsetz-       len Studienrichtungen zu finden ist“, so
nen ist, stellen sich viele Leser_innen die   barkeit der Forderungen auseinandersetzt.      Elias und Julian von der aG Forderungen.
Frage nach der realisierbarkeit dieser For-   im Mittelpunkt stehen hier vor allem je-
derungen. Die Kritik geht bis hin zu dem      ne anliegen der Student_innen, die an die      auch damit, dass die Umsetzung bestimm-
Vorwurf, die Student_innen würden unre-       Universität wien selbst gerichtet werden       ter Forderungen Geld kostet, beschäftigen
alistische Forderungen stellen, aber nicht    können. „Das Unigesetz lässt den Universi-     sich die Student_innen im audimax. Spä-
über Verbesserungsvorschläge nachdenken.      täten eine Menge Freiräume. Viele unserer      testens seit dem Bankenpaket sollte aber
                                              Forderungen können von den Uni-Gremi-          klar sein, dass nicht zu wenig Geld vorhan-
Dabei hat sich in absprache mit dem ple-      en selbst aufgenommen und umgesetzt            den ist, sondern das problem in der Um-
num schon längst eine Gruppe Studierender     werden – so beispielsweise die ausgestal-      verteilung liegt.                  [jou] [pii]




essen für alle!
gemüse schneiden, kochen und abwaschen. so kann man                 die arbeit betrachtet, die die Gruppe leistet, kann man dem nur
die aufgaben der Volxküche zusammenfassen. Rund um die              zustimmen. Finanziert wird das Ganze durch Geld- und Essens-
Uhr versorgt das Vokü-team die Besetzer_innen mit essen.            spenden, die von kleinen privaten Spenden, wie ein paar Karot-
                                                                    ten, bis zu Vw-Bus-Ladungen mit verschiedenstem Essen reichen.
Hier gibt es Frühstück, Mittagessen und abendessen. warme           Das Brot wird täglich von einer Bäckerei bereitgestellt. Bio-Bau-
und kalte Speisen sorgen dafür, dass keiner Hunger leiden muss      ern und Bäuerinnen und Gemüsehändler_innen sorgen für fri-
und die Besetzung weiter gehen kann. Das team besteht aus ca.       sches Obst und Gemüse. Die Spenden in den letzten tagen waren
20 Helfer_innen, die so lange wie möglich in der Küche arbei-       so enorm, dass die aG das Lager vergrößern musste. allein an
ten und sich abwechseln. Einen festen arbeitsplan gibt es da-       mitgebrachtem Geschirr mangelt es hier noch, sodass viel Geld
bei nicht. Es ist immer jemand da und man kann sich auch auf        für plastikgeschirr verwendet wird. Daher bittet die VoKü alle,
die Unterstützung anderer Student_innen verlassen. Überall im       selbst Geschirr mitzunehmen.                                 [red]
audimax hört man Sätze wie „Die VoKü ist einfach super!“ und
„So gut habe ich schon lange nicht mehr gegessen!“ wenn man
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                                                  5


stimmen


                                                                      Christoph Liebentritt
zu
     Bologna
der Bologna-Prozess. ein heiß diskutierter Begriff der letz-
                                                                                              glOssaR
ten Wochen, doch welche auswirkungen hat er auf die
einzelnen student_innen?                              [biha]
                                                                                              Bachelor/master studienplan: Ersetzt das alte Diplom und
                                                                                              führt mit dem Bachelor ein Vordiplom ein, welches die Stu-
im Jahre 1999 fanden sich 31      peter ist physiker und steht un-
                                                                                              dierenden schneller in den arbeitsmarkt entlassen soll. Die
Bildungsbeauftragte aus 29        ter hohem zeitdruck. wenn er
                                                                                              wissenschaftliche Lehre wird häufig erst im anschließenden
europäischen Ländern in der       nicht bald mit seinem Studium
                                                                                              Masterstudiengang vertieft.
italienischen Stadt Bologna       fertig ist, muss er in den Bache-
zusammen, um dort über die        lorstudienplan wechseln. Dabei
                                                                                              steP: Verpflichtende Studieneingangsphase, bestehend aus
zukunft der Hochschulen Eu-       würde allerdings ein teil sei-
                                                                                              mehreren Kursen, die als Einführung in das jeweilige Studi-
ropas zu entscheiden. Neben       ner schon erbrachten Leistun-
                                                                                              um und die arbeitstechniken dienen sollten. Der erfolgrei-
dem Hauptziel, die europäi-       gen verloren gehen, da sie sich
                                                                                              che abschluss der StEp ist für die teilnahme vieler folgender
schen Hochschulen zu verein-      nicht mit den inhalten des neu-
                                                                                              Lehrveranstaltungen entscheidend. Oft sind die StEps jedoch
heitlichen, ging es darum, die    en Studienplans decken.
                                                                                              mit harten prüfungen verbunden, die das weiterkommen
Mobilität und internationale
                                                                                              im jeweiligen Studium erschweren.
wettbewerbsfähigkeit zu för-      Stefan hat sein publizistik-Stu-
dern. Eigentlich eine gute Sa-    dium bereits 1985 abgeschlos-
                                                                                              Vorraussetzungsketten: Kurse können oft nicht frei ge-
che? an den Unis nachgefragt,     sen. Er erinnert sich gerne an
                                                                                              wählt werden. wenn Kurs a nicht abgeschlossen wurde,
hält sich die Begeisterung in     die zeit, als es noch genug Frei-
                                                                                              kann Kurs B im nächsten Semester nicht besucht werden.
Grenzen: Kathi studiert rechts-   räume für Studierende gab,
wissenschaften und weiß, dass     sowohl physisch, als auch im
                                                                                              ects-Punkte: „European Credit transfer System“ – Für Kur-
oftmals bereits abgeschlossene    Studienverlauf. Diese Freiheit
                                                                                              se werden Leistungspunkte vergeben, welche den arbeits-
Kurse Studierender aus Salz-      wurde durch den Bologna–pro-
                                                                                              aufwand messbar machen sollen. Ein ECtS-punkt entspricht
burg, die ihr Studium an der      zess massiv eingeschränkt. Stu-
                                                                                              dabei 25 arbeitsstunden.
wiener rechtswissenschaftli-      dieneingangsphasen (StEps)
chen Fakultät (Juridicum) fort-   und Voraussetzungsketten sor-
                                                                                              mobilität: Die Möglichkeit, zwischen Universitäten im in-
setzen wollen, nicht anerkannt    gen für eine zunehmende Ver-
                                                                                              land und ausland zu wechseln. Die schon abgelegten prü-
werden. „Die Mobilität funk-      schulung der Universitäten und
                                                                                              fungen sollen durch die einheitliche Studienpläne und die
tioniert nicht einmal national,   verhindern oft die teilnahme an
                                                                                              ECtS-punkte auf allen Universitäten anerkannt werden.
wie soll sie dann grenzüber-      gewünschten Kursen.
                                                                                              in der praxis ist das trotzdem meist mit viel aufwand und
greifend klappen?“
                                                                                              Schwierigkeiten verbunden.




                                                                                                                                                              artikel aus der Kronen zeitung, 1.11.2009




                                                         Wahrheit? ansichtssache!
                                                         Haben die vermummten Demonstrierer [sic!] das Grafitti aus der wand ge-
                                                         rissen und ins audimax gestellt? Nein, der Künstler hat bewusst auf eine
                                                         Holzspanplatte gesprayt, um keinen Sachschaden zu verursachen. warum
                                                         dann die Vermummung? Beim Sprayen entstehen feinste giftige Lackpar-
                                                         tikel, deshalb der Mundschutz. Eigentlich eine ganz einfache Erklärung…
6

ute Bock: “mit raunzerei
die kämpferin für die anliegen der Flüchtlinge, einer rechtlosen Bevölke-                        WeRden sie da nicht VeR-
rungsgruppe , spricht mit “morgen” über ihre arbeit und eine gesellschaft,                       Rückt, Wenn sie sehen,
die meister ist im Wegschauen.                                                                   Welche angst diese
                                                                                                 menschen haBen?
                                                wenn er in a anderes Land geht, sich dort
                                                eine arbeit sucht und Geld heimschickt.          Furchtbar, ich bin vielleicht eh schon wahn-
                                                Das ist wesentlich besser, als er bleibt zu      sinnig. ich habe nicht geglaubt, dass sowas
                                                Hause sitzen und wartet auf die Segnun-          möglich ist. Die erklären uns in der Schu-
                                                gen Gottes, auch wenn er grad nicht ver-         le: "Die polizei, dein Freund und Helfer",
                                                folgt oder umgebracht wird. Verhungern           und dann sind die gekommen und haben
                                                ist auch sterben.                                uns die Verkehrsregeln gezeigt. Ein poli-
                                                                                                 zist war für mich immer was Nettes. Das
                                                in ÖsteReRich scheinen tROtZ-                    waren menschliche Leute. Heute sehe ich
                                                dem Viele menschen angst                         das anders. Man ist sozusagen davon ab-
                                                VOR Flüchtlingen ZU haBen.                       gekommen, dass wir zu unseren Behörden
Niko Ostermann




                                                                                                 Vertrauen haben dürfen. wenn einer sich
                                                weil angst gemacht wird. wenn man je-            nicht traut, mit der rettung ins Spital zu
                                                den tag in der zeitung liest, "die nigeria-      fahren, weil er glaubt, die führen ihn in
                                                nischen Drogendealer", "die armenischen          die Schubhaft, ist das ein trauriges zeichen.
                                                Ladendiebe", "die russischen Mafiaange-
FRaU BOck, es ist sOnntag                       hörigen" - , wenn man das immer liest, und       schUBhaFt – Was BedeUtet das?
nachmittag – WaRUm sind sie                     das wird jeden tag breitgetreten, dann
tROtZdem in ihRem BüRO?                         fürchtet man sich halt auch. Klar gibt es        Gedacht ist sie zur Sicherstellung der ab-
                                                auch solche Fälle, aber von den vielen Er-       schiebung. in wahrheit ist es ärger als je-
weil ich einen schlechten artzt hab, der        freulichen hört man eben nichts. ande-           des normale Gefängnis und es ist sogar so
mich noch nicht eingewiesen hat. Und            rerseits: wenn ich Menschen mit nichts,          arg, dass es manchmal den polizisten da
weil ich soviel arbeit hab. ich muss mich       gar nichts, keinem Geld und keiner Un-           zu viel wird. ich bin schon angerufen wor-
um die post kümmern. Es ist ganz wichtig,       terkunft, auf die Straße stelle, dann kann       den, Samstag aufd' Nacht: "Bitte holts den
dass die Leute hier ihre post kriegen, ja,      ich nicht erwarten, dass sie sich still in ei-   ab, der kann allein nimma gehn." Oder es
dass sie's regelmäßig kriegen und auch,         ne Ecke stellen und verhungern. Sie wer-         ruft einer aus dem Schubhaft-Gefängnis an:
dass man aussortiert, wer nicht mehr da         den versuchen, sich selbst aus dieser Ecke       "ich darf ihnen nicht sagen, wer ich bin,
ist. am Sonnntag mach ich halt, was un-         zu befreien, wenn man ihnen nicht hilft.         aber ich muss da jetzt eine Familie raus-
ter der woche liegen bleibt.                    wie, das ist von Mensch zu Mensch ver-           schmeissen [anm. d. red.: abschieben], viel-
                                                schieden.                                        leicht können Sie sich kümmern um die."
Und Was machen sie, Wenn
sie sich nicht geRade Um die
POst kümmeRn müssen?                               leBenslauf unD auszeichnungen
ich versuche halt, das Los der asylbewer-
ber, die sonst überall durch den rost fallen,
irgendwie zu lindern. zum teil finanziell,         Ute Bock wurde 1942 in Linz geboren. Nach der Matura arbeitete sie ab 1969 im
oder dadurch, dass ich versuch, Kranken-           Gesellenheim zohmanngasse im 10. Bezirk. Dort wurde sie schließlich auch Leite-
versicherungen aufzustellen oder Ärtzte            rin. 1999 wurden bei einer razzia in ihrem Heim etwa 30 afrikanische Jugendliche
zu suchen, die jemanden umsonst behan-             festgenommen (Stichwort: „Operation Spring“).
deln. ich versuche das, was hier passiert,
wie mit diesen Menschen umgegangen                 Ute Bock wurde wegen Bandenbildung und Drogenhandels angezeigt und kurz-
wird, ins Licht zu rücken. Die meisten Ös-         fristig vom Dienst suspendiert. Die anklage gegen Ute Bock wurde bald wieder fal-
terreicher wissen das gar nicht. Es geht um        len gelassen. allerdings legte ihr die Gemeinde wien mit einem Verbot, afrikaner
die, die überall hinausgeschmissen werden.         in ihrem Heim zu beherbergen, ein großes Hindernis in den weg. Sie ließ sich den-
                                                   noch nicht unterkriegen. Seitdem organisiert sie private wohngemeinschaften für
Was tReiBt menschen daZU,                          Flüchtlinge und betreut und finanziert diese. Für ihre arbeit und ihr Engagement
aUs ihReR heimat ZU Fliehen                        erhielt sie unter anderem folgende preise:
Und nach ÖsteRReich ZU
kOmmen?
Das Hauptargument von der regierung ist,            2000           UNHCr-Flüchtlingspreis
dass das alles wirtschaftsflüchtlinge sind.
                                                    2000           SOS-Mitmensch Ute-Bock-preis für zivilcourage
Es kann schon sein, dass es wirtschafts-
flüchtlinge gibt. aber wenn einer in sei-           2002           Bruno-Kreisky-preis für Menschenrechte
ner Heimat seine Familie nicht ernähren
                                                    2003           Dr. Karl-renner-preis und den Greinecker Seniorenpreis
kann, dann ist es legitim, dass er einen an-
deren weg sucht. ich finde es anständig,            2004           preis des Österreichischen roten Kreuzes
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                             7

kommt man nicht Weit.”
Wie lange kann die
schUBhaFt daUeRn?
Bis zehn Monate. Die helfen sich dann
mit Hungerstreik und so kommen sie frü-
her raus. aber man darf nicht vergessen,
dass ein Hungerstreik sich auf die Ge-
sundheit auswirkt. Es ist nicht nur so, dass
                                               Martin Juen



man sagt, dann isst er halt wieder nach-
her und es ist alles in Ordnung. Die Leute
sind krank nachher und werden verrückt.
Das ist Folter.
                                               haBen kindeR VOn                              lichsten Umständen eine ausbildung ge-
WeRden die menschen                            asylBeWeRBeRn iRgendeine                      macht. Dort haben die ihn nicht mit dem
dORt BetReUt?                                  chance aUF BildUng?                           Namen angeredet, sondern mit "du arsch-
                                                                                             loch". wir vergessen ganz, dass wir die
Nur ganz notdürftig. Mich hat auch schon       Ja, wenn sie mit mir Kontakt haben schon.     Leute für Europa erziehen müssen. wenn
einer von den wenigen Betreuern angru-         Da im Haus lebt eine armenische Familie       wir mit ihnen so umgehen, wie sollen sie
fen, ob ich einen Betroffenen kenne, weil      mit einem Sohn, der jezt maturiert hat.       dann lernen, wie man es besser macht?
man dort eine Berufung machen müsste.          irrsinnig begabt. Kann armenisch in wort      wir reden von einem geeinten Europa -
Die akte wollte er mir dann nicht faxen        und Schrift, russisch, tschechisch, Deutsch   die Grenzen sind gefallen. Und dann ma-
– das war gegen die Vorgaben. ich ver-         und noch viele andere Sprachen auch. Das      chen wir so einen Blödsinn. Das wichtigste
stehe nicht, dass nicht einfach alle sagen     muss man sich mal vorstellen. Und das wird    ist ausbildung. ich zahle ganz viele Studi-
können: "Da machen wir nicht mit!". Die        ihn vielleicht retten. Gegen seine Familie    envorbereitungskurse. Die Studienberech-
Leute dort sind großteils Sozialarbeiter. Da   läuft immer noch ein Verfahren.               tigunsprüfung für ausländer kostet ein
sind viele nicht einverstanden. Die Leitung,                                                 Schweinegeld. Das sind im Moment 410
die regierung, die sind immer total gegen      Und Wie sieht es                              Euro. ich muss die ganzen Bücher zahlen.
mich. aber die Leute dort - warum sagen        mit lehRstellen aUs?                          ist es nicht gescheiter, jemand lernt was,
die nicht einfach: "Bis hierher und nicht                                                    als er sitzt daheim und geht irgendwann
weiter!". Und wenn das alle 10 Hanseln         ich hatte einmal einen Bosnier, der hat ei-   mal aufn Strich?
dort sagen, dann ändert sich was. wenn         nen Hauptschulabschluss gemacht und war
alle zusammen schrein, dann wird man das       dann Geselle und hat unter den fürchter-                           (Fortsetzung Seite 8)
nicht so übergehen können.




                                               WeltPremiere im
                                               Besetzten auDimax
                                               am vergangenen Samstag kam es zu einer weltpremiere im besetzten audimax der Uni
                                               wien. Der Film "Ute Bock for president" über die berühmte Flüchtlingshelferin wurde
                                               dort vor einem bis auf den letzten platz gefüllten Hörsaal aufgeführt. Eigentlich war
                                               die Uraufführung für Sonntag auf dem Filmfestival Viennale geplant. Die Verantwort-
                                               lichen verlegten sie jedoch, als kleinen solidarischen Beitrag mit den protestierenden
                                               Studenten, an die Uni. Die “Hauptdarstellerin” und die regisseure Houchang allahyari
 hieR kÖnnen sie sPenden                       und tom-Dariusch allahyari besuchten unter anderen die Veranstaltung und wurden
                                               mit tosendem applaus empfangen. Ute Bock sprach mit "Morgen" über ihre arbeit.
 Verein Ute Bock
 BawaG

 Bankleitzahl 14 000
 Konto Nr. 01910 807249


 Sie können mit angabe eines Stich-
 worts den zweck ihrer Spende
                                               Martin Juen




 bestimmen. (z.B. Bildung, Flüchtlings-
 beratung, Familienprojekt)
8




                                                  großDemo
                                                  am letzten
Martin Juen




aPROPOs stRich:

Das ist für Flüchtlinge die einzige reale Chan-
                                                  mittWoch
ce, hier zu arbeiten. Die kommen hierher
und müssen den Schlepper zahlen. Dann
gehn sie auf den Strich, werden erwischt
und registriert. Und dann können sie legal
dort "arbeiten". ist das nicht abnormal?
Letzte woche hat mich die Männerbera-
tungsstelle angerufen: Ein 15-jähriger ru-
mäne, der hier Sexarbeiter ist und davon
weg möchte. Er darf nichts anderes ma-
chen. is das nicht eine Schande? reden
kann man darüber nicht. zu mir ist einmal
ein junges Mädl gekommen. Sie hat mir
gesagt, dass sie HiV positiv ist. Der Dok-
tor bei dem sie war, hat nur gesagt, dass
es "noch ganz klein" ist. ich hab dann bei
der aidshilfe angerufen und dem erzählt,
dass da a Dirndl am Strich steht und unse-
re ganzen idioten ansteckt. Sagt der: Nor-
                                                  Foto: jari




malerweise stecken die Männer die Frauen
an. Ein Mann von der aidshilfe!

Wie halten sie das alles aUs?                     mehr als zehntausend menschen               „wir sind hier und wir sind
                                                  gehen für eine bessere Bildung auf          laut, weil man uns die Bildung
Mit raunzerei kommt man nicht weit. ich           die straße.                   [ants]        klaut!“ zahlreich haben sich die
blödl einfach alle an. Das ist die einzige                                                    protestierenden letzten Mitt-
art, wie man das aushält. wenn man bei            woch auf den Straßen vor der Hauptuni versammelt. auf der Uhr tickt es
so viel Elend mitraunzt, dann ist alles aus.      17.00 Uhr: Die letzten Banner werden bereit gemacht, Flyer wechseln noch
wenn einer zu mir kommt und sagt: "ich            schnell die Hand und manch eine_r springt auf der Stelle vor Freude/Käl-
hab vier tage nichts gegessen", dann sag          te. Die Menge reicht von der Straßenbahnhaltestelle Schottentor bis zum
ich: "Gewöhn's dir nimma an". Das kommt           rathaus. auf der Uni-rampe werden nochmals der Forderungskatalog und
auch in dem neuen Film über mich ganz             die Gründe der Demonstration verlesen.
gut rüber. Der ist ja wirklich halbwegs gut
geworden.                                         tausendfach ertönt Jubel und applaus; dazu schrill trillerpfeifen und eini-
                                                  ge trommeln. Die Masse setzt sich richtung Burgtor in Bewegung, wo sich
deR Film heisst: "BOck FOR                        noch hunderte Demonstrant_innen der tU und der akademie anschließen.
PResident" Was WüRden sie                         immer wieder flammen Sprechchöre, wie „wessen Uni? - Unsre Uni!“ oder
als PRäsidentin als eRstes                        „Der Hahn gehört gerupft!“, auf.
tUn?
                                                  Um etwa 18.00 Uhr treffen immer mehr Demonstrant_innen am Minori-
Das wird nie passieren (lacht). Das hab ich       tenplatz ein, füllen ihn vollständig aus und brüllen den protest bis in das
mir noch nie überlegt. Nachdem der Lug-           wissenschaftsministerium hinein. weiter strömt alles zum Schwedenplatz,
ner sich wieder aufstellen lassen will, hab       um dann den ring entlang wieder zurück vor die Uni zu gelangen, wo das
ich ja eh keine Chance. in der politik kann       abendprogramm stattfindet. Dort spielen Louise pop und die Band Ja, panik
man nicht viel ändern. Erst müssen sich die       auf. Und ganz nebenbei wurde auch noch der weltrekord im Mambo-tan-
Menschen ändern.                                  zen gebrochen, den das Bundesheer am Nationalfeiertag aufgestellt hatte.

sie WeRden nicht müde,                            Später beziffert die polizei die größte Studierendendemonstration seit Jah-
sie machen WeiteR?                                ren mit etwa 10.000 Beteiligten; die Veranstalter_innen selbst sprechen
                                                  von 50.000. Ähnliche aktionen fanden an diesem tag auch in Klagenfurt
Jetzt erst recht. wenn sich a bisserl was         und Salzburg statt. Durch die Verlagerung des Uni-protests auf die Straße
bessern würde, tät ich eh aufhören. aber          hat die Bewegung klar zu einer allgemeinen, nicht auf die Universität be-
es wird nur schlimmer.           [wap][ha]        schränkten Debatte über Bildung aufgerufen.
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                         9

Die feinDe Der                                             ren. ausgegangen sind die proteste von den Forderungen jener, die genug
                                                           hatten von den untragbaren Studienbedingungen in Fächern wie publizis-
                                                           tik. Herausgekommen ist eine Debatte um die Chancen künftiger Generati-


münDigen                                                   onen und dem Leistungsniveau der gesamten Gesellschaft. Die wut richtet
                                                           sich gegen die neoliberale Bildungspolitik: Der Hochschulbetrieb wird öko-
                                                           nomisiert, die Bildung dem Konkurrenz- und Leistungsdruck der wirtschaft

gesellschaft
                                                           unterworfen. „Bildung statt ausbildung“ stand daher auf den transparen-
                                                           ten der Großdemonstration. Es geht nicht um einige Millionen mehr aus
                                                           dem Spendentopf des Ministers, sondern um eine neue Bildungspolitik -
                                                           nicht nur an den Universitäten. Die Student_innen wissen: Einschränkun-
der studentische Protest richtet sich nicht nur            gen der Hochschulbildung führen zu sozialer auslese - und das ist es, was
gegen unzumutbare studienbedingungen – er ist              die konservativen Eliten wollen.
auch ausdruck einer allgemeinen gesellschaft-
lichen Unzufriedenheit.                    [WR]            Die politischen parteien sind starr vor Schreck und wissen mit der Bewe-
                                                           gung nichts anzufangen. Der protest ist auf eine neue weise organisiert,
als einige hundert Student_innen spontan das au-           mit denen die parteien nicht auf traditionellem weg umgehen können. Die
dimax der Uni wien besetzten, hätte sich niemand           Student_innen nutzen neue Mittel und wege, ihre inhalte zu veröffentli-
gedacht, dass daraus eine Bewegung entsteht, die           chen. Der protest ist dezentral organisiert und funktioniert über twitter,
erreicht hat, dass im ganzen Land über Bildung dis-        Facebook und Live-Übertragungen aus den besetzten Hörsälen. was hier
kutiert wird. Die anliegen der Studierenden finden         in wien passiert, ist erfolgreich praktizierte Basisdemokratie, die der kon-
in vielen teilen der Bevölkerung Unterstützung. täg-       ventionellen politik Konkurrenz macht.
lich treffen neue Solidaritätserklärungen aus dem
in- und ausland ein. auch viele Lehrende haben sich        Mit interesse und Hoffnung beobachten die Student_innen nun den kom-
solidarisch erklärt. Für Donnerstag ist ein bundeswei-     menden „Bildungs-protestmonat November“ in Deutschland. Dass der pro-
ter „Bildungs-aktionstag“ geplant, weitere Demons-         test international wird, ist eine große Chance für die Student_innen, denn
trationen werden stattfinden. Nach wie vor gewinnt         die Situation im rest von Europa ist ähnlich dramatisch wie an den heimi-
die Student_innenbewegung an Momentum – nicht              schen Unis.
nur in Österreich.
                                                           Eine bisher für angepasst, ängstlich und egoistisch gehaltene Generation
was wollen die jungen Leute? Österreichs ausgaben          wird nun wohl nachhaltig politisiert werden. plötzlich werden wieder wor-
für Hochschulen liegen weit unter dem europäischen         te wie „Solidarität“ in den Mund genommen und aktiv gelebt. Diese neue
Durchschnitt. Die aktuelle Misere an den Unis ist nicht    Form der politischen Organisation wird den parteien, die ja auch um die
nur die Schuld von Hahn, sondern sie basiert auf Feh-      Gunst der jungen wähler_innen buhlen, zu denken geben. in diesem Sin-
lern aller parteien und regierungen in den letzten Jah-    ne hat diese protestbewegung ihr ziel bereits erreicht.




Ja, Panik: „Wir unterstützen Den Protest.“
am mittwoch, dem 28.Oktober 2009, gab die ös-
terreichische indie-Band Ja, Panik im anschluss
an die große demonstration der student_in-
nen, überraschend ein konzert auf der Uniram-
pe. nach dem furiosen spontan-auftritt bat die
morgen-Redaktion gitarristen thomas schleicher
und keyboarder christian treppo zum interview.

Was WaR deR aUslÖseR daFüR, dass
ihR heUte hieRheR gekOmmen seid, WO
ihR dOch schOn mORgen in nüRnBeRg
sPielt?
Thomas: wir unterstützen den protest. Grundsätzlich.
protest ist ein wichtiges Element in einer funktionie-
renden Gesellschaft.

Christian: D´accord.

kann kUnst BZW. mUsik die gesell-
schaFt BeeinFlUssen - inWieFeRn kann
                                                           ja panik Foto-2007 (© Julia Spitzner)




sie sie VeRändeRn?
Thomas: wenn man die Geschichte betrachtet, dann
kann Kunst verändern. Und sie tut´s auch ständig.
Christian: ich glaube, das liegt auf der Hand.
Thomas: also wir werden heute zwar nicht mehr das parla-
ment anzünden oder die regierung stürzen, aber es wirkt.
Christian: Genau. Es wirkt ... ein bisschen wirkung
hat´s hoffentlich gehabt. (Fortsetzung Seite 10)
10
Ja, Panik: „Wir unter-                                                      c1-Besetzer_innen
stützen Den Protest.“
(Fortsetzung von Seite 9)
                                                                            trotzen kälte
                                                                            Die seit Mittwochabend andauernde Besetzung des
                                                                            zweitgrößten Hörsaals der Uni wien wird vom rek-
                                                                            torat nach außen weiterhin ignoriert. So gibt es we-
                                                                            der eine ankündigung auf der Universitätshomepage,
das hat man Ja aUch an deR VielZahl VOn
                                                                            noch werden Lehrende und Studierende davon in
menschen gesehen, die sich WähRend eURes                                    Kenntnis gesetzt.
aUFtRitts VOR deR UniVeRsität VeRsammelt
hat.                                                                        Die tatsache jedoch, dass uns hier Heizung und warm-
                                                                            wasser abgedreht wurden, zeigt, dass die Besetzung
Christian: richtig. So gesehen hat´s vielleicht etwas verändert.
                                                                            inoffiziell sehr wohl zur Kenntnis genommen wurde.
im VideO ZUR eUReR single „alles hin, hin,
                                                                            wir lassen uns davon jedoch nicht unterkriegen und
hin“ WiRd ein text VeRlesen, in dem es heisst:                              zeigen mit einem öffentlichen, kollektiven Bad bei 2°
„nUR eines ist lächeRlicheR als geld ZU Besit-                              Celsius im Brunnen vor dem besetzten Hörsaal, dass
Zen: kein geld ZU BesitZen.“ das ist tRaURige                               wir uns durch solche Machtspielchen des rektorats
Realität an den ÖsteRReichischen Unis. Wie                                  weder demotivieren noch entmutigen lassen.
seht ihR die entWicklUng hin ZUm BildUngs-
aBBaU?                                                                      Der nicht nur physischen Kälte des rektorats setzen
                                                                            wir soziale wärme und eine “brennende Uni“ ent-
Thomas: Generell, der Lauf der Geschichte: Umso blöder, umso                gegen, denn auf eine Solidaritätserklärung aus dem
dümmer man ein Volk hält, umso blöder, umso dümmer man die                  rektorat warten wir noch immer.
jungen Leute hält, umso leichter hat man´s als...
                                                                                             [Die Besetzer_innen des C1 am Campus]
Christian: ... als Obrigkeit. Ja, also ich stehe all dem relativ kritisch
entgegen. also der Entwicklung des sogenannten Bildungssystems,
das sich ja nur fälschlicherweise Bildungssystem schimpft, weil´s

                                                                            ziVilcourage
ja ein aus-Bildungs- und Schulsystem ist. Und weiter zur Frage:
ich hasse die Vereinnahmung durch die wirtschaft (anm.d. red.:
gemeint ist die Vereinnahmung des Bildungssystems durch die
wirtschaft). ich würde mir eine konträre Entwicklung wünschen.
                                                                            „Wir sind verantwortlich für das, was wir tun,
                                                                            aber auch für das, was wir nicht tun.“ - schrieb
glaUBt ihR, dass WiR dURch die PROtestBe-
                                                                            einmal ein weiser mann.                     [ekü]
WegUng, mit deR sich immeR mehR BeVÖlke-
RUngsgRUPPen sOlidaRisieRen, etWas ZU eineR                                 Menschen werden in U-Bahn-Stationen zusammenge-
gRUndlegenden VeRändeRUng im BildUngs-                                      schlagen und niemand hilft. Menschen haben autoun-
system BeigetRagen haBen?                                                   fälle und niemand hilft. Menschen leiden tagtäglich
                                                                            und absolut niemand hilft. Nicht irgendwo, sondern
Christian: Das weiß ich nicht ...                                           hier, bei uns. in Österreich. Und immer wieder schreit
                                                                            die Gesellschaft nach mehr zivilcourage. Man solle
Thomas: Ganz ehrlich? Nein. Ganz einfach weil´s keinen rück-                hinsehen und helfen. Man solle etwas tun.
halt in der Gesellschaft gibt. weil die Kronenzeitung, die gro-
ßen Medien, die erklären der Masse, was da passiert - und zwar              tausende Studierende haben in den letzten tagen
falsch. Sie sagen eben: „Naja, schaut‘s euch die jungen Leute an,           hingesehen und etwas getan, denn sie fordern be-
die wollen gar nicht studieren, die sind ja faul, die wollen eh nur         dingungslos unsichtbare werte, die Europa einst groß
saufen.“ Das ist natürlich eine infame Lüge. aber das ist, wie es           gemacht haben – Bildung, Gerechtigkeit und Demo-
den älteren Leuten erklärt wird. Dass wir jungen Leute das an-              kratie. Sie kämpfen nicht nur für sich, sondern für
ders sehen und verstehen, was da alles passiert, ist klar, aber             eine erstrebenswerte zukunft. Sie fordern nicht nur
meine Großmutter weiß nicht, was da gerade los ist. Und wenn                blind, sie versuchen auch Lösungen zu finden, wie al-
meiner Großmutter von der Kronenzeitung erklärt wird: „Die                  les möglich wird.
jungen Leute, die sind nur faul, die wollen nur parties feiern an-
statt zu studieren“, dann glaubt meine Großmutter das. Und der              Stellt sich nur die Frage, warum diese Studierenden
Großteil der Bevölkerung ist dieser ansicht. ich nehme an, dass             verurteilt werden für jene Courage, die immer wie-
in ein oder zwei wochen, wenn alles verklungen ist, die Leute               der gefordert wird. wollen wir frustrierte Jugendli-
rausgetragen werden und ja ... - das war´s dann. Das ist meine              che, mit groben Mängeln in Erziehung und Bildung,
dunkle, schwarze Einstellung. ich bin generell sehr pessimistisch.          die Menschen zusammenschlagen? wollen wir wei-
                                                                            ter auf eine Gesellschaft zusteuern, in der man angst
Christian: ich sehe das nicht so pessimistisch. ich finde, es bedarf        haben muss zu helfen? wollen wir Missstände akzep-
einer grundlegenden reform, nicht nur bei der Studieneingangs-              tieren, weil es leichter ist?
phase und den Studiengebühren – das sind jetzt nur die euch
betreffenden aspekte einer gesellschaftlichen Krise, die schon              wer weiß, wohin die proteste der Student_innen füh-
bei der Volksschule anfängt - das ist ja auch so ein Schwachsinn,           ren werden, und ob sie sich letzten Endes als richtig
meiner Meinung nach. Da müsste eben ein paradigmenwechsel                   herausstellen. Nur sollte sich in zeiten wie diesen aus-
stattfinden. Das geht aber nicht von heute auf morgen, dazu                 nahmslos jede und jeder fragen, ob man lieber die
braucht es wahrscheinlich ein paar Jahrzehnte. Vielleicht habt              Verantwortung fragwürdiger taten auf sich nehmen
ihr diesen wechsel jetzt losgetreten.                         [Ilc][stl]    will, oder aber jene blinder Untätigkeit.
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                           11

Die morgen Protestkarte
auch in anderen Städten Öster-
reichs war in den letzten tage
einiges los. auf unserer pro-
testkarte finden Sie alle Brenn-
punkte auf einen Blick. [red]




Durchs reDen kumman D’leit zam!
Diese Uni ist besetzt! Das hat      bildungspolitisch engagierter Besetzer_innen nicht in Orgien der      bei geht es den Besetzenden gar
auch meine Oma gehört. „Geht’s      Gewalt und zerstörung, sondern veranstaltet einen friedlichen,        nicht darum, seine unverdien-
dir eh gut, Kind?“ hat sie ganz     kreativen protest: zwischen abstimmungsintensiven plena und           ten Federn zu rupfen, sie wol-
besorgt am telefon gefragt.         gesellschaftskritischem improvisationstheater wird diskutiert, vor-   len die Bildungsmilliarde und
trotz hundertfacher Versiche-       getragen, organisiert und motiviert. ist diesen jungen Menschen       perspektiven für die zukunft.
rung, dass die Studierenden         etwa doch nicht ‚ois wurscht‘? Bestimmt nicht. Neben aktions-
‚nur‘ streiken, um bessere Studi-   und arbeitsgruppen zu wichtigen themen, wie beispielsweise            wieder beruhigt machte sich
enbedingungen zu bekommen,          anti-rassismus und anti-Sexismus, folgt diese vielseitige Bewe-       auch bei Oma Unverständnis
verbindet Oma mit Besetzung         gung dem Motto: Lieber einmal öfter abstimmen, damit alle ge-         breit: „wieso kommta ned?
immer noch Krieg.                   hört werden – und hält das audimax besetzt. tausende haben            waß der denn ned: Durchs re-
                                    ihr Leben in den letzten tagen über den Haufen geworfen, um           den kumman d‘Leit zam!“
Entgegen mancher Erwartungen        – zumindest für Stunden – teil des protestes zu sein. Nur einer ist
ergeht sich der illustre Haufen     uns seine aufwartung schuldig geblieben: Johannes Hahn. Da-                                    [lou]
12
                                                                  auDimax-Besetzer_innen
                                                                  organisieren
                                                                  sanitätsDienst!
                                                                  Die Studentinnen und Studenten, die seit mehr als zehn tagen
                                                                  das audimax besetzt halten, haben nun schon seit Längerem
                                                                  auch eine eigene sanitätsdienstliche Betreuung organisiert. Der
                                                                  arbeiter-Samariterbund und andere Organisationen helfen mit.

                                                                  Unter den Besetzer_innen des audimax finden sich nicht nur klu-
                                                                  ge studentische Köpfe, sondern auch voll ausgebildete Sanitä-
                                                                  ter_innen. Schon kurze zeit nach Beginn der Besetzung wurde
                                                                  ein durchgehender freiwilliger Sanitätsdienst eingesetzt. Seitdem
                                                                  kümmern sich Mitglieder des roten Kreuzes, des Samariterbun-
                                                                  des und anderer rettungsorganisationen um die medizinischen
                                                                  anliegen ihrer Mitbesetzer_innen.

                                                                  zu den Stoßzeiten, wenn sehr viele Menschen im audimax sind,
                                                                  hilft auch der arbeiter-Samariterbund offiziell mit. außerdem
                                                                  kommen immer wieder praktische Mediziner_innen, Kranken-
                                                                  pfleger_innen und auch psychologische Betreuer_innen vorbei
                                                                  und bieten unentgeltlich ihre Dienste an. Diese wichtige Mit-
                                                                  hilfe zeigt nicht zuletzt die wachsende zustimmung auch ande-
                                                                  rer Bevölkerungsgruppen zu den protesten der Studierenden.
Christoph Liebentritt




                                                                                                                                 [sese]




                                                                   „Und jetzt muss mir ein sozialdemokratischer Kanzler erklä-
                                                                   ren (...),wie es möglich ist, dass (...) bei stetigem wachsen des
                                                                   gesellschaftlichen reichtums nicht mehr finanzierbar sein soll,
                                                                   was in den siebziger Jahren noch finanzierbar gewesen ist!“

                                                                                                     (Robert Menasse, Schriftsteller)




hinter Den kulissen:                                              die Ergebnisse der aGs diskutiert werden. Die Versammlung ist
                                                                  das Entscheidungszentrum des protestes. Jede_r kann teilneh-

stuDierenDe                                                       men, seine Meinung sagen und über anträge per Handzeichen
                                                                  abstimmen. Die Versammlungen können im internet live unter
                                                                  http://www.ustream.tv/channel/unsereuni verfolgt werden. Be-

VerWalten                                                         wusst gibt es keine gewählte Vertretung des protestes, sondern
                                                                  alle Entscheidungen werden gemeinsam von der Basis entschie-


sich selBst
                                                                  den, damit alle Stimmen gehört werden. (rxo) Organisations
                                                                  aG Die „Orga“ widmet sich der Koordination und besseren zu-
                                                                  sammenarbeit der aGs untereinander. außerdem wird der ab-
                                                                  lauf der plenumsversammlungen verbessert. Selbstorganisierte
                                                                  Lehrveranstaltung aG Diese aG stellt ein eigenes programm an
Volksküche, pressezentrum, putzteams, eine ausgearbeitete Lis-    Vorträgen und Filmen auf. Unter anderem wurde die premiere
te an Forderungen, eine Homepage, eine Demonstration, eine        des Ute-Bock-Films „Bock for president“ in das audimax verlegt.
zeitung. all das wurde von den protestierenden Student_innen      Bisher gaben Christian Felber (attac-Österreich), Klaus werner-
in wenigen tagen aufgebaut. Diese Liste ließe sich fortsetzen.    Lobo, robert Menasse und isolde Charim Vorträge. presse aG
Fazit: Die protestbewegung ist gut organisiert! Nur wie funk-     Direkt neben dem audimax gelegen, kümmert sich die presse
tioniert die Organisation? Vor 13 tagen, am ersten tag der Be-    aG um den Kontakt mit den Medien, damit die anliegen der
setzung, gründeten die Studierenden arbeitsgruppen (aGs), um      Studierenden einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht
die wichtigsten probleme zu lösen. Mittlerweile gibt es 85 aGs,   werden. auch werden hier alle per E-Mail eingehenden Fragen
in denen sich jede_r beteiligen und einbringen kann. Die ar-      beantwortet. Button aG Viele Studenten_innen tragen weiße
beitsgruppen (siehe Details unten) treffen sich in der Nähe des   Buttons um ihre Unterstützung mit dem protest zu zeigen. Über
audimax und beschäftigen sich intensiv mit einem bestimmten       6000 Buttons wurden hergestellt.
thema. zwei mal am tag finden Versammlungen statt, in denen                                                                       [red]
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                            13
„PoWer to the Peaceful“:                                                          „So wie sichs gehört! Viele Studentinnen und Stu-
                                                                                  denten, die das einzig Vernünftige sagen, nämlich:

us-BanD „anti-flag“                                                               „Das ist unsere Uni!“

                                                                                                  (Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter)
Besucht Besetztes auDimax
ihre Botschaft ist deutlich: „Eure Stimmen werden gehört! Menschen, die         wird. Die haben ihre Krise aber selbst verschuldet! Ös-
sich gemeinsam für eine Sache einsetzen, können Großes bewirken!“               terreichs politiker sollten sich schämen!“

Viele staunten nicht schlecht, als am Sonntag zwei Mitglieder der US-ame-       Mit den worten „Es erfordert eine Menge Mut, sich
rikanischen Band anti-Flag das audimax betraten und ihre Unterstützung          für seine ziele einzusetzen! ihr seid nicht allein!“,
zu den Student_innenprotesten kundtaten. Sänger und Gitarrist Justin Sa-        schließt er seine rede vor dem audimax-publikum.
ne sowie Schlagzeuger pat thetic hatten über zeitungen und Freunde von          Er greift zur Gitarre eines Studenten und spielt ei-
der Student_innenbewegung erfahren und waren gekommen, um sich ein              nen Song der britischen punkrock-Legende the Clash.
eigenes Bild von den Ereignissen zu machen.
                                                                                Nach dem audimax geht es für die beiden weiter ins
„ich habe gehört, Student_innen müssen hier an den Unis auf dem Boden           Gasometer, wo ein Schüler noch einmal die gemein-
sitzen, um Vorlesungen hören zu können!“, ruft Justin Sane vom podium.          samen anliegen von Student_innen und Schüler_in-
„immer wieder wird betont, es gäbe zu wenig Geld für die vielen Studie-         nen auf der Bühne zur Sprache bringt.
renden, während gleichzeitig massenhaft Geld an die Banken verschenkt                                                                [pil]




 „Es ist ein Skandal, dass der Staat für die Finanzierung der Banken vier-        „Die Studierenden legen sicher mit ihren Forde-
 zig mal mehr Geld zur Verfügung stellt, als für die Finanzierung der             rungen einen Finger in wunde punkte der öster-
 Hochschulbildung!“                                                               reichischen universitätspolitischen Landschaft.“

                                                  (Christian Felber, „attac“)                           (Christa Schnabel, Vizerektorin)




Österreichs
                                                                                Die Banken und deren Krise verschlingen einen großen
                                                                                teil des Bruttoinlandsproduktes des Staates Österreich.
                                                                                Durch die immer älter werdende Gesellschaft müssen
                                                                                die pensionen abgesichert werden. Hochschulabgän-

finanzPlan 2010
                                                                                ger_innen können das ansehen der heimischen wirt-
                                                                                schaft und somit ihre Leistungsfähigkeit aufwerten.



                                    [sud]
14

Protest: hahn unD sein kaBinett
Besetzen Wiener stuDentenWohnheim
wien – Eine überraschende wende nahm          Gegen 18.30 wurden auch einige privatzim-     habe um seinen rausch auszuschlafen, so
gestern abend die Diskussion um geplan-       mer besetzt. “Es war furchtbar”, schilderte   der verzweifelte Maschinenbau-Student.
te reformen an Universitäten. Um seinen       thomas Unterleiter, ein weiterer Heimbe-
Forderungen nach kurzfristigen zugangs-       wohner. “ich habe nur kurz aus meinem         Durch twitter Messages wie “pfeilg ge-
beschränkungen Nachdruck zu verleihen,        zimmer geschaut, da hat mich der Bürolei-     hört uns!!! haben grade den kühlschrank
besetzte wissenschaftsminister Johannes       ter des Ministers mit den worten ‘Schleich    leergefressen, jetzt beginnt gleich das
Hahn mit einigen seiner Kabinettsmitarbei-    di, i muaß aufs Heisl’ weggestoßen und hat    playstationturnier #giorules” von Hahns
ter einen trakt des Studentenwohnheims        sich in meinem waschbecken erleichtert.”      pressesprecher, sowie ersten Solidarisie-
pfeilgasse in wien. in einer ersten aussen-   Unterleiter habe aus angst flüchten wol-          rungsbekundungen aus Sektionen
dung verkündete der Spitzenpolitiker, auf     len, sei aber über einen Berg leerer              des innenministeriums verbreitete
einen “langen Kampf” eingestellt zu sein.     Schwechater Bierdosen gestol-                     sich die Kunde von der Besetzung ex-
“Hier geht es nicht nur um Bildungsfragen     pert. Er könne im Moment                          trem rasch.
sondern um den protest gegen die ständi-      nicht in sein zimmer
ge Einmischung der Bürger in die regie-       zurück, da der                                     in einer ersten Stellungnahme gegen-
rungspolitik”, so Hahn.                       Kabinettschef                                     über einer Standard-reporterin ant-
                                              sich in sein                                    wortete Hahn angesprochen darauf,
am späten Nachmittag war Hahn mit sei-        Bett ge-                                       dass er am Dienstag eine Ministerratssit-
nem Büroleiter, seinem pressereferenten       legt                                          zung besuchen müsse nur trotzig: “is mir
und einigen anderen Mitarbeitern ges-                                                        wurscht, wir bleiben hier so lange es dau-
tern unangekündigt im dritten Stock des                                                       ert”. auch, dass er mit der aktion einen
wohnheims pfeilgasse aufgetaucht und                                                            mögliche Nominierung als österreichi-
hatte den Gruppen- und Küchenraum be-                                                               scher EU-Kommissar aufs Spiel setze
setzt. “Es ist alles sehr schnell gegangen”                                                           sei dem Minister “scheißegal”. Mit
berichtete Heimbewohnerin anna Fass-                                                                   einem kräftigen rülpser beende-
bender, die die aktion vor Ort miter-                                                                  te er das Gespräch und widmete
lebte. “ich wollte mir gerade einen tee                                                                 sich wieder dem playstation-Spiel
machen, als der Minister mit einigen                                                                  Grand theft auto.
anderen Leuten den Gang entlang
kam. Sie hämmerten an alle tü-                                                                   Unterstützung bekamen die Besetzer
ren und schrien aus vollem Hals.”                                                               von der rektorenkonferenz. Unter joh-
Laut Fassbender begannen Mit-                                                                  lendem applaus wurde Christoph Badelt
arbeiter des Ministerialbüros                                                                  willkommen geheißen, der eine Kis-
begleitet von rage against                                                                      te Bier mitbrachte und von Hahn per
the Machine Songs aus ei-                                                                       Handschlag begrüßt wurde.
nem mitgebrachten transis-
torradio, die worte “Sektion                                                                       zur Stunde dauern die proteste wei-
666” und “Gio rules” auf                                                                                    ter an, für Dienstag Mit-
die wände der Küche zu                                                                                            tag hat der Minister
sprayen. “Die meisten wa-                                                                                         eine große Solidari-
ren schon stark angetrun-                                                                                         sierungskundgebung
ken”, so Fassbender.                                                                                               mit weiteren Minis-
                                                                                                                   terien gegen “über-
                                                                                                                   triebene Mündigkeit
                                                                                                                   der Bürger” anbe-
                                                                                                                    raumt.
U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax                                                                          15
hunD Der Woche:
aurelio                                           [dpaj]

er stammt ursprünglich aus der schweiz und hat
gemeinsam mit seinen Bandkollegen aus chile
25 länder bereist. der klassische Berufsdemons-
trant. Wir präsentieren diese Woche: aurelio




kreuzWorträtsel
senkRecht:

1. was fand am Mittwoch, den 28.10.2009 in wien statt?

2. wer sorgt für das leibliche wohl der protestierenden?

5. Nach Bildung kräht kein ______.



WaagRecht:

3. Das ziel der ziele.

4. intern organisiert sich die Bewegung in ____________.

6. wo werden die neuesten Entwicklungen vorgetra-
gen und diskutiert?

7. wo ist das zentrum der Bewegung?

8. wie heisst das Motto der Bewegung an der wie-
ner Hauptuni?                                              „ihr beschwert euch, dass hier (im plenum) alle Entscheidungen so lang-
                                                           sam gehen. Klar geht in einer Diktatur alles schneller, aber Leute, wir ha-
9. aufgrund der ___________ finden momentan im             ben hier eine Basisdemokratie! wo findet man denn sonst noch sowas?“
audimax keine regulären Lehrveranstaltungen statt.
                                                                                                                           (Studentin)
10. welche abstimmungsform wird im audimax
praktiziert?
Morgen 02 Web

Weitere ähnliche Inhalte

Ähnlich wie Morgen 02 Web

SoliErklärung aus Heidelberg
SoliErklärung aus  HeidelbergSoliErklärung aus  Heidelberg
SoliErklärung aus Heidelberg#unibrennt
 
Soli Flugblatt aus Heidelberg
Soli Flugblatt aus HeidelbergSoli Flugblatt aus Heidelberg
Soli Flugblatt aus Heidelberg#unibrennt
 
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021xeit AG
 
Qualitätsjournalismus vor neuen Herausforderungen
Qualitätsjournalismus vor neuen HerausforderungenQualitätsjournalismus vor neuen Herausforderungen
Qualitätsjournalismus vor neuen HerausforderungenS. Dreyer
 
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-Bewegung
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-BewegungEine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-Bewegung
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-BewegungdasBogenfenster
 
121127 fritz pleitgen slideshare
121127 fritz pleitgen slideshare121127 fritz pleitgen slideshare
121127 fritz pleitgen slideshareIlka Nienhoff
 
07 2 2-lechelt_ba
07 2 2-lechelt_ba07 2 2-lechelt_ba
07 2 2-lechelt_baWettbewerb
 
Bildung in einer digital geprägten Kultur.
Bildung in einer digital geprägten Kultur. Bildung in einer digital geprägten Kultur.
Bildung in einer digital geprägten Kultur. Petra Grell
 
Ein stück des weges gemeinsam
Ein stück des weges gemeinsamEin stück des weges gemeinsam
Ein stück des weges gemeinsamSektion8
 
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie FESD GKr
 

Ähnlich wie Morgen 02 Web (12)

SoliErklärung aus Heidelberg
SoliErklärung aus  HeidelbergSoliErklärung aus  Heidelberg
SoliErklärung aus Heidelberg
 
Soli Flugblatt aus Heidelberg
Soli Flugblatt aus HeidelbergSoli Flugblatt aus Heidelberg
Soli Flugblatt aus Heidelberg
 
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021
Fiktive Impfkampagne: Tages-Anzeiger, 31. Juli 2021
 
Qualitätsjournalismus vor neuen Herausforderungen
Qualitätsjournalismus vor neuen HerausforderungenQualitätsjournalismus vor neuen Herausforderungen
Qualitätsjournalismus vor neuen Herausforderungen
 
Müller
MüllerMüller
Müller
 
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-Bewegung
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-BewegungEine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-Bewegung
Eine Geschichte vom Slow - Geschichte und Facetten der Slow-Bewegung
 
121127 fritz pleitgen slideshare
121127 fritz pleitgen slideshare121127 fritz pleitgen slideshare
121127 fritz pleitgen slideshare
 
07 2 2-lechelt_ba
07 2 2-lechelt_ba07 2 2-lechelt_ba
07 2 2-lechelt_ba
 
Bildung in einer digital geprägten Kultur.
Bildung in einer digital geprägten Kultur. Bildung in einer digital geprägten Kultur.
Bildung in einer digital geprägten Kultur.
 
die strasse 1/1995
die strasse 1/1995die strasse 1/1995
die strasse 1/1995
 
Ein stück des weges gemeinsam
Ein stück des weges gemeinsamEin stück des weges gemeinsam
Ein stück des weges gemeinsam
 
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie
Einstckdeswegesgemeinsam 120410061248-phpapp02 kopie
 

Mehr von #unibrennt

Bildungsgipfel Einladung
Bildungsgipfel EinladungBildungsgipfel Einladung
Bildungsgipfel Einladung#unibrennt
 
Bildungsgipfel Konzeptpapier
Bildungsgipfel KonzeptpapierBildungsgipfel Konzeptpapier
Bildungsgipfel Konzeptpapier#unibrennt
 
Website(s) #unsereuni.at
Website(s) #unsereuni.atWebsite(s) #unsereuni.at
Website(s) #unsereuni.at#unibrennt
 
Solidarisierungen
SolidarisierungenSolidarisierungen
Solidarisierungen#unibrennt
 
Unibrennt Livestream
Unibrennt LivestreamUnibrennt Livestream
Unibrennt Livestream#unibrennt
 
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"#unibrennt
 
unibrennt arbeitet
unibrennt arbeitetunibrennt arbeitet
unibrennt arbeitet#unibrennt
 
Bildungsdialog Flyer
Bildungsdialog FlyerBildungsdialog Flyer
Bildungsdialog Flyer#unibrennt
 
Diskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz
Diskriminierung von Transgendern am ArbeitsplatzDiskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz
Diskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz#unibrennt
 
Education Is Not For $Ale Aufruf
Education Is Not For $Ale   AufrufEducation Is Not For $Ale   Aufruf
Education Is Not For $Ale Aufruf#unibrennt
 
Kindergartenaufstandgoes0511
Kindergartenaufstandgoes0511Kindergartenaufstandgoes0511
Kindergartenaufstandgoes0511#unibrennt
 
SoliErklärung aus Buenos Aires
SoliErklärung aus Buenos AiresSoliErklärung aus Buenos Aires
SoliErklärung aus Buenos Aires#unibrennt
 
Forum Stadtpark SoliErklärung
Forum Stadtpark SoliErklärungForum Stadtpark SoliErklärung
Forum Stadtpark SoliErklärung#unibrennt
 
Solidarische Grüße aus Regensburg
Solidarische Grüße aus RegensburgSolidarische Grüße aus Regensburg
Solidarische Grüße aus Regensburg#unibrennt
 
AK Oberösterreich Soli-Erklärung
AK Oberösterreich Soli-ErklärungAK Oberösterreich Soli-Erklärung
AK Oberösterreich Soli-Erklärung#unibrennt
 
Denish students declare solidarity
Denish students declare solidarityDenish students declare solidarity
Denish students declare solidarity#unibrennt
 
Solidaritätsadresse aus Zagreb
Solidaritätsadresse aus ZagrebSolidaritätsadresse aus Zagreb
Solidaritätsadresse aus Zagreb#unibrennt
 
Bachelor of Arsch
Bachelor of ArschBachelor of Arsch
Bachelor of Arsch#unibrennt
 
SoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg
SoliAussendung von der Uni Halle-WittenbergSoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg
SoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg#unibrennt
 
PresseAussendung zur GroßDemo
PresseAussendung zur GroßDemoPresseAussendung zur GroßDemo
PresseAussendung zur GroßDemo#unibrennt
 

Mehr von #unibrennt (20)

Bildungsgipfel Einladung
Bildungsgipfel EinladungBildungsgipfel Einladung
Bildungsgipfel Einladung
 
Bildungsgipfel Konzeptpapier
Bildungsgipfel KonzeptpapierBildungsgipfel Konzeptpapier
Bildungsgipfel Konzeptpapier
 
Website(s) #unsereuni.at
Website(s) #unsereuni.atWebsite(s) #unsereuni.at
Website(s) #unsereuni.at
 
Solidarisierungen
SolidarisierungenSolidarisierungen
Solidarisierungen
 
Unibrennt Livestream
Unibrennt LivestreamUnibrennt Livestream
Unibrennt Livestream
 
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"
Gebarung Des Staates und der Posten "Hochschulen"
 
unibrennt arbeitet
unibrennt arbeitetunibrennt arbeitet
unibrennt arbeitet
 
Bildungsdialog Flyer
Bildungsdialog FlyerBildungsdialog Flyer
Bildungsdialog Flyer
 
Diskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz
Diskriminierung von Transgendern am ArbeitsplatzDiskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz
Diskriminierung von Transgendern am Arbeitsplatz
 
Education Is Not For $Ale Aufruf
Education Is Not For $Ale   AufrufEducation Is Not For $Ale   Aufruf
Education Is Not For $Ale Aufruf
 
Kindergartenaufstandgoes0511
Kindergartenaufstandgoes0511Kindergartenaufstandgoes0511
Kindergartenaufstandgoes0511
 
SoliErklärung aus Buenos Aires
SoliErklärung aus Buenos AiresSoliErklärung aus Buenos Aires
SoliErklärung aus Buenos Aires
 
Forum Stadtpark SoliErklärung
Forum Stadtpark SoliErklärungForum Stadtpark SoliErklärung
Forum Stadtpark SoliErklärung
 
Solidarische Grüße aus Regensburg
Solidarische Grüße aus RegensburgSolidarische Grüße aus Regensburg
Solidarische Grüße aus Regensburg
 
AK Oberösterreich Soli-Erklärung
AK Oberösterreich Soli-ErklärungAK Oberösterreich Soli-Erklärung
AK Oberösterreich Soli-Erklärung
 
Denish students declare solidarity
Denish students declare solidarityDenish students declare solidarity
Denish students declare solidarity
 
Solidaritätsadresse aus Zagreb
Solidaritätsadresse aus ZagrebSolidaritätsadresse aus Zagreb
Solidaritätsadresse aus Zagreb
 
Bachelor of Arsch
Bachelor of ArschBachelor of Arsch
Bachelor of Arsch
 
SoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg
SoliAussendung von der Uni Halle-WittenbergSoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg
SoliAussendung von der Uni Halle-Wittenberg
 
PresseAussendung zur GroßDemo
PresseAussendung zur GroßDemoPresseAussendung zur GroßDemo
PresseAussendung zur GroßDemo
 

Morgen 02 Web

  • 1. Mi 05.11.2009 • Nr. 2 • Kostenlos U-BahnZeitUng des BesetZten aUdimax presse vom C1 BilDungsmisere Martin Juen stuDierenDe härten sich aB: BaDEN BEi zwEi GraD aUSSENtEMpEratUr Bock auf uni Die stuDenten BleiBen sitzen Matthias Cremer Martin Juen “mit Raunzerei kommt die Feinde der Putztrupps im audimax: Die Studenten_innen machen Sauber man nicht weit.” mündigen gesellschaft Ute Bock im Gespräch Ein Gastkommentar Seite 6-8 Seite 9 Seite 3
  • 2. 2 Liebe Leserinnen, inhalt liebe Leser Besetzung ist kein Grund zum Feiern 3 putztrupps im audimax 3 Freie Bildung! Vom Kindergarten bis zur Uni 4 Die proteste haben überlebt und wir auch. realistische Forderungen? 4 Es ist etwas in Bewegung geraten. am letz- Essen für alle! 4 ten Mittwoch sah wien die größte Demo der vergangenen Jahre. Etwa zwanzigtau- Stimmen zu Bologna 5 send Menschen gingen auf die Straße um wahrheit? ansichtssache! 5 für mehr Bildung und mehr Selbstbestim- mung bei der Bildung zu kämpfen. Und Ute Bock: “Mit raunzerei kommt man nicht weit.” 6 heute, eine woche später noch immer kein weltpremiere im besetzten audimax 7 Stillstand. Die Studenten und Studentinnen werden nicht müde. Ganz im Gegenteil: Großdemo am letzten Mittwoch 8 Morgen ist ein bundesweiter aktionstag Die Feinde der mündigen Gesellschaft 9 geplant. auch Schüler_innen und Kinder- gärten werden sich daran beteiligen und Ja, panik: „wir unterstützen den protest.“ 9 ihrem Unmut Luft machen. Die 34 Millio- C1-Besetzer_innen trotzen Kälte 10 nen Euro, die Hahn inzwischen locker ge- macht hat, ändern daran nichts. Es fehlen zivilcourage 10 immer noch Milliarden für Bildung und For- Die Morgen protestkarte 11 schung. Endlich kommt das einmal lautstark zur Sprache! Die Organisation der protest- Hinter den Kulissen: Studierende verwalten sich selbst 12 aktionen wird immer professioneller und „power to the peaceful“: US-Band „anti-Flag“ der zusammenhalt zwischen Gruppen, die besucht besetztes audimax 13 eigentlich die gleichen ziele verfolgen, wächst. Schritt für Schritt. als würde das Österreichs Finanzplan 2010 13 Land langsam aus einem Schockzustand protest: Hahn und sein Kabinett besetzen erwachen. Vielleicht aus einem Schock- wiener Studentenwohnheim 14 zustand von einer fast schon vergessenen Finanzkrise – das ist schwer zu sagen. Die Hund der woche: aurelio 15 Narben, die diese Krise hinterlassen hat, Kreuzworträtsel 15 werden auf jeden Fall immer klarer sicht- bar und sitzen tief. Sie sind die Folge von Jahrzehnten kurzsichtiger politik, für die „zukunft“ ein Fremdwort war und ist. im Kern richtet sich der protest genau dage- gen. wenn sich etwas an dieser Denkweise Offenlegung gem. § 25 mediengesetz: ändert, dann wird sich auch in den Kinder- gärten, an den Schulen und Universitäten Die aG-zeitung ist ein freier zusammenschluss von Studenten und Stu- und letztlich überall etwas ändern. Viel- dentinnen, welche sich zum ziel gesetzt haben die Öffentlichkeit mit leicht hat das Umdenken schon begon- unabhängigen informationen zu versorgen. Sie ist frei von parteipoliti- nen. auf jeden Fall tut sich etwas. was als schem Einfluss. Die aG-zeitung finanziert sich durch Spenden, diese wer- spontaner protest begann wird gerade zu de ausschließlich für Druckkosten verwendet. einer richtigen Bewegung. Und auch wir sind längst nicht mehr das Flugblatt, das grundlegende ausrichtung: wir einmal waren, sondern fast schon ei- ne richtige zeitung... wir sind eine freie und unabhängige studentische wochenzeitung mit dem ziel unsere anliegen und themen der breiten Öffentlichkeit näher zu bringen und die öffentliche Diskussion zu fördern. wir bieten keinen raum für jegliche art der Diskriminierung und stehen für eine faire und in eigeneR sache: kritische auseinandersetzung mit den themen. Da „Morgen“ kein kommerzielles projekt impressum: ist und wir uns ausschließlich von Spenden finanzieren (werbeschaltungen wurden Medieninhaberin & Herausgeber: von der redaktion einstimmig abgelehnt), Die ag zeitung der Besetzerinnen des audimax sind wir auf eure Unterstützung angewie- Dr. Karl-Lueger-ring 1 sen. Um unsere Unabhängigkeit zu wah- 1010 wien ren, können wir euch für eine Spende, außer, dass wir weiterhin erscheinen, kei- Herstellerin: ne Gegenleistung anbieten. Falls ihr uns Druckerei Fiona, wien dennoch unterstützen wollt, erreicht ihr www.fiona.or.at uns unter: spenden.morgen@gmail.com Verlagsort & Herstellungsort: wien
  • 3. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 3 Besetzung ist kein grunD zum feiern seit beinahe zwei Wochen halten student_innen das au- dimax Wien besetzt. nach anfänglicher ausgelassenheit wird nunmehr hart gearbeitet. auch an einem imagewan- del in der Öffentlichkeit. [fla] Jeder spontane protest be- haRte aRBeit ist ginnt zunächst einmal im Cha- leiseR als discOmUsik os. Und chaotisch waren die Ereignisse zu Beginn der audi- Seit diesem wochenende wird betrieb haben Student_innen sichtige Verhalten der politik, maxbesetzung alle mal. an die unentwegt und mit größter an- am infotisch für jede Frage ein allen voran die peinliche Ge- 100 Student_innen hatten sich strengung daran gearbeitet, offenes Ohr. Eine eigene Volks- sprächsverweigerung des wis- kurzfristig entschlossen etwas diesen „Fehlstart“ gut zu ma- küche versorgt hungrige Bäu- senschaftsministers Johannes gegen die miserablen Verhält- chen. Durch harte arbeit und in che und sogar ein putztrupp Hahn. Bis dieser zu einer ver- nisse in Österreichs Universitä- endlosen Diskussionen werden wurde organisiert, um jeden nünftigen Diskussion bereit ten zu tun. Sie besetzten den konkrete Forderungen formu- Morgen sauber zu machen. ist, und sich den problemen größten Hörsaal dieses Landes liert und für mehr Verständnis Daneben arbeiten mittlerwei- und anliegen der Student_in- um damit ein zeichen gegen die in der Öffentlichkeit gekämpft. le hunderte Student_innen in nen stellt, wird wohl noch wei- seit mehr als 10 Jahren fehlge- sogenannten arbeitsgruppen ter gearbeitet, protestiert und leitete Bildungspolitik zu set- in windeseile und ausschließlich bis zu 16 Stunden am tag an besetzt werden. party machen zen. Da die letzte Besetzung aus eigenen Mitteln wurde ein verschiedensten themen und sollen die anderen. des audimax schon viele Jahre arbeitssystem erschaffen, das problemen. zurückliegt, sahen einige die- sich sehen lassen kann. Stun- se Entscheidung zunächst ein- denlang werden probleme dis- kein gRUnd mal als Grund zum feiern. Das kutiert und Vorträge organisiert. mehR ZU FeieRn taten sie auch, ein wochenen- Ein eigenes pressezentrum ist de lang. Lange genug, um ein mit allen nur möglichen Me- Dass die Student_innen kei- schlechtes Bild in der Öffent- dien in Kontakt und rund um nen Grund zum Feiern mehr lichkeit zu erzeugen. die Uhr im Einsatz. im Schicht- haben, dafür sorgt das unein- PutztruPPs im auDimax ein sauberer Protest [jil] saubere Umgebung wird zur verbindenden Sache. Selbst- Student_innen, zigaretten, Bier Verantwortung, Selbst-Organi- und ein besetztes audimax. zu- sation und Selbst-Bewusstsein taten für ein schlechtes image lautet die Devise. Der Kreati- der Besetzer_innen. Die rea- vität sind dabei keine Grenzen lität zeigt sich aber von einer gesetzt. Student_innen finden anderen Seite. Es wird gekehrt, jeden tag neue Möglichkeiten gewischt und Müll gesammelt. audimax und Umgebung bei Mitglieder der arbeitsgruppe Vollbetrieb in Schuss zu halten. Müllkolonne: alle. Erfolgsre- So werden etwa Garderoben- zept ist die zwanglosigkeit der ständer zweckentfremdet, um Organisation. „Die aG Müllko- den Gang zu sperren und auf- lonne ist Basisdemokratie pur. zuwischen. Jeder und jede ist teil davon. Eigenverantwortung und moti- FaZit: vierte Leute sorgen dafür, dass es immer sauberer wird“ (Ste- ein saUBeReR PROtest. fan, besetzt das audimax seit 22.10.). Der appell geht an die Mündigkeit der Menschen. Das Bewusstsein, dass geputzt wer- den muss, wächst mit jedem tag der Besetzung. Dies moti- viert zur Eigeninitiative. Eine
  • 4. 4 freie BilDung! Vom kinDergarten Bis zur uni! Foto: jari am Donnerstag, 5.11.2009, Bundesweiter aktionstag am PROgRamm findet ein bundeswei- ter aktionstag statt. Da 5. november 2009 8°° Uhr Beginn Schüler_innenstreik die Bildungsproteste nicht nur Uni-Sache sind, werden auch 11°° Uhr treffpunkt Universität wien Schüler_innen in ganz Österreich streiken. Statt den üblichen Lehrveranstaltungen wird es an der Uni wien ein tolles alter- 11°°–13°° Uhr Kundgebung vor der Universität wien nativprogramm mit Vorträgen, workshops und weiteren akti- Anschließend: Programm für Schüler_innen onen geben, an dem jede_r teilnehmen kann. Das Ende dieses aktionstages bildet ein Sternmarsch zum Urban-Loritz-platz vor 16°° Uhr Sternmarsch zum Urban-Loritz-platz der Hauptbücherei, auf dem auch die abschlusskundgebung 18°° Uhr Kundgebung am Urban-Loritz-platz stattfinden wird. [ury] [pii] Foto: jari realistische forDerungen? Wie das audimax an der Umsetzung arbeitet. Seit in unserer ersten ausgabe der Forde- diverser Studienrichtungen zusammenge- tung der Studieneingangsphase, die in vie- rungskatalog der Student_innen erschie- funden, die sich konkret mit der Umsetz- len Studienrichtungen zu finden ist“, so nen ist, stellen sich viele Leser_innen die barkeit der Forderungen auseinandersetzt. Elias und Julian von der aG Forderungen. Frage nach der realisierbarkeit dieser For- im Mittelpunkt stehen hier vor allem je- derungen. Die Kritik geht bis hin zu dem ne anliegen der Student_innen, die an die auch damit, dass die Umsetzung bestimm- Vorwurf, die Student_innen würden unre- Universität wien selbst gerichtet werden ter Forderungen Geld kostet, beschäftigen alistische Forderungen stellen, aber nicht können. „Das Unigesetz lässt den Universi- sich die Student_innen im audimax. Spä- über Verbesserungsvorschläge nachdenken. täten eine Menge Freiräume. Viele unserer testens seit dem Bankenpaket sollte aber Forderungen können von den Uni-Gremi- klar sein, dass nicht zu wenig Geld vorhan- Dabei hat sich in absprache mit dem ple- en selbst aufgenommen und umgesetzt den ist, sondern das problem in der Um- num schon längst eine Gruppe Studierender werden – so beispielsweise die ausgestal- verteilung liegt. [jou] [pii] essen für alle! gemüse schneiden, kochen und abwaschen. so kann man die arbeit betrachtet, die die Gruppe leistet, kann man dem nur die aufgaben der Volxküche zusammenfassen. Rund um die zustimmen. Finanziert wird das Ganze durch Geld- und Essens- Uhr versorgt das Vokü-team die Besetzer_innen mit essen. spenden, die von kleinen privaten Spenden, wie ein paar Karot- ten, bis zu Vw-Bus-Ladungen mit verschiedenstem Essen reichen. Hier gibt es Frühstück, Mittagessen und abendessen. warme Das Brot wird täglich von einer Bäckerei bereitgestellt. Bio-Bau- und kalte Speisen sorgen dafür, dass keiner Hunger leiden muss ern und Bäuerinnen und Gemüsehändler_innen sorgen für fri- und die Besetzung weiter gehen kann. Das team besteht aus ca. sches Obst und Gemüse. Die Spenden in den letzten tagen waren 20 Helfer_innen, die so lange wie möglich in der Küche arbei- so enorm, dass die aG das Lager vergrößern musste. allein an ten und sich abwechseln. Einen festen arbeitsplan gibt es da- mitgebrachtem Geschirr mangelt es hier noch, sodass viel Geld bei nicht. Es ist immer jemand da und man kann sich auch auf für plastikgeschirr verwendet wird. Daher bittet die VoKü alle, die Unterstützung anderer Student_innen verlassen. Überall im selbst Geschirr mitzunehmen. [red] audimax hört man Sätze wie „Die VoKü ist einfach super!“ und „So gut habe ich schon lange nicht mehr gegessen!“ wenn man
  • 5. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 5 stimmen Christoph Liebentritt zu Bologna der Bologna-Prozess. ein heiß diskutierter Begriff der letz- glOssaR ten Wochen, doch welche auswirkungen hat er auf die einzelnen student_innen? [biha] Bachelor/master studienplan: Ersetzt das alte Diplom und führt mit dem Bachelor ein Vordiplom ein, welches die Stu- im Jahre 1999 fanden sich 31 peter ist physiker und steht un- dierenden schneller in den arbeitsmarkt entlassen soll. Die Bildungsbeauftragte aus 29 ter hohem zeitdruck. wenn er wissenschaftliche Lehre wird häufig erst im anschließenden europäischen Ländern in der nicht bald mit seinem Studium Masterstudiengang vertieft. italienischen Stadt Bologna fertig ist, muss er in den Bache- zusammen, um dort über die lorstudienplan wechseln. Dabei steP: Verpflichtende Studieneingangsphase, bestehend aus zukunft der Hochschulen Eu- würde allerdings ein teil sei- mehreren Kursen, die als Einführung in das jeweilige Studi- ropas zu entscheiden. Neben ner schon erbrachten Leistun- um und die arbeitstechniken dienen sollten. Der erfolgrei- dem Hauptziel, die europäi- gen verloren gehen, da sie sich che abschluss der StEp ist für die teilnahme vieler folgender schen Hochschulen zu verein- nicht mit den inhalten des neu- Lehrveranstaltungen entscheidend. Oft sind die StEps jedoch heitlichen, ging es darum, die en Studienplans decken. mit harten prüfungen verbunden, die das weiterkommen Mobilität und internationale im jeweiligen Studium erschweren. wettbewerbsfähigkeit zu för- Stefan hat sein publizistik-Stu- dern. Eigentlich eine gute Sa- dium bereits 1985 abgeschlos- Vorraussetzungsketten: Kurse können oft nicht frei ge- che? an den Unis nachgefragt, sen. Er erinnert sich gerne an wählt werden. wenn Kurs a nicht abgeschlossen wurde, hält sich die Begeisterung in die zeit, als es noch genug Frei- kann Kurs B im nächsten Semester nicht besucht werden. Grenzen: Kathi studiert rechts- räume für Studierende gab, wissenschaften und weiß, dass sowohl physisch, als auch im ects-Punkte: „European Credit transfer System“ – Für Kur- oftmals bereits abgeschlossene Studienverlauf. Diese Freiheit se werden Leistungspunkte vergeben, welche den arbeits- Kurse Studierender aus Salz- wurde durch den Bologna–pro- aufwand messbar machen sollen. Ein ECtS-punkt entspricht burg, die ihr Studium an der zess massiv eingeschränkt. Stu- dabei 25 arbeitsstunden. wiener rechtswissenschaftli- dieneingangsphasen (StEps) chen Fakultät (Juridicum) fort- und Voraussetzungsketten sor- mobilität: Die Möglichkeit, zwischen Universitäten im in- setzen wollen, nicht anerkannt gen für eine zunehmende Ver- land und ausland zu wechseln. Die schon abgelegten prü- werden. „Die Mobilität funk- schulung der Universitäten und fungen sollen durch die einheitliche Studienpläne und die tioniert nicht einmal national, verhindern oft die teilnahme an ECtS-punkte auf allen Universitäten anerkannt werden. wie soll sie dann grenzüber- gewünschten Kursen. in der praxis ist das trotzdem meist mit viel aufwand und greifend klappen?“ Schwierigkeiten verbunden. artikel aus der Kronen zeitung, 1.11.2009 Wahrheit? ansichtssache! Haben die vermummten Demonstrierer [sic!] das Grafitti aus der wand ge- rissen und ins audimax gestellt? Nein, der Künstler hat bewusst auf eine Holzspanplatte gesprayt, um keinen Sachschaden zu verursachen. warum dann die Vermummung? Beim Sprayen entstehen feinste giftige Lackpar- tikel, deshalb der Mundschutz. Eigentlich eine ganz einfache Erklärung…
  • 6. 6 ute Bock: “mit raunzerei die kämpferin für die anliegen der Flüchtlinge, einer rechtlosen Bevölke- WeRden sie da nicht VeR- rungsgruppe , spricht mit “morgen” über ihre arbeit und eine gesellschaft, Rückt, Wenn sie sehen, die meister ist im Wegschauen. Welche angst diese menschen haBen? wenn er in a anderes Land geht, sich dort eine arbeit sucht und Geld heimschickt. Furchtbar, ich bin vielleicht eh schon wahn- Das ist wesentlich besser, als er bleibt zu sinnig. ich habe nicht geglaubt, dass sowas Hause sitzen und wartet auf die Segnun- möglich ist. Die erklären uns in der Schu- gen Gottes, auch wenn er grad nicht ver- le: "Die polizei, dein Freund und Helfer", folgt oder umgebracht wird. Verhungern und dann sind die gekommen und haben ist auch sterben. uns die Verkehrsregeln gezeigt. Ein poli- zist war für mich immer was Nettes. Das in ÖsteReRich scheinen tROtZ- waren menschliche Leute. Heute sehe ich dem Viele menschen angst das anders. Man ist sozusagen davon ab- VOR Flüchtlingen ZU haBen. gekommen, dass wir zu unseren Behörden Niko Ostermann Vertrauen haben dürfen. wenn einer sich weil angst gemacht wird. wenn man je- nicht traut, mit der rettung ins Spital zu den tag in der zeitung liest, "die nigeria- fahren, weil er glaubt, die führen ihn in nischen Drogendealer", "die armenischen die Schubhaft, ist das ein trauriges zeichen. Ladendiebe", "die russischen Mafiaange- FRaU BOck, es ist sOnntag hörigen" - , wenn man das immer liest, und schUBhaFt – Was BedeUtet das? nachmittag – WaRUm sind sie das wird jeden tag breitgetreten, dann tROtZdem in ihRem BüRO? fürchtet man sich halt auch. Klar gibt es Gedacht ist sie zur Sicherstellung der ab- auch solche Fälle, aber von den vielen Er- schiebung. in wahrheit ist es ärger als je- weil ich einen schlechten artzt hab, der freulichen hört man eben nichts. ande- des normale Gefängnis und es ist sogar so mich noch nicht eingewiesen hat. Und rerseits: wenn ich Menschen mit nichts, arg, dass es manchmal den polizisten da weil ich soviel arbeit hab. ich muss mich gar nichts, keinem Geld und keiner Un- zu viel wird. ich bin schon angerufen wor- um die post kümmern. Es ist ganz wichtig, terkunft, auf die Straße stelle, dann kann den, Samstag aufd' Nacht: "Bitte holts den dass die Leute hier ihre post kriegen, ja, ich nicht erwarten, dass sie sich still in ei- ab, der kann allein nimma gehn." Oder es dass sie's regelmäßig kriegen und auch, ne Ecke stellen und verhungern. Sie wer- ruft einer aus dem Schubhaft-Gefängnis an: dass man aussortiert, wer nicht mehr da den versuchen, sich selbst aus dieser Ecke "ich darf ihnen nicht sagen, wer ich bin, ist. am Sonnntag mach ich halt, was un- zu befreien, wenn man ihnen nicht hilft. aber ich muss da jetzt eine Familie raus- ter der woche liegen bleibt. wie, das ist von Mensch zu Mensch ver- schmeissen [anm. d. red.: abschieben], viel- schieden. leicht können Sie sich kümmern um die." Und Was machen sie, Wenn sie sich nicht geRade Um die POst kümmeRn müssen? leBenslauf unD auszeichnungen ich versuche halt, das Los der asylbewer- ber, die sonst überall durch den rost fallen, irgendwie zu lindern. zum teil finanziell, Ute Bock wurde 1942 in Linz geboren. Nach der Matura arbeitete sie ab 1969 im oder dadurch, dass ich versuch, Kranken- Gesellenheim zohmanngasse im 10. Bezirk. Dort wurde sie schließlich auch Leite- versicherungen aufzustellen oder Ärtzte rin. 1999 wurden bei einer razzia in ihrem Heim etwa 30 afrikanische Jugendliche zu suchen, die jemanden umsonst behan- festgenommen (Stichwort: „Operation Spring“). deln. ich versuche das, was hier passiert, wie mit diesen Menschen umgegangen Ute Bock wurde wegen Bandenbildung und Drogenhandels angezeigt und kurz- wird, ins Licht zu rücken. Die meisten Ös- fristig vom Dienst suspendiert. Die anklage gegen Ute Bock wurde bald wieder fal- terreicher wissen das gar nicht. Es geht um len gelassen. allerdings legte ihr die Gemeinde wien mit einem Verbot, afrikaner die, die überall hinausgeschmissen werden. in ihrem Heim zu beherbergen, ein großes Hindernis in den weg. Sie ließ sich den- noch nicht unterkriegen. Seitdem organisiert sie private wohngemeinschaften für Was tReiBt menschen daZU, Flüchtlinge und betreut und finanziert diese. Für ihre arbeit und ihr Engagement aUs ihReR heimat ZU Fliehen erhielt sie unter anderem folgende preise: Und nach ÖsteRReich ZU kOmmen? Das Hauptargument von der regierung ist, 2000 UNHCr-Flüchtlingspreis dass das alles wirtschaftsflüchtlinge sind. 2000 SOS-Mitmensch Ute-Bock-preis für zivilcourage Es kann schon sein, dass es wirtschafts- flüchtlinge gibt. aber wenn einer in sei- 2002 Bruno-Kreisky-preis für Menschenrechte ner Heimat seine Familie nicht ernähren 2003 Dr. Karl-renner-preis und den Greinecker Seniorenpreis kann, dann ist es legitim, dass er einen an- deren weg sucht. ich finde es anständig, 2004 preis des Österreichischen roten Kreuzes
  • 7. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 7 kommt man nicht Weit.” Wie lange kann die schUBhaFt daUeRn? Bis zehn Monate. Die helfen sich dann mit Hungerstreik und so kommen sie frü- her raus. aber man darf nicht vergessen, dass ein Hungerstreik sich auf die Ge- sundheit auswirkt. Es ist nicht nur so, dass Martin Juen man sagt, dann isst er halt wieder nach- her und es ist alles in Ordnung. Die Leute sind krank nachher und werden verrückt. Das ist Folter. haBen kindeR VOn lichsten Umständen eine ausbildung ge- WeRden die menschen asylBeWeRBeRn iRgendeine macht. Dort haben die ihn nicht mit dem dORt BetReUt? chance aUF BildUng? Namen angeredet, sondern mit "du arsch- loch". wir vergessen ganz, dass wir die Nur ganz notdürftig. Mich hat auch schon Ja, wenn sie mit mir Kontakt haben schon. Leute für Europa erziehen müssen. wenn einer von den wenigen Betreuern angru- Da im Haus lebt eine armenische Familie wir mit ihnen so umgehen, wie sollen sie fen, ob ich einen Betroffenen kenne, weil mit einem Sohn, der jezt maturiert hat. dann lernen, wie man es besser macht? man dort eine Berufung machen müsste. irrsinnig begabt. Kann armenisch in wort wir reden von einem geeinten Europa - Die akte wollte er mir dann nicht faxen und Schrift, russisch, tschechisch, Deutsch die Grenzen sind gefallen. Und dann ma- – das war gegen die Vorgaben. ich ver- und noch viele andere Sprachen auch. Das chen wir so einen Blödsinn. Das wichtigste stehe nicht, dass nicht einfach alle sagen muss man sich mal vorstellen. Und das wird ist ausbildung. ich zahle ganz viele Studi- können: "Da machen wir nicht mit!". Die ihn vielleicht retten. Gegen seine Familie envorbereitungskurse. Die Studienberech- Leute dort sind großteils Sozialarbeiter. Da läuft immer noch ein Verfahren. tigunsprüfung für ausländer kostet ein sind viele nicht einverstanden. Die Leitung, Schweinegeld. Das sind im Moment 410 die regierung, die sind immer total gegen Und Wie sieht es Euro. ich muss die ganzen Bücher zahlen. mich. aber die Leute dort - warum sagen mit lehRstellen aUs? ist es nicht gescheiter, jemand lernt was, die nicht einfach: "Bis hierher und nicht als er sitzt daheim und geht irgendwann weiter!". Und wenn das alle 10 Hanseln ich hatte einmal einen Bosnier, der hat ei- mal aufn Strich? dort sagen, dann ändert sich was. wenn nen Hauptschulabschluss gemacht und war alle zusammen schrein, dann wird man das dann Geselle und hat unter den fürchter- (Fortsetzung Seite 8) nicht so übergehen können. WeltPremiere im Besetzten auDimax am vergangenen Samstag kam es zu einer weltpremiere im besetzten audimax der Uni wien. Der Film "Ute Bock for president" über die berühmte Flüchtlingshelferin wurde dort vor einem bis auf den letzten platz gefüllten Hörsaal aufgeführt. Eigentlich war die Uraufführung für Sonntag auf dem Filmfestival Viennale geplant. Die Verantwort- lichen verlegten sie jedoch, als kleinen solidarischen Beitrag mit den protestierenden Studenten, an die Uni. Die “Hauptdarstellerin” und die regisseure Houchang allahyari hieR kÖnnen sie sPenden und tom-Dariusch allahyari besuchten unter anderen die Veranstaltung und wurden mit tosendem applaus empfangen. Ute Bock sprach mit "Morgen" über ihre arbeit. Verein Ute Bock BawaG Bankleitzahl 14 000 Konto Nr. 01910 807249 Sie können mit angabe eines Stich- worts den zweck ihrer Spende Martin Juen bestimmen. (z.B. Bildung, Flüchtlings- beratung, Familienprojekt)
  • 8. 8 großDemo am letzten Martin Juen aPROPOs stRich: Das ist für Flüchtlinge die einzige reale Chan- mittWoch ce, hier zu arbeiten. Die kommen hierher und müssen den Schlepper zahlen. Dann gehn sie auf den Strich, werden erwischt und registriert. Und dann können sie legal dort "arbeiten". ist das nicht abnormal? Letzte woche hat mich die Männerbera- tungsstelle angerufen: Ein 15-jähriger ru- mäne, der hier Sexarbeiter ist und davon weg möchte. Er darf nichts anderes ma- chen. is das nicht eine Schande? reden kann man darüber nicht. zu mir ist einmal ein junges Mädl gekommen. Sie hat mir gesagt, dass sie HiV positiv ist. Der Dok- tor bei dem sie war, hat nur gesagt, dass es "noch ganz klein" ist. ich hab dann bei der aidshilfe angerufen und dem erzählt, dass da a Dirndl am Strich steht und unse- re ganzen idioten ansteckt. Sagt der: Nor- Foto: jari malerweise stecken die Männer die Frauen an. Ein Mann von der aidshilfe! Wie halten sie das alles aUs? mehr als zehntausend menschen „wir sind hier und wir sind gehen für eine bessere Bildung auf laut, weil man uns die Bildung Mit raunzerei kommt man nicht weit. ich die straße. [ants] klaut!“ zahlreich haben sich die blödl einfach alle an. Das ist die einzige protestierenden letzten Mitt- art, wie man das aushält. wenn man bei woch auf den Straßen vor der Hauptuni versammelt. auf der Uhr tickt es so viel Elend mitraunzt, dann ist alles aus. 17.00 Uhr: Die letzten Banner werden bereit gemacht, Flyer wechseln noch wenn einer zu mir kommt und sagt: "ich schnell die Hand und manch eine_r springt auf der Stelle vor Freude/Käl- hab vier tage nichts gegessen", dann sag te. Die Menge reicht von der Straßenbahnhaltestelle Schottentor bis zum ich: "Gewöhn's dir nimma an". Das kommt rathaus. auf der Uni-rampe werden nochmals der Forderungskatalog und auch in dem neuen Film über mich ganz die Gründe der Demonstration verlesen. gut rüber. Der ist ja wirklich halbwegs gut geworden. tausendfach ertönt Jubel und applaus; dazu schrill trillerpfeifen und eini- ge trommeln. Die Masse setzt sich richtung Burgtor in Bewegung, wo sich deR Film heisst: "BOck FOR noch hunderte Demonstrant_innen der tU und der akademie anschließen. PResident" Was WüRden sie immer wieder flammen Sprechchöre, wie „wessen Uni? - Unsre Uni!“ oder als PRäsidentin als eRstes „Der Hahn gehört gerupft!“, auf. tUn? Um etwa 18.00 Uhr treffen immer mehr Demonstrant_innen am Minori- Das wird nie passieren (lacht). Das hab ich tenplatz ein, füllen ihn vollständig aus und brüllen den protest bis in das mir noch nie überlegt. Nachdem der Lug- wissenschaftsministerium hinein. weiter strömt alles zum Schwedenplatz, ner sich wieder aufstellen lassen will, hab um dann den ring entlang wieder zurück vor die Uni zu gelangen, wo das ich ja eh keine Chance. in der politik kann abendprogramm stattfindet. Dort spielen Louise pop und die Band Ja, panik man nicht viel ändern. Erst müssen sich die auf. Und ganz nebenbei wurde auch noch der weltrekord im Mambo-tan- Menschen ändern. zen gebrochen, den das Bundesheer am Nationalfeiertag aufgestellt hatte. sie WeRden nicht müde, Später beziffert die polizei die größte Studierendendemonstration seit Jah- sie machen WeiteR? ren mit etwa 10.000 Beteiligten; die Veranstalter_innen selbst sprechen von 50.000. Ähnliche aktionen fanden an diesem tag auch in Klagenfurt Jetzt erst recht. wenn sich a bisserl was und Salzburg statt. Durch die Verlagerung des Uni-protests auf die Straße bessern würde, tät ich eh aufhören. aber hat die Bewegung klar zu einer allgemeinen, nicht auf die Universität be- es wird nur schlimmer. [wap][ha] schränkten Debatte über Bildung aufgerufen.
  • 9. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 9 Die feinDe Der ren. ausgegangen sind die proteste von den Forderungen jener, die genug hatten von den untragbaren Studienbedingungen in Fächern wie publizis- tik. Herausgekommen ist eine Debatte um die Chancen künftiger Generati- münDigen onen und dem Leistungsniveau der gesamten Gesellschaft. Die wut richtet sich gegen die neoliberale Bildungspolitik: Der Hochschulbetrieb wird öko- nomisiert, die Bildung dem Konkurrenz- und Leistungsdruck der wirtschaft gesellschaft unterworfen. „Bildung statt ausbildung“ stand daher auf den transparen- ten der Großdemonstration. Es geht nicht um einige Millionen mehr aus dem Spendentopf des Ministers, sondern um eine neue Bildungspolitik - nicht nur an den Universitäten. Die Student_innen wissen: Einschränkun- der studentische Protest richtet sich nicht nur gen der Hochschulbildung führen zu sozialer auslese - und das ist es, was gegen unzumutbare studienbedingungen – er ist die konservativen Eliten wollen. auch ausdruck einer allgemeinen gesellschaft- lichen Unzufriedenheit. [WR] Die politischen parteien sind starr vor Schreck und wissen mit der Bewe- gung nichts anzufangen. Der protest ist auf eine neue weise organisiert, als einige hundert Student_innen spontan das au- mit denen die parteien nicht auf traditionellem weg umgehen können. Die dimax der Uni wien besetzten, hätte sich niemand Student_innen nutzen neue Mittel und wege, ihre inhalte zu veröffentli- gedacht, dass daraus eine Bewegung entsteht, die chen. Der protest ist dezentral organisiert und funktioniert über twitter, erreicht hat, dass im ganzen Land über Bildung dis- Facebook und Live-Übertragungen aus den besetzten Hörsälen. was hier kutiert wird. Die anliegen der Studierenden finden in wien passiert, ist erfolgreich praktizierte Basisdemokratie, die der kon- in vielen teilen der Bevölkerung Unterstützung. täg- ventionellen politik Konkurrenz macht. lich treffen neue Solidaritätserklärungen aus dem in- und ausland ein. auch viele Lehrende haben sich Mit interesse und Hoffnung beobachten die Student_innen nun den kom- solidarisch erklärt. Für Donnerstag ist ein bundeswei- menden „Bildungs-protestmonat November“ in Deutschland. Dass der pro- ter „Bildungs-aktionstag“ geplant, weitere Demons- test international wird, ist eine große Chance für die Student_innen, denn trationen werden stattfinden. Nach wie vor gewinnt die Situation im rest von Europa ist ähnlich dramatisch wie an den heimi- die Student_innenbewegung an Momentum – nicht schen Unis. nur in Österreich. Eine bisher für angepasst, ängstlich und egoistisch gehaltene Generation was wollen die jungen Leute? Österreichs ausgaben wird nun wohl nachhaltig politisiert werden. plötzlich werden wieder wor- für Hochschulen liegen weit unter dem europäischen te wie „Solidarität“ in den Mund genommen und aktiv gelebt. Diese neue Durchschnitt. Die aktuelle Misere an den Unis ist nicht Form der politischen Organisation wird den parteien, die ja auch um die nur die Schuld von Hahn, sondern sie basiert auf Feh- Gunst der jungen wähler_innen buhlen, zu denken geben. in diesem Sin- lern aller parteien und regierungen in den letzten Jah- ne hat diese protestbewegung ihr ziel bereits erreicht. Ja, Panik: „Wir unterstützen Den Protest.“ am mittwoch, dem 28.Oktober 2009, gab die ös- terreichische indie-Band Ja, Panik im anschluss an die große demonstration der student_in- nen, überraschend ein konzert auf der Uniram- pe. nach dem furiosen spontan-auftritt bat die morgen-Redaktion gitarristen thomas schleicher und keyboarder christian treppo zum interview. Was WaR deR aUslÖseR daFüR, dass ihR heUte hieRheR gekOmmen seid, WO ihR dOch schOn mORgen in nüRnBeRg sPielt? Thomas: wir unterstützen den protest. Grundsätzlich. protest ist ein wichtiges Element in einer funktionie- renden Gesellschaft. Christian: D´accord. kann kUnst BZW. mUsik die gesell- schaFt BeeinFlUssen - inWieFeRn kann ja panik Foto-2007 (© Julia Spitzner) sie sie VeRändeRn? Thomas: wenn man die Geschichte betrachtet, dann kann Kunst verändern. Und sie tut´s auch ständig. Christian: ich glaube, das liegt auf der Hand. Thomas: also wir werden heute zwar nicht mehr das parla- ment anzünden oder die regierung stürzen, aber es wirkt. Christian: Genau. Es wirkt ... ein bisschen wirkung hat´s hoffentlich gehabt. (Fortsetzung Seite 10)
  • 10. 10 Ja, Panik: „Wir unter- c1-Besetzer_innen stützen Den Protest.“ (Fortsetzung von Seite 9) trotzen kälte Die seit Mittwochabend andauernde Besetzung des zweitgrößten Hörsaals der Uni wien wird vom rek- torat nach außen weiterhin ignoriert. So gibt es we- der eine ankündigung auf der Universitätshomepage, das hat man Ja aUch an deR VielZahl VOn noch werden Lehrende und Studierende davon in menschen gesehen, die sich WähRend eURes Kenntnis gesetzt. aUFtRitts VOR deR UniVeRsität VeRsammelt hat. Die tatsache jedoch, dass uns hier Heizung und warm- wasser abgedreht wurden, zeigt, dass die Besetzung Christian: richtig. So gesehen hat´s vielleicht etwas verändert. inoffiziell sehr wohl zur Kenntnis genommen wurde. im VideO ZUR eUReR single „alles hin, hin, wir lassen uns davon jedoch nicht unterkriegen und hin“ WiRd ein text VeRlesen, in dem es heisst: zeigen mit einem öffentlichen, kollektiven Bad bei 2° „nUR eines ist lächeRlicheR als geld ZU Besit- Celsius im Brunnen vor dem besetzten Hörsaal, dass Zen: kein geld ZU BesitZen.“ das ist tRaURige wir uns durch solche Machtspielchen des rektorats Realität an den ÖsteRReichischen Unis. Wie weder demotivieren noch entmutigen lassen. seht ihR die entWicklUng hin ZUm BildUngs- aBBaU? Der nicht nur physischen Kälte des rektorats setzen wir soziale wärme und eine “brennende Uni“ ent- Thomas: Generell, der Lauf der Geschichte: Umso blöder, umso gegen, denn auf eine Solidaritätserklärung aus dem dümmer man ein Volk hält, umso blöder, umso dümmer man die rektorat warten wir noch immer. jungen Leute hält, umso leichter hat man´s als... [Die Besetzer_innen des C1 am Campus] Christian: ... als Obrigkeit. Ja, also ich stehe all dem relativ kritisch entgegen. also der Entwicklung des sogenannten Bildungssystems, das sich ja nur fälschlicherweise Bildungssystem schimpft, weil´s ziVilcourage ja ein aus-Bildungs- und Schulsystem ist. Und weiter zur Frage: ich hasse die Vereinnahmung durch die wirtschaft (anm.d. red.: gemeint ist die Vereinnahmung des Bildungssystems durch die wirtschaft). ich würde mir eine konträre Entwicklung wünschen. „Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun.“ - schrieb glaUBt ihR, dass WiR dURch die PROtestBe- einmal ein weiser mann. [ekü] WegUng, mit deR sich immeR mehR BeVÖlke- RUngsgRUPPen sOlidaRisieRen, etWas ZU eineR Menschen werden in U-Bahn-Stationen zusammenge- gRUndlegenden VeRändeRUng im BildUngs- schlagen und niemand hilft. Menschen haben autoun- system BeigetRagen haBen? fälle und niemand hilft. Menschen leiden tagtäglich und absolut niemand hilft. Nicht irgendwo, sondern Christian: Das weiß ich nicht ... hier, bei uns. in Österreich. Und immer wieder schreit die Gesellschaft nach mehr zivilcourage. Man solle Thomas: Ganz ehrlich? Nein. Ganz einfach weil´s keinen rück- hinsehen und helfen. Man solle etwas tun. halt in der Gesellschaft gibt. weil die Kronenzeitung, die gro- ßen Medien, die erklären der Masse, was da passiert - und zwar tausende Studierende haben in den letzten tagen falsch. Sie sagen eben: „Naja, schaut‘s euch die jungen Leute an, hingesehen und etwas getan, denn sie fordern be- die wollen gar nicht studieren, die sind ja faul, die wollen eh nur dingungslos unsichtbare werte, die Europa einst groß saufen.“ Das ist natürlich eine infame Lüge. aber das ist, wie es gemacht haben – Bildung, Gerechtigkeit und Demo- den älteren Leuten erklärt wird. Dass wir jungen Leute das an- kratie. Sie kämpfen nicht nur für sich, sondern für ders sehen und verstehen, was da alles passiert, ist klar, aber eine erstrebenswerte zukunft. Sie fordern nicht nur meine Großmutter weiß nicht, was da gerade los ist. Und wenn blind, sie versuchen auch Lösungen zu finden, wie al- meiner Großmutter von der Kronenzeitung erklärt wird: „Die les möglich wird. jungen Leute, die sind nur faul, die wollen nur parties feiern an- statt zu studieren“, dann glaubt meine Großmutter das. Und der Stellt sich nur die Frage, warum diese Studierenden Großteil der Bevölkerung ist dieser ansicht. ich nehme an, dass verurteilt werden für jene Courage, die immer wie- in ein oder zwei wochen, wenn alles verklungen ist, die Leute der gefordert wird. wollen wir frustrierte Jugendli- rausgetragen werden und ja ... - das war´s dann. Das ist meine che, mit groben Mängeln in Erziehung und Bildung, dunkle, schwarze Einstellung. ich bin generell sehr pessimistisch. die Menschen zusammenschlagen? wollen wir wei- ter auf eine Gesellschaft zusteuern, in der man angst Christian: ich sehe das nicht so pessimistisch. ich finde, es bedarf haben muss zu helfen? wollen wir Missstände akzep- einer grundlegenden reform, nicht nur bei der Studieneingangs- tieren, weil es leichter ist? phase und den Studiengebühren – das sind jetzt nur die euch betreffenden aspekte einer gesellschaftlichen Krise, die schon wer weiß, wohin die proteste der Student_innen füh- bei der Volksschule anfängt - das ist ja auch so ein Schwachsinn, ren werden, und ob sie sich letzten Endes als richtig meiner Meinung nach. Da müsste eben ein paradigmenwechsel herausstellen. Nur sollte sich in zeiten wie diesen aus- stattfinden. Das geht aber nicht von heute auf morgen, dazu nahmslos jede und jeder fragen, ob man lieber die braucht es wahrscheinlich ein paar Jahrzehnte. Vielleicht habt Verantwortung fragwürdiger taten auf sich nehmen ihr diesen wechsel jetzt losgetreten. [Ilc][stl] will, oder aber jene blinder Untätigkeit.
  • 11. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 11 Die morgen Protestkarte auch in anderen Städten Öster- reichs war in den letzten tage einiges los. auf unserer pro- testkarte finden Sie alle Brenn- punkte auf einen Blick. [red] Durchs reDen kumman D’leit zam! Diese Uni ist besetzt! Das hat bildungspolitisch engagierter Besetzer_innen nicht in Orgien der bei geht es den Besetzenden gar auch meine Oma gehört. „Geht’s Gewalt und zerstörung, sondern veranstaltet einen friedlichen, nicht darum, seine unverdien- dir eh gut, Kind?“ hat sie ganz kreativen protest: zwischen abstimmungsintensiven plena und ten Federn zu rupfen, sie wol- besorgt am telefon gefragt. gesellschaftskritischem improvisationstheater wird diskutiert, vor- len die Bildungsmilliarde und trotz hundertfacher Versiche- getragen, organisiert und motiviert. ist diesen jungen Menschen perspektiven für die zukunft. rung, dass die Studierenden etwa doch nicht ‚ois wurscht‘? Bestimmt nicht. Neben aktions- ‚nur‘ streiken, um bessere Studi- und arbeitsgruppen zu wichtigen themen, wie beispielsweise wieder beruhigt machte sich enbedingungen zu bekommen, anti-rassismus und anti-Sexismus, folgt diese vielseitige Bewe- auch bei Oma Unverständnis verbindet Oma mit Besetzung gung dem Motto: Lieber einmal öfter abstimmen, damit alle ge- breit: „wieso kommta ned? immer noch Krieg. hört werden – und hält das audimax besetzt. tausende haben waß der denn ned: Durchs re- ihr Leben in den letzten tagen über den Haufen geworfen, um den kumman d‘Leit zam!“ Entgegen mancher Erwartungen – zumindest für Stunden – teil des protestes zu sein. Nur einer ist ergeht sich der illustre Haufen uns seine aufwartung schuldig geblieben: Johannes Hahn. Da- [lou]
  • 12. 12 auDimax-Besetzer_innen organisieren sanitätsDienst! Die Studentinnen und Studenten, die seit mehr als zehn tagen das audimax besetzt halten, haben nun schon seit Längerem auch eine eigene sanitätsdienstliche Betreuung organisiert. Der arbeiter-Samariterbund und andere Organisationen helfen mit. Unter den Besetzer_innen des audimax finden sich nicht nur klu- ge studentische Köpfe, sondern auch voll ausgebildete Sanitä- ter_innen. Schon kurze zeit nach Beginn der Besetzung wurde ein durchgehender freiwilliger Sanitätsdienst eingesetzt. Seitdem kümmern sich Mitglieder des roten Kreuzes, des Samariterbun- des und anderer rettungsorganisationen um die medizinischen anliegen ihrer Mitbesetzer_innen. zu den Stoßzeiten, wenn sehr viele Menschen im audimax sind, hilft auch der arbeiter-Samariterbund offiziell mit. außerdem kommen immer wieder praktische Mediziner_innen, Kranken- pfleger_innen und auch psychologische Betreuer_innen vorbei und bieten unentgeltlich ihre Dienste an. Diese wichtige Mit- hilfe zeigt nicht zuletzt die wachsende zustimmung auch ande- rer Bevölkerungsgruppen zu den protesten der Studierenden. Christoph Liebentritt [sese] „Und jetzt muss mir ein sozialdemokratischer Kanzler erklä- ren (...),wie es möglich ist, dass (...) bei stetigem wachsen des gesellschaftlichen reichtums nicht mehr finanzierbar sein soll, was in den siebziger Jahren noch finanzierbar gewesen ist!“ (Robert Menasse, Schriftsteller) hinter Den kulissen: die Ergebnisse der aGs diskutiert werden. Die Versammlung ist das Entscheidungszentrum des protestes. Jede_r kann teilneh- stuDierenDe men, seine Meinung sagen und über anträge per Handzeichen abstimmen. Die Versammlungen können im internet live unter http://www.ustream.tv/channel/unsereuni verfolgt werden. Be- VerWalten wusst gibt es keine gewählte Vertretung des protestes, sondern alle Entscheidungen werden gemeinsam von der Basis entschie- sich selBst den, damit alle Stimmen gehört werden. (rxo) Organisations aG Die „Orga“ widmet sich der Koordination und besseren zu- sammenarbeit der aGs untereinander. außerdem wird der ab- lauf der plenumsversammlungen verbessert. Selbstorganisierte Lehrveranstaltung aG Diese aG stellt ein eigenes programm an Volksküche, pressezentrum, putzteams, eine ausgearbeitete Lis- Vorträgen und Filmen auf. Unter anderem wurde die premiere te an Forderungen, eine Homepage, eine Demonstration, eine des Ute-Bock-Films „Bock for president“ in das audimax verlegt. zeitung. all das wurde von den protestierenden Student_innen Bisher gaben Christian Felber (attac-Österreich), Klaus werner- in wenigen tagen aufgebaut. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Lobo, robert Menasse und isolde Charim Vorträge. presse aG Fazit: Die protestbewegung ist gut organisiert! Nur wie funk- Direkt neben dem audimax gelegen, kümmert sich die presse tioniert die Organisation? Vor 13 tagen, am ersten tag der Be- aG um den Kontakt mit den Medien, damit die anliegen der setzung, gründeten die Studierenden arbeitsgruppen (aGs), um Studierenden einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht die wichtigsten probleme zu lösen. Mittlerweile gibt es 85 aGs, werden. auch werden hier alle per E-Mail eingehenden Fragen in denen sich jede_r beteiligen und einbringen kann. Die ar- beantwortet. Button aG Viele Studenten_innen tragen weiße beitsgruppen (siehe Details unten) treffen sich in der Nähe des Buttons um ihre Unterstützung mit dem protest zu zeigen. Über audimax und beschäftigen sich intensiv mit einem bestimmten 6000 Buttons wurden hergestellt. thema. zwei mal am tag finden Versammlungen statt, in denen [red]
  • 13. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 13 „PoWer to the Peaceful“: „So wie sichs gehört! Viele Studentinnen und Stu- denten, die das einzig Vernünftige sagen, nämlich: us-BanD „anti-flag“ „Das ist unsere Uni!“ (Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter) Besucht Besetztes auDimax ihre Botschaft ist deutlich: „Eure Stimmen werden gehört! Menschen, die wird. Die haben ihre Krise aber selbst verschuldet! Ös- sich gemeinsam für eine Sache einsetzen, können Großes bewirken!“ terreichs politiker sollten sich schämen!“ Viele staunten nicht schlecht, als am Sonntag zwei Mitglieder der US-ame- Mit den worten „Es erfordert eine Menge Mut, sich rikanischen Band anti-Flag das audimax betraten und ihre Unterstützung für seine ziele einzusetzen! ihr seid nicht allein!“, zu den Student_innenprotesten kundtaten. Sänger und Gitarrist Justin Sa- schließt er seine rede vor dem audimax-publikum. ne sowie Schlagzeuger pat thetic hatten über zeitungen und Freunde von Er greift zur Gitarre eines Studenten und spielt ei- der Student_innenbewegung erfahren und waren gekommen, um sich ein nen Song der britischen punkrock-Legende the Clash. eigenes Bild von den Ereignissen zu machen. Nach dem audimax geht es für die beiden weiter ins „ich habe gehört, Student_innen müssen hier an den Unis auf dem Boden Gasometer, wo ein Schüler noch einmal die gemein- sitzen, um Vorlesungen hören zu können!“, ruft Justin Sane vom podium. samen anliegen von Student_innen und Schüler_in- „immer wieder wird betont, es gäbe zu wenig Geld für die vielen Studie- nen auf der Bühne zur Sprache bringt. renden, während gleichzeitig massenhaft Geld an die Banken verschenkt [pil] „Es ist ein Skandal, dass der Staat für die Finanzierung der Banken vier- „Die Studierenden legen sicher mit ihren Forde- zig mal mehr Geld zur Verfügung stellt, als für die Finanzierung der rungen einen Finger in wunde punkte der öster- Hochschulbildung!“ reichischen universitätspolitischen Landschaft.“ (Christian Felber, „attac“) (Christa Schnabel, Vizerektorin) Österreichs Die Banken und deren Krise verschlingen einen großen teil des Bruttoinlandsproduktes des Staates Österreich. Durch die immer älter werdende Gesellschaft müssen die pensionen abgesichert werden. Hochschulabgän- finanzPlan 2010 ger_innen können das ansehen der heimischen wirt- schaft und somit ihre Leistungsfähigkeit aufwerten. [sud]
  • 14. 14 Protest: hahn unD sein kaBinett Besetzen Wiener stuDentenWohnheim wien – Eine überraschende wende nahm Gegen 18.30 wurden auch einige privatzim- habe um seinen rausch auszuschlafen, so gestern abend die Diskussion um geplan- mer besetzt. “Es war furchtbar”, schilderte der verzweifelte Maschinenbau-Student. te reformen an Universitäten. Um seinen thomas Unterleiter, ein weiterer Heimbe- Forderungen nach kurzfristigen zugangs- wohner. “ich habe nur kurz aus meinem Durch twitter Messages wie “pfeilg ge- beschränkungen Nachdruck zu verleihen, zimmer geschaut, da hat mich der Bürolei- hört uns!!! haben grade den kühlschrank besetzte wissenschaftsminister Johannes ter des Ministers mit den worten ‘Schleich leergefressen, jetzt beginnt gleich das Hahn mit einigen seiner Kabinettsmitarbei- di, i muaß aufs Heisl’ weggestoßen und hat playstationturnier #giorules” von Hahns ter einen trakt des Studentenwohnheims sich in meinem waschbecken erleichtert.” pressesprecher, sowie ersten Solidarisie- pfeilgasse in wien. in einer ersten aussen- Unterleiter habe aus angst flüchten wol- rungsbekundungen aus Sektionen dung verkündete der Spitzenpolitiker, auf len, sei aber über einen Berg leerer des innenministeriums verbreitete einen “langen Kampf” eingestellt zu sein. Schwechater Bierdosen gestol- sich die Kunde von der Besetzung ex- “Hier geht es nicht nur um Bildungsfragen pert. Er könne im Moment trem rasch. sondern um den protest gegen die ständi- nicht in sein zimmer ge Einmischung der Bürger in die regie- zurück, da der in einer ersten Stellungnahme gegen- rungspolitik”, so Hahn. Kabinettschef über einer Standard-reporterin ant- sich in sein wortete Hahn angesprochen darauf, am späten Nachmittag war Hahn mit sei- Bett ge- dass er am Dienstag eine Ministerratssit- nem Büroleiter, seinem pressereferenten legt zung besuchen müsse nur trotzig: “is mir und einigen anderen Mitarbeitern ges- wurscht, wir bleiben hier so lange es dau- tern unangekündigt im dritten Stock des ert”. auch, dass er mit der aktion einen wohnheims pfeilgasse aufgetaucht und mögliche Nominierung als österreichi- hatte den Gruppen- und Küchenraum be- scher EU-Kommissar aufs Spiel setze setzt. “Es ist alles sehr schnell gegangen” sei dem Minister “scheißegal”. Mit berichtete Heimbewohnerin anna Fass- einem kräftigen rülpser beende- bender, die die aktion vor Ort miter- te er das Gespräch und widmete lebte. “ich wollte mir gerade einen tee sich wieder dem playstation-Spiel machen, als der Minister mit einigen Grand theft auto. anderen Leuten den Gang entlang kam. Sie hämmerten an alle tü- Unterstützung bekamen die Besetzer ren und schrien aus vollem Hals.” von der rektorenkonferenz. Unter joh- Laut Fassbender begannen Mit- lendem applaus wurde Christoph Badelt arbeiter des Ministerialbüros willkommen geheißen, der eine Kis- begleitet von rage against te Bier mitbrachte und von Hahn per the Machine Songs aus ei- Handschlag begrüßt wurde. nem mitgebrachten transis- torradio, die worte “Sektion zur Stunde dauern die proteste wei- 666” und “Gio rules” auf ter an, für Dienstag Mit- die wände der Küche zu tag hat der Minister sprayen. “Die meisten wa- eine große Solidari- ren schon stark angetrun- sierungskundgebung ken”, so Fassbender. mit weiteren Minis- terien gegen “über- triebene Mündigkeit der Bürger” anbe- raumt.
  • 15. U-BaHNzEitUNG DES BESEtztEN aUDiMax 15 hunD Der Woche: aurelio [dpaj] er stammt ursprünglich aus der schweiz und hat gemeinsam mit seinen Bandkollegen aus chile 25 länder bereist. der klassische Berufsdemons- trant. Wir präsentieren diese Woche: aurelio kreuzWorträtsel senkRecht: 1. was fand am Mittwoch, den 28.10.2009 in wien statt? 2. wer sorgt für das leibliche wohl der protestierenden? 5. Nach Bildung kräht kein ______. WaagRecht: 3. Das ziel der ziele. 4. intern organisiert sich die Bewegung in ____________. 6. wo werden die neuesten Entwicklungen vorgetra- gen und diskutiert? 7. wo ist das zentrum der Bewegung? 8. wie heisst das Motto der Bewegung an der wie- ner Hauptuni? „ihr beschwert euch, dass hier (im plenum) alle Entscheidungen so lang- sam gehen. Klar geht in einer Diktatur alles schneller, aber Leute, wir ha- 9. aufgrund der ___________ finden momentan im ben hier eine Basisdemokratie! wo findet man denn sonst noch sowas?“ audimax keine regulären Lehrveranstaltungen statt. (Studentin) 10. welche abstimmungsform wird im audimax praktiziert?