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Csaba Földes
Farbbezeichnungen
als phraseologische
Strukturkomponenten im
Deutschen, Russischen
und Ungarischen

Eine Präsentation von
Katalin Szám
Inhalt
   Das Verhältnis von Mensch und Farben
   Phraseologismen
   Phrasenbildung
   Herkunft
   Verwendung
   Die symbolische Mehrdeutigkeit der
    Farbwörter
   Äquivalenttypen
   Zum Schluss
Das Verhältnis von Mensch
und Farben
   Die Farben ein “altertümliches
    Bedürfnis” der Menschheit
   Der Mensch ist ein
    farbengenießendes und
    farbenproduzierendes Wesen
   J.W. Goethe als erster
    „Farbenpsychologe“
   Farben bringen entscheidende
    und bedeutsame Wirkung hervor
   Farbbezeichnungen und
    Assoziationen als Ausgangspunkt
    für die Entstehung von
    Phraseologismen
Phraseologismen (1.)
   Eine konfrontative Analyse mit
    Farbkomponenten des Deutschen, Russischen
    und Ungarischen von rund 700
    Phraseologismen
   Korpus der Untersuchung die durch eine
    bestimmten Grad an Idiomatizität, Stabilität
    und Reproduzierbarkeit
   Die Untersuchungsobjekt stellt hinsichtlich der
    Struktur und Semantik der phraseologischen
    Wendungen eine heterogene Gruppe dar.
Phraseologismen (2.)
   In der Untersuchung die folgende
    Bemerkungen seien gemacht:
    1.   Die braune Farbe wurde hier nicht angeführt, mit dieser
         Komponente relativ wenig Phraseologismen exzerpiert
         werden konnten
    2.   Unberücksichtigt wurden auch kuriosen Pseudo-
         Farbwörter z.B. Blümerant(=weißliches Blau). „Mir wird
         ganz blümerant vor den Augen“ – Schwindling
    3.   Man ausklammerte durch Mischung entstandenen
         zusammengesetzten Farben
    4.   Ausgeschlossen wurden die Adjektive, die den
         Farbwörtern zwar nahe stehen, aber keine solchen sind
         (golden, bunt...)
Phraseologismen (3.)
    5.   Auf die Volksetymologie musste geachtet werden; die
         vermeintliche Farbkonstituente bei der etymologischen
         Analyse nicht als Farbwort erwiesen sich (russ. Krasnyj, –
         heute „rot“ – geht auf krasivyj – „schön“ zurück)
    6.   Es erschien aufschlussreich, dass die von uns
         behandelten Sprachen nicht genau über dieselben
         Farbbezeichnungen verfügen. Blau setzt sich
         beispielweise im Russischen aus zwei Farbadjektiven:
         „goluboj“ und „sinij“, oder dt. Rot im Ungarischem
         „piros“ und „vörös“
   Die Wissenschaft hat eine Hierarchie der
    Lexikalisierung der Grundfarben erarbeitet die auch
    für unsere Belange nicht ohne Relevanz sind.
Phrasenbildung
   Bei den Prozess können neben
    metaphorischen und symbolischen Faktoren
    auch andere Aspekte eine nicht zu
    unterschätzende Rolle spielen:
    1.   Der Kontext zur Verstärkung z.B. „der grüne Neid“, Grün
         mit einem negative Emotionen bezeichnenden
         Substantive auftritt
    2.    Phonetische Motive – Alliteration, z.B. „Jn. grün und
         gelb / braun und blau schlagen“
    3.   Phraseologisierung mit Kultur- bzw. landeskundlichen
         Konventionen zu erklären: „blauer Brief“ – Kündigung
         schreiben
Herkunft
   Ausdrücke mit biblischer oder mythologischer Herkunft –
    z.B.: „Das rote Pferd“, in der Offenbarung des Johannes
    (6.4.) wurde später auch zum Symbol der bürgerliche
    Kriege
   Phraseologismen lassen sich auf geschichtliche Ereignisse ,
    historische Personen oder auf lokale Sitten und Brauche
    zurückführen – z.B.: dt. „graue Eminenz“ – russ. „seryj
    kardinal“ – ung. „szürke eminenciás“ (der Kapuziner P.
    Joseph, der engste Berater Richelius)
   Die Weltliteratur trägt effektiv zur Herausbildung solcher
    Phraseologismen, z.B.: dt. „der blaue Vogel“ – russ. „sinjaja
    ptica“ – ung. „kék madár“
   Farbkomponenten sind ziemlich vielen Neologismen oder
    kreativ, innovative sprachspielerische Verwendungen, z.B.:
    dt. „braunes Schaf“ – russ. „koricnevaja Cuma“ – ung.
    „barna pestis“ (Mitläufer der NSDAP)
Verwendung
   Die metaphorischen, symbolischen und allegorischen
    Bedeutungen der Farben können vielfach zu
    phraseologischen Verwendungsweisen führen.
    1.   Natürlichen Phraseologismen – bei denen die
         Beziehungen zwischen die Farbe und der bezeichneten
         Sache, bzw. dem Inhalt des Phraseologismus klar ist. Z.B.:
         dt. „weiss wie Schnee“ – russ. „belyj kak sneg“ – ung.
         „fehér mint a hó“
    2.   Allegorische Phraseologismen – In dem uns erst der Sinn
         des Zeichens überliefert werden muss, ehe wir wissen, was
         es bedeuten soll. Z.B.: „mit der grünen Farbe verhält, die
         man der Hoffnung zugeteilt hat.
    3.   Konventioneller Phraseologismus – Z.B.: dt. „eine weiße
         Maus“ (Verkehrspolizist) – russ. „krasnaja sapka“ (unter die
         rote Mütze gehen = zur Armee gehen) – ung. „vörös
         ördög“ (roter Teufel = Husar). Die symbolische bzw.
         allegorische Bedeutung der Farben (Farbensymbolik) weist
         aber national-kulturelle Unterschiede auf.
Die symbolische Mehrdeutigkeit
der Farbwörter (1.)
   Die unbunten Farben Schwarz und Weiß, sowie das
    „chromatische“ Rot zeigen in allen drei Sprachen die
    höchste phraseologische Beteiligung
    Schwarz und Weiß waren die ersten Farben, mit
    denen sich der Mensch auseinandersetzte. Die weiße
    Farbe symbolisiert die Sauberkeit, den moralischen
    Wert. Dementgegen wirkst Schwarz umgekehrt die
    Farbe des Pessimismus, der Trauer, des Zornes, der
    Gewissenlosigkeit, des Unerlaubten. Z.B.: dt. „die
    schwarze Magie“ – russ. „cernaja magija“ – ung.
    „fekete mágia“. In allen drei Sprachen kann aber
    Weiß u.a. Übelkeit, Blasswerden ausdrücken. Z.B.: dt.
    „weiß wie eine Kalk Wand“ – russ. „belyj kak stena“ –
    ung. „olyan fehér, mint a fal“
Die symbolische Mehrdeutigkeit
der Farbwörter (2.)
   Rot ist die älteste produktive Farbe. Bei den primitiven
    Völkern hat es eine wichtige Rolle gespielt. Es war die Farbe
    der Zauberei und wurde ihm magische Kraft zugesprochen.
    Rot wurde zur Farbe des Krieges und der Gerichtsbarkeit
    wie auch der Gefahr. Im Mittelalter schloss sich dazu seine
    Liebessymbolik an. Später wurde es zum Symbol für Kraft,
    Revolution, Freiheit und Lebensfreude.
   Das Grün ist zum Symbol der Jugend, des Wachstums, der
    Wiedergeburt, sowie der (geistige) Unreife geworden.
    Besonders im Ungarischen und im Deutschen sind mehrere
    Neologismen vor allem in Bezug auf die Landwirtschaft, die
    Natur. Z.B.: dt. „grüne Land“ (staatliches Programm für die
    Landwirtschaft). Neubildung, die allen drei Sprachen eigen
    ist, z.B.: dt. „grünes Licht geben“ – russ. „zelenuju ulicu“ –
    ung. „zöld utat ad“. Grün ist eigentlich eine Mischung von
    Gelb und Blau, hat die symbolisch-phraseologische
    Verwendung dieser Farbe beeinflusst. Z.B.: dt. „sich grün
    und gelb ärgern“ (sich unwahrscheinlich ärgern)
Die symbolische Mehrdeutigkeit
der Farbwörter (3.)
   Blau soll nach den allgemeinen Glauben
    Sehnsüchte und Träume wecken. Es wurde
    auch zur Lieblingsfarbe der Romantik. Z.B.: dt.
    „blaue Blume“ – russ. „goluboj cvetok“ - ung.
    „kék virág“ (Symbol für die romantische
    Dichtung nach dem Roman von Novalis
    „Heinrich von Ofterdingen“. Blau galt
    ursprünglich auch als Sinnbild der Treue. Mit
    den Volksglauben zusammenhängt, dass es
    die Farbe der Hölle eines blaues
    Schwefelmeer sei. Bei Blau bietet das
    Deutsche des umfangreichste empirische
    Sprechmaterial: vgl. „einen blauen Montag
    machen“ (nicht zur Arbeit gehen)  „blauen“
Die symbolische Mehrdeutigkeit
der Farbwörter (4.)
   Die unbunte Farbe Grau – als Übergang zwischen
    Schwarz und Weiß – hatte zuerst „feindliche,
    gespenstische“ oder im allgemeinen „böse“
    Bedeutung. Es spiegelt vorwiegend Langweile
    Unverständlichkeit, Pessimismus und Unsicherheit
    wieder; vgl. „grauer Passagier“.
   Unter den Grundfarben ist Gelb die hellste und
    macht – nach Goethe – einen warmen und
    behaglichen Eindruck auf unser inneres
    Empfinden. Trotzdem hat das Farbwort in der
    traditionellen Symbolik eine Abwertung erfahren.
    Es steht demnach für Neid, Eifersucht, Misstrauen
    und Feigheit: vgl. dt. „der gelbe Neid“ – russ.
    „zeltaja zavist“ – ung. „sárga irigység“
Äquivalenttypen (1.)
   Die ermittelten Äquivalenttypen können
    folgenderweise zusammengefasst werden:
    1.     Phraseologische Entsprechung
    1.1. Vollständige (totale) Äquivalenz, d.h. gleiche denotative
         und konnotative Gesamtbedeutung, völlige Kongruenz in
         der Komponentenkette, identisches Bild als Grundlage. Z.B.:
         dt. „schwarzes Gold“ – russ. „cernoe zoloto“ – ung. „fekete
         arany“
    1.2. Teilweise (partielle) Äquivalenz
          Lexikalische Variabilität, bzw. strukturelle Synonymie, d.h.
           völlige Gleichheit der Gesamtbedeutung und des
           syntaktischen Modells bei nicht genauer
           Übereinstimmung im Komponenten bestand. Z.B. dt.
           „grünes Licht“ – rus. „zelenaja ulica“ – ung. „zöld út“
          Ideografische Synonymie, d.h. keine vollkommene
           Identität der signifikanten phraseologischen Bedeutung.
           Vgl. dt. „Schwarzarbeit“ – russ. „cernaja rabota“. Aber
           der deutsche Ausdruck auf eine Lohnarbeit entgegen
           den gesetzlichen Bestimmungen bezieht, wahrend die
           gleichartige Wortgruppe des Russischen schmutzige
           grobe Arbeit bezeichnet.
Äquivalenttypen (2.)
      Hypero-Hyponymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der
       signifikativen Gesamtbedeutung durch das Vorhandensein von
       zusätzlichen Semen bei einem der zu vergleichenden
       Phraseologismen. Z.B.: dt. „ein weißer Raabe“ – russ. „belaja
       vorona“ – nur Menschen zu Charakterisieren; ung. „fehér holló“
       sowohl Lebewesen als auch Nicht-Lebewesen umschreiben
       kann.
     Stilistische Synonymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der
       Gesamtbedeutung auf Kosten eines Unterschiedes auf der
       Stilebene. Z.B.: dt. „die blaue Ferne“ - ist
       umgangssprachlich, wohingegen ung. „kék messzesség“ vor
       allem im literarischen Stil gebraucht wird.
 1.3. Funktionale Bedeutungsäquivalenz, d.h. die typologische Identität
      der Phraseologismen zeigt sich nur in der Übereinstimmung der
      logisch-semantischen Formen der Realisierung, hier unterscheidet
      sich die konkrete bildhafte Grundlage der Wendungen. Z.B.: dt.
      „due grüne Minna“ – so nennt man im Deutschen den
      Polizeiwagen zum Gefangenentransport, wahrend die russische
      Entsprechung „cernyj voron“ – „schwarze Raabe“ heißt.
Äquivalenttypen (3.)
 2.   Lexikalische Entsprechung
      Der phraseologischen Wendung der einen Sprache
      steht in der anderen Einwortlexem gegenüber: vgl. dt.
      „schwarze Liste“ – russ. „cernyj spisok“ – aber ung.
      „fekete lista“. Das Ungarische zeichnet sich im
      allgemeinen durch eine gewisse Tendenz zur Bildung
      von Nominal – und Adverbialkomposita aus.
 3.   Nulläquivalenz
      Sie tritt auf, wenn aufgrund sprachlicher oder
      außersprachlicher Faktoren bestimmten Phraseologismen
      der einen Sprache keine entsprechenden Redensarten in
      den anderen Sprache gegenüberstehen. Z.B.: der
      deutschen Wendung dt. „gelbe Suppe“ (Bezeichnung für
      ein üppiges Leben) im Russischen und Ungarischen kein
      lexikalisches oder phraseologisches Sprachzeichen
      zugeordnet werden.
Äquivalenttypen (4.)
 4.   Pseudo-Äquivalenz
      Das Phänomen der Zwischensprachlichen
      phraseologischen Homonymie. Z.B.: dt. „weißes Gold“
      das Porzellan – ung. „fehér arany“ das Aluminium – russ.
      „beloe zoloto“ die Baumwolle paraphrasiert.
Zum Schluss
         Bezüglich der quantitativen Auswertung der Ergebnisse
          kam zum Ausdruck das sich (im Vergleich zu den
          Sprachenpaaren Deutsch-Russisch und insbesondere
          Russisch-Ungarisch) vor allem die Relation Deutsch-
          Ungarisch durch den höchsten Grad an phraseologischer
          Äquivalenz auszeichnet. Zum anderen konnte festgestellt
          werden, dass es im Russischen und Ungarischen sehr
          wenige Entsprechungen gibt.
         Zum Schluss sei die absolute Zahl der äquivalentlosen
          Wendungen dieser phraseologischen Subgruppe
          hinsichtlich der drei Sprachenpaare erwähnt; Deutsch-
          Russisch: 352, Deutsch-Ungarisch: 344 und Russisch-
          Ungarisch: 254.
         Weitere wertvolle qualitativ neue Erkenntnisse ließen sich
          gewinnen, wenn auch die textuelle Einbettung bzw. der
          Kontext dieser Phraseologismen berücksichtigt würden.


Europhras 90. Akten der internationalen Tagung zur germanistischen
Phraseologieforschung. Aske/Schweden 12-15. Juni 1990. Hrsg: von Christine Palm. Acta
Universitatis Upsaliensis. Studia Germanistica Upsaliensia 32, Uppsala1991.

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Farbbezeichnungen

  • 1. Csaba Földes Farbbezeichnungen als phraseologische Strukturkomponenten im Deutschen, Russischen und Ungarischen Eine Präsentation von Katalin Szám
  • 2. Inhalt  Das Verhältnis von Mensch und Farben  Phraseologismen  Phrasenbildung  Herkunft  Verwendung  Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter  Äquivalenttypen  Zum Schluss
  • 3. Das Verhältnis von Mensch und Farben  Die Farben ein “altertümliches Bedürfnis” der Menschheit  Der Mensch ist ein farbengenießendes und farbenproduzierendes Wesen  J.W. Goethe als erster „Farbenpsychologe“  Farben bringen entscheidende und bedeutsame Wirkung hervor  Farbbezeichnungen und Assoziationen als Ausgangspunkt für die Entstehung von Phraseologismen
  • 4. Phraseologismen (1.)  Eine konfrontative Analyse mit Farbkomponenten des Deutschen, Russischen und Ungarischen von rund 700 Phraseologismen  Korpus der Untersuchung die durch eine bestimmten Grad an Idiomatizität, Stabilität und Reproduzierbarkeit  Die Untersuchungsobjekt stellt hinsichtlich der Struktur und Semantik der phraseologischen Wendungen eine heterogene Gruppe dar.
  • 5. Phraseologismen (2.)  In der Untersuchung die folgende Bemerkungen seien gemacht: 1. Die braune Farbe wurde hier nicht angeführt, mit dieser Komponente relativ wenig Phraseologismen exzerpiert werden konnten 2. Unberücksichtigt wurden auch kuriosen Pseudo- Farbwörter z.B. Blümerant(=weißliches Blau). „Mir wird ganz blümerant vor den Augen“ – Schwindling 3. Man ausklammerte durch Mischung entstandenen zusammengesetzten Farben 4. Ausgeschlossen wurden die Adjektive, die den Farbwörtern zwar nahe stehen, aber keine solchen sind (golden, bunt...)
  • 6. Phraseologismen (3.) 5. Auf die Volksetymologie musste geachtet werden; die vermeintliche Farbkonstituente bei der etymologischen Analyse nicht als Farbwort erwiesen sich (russ. Krasnyj, – heute „rot“ – geht auf krasivyj – „schön“ zurück) 6. Es erschien aufschlussreich, dass die von uns behandelten Sprachen nicht genau über dieselben Farbbezeichnungen verfügen. Blau setzt sich beispielweise im Russischen aus zwei Farbadjektiven: „goluboj“ und „sinij“, oder dt. Rot im Ungarischem „piros“ und „vörös“  Die Wissenschaft hat eine Hierarchie der Lexikalisierung der Grundfarben erarbeitet die auch für unsere Belange nicht ohne Relevanz sind.
  • 7. Phrasenbildung  Bei den Prozess können neben metaphorischen und symbolischen Faktoren auch andere Aspekte eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen: 1. Der Kontext zur Verstärkung z.B. „der grüne Neid“, Grün mit einem negative Emotionen bezeichnenden Substantive auftritt 2. Phonetische Motive – Alliteration, z.B. „Jn. grün und gelb / braun und blau schlagen“ 3. Phraseologisierung mit Kultur- bzw. landeskundlichen Konventionen zu erklären: „blauer Brief“ – Kündigung schreiben
  • 8. Herkunft  Ausdrücke mit biblischer oder mythologischer Herkunft – z.B.: „Das rote Pferd“, in der Offenbarung des Johannes (6.4.) wurde später auch zum Symbol der bürgerliche Kriege  Phraseologismen lassen sich auf geschichtliche Ereignisse , historische Personen oder auf lokale Sitten und Brauche zurückführen – z.B.: dt. „graue Eminenz“ – russ. „seryj kardinal“ – ung. „szürke eminenciás“ (der Kapuziner P. Joseph, der engste Berater Richelius)  Die Weltliteratur trägt effektiv zur Herausbildung solcher Phraseologismen, z.B.: dt. „der blaue Vogel“ – russ. „sinjaja ptica“ – ung. „kék madár“  Farbkomponenten sind ziemlich vielen Neologismen oder kreativ, innovative sprachspielerische Verwendungen, z.B.: dt. „braunes Schaf“ – russ. „koricnevaja Cuma“ – ung. „barna pestis“ (Mitläufer der NSDAP)
  • 9. Verwendung  Die metaphorischen, symbolischen und allegorischen Bedeutungen der Farben können vielfach zu phraseologischen Verwendungsweisen führen. 1. Natürlichen Phraseologismen – bei denen die Beziehungen zwischen die Farbe und der bezeichneten Sache, bzw. dem Inhalt des Phraseologismus klar ist. Z.B.: dt. „weiss wie Schnee“ – russ. „belyj kak sneg“ – ung. „fehér mint a hó“ 2. Allegorische Phraseologismen – In dem uns erst der Sinn des Zeichens überliefert werden muss, ehe wir wissen, was es bedeuten soll. Z.B.: „mit der grünen Farbe verhält, die man der Hoffnung zugeteilt hat. 3. Konventioneller Phraseologismus – Z.B.: dt. „eine weiße Maus“ (Verkehrspolizist) – russ. „krasnaja sapka“ (unter die rote Mütze gehen = zur Armee gehen) – ung. „vörös ördög“ (roter Teufel = Husar). Die symbolische bzw. allegorische Bedeutung der Farben (Farbensymbolik) weist aber national-kulturelle Unterschiede auf.
  • 10. Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (1.)  Die unbunten Farben Schwarz und Weiß, sowie das „chromatische“ Rot zeigen in allen drei Sprachen die höchste phraseologische Beteiligung  Schwarz und Weiß waren die ersten Farben, mit denen sich der Mensch auseinandersetzte. Die weiße Farbe symbolisiert die Sauberkeit, den moralischen Wert. Dementgegen wirkst Schwarz umgekehrt die Farbe des Pessimismus, der Trauer, des Zornes, der Gewissenlosigkeit, des Unerlaubten. Z.B.: dt. „die schwarze Magie“ – russ. „cernaja magija“ – ung. „fekete mágia“. In allen drei Sprachen kann aber Weiß u.a. Übelkeit, Blasswerden ausdrücken. Z.B.: dt. „weiß wie eine Kalk Wand“ – russ. „belyj kak stena“ – ung. „olyan fehér, mint a fal“
  • 11. Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (2.)  Rot ist die älteste produktive Farbe. Bei den primitiven Völkern hat es eine wichtige Rolle gespielt. Es war die Farbe der Zauberei und wurde ihm magische Kraft zugesprochen. Rot wurde zur Farbe des Krieges und der Gerichtsbarkeit wie auch der Gefahr. Im Mittelalter schloss sich dazu seine Liebessymbolik an. Später wurde es zum Symbol für Kraft, Revolution, Freiheit und Lebensfreude.  Das Grün ist zum Symbol der Jugend, des Wachstums, der Wiedergeburt, sowie der (geistige) Unreife geworden. Besonders im Ungarischen und im Deutschen sind mehrere Neologismen vor allem in Bezug auf die Landwirtschaft, die Natur. Z.B.: dt. „grüne Land“ (staatliches Programm für die Landwirtschaft). Neubildung, die allen drei Sprachen eigen ist, z.B.: dt. „grünes Licht geben“ – russ. „zelenuju ulicu“ – ung. „zöld utat ad“. Grün ist eigentlich eine Mischung von Gelb und Blau, hat die symbolisch-phraseologische Verwendung dieser Farbe beeinflusst. Z.B.: dt. „sich grün und gelb ärgern“ (sich unwahrscheinlich ärgern)
  • 12. Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (3.)  Blau soll nach den allgemeinen Glauben Sehnsüchte und Träume wecken. Es wurde auch zur Lieblingsfarbe der Romantik. Z.B.: dt. „blaue Blume“ – russ. „goluboj cvetok“ - ung. „kék virág“ (Symbol für die romantische Dichtung nach dem Roman von Novalis „Heinrich von Ofterdingen“. Blau galt ursprünglich auch als Sinnbild der Treue. Mit den Volksglauben zusammenhängt, dass es die Farbe der Hölle eines blaues Schwefelmeer sei. Bei Blau bietet das Deutsche des umfangreichste empirische Sprechmaterial: vgl. „einen blauen Montag machen“ (nicht zur Arbeit gehen)  „blauen“
  • 13. Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (4.)  Die unbunte Farbe Grau – als Übergang zwischen Schwarz und Weiß – hatte zuerst „feindliche, gespenstische“ oder im allgemeinen „böse“ Bedeutung. Es spiegelt vorwiegend Langweile Unverständlichkeit, Pessimismus und Unsicherheit wieder; vgl. „grauer Passagier“.  Unter den Grundfarben ist Gelb die hellste und macht – nach Goethe – einen warmen und behaglichen Eindruck auf unser inneres Empfinden. Trotzdem hat das Farbwort in der traditionellen Symbolik eine Abwertung erfahren. Es steht demnach für Neid, Eifersucht, Misstrauen und Feigheit: vgl. dt. „der gelbe Neid“ – russ. „zeltaja zavist“ – ung. „sárga irigység“
  • 14. Äquivalenttypen (1.)  Die ermittelten Äquivalenttypen können folgenderweise zusammengefasst werden: 1. Phraseologische Entsprechung 1.1. Vollständige (totale) Äquivalenz, d.h. gleiche denotative und konnotative Gesamtbedeutung, völlige Kongruenz in der Komponentenkette, identisches Bild als Grundlage. Z.B.: dt. „schwarzes Gold“ – russ. „cernoe zoloto“ – ung. „fekete arany“ 1.2. Teilweise (partielle) Äquivalenz  Lexikalische Variabilität, bzw. strukturelle Synonymie, d.h. völlige Gleichheit der Gesamtbedeutung und des syntaktischen Modells bei nicht genauer Übereinstimmung im Komponenten bestand. Z.B. dt. „grünes Licht“ – rus. „zelenaja ulica“ – ung. „zöld út“  Ideografische Synonymie, d.h. keine vollkommene Identität der signifikanten phraseologischen Bedeutung. Vgl. dt. „Schwarzarbeit“ – russ. „cernaja rabota“. Aber der deutsche Ausdruck auf eine Lohnarbeit entgegen den gesetzlichen Bestimmungen bezieht, wahrend die gleichartige Wortgruppe des Russischen schmutzige grobe Arbeit bezeichnet.
  • 15. Äquivalenttypen (2.)  Hypero-Hyponymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der signifikativen Gesamtbedeutung durch das Vorhandensein von zusätzlichen Semen bei einem der zu vergleichenden Phraseologismen. Z.B.: dt. „ein weißer Raabe“ – russ. „belaja vorona“ – nur Menschen zu Charakterisieren; ung. „fehér holló“ sowohl Lebewesen als auch Nicht-Lebewesen umschreiben kann.  Stilistische Synonymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der Gesamtbedeutung auf Kosten eines Unterschiedes auf der Stilebene. Z.B.: dt. „die blaue Ferne“ - ist umgangssprachlich, wohingegen ung. „kék messzesség“ vor allem im literarischen Stil gebraucht wird. 1.3. Funktionale Bedeutungsäquivalenz, d.h. die typologische Identität der Phraseologismen zeigt sich nur in der Übereinstimmung der logisch-semantischen Formen der Realisierung, hier unterscheidet sich die konkrete bildhafte Grundlage der Wendungen. Z.B.: dt. „due grüne Minna“ – so nennt man im Deutschen den Polizeiwagen zum Gefangenentransport, wahrend die russische Entsprechung „cernyj voron“ – „schwarze Raabe“ heißt.
  • 16. Äquivalenttypen (3.) 2. Lexikalische Entsprechung Der phraseologischen Wendung der einen Sprache steht in der anderen Einwortlexem gegenüber: vgl. dt. „schwarze Liste“ – russ. „cernyj spisok“ – aber ung. „fekete lista“. Das Ungarische zeichnet sich im allgemeinen durch eine gewisse Tendenz zur Bildung von Nominal – und Adverbialkomposita aus. 3. Nulläquivalenz Sie tritt auf, wenn aufgrund sprachlicher oder außersprachlicher Faktoren bestimmten Phraseologismen der einen Sprache keine entsprechenden Redensarten in den anderen Sprache gegenüberstehen. Z.B.: der deutschen Wendung dt. „gelbe Suppe“ (Bezeichnung für ein üppiges Leben) im Russischen und Ungarischen kein lexikalisches oder phraseologisches Sprachzeichen zugeordnet werden.
  • 17. Äquivalenttypen (4.) 4. Pseudo-Äquivalenz Das Phänomen der Zwischensprachlichen phraseologischen Homonymie. Z.B.: dt. „weißes Gold“ das Porzellan – ung. „fehér arany“ das Aluminium – russ. „beloe zoloto“ die Baumwolle paraphrasiert.
  • 18. Zum Schluss  Bezüglich der quantitativen Auswertung der Ergebnisse kam zum Ausdruck das sich (im Vergleich zu den Sprachenpaaren Deutsch-Russisch und insbesondere Russisch-Ungarisch) vor allem die Relation Deutsch- Ungarisch durch den höchsten Grad an phraseologischer Äquivalenz auszeichnet. Zum anderen konnte festgestellt werden, dass es im Russischen und Ungarischen sehr wenige Entsprechungen gibt.  Zum Schluss sei die absolute Zahl der äquivalentlosen Wendungen dieser phraseologischen Subgruppe hinsichtlich der drei Sprachenpaare erwähnt; Deutsch- Russisch: 352, Deutsch-Ungarisch: 344 und Russisch- Ungarisch: 254.  Weitere wertvolle qualitativ neue Erkenntnisse ließen sich gewinnen, wenn auch die textuelle Einbettung bzw. der Kontext dieser Phraseologismen berücksichtigt würden. Europhras 90. Akten der internationalen Tagung zur germanistischen Phraseologieforschung. Aske/Schweden 12-15. Juni 1990. Hrsg: von Christine Palm. Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Germanistica Upsaliensia 32, Uppsala1991.