1. VO Einführung in die Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie 3.Einheit Boas, Malinowski & Ausgewählte wissenschaftstheoretische und methodische Grundlagen der empirischen Sozialforschung
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11. Malinowski- Probleme des Felddeinstieges Schwierigkeit Beziehung mit dem Feld aufbauen. Das Ergebnis, das sich dabei einstellt, beschreibt Malinowski mit einem " Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung " und der Unmöglichkeit, in " eine wirkliche Berührung mit den Eingeborenen zu kommen oder mich mit irgendwelchem Material zu versorgen. Ich erlebte Perioden der Mutlosigkeit, während derer ich mich im Romanlesen vergrub, ähnlich einem Mann, der im Anfall tropischer Depression und Langeweile zu trinken beginnt. " (Malinowski 1979: 26f) Weißen vor Ort keine Hilfe für die Feldforschung , mangelnde Kenntnis der lokalen Sprache , die daraus resultierende Unmöglichkeit zu lokalen Interpretationen aus der Sicht der Eingeborenen zu kommen. Beobachtungen bleiben totes Material
12.
13. Malinowski- passive & aktive Methoden "Aber der Ethnograph muß nicht nur sein Netz am rechten Ort auswerfen und auf das warten, was sich darin fängt. Er muß aktiver Jäger sein, das Wild in sein Netz hineintreiben und ihm in seine unzugänglichen Verstecke folgen. Dies führt uns zu den aktiveren Methoden, ethnographische Zeugnisse zu erlangen." (Malinowski 1979: 30) Feldforschung beschränkt sich nicht nur auf passive Beobachtung im Sinne eines "deep hanging round". Es kommen vielmehr, im Sinne einer Methodentriangulation , unterschiedliche methodische Verfahren, wie z.B. Interviews und gezielte Befragungen zum Einsatz. Ethnographie beruht somit auf dem flexiblen Einsatz verschiedener methodischer Strategien .
14. Malinowski- Die Suche nach Ordnung und Gesetzmäßigkeiten Das primäre Ziel der Feldforschung ist, nach Malinowski, allgemeine Gesetz- und Regelmäßigkeiten des sozialen Zusammenlebens und der kulturellen Phänomene zu identifizieren. Auch hier kommt eine positivistische Grundorientierung zum Ausdruck, deren primäres Erkenntnisinteresse auf Erklärungen in Form allgemeiner Gesetzmäßigkeiten abstellt. Das starre Skelett des Stammeslebens muß zuerst ermittelt werden." (Malinowski 1979: 32f; eigene Hervorhebungen)
15.
16.
17.
18. Malinowski- Das Skelett: die Dokumentation objektiver Daten Malinowski geht davon aus, dass " das starre Skelett des Stammeslebens (...) zuerst ermittelt werden (muss). Dieses Ideal bringt an erster Stelle die Verpflichtung mit sich, eine vollständige Übersicht über die Phänomene zu geben und nicht das Sensationelle und Einzigartige, schon gar nicht das Lustige und Wunderliche herauszulesen. " (Malinowski 1979: 33) Es geht hierbei um eine systematische und umfassende Dokumentation einzelner Fälle , die dazu dienen, Ordnungsprinzipien, Regeln und Regelmäßigkeiten die diesen Fällen zugrunde liegen, zu identifizieren . Es geht also um das Sammeln von konkreten Belegmaterialien aus dem generalisierende Schlüsse gezogen werden können.
19.
20. Malinowski- Der Geist: die Sammlung charakteristischer Erzählungen Neben dem Skelett und dem Fleisch sollte auch noch der Geist, d.h. "die Anschauungen, Meinungen und Äußerungen der Eingeborenen" (Malinowski 1979: 46) festgehalten werden. „ Das dritte Gebot der Feldarbeit lautet also: Ermittle die typischen Formen des Denkens und Fühlens, die den Institutionen und der Kultur einer bestimmten Gemeinschaft zugehören und formuliere die Ergebnisse in der überzeugendsten Weise.“ (Malinowski 1979: 47) Um die Anschauungen, Meinungen und Äußerungen der Untersuchten überzeugend zu dokumentieren, ist es notwendig, deren Aussagen wortwörtlich zu zitieren sowie Begriffe aus der Klassifikation der Eingeborenen zu verwenden. Hier stellen sich wieder die Notwendigkeit der Sprachkenntnisse und Probleme der Übersetzung. Malinowski bezeichnet dieses linguistische Material auch als Corpus Inscriptionum , welcher die Grundlage für unterschiedliche Interpretationen ist.
21.
22.
Hinweis der Redaktion
Alle bei Unet angemeldet? Zugang zur Plattform Fragen + Pflichtliteratur
GB: Torres Straits Expedition (1898 – 1899): Etablierung der Anthropologie an britischen Universitäten am Beginn des 20. Jhdts viele der Lehrenden hatten naturwissenschaftlichen Hintergrund u. nicht geisteswissenschaftlichen hatte Auswirkungen auf die Entwicklung von ethnographischen Techniken Unter diesen Figuren einer der wichtigsten Alfred Cort Haddon : Zoologe – Meeresbiologe - Leiter der Torres Straits Expedition in Ozeanien Bereits 1888 Feldforschung in der Torres Strait – nahm anthropologische Fragebögen mit sich, um indigene Bräuche zu dokumentieren (Notes and Queries u. Frazers Fragebogen „ Questions on the Customs, Beliefs and Languages of Savages “ 1887) – die nachfolgenden Publikationen darüber brachten ihn in den Mainstream der Anthropologie im 19. Jh brachte naturwissenschaftl. Forschungsmethoden mit sich 1898 erneute Expedition in die Torres Strait wichtig für die Entwicklung Ethnographischer Techniken [Urry 1984: p. 45] „to study the anthropology, psychology, and sociology of „savage“ peoples by making careful inquiries in situ“ (Barth et al. 2005: 11) Haddon rekrutierte Forschergruppe, die wenig bis gar keine Erfahrung mit der Anthropologie hatten, bestehend aus Linguisten (Sidney Ray), Psychologen (W.H.R. Rivers u. Assistent Mc Dougall), Anthropologen (Anthony Wilkin – für Photographien), Charles Samuel Myers – Musik, Pathologe (Charles Seligman – später chair of Ethnology at the University of London from 1913 to 1934 wikipedia) Torres Strait – Expedition als Wendepunkt für die Anthropologie : Art u. Weise d. Wissenschaft veränderte sich von Datenextraktion aus schriftlichen Quellen hinzu eigenhändigen Erhebung der Daten durch die Wissenschaftler vor Ort durch indigene Informanten àdadurch Produktionsfläche von Falschinformation, Missinterpretationen, Ignoranz durch Mittlerpersonen radikal reduziert Objekt d. anthropologischen Forschung nicht mehr Kultur generell, sondern spezielle lokale Gesellschaften Neuerungen in der Methodologie: Rivers genealogische Methode; Kinship terms Aus Expedition gingen 2 Schlüsselfiguren für die nächste Generation d. Anthropologie in GB hervor: W.H.R. Rivers (Genealogische Methode) u. Charles G. Seligman; beide jedoch nicht anthropologisch ausgebildete Wissenschafter [Barth et al. 2005: 15f] [Urry 1984: 46ff] Problem der Methode zentral für Rivers u. seine Generation von Anthropologen – nur durch klare Methodologie u. systematische Terminologie konnte Anthropologie als eine eigenständige Wissenschaft etabliert werden Betonung von Wissenschaft, Methodologie u. Terminologie resultierte in neuer Ausgabe der notes & queries (fertig gestellt 1912), mit essentiellem Beitrag von Rivers; neue Ausgabe verlangt auch nach einem professionellem methodischen Training für Leute, die anthropologische Forschung ausführen Expeditionen u. Surveys Hauptquelle für neue ethnographische Informationen dieser Zeit (weitere brit. Expeditionen auf malayische Halbinsel, Zentralafrika, Westaustralien, Melanesien] Regionale Studien „survey work“ trug zu Verständnis spezifischer Regionen bei u. ermutigte zur Entwicklung von kulturgeschichtlichen Studien u. Diffusionismus, die zu dieser Zeit sehr verbreitet waren Wie Boas in den USA in den 1890ern, realisierte auch die britische Anthropologie, dass Studien von einzelnen Kulturen reichere Darstellungen anderer Kulturen erzeugen, als die meisten „survey works“, die oftmals oberflächlich blieben. Hierbei wichtig waren die Arbeiten von Missionaren u. Administratoren, die sich für lange Zeiträume in einzelnen Gesellschaften aufhielten u. detaillierte Ethnographien erzeugten. 1904 schlug Haddon einen neuen Ansatz für Feldforschung vor, der „exhaustive studies of limited groups of people, tracing all the ramifications of their genealogies in the comprehensive method adopted by Dr Rivers for the Torres Straits Islanders and for the Todas” (Haddon 1905: 478). Am Ende der 1. Dekade d. 20. Jhds wurden die ersten britischen in Anthropologie ausgebildeten Ethnographen zur Durchführung intensiver Feldforschungen ausgesandt. Unter diesen Anthropologen befand sich auch Bronislaw Malinowski. „ It would appear, therefore, that all the leading anthropologists in Britain who trained students in anthropology had agreed by 1910 that fieldwork was essential part of a career in the subject and that intensive fieldwork by individuals for extended periods was best strategy for further research“ (Urry 1984: 48).