Social Media in der Unternehmenskommunikation - Leseprobe
1. Social Media
Ausgehend von einem umfangreichen Grundlagenkapitel beleuchtet der
Sammelband „Social Media in der Unternehmenskommunikation“ eine
Vielzahl an Facetten dieses stark diskutierten Themas. Es kommen in diesem
Buch Autoren aus Unternehmen unterschiedlichster Branchen, Agenturen in der Unternehmenskommunikation
aber auch Juristen zu Wort und teilen mit dem Leser ihre Kenntnisse und Er-
fahrungen im Umgang mit Social Media. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt
Lars Dörfel | Theresa Schulz (Hrsg.)
Social Media in der Unternehmenskommunikation
hier auf der klassischen Business-to-Consumer-Kommunikation, es wird je-
doch auch das Thema Mehrwert durch Social Media im Bereich Business-
to-Businsess berücksichtigt.
Die Autoren veranschaulichen anhand konkreter Beispiele den Nutzen ein-
zelner Tools für die interne und externe Unternehmenskommunikation,
sowie Anwendungen und Trends im Bereich HR und Marketing. Aspekte
wie kultureller und struktureller Wandel werden ebenso abgedeckt wie das
grundlegende Thema der Social Media Strategie oder das Reputationsma-
nagement. Der Leser erhält von Social Media Experten Tipps zur Krisenkom-
munikation im Web 2.0, zum Verfassen von Social Media Guidelines sowie
einen Überblick über Strategien für das Social Media Marketing, SEO und
Web-Monitoring. Die Fachartikel sind durch Interviews und Best-Practice-
Beispiele angereichert.
Übersichtlich strukturiert zeigt „Social Media in der Unternehmenskommu-
nikation“ Chancen und Risiken dieser zeitgemäßen Kommunikationsmecha-
nismen auf.
ISBN 978-3-940543-09-7
29,90 €
2. Lars Dörfel und Theresa Schulz (Hrsg.)
Social Media in der
Unternehmenskommunikation
4. Vorwort
Liebe Fans, Friends und Follower – liebe Leser,
Social Media bedeutet in erster Linie „teilen“. Es geht um das Teilen von Wissen
und Informationen, um das Mitteilen von Eindrücken und Erfahrungen. Für dieses
Buch haben wir aus unserem Netzwerk Social Media-Profis und erfahrene Kommu-
nikatoren aus Unternehmen und Agenturen zusammengebracht, die Sie an Ihrem
Expertenwissen teilhaben lassen. Sie erhalten auf den folgenden Seiten wertvolle
Einblicke in die Arbeit und den Umgang mit Social Media in den Bereichen interne
und externe Unternehmenskommunikation und Human Resources. Ihnen werden
konkrete Tipps für den Kommunikationsalltag und Hinweise zum Erarbeiten von
Strategien und Guidelines gegeben. Darüber hinaus ist den wichtigen juristischen
Aspekten rund um das Thema soziale Medien ein ganzes Kapitel gewidmet, damit
Sie gut informiert abgesichert im Social Web kommunizieren können.
Viel Spaß beim Lesen, Netzwerken und Teilen wünschen Ihnen
Theresa Schulz und Lars Dörfel
We hope you it!
7
5.
6. Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Teilen, empfehlen, networken – Dem Phänomen Social Media auf der Spur 11
Theresa Schulz
KAPITEL 1 |Social Media-Strategien und -Anwendungen 31
1.1 Externe Kommunikation im Social Web 33
Markus Walter
1.2 Strategie statt Aktionismus:
Ein Step by Step-Framework für Ihre Social Media-Strategie 43
Thomas Euler
1.3 Social Media auf dem Weg zur Professionalisierung 63
Mirko Lange
1.4 Kultureller und struktureller Wandel durch Social Media 73
Ergin Iyilikci und Jan-Paul Schmidt
1.5 Social Media und Social Media Guidelines bei Kodak 91
Madlen Nicolaus
1.6 Content generieren 111
Markus Walter
1.7 Freunde brauchen wir alle: Reichweitenaufbau und Multiplikation im
Social Web 123
Alexander Lengen
1.8 Social Media Monitoring – Nutzergenerierte Kommunikation im
Internet verstehen und analysieren 131
René Kaufmann
1.9 Social Media im Marketing 147
Hans-Peter Neeb und Stefan Wörnle
1.10 om Agenda Setting zum Swarm-Fitting™:
V
Strategien, Methoden und Arbeitsbeispiele für das Reputation
Management in den Sozialen Medien 171
Sabine Andersen und Robert Wreschniok
1.11 arkenführung im Zeitalter von Social Media
M 183
Klaas Kramer
1.12 risenkommunikation im Zeitalter des Social Webs
K 189
Michael Manger und Uwe Wache
1.13 ocial Media Marketing und Suchmaschinenoptimierung:
S
per Tandem zum Erfolg! 203
Christian Seifert
9
7. Inhaltsverzeichnis
1.14 ehrwert schaffen – Social Media in der B2B-Kommunikation
M 217
Christine Kinze
KAPITEL 2 | Tools in der Praxis 231
2.1 www.burda-news.de: der Social Media Newsroom von
Hubert Burda Media 233
Susanne Bömmel
2.2 Best Practice: Das Daimler-Blog 245
Uwe Knaus
2.3 Microblogging im Unternehmenseinsatz 249
Jaochim Lindner und Carsten Rossi
2.4 Best Practice: Social Messaging bei Cognis 265
Yvonne Specht
2.5 Interview zum Thema Intranet 267
Jürgen Mirbach
2.6 Best Practice: Das Intranet bei real,– SB-Warenhaus GmbH 273
Claudia Schrank
2.7 „Many-to-One-Kommunikation“ – wie die Feedback-Lücke der
Unternehmenskommunikation zu schließen ist 277
Georg Kolb
2.8 Expertengespräch zum Thema Corporate Radio 289
Ulrich E. Hinsen und Wolfgang A. Eck
2.9 Interview zum Thema Corporate TV 293
Armin Dhillon
KAPITEL 3 | Rechtliche Aspekte von Social Media in der
Unternehmenskommunikation 295
3.1 Rechtliche Aspekte von Social Media 297
Jan Schneider
KAPITEL 4 | Exkurs: Social Media und HR 325
4.1 Social Media und Employer Branding 327
Thomas Geiger, Matthias Wagner, Andrea Weiß
4.2 Best Practice: Employer Branding und E-Recruiting bei Continental 351
Sehnaz Özden
Anhang
Stichwortverzeichnis 356
10
8. Einleitung
1. Teilen, empfehlen, networken – Dem Phänomen
Social Media auf der Spur
Theresa Schulz
Das Internet hat keine Öffnungszeiten. Jedermann kann sich zu jedem belie-
bigen Zeitpunkt überall auf der Welt über aktuelle Geschehnisse informieren,
Videos ansehen, ein gebrauchtes Fahrrad ersteigern oder den Partner fürs Leben
finden. Journalisten recherchieren im Netz, bekommen über Newsfeeds oder
Tweets Impulse für Themen und Stories, Informationssuchende werden über
Blogs, Foren oder ihre sozialen Netzwerke mit Antworten und Empfehlungen
versorgt. Im Internet erhält jeder Informationen, Ratschläge, Konsumgüter und
sogar emotionale Anteilnahme.
Das Internet ist seit vielen Jahren fester Bestandteil unseres privaten wie beruf-
lichen Alltags. Jedoch hat dieses Medium insbesondere in der vergangenen
Dekade einen enormen Wandel durchlaufen. War es früher mehr oder weni-
ger auf das Bereitstellen beziehungsweise den Konsum von Informationen
beschränkt, ist es heute aufgrund seiner vielfältigen Möglichkeiten des einfachen
Produzierens, Konsumierens und Austauschens jeglicher Formen von Infor-
mation und Daten zum Leitmedium vieler Menschen geworden. Uwe Hettler
spricht in diesem Zusammenhang vom Wandel der „Informationskonsumenten
der Web 1.0-Ära [...] zu ,Prosumenten'“ (2010: V). Was meint der hier verwen-
dete Begriff „Web 1.0“? Diese Bezeichnung gab es zu Zeiten des beschriebenen
Entwicklungsstadiums des Internets nicht. Er wird erst im Nachhinein immer
wieder herangezogen, um die Neuartigkeit der Angebote und Möglichkeiten im
Internet, wie wir es heute kennen, dem Web 2.0, herauszuheben. Allerdings ist
die Grenze zwischen dem, was mit Web 1.0 und 2.0 beschrieben wird, unscharf.
Sie wird oftmals auch als unnötig bezeichnet, da es sich bei der Entwicklung des
Internets um einen Prozess und nicht um einzelne Etappen handelt. Melanie
Huber beispielsweise erklärt leicht zugespitzt: „Wer heute vom Web 2.0 spricht,
ist an sich out, nicht mehr zeitgemäß“ (2010: 14). Dennoch lohnt es sich, zu
schauen, wie und weshalb es zu dieser Bezeichnung kam und was das grundle-
gend Neue am „heutigen Internet“ ist.
1. Wirklich alles neu?
Bereits in den späten 1960er Jahren vernetzten sich amerikanische Universitäten
und Forschungseinrichtungen – sie hatten den Vorläufer des Internets entwickelt.
Der Schritt zum Massenmedium kam allerdings erst zwanzig Jahre später mit der
Entwicklung des World Wide Webs durch den Briten Tim Berners-Lee. Ihm
schwebte ein stetig wachsendes Netz aus Webseiten vor, in dem jegliche Arten
11
9. Kapitel 1
Social Media Strategien und Anwendungen
10. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.1 Externe Kommunikation im Social Web
Markus Walter
Die Unternehmenskommunikation befindet sich aktuell im Wandel. Der Vor-
marsch von Social Media erfordert ein Umdenken: Unternehmen müssen heute
offener, schneller und sehr viel mehr kommunizieren als je zuvor.
Immer mehr Lebensbereiche sind heute digitalisiert. Shopping- und Bewertungs-
plattformen im Internet bieten vielen Menschen Entscheidungshilfen und Erleich-
terungen des Alltags. Social Networks werden zum Alltag: Fotos und Erlebnisse
werden mit Freunden auf Facebook geteilt, Informationen werden in Gruppen,
Foren sowie auf Twitter gestreut und diskutiert. Networking-Plattformen wie XING
und LinkedIn erleichtern es, vorhandene Business-Kontakte zu pflegen und neue
Kontakte zu knüpfen. In Blogs kann man tiefergehende Inhalte publizieren, Mei-
nungen verbreiten und zum Dialog aufrufen. Speziell die mobilen Lösungen für
Smartphones und Tablets machen es den Menschen leicht, auf Social Networks
Informationen abzurufen, zu kommentieren und eigene Inhalte zu posten. Die
ARD-/ ZDF-Onlinestudie 2010 ergab, dass Wikipedia von 73 Prozent aller Inter-
netnutzer regelmäßig genutzt wird, 58 Prozent schauen Online-Videos. 39 Prozent
sind in Social-Media aktiv, fast alle Befragten sind hier mit eigenen (privaten) Pro-
filen vertreten. Besonders Facebook hat sich mit mehr als 500 Millionen Usern
weltweit hier als eine der beliebtesten Plattformen herauskristallisiert.
Gleichzeitig verändert sich aber auch die Medienlandschaft. In den letzten Jah-
ren haben klassische Medien wie Tageszeitungen, Wirtschaftspublikationen und
Fachzeitschriften immer mehr an Reichweite verloren. Viele Redaktionen sind
dazu übergegangen, in ihren Print-Ausgaben vor allem Hintergrundberichte und
exklusive Artikel zu veröffentlichen, während kurze News ergänzend hierzu auf den
entsprechenden Online-Portalen der Publikation kostenfrei verfügbar sind. In den
Tageszeitungen kann nachgelesen werden, was schon am Vortag per Newsletter,
Alert oder RSS-Feed an die Nutzer verbreitet wurde. Vor Jahren hatten Redak-
tionen noch eine Gatekeeper-Funktion: Sie wählten aus, welche Informationen es
wert waren, an die Öffentlichkeit zu gelangen. Heute kann jedes Unternehmen
jede Information publizieren: Das Web bietet hierfür unbegrenzte Möglichkeiten.
Ein weiterer Trend: Immer stärker wird in Echtzeit kommuniziert. Kamen Dis-
kussionen vor Jahren beispielsweise per Leserbrief erst langsam in Gang, können
Nachrichten heute auf fast allen Plattformen unmittelbar kommentiert und dis-
kutiert werden. Nach wie vor hilft auch heute noch die Stilform „Kommentar“
von Journalisten, Ereignisse und Entwicklungen zu bewerten und richtig in die
Zusammenhänge einzuordnen. Allerdings gewinnen daneben die Meinungen und
Zusammenfassungen von Bloggern und anderen Influencern, die auf entsprechende
33
11. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.2 Strategie statt Aktionismus: Ein Step by Step-Frame-
work für Ihre Social Media-Strategie
Thomas Euler
Social Media wird gerne als ein technisches Phänomen betrachtet. Eine Definition
könnte etwa lauten:
„Social Media bezeichnet internetbasierte Anwendungen, die den Austausch von Informa-
tionen zwischen mehreren Nutzern in öffentlichen oder halböffentlichen Kommunikations-
räumen ermöglichen.“
Dies ist zweifelsohne korrekt. Eine so lautende Definition erfasst tatsächlich all
jene Anwendungen, die gemeinhin als Social Media bezeichnet werden. Ange-
fangen von Blogs über Social Networks wie Facebook bis hin zu Microblogging-
Diensten (Twitter), Social Bookmarking (Mister Wong) oder Multimedia-Sha-
ring-Plattformen wie YouTube, Slideshare oder Flickr gibt es eine beträchtliche
Summe von Anwendungen, die unter dem Label Social Media zusammenge-
fasst werden.
Allerdings greift jene Tool-bezogene Betrachtung des Themas zu kurz, will man
verstehen, welche Implikationen die zunehmende Verbreitung der sozialen Medien
für Unternehmen mit sich bringt. Diese erschließen sich erst, wenn man einen
Blick auf die Konsequenzen wirft.
Zunächst kann konstatiert werden, dass sich die Kosten für das Publizieren von
Informationen, bedingt durch das Internet, drastisch reduziert haben. Benötigte
man vor wenigen Jahren noch Zugang zu einer Druckerpresse inklusive eines
Vertriebsnetzes, Radiosendemasten oder TV-Satelliten, um Inhalte mit einer rele-
vanten Reichweite zu veröffentlichen, so braucht es heute nurmehr einen Internet-
anschluss, um Text-, Audio-, oder Bewegtbildinhalte zu veröffentlichen und damit
– zumindest theoretisch – ein Millionenpublikum zu erreichen.
Für Unternehmen ergeben sich daraus drei Konsequenzen, die in der Folge erläu-
tert werden sollen, sortiert nach ihrer Bedeutung:
1. Unternehmen sind einer bislang ungekannten Transparenz ausgesetzt, die die
komplette Wertschöpfungskette umfasst.
2. Die Bedeutung von Word of Mouth und Empfehlungsprozessen nimmt in
der vernetzten Kommunikationswelt zu, was neue Herausforderungen für PR
und Marketing bedeutet.
43
12. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.3 Social Media auf dem Weg zur Professionalisierung
Mirko Lange
„Social Media“ ist noch eine junge Disziplin. Der nächste Schritt in der Professio-
nalisierung steht noch aus. Aktuell fehlt es noch an Zielen, Prozessen und ausgebil-
deten Social Media Managern.
In Deutschland diskutiert man eigentlich erst seit Herbst 2008 intensiv über „Social
Media“; als Barack Obama zeigte, wie man mit Twitter, Facebook und YouTube
einen Wahlkampf gewinnt. Von den Meisten zunächst als Hype abgetan, gibt es gut
zwei Jahre später kaum ein Unternehmen, das sich nicht mit dem Thema beschäf-
tigt – jedenfalls „irgendwie“. Gleichwohl fehlt es fast allen an einem konkreten
Plan: Aktionen sind überwiegend Stückwerk, getrieben von einzelnen Personen
oder Abteilungen. Das Jahr 2011 wird zeigen, ob Unternehmen neben einer
realistischen Betrachtung der Möglichkeiten des Social Webs auch gut ausgebil-
dete Spezialisten, konsistente Prozesse und nachhaltige Strategien hervorbrin-
gen werden – das ist wichtig für eine Professionalisierung von „Social Media“,
die der noch sehr jungen Disziplin sehr gut tun würde.
Es gibt heute kaum noch einen Zweifel daran, dass „Social Media“ ein rele-
vanter und ernst zu nehmender Teil der Meinungsbildung sind. Auch wenn
die direkte Reichweite einzelner Beiträge noch deutlich geringer ist als immer
behauptet wird, durchdringt „Social Content“, also von der Öffentlichkeit
bestimmte Inhalte, heute fast alle Medien im Web. In der bisherigen Medien-
ökonomie waren die Unternehmen gewohnt, einzelne Inhalte kontrollieren
zu können. Alle Unternehmenspublikationen vom Pressetext bis zu Werbe-
anzeigen wurden in aufwändigen und langwierigen Verfahren bis zum letzten
I-Punkt und bis zum letzten Pixel überprüft – wenn es sein muss, auch in 10
Korrekturschleifen. Wenn ein Wettbewerber sich nicht an die Regeln hielt,
konnte man ihn sofort abmahnen. Und auch die Medienarbeit hatte man im
Laufe der Jahre so gut professionalisiert, dass man die veröffentlichten Inhalte
gut im Griff hatte. Auch wenn es hier noch nie „Kontrolle“ gab, war (und ist) es
doch möglich, Einfluss auszuüben. Das liegt vor allem daran, dass Journalisten
fast immer an einen Kodex gebunden sind und nach Regeln spielen.
Bei „Social Content“ versagt zunächst fast jede Form der Einflussnahme. Im
Social Web herrscht Anarchie, also die „Freiheit von Herrschaft“. Und jeder
Versuch, Herrschaft im Social Web auszuüben, endet im Desaster. Die harsche
Kritik, die über Jack Wolfskin über Jako bis zur Deutschen Bahn hereinbrach,
als sie versuchten, Blogger abzumahnen, zeigt, wie empfindlich das „Social Web“
auf jede Form der Machtausübung reagiert. Die Menschen wollen sich nicht
den Mund verbieten lassen. Das ist nicht eine Konsequenz aus Facebook und
63
13. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.4 Kultureller und struktureller Wandel durch Social
Media
Ergin Iyilikci und Jan-Paul Schmidt
Einleitung
Internet und Social Media haben die Rahmenbedingungen der öffentlichen Kom-
munikation grundlegend verändert. Noch nie war es so einfach, eine breite Öffent-
lichkeit mit eigenen Inhalten zu erreichen, Kontakte zu knüpfen und virtuell zu
pflegen sowie transparent zu kommunizieren. Durch Social Media ändern sich
jedoch nicht nur die Beziehungen der Menschen untereinander, sondern auch die
Beziehungen zwischen Usern und Marken. Der Dialog tritt in den Vordergrund.
Die neuen Kommunikationsstrukturen verlangen Echtzeit, Transparenz, Authen-
tizität und Partizipation. Viele Organisationen sind diesen Anforderungen noch
nicht gewachsen. Hierarchische Strukturen, Top-Down-Entscheidungen, langwie-
rige Freigabeprozesse und fehlendes Wissensmanagement sind nicht mit Social
Media kompatibel. Im besten Fall erleiden die Firmen, die Twitter, Facebook Co.
ignorieren, davor zurückschrecken oder es nur als vorübergehenden Hype betrach-
ten, einen Wettbewerbsnachteil. Im schlimmsten Fall – wie 2010 bei Nestlé und
BP geschehen – werden sie von einer gewaltigen Welle der Echtzeitkommunikation
überrollt. Sie reagieren – weil unvorbereitet – falsch und unangemessen und verlie-
ren dadurch in sehr kurzer Zeit einen erheblichen Teil ihrer oft über Jahre aufge-
bauten Reputation. Martin Bredl, Kommunikationschef der Telekom Austria, trifft
den Nagel auf den Kopf, wenn er meint, dass durch Social Media die Kommuni-
kation eines Unternehmens „im Verhältnis zum Verhalten“ an Bedeutung verliere
(Kremmel 2010). Das bedeutet im Umkehrschluss: Unternehmen müssen sich den
neuen Herausforderungen stellen, sie ernst nehmen und verstehen. Dafür bedarf es
allerdings grundlegender Änderungen in Unternehmenskultur und -struktur.
1. Herausforderungen, Chancen und Risiken für Unternehmen
Eine der klassischen Aufgaben der Unternehmenskommunikation ist darauf
ausgelegt, den Journalisten in seiner Rolle als Gatekeeper davon zu überzeugen,
Unternehmensinhalte redaktionell zu verarbeiten und seinen Lesern, Hörern
oder Zuschauern bereitzustellen. Das darf nach wie vor nicht vernachlässigt wer-
den. Die Berichterstattung und die Kommentierungsfunktion der klassischen
Medien sind unerlässlich und immanent wichtig. Journalisten sind nach wie vor
primärer Ansprechpartner der PR-Verantwortlichen. Social Media kann und wird
dies nicht – wie von einigen Social Media-Enthusiasten prognostiziert – ersetzen.
Allerdings hat es das Social Web geschafft, eine Umgebung zu etablieren, die ohne
klassische Gatekeeper auskommt. Hinzu kommt der Umstand, dass Redaktionen
73
14. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.5 Social Media und Social Media Guidelines bei Kodak
Madlen Nicolaus
1. 125 Jahre Erfahrung im Teilen von Kodak Momenten
Vor 125 Jahren legte George Eastman Kodak mit der Erfindung des Rollfilms
den Grundstein für die Amateurfotografie und verwandelte damit weltweit die
Massen in Hobby-Fotografen. Knapp 100 Jahre später erfand der hauseigene
Ingenieur Steven Sasson die erste Digitalkamera der Welt. Kodak steht als
Innovations- und Meinungsführer auf dem Imaging-Markt seit jeher für das
Festhalten und Teilen der besonderen, ganz persönlichen „Kodak Momente“
– und das so einfach wie möglich. Das Leitmotto von Kodak-Gründer George
Eastman, „You press the button, we do the rest“, spiegelt sich in dem exklusiven
Kodak Share-Konzept wider. Ein spezieller „Share Button“ der Kodak Digital-
und Videokameras ermöglicht es Hobby-Fotografen heute, ihre Erinnerungen
per Knopfdruck auf verschiedenen Social Media-Plattformen einzustellen und
einfach mit Freunden sowie der Familie zu teilen. Kodak hat sich in den letz-
ten Jahren vom traditionellen Fotokonzern zu einem digitalen Unternehmen
gewandelt und verfolgt das Share-Konzept auch bei der Unternehmenskom-
munikation. Mithilfe sozialer Medien werden Themen und Zielgruppen mit
dem Unternehmen verbunden – in Echtzeit. Social Media sind ein essenzieller
Teil von 360°-Marketing- und Unternehmenskommunikation. Kodak geht es
dabei um wesentlich mehr als die umsatzgetriebene Vermarktung der eigenen
Produkte oder Dienstleistungen im Internet: Persönliche Kommunikation und
Interaktion mit den Konsumenten stehen im Vordergrund. Kodak verbreitet
Informationen zu Produkten und Aktivitäten per Social Media, um direktes
Nutzer-Feedback einzuholen. Nur so kann das Unternehmen auf positive wie
negative Meinungen der Kunden in kürzester Zeit reagieren und das eigene
Angebot kontinuierlich verbessern. Gleichzeitig bieten die sozialen Medien
eine reale Sicht auf die Einstellungen, Wünsche und Vorstellungen der Kun-
den sowie auf aktuelle Themen und Trends. Insgesamt beobachtet und wer-
tet das Kodak Social Media-Team monatlich etwa 300.000 Erwähnungen oder
Kommentare zum Unternehmen in Blogs, Foren, auf Facebook, Twitter oder
YouTube aus. 2010 erzielte der Begriff ‚Kodak’ fast 600 Millionen Impressionen
allein über Twitter1. Zahlen wie diese lassen sich nicht ignorieren. Es ist die
Marke Kodak, über die sich die Leute online unterhalten – ein sehr wertvolles
Kapital.
1 Twitter Impressionen: die Anzahl der Tweets zu Kodak, multipliziert mit der Anzahl an Followern (Tweets x
Follower).
91
15. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.6 Content generieren
Markus Walter
Für viele Unternehmen ist eine der größten Hürden für den Start von Social Media-
Aktivitäten der Zeitfaktor – meist verbunden mit Fragen wie „Wie viel Zeit muss ich
für die Pflege der Kanäle aufbringen, um von meiner Zielgruppe wahrgenommen zu
werden?“ und „Woher nehme ich nur die ganzen Themen?“. In kleinen und mit-
telständischen Unternehmen ist es häufig nur eine Person, die den Bereich Social
Media – zumindest in der Startphase – zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben mit
erledigt. Diese eine Person stellt dann – meist im Austausch mit Kollegen im Rah-
men von Social Media-Kongressen oder -Seminaren – erschrocken fest, dass an die
Aktivitäten in den sozialen Netzwerken sehr hohe Anforderungen und Erwartungen
geknüpft sind. Hierzu gehören beispielsweise die Pflege der Kanäle durch regelmäßige
Einträge sowie auch der Austausch mit dem eigenen Netzwerk. So sollten etwa Fra-
gen oder Kommentare möglichst umgehend bemerkt und auch beantwortet werden.
Dieser eigene Anspruch, aber auch die Erwartung vonseiten der Nutzer von Twitter,
Facebook und anderen Plattformen sind „nebenbei“ kaum zu erfüllen und stellt viele
Verantwortliche vor große Herausforderungen.
„Content ist King“ – für Social Media gibt es wohl keine treffendere, weil richtungs-
weisende Aussage. Nicht Content überhaupt, sondern der richtige Content im rich-
tigen Kanal ist entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens im Social Web.
Um zu erkennen, welches der richtige Content ist, sollte man die Sicht wechseln
und sich vor Augen führen, warum die Menschen, die man mit seinen Botschaften
erreichen möchte, überhaupt in sozialen Netzwerken aktiv sind. So zeigt etwa eine
aktuelle Facebook-Studie ganz deutlich, dass die Facebook-Nutzer bei Unterneh-
men und Marken immer dann „Gefällt mir“ anklicken, wenn sowohl das Image der
Marke gut ist als auch die Inhalte – also der Content – der Fanpage. Dabei ist die
Werbung der Marke auf Facebook eher Auslöser für den „Gefällt-mir“-Klick als die
Empfehlung durch Freunde! Facebook-Nutzer erhoffen sich von ihrem Commit-
ment zur Marke vor allem eine bevorzugte Behandlung, beispielsweise Preisvorteile,
Rabatte, aber auch exklusive Informationen zu Kampagnen und ähnliches. Sie
belohnen dies gerne mit Engagement, eben indem sie sich als Fan der Marke zeigen
und auch die Werte der Marke unterstützen. Ebenfalls als wichtig wird der Dialog
empfunden. Dies äußert sich beispielsweise in Form von Meinungsäußerungen zur
Marke oder in einem Austausch mit den Markenverantwortlichen in Form von
Kommentaren an der Pinnwand. Sind Facebook-Nutzer von einem Unternehmen
oder einer Marke genervt, können sie die entsprechenden Einträge wahlweise an der
eigenen Pinnwand ausblenden oder aber aktiv „Gefällt mir nicht mehr“ anklicken.
Kein Interesse mehr an der Marke sowie zu häufige Informationen und uninteres-
sante Informationen oder aber zu wenig Informationen sind Gründe, warum sich
Menschen wieder von den Markenseiten distanzieren.
111
16. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.7 Freunde brauchen wir alle: Reichweitenaufbau und
Multiplikation im Social Web
Alexander Lengen
Es ist wieder ein bisschen wie in der Schule: Wer die meisten Freunde hat, der ist
der Coolste. Das gilt vor allem in Zeiten des Social Web. Egal ob Schuhabsatzher-
steller, Nagelscherenproduzenten oder Luxusartikelfabrikanten – alle Marketing-
und PR-Abteilungen der Unternehmen drängen in die boomenden sozialen Netz-
werke und wollen sich eine Basis an Freunden und damit auch an Aufmerksamkeit
sichern. Sie schreien: Ich will geliebt werden! Gebt mir Aufmerksamkeit! Ich bin
der Beliebteste!
Was aber bringen diese Freunde, Likes oder Fans einem Unternehmen? Und wie
gewinnt man sie, bindet sie und unterhält sich mit ihnen? Eine allumfassende Ant-
wort hierauf ist schwierig. Während der Entstehung dieses Beitrages sind sicher
wieder fünf neue Netzwerke oder Applikationen entstanden, die eine mir noch
nicht bekannte Form der Interaktion zwischen Nutzern ermöglichen. Aber die fol-
genden Grundgedanken zu Reichweitenaufbau und Multiplikation im Web wer-
den sicherlich weiter Bestand haben.
1. Einmal zum Mitnehmen, bitte.
Drei Sachen, die Sie aus diesem Beitrag mitnehmen können:
1. Machen Sie Social Marketing statt nur Social Media!
2. Wie Sie Fans gewinnen und diesen etwas bieten.
3. Vergessen Sie nicht, sich Ziele zu setzen und eine Strategie zu definieren.
2. Social Marketing statt Social Media.
Wer an das Mitmachweb denkt, dem kommt reflexartig Facebook in den Sinn.
Je weniger Kenntnis über das Web 2.0 vorhanden ist, desto stärker ist der Reflex.
Zuggeeben, bei den ersten Überlegungen zu einer Social Media-Strategie bei
meinem Arbeitgeber PayPal haben wir zunächst auch so gedacht. Diese Denke
ist aber falsch. Facebook ist lediglich ein Social Media-Kanal, ähnlich wie Radio
einer von vielen Above the Line-Marketingkanälen ist. Und im Netz gibt es eben
auch viele davon. XING, StudiVZ, Twitter, Ping usw. … Zählt man Foren und
Blogs dazu, dann wird es unübersichtlich. Deshalb ist es sinnvoll dazu überzuge-
hen, von Social Marketing zu sprechen, wenn wir vom Dialog mit Kunden in den
sozialen Kanälen sprechen. Wenn man nun Social Marketing als das Nutzen von
123
17. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.8 Social Media Monitoring – Nutzergenerierte Kommu-
nikation im Internet verstehen und analysieren
René Kaufmann
“I'm directing that we strengthen the analytical process, how our analysis, how our analysts
process and integrate the intelligence that they receive.”
Barack Obama, Januar 2010
Einleitung
Das Budget der US-Geheimdienstbehörden im Jahr 2009 wird auf die unglaubliche
Summe von 66 Milliarden Dollar geschätzt. Wofür genau einzelne Budgetposten
ausgegeben werden, ist natürlich streng geheim. Dabei ist es jedoch mehr als wahr-
scheinlich, dass der Löwenanteil dieser Summe in hochmoderne IT-Systeme, Satel-
liten oder allerlei High-Tech-Gadgets gesteckt wird. Gleichzeitig ist es aber ebenso
wahrscheinlich, dass ein anderer Teil davon in die Anwerbung von IT-Spezialisten,
Datenanalysten, Linguisten – kurzum: menschliche Analyseleistung – investiert
wird. Denn letztlich ist es menschliche Denkleistung, die Querverbindungen zie-
hen und Erkenntnisse gewinnen kann, die Maschinen (bisher) nicht erkennen.
Warum eröffnet diese Einführung einen Text zum Thema Social Media Monito-
ring? Sie soll schon zu Beginn mit der doch sehr verbreiteten Erwartung aufräu-
men, dass die Analyse von im Internet stattfindender Kommunikation im Internet
per Knopfdruck funktioniert. Genau wie bei einem Geheimdienst besteht auch
bei Social Media Monitoring der Erfolg darin, technologiebasierte Auswertung von
Kommunikation durch menschliche Interpretationskraft zu kombinieren. Effi-
zientes Social Media Monitoring ist immer nur so gut wie der kluge Kopf dahinter.
Im folgenden Beitrag geht es um einen einführenden Überblick, was Social Media
Monitoring grundsätzlich ist und leisten kann, welche Möglichkeiten und Grenzen
es bietet, aber auch um eine praxisnahe Übersicht über die gängigsten Ansätze und
Anbieter in diesem Bereich.
1. Social Media Monitoring: Dem kollektiven Rauschen im Web 2.0
zuhören
Social Media stellen für Marketeers, PR- und Werbebranche den wohl größten
„Gamechanger“ der letzten 50 Jahre dar. Die Kontrolle darüber, was über ein Produkt
oder eine Marke gesagt wird, hat sich durch die massenhafte Nutzung von Foren,
Blogs oder von sozialen Netzwerken radikal zugunsten des Konsumenten verschoben.
Social Media bedeuten nichts weniger als eine Verschiebung von einem Netz der
131
18. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.9 Social Media im Marketing
Hans-Peter Neeb und Stefan Wörnle
Einleitung
Ist Social Media ein Marketing-Hype oder eine nachhaltige Veränderung des Kon-
sumentenverhaltens? Lassen Sie uns die Frage an einem kleinen Beispiel durch-
spielen. Stellen Sie sich vor, Sie wollen für ein Wochenende nach Rom fliegen
und ergattern ein günstiges Flugticket. Was wären Ihre nächsten Schritte?
Schritt 1: Hotelbuchung, zum Beispiel auf Expedia. Neben Lage und Preis-
kategorie ist sicher die Bewertung der User ein wichtiges Auswahlkriterium.
Vielleicht fragen Sie auch in ihrem Bekanntenkreis beispielsweise auf XING
oder Facebook, wer ein schönes Hotel in Rom empfehlen kann.
Schritt 2: Aufenthalt planen: die Suche bei Google listet diverse Rom- und
Italien-Reise-Communities auf, alle mit vielen Usertipps für ein tolles Wochen-
ende.
Schritt 3: Reiseführer bei Amazon kaufen: auch hier spielen die Userbewer-
tungen oder die Tipps aus den Rom-Communities ein wichtige Rolle.
Schritt 4: Nach der Reise stellen sie vielleicht ein paar Fotos oder Videos online
und teilen schöne Erlebnisse mit Freunden.
Das Beispiel zeigt, wie nachhaltig die Social Media-Idee das Leben von immer
mehr Menschen verändert: Wie wir Informationen suchen und sammeln, Kauf-
entscheidungen treffen, Menschen kennenlernen, Freundschaften pflegen, ler-
nen, reisen, arbeiten, Jobs finden, spielen, relaxen. Eric Qualman beschreibt das
Phänomen unter dem Schlagwort „Social Nomics“ (Qualman 2009) euphorisch,
aber treffend.
Social Media bedeutet mehr als Facebook und YouTube. Jede Form von nutzer-
generiertem Inhalt ist Social Media. Darüber hinaus wandeln soziale Medien
„mediale Monologe (one to many) in sozial-mediale Dialoge (many to many) um“.
Social Media „unterstützt (dabei) die Demokratisierung von Wissen und Infor-
mation und entwickelt den Benutzer von einem Konsumenten zu einem Pro-
duzenten“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Social_Media). So gesehen ist Social
Media weit mehr als ein neuer Werbekanal. Sie beeinflusst alle Abteilungen in
einem Unternehmen, von der Produktentwicklung über den Kundenservice bis
zur Mitarbeitergewinnung, und sie definieren das Spielfeld der Marketing-Kom-
munikation neu. Die Nutzerzahlen sind beeindruckend: mehr als 12 Millionen
147
19. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.10 Vom Agenda Setting zum Swarm-Fitting™ –
Strategien, Methoden und Arbeitsbeispiele für das
Reputation Management in den sozialen Medien
Sabine Andersen und Robert Wreschniok
„Wir machen da einfach was mit Social Media“ – jagt Ihnen dieser Satz auch einen
unangenehmen Schauer über den Rücken? Nein? Sollte er aber. Zweifelsohne spielen
das Internet und die sozialen Medien in Sachen Multiplikatoren-Ansprache, Wahr-
nehmung, Reputation und Vorbereitung von Kaufentscheidungen eine zentrale
Rolle. Aber was nutzt uns diese Erkenntnis, wenn wir die Dynamik, die Strömungen
und Energien hinter „diesen Social Media“ nicht verstehen? Wenn wir von dem
Potenzial des Web 2.0 für das Reputation Management eines Unternehmens spre-
chen, dann reden wir erst im zweiten Schritt und da auch nur begrenzt über Tools
wie Twitter, Facebook, Foursquare oder YouTube. Allem voran muss die Erkenntnis
gehen, dass Social Media keine weiteren Kommunikationskanäle sind, die Unterneh-
men mit Informationsangeboten bestücken können. Die sozialen Medien sind genau
das, was ihr Name verspricht – sozial, demokratisch und ein Spiegel des modernen
Konsumentenverhaltens. Sie geben uns die bisher nie dagewesene Chance, etwas
über die spezifischen Einzelinteressen von Millionen Internetnutzern zu lernen, die
sich dank der im Web 2.0 gebotenen Technologien zu vielen großen und kollektiven
Schwärmen verdichten und vermengen. Wer die Dynamik und das Prinzip der Social
Media versteht, der hat den Schlüssel in der Hand, um aktiver Teil (Manager) und
nicht Gegenstand (Opfer) der Kommunikation „da draußen“ zu werden.
Im Netz ist es wie auf einer großen Cocktailparty – wenn Sie sich mit den Künstlern
an der Bar unterhalten wollen, dann hören Sie zunächst dem Gespräch aufmerk-
sam zu, um zu verstehen, über welche Themen in welcher Tonalität und Sprache
gesprochen wird. Erst dann, wenn Sie wissen, wie ihre potenziellen Gesprächspartner
ticken, klinken Sie sich mit eigenen Meinungen und Ideen in die Unterhaltung ein.
Niemand hört gerne jemandem zu, der einzig von sich und seinen Interessen spricht,
ohne auf andere einzugehen. Selbst dann nicht, wenn er der Gastgeber ist. Socialisen
Sie im Netz und nutzen Sie die Dialoge, die Ihre Zielgruppe Ihnen bietet. Gehen Sie
auf die für Ihr Unternehmen wichtigsten User ein und überzeugen Sie sie mit Rele-
vanz und Charme davon, dass Sie interessant genug sind, um eine Aufnahme in den
Gesprächskreis zu verdienen. Mit anderen Worten: Passen Sie sich an Ihre Schwärme
an. Diesen Vorgang nennen wir Swarm-Fitting™.
Swarm-Fitting™ bedeutet, das eigene Unternehmensverhalten an die Bedürf-
nisse der Zielgruppen im Internet anzupassen, den Stakeholdern zuzuhören und
von ihnen zu lernen, um deren Dynamik und deren Interessen für die eigenen
Unternehmensziele zu nutzen.
171
20. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.11 Markenführung im Zeitalter von Social Media
Klaas Kramer
Wieso „im Zeitalter“? Weil es um ein verändertes Selbstverständnis in der Mar-
kenführung geht, nicht einfach darum, wie Sie Markenkommunikation auf ein
„neues Medium“ adaptieren. Bei Social Media geht es nicht um die Nutzung
neuer Medien als Kommunikationskanäle, sondern um veränderte Machtver-
hältnisse, geschaffen durch die vernetzte Welt. Markenführende Unternehmen
und ihre Agenturen haben kein Monopol mehr auf die Markenkommunika-
tion. Souverän ist, wer mit diesem Machtverlust gelassen umgehen kann und
daraus neue Kraft gewinnt.
1. Markenführung ist Asset Management
Marken sind immaterielle Wirtschaftsgüter. Markenführung entsteht durch
eine Kette richtungsweisender Entscheidungen über die Zukunft einer Marke.
Dabei geht es um den Einsatz von Ideen genauso wie die Zuweisung finanzieller
Mittel. Solche Entscheidungen sind unter geradezu unübersichtlich gewor-
denen Verhältnissen zu treffen. Weiterhin bleibt die Aufgabe wichtig, auf das
Gesicht der Marke zu achten und es nicht durch ungeeignete Ausweitungen auf
andere Produktkategorien zu verwässern. Wenn aber Menschen auf YouTube
eigene Werbefilme verbreiten, Marken zweckentfremden oder fälschen, dann
kann Markenführung effektiv nur mit ebensolchen subversiven Techniken
intervenieren. Künftig wird das der Haupt-Schauplatz der Markenführung sein
– nicht mehr exakt planbare Kampagnen.
3. Resonanz erzeugen: Social Media PR
Was bedeutet Social Media für die Markenführung? Das gesamte Internet
beruht auf sozialen Verknüpfungen. Technische Verlinkungen allein sind
noch nichts wert. Eine starke Marke ist vor allem ein attraktiver sozialer Netz-
werkknoten.
Die kognitive Landkarte der Marketingwelt sieht definierte Angebote und Bot-
schaften, die über Kanäle an Zielgruppen gesendet werden. Das Internet jedoch
ist kein Kanal mit einem Eingang für Absenderbotschaften und einem Ausgang
für Zielgruppenempfang. Das Internet ist ein Netz mit vielen Knotenpunkten.
Attraktivität erzeugen Marken in einer vernetzten Welt durch Sinnangebote, die
von Menschen aufgegriffen und vervielfältigt werden. Wenn die Kommunikation
einer Marke Resonanz erzeugt, dann kommuniziert „das Netz“ für die Marke.
183
21. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.12 Krisenkommunikation in Social Media
Michael Manger und Uwe Wache
1. Krisenkommunikation im Zeitalter des Social Webs
In Krisensituationen wirken Medien in der Regel als Verstärker, denn sie leben
von Ereignissen, die Aufmerksamkeit erzeugen und Auflage beziehungsweise
Einschaltquoten schaffen. Neben den klassischen Medien spielt dabei das Inter-
net eine immer bedeutendere Rolle. Immer häufiger sind Foren, Chats oder
Diskussionen in Social Networks Plattformen, auf denen Krisenthemen angesto-
ßen werden, die in der Folge von klassischen Medien aufgegriffen und dadurch
weiter verstärkt werden. Da Internetnutzer rund um den Globus Zugriff auf
Informationen haben und untereinander vernetzt sind, werden Krisenherde
damit noch schwerer lokalisierbar und noch unberechenbarer als bisher – mit
entsprechenden Konsequenzen für die Krisenkommunikation.
Wie die klassischen Medien in der Vergangenheit, so nutzen auch die Internet
Communities und ihre Nutzer das Aufdecken von realen oder vermeintlichen
Krisen als Möglichkeit zur Schaffung von Aufmerksamkeit für die eigene Sache
und zur Positionierung der eigenen Plattform beziehungsweise der eigenen Per-
son. Wikileaks ist hier das bekannteste Beispiel und im Kern das zeitgeistige
Gegenstück zu dem, was die Washington Post für den Watergate-Skandal in
den 1970er Jahren war: Transparenz-Treiber, Enthüllungsmaschine – und pro-
fessioneller Selbstvermarkter. Auch der Vernetzungsaspekt ist nicht wirklich
neu. Der Watergate-Skandal wurde zu seiner Zeit von den Medien rund um die
Welt aufgegriffen, schließlich sind Medien seit jeher über Nachrichtendienste
untereinander vernetzt.
Dennoch kann man von einer neuen Qualität in der Krisenkommunikation
sprechen. Denn im Gegensatz zu den klassischen Medien, die Sorgfaltspflichten
unterliegen und Richtlinien des Medienrechts beachten müssen, haben Social
Networks und Blogs einen erheblich größeren Bewegungsfreiraum. Schöpfen
sie diesen voll aus, sind sie perfekte Plattformen (mit beschränkter Haftung)
zur Kanalisierung von Betroffenheit und Entrüstung, die entsprechend leicht
instrumentalisiert werden können. Im Kontext des eingeschränkten Rechts-
schutzes, der juristische Intervention nahezu aussichtslos macht, sind sie damit
ein erheblich schwerer zu berechnender Faktor für das Krisenmanagement als
die klassischen Medien. Gleichzeitig treibt der Wettbewerb um die Meinungs-
und Deutungshoheit mit den klassischen Medien die Suche nach neuen Skan-
dalen laufend weiter voran, was Frequenz und Aggressivität von Medienskanda-
len ständig weiter eskalieren lässt.
189
22. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.13 Social Media Marketing und Suchmaschinenoptimie-
rung: per Tandem zum Erfolg!
Christian Seifert
Einführung
Als ich gebeten wurde, in meinen Beitrag zum Thema Social Media auch den
Aspekt Suchmaschinenoptimierung mit einfließen zu lassen, fand ich das eine
tolle Sache. Manche stellen sich jetzt vielleicht die Frage: „Was hat dieser alte
Dinosaurier Suchmaschinenmarketing mit dem neuen schnellen Rennpferd
Social Media zu tun?“
Auf den ersten Blick nicht viel. Auf den zweiten Blick stellt man jedoch fest, dass
sich die beiden Disziplinen hervorragend ergänzen: In der Kombination können so
noch bessere Effekte für den Unternehmenserfolg erzielt werden. Wie das genau
funktioniert, möchte ich Ihnen anschaulich und lebendig auf den nächsten Seiten
schildern.
Suchmaschinenoptimierung: ein Katalysator für Social Media Marketing
Einen Appell gleich vorweg: Falls Suchmaschinenoptimierung bisher noch nicht
auf Ihrer Agenda steht: Rücken Sie diese Maßnahme schnellstmöglich in den
Fokus! Google ist auch weiterhin die wichtigste und erfolgversprechendste Platt-
form im B2B-Bereich, um für Ihre Zielgruppen auffindbar zu sein. Somit sollte
Suchmaschinenoptimierung auch in Ihrer Marketing-Strategie nicht fehlen! Aber
genug der Vorrede: Lassen Sie uns in die spannende Thematik einsteigen.
1. Social Media
Laut einer Umfrage der COMPUTERWOCHE (Januar 2011) unter mehr als
200 Lesern aus allen Branchen und Abteilungen sind in 70 Prozent der Unter-
nehmen Social Media-Anwendungen Standard. Ganz vorne liegen dabei Fir-
menprofile in sozialen Netzwerken wie der Business-Plattform „XING“ und in
„Facebook“. Mikroblogging, wie es beispielsweise Twitter anbietet, findet in 22
Prozent Prozent der Unternehmen Anwendung. Etwa ein Drittel der Unter-
nehmen nutzt Social Media-Anwendungen nicht nur intern, sondern bindet
diese auch in ihre Internetpräsenz ein. Für die Marketingabteilung und die
Vorstände geht es dabei in der Regel nicht darum, Prozesse zu optimieren. Sie
sehen Social Media in erster Linie als Marketing- und Selbstdarstellungsinstru-
ment. Im Fokus steht demzufolge die Imagepflege, das Einrichten eines öffent-
lichen Schaufensters. Auch soll der Kundenkontakt über den Kanal Social
Media ausgebaut und verbessert werden.
203
23. Kapitel 1: Social Media-Strategien und -Anwendungen
1.14 Mehrwert schaffen – Social Media in der B2B-
Kommunikation
Christine Kinze
Einleitung
Beschäftigt man sich mit der möglichen Relevanz von Social Media in der B2B-
Kommunikation, stellt sich in einem ersten Impuls die Frage nach dem Warum.
In einer stark wirtschaftsorientierten und durch straffen Pragmatismus geprägten
Kommunikation scheint nur wenig Platz für soziale Komponenten. Social Media
wirken in diesem Zusammenhang zunächst wie eine unnötige Verkomplizierung
bestehender Kommunikationsstrukturen.
Erst bei genauerer Betrachtung der Wirkungsweisen von sozialen Medien sowie
der Zielgruppen der B2B-Kommunikation zeichnet sich ein Bild ab, das deut-
lich macht, dass Social Media auch in der B2B-Kommunikation eben das leisten
können, was sie in der B2C-Kommunikation bereits seit geraumer Zeit leisten
– Mehrwerte schaffen durch die Förderung und Knüpfung von sozialen Struk-
turen und Bindungen: „Es gibt kein soziales Netzwerk für Unternehmen und
keine Unternehmen, die in Blogs Kommentare verfassen. Unternehmen inter-
agieren nicht miteinander, nur Menschen“ (Li/ Bernoff 2009: 79). Sowohl für
die B2B- als auch die B2C-Kommunikation erfüllt der Einsatz von Social Media
den gleichen „sozialen Zweck“ – Bindung und Engagement von (Neu-)Kunden,
die Etablierung der eigenen Marke im Web und der Anstoß von vornehmlich
branchenspezifischen Diskussionen, wie sie auch in der B2C-Kommunikation
vorkommen.
Dies funktioniert insbesondere aus einem Grund: Die Zielgruppen der B2B-
Kommunikation sind bereits sehr aktiv im Social Web unterwegs. Ohne E-Mail-
Nutzung verbringen die relevanten B2B-Entscheider etwa zwei Stunden täglich
im Netz. Rund 90 Prozent der Kaufentscheider benutzen das Internet, um vorab
zu recherchieren – 85 Prozent beauftragen Lieferanten, die sie zuvor im Web
gefunden haben. Auch die sozialen Medien sind in diesem Prozess der Entschei-
dungsfindung schon maßgeblich beteiligt. 40 Prozent der Recherchen finden in
Internetforen statt, fast 30 Prozent der B2B-Entscheider beteiligen sich aktiv an
den dort stattfindenden Gesprächen (vgl. Virtual Identity 2009). Das bedeutet:
Geht es um Informationsbeschaffung, sind Social Media und Fachzeitschriften
mittlerweile gleichauf.
Diese Erkenntnisse scheinen zu diesem Zeitpunkt aber weder in der Wissenschaft
noch in der Praxis flächendeckend angekommen zu sein. Bisher setzen sich nur
wenige Studien mit der Bedeutung von Social Media in der B2B-Kommunikation
217
25. Kapitel 2: Tools in der Praxis
2.1 www.burda-news.de: der Social Media Newsroom von
Hubert Burda Media
Susanne Bömmel
1. Ausgangssituation
1.1 Aufgaben der Konzernkommunikation
Social Media findet bei vielen Marken der Hubert Burda Media statt. Hier soll
exemplarisch ausschließlich der Social Media Newsroom der zentralen Corporate
Communications dargestellt werden. Der Fokus dieses Newsrooms liegt auf einer
B-to-B-Kommunikation. Auf dem langen Weg von der klassischen Push- zur Pull-
Kommunikation ist er ein erster Schritt. Für einen Konzern erfordert der Umgang
mit Social Media ein Umdenken nicht nur in der Kommunikationsabteilung, son-
dern letztlich vom Vorstand bis hin zu jedem Mitarbeiter. Vor allem aber gehört
die stetige Überprüfung und Weiterentwicklung essenziell dazu, fertig ist diese Art
Newsroom nie. Wir zeigen hier die ersten Überlegungen und Schritte von Burda-
News.de.
1.2 Veränderung der Kommunikationswege
Der allgemeine Wandel der Kommunikationswege stellte die Konzernkommunika-
tion von Hubert Burda Media vor eine interessante Herausforderung.
Durch das Aufkommen neuer Kommunikationskanäle wie Twitter, Facebook und
Video beziehungsweise Foto-Plattformen standen neue Tools zur Verfügung, die
sich zwar für die Belange von PR nutzen ließen, aber lange Zeit größtenteils als
Chance ignoriert wurden. Gesucht wurde deshalb eine Möglichkeit, wie man am
besten die Kommunikationsarbeit des Unternehmens auf die neuen Möglichkeiten
anpasst, ihren technischen Gegebenheiten nachkommt und gleichzeitig den Nut-
zern ein adäquates Informationsangebot anbietet, dass den Gegebenheiten des
Web 2.0 gerecht wird.
Durch die Etablierung der verschiedensten Social Media-Kanäle bot sich einerseits
die Möglichkeit, die Reichweite der eigenen Pressearbeit zu erhöhen, andererseits
sollten die traditionellen Kommunikationswege und etablierten PR-Möglichkeiten
nicht vernachlässigt werden. Deshalb wurde nach einer Möglichkeit gesucht, wie
man klassische Pressearbeit mit den Vorteilen des Web 2.0 verbinden kann und
dabei alle Möglichkeiten von Social Media ausnutzt. Der Social Media Newsroom
(SMN) von Hubert Burda Media wurde deshalb so konzipiert, dass man den
233
26. 2.2 Best Practice: Das Daimler-Blog
Uwe Knaus, Manager Corporate Blogging und Social
Media Strategy, Daimler
Daimler gilt mit seinem Blog als Vorreiter. Als Sie im Jahr 2007 online gingen, gab es
außer dem Daimler-Blog keine weiteren Corporate Blogs von DAX-Unternehmen. Was hat
Sie bewogen, dieses Experiment zu wagen? Welche Hürden mussten Sie bei der Einführung
nehmen?
Knaus: Unsere Kommunikationsabteilung beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit
dem Medienwandel und den damit einhergehenden Veränderungen: Sinkende
Auflagenzahlen von Printmedien bei gleichzeitigem Anstieg der Online-Nutzung,
verändertes Kommunikationsverhalten durch Web 2.0-Funktionalitäten, steigende
Popularität von Social Media-Plattformen oder mobile Internetnutzung sind nur
einige Beispiele. Dies hat natürlich auch Auswirkung auf die Art und Weise wie
Unternehmen mit ihren Stakeholdern kommunizieren und bedeutet gleichzeitig,
dass wachsende Zielgruppen über klassische Medienformen immer weniger erreich-
bar sind. Deshalb mussten wir uns überlegen, wie wir diese Generation der „Digital
Natives“ trotzdem erreichen können. So entstand das Konzept für das Daimler-
Blog.
Bei Daimler bloggen Mitarbeiter, Praktikanten und Azubis. Ist es schwierig, die Kollegen zu
einem Beitrag zu motivieren oder haben Sie mittlerweile Voranmeldungen für Beiträge?
Knaus: Die Resonanz entwickelt sich bis heute sehr positiv, was allerdings nicht
immer so war. Anfangs mussten sich die Kolleginnen und Kollegen an die neue
kommunikative Freiheit und die öffentliche Sichtbarkeit gewöhnen. Aufklärungs-
arbeit hinsichtlich der Wirkungsweise der neuen Medien war notwendig. Wenn
das Interesse einmal geweckt ist, dann engagieren sich die Autoren auch weiterhin,
und sei es auch nur als Stammleser oder Kommentatoren. Nicht viele haben jeden
Tag was Interessantes zu erzählen und oft auch nicht die Zeit dazu. Ihre Motiva-
tion ziehen sie aus den Kommentaren, sowie aus den Klickraten, die sie von uns
zurückgespiegelt bekommen. Zahlreiche Beiträge wurden auch in namhaften „klas-
sischen“ Medien, wie beispielsweise der FAZ oder dem Handelsblatt, erwähnt. Ein
Autor hat es sogar bis in das türkische Fernsehen geschafft. Ali Ayhan berichtete
in drei Beiträgen über seine persönliche Erfolgsgeschichte beim Daimler: den Auf-
stieg vom Ferien- zum Sachbearbeiter. Das Bundeswirtschaftministerium und die
UNESCO wurden auf seine Trilogie aufmerksam und fragten ihn für ein Projekt
an. Unter dem Titel „Innovative Instrumente zur Entgegnung des Fachkräfteman-
gels – Erschließung des Humankapitals bei Personen mit Migrationshintergrund
mithilfe des türkischen Fernsehens“ berichtete er seinen Landsleuten über die Kar-
rieremöglichkeiten von Migranten in Deutschland. Das motiviert nicht nur den
Autor selbst, sondern auch viele andere, die Ähnliches vorhaben.
245
27. Kapitel 2: Tools in der Praxis
2.3 Microblogging im Unternehmenseinsatz
Joachim Lindner und Carsten Rossi
1. Microblogging Basics
Kurze Texte mit gehaltvollen Inhalten sind der Kern des Microblogging. Abgeleitet
von dem oft ausführlich geschriebenen Blog liegt dabei der Vorteil in der Kürze
der so genannten „Status Updates“. Die Beiträge ähneln eher einer SMS als einem
langen Artikel. In der Regel im Zeichenumfang begrenzt werden die Autoren so
gezwungen, kurze und somit präzise Beiträge zu formulieren. Leser erfassen so
schnell das Wesentliche. Der Aufwand, Informationen zu „sammeln“, ist eher als
gering einzuschätzen.
Die Schwelle, Inhalte zu publizieren, ist deutlich niedriger als bei anderen Social
Media-Anwendungen. Nach einem kurzen Anmeldeprozess können die Nutzer
gleich beginnen. Die kurzen „Status Updates“ sind ohne großen Aufwand schnell
geschrieben. Man muss nicht einen längeren Zeitraum einplanen, den man viel-
leicht für einen ausführlicheren Artikel benötigt.
Im Unterschied zur E-Mail, bei der der Autor entscheidet, wer diese liest, entschei-
den die Nutzer von Microblogging-Diensten, welche Meldungen sie lesen möchten.
Neben der Suchfunktion geschieht das aber häufig durch das Abonnieren von Auto-
ren oder Gruppen. Dies erfolgt jedoch nur, wenn die Inhalte für die Leser interessant
genug sind. Im Gegensatz zum Push-Medium E-Mail kommt es beim Pull-Medium
Microblogging also sehr viel mehr auf die Qualität der Autoren an. Das Ganze ist
dabei jedoch viel mehr vom Inhalt als von Schreibstil oder Design abhängig.
Die Inhalte der „abonnierten“ Autoren oder Gruppen erscheinen dann beim Leser
chronologisch sortiert in der so genannten Timeline. Die kurzen Nachrichten kön-
nen so schnell überflogen werden. Bei Interesse kann man den angebotenen Links
folgen oder angehängte Dokumente öffnen.
Der Microblogging-Dienst mit der höchsten Popularität ist derzeit Twitter. Das Phä-
nomen „Twitter“ hat einen deutlichen Ruck durch das Online-Geschehen der Post-
New-Economy gebracht. Öffentliche Statusmeldungen zu Erlebtem, Erfahrenem
oder gar Fiktivem – das ist der Gegenstand der Inhalte des US-amerikanischen
Internet-Dienstes, bei dem mittlerweile 175 Millionen User angemeldet sind, und
es werden stündlich mehr (Quelle: Twitter.com).
Die Popularität und rasante Entwicklung von Twitter führte schnell zu den Über-
legungen, Microblogging auch in Unternehmen zum internen Austausch von
Informationen zu nutzen. Yammer war die erste Applikation, die Microblogging
249
28. 2.4 Best Practice: Social Messaging bei Cognis
Yvonne Specht, Corporate Communications Manager,Cognis
Für wen haben Sie das Social Messaging-System Heart of Co. bei Cognis eingesetzt?
Specht: Am Anfang nur für ein kleines Kernteam innerhalb der Corporate
Communication am Standort Monheim. Diesen Teilnehmerkreis haben wir
dann sukzessive um Kollegen aus den globalen Kommunikationsfunktionen
und schließlich auch durch ausgewählte Teilnehmer aus den Business Units
erweitert.
Was waren die Ziele beim Einsatz eines Social Messaging-Systems?
Specht: Zu Beginn trieb uns eigentlich nur das grundsätzliche Interesse an
neuen Technologien und Kommuikationsformen. Die Unternehmenskommu-
nikation eines globalen Unternehmens wie der Cognis GmbH muss sich als
Treiber und Moderator des Wandels hin zu einer dialogischen Kommunika-
tionskultur frühzeitig mit neuen Trends auseinandersetzen. Nachdem wir den
grundsätzlichen Nutzen eines solchen Systems erkannt hatten, haben wir Heart
of Co. als eine Art internes Trainingslager für Social Media-Interessierte genutzt
und aktiv promotet.
Mit welchem Ergebnis?
Specht: Das Interesse wuchs stetig und konkretisierte sich schließlich im Hinblick
auf sehr praktische Einsatzszenarien, zum Beispiel für unternehmensinterne Idea
und Strategy Jams.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Kriterien für ein Social Messaging-
System?
Specht: Zuallererst sicherlich die einfache Bedienbarkeit. Man muss den psycho-
logischen Hemmschwellen beim Einsatz dialogischer Kommunikation mit niedrigen
technischen Zugangsschwellen begegnen. Je einfacher ein solches System zu nut-
zen ist, desto eher bringt man die Mitarbeiter dazu, Dinge einfach mal auszupro-
bieren.
Wichtig für den Einsatz in der Unternehmenskommunikation sind darüber
hinaus Dashboards und integrierte Reports, die helfen, die Inhalte auszu-
werten, um den Erfolg und die Ergebnisse der Kommunikation konsolidiert
zu bewerten.
265
29. 2.5 Interview zum Thema Intranet
Jürgen Mirbach, freier Berater und Informationsarchitekt
Jedes größere Unternehmen verfügt über ein Mitarbeiterportal. In den Anfängen war dies oft
eine unübersichtliche Linkliste, eine Liste mit Ansprechpartnern und Telefonnummern sowie
das Medium für aktuelle Nachrichten aus der Internen Kommunikation. Heute, in Zeiten von
Social Media, kann das Intranet sehr viel mehr sein und leisten. Wie sieht Ihrer Meinung nach
ein zeitgemäßes Intranet aus?
Mirbach: Die Zeiten von Linklisten als Intranet sind eigentlich lange vorbei – es
mag da noch Relikte geben. Der Bezug auf die Anfänge von Intranets hat jedoch
heute eine besondere Aktualität: Die „Linklisten“ hatten den Zweck, wertvolle
Inhalte, die auf Inseln entstanden sind, zugänglich zu machen. In der Folge ist es
den meisten Intranet-Managern gelungen, die Insellösungen unter das Dach eines
einheitlichen Intranets oder Mitarbeiterportals zu holen. Nachdem diese Aufgabe
erfolgreich gelöst worden ist, kommen unter den Schlagworten Enterprise 2.0,
Social Media und ähnliches neue Herausforderungen, auf die ich gleich zurück-
komme. Parallel zu dieser Entwicklung haben die Unternehmen das Intranet als
Medium für die Mitarbeiterinformation entdeckt. Das Senderinteresse hat da oft-
mals zu viel Raum – insbesondere auf der Startseite des Intranets – bekommen. Die
Intranets waren nicht nah genug am Arbeitsalltag der Mitarbeiter orientiert.
Ein zeitgemäßes Intranet stellt den Mitarbeiter, seine Informationsbedürfnisse und
seine Arbeitsaufgaben in den Mittelpunkt. Das primäre Ziel könnte so formuliert
werden: „Das Intranet ermöglicht den Mitarbeitern, ihre Aufgaben bestmöglich
und schnell zu erledigen.“ Nicht alle Aufgaben können über das Intranet erledigt
werden – die Integration beispielsweise eines CAD-Arbeitsplatzes in das Intranet
dürfte in den seltensten Fällen sinnvoll machbar sein. Zu dem Spektrum typischer
Intranet-Aufgaben gehören aber:
Zusammenarbeit in Gruppen oder Projekten (Informationsaustausch, Planung
und Dokumentation von Meetings, Ablage von Dokumenten, Diskussion und
Weiterentwicklung von Dokumenten, die damit zu Projektergebnissen
werden usw.),
Geschäftsprozesse (zum Beispiel CRM, Produktdatenpflege oder auch Übergaben
bei Schichtwechsel),
Verwaltungsprozesse (Employee Self Service, Manager Self Service, Reservierung
von Besprechungsräumen, Reiseplanung, Bestellung von Arbeitsmaterialien usw.),
Unterstützung der Mitarbeiter beim Wissens- und Informationsmanagement
durch eine intelligente Suchfunktion, Yellow Pages und Funktionen, welche
die Dokumentation von Wissen automatisch bei der Arbeit unterstützen (Beispiel
Tagging),
267
30. 2.6 Best Practice: Das Intranet bei real,– SB-Warenhaus
GmbH
Claudia Schrank, Abteilungsleiterin Interne Kommunikation,
real,- SB-Warenhaus
Die real,- Warenhaus GmbH hat vor etwas mehr als einem Jahr ein neues Intranet
online gestellt. Was waren die Kerngedanken bei der Konzeption dieser neuen Plattform?
Welchen Anspruch stellten Management und Mitarbeiter an dieses Tool?
Schrank: Die Struktur des alten Intranets von real,- Deutschland war über die
Jahre unkontrolliert gewachsen und deshalb sehr unübersichtlich. Ein Ziel des
Relaunchs war deshalb die Neustrukturierung der Inhalte. Die Informationen
sollten intuitiv auffindbar und miteinander vernetzt werden.
Außerdem wollten wir dem Umstand gerecht werden, dass wir keine personali-
sierten, sondern nur funktionale E-Mail-Accounts in unseren Märkten haben.
Das hieß zum Beispiel, dass bis zu sechs Food-Mitarbeiter ihre Informationen
über eine E-Mail-Adresse erhielten. Das war sehr unübersichtlich und Informa-
tionen gingen leicht verloren.
Unser Ansatz war deshalb, Informationen teamspezifisch in die Märkte fließen
zu lassen. Die Idee der Teamboxen war geboren. Seit dem Relaunch hat jedes
Team im Markt im Intranet eine eigene Teambox. Dort finden zum Beispiel
die Mitarbeiter aus der Obst- und Gemüse-Abteilung die Infos, die sie für ihre
tägliche Arbeit benötigen.
Seit dem Relaunch hat das Intranet immer mehr an Bedeutung gewonnen.
Nicht nur für die Märkte, sondern auch für die Abteilungen in den Zentralen
von real,–. Diese Abteilungen sind die Absender der Informationen für die
Märkte und erkennen immer mehr, welche Möglichkeiten ihnen diese Platt-
form bietet. Dies zeigt sich in den vielen Anfragen und Ideen für Weiterent-
wicklungen, die uns verstärkt erreichen.
Ein Großteil der Mitarbeiter sitzt bei real,– nicht im Büro, sondern arbeitet im Schichtsystem
in den Märkten. Wie hilft diesen Mitarbeitern, die keinen permanenten Zugang zum Intra-
net haben, die Plattform im Arbeitsalltag?
Schrank: Theoretisch könnten alle Mitarbeiter, die Interesse daran haben, auf
die Informationen im Intranet zugreifen. Die Inhalte der Teamboxen sind von
allen Rechnern im Markt einsehbar, unabhängig davon, mit welchem Account
diese angemeldet sind.
273
31. Kapitel 2: Tools in der Praxis
2.7 „Many-to-One-Kommunikation“ – wie die Feedback-
Lücke der Unternehmenskommunikation zu
schließen ist
Georg Kolb
1. Direktkommunikation
Deutschland war spät dran (Kolb 2009), inzwischen ist allerdings auch hier viel
über Social Media geredet und geschrieben worden. Das ist gut so. Erstaun-
licherweise ist dabei jedoch selten klar gesagt worden, was unter dem schil-
lernden Begriff genau verstanden werden soll. Oft war und ist nur von „Twitter,
Facebook Co.“ die Rede, es werden also einzelne Plattformen aufgezählt, die
jeweils gerade in Mode sind. Was aber die systematische Bedeutung der sozialen
Medien anbelangt, so gingen die bisherigen Betrachtungen kaum über Schlag-
worte wie „Dialog“, „Kontrollverlust“ und „Mitmach-Internet“ hinaus. Dage-
gen blieb zumeist unklar, wie dieser Kommunikationsstil, der aus dem Umfeld
der Endnutzerkommunikation kommt, in der Unternehmenskommunikation
praktisch umgesetzt werden kann. So überrascht es nicht, dass nach einer im
Juni 2010 erschienenen Studie zwar 54 Prozent der deutschen Unternehmen,
Behörden, Verbände und Non-Profit-Organisationen Social Media einsetzten,
aber nur 16 Prozent die notwendigen Grundlagen für ein strategisches Vorge-
hen geschaffen hatten (Fink/ Zerfaß 2010). Daher will ich mit einer Begriffsbe-
stimmung beginnen, die nicht von einzelnen Plattformen abhängt, und daraus
dann systematische Schlüsse ziehen, die für den praktischen Einsatz durch
Unternehmen relevant sind:
Soziale Medien sind Technologien, die Menschen mit gemeinsamen Interessen direkt mitei-
nander kommunizieren lassen.
In diesem Definitionsvorschlag kommt ein Aspekt zum Ausdruck, der bisher
relativ wenig Beachtung gefunden hat, obwohl er die Unternehmenskommu-
nikation vor große neue Aufgaben stellt, nämlich die wachsende Bedeutung
der Direktkommunikation. Es ist zwar oft darauf hingewiesen worden, dass die
traditionellen Medien durch Social Media ihre Quasi-Monopolstellung im Hin-
blick auf die Informationsvermittlung verloren haben. Das bedeutet aber eben
auch, dass stattdessen jeder Internetnutzer selbst direkten Zugriff auf Informa-
tionsquellen hat und Inhalte direkt veröffentlichen kann, ohne dabei auf die
traditionellen Medien als Vermittler angewiesen zu sein. Anders gesagt: Die
Nutzer haben zu einem bedeutenden Teil selbst die Rolle der Medien übernom-
men. Das ist bereits im Titel des berühmten Aufsatzes „We Media“ von Bow-
man und Willis aus dem Jahr 2003 prägnant auf den Begriff gebracht worden
(Bowman/ Willis 2003).
277
32. 2.8 Expertengespräch zum Thema Corporate Radio
Ulrich E. Hinsen (ManagementRadio) und Wolfgang A. Eck
(eckpunkte Kommunikationsberatung).
Hinsen: Über ein paar Jahre teile ich mit meinem Kollegen Wolfgang Eck eine
Begeisterung für das Thema Radio im Allgemeinen und ManagementRadio und
eben auch Corporate-Radio im Besonderen. Von meinem Interesse wurde dies vor
allen Dingen durch die ungeheuren Möglichkeiten von Unternehmensradio beim
Einsatz in Change-Projekten bestimmt. Dazu gleich ein wenig mehr.
Doch zunächst einmal die Frage an meinen Kollegen Wolfgang Eck: Was hat bei Ihnen das
Interesse für Corporate-Radio ausgelöst?
Eck: Das ist einfach dadurch entstanden, dass mein größtes Hobby die Musik ist. Das
heißt, ich bin ein Mensch, der sehr gerne mit auditiven Medien umgeht. Als ich mit
Corporate Radio startete, war ich in der Funktion des Leiters Unternehmenskommu-
nikation und mit dem Thema Interne Kommunikation betraut. Ich habe überlegt, wie
man für die Mitarbeiter Informationen noch effizienter aufbereiten kann – so, dass es
nicht nur ankommt, sondern auch verstanden und in Handlung übersetzt wird.
Hinsen: Mein Interesse ergab sich einfach auf der Suche nach weiteren, nach
geeigneten Medien in Change-Prozessen. Ich fand es ungeheuer spannend, neben
bewährten, klassischen Medien wie beispielsweise der Mitarbeiterzeitung oder auch
dem Intranet auf das gesprochene Wort von Verantwortlichen im Change setzen zu
können. Faszinierend war ein besonderes Erlebnis bei einem Kunden, der fast aus-
schließlich über Audio und einige Videoclips Informationen zum Change-Prozess
an die Mitarbeiter herangetragen hat.
Herr Eck, aus Ihren Erfahrungen bei den damaligen Einsätzen von Unternehmensradio
heraus: Worauf kommt es ganz besonders an?
Eck: Ganz wichtig ist natürlich, dass es nicht einfach umgesetzt wird, weil es dem
Herausgeber so gut gefällt oder weil es alle anderen auch haben. Sondern es muss
zum Unternehmen passen, zur Unternehmenskultur. Und es muss vor allen Din-
gen in die Unternehmens- und Kommunikationsstrategie eingebettet sein. Dahinter
müssen immer die Fragen stehen: Was will ich mit meinen Instrumenten der Inter-
nen Kommunikation erreichen? Welche Botschaften möchte ich transportieren?
Und welche Kanäle stehen mir zur Verfügung, um dies auch effizient zu machen?
Hinsen: Schauen wir einmal auf den Qualitätsaspekt. Es ist klar, wenn Radio,
auch Unternehmensradio, nach draußen geht, dass die Qualität eine entspre-
chende Bedeutung hat. Um es einmal in ein Bild zu bringen: Wenn es um ein
289
33. 2.9 Interview zum Thema Corporate TV
Armin Dhillon, Executive Producer, World Television
Video-Plattformen und -Communities wie YouTube, sevenload und vimeo boomen. Hat
der enorme Bedeutungszuwachs, den das Bewegtbild im Allgemeinen erhalten hat, auch
Auswirkungen auf den Stellenwert für die Unternehmenskommunikation?
Dhillon: Global agierende Unternehmen, für die World Television tätig ist, nut-
zen die sozialen Netzwerke als zusätzliche Plattform, um proaktiv und selbstbestim-
mend Botschaften abzusetzen und bei Bedarf interaktiv tätig zu werden. Für die
Firmen bedeutet Online-Kommunikation, dass Sie als modernes Unternehmen bei
den Mitarbeitern wahrgenommen werden. In der externen Kommunikation wird
der klassische Medien-Mix damit sinnvoll erweitert.
World Television unterstützt Unternehmen mittels Corporate-TV bei ihren Kommuni-
kations- und Marketingmaßnahmen. Aus welchen Branchen und mit welchen Fragestel-
lungen treten Ihre Kunden an Sie heran?
Dhillon: Unsere Kunden sind vornehmlich dezentral organisierte Mittelständler
oder global agierende Großunternehmen aus allen Branchen. Für beide Organi-
sationsformen gilt, dass man das Bewegtbild mit den ständig besser werdenden
technischen Möglichkeiten in der Online-Distribution (Bandbreiten, Erreichbar-
keit, etc.) sehr kurzfristig an die Zielgruppen bringen kann. Die Anforderungen
der Unternehmen kommen sowohl aus der internen wie auch externen Kommu-
nikation.
Corporate-TV kann auch als Instrument der Internen Kommunikation genutzt werden.
Welche Erfahrungen haben Sie in Bezug auf Zweck und Erfolg dieser Art von Firmenfern-
sehen gemacht?
Dhillon: Wir beobachten, dass die Kommunikationsformate im Corporate-TV-
Bereich weg von umfangreichen Magazin- oder Studiokonzepten, wie sie im klas-
sischen Fernsehen oft gezeigt werden, geht. Stattdessen werden von uns gezielt
kurze Beiträge produziert, die punktuell eingesetzt werden. Das kann ein Interview
im Intranet, die Videobotschaft bei einem Kick-off Meeting oder auch eine persön-
liche Botschaft an die Mitarbeiter sein, wenn der Chef nicht überall präsent sein
kann. Die persönliche Ansprache und der direkte Kontakt haben einen sehr hohen
Stellenwert und Akzeptanz bei den Unternehmen.
Grundsätzlich können es sich die wenigsten Unternehmen leisten, eine Vielzahl an Kanä-
len einzusetzen. Wo sehen Sie die Vorteile von Video gegenüber anderen Medien in der
Unternehmenskommunikation?
293
34. Kapitel 3
Rechtliche Aspekte von Social Media in der
Unternehmenskommunikation
35. Kapitel 3: Rechtliche Aspekte von Social Media in der Unternehmenskommunikation
3.1 Rechtliche Aspekte von Social Media
Jan Schneider
Einleitung
Social Networks wie Facebook1, XING2, Twitter3 und andere Social Media des
Web 2.0 erfreuen sich einer immensen und weiterhin stetig steigenden Beliebt-
heit. Unternehmen, Mitarbeiter und private Nutzer haben die Social Media für
sich entdeckt und nutzen diese in Bereichen des privaten, gesellschaftlichen
und beruflichen Lebens als Werkzeug zur Pflege vorhandener und zum Ausbau
neuer Kontakte.
Häufig sind allerdings die rechtlichen Grundlagen gar nicht bekannt. Tatsäch-
lich birgt aber die Nutzung von Social Media eine Reihe rechtlicher Risiken,
mit denen sich Unternehmen, Mitarbeiter und Private zumindest grundlegend
beschäftigen sollten.
Im Folgenden werden einige wesentliche rechtliche Aspekte der Social Media
kurz dargestellt. Angesichts des zur Verfügung stehenden Buchumfangs bittet
der Autor um Nachsicht, dass diese Darstellung keinen Anspruch auf Vollstän-
digkeit erheben kann. Für eine weitergehende Darstellung wesentlicher Aspekte
finden sich bisweilen in den Fußnoten Verweise auf weiterführende Literatur.
1. Rechtlicher Rahmen
1. Welches Recht gilt?
Mittels Social Media-Diensten können Menschen über Länder und Kontinente
hinweg miteinander kommunizieren. Von welchem Land der Dienst aus betrieben
wird, wo also die Serveranlagen stehen, ist für die Nutzer der Social Media zunächst
einmal von wenig Belang, bisweilen überhaupt nicht transparent. In rechtlicher
Hinsicht führt dieser Umstand allerdings zu der Frage, welche Rechtsordnung bei
Angebot und Nutzung von Social Media überhaupt Anwendung findet.
Für die Beantwortung dieser Frage muss man unterscheiden: Geht es um
Rechtsfragen, die den Anbieter beziehungsweise Betreiber des Social Media-
Dienstes betreffen? Geht es um das Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und
den Nutzern des Dienstes? Oder geht es um den Nutzer betreffende Rechtsfra-
gen? Betrachten wir diese Fragen der Reihe nach:
1
www.facebook.de.
2
www.xing.de.
3
www.twitter.com.
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37. Kapitel 4: Exkurs: Social Media und HR
4.1 Social Media und Employer Branding
Thomas Geiger, Matthias Wagner, Andrea Weiß
Während Wirtschaftsforscher noch diskutieren, ob und in welchem Ausmaß es
einen Fachkräftemangel in Deutschland geben wird, haben viele – vor allem kleine
und mittelständische Unternehmen bereits heute spürbare Schwierigkeiten,
geeignete Bewerber für ihre offenen Stellen zu finden. Gerade bei den Ingenieuren
und in den Gesundheitsberufen besteht derzeit ein erhöhter Personalbedarf, der
den Wettbewerb zwischen den Unternehmen um die besten Mitarbeiter schärfer
werden lässt (Focus Money Online 29.07.2010).
Die Unternehmen sind heute mehr denn je gefordert, sich als attraktiver Arbeit-
geber zu positionieren und sich so im Markt der Talente und so genannten High-
Performer (Einsteiger, Berufserfahrene und Führungskräfte) hervorzuheben. Und
damit steht in vielen HR- und Kommunikationsabteilungen das Thema Employer
Branding – also die Positionierung und Vermarktung des Unternehmens als
attraktiver Arbeitgeber – derzeit weit oben auf der Agenda. Und auch im Employer
Branding ist ein Trend deutlich: „Die Relevanz innerhalb des Employer Branding
Portfolios verlagert sich – hin zu Social Media“ (Schmitz 2010). Es liegt auf der
Hand, sich als Unternehmen dort zu präsentieren, wo die (zukünftigen) Mitarbeiter
Zeit verbringen, sich vernetzten und im Dialog sind. Und das sind immer mehr die
sozialen Medien.
Aus diesem Grund präsentieren sich immer mehr Unternehmen auch auf
Facebook, XING und anderen Social Communities als attraktive Marke, die
nicht nur interessante Produkte anbietet, sondern auch als Arbeitgeber viel zu
bieten hat. Doch es geht nicht nur darum, sich zu präsentieren: Mindestens
ebenso wichtig ist der Dialog mit der Community. Die sozialen Medien bie-
ten nicht nur die Möglichkeit, sie fordern Dialog und Interaktion tatsächlich
ein. Spätestens dann, wenn die ersten Kommentare und Bemerkungen auf dem
Corporate-Blog oder der Facebook-Seite von interessierten Usern gepostet wer-
den. Wer diese Herausforderung annimmt, wer den User ernst nimmt, wer
ihm antwortet, ihn mit interessanten Informationen versorgt und dabei auch
noch amüsant unterhält, wird eine lebendige Community um seine Arbeitge-
bermarke aufbauen.
Es sind bisher besonders die großen Unternehmen, die sich im Employer Branding
den Herausforderungen des Kommunikationskanals „Social Media“ gestellt haben.
Aber gerade für den Mittelstand bieten Social Media eine realistische Chance, mit
kreativen Konzepten, persönlichem Kontakt und der Schnelligkeit flacher Hierar-
chien, Mitarbeiter und Talente für sich zu begeistern und so mit den Employer
Branding-Kampagnen der „Großen“ in Konkurrenz zu treten.
327
38. 4.2 Best Practice: Employer Branding und E-Recruiting
bei Continental
Sehnaz Özden, Global Head of Corporate Employer Branding
und Recruiting, Continental
Für eine Positionierung der Arbeitgebermarke ist das Web 2.0 mittlerweile von zentraler
Bedeutung. Wie kann ein Unternehmen von seinen Social Media-Aktivitäten profitieren?
Özden: Die Möglichkeiten für Unternehmen sind hier nahezu grenzenlos. Auf
Web 2.0-Plattformen können Firmen ihre Produkte vorstellen und mit Ziel-
gruppen in den Dialog treten. Aber das ist nur der Anfang. Nehmen wir den
Bereich Personalmarketing. Über Web 2.0-Tools können wir die potenziellen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort abholen, wo sie sich in ihrem Alltag auf-
halten und so relativ leicht in einen Dialog mit ihnen treten. Vor allem haben
wir die Möglichkeit, eine Community von Mitarbeitern, Alumni und Bewer-
bern um uns herum aufzubauen. Durch die Interaktion haben wir dann die
Chance, die Teilnehmer davon zu überzeugen, dass wir nachvollziehbar einer
der Top-Arbeitgeber im Bereich Automotive sind – und damit eine erstklassige
berufliche Perspektive für ihre Zukunft bieten können.
Bestärken Sie Ihre Kollegen und Mitarbeiter, selbst im Netz aktiv zu werden, besonders
im Hinblick auf deren Funktion als Markenbotschafter, oder bereitet Ihnen dies Sorge?
Özden: Generell bewerten wir diese Thematik sachlich und ohne Aufregung.
Weder werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin gesondert bestärkt,
sich auf diese Weise als Markenbotschafter zu engagieren, noch bereiten uns
deren etwaige persönlichen Aktivitäten im Netz Sorge.
Für meinen Bereich kann ich sagen: Recruiting über Web 2.0 ist immer noch
nicht den Kinderschuhen entwachsen. In Zukunft wird es viel alltäglicher sein,
sich auch als Personaler in der virtuellen Welt zu bewegen. Diese Entwicklung
ist aus unserer Sicht gegeben.
Gerade die Generation der heute 20-30-jährigen – auch Generation Y genannt
– ist mit dem Netz aufgewachsen. Durch Beiträge in Blogs oder auf Bewer-
tungsportalen beeinflusst sie das Image der Unternehmen. Hier können wir
ansetzen. Aber Vorsicht, hier bewegen wir uns auf unbekanntem Terrain, denn
Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass es heute mehr denn je wichtig ist,
in öffentlichen Aussagen authentisch zu sein. Sollte dies nicht der Fall sein,
reagiert das Web 2.0 sofort.
351
48. Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation: Trends, Nutzen
und Wirklichkeit
Im 2. Band der scm zur Internen Kommunikation widmen sich
25 Autoren dem Nutzen einzelner Instrumente und Techniken
sowie den Trends in deren Einsatz. Anhand konkreter Beispiele
werden klassische und Online-Instrumente vorgestellt, die sich
in der täglichen Arbeit bewährt haben. Dieser Bereich wird
ergänzt mit dem Aspekt der Wertschöpfung von interner Kom-
munikation für das Unternehmen.
scm | Seiten: 336 | erschienen: 2008 |
ISBN: 978-3-940543-04-2 | Preis: 29.90 Euro
Souveräne Markenführung
Mit einem Vorwort von Karsten Kilian
Durch Social Media verlieren Markenentscheider die Kontrolle
über ihre Marken im Bild der Öffentlichkeit. „Souveräne Marken-
führung“ präsentiert ein Konzept, das Verantwortlichen in Unter-
nehmen und Agenturen wirksame Methoden an die Hand gibt, mit
diesem Phänomen umzugehen – und ihre Mar- ke zum attraktiven
Netzwerkknoten im Social Web zu machen.
scm | Seiten: 144 | erschienen am: 20.09.2010 |
ISBN: 978-3-940543-07-3 | Preis: 24.90 Euro
Trendmonitor Interne Kommunikation 2010 – Potentiale und Entwicklungen
des Berufsstands
Wie sieht der aktuelle „state of the art“ in Sachen Interne Kom-
munikation aus? Welche Funktion füllen interne Kommunika-
toren im eigenen Unternehmen aus, welche Ziele und Aufga-
ben haben sie? Fragen, auf die Kommunikationsverantwortliche
unterschiedlich großer Unternehmen und Organisationen im
Rahmen der Studie der scm in Kooperation mit der DPRG und
dem prmagazin geantwortet haben.
scm | Seiten: 60 | erschienen am: 15.02.2011 |
ISBN: 978-3-940543-10-3 | Preis: 95.00 Euro
Rede mit mir – Warum interne Kommunikation für Mitarbeitende so wichtig ist
und wie sie funktionieren könnte
Alle sind sich einig: Interne Kommunikation ist wichtig. Und
doch sind Mitarbeiter nur wenig mit der gelebten Internen
Kommunikation zufrieden. „Rede mit mir“ geht dieses Problem
vom verhaltenswissenschaftlichen Standpunkt an und ergründet
Gestaltungsmöglichkeiten von Kommunikationsverantwort-
lichen anhand der Bedürfnisse von Mitarbeitenden.
scm | Seiten: 320 | erschienen am: 21.02.2011 |
ISBN: 978-3-940543-08-0 | Preis: 24.90 Euro
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49. Intensivkurs
Social Media und Onlinekommunikation
Grundlagen, Strategien, Konzepte und Praxiswerkzeuge
Modul I:
Grundlagen und Strategien der Social Media
Modul II:
Social Media in der Praxis und die optimale Nutzung
Beide Module sind auch einzeln buchbar.
Weitere Informationen unter: scmonline.de
50. E-Learning-Kurs
Interne Kommunikation 2.0
Intranet und Social Media in der Internen Kommunikation
User generated
Modul I: Wiki content
Grundlagen Möglichkeiten von Social Media für die
Change Interne Kommunikation
Agents CEO-
Modul 2: Blog
Implementierung von Social Media
Prozess-
optimierung
Modul 3:
Information Intranet und seine Rolle im Medienmix
vs. Dialog Long Enterprise
Modul 4: Tail 2.0
Wandel in der Unternehmenskultur – Arbeitswelt 2.0
Intranet
Scorecard Social Media
Modul 5:
Guidelines
Controlling und rechtliche Aspekte
Management-
Dashboard
Weitere Informationen unter: scmonline.de
51. Social Media
Ausgehend von einem umfangreichen Grundlagenkapitel beleuchtet der
Sammelband „Social Media in der Unternehmenskommunikation“ eine
Vielzahl an Facetten dieses stark diskutierten Themas. Es kommen in diesem
Buch Autoren aus Unternehmen unterschiedlichster Branchen, Agenturen in der Unternehmenskommunikation
aber auch Juristen zu Wort und teilen mit dem Leser ihre Kenntnisse und Er-
fahrungen im Umgang mit Social Media. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt
Lars Dörfel | Theresa Schulz (Hrsg.)
Social Media in der Unternehmenskommunikation
hier auf der klassischen Business-to-Consumer-Kommunikation, es wird je-
doch auch das Thema Mehrwert durch Social Media im Bereich Business-
to-Businsess berücksichtigt.
Die Autoren veranschaulichen anhand konkreter Beispiele den Nutzen ein-
zelner Tools für die interne und externe Unternehmenskommunikation,
sowie Anwendungen und Trends im Bereich HR und Marketing. Aspekte
wie kultureller und struktureller Wandel werden ebenso abgedeckt wie das
grundlegende Thema der Social Media Strategie oder das Reputationsma-
nagement. Der Leser erhält von Social Media Experten Tipps zur Krisenkom-
munikation im Web 2.0, zum Verfassen von Social Media Guidelines sowie
einen Überblick über Strategien für das Social Media Marketing, SEO und
Web-Monitoring. Die Fachartikel sind durch Interviews und Best-Practice-
Beispiele angereichert.
Übersichtlich strukturiert zeigt „Social Media in der Unternehmenskommu-
nikation“ Chancen und Risiken dieser zeitgemäßen Kommunikationsmecha-
nismen auf.
ISBN 978-3-940543-09-7
29,90 €