Einen Überblick der gängigen Verschwendungsarten (MUDA)
Die sieben Arten der Verschwendung findet man nicht nur in der Produktion und Fertigung. Sie wurden inzwischen um drei Punkte erweitert und können auch auf administrative Bereiche angewendet werden.
3. Die Verschwendungsarten
In jedem Betrieb lassen sich zahlreiche Beispiele für die Arten der Verschwendung finden, wobei die
Gewichtung immer unterschiedlich sein wird. Die Verschwendungsarten zu kennen hilft, sie im Prozessen zu
identifizieren. Dies ist die Grundvoraussetzung für deren Eliminierung bzw. Reduzierung.
In der Lean Sprache steht für Verschwendung das Wort „Muda“(jap. für Verschwendung).
Nach Taiichi Ohno werden sieben Verschwendungsarten betrachtet:
Überproduktion
Verarbeitungsfehler
Wartezeiten
Unnötige Wege
Unnötige Transporte
Fehler/Korrekturen
Überbestände
Aktuell gibt es eine Erweiterung um 3:
Ungenutzte Talente
Energie
Komplexität
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4. Die Arten der Verschwendung in der Fertigung und im Büro
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Vorgangsstapel, Büromaterial
Alte Dokumente/stände,
Posteingangsfach überfüllt
Überproduktion,
Mengeneinkauf, Fertigwaren
Holen aus Ablagen, Laufwege
im Haus
Staplerverkehr, automatisierte
Förderstrecken, Rollenband
Mehr Information,
überflüssige Kopien
Mehr Bestände als notwendig
(Losgrößen)
Suchen nach Akten, suchen in
Bildschirmmasken
Laufwege, lange oder
unnötige Greifwege
Eingabefehler,
Auszeichnungsfehler
Prozessfehler, Bedienerfehler
falsche Kalibrierung
Wartezeiten:
PC booting, Telefon Warteschleifen,
Kopierer, Kundenanfrage
Maschine nicht bereit, Material
fehlt, Prozess nicht stabil
Unnötige Auswertungen,
Doppeleingaben, ungeeignete
Software
Doppelarbeit, nicht-
wertschöpfende Tätigkeiten
Kreativität, Motivation, Wissen
der Mitarbeiter nutzen
Zu viele aktive Server/Computer,
keine energieeffizienten Bürogeräte,
Geräte laufen 24 Std
Ineffiziente Beleuchtungsmittel,
Wärmeverlust, keine Einbindung
erneuerbarer Energien
Datenstrukturen. Auswertungen,
Softwarelandschaft und Schnittstellen
Optionen, Varianten- und
Prozessvielfalt
Im Büro
In der Fertigung
5. Überproduktion
Beschreibung:
Überproduktion ist immer dann vorhanden, wenn mehr produziert wird, als der Kunde benötigt. Folglich
generiert Überproduktion Lagerbestände, welche nicht immer benötigt werden. Bei der Überproduktion
wird zwar Wertschöpfung im klassischen Sinne betrieben, diese steht jedoch keinem Kundenauftrag
gegenüber. Somit gilt eine Überproduktion als Wertschöpfung mit fehlender Nachfrage als Verschwendung.
Auswirkungen:
Die offensichtlichste Auswirkung von Überproduktion sind hohe Bestände von Komponenten, Baugruppen
und Fertigprodukten. Bestände sind per Definition ebenfalls Verschwendung. Überproduktion führt zu langen
Durchlaufzeiten und damit zu langen Lieferzeiten für den Kunden, da Ressourcen blockiert werden, die für
die Fertigung tatsächlicher Kundenbedarfe eingesetzt werden könnten.
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6. Überbestände
Beschreibung:
Bestände finden sich am Anfang der Wertschöpfungskette in Form von Rohmaterialen, innerhalb der
Wertschöpfungskette als "Work in Process" (WIP) und am Ende der Wertschöpfungskette als Fertigprodukte.
Auswirkungen:
Durch hohe Bestände werden die eigentlichen Probleme in der Wertschöpfungskette verborgen.
Prozessunzulänglichkeiten werden oft durch das Erhöhen entsprechender Sicherheitsbestände umgangen.
Diese schnell und einfach durch geführte Maßnahme, verhindert das Aufdecken der Ursachen und bindet
zudem Kapital.
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7. Unnötige Transporte
Beschreibung:
Der Transport von Material ist eine nicht wertschöpfende Tätigkeit, welche in vielen Produktionsbetrieben
sehr stark ausgeprägt ist. Fast alles kann in der Fertigung transportiert werden, wie beispielsweise
Rohmaterial, Werkstücke, Fertigprodukte, Werkzeuge oder Betriebsmittel. Für die in vielen Betrieben
existierende Abteilung des "innerbetrieblichen Transportes" ist der Transport zum Selbstzweck geworden. Sie
transportiert beispielsweise Material von der Sägerei zur Dreherei, von dort zur Endmontage und dann in das
Fertigwarenlager.
Der Transport gehört zu der notwendigen Verschwendung, da Materialien bei jedem Fertigungsprozess
zwangsläufig irgendwie durch die Produktion transportiert werden müssen. Allerdings gilt es, die
Verschwendung durch Transporte bestmöglich zu reduzieren.
Auswirkungen:
Häufig müssen Mitarbeiter ihre Arbeit am Produkt unterbrechen, weil Material fehlt. Unnötige Transporte
garantieren keine effiziente Materialverfügbarkeit.
So entsteht durch einen fehlenden Materialfluss eine weitere Verschwendungsart: Wartezeiten.
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8. Unnötige Wege
Beschreibung:
Unnötige Wege sind weitere Aspekte, die die Produktivität senken. Zu den unnötigen Wegen zählen
Bewegungen in kleinen Maßstäben, wie das Erreichen von Werkzeugen oder das Greifen nach unnötig weit
entfernt angeordneten Komponenten. Ein Beispiel für größere Maßstäbe ist der Gang zur zentralen
Werkzeugausgabe, um ein Ersatzwerkzeug zu holen.
Auswirkungen:
Oft ist eine ungünstige oder fehlende Arbeitsplatzergonomie Grund für unnötige Bewegung, die nicht nur die
Effizienz des Mitarbeiters einschränkt, sondern auch in vielen Fällen zu Arbeitsunfällen oder schlechter
Qualität führt. Um die Arbeitsplatzergonomie zu verbessern, müssen die Arbeitsabläufe genau analysiert
werden. Diese Analyse ist die Basis für optimale Bedingungen im Arbeitsablauf. Durch die richtige Anordnung
der Komponenten und Betriebsmittel auf dem Montagetisch, der vollständigen Verfügbarkeit aller
benötigten Materialien und Werkzeuge und den richtigen Rahmenbedingungen, wie etwa Beleuchtung und
Tischhöhe können meist schon erhebliche Verbesserungen erzielt werden.
Unnötige Wege im größeren Maßstab äußern sich durch regelmäßiges Umherlaufen des Mitarbeiters
innerhalb des Arbeitsbereiches, da Werkzeuge und Materialien nicht verfügbar sind.
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9. Wartezeiten
Beschreibung:
Wartezeiten sind der Zeitraum, in dem keine Wertschöpfung stattfindet. Der Mitarbeiter ist gezwungen zu
warten und kann nicht fertigen.
Liegezeit von angearbeiteten Produkten kann auch als eine Art des Wartens betrachtet werden. Dabei wartet
allerdings nicht der Mitarbeiter darauf, dass er wieder wertschöpfend tätig werden kann, sondern das
Produkt wartet darauf, dass es weiter bearbeitet wird. Ein Großteil der Durchlaufzeit für die Herstellung eines
Produktes findet seine Ursache in Warte- und Liegezeiten.
Auswirkungen:
Wartezeiten haben eine negative Auswirkung auf die Durchlaufzeit bei der Herstellung von Produkte.
Sie können Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter haben. Mitarbeiter, die stundenlang einer Maschine
bei der Arbeit zuschauen müssen, ohne dabei geistig oder körperlich tätig zu werden, sind unterfordert und
werden auf Dauer unzufrieden.
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10. Fehler/Korrekturen
Beschreibung:
Ausschuss und Nacharbeit zählt generell als Verschwendung. Die Wertschöpfung ist bereits teilweise oder im
schlechtesten Falle sogar komplett vollzogen, wenn das Produkt durch Prüfung als fehlerhaft identifiziert wird.
Die bereits geleistete Wertschöpfung ist teilweise - bei möglicher Nacharbeit - sogar komplett - im Falle von
Ausschuss - verschwendet und muss noch einmal geleistet werden.
Auswirkungen:
Ausschuss und Nacharbeit führen zu einer Verzögerung des Liefertermins zum Kunden und zwar nicht nur für
die gerade hergestellten Produkte sondern auch für nachfolgende Produktionsaufträge. Betriebswirtschaftlich
betrachtet erhöhen sich so die Herstellkosten eines Produktes, was bei anhaltend schlechter Qualität sogar zur
Produktionseinstellung dieses Produktes aufgrund fehlender Marge führen kann.
Die klassische Losgrößenfertigung in Verbindung mit einem werkstattorientiertem Produktionslayout
verschlimmern die Auswirkungen unzureichender Qualität zusätzlich. Systematischen Fehlern betreffen
oftmals das gesamte Fertigungslos. Wird der Fehler erst bei der Endpüfung erkannt, ist der
wirtschaftliche Schaden enorm. Eine "one-piece-flow"-Zelle im Rahmen eines Produktionssystems, wird per
Definition Das defekte Teil zeitnah erkannt. Maßnahmen zur Fehlerbehebung können unverzüglich
eingeleitet werden.
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11. Verarbeitungsfehler
Beschreibung:
Von Over-Engineering bzw. falschen Prozessen, spricht man, wenn Prozesse oder Fertigungsverfahren ohne
Notwendigkeit für das Endprodukt unnötig komplex ausfallen.
Auswirkungen:
Für die oben genannten Beispiele könnten folgende Gründe vorliegen:
Beispiel A: Die Maschine ist technisch in der Lage, diese hohe Oberflächengüte herzustellen, also wird sie
auch produziert (Freude an der technischen Machbarkeit).
Beispiel B: Unzureichende Kenntnisse der Qualitätssicherung bezüglich des Einsatzfalles des Bauteils oder
fehlende Markierung der Prüfmaße auf der Fertigungszeichnung
Beispiel C: Gelebte Bürokratie oder Verteidigung der Existenzberechtigung der verschiedenen
Hierarchieebenen
Eine Vielzahl anderer Gründe für falschen Technologieeinsatz oder unzulängliche Prozesse sind denkbar. Oft
liegt die Ursache auch darin begründet, dass die Prozesse oder die eingesetzte Fertigungstechnologie im
Laufe der Zeit nicht angepasst wurden. Die Aussage "Das haben wir schon immer so gemacht"
ist ein klares Indiz für mögliche Verschwendung in der Prozesslandschaft.
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12. Energie
Beschreibung:
Energie ist ein Thema, das meist zweitrangig behandelt wird. Oftmals sind es schon geringfügige
Erneuerungen und Änderungen, die enorme Energiekosten einsparen können.
Auswirkungen:
Zu hohe Kosten durch ungeeignete Beleuchtungsmittel und Beleuchtungsarten, Verschwendung bei
Raumwärme/Heizung. Enorme Kosten für Prozesswärme. Ungenutzte Kühl-/Wärmepotenziale im Haus.
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13. Ungenutzte Talente
Beschreibung:
Mitarbeiter sollten die Möglichkeit erhalten, ihre noch verborgenen Talente zu entdecken. Diese Art der
Verschwendung beinhaltet den Verlust von Zeit, Fähigkeiten, Ideen, Verbesserungen und der
Möglichkeit, voneinander zu lernen. Dies geschieht durch nicht einbinden der Mitarbeiter in die tägliche
Prozessgestaltung. Nur so können sie ihre Ideen entwickeln, welche für die Beseitigung und Vermeidung von
Verschwendung notwendig sind. Diese Vorgehensweise unterstützt bei der kontinuierlichen
Prozessverbesserung. Vorhandenes Wissen und die Kreativität ihrer Mitarbeiter wird aktiv genutzt. Zusätzlich
hilft es wesentlich die Motivation und Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter zu steigern.
Auswirkungen:
Unmotivierte Mitarbeiter entwickeln weniger Eigenverantwortung für ihre Prozesse. Es können vermehrt
Störfaktoren auftreten, welche alle Prozesse verlangsamen. Ebenso kann dies die Fehlerquote erhöhen und
der Qualität schaden.
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14. Komplexität
Beschreibung:
Um effizienter zu werden, sollten nicht nur einzelne Fehlerquellen bearbeitet, sondern mit einem
ganzheitlichen Blick alle Prozesse erfasst werden.
Auswirkungen:
Die Vorproduktion arbeitet zwar schnell und fehlerfrei, jedoch gibt es keine saubere Schnittstelle zur
Weiterverarbeitung. Diese übergreifenden Prozesse tragen entscheidend zu den anderen
Verschwendungen, wie zu hohe Wartezeiten bei.
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15. Was kann ich tun?
Verschwendung ist leicht identifizierbar. Mit der Einführung und Anwendung der folgenden Lean
Methoden, stellen sich in kurzer Zeit Verbesserungen ein:
5S oder 6S (Sicherheit, Sortieren, Sichtbare Ordnung, Säubern, Standardisieren, Selbstdisziplin)
Rüstzeitoptimierung (Single Minute Exchange of Die, Abk. SMED)
Just-in-time-Produktion (Leveling, Taktzeit Bestimmung, Einführen von Pull Systemen und Kanban)
Fehlersichere Prozesse (Error Proofing nach Poka Yoke)
Einbezug der Mitarbeiter in alle Analyse- und Verbesserungsprozesse
Und mehr
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